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g¤kum¤n mit tous›nt ferd un fil gelt zu' far-zern ,

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Anhang 7 zur HSJ<br />

Syntaktische Besonderheiten des älteren Jiddisch<br />

Die folgenden Bemerk<strong>un</strong>gen sind dem Kapitel 3.2.2.3 („Inhalt der Untersuch<strong>un</strong>g”) des<br />

Antrags auf Sachbeihilfe zugeordnet. Dort wurden jeweils alle Kriterien genannt, nach denen<br />

der betreffende Syntaxausschnitt des Jiddischen analysiert wird, während hier seine<br />

Eigentümlichkeiten <strong>un</strong>d da<strong>mit</strong> verb<strong>un</strong>dene Fragestell<strong>un</strong>gen dargelegt werden.<br />

Zu I)<br />

Die Phrase<br />

I.1 Besonderheiten der jiddischen Nominal-, Adjektiv-, Adverb-, Präpositional-,<br />

Konj<strong>un</strong>ktional-, Partizipial-, Infinitiv- <strong>un</strong>d Interjektionsphrasen<br />

I.1.1<br />

Struktur der Satzglieder <strong>un</strong>d Gliedteile<br />

• Nominalphrasen<br />

Einige Beispiele für Nominalphrasen <strong>mit</strong> einem substantivischen oder pronominalen Kern,<br />

gegebenenfalls <strong>mit</strong> einem Artikelwort (möglich neben dem Artikel auch Possessiva,<br />

Demonstrativa, Interrogativa, Indefinita) <strong>un</strong>d weiteren Elementen wie Präpositional- <strong>un</strong>d<br />

Adjektivphrasen sind: mayn treyst f<strong>un</strong> mayn zorgn (‘der Trost meiner Sorgen’) BOB 1824<br />

14,29-30; di tsveyte helft tsvantsikst yorh<strong>un</strong>dert (‘die zweite Hälfte des 20. Jh.’); 1 eyn ek himl<br />

(‘ein Ende des Himmels’). Auch Infinitivphrasen kommen bei Nominalphrasen vor: er is<br />

g¤kum¤n <strong>mit</strong> tous›nt <strong>ferd</strong> <strong>un</strong> <strong>fil</strong> <strong>gelt</strong> zu’ <strong>far</strong>-<strong>zern</strong> , BoB 1824 16,5 (‘er ist gekommen <strong>mit</strong><br />

tausend P<strong>ferd</strong>en <strong>un</strong>d Geld zur Lebenshalt<strong>un</strong>g [zum Verzehren]’).<br />

Bei der Untersuch<strong>un</strong>g dieser Konstruktionen ergeben sich u.a. folgende Fragen: Aufgr<strong>un</strong>d<br />

welcher Faktoren wird die Voranstell<strong>un</strong>g des Genitivattributs im Unterschied zum Deutschen<br />

beibehalten; vgl. zayn vaybs visn (‘das Wissen seiner Frau’), etlekhe Peretsns verk (‘etliche<br />

Werke von Perets’)? In welchen Textsorten finden sich Formen, die vom hebräischen Status<br />

Constructus beeinflusst sind: mer¤r vÏl›schkait HIP 1579 {13,4},1 (‘Mehrer von Falschheit’)?<br />

Auch die Kardinalzahlen weisen Besonderheiten im Gebrauch auf: fir di best¤n <strong>un</strong>t¤r den<br />

kohal BERP 1620 94-95 (‘die vier besten <strong>un</strong>ter den Gemeinde<strong>mit</strong>gliedern’); ain vrau’ <strong>mit</strong><br />

zwai’ ir› sin ebd. 17 (‘eine Frau <strong>mit</strong> ihren zwei Söhnen’).<br />

• Adjektiv- <strong>un</strong>d Adverbphrasen<br />

Anders als im heutigen Deutsch können im modernen Jiddisch Adjektive dem Substantiv<br />

nachgestellt werden <strong>un</strong>d sind dann <strong>mit</strong> einem Artikel versehen: di tishn, di sheyne (‘die<br />

schönen Tische’). Diese Konstruktion geht auf slawischen Einfluss zurück (Eggers 1998:<br />

313). Wie jedoch ist ihre genaue Entsteh<strong>un</strong>gsgeschichte? Und wie verhält es sich <strong>mit</strong> dem<br />

Einfluss des hebräischen Status Constructus auf Adjektiv- <strong>un</strong>d Adverbphrasen; vgl.: sÏt<br />

schÏnd <strong>un</strong>’ z¾rn HIP 1579 {14,1},2 (‘voll von Schande <strong>un</strong>d Zorn’)?<br />

• Präpositionalphrasen<br />

Bei den Präpositionalphrasen werden die Präpositionen nach Zeitraum, Dialekt <strong>un</strong>d<br />

Textsorte geordnet angeführt; es wird <strong>un</strong>tersucht, ob sie als Prä- oder Postposition oder in<br />

beiden Stell<strong>un</strong>gen auftreten. Dabei verlangen die standardjiddischen Präpositionen fast<br />

ausnahmslos den Dativ. Wie vollzog sich diese Entwickl<strong>un</strong>g <strong>un</strong>d worin liegt sie begründet?<br />

