Nordrhein-Westfalen Paderborn (PAPI) - In Form
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Abschlussbericht der Kinderleicht-Region<br />
<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />
<strong>Paderborn</strong><br />
„<strong>Paderborn</strong>er Adipositasprävention und <strong>In</strong>tervention“<br />
(<strong>PAPI</strong>)<br />
Fortsetzung<br />
Gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.
Schlussbericht<br />
Projektnummer: 2805KL037F<br />
Projektname: <strong>Paderborn</strong>er Adipositas<br />
Prävention und <strong>In</strong>tervention<br />
Projektleiter: Prof. Dr. H. P. Brandl-Bredenbeck<br />
Prof. Dr. H. Heseker<br />
Projektzeitraum: 01.11.2009 – 31.10.2011<br />
Datum: 31.10.2011
<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
<strong>In</strong>haltsverzeichnis<br />
Seite<br />
1. Vorbemerkung 3<br />
2. Hintergrund 3<br />
3. Aufgabenstellung und Ziel der Verstetigungsmaßnahmen 7<br />
4. Beschreibung der Verstetigungsstrategien 7<br />
5. Maßnahmenebene 11<br />
5.1 Beratungsleitfaden „Unbeschwert aufwachsen in <strong>Paderborn</strong>“ 11<br />
5.2 Entwicklung und Implementation eines Moduls<br />
„Unbeschwert aufwachsen“ in die Ausbildung von Hebammen 14<br />
5.3 Präventionskurs „Aktiv und gesund durch die Schwangerschaft“ 17<br />
6. Zusammenfassung und Empfehlungen 22<br />
7. Literatur 23<br />
8. Anlagen<br />
2
<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
1. Vorbemerkung<br />
Adipositasprävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ein gesunder<br />
Lebensstil soll dadurch gefördert werden, dass in der Lebenswelt der Zielgruppen<br />
Belastungen gesenkt und Ressourcen gestärkt werden. Die Erreichung der<br />
Zielgruppe soll über verschiedene Kanäle erfolgen, so dass in idealer Weise<br />
verhaltensorientierte <strong>In</strong>terventionen durch verhältnisorientierte Präventionsmaßnahmen<br />
mit gleichen Botschaften gestützt werden (1). Das interdisziplinär<br />
arbeitende <strong>Paderborn</strong>er Adipositas Präventions- und <strong>In</strong>terventionsprojekt <strong>PAPI</strong><br />
versuchte diesem Anspruch auch in der zweiten Projektphase, die der Verstetigung<br />
von zwei der erfolgreichen Maßnahmen aus der ersten Förderphase 2006-2009<br />
diente, gerecht zu werden. Im Laufe der letzten fünf Jahre ist die Bedeutung der<br />
frühen Adipositasprävention zunehmend in den Blickwinkel der wissenschaftlichen<br />
Forschung gerückt. Unser Bemühen galt und gilt der Umsetzung der<br />
wissenschaftlichen Ergebnisse in die Praxis durch lebensweltnahe Konzepte. Der<br />
Bericht umfasst den gesamten Zeitraum der zweiten Förderphase November 2009<br />
bis Oktober 2011.<br />
2. Hintergrund<br />
Auf der Grundlage epidemiologischer Daten der KiGGS-Studie konnten eine Reihe<br />
von Risikofaktoren für Übergewicht im Kindesalter identifiziert werden: Sozialstatus,<br />
Bildungsstand der Eltern, Migrantenstatus der Eltern, Übergewicht der Eltern<br />
(insbesondere BMI der Mutter), Gewichtszunahme in der Schwangerschaft, Rauchen<br />
der Eltern in der (Früh-) Schwangerschaft, Geburtsgewicht des Kindes, Stilldauer,<br />
falsche Nahrungsmittelauswahl, Bewegungsmangel, Medienkonsum, wenig Schlaf<br />
und psychische Faktoren (2). Basierend auf diesen Daten formulierten wir bereits in<br />
der ersten Projektlaufzeit von <strong>PAPI</strong> im Jahr 2008 Möglichkeiten zur Beeinflussung<br />
