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Wer will 4,5 Jahre Turnus? - Ärztekammer Niederösterreich

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turnusärzte<br />

Foto: Raimo Rumpler<br />

Allgemeinmedizin-Ausbildung<br />

<strong>Wer</strong> <strong>will</strong> 4,5 <strong>Jahre</strong> <strong>Turnus</strong>?<br />

Dr. Stefan Halper<br />

Richtungsweisender Vorstandsbeschluss in <strong>Niederösterreich</strong><br />

Es liegt derzeit ein Konzept zur Neuorganisation der Allgemeinmedizin-Ausbildung<br />

in Österreich vor, das kurz vor der<br />

endgültigen Realisierung und Umsetzung stehen könnte. Einige<br />

Eckpfeiler aus diesem Konzept:<br />

• Verlängerung der Allgemeinmedizin-Ausbildung auf 42 Monate<br />

in Krankenanstalten PLUS 6-12 Monate Lehrpraxis = in<br />

Summe 4 - 4 ½ <strong>Jahre</strong> Ausbildungsdauer!<br />

• Wegfall der Ausbildungsfächer HNO und Dermatologie (diese<br />

beiden sollen nur mehr sog. „Wahlpflichtfächer“ sein)<br />

• Verlängerung der Inneren Medizin von derzeit 12 auf 15 Monate<br />

Die <strong>Niederösterreich</strong>ische <strong>Ärztekammer</strong> hat in ihrer Vorstandssitzung<br />

am 24.04.2013 beschlossen, einer <strong>Turnus</strong>verlängerung<br />

NICHT zuzustimmen.<br />

Stattdessen schlagen wir ein Curriculum vor, das folgende drei<br />

Kernforderungen berücksichtigt:<br />

• Es ist um die Fächer Orthopädie und Psychiatrie ergänzt.<br />

• Es enthält eine sinnvolle notfallmedizinische Basisausbildung<br />

(= 2 Monate Ausbildungszeit an einer Anästhesie-Abteilung<br />

plus Notarztkurs).<br />

• Die Ausbildungsdauer von 3 <strong>Jahre</strong>n wird beibehalten.<br />

Bereits jetzt gibt es viele GUTE Allgemeinmediziner. Das heißt,<br />

auch der derzeitige <strong>Turnus</strong> ermöglicht eine gute Ausbildung,<br />

WENN die handelnden Personen vor Ort an den Krankenhausabteilungen<br />

und in den Lehrpraxen Ausbildung ernstnehmen<br />

und HIER den Schwerpunkt setzen – anstatt auf den Einsatz der<br />

auszubildenden Ärztinnen und Ärzte als Systemerhalter für die<br />

banale Routine.<br />

Das klinisch-praktische Jahr wurde flächendeckend an allen Österreichischen<br />

Medizinischen Universitäten eingeführt. Dazu<br />

wurde ein entsprechender Kompetenzlevelkatalog erstellt, der<br />

Kenntnisse und Fertigkeiten der Absolventen definiert. In diesem<br />

Lichte erscheint eine Anhebung der postpromotionellen<br />

Ausbildungsdauer nicht notwendig und nicht sinnvoll.<br />

Die Ausbildungselemente Chirurgie (3 Monate), notfallmedizinische<br />

Basisausbildung (2 Monate) und die ersten 6 Monate der<br />

Ausbildung in Innerer Medizin kann man zu einem „Common<br />

trunk“ zusammenfassen, wenn das gewünscht wird und sinnvoll<br />

erscheint. Dieser „Common trunk“ darf jedoch nicht unreflektiert<br />

sämtliche Pflicht- und Wahlnebenfächer („Gegenfächer“)<br />

in den Sonderfach-Ausbildungen ersetzen. Die Absolvierung des<br />

„Common trunk“ darf auch zu keiner selbständigen Berufsausübung<br />

berechtigen, also keinesfalls zu einer Approbation und/<br />

oder Teilapprobation führen.<br />

Abteilung<br />

Monate<br />

Chirurgie 3<br />

Orthopädie und orthopädische Chirurgie 2 vorrangig Orthopädie, in Übergangsphase auch Unfallchirurgie<br />