Welche Ursachen haben ferner Veränder<strong>un</strong>gen im Gebrauch der Präpositionen; vgl. <strong>un</strong><br />

mayn eœ›n is bitr¤r mer f<strong>un</strong> galsch›n BEN 1771 43,36 (‘mein Essen ist bitterer als Galle’); zi<br />

redt vegn k<strong>un</strong>st (‘sie redet über K<strong>un</strong>st’)?<br />

1 Alle Textbeispiele, die nicht <strong>mit</strong> einer Sigle versehen sind, stammen aus Lockwood (1995: 98-136). Die<br />

Transkription der Beispielsätze folgt den jeweiligen Textausgaben oder dem System von Timm (1972: 5-7, 1996:<br />

CXLVIIIff.) <strong>un</strong>d für die Hebraismen der Lemmaliste von Röll (2004). Zum Verzeichnis der Siglen vgl. Anhang.<br />

1


Anhang 7 zur HSJ - "Syntaktische Besonderheiten des älteren Jiddisch"<br />

I.1.2<br />

F<strong>un</strong>ktion der Satzglieder <strong>un</strong>d Satzgliedteile<br />

Unter welchen Beding<strong>un</strong>gen hat der Dativus ethicus vom älteren Jiddisch zum modernen<br />

Jiddisch zugenommen? Ist es auf slawischen Einfluss zurückzuführen, dass im modernen<br />

Jiddisch bei temporalen Adverbialen der Akkusativ viel verbreiteter ist als im<br />

Neuhochdeutschen: in a shtetl hot amolike tsaytn (‘in vergangenen Zeiten’) gelebt a yid?<br />

Welche Form haben die temporalen, lokalen, modalen, kausalen, finalen, instrumentalen etc.<br />

Adverbiale im Jiddischen; vgl. folgende finale Präpositionalphrase: ... trink¤n <strong>un</strong>’ fr›l›ch sein<br />

enk¤r g›s<strong>un</strong>d weg›n zu lÏng› jor¤n. PB 1619 27, 13-15 (‘... trinken <strong>un</strong>d fröhlich sein auf euer<br />

Wohl zu langen Jahren’ [= ‘auf dass Ihr lange lebt’])? Welche Adjektive können Ergänz<strong>un</strong>gen<br />

2. Grades regieren; vgl.: bin n<strong>un</strong> das schreib¤n mid PB 1619 3A, 5-6 (‘ich bin n<strong>un</strong> des<br />

Schreibens müde’)? Seit wann können Adjektive in Prädikatsnomensätzen auch<br />

substantiviert auftreten; vgl.: der tish iz sheyn vs. der tish iz a sheyner? Abweichend vom<br />

Deutschen ist weiterhin die Verwend<strong>un</strong>g substantivierter Adjektive als Attribut zum<br />

Substantiv <strong>un</strong>d gleichzeitig in der F<strong>un</strong>ktion als Adverb: zi iz gezesn a <strong>far</strong>trakhte (‘sie saß<br />

nachdenklich da’). Auch hier handelt es sich um eine wahrscheinlich slawisch beeinflusste<br />

Konstruktion, deren genaue Entwickl<strong>un</strong>g noch <strong>un</strong>klar ist.<br />

Weiterhin ist <strong>un</strong>geklärt, ob Phrasen des Partizip Präsens <strong>un</strong>d des Partizip Perfekt bereits in<br />

der Übergangszeit als Adverbialpartizipien f<strong>un</strong>gieren können oder ob dies ein Kennzeichen<br />

der modernen ostjiddischen Literatursprache nach 1850 ist; vgl.: er hot gegesn broyt [...],<br />

varfndik di brekelekh tsu di feygelekh (‘er aß Brot <strong>un</strong>d warf dabei die Krumen den Vögeln<br />

hin’); opgegangen a halbn veg, hot zikh im <strong>far</strong>glust shlofn (‘nachdem er den halben Weg<br />

zurückgelegt hatte, bekam er Lust zu schlafen’).<br />

Bei den Satzadverbien wie nebich (‘leider’), die eine Sprechereinstell<strong>un</strong>g über die Aussage<br />

des Satzes ausdrücken; vgl. drum hot er nebich in bich¤rn nit ken¤n les¤n WI 1665, Titel<br />

(‘darum konnte er leider nicht in den Büchern lesen’), handelt es sich häufig um Hebraismen<br />

oder um einstell<strong>un</strong>gsäußernde Adverbien, die durch slawische oder hebräische Strukturen<br />

beeinflusst wurden. Dadurch ergibt sich bei solchen Konstruktionen schon früh eine<br />

Unterscheid<strong>un</strong>g vom Deutschen, die zu <strong>un</strong>tersuchen ist.<br />

I.2 Besonderheiten der jiddischen Verbalphrasen<br />

• Tempus <strong>un</strong>d Aspekt<br />

Wie geht der f<strong>un</strong>ktionale Wandel des Präteritums zum Perfekt vonstatten? Welche<br />

F<strong>un</strong>ktionen des einfachen Präteritum übernimmt das Perfekt zuerst?<br />