dieser Risikofaktoren im Rahmen von Präventionsansätzen, wie in folgender<br />
Abbildung dargestellt.<br />
3
<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
Sozialstatus<br />
Bildungsstand der Eltern<br />
Migrantenstatus der Eltern<br />
Übergewicht der Eltern<br />
Nicht oder nicht<br />
kurzfristig<br />
beeinflussbar<br />
(Verhältnisse)<br />
Gewichtszunahme in der<br />
Schwangerschaft<br />
Rauchen der Eltern in der<br />
(Früh-) Schwangerschaft<br />
Geburtsgewicht des Kindes<br />
<strong>In</strong> der<br />
Schwangerschaft<br />
beeinflussbar<br />
(Verhalten)<br />
Stilldauer<br />
Nahrungsmittelauswahl<br />
Bewegungsmangel<br />
Medienkonsum<br />
Schlaf<br />
Psychische Faktoren<br />
<strong>In</strong> den ersten<br />
Lebensjahren<br />
beeinflussbar<br />
(Verhalten und<br />
Verhältnisse)<br />
Risikofaktoren für Übergewicht im Kindesalter (nach KiGGS 2007) und ihre Beeinflussbarkeit<br />
Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit 2008<br />
eingerichtete und geförderte nationale Kompetenznetz Adipositas<br />
(www.kompetenznetz-adipositas.de) hat im Rahmen seines Verbundprojekts<br />
„<strong>In</strong>terdisziplinäre Prävention von Adipositas im Kindes- und Jugendalter (PreVENT)“<br />
individuelle und ökologische Determinanten von Prävalenz und <strong>In</strong>zidenz von<br />
Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen analysiert und bewertet.<br />
Hierfür wurden Daten von über 34.000 Kindern und Jugendlichen aus den vier<br />
folgenden Kohortenstudien in Deutschland ausgewertet (3,4):<br />
1.) CHILT (Children‘s Health <strong>In</strong>terventionaL Trial), Erfassungszeitraum 2000-<br />
2008, n=6.429<br />
2.) die deutsche IDEFICS-Kohorte (Identification and prevention of Dietaryand<br />
lifestyle-induced health EFfects <strong>In</strong> Children and infantS),<br />
Erfassungszeitraum 2007-2008, n=1.995<br />
3.) der Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS), Erfassungszeitraum<br />
2003-2006, n=15.662 und<br />
4.) die Kieler Adipositas-Präventionsstudie (KOPS), Erfassungszeitraum<br />
1996-2008, n=11.143.<br />
4
<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
Demnach gewichten die Forscher die Einflüsse der jeweiligen Faktoren wie folgt:<br />
• Rauchen der Eltern: 30 Prozent höheres Risiko verglichen mit Kindern und<br />
Jugendlichen, deren Eltern nicht rauchen<br />
• Rauchen der Mutter in der Schwangerschaft: 40 Prozent höheres Risiko im<br />
Vergleich zu Kindern und Jugendlichen, deren Mütter in der Schwangerschaft<br />
nicht geraucht hat<br />
• Hohe Gewichtszunahme (=17 kg und mehr) der Mutter in der<br />
Schwangerschaft: 13 Prozent höheres Risiko im Vergleich zu Kindern und<br />
Jugendlichen von Müttern mit normaler Gewichtszunahme (12 bis 16 kg)<br />
• Hohes Geburtsgewicht (=4030 g und mehr bei Jungen, 3890 g und mehr bei<br />
Mädchen): 45 Prozent höheres Risiko als Kinder und Jugendliche mit<br />
normalem Geburtsgewicht (= 2740 bis
<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
gesundheitsfördernde und präventive Sicht. Dies ist nicht zuletzt dem engen<br />
finanziellen und damit zwangsläufig zeitlichen Rahmen der Untersuchungen<br />
geschuldet.<br />
Im Jahr 2010 konnte durch zwei Metaanalysen mit hohem Evidenzgrad unabhängig<br />
voneinander gezeigt werden, dass Sport- und Ernährungsinterventionen in der<br />