Frauenheilkunde und Geburtshilfe 3<br />

Innere Medizin 9 davon wahlweise auch 3 Monate aus einem der unten aufgelisteten Fächer<br />

anrechenbar<br />

Neurologie 2<br />

Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin 2<br />

Kinder- und Jugendheilkunde 3<br />

Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten 2<br />

Haut- und Geschlechtskrankheiten 2<br />

Anästhesie 2 und Notarztkurs = „notfallmedizinische Basisausbildung“ für den Arzt für<br />

Allgemeinmedizin<br />

Allgemeinmedizin 6 Lehrpraxis<br />

Summe 36<br />

Aus folgenden Fächern sollten maximal 3 Monate auf die Ausbildung im Fach Innere Medizin anrechenbar sein: Lungenkrankheiten,<br />

Augenheilkunde und Optometrie, Urologie, Unfallchirurgie, Strahlentherapie-Radioonkologie, Neurochirurgie, Arbeitsmedizin, Nuklearmedizin,<br />

Radiologie, Physikalische Medizin und Allgemeine Rehabilitation.<br />

Unser Vorschlag für die Allgemeinmedizin-Ausbildung<br />

Welche Überlegungen haben uns in <strong>Niederösterreich</strong> zu dieser<br />

einstimmigen Beschlusslage geführt?<br />

Relevant für die Qualität der Ausbildung ist nicht primär die<br />

Dauer sondern die Ausbildungsinhalte!<br />

Die Vermittlung der Ausbildungsinhalte in den einzelnen Ausbildungsfächern<br />

sollte auf die häufigsten Erkrankungen im jeweiligen<br />

Ausbildungsfach fokussiert sein. Dies ist in den vorgeschlagenen<br />

Ausbildungszeiten jedenfalls erreichbar und sollte<br />

auch in den Rasterzeugnissen abgebildet sein. An jeder Abtei-<br />

CONSILIUM 05/13<br />

9


turnusärzte<br />

Einführungsveranstaltung für Spitals- und <strong>Turnus</strong>ärztevertreter<br />

Am 3. April fand ein Seminar für Ärztinnen und Ärzte, welche als Interessensvertreter<br />

vor Ort engagiert sind, statt. Die Kurie der angestellten<br />

Ärzte hat dem Wunsch mehrerer neu gewählter Spitals- und <strong>Turnus</strong>ärztevertreterInnen<br />

gerne entsprochen und eine Einführungsveranstaltung<br />

in den Räumlichkeiten der <strong>Ärztekammer</strong> organisiert. Dabei wurden<br />

wesentliche Inhalte dienstrechtlicher und ärzterechtlicher Art diskutiert.<br />

Im Detail wurden folgende Themen behandelt:<br />

Standespolitische Einführung<br />

Erörterung der aktuellen Arbeitsthemen der Kurie; Zusammenarbeit mit<br />

Land/Holding; Erwartungen bzw. Wünsche an die Spitals- und <strong>Turnus</strong>ärztevertreterInnen;<br />

Mitarbeit beim Thema der „Ersteintragung von<br />

JungärztInnen“<br />

<strong>Turnus</strong>ärztInnen<br />

Ausbildung: Rasterzeugnis, Rotation, geplante Ausbildungsreform;<br />

<strong>Turnus</strong>ärzteausbildungsevaluierung; § 15 GuKG<br />

PrimarärztInnen<br />

Rolle der PrimarärztInnen in der Kammer; Vorstellung des Primarärztereferates;<br />

Schwerpunktthemen: Optimierung der <strong>Turnus</strong>ärzteausbildung,<br />

Beurteilung der Ausbildungsqualität durch die PrimarärztInnen<br />

(Feedbackbogen), Verhandlungen mit dem Verband der Versicherungsunternehmen<br />

Österreichs, „Gehaltsschema neu“ für Abteilungsleiter-<br />

Innen<br />

Rechtliche Grundlagen und Kammerstruktur<br />

Erläuterung zu allgemeinen rechtlichen Grundlagen; Funktionärs- und<br />

Büroebene; Aufbau; Organigramm der <strong>Ärztekammer</strong>; Rechte und Pflichten<br />

der gewählten Vertreter; Grenzen<br />

Arbeitszeitregelungen für SpitalsärztInnen<br />

Rechtliche Grundlagen; Arbeitszeit lt. KA-AZG; Betriebsvereinbarung;<br />

Ruhepausen und Ruhezeiten; Notfallparagraph; Behandlung der Abwesenheitszeiten<br />