Aspekt wird in den meisten Sprachen, die über diese grammatische Kategorie verfügen,<br />

durch zwei Aspektpaare eines Verbs bezeichnet. Im Jiddischen ist ein solches Beispiel das<br />

Verb shraybn/onshraybn, wobei die erste, imperfektive Form zum Ausdruck von Verlauf,<br />

Dauer <strong>un</strong>d anderen Eigenschaften der Handl<strong>un</strong>g gebraucht wird, während die zweite,<br />

perfektive Form das Ergebnis der Handl<strong>un</strong>g fokussiert. Im Deutschen ist dieser Unterschied<br />

lexikalisch ausdrückbar: gerade schreiben vs. fertigschreiben. Zum Teil dient die<br />

Aspektkategorie im Jiddischen auch zum Ausdruck temporaler Bedeut<strong>un</strong>g; vgl.: ikh hob<br />

geshribn a briv – ich schrieb gerade einen Brief; ikh hob ongeshribn a briv – ich schrieb<br />

einen Brief fertig, ich hatte einen Brief geschrieben. Im modernen Jiddisch überschneidet<br />

sich also die Kategorie Aspekt <strong>mit</strong> der Kategorie Tempus. Dass dies auf slawischen Einfluss<br />

zurückgeht, ist <strong>un</strong>bestreitbar. Wann haben diese Entwickl<strong>un</strong>gen jedoch begonnen, <strong>un</strong>d lässt<br />

sich feststellen, ob die Entsteh<strong>un</strong>g eines partiellen Aspektsystems den Gebrauch der<br />

Tempora in früheren Stufen des Ostjiddischen beeinflusst hat?<br />

• Modus<br />

Welche F<strong>un</strong>ktionen üben die verschiedenen konj<strong>un</strong>ktivischen Formen in der Geschichte des<br />

Jiddischen aus; vgl. den Ausdruck eines realen Sachverhalts in direkter Rede: ich b›dürft<br />

wol ain vrum¤n man ain alt¤n, der mich lernt, wi’ ich mich het zu hÏlt¤n PUW ~ 1550 238,7-<br />

8 (‘ich bräuchte einen frommen alten Mann, der mich lehrt, wie ich mich verhalten soll’)?<br />

Weiterhin ist zu <strong>un</strong>tersuchen, zu welchem Zeitp<strong>un</strong>kt der Konj<strong>un</strong>ktiv 1 zu schwinden beginnt -<br />

2


Anhang 7 zur HSJ - "Syntaktische Besonderheiten des älteren Jiddisch"<br />

im modernen Jiddisch ist er nicht mehr vorhanden. In welchen F<strong>un</strong>ktionen hat er sich länger<br />

gehalten? Verändern sich durch seinen Wegfall die F<strong>un</strong>ktionen der übrigen Modi?<br />

• Der Verbalkomplex<br />

Modale, aktionale <strong>un</strong>d andere Zusatzbedeut<strong>un</strong>gen innerhalb des Prädikats werden im<br />

Jiddischen in größerem Umfang als im Deutschen durch Modal-, Phasenverben,<br />

periphrastische Konstruktionen etc. ausgedrückt; vgl. ein Prädikat <strong>mit</strong> durativer Bedeut<strong>un</strong>g:<br />

<strong>un</strong>’ s¾l¿t nit weit¤r mêr¤n zu gên. HIP 1579 {38,11},1-3 (‘<strong>un</strong>d du sollst nicht fortfahren zu<br />

gehen/nicht weitergehen’). Welchen Regeln <strong>un</strong>terliegt hier ihre Konstruktion <strong>mit</strong> oder ohne<br />

die Partikel tsu <strong>un</strong>terliegt; vgl. ich wer <strong>far</strong> dir nit dÏrf›n zu sorg›n PB 1619 40, 14 (‘ich<br />

werde für dich nicht sorgen müssen’) vs. dÏrf¿t nischt f¤r-<strong>zern</strong> ebd. 3A, 30-31 (‘du wirst<br />

nichts verzehren müssen’). Wann <strong>un</strong>d warum hat sich die Bedeut<strong>un</strong>g der Modalverben darfn<br />

„müssen“, megn „dürfen“ <strong>un</strong>d torn + nit „nicht dürfen“ gegenüber dem älteren Jiddisch<br />

verändert? Überhaupt noch nicht erforscht ist der häufige Gebrauch von periphrastischen<br />

Verbalphrasen <strong>mit</strong> t<strong>un</strong> <strong>un</strong>d sein im Jiddischen: den almechtig¤n gÿt [...] war¤n si’ al ir› tag<br />

l¾b¤n <strong>un</strong>’ dÏnk¤n PUW ~1550 18,7-8 (‘den allmächtigen Gott [...] lobten <strong>un</strong>d dankten sie all<br />

ihre Tage’). Dazu kommt, dass die periphrastischen Verbalbild<strong>un</strong>gen im modernen Jiddisch<br />

viele nichtdeutsche Elemente zeigen:<br />

a) hebräisches Substantiv + deutsches F<strong>un</strong>ktionsverb: moyre hobn (‘Angst haben’);<br />

b) hebräisches Partizip + deutsches F<strong>un</strong>ktionsverb: mekabl zayn (‘empfangen’, wörtlich:<br />

‘empfangend sein’);<br />

c) hebräisches Partizip + hebräisches Objekt + deutsches F<strong>un</strong>ktionsverb: mekabl-ponim<br />

zayn (‘bewillkommnen’, wörtlich: ‘das Gesicht empfangend sein’);<br />

d) zwei hebräische Partizipien + deutsches F<strong>un</strong>ktionsverb: khoyker-vedoyresh zayn (‘genau<br />

erforschen’, wörtlich: ‘erforschend <strong>un</strong>d suchend sein’);<br />

e) deutsches Nomen + F<strong>un</strong>ktionsverb: lib hobn (‘gern haben, lieben’), faynt krign (‘eine<br />

Abneig<strong>un</strong>g fassen’);<br />

f) deutsches deverbales Substantiv + F<strong>un</strong>ktionsverb: a bis gebn (‘beißen, abbeißen’);<br />

g) deutsches/slawisches vom Verbstamm abgeleitetes Substantiv + F<strong>un</strong>ktionsverb<br />

(Stammkonstruktion): a bays gebn (von baysn – ‘beißen, abbeißen’), a khrop gebn (von<br />

slaw. khropen – ‘schnarchen’).<br />

Die entsprechenden Konstruktionen der Gebersprachen sind also auf ihre Struktur <strong>un</strong>d ihre<br />

Bedeut<strong>un</strong>g zu betrachten, <strong>un</strong>d ihr Auftreten in den Texten vom älteren Jiddischen an ist zu<br />

dokumentieren.<br />

• Valenzstrukturen<br />

Bei den Valenzstrukturen stellen sich u.a. folgende Fragen: Entstehen neue<br />

Valenzstrukturen <strong>un</strong>d fallen dafür bestimmte Muster weg? Wann wurde z.B. der verbal<br />

regierte Genitiv, den es im Standardjiddischen im Unterschied zum Mittelhochdeutschen<br />

nicht mehr gibt, <strong>un</strong>gebräuchlich <strong>un</strong>d durch den Akkusativ ersetzt; vgl. mir gedenken dos kind<br />

(‘wir gedenken des Kindes/erinnern <strong>un</strong>s an das Kind’)? Welche Struktur ist die am wenigsten<br />

markierte, also der Defaultfall; vgl. das Präpositionalobjekt zu dem Verb d¤r-bÏrm¤n sich<br />

(‘sich erbarmen’): Er d¤r-bÏrmt sich üb¤r di’ b¾¿hait HIP 1579 {20,13},1 (‘er erbarmt sich<br />

über die Bosheit’) vs. <strong>un</strong>’ hÏb mich ouf in d¤r-bÏrmt ebd. {30,25},5-6 (‘<strong>un</strong>d habe mich über<br />

ihn erbarmt’)? Für die reflexiven Konstruktionen wurde möglicherweise zu Unrecht Einfluss<br />

der Kontaktsprachen angenommen. So sind reflexive Strukturen im modernen Jiddisch des<br />

Typs lernen zikh – lernen, die laut opinio comm<strong>un</strong>is auf Lehnübersetz<strong>un</strong>g aus dem<br />

Slawischen beruhen, schon im Westjiddischen angelegt; vgl. häufigeres zikh in den<br />

westjiddischen Memoiren der Glückel von Hameln: der ain› ganaç hat sich thechef den<br />

kriœt›n-gloub¤n an-g›num›n, GLÜ ~1700 IV.136,23 (‘der eine Dieb nahm (sich) bald den<br />

christlichen Glauben an’); <strong>un</strong>’ sich er¿t an-g›fang›n [lãm myyãb] zu sein GLÜ ~1700 II.29,14-<br />

16 (‘<strong>un</strong>d [hat] erst angefangen, dort zu wohnen’). Sind solche Konstruktionen eine Folge von<br />

Ausgleichstendenzen zwischen den westjiddischen <strong>un</strong>d den schriftlich zu diesem Zeitp<strong>un</strong>kt<br />

noch nicht fixierten ostjiddischen Dialekten?<br />

3


Anhang 7 zur HSJ - "Syntaktische Besonderheiten des älteren Jiddisch"<br />

Welche Verben üben im Laufe der Geschichte des Jiddischen die F<strong>un</strong>ktion der Kopula aus?<br />

Neigen Verben einer bestimmten Bedeut<strong>un</strong>gsgruppe zu einer bestimmten Argumentstruktur?<br />

In welchen Fällen wird eine Substantivphrase gleichberechtigt neben einer<br />

Präpositionalphrase gebraucht; vgl. eine Konstruktion <strong>mit</strong> Präpositionalphrase <strong>un</strong>’ si’<br />

trö¿t¤t¤n in ouf al dÏ¿ bös¤¿ HIP 1579 {42,11},4 (‘<strong>un</strong>d sie trösteten ihn wegen all des Bösen’)<br />