Wohlfahrtsfonds<br />

Rechtliche Grundlagen; Krankenversicherung; Ablebensversicherung;<br />

Notstandsunterstützung; Pensionsversicherung<br />

Sollte es Interesse für eine Wiederholung dieser Informationsveranstaltung<br />

geben, dann bitte Anfragen per Mail an sekrang@arztnoe.at.<br />

KOA OA Dr. Ronald Gallob<br />

lung, an der Ärzte für Allgemeinmedizin ausgebildet werden,<br />

muss es ein diesbezügliches Ausbildungskonzept geben.<br />

Ausbildungsstätten sollten sowohl verbindlich von den auszubildenden<br />

Ärztinnen und Ärzten evaluiert werden als auch von der<br />

zuständigen Behörde regelmäßig visitiert werden.<br />

Es muss wirksame Sanktionen geben, wenn Ausbildungsstätten<br />

ihre Ausbildungsverpflichtung vernachlässigen (bis hin zur Aberkennung<br />

der Ausbildungsberechtigung).<br />

Eine Ausbildung durch Konsiliarfachärzte sollte auch weiterhin<br />

möglich sein. Jedoch nur dann, wenn die jeweiligen Fachgruppen<br />

ein verbindliches Konzept zur konsiliarfachärztlichen Ausbildung<br />

vorlegen, das auch eine festgelegte Anzahl von Ausbildungstagen<br />

in der Lehrpraxis des Konsiliarfacharztes beinhaltet.<br />

(Ein solches Konzept wird derzeit z.B. von den Dermatologen in<br />

<strong>Niederösterreich</strong> vorbildlich umgesetzt.)<br />

Ausbildungszeiten, die in Lehrpraxen, Lehrgruppenpraxen oder<br />

Lehrambulatorien absolviert werden, sollten im Verhältnis 1:1<br />

anrechenbar sein (anstatt wie bisher um die Hälfte verlängert).<br />

Dies unter der Voraussetzung, dass die gesetzlich vorgeschriebene<br />

Mindestarbeitszeit von 35 Wochenstunden erbracht wird.<br />

Eine Lehrpraxis-Förderung sollte auch für Lehrpraxen von Fachärzten<br />

möglich sein, in denen Teile der Allgemeinmedizin-Ausbildung<br />

absolviert werden können.<br />

Aufgrund der Abteilungsstruktur und -dichte der österreichischen<br />

Krankenanstalten werden vor allem die Ausbildungsteile<br />

HNO und Haut- und Geschlechtskrankheiten auch in Zukunft<br />

vermutlich häufig durch Konsiliarfachärzte erfolgen, wogegen<br />

aus unserer Sicht grundsätzlich nichts spricht (wenn verbindliche<br />

Ausbildungskonzepte dafür vorliegen). Während dieser<br />

Monate werden die Ausbildungsärzte vermutlich hauptsächlich<br />

an internen bzw. chirurgischen Krankenhausabteilungen arbeiten.<br />

Das würde in der Realität die von uns vorgeschlagene Reduktion<br />

der Ausbildungszeit in Innerer Medizin von derzeit 12<br />

(9 Pflicht + 3 optional) auf künftig 9 (6+3) Monate noch ein<br />

wenig relativieren.<br />

Für eine Verpflichtung zur allgemeinmedizinischen Lehrpraxis<br />

spricht unter anderem, dass angehende Allgemeinmediziner<br />

dadurch verbindlich das Berufsbild „Hausarzt“ kennenlernen.<br />

Dadurch könnten mehr Ärztinnen und Ärzte als derzeit für diese<br />

Tätigkeit begeistert werden bzw. die „Angst“ davor verlieren.<br />

Das könnte eine wirkungsvolle Maßnahme sein, um dem zunehmenden<br />

Haus- bzw. Landärztemangel gegenzusteuern.<br />

Dr. Stefan Halper<br />

Obmann-Stv. der Kurie der angestellten Ärzte<br />

10<br />

CONSILIUM 05/13

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