<strong>mit</strong> einer Nominalphrase im Genitiv: <strong>un</strong>’ wolt¤n ir¤n vreint ’Ij¾ç trö¿t¤n sein›¿ gr¾¿¤n herz¤nlaid<br />

ebd. {2,11},6-7 (‘<strong>un</strong>d wollten ihren Fre<strong>un</strong>d Hiob trösten wegen seines großen<br />

Herzensleides’)? Welche Verben bilden Konstruktionen <strong>mit</strong> einem durch die hebräische<br />

Figura etymologica beeinflusstem inneren Objekt: den selbign rot er riet EST 15. Jh. Zeile<br />

1276 (‘den selben Rat gab er’)? Für diese Untersuch<strong>un</strong>g bildet das Korpus der<br />

Komplementsatzmatrixverben aus dem GIF-Projekt zur Nebensatzsyntax eine gute Basis.<br />

• Ellipsen<br />

Ein Merkmal des modernen Jiddischen ist die Ellipse des Partizip Perfekts von<br />

Beweg<strong>un</strong>gsverben; vgl. der yeger iz aroys f<strong>un</strong> vald (‘der Jäger ist aus dem Wald heraus<br />

(gekommen)’) <strong>un</strong>d des Infinitivs; vgl. vu zey flegn kumen, flegn zey arayn in schul (‘wohin sie<br />

immer kamen, gingen sie in die Synagoge’). Inwieweit finden sich diese Formen auch schon<br />

im älteren Jiddisch? In bestimmten Texten, wie den „Memoiren der Glückel von Hameln“<br />

kommt es verstärkt auch zu einer Ellipse des finiten Verbs; vgl. er gar sehr g›eilt <strong>mit</strong> sein›<br />

kind¤r ous-zu-geb¤n, GLÜ ~ 1700 II.28,27 (‘er [hat] es gar eilig da<strong>mit</strong> gehabt, seine Kinder zu<br />

verheiraten’). Folgte diese strukturellen oder f<strong>un</strong>ktionalen Gesetzmäßigkeiten? Tritt die<br />

Ellipse in bestimmten Textsorten häufiger auf als in anderen?<br />

Zu II) Besonderheiten des jiddischen Einfachsatzes<br />

• Füll<strong>un</strong>g der Subjektsposition - Unpersönliche Konstruktionen<br />

Die <strong>un</strong>persönlichen Konstruktionen bilden einen in seiner Entwickl<strong>un</strong>g bisher nicht<br />

<strong>un</strong>tersuchten Bereich. Ausgelöst durch den Kontakt <strong>mit</strong> dem Slawischen verändern sie ihre<br />

Struktur <strong>un</strong>d nehmen zum modernen Jiddischen hin deutlich zu: do redt zikh raysish (‘man<br />

spricht hier weißrussisch’), me fregt, vi es lebt zikh yidn in Estraykh (‘wie es sich als Jude in<br />

Österreich lebt’).<br />

• Kongruenz / Inkongruenz<br />

Der im Normalfall vorliegenden Kongruenz zwischen Subjekt <strong>un</strong>d Prädikat stehen eine Reihe<br />

von Inkongruenzen gegenüber. Diese werden geordnet nach Numerus <strong>un</strong>d Person<br />

aufgeführt; vgl. die Numerusinkongruenz im folgenden Satz: der›nthalb›n <strong>far</strong>zag›n dein folk<br />

Ji¿ro>el doch nit <strong>un</strong>’ hof›n taglich ouf dein bar›mherzigkait das du’ si’ arl›s›n wer¿t GLÜ<br />

~1700 III.81,13-15 (‘deswegen verzagen [Pl] dein Volk Israel [Sg] doch nicht <strong>un</strong>d hoffen [Pl]<br />

täglich auf deine Barmherzigkeit, (darauf,) dass du sie [Pl] erlösen wirst’). Ein weiteres<br />

Problem ist die Numeruskongruenz bei Aufzähl<strong>un</strong>gen; vgl.: ... dem wer sein leib <strong>un</strong>` herz ou¿<br />

ãtain¤n PUW ~ 1550 367,7-8 (dessen Leib <strong>un</strong>d Herz wären aus Stein’).<br />

• Negation<br />

Für den Urspr<strong>un</strong>g der doppelten Negation bezweifelt zuletzt Krogh (2001) einen<br />

ausschließlich slawischen Spracheinfluss, weil auch in vielen historischen deutschen<br />

Dialekten diese Konstruktion vorkommt. Tatsächlich finden sich in <strong>un</strong>serem Sprachmaterial<br />

bereits in frühen westjiddischen Texten doppelt negierte Sätze, sowohl in<br />

umgangssprachlichen Quellen wie den Briefen von 1588: s<strong>un</strong>¿t wei¿ ich kain …iduã nit zu<br />

schreib¤n WEI IV.62,23 (‘sonst weiß ich keine Neuigkeit mehr zu schreiben’) als auch in<br />

religiös-literarischen Texten wie der Hiobparaphrase von 1579: <strong>un</strong>’ rêd¤t kain¤r kain wort <strong>mit</strong><br />

im wol in sib›n n¤cht HIP {2,13},2 (‘<strong>un</strong>d es redete wohl sieben Nächte lang keiner ein Wort<br />

<strong>mit</strong> ihm’). Zu fragen ist also, wann <strong>un</strong>d in welchen jiddischen Dialekten die doppelte Negation<br />

zur regulären Konstruktion wurde.<br />

4


Anhang 7 zur HSJ - "Syntaktische Besonderheiten des älteren Jiddisch"<br />

Auch Sätze wie der folgende aus dem 16. Jh. verdeutlichen die sich bereits früh<br />

abzeichnende eigenständige Ausbild<strong>un</strong>g der Negation im Jiddischen, da die<br />

Negationspartikel entgegen den Regeln im heutigen Deutsch voransteht: nit g›’ as¾ ain gÏng<br />

TUR 1567 gimel,13 (‘geh nicht so einen Gang’ [im Sinne von: ‘verhalte dich nicht so’]).<br />

• Partizipialphrasen<br />

Eine Neuer<strong>un</strong>g des modernen Jiddisch sind Partizipialphrasen, die <strong>mit</strong> finiten Sätzen<br />

konkurrieren <strong>un</strong>d von denen Substantivphrasen als Objekte 2. Grades abhängen, vgl.<br />

zeendik di v<strong>un</strong>der ('die W<strong>un</strong>der sehend, als sie die W<strong>un</strong>der sahen'); opgegangen a halbn veg<br />

('nachdem er den halben Weg zurückgelegt hatte'). Werden solche Konstruktionen bereits in<br />

der Übergangszeit vom West- zum Ostjiddischen verwendet; welchen syntaktischen<br />

Beschränk<strong>un</strong>gen <strong>un</strong>terliegen sie?<br />

• Wortstell<strong>un</strong>g<br />

Im Einfachsatz scheint im <strong>un</strong>tergeordneten Satz die Stell<strong>un</strong>g des Partizip Perfekt im<br />

Verhältnis zum finiten Verb nicht festgelegt zu sein. Eine genaue Analyse ist also<br />

erforderlich; vgl.: d¾’ schik ich dir ain zet›l› der-neb¤n al¤ di’ d¾’ hab¤n geb¤n d¾’ si’ di’ brib<br />

ginum¤n hab¤n <strong>un</strong>’ di’ d¾’ hab¤n wid¤r geb¤n d¾’ si’ brib hab¤n g¤schikt PB 1619 46, 15-<br />

17. (‘so schicke ich dir einen Zettel <strong>mit</strong> allen, die bezahlt haben, als sie die Briefe bekamen<br />

<strong>un</strong>d <strong>mit</strong> allen, die wiederum bezahlt haben, als sie Briefe <strong>mit</strong>schickten’). Für die Stell<strong>un</strong>g des<br />

Pronomens ist zu beachten, dass dieses im modernen Jiddisch vor dem infiniten Verbteil<br />

steht: ikh hob zi ir geshikt, eine Substantivphrase gewöhnlich danach: ikh hob geshikt der<br />

froy a h<strong>un</strong>. Die nach der Generativen Grammatik vorgenommenen Erheb<strong>un</strong>gen (Geilfuß<br />

1990, Santorini 1992, 1993, Haider 2004) sind hier <strong>mit</strong> der quantitativen diachronen <strong>un</strong>d<br />

dialektalen Verteil<strong>un</strong>g dieser Strukturen im älteren Jiddisch abzugleichen.<br />

Auch durch die Z<strong>un</strong>ahme reflexiver <strong>un</strong>d <strong>un</strong>persönlicher Konstruktionen ergeben sich im<br />

Jiddischen Besonderheiten in der Wortstell<strong>un</strong>g. Wo ist z.B. das Pronomen zikh im Satz<br />

platziert? Während das Westjiddische hier noch der deutschen Wortstell<strong>un</strong>g folgt: drum kert<br />

ain id¤r¤r g¤wor›nt sein sich in meœig¤r ¾b›n g¤schrib›n› zeit <strong>mit</strong> sein weib b¤heft›n SI<br />

1692. 9 r ,31-34 (‘drum soll einem jedem befohlen sein, sich in der <strong>mit</strong>tleren, oben<br />

beschriebenen Zeit <strong>mit</strong> seinem Weib zu vereinigen’), kann zikh im Ostjiddischen auch hinter<br />

einem Infinitiv stehen: kedey tsu zen zikh <strong>mit</strong> yidn (‘um sich <strong>mit</strong> Juden zu treffen’), nakh a<br />

hartsikn gezegenen zikh (‘nach einem herzlichen Abschied/Sich-Verabschieden’).<br />

Auffallend ist auch die Tmesis von Pronominaladverbien: kein fraint dor ir aich ouf <strong>far</strong>-los›n<br />

kent GLÜ ~1700 V.203,25-27 (‘kein Fre<strong>un</strong>d, auf den Ihr Euch verlassen könnt’).<br />

Ein weitere Besonderheit des Jiddischen ist eine Verbstell<strong>un</strong>g im Hauptsatz, die das Erzählte<br />

lebendiger erscheinen lässt. Das Verb steht hier an der Spitze des Satzes; vgl.: ich s¾lt<br />

mein›m ¾nk¤l ach schreib¤n; kÏn ich nit üb¤r mein leç breng¤n. LIN 1562 {I, Bl.2},27 (‘ich<br />

sollte meinem Onkel auch schreiben, ich bringe das aber nicht über mein Herz’); hat man<br />

mich aheim g›ruf›n, GLÜ ~1700 V.195, 2 (‘hat man mich heim gerufen’); hab¤n mir im<br />

ar<strong>un</strong>t¤r g¤bracht ebd. 21-22 (‘haben wir ihn her<strong>un</strong>tergebracht’. 2 Wahrscheinlich wurde diese<br />

Konstruktion bereits in den frühen Sprachstufen des Jiddischen textsorten<strong>un</strong>abhängig<br />

gebraucht, wie u.a. der angeführte Beleg aus einem Brief des 16. Jh. zeigt. (Zu Texten des<br />

17.-19. Jh. vgl. Timm 1986: 9.)<br />

• Komm<strong>un</strong>ikative F<strong>un</strong>ktion des Einfachsatzes<br />

Die deklarativen, interrogativen, direktiven Satztypen haben im Jiddischen eine<br />

eigenständige Entwickl<strong>un</strong>g durchgemacht. Z.B. dienen Verberst- <strong>un</strong>d Verbzweit-Sätze im<br />

2 Zu pragmatischen F<strong>un</strong>ktionen des Verberst-Satzes im modernen Jiddisch siehe Miner (1990).<br />

5


Anhang 7 zur HSJ - "Syntaktische Besonderheiten des älteren Jiddisch"<br />

Unterschied zum Deutschen regulär sowohl zum Ausdruck des interrogativen als auch des<br />

deklarativen Modus (vgl. ii.ii.v). Aber auch bei den <strong>mit</strong> Subj<strong>un</strong>ktionen eingeleiteten Sätzen<br />

gibt es spezielle Möglichkeiten, Satzmodi ausdrücken; vgl. folgendes Beispiel für den<br />

interrogativen Modus <strong>mit</strong> ob: ÿb sein ã¤chino ir wolt v¤r-sch¾n›n, ¾d¤r wolt ir krig›n ç¾n<br />

sein¤t-weg›n? HIP 1579 {13,8},1-2 (‘Wollt ihr seine Wohnstatt verschonen oder wollt ihr<br />

seinetwegen Krieg führen?’).<br />

Zu III) Besonderheiten des Satzkomplexes im Jiddischen<br />

• Parataxe<br />

Es gibt bisher keine Untersuch<strong>un</strong>gen zur Geschichte der Parataxe im Jiddischen. Bislang ist<br />

daher <strong>un</strong>klar, ob die jiddische Ausbild<strong>un</strong>g dieser Strukturen <strong>mit</strong> der deutschen übereinstimmt.<br />

Außerdem ist zu fragen, wie der Wandel im System der nebenordnenden Konj<strong>un</strong>ktionen<br />

verlief. Z.B. ist auffällig, dass das moderne Jiddisch im Unterschied zum Deutschen bei<br />

zweiteiligen Konj<strong>un</strong>ktionen den ersten Teil meist einfach verdoppelt; vgl. oder ... oder<br />

(‘entweder ... oder’), nit ... nit (‘weder ... noch’), say ... say (‘sowohl ... als auch’). Dieser<br />

Mechanismus gilt regelhaft auch für Entlehn<strong>un</strong>gen aus dem Se<strong>mit</strong>ischen: hen ... hen<br />

(‘sowohl ... als auch’) <strong>un</strong>d Slawischen: i ... i 3 (‘sowohl... als auch’). Besonderer Untersuch<strong>un</strong>g<br />

bedürfen weiterhin Konj<strong>un</strong>ktionen, die sowohl <strong>mit</strong> Verbzweit- (a) als auch Verbletzt-Stell<strong>un</strong>g<br />

(b) verwendet werden; vgl. das kausale den (denn) in folgenden Belegen: (a) DÏ¿ hÏb›n si’<br />

nit gern, den si’ h¾f¤n al›¿ ouf jakr¾ss, HIP 1579 {5,13},3 (‘das mögen sie nicht, denn sie<br />

hoffen immer auf Teuer<strong>un</strong>g’), (b) In sölch¾m s¾l er sein klughait nit müd mÏch›n, den sölch›¿<br />

im nit möglich i¿t zu wü¿¤n, ebd. {41,2},32-33 (‘da<strong>mit</strong> soll er seinen Verstand nicht ermüden,<br />

denn solches zu wissen ist ihm nicht möglich’).<br />

• Hypotaxe<br />

An die im GIF-Projekt vorgenommenen Auswert<strong>un</strong>gen schließen sich folgende Fragen an:<br />

- Wann <strong>un</strong>d in welcher Weise erfolgte beim Relativsatz der Wandel von einem Pronomen zu<br />

einer Subj<strong>un</strong>ktion als Einleitewort? Fand dieser Wandel tatsächlich erst <strong>mit</strong> dem Übergang<br />

zum Ostjiddischen <strong>un</strong>d der da<strong>mit</strong> einhergehenden Häuf<strong>un</strong>g des <strong>mit</strong> vos eingeleiteten<br />

Relativsatzes statt? Vgl.: die froy, vos <strong>mit</strong> ir hob ikh geredt (‘die Frau <strong>mit</strong> der ich geredet<br />

habe’), der kremer, vos zayn tokhter iz gevorn a lererin (‘der Krämer, dessen Tochter<br />

Lehrerin ist’), wobei die Referenz zum Bezugswort durch ein Possessiv- oder<br />

Personalpronomen hergestellt wird. 4 Die Frage stellt sich deswegen, weil bereits im 16.<br />

Jahrh<strong>un</strong>dert Sätze <strong>mit</strong> der Subj<strong>un</strong>ktion dÏ¿ begegnen, die diese Entwickl<strong>un</strong>g formal<br />

vorwegz<strong>un</strong>ehmen scheinen; vgl.: so wer dÏ¿ j¾’ ain gr¾¿ <strong>un</strong>rechtikait ç¾n ain›m sölch›n<br />

ãtÏrk¤n könig, dÏ¿ sein ãterk kain end h¾t, HIP 1579 {24,1},28-29 (‘so wäre das ja eine große<br />

Ungerechtigkeit von einem solch starken König, dessen [wörtlich: dass seine] Stärke keine<br />

Grenzen kennt’).<br />

- Sätze, in denen auf eine w-Phrase eine Subj<strong>un</strong>ktion folgt, sind im Jiddischen anders als<br />

z.B. im Bairischen nicht regulär, aber es gibt einige Belege: das and¤r tail is was fÏr ain ãpeis<br />

dÏs er di’ selbig nÏcht eß›n sol . SI 1692. 7 v ,25-27 (‘der zweite Teil erklärt, was für eine<br />

Speise [dass] er in der betreffenden Nacht essen soll’). Ist diese Konstruktion im älteren<br />

Jiddisch grammatisch, lässt sich daraus auf die Grammatikalität verwandter Strukturen<br />

schließen. Z.B. ist die Extraktion von Subjekten aus einem <strong>mit</strong> Subj<strong>un</strong>ktion eingeleiteten<br />

Nebensatz in den Hauptsatz (vgl. bairisch: Da Hans ob kimd, woaß'e ned – ob Hans kommt,<br />

weiß ich nicht [Weiß 1998: 36]) nur in diesem Fall möglich (Fanselow 1990: 177f.).<br />

- Im Sefer Igeress, einem Sittenbuch vom Ende des 17. Jahrh<strong>un</strong>derts, zeigen Relativsätze<br />

<strong>mit</strong> konditionalem Sinn einen Konstruktionsbruch: den der [ai]n› um-rain› g¤dÏnk›n hot so<br />

3 Hier erfolgte die Übertrag<strong>un</strong>g der slawischen Bedeut<strong>un</strong>g auf die bereits seit <strong>mit</strong>telhochdeutscher Zeit<br />

gebrauchte Form ie ... ie, die z<strong>un</strong>ächst nur proportionale Bedeut<strong>un</strong>g (‘je ... desto’ etc.) hatte.<br />

4 Die bisherige Forsch<strong>un</strong>gsliteratur geht allein von dem Anschluss <strong>mit</strong> vos aus <strong>un</strong>d bezieht die in historischen<br />

Texten vorkommende Subj<strong>un</strong>ktion dϿ nicht in die Diskussion ein (Fleischer 2003, Krogh 2001: 47-51,<br />

Lowenstamm 1977: passim).<br />

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Anhang 7 zur HSJ - "Syntaktische Besonderheiten des älteren Jiddisch"<br />

reicht di’ um-rain› g¤dÏnk›n bis in him¤l SI 1692. 13 r ,33-13 v ,1 (‘denn wer [=wenn jemand]<br />

einen <strong>un</strong>reinen Gedanken hat, so reicht der <strong>un</strong>reine Gedanke bis in den Himmel’). Ähnliche<br />

Konstruktionen gibt es in der deutschen Rechtsprosa <strong>un</strong>d Chronistik des 13-15.<br />

Jahrh<strong>un</strong>derts (Schmid 2004). Sind diese auch im Jiddischen für bestimmte Textsorten<br />

konstitutiv? Lassen sie sich auch früher oder später noch nachweisen <strong>un</strong>d stellen da<strong>mit</strong><br />

einen Charakteristikum des späteren Westjiddisch in der Abgrenz<strong>un</strong>g zum Ostjiddischen<br />

dar?<br />

- Inwieweit tragen auch hypotaktische Konstruktionen zur Konstitution von Satztypen bei; vgl.<br />

folgendes Beispiel für einen W<strong>un</strong>schsatz <strong>mit</strong> wer wolt, dÏ¿ (‘wenn doch nur’), ein Typus, der<br />

bisher nur in einem einzigen Text gef<strong>un</strong>den wurde: Wer wolt, dÏ¿ do kem mein g›hai¿, <strong>un</strong>’<br />

der al›¿-mechtig g÷t s¾lt mir geb¤n mein h¾fn<strong>un</strong>g HIP 1579 {6,8},1-2 (‘wenn ich doch nur<br />

gerufen werden würde <strong>un</strong>d der allmächtige Gott mir Hoffn<strong>un</strong>g gäbe’).<br />

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