Schwangerschaft eine Reduktion der mütterlichen Gewichtszunahme bewirken<br />
können und damit adipositaspräventiven Charakter haben (5,6). <strong>In</strong> der Realität<br />
beginnt mit der Feststellung der Schwangerschaft aber nicht selten eine Zeit der<br />
körperlichen Passivität. Drei Viertel der Schwangeren schränken ihr<br />
Bewegungsverhalten stark ein. Gründe hierfür sind Unsicherheit, fehlende<br />
Anstrengungsbereitschaft, Motivationsprobleme, Zeitmangel und Ängste. Nur 15 %<br />
der Frauen sind während ihrer Schwangerschaft in einem Sportverein oder einer<br />
sportlich orientierten <strong>In</strong>stitution aktiv (7).<br />
Um Schwangere in Bewegung zu bringen und sie zu einer ausgewogenen Ernährung<br />
zu animieren, braucht es einerseits eine kompetente und selbst davon überzeugte<br />
Beratung, andererseits aber auch ein entsprechendes Angebot, in dem sich die<br />
Frauen in dieser besonderen Lebenssituation auch gut aufgehoben und betreut<br />
fühlen. Im Rahmen einer dafür erstellten Recherchearbeit (8) konnten wir zeigen,<br />
dass in den Kreisen Gütersloh und <strong>Paderborn</strong> und in der Stadt Bielefeld im Jahr<br />
2011 insgesamt für höchstens 10 % der Schwangeren Sport- und Bewegungskurse<br />
angeboten wurden. Das Angebot besteht dabei zu 49 % aus Yoga-Kursen und zu<br />
31 % aus Angeboten im Wasser mit dem Schwerpunkt Entspannung und geringem<br />
Anspruch an Ausdauerleistungsfähigkeit.<br />
Obwohl die Teilnehmerinnen in allen Kursen zufrieden bis sehr zufrieden sind, ist die<br />
Menge an Möglichkeiten, im Vergleich zu anderen Angeboten vor, während oder<br />
nach der Schwangerschaft, noch sehr eingeschränkt und ausbaufähig. Die<br />
Unterschiede in der Angebotsstruktur lassen sich hauptsächlich auf unterschiedliche<br />
<strong>In</strong>frastrukturen zurückführen. Weitere Ursachen können neben der Angst und<br />
Unsicherheit vor Sport in der Schwangerschaft unzureichende Aufklärung, ein<br />
eingeschränktes Fort- und Weiterbildungsangebot oder auch finanzielle<br />
Einschränkungen der Hebammen sein.<br />
6
<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
3. Aufgabenstellung und Ziel der Verstetigungsmaßnahmen<br />
Bei den Verstetigungsmaßnahmen handelt es sich um die Verfestigung und<br />
Verankerung der entwickelten <strong>In</strong>terventionsmaßnahmen des Moduls<br />
„Schwangerschaft/Neue Eltern“ aus der ersten Projektphase 2006-2009 sowie um<br />
eine Verbreitung der Maßnahmen über den Kreis <strong>Paderborn</strong> hinaus. Im Einzelnen<br />
sind dies folgende Maßnahmen:<br />
1.1 Beratungsleitfaden „Unbeschwert aufwachsen in <strong>Paderborn</strong>“<br />
1.2 Entwicklung und Implementation eines Moduls „Unbeschwert aufwachsen“ in<br />
die Ausbildung von Hebammen<br />
1.3 Präventionskurs „Aktiv und gesund durch die Schwangerschaft“<br />
Ziel der ersten Förderphase des <strong>PAPI</strong> Projektes war es, ein Netzwerk zu schaffen,<br />
welches werdende Eltern für einen gesunden Lebensstil in der Schwangerschaft und<br />
in den ersten Lebensjahren sensibilisiert. Im Rahmen des <strong>PAPI</strong> Projektes wurden<br />
wichtige Weichen gestellt, um die Bedeutsamkeit der perinatalen Prägung den<br />
entsprechenden Multiplikatoren für ihr Handeln und Arbeiten zu verdeutlichen. Die<br />
Ergebnisse und Produkte dieses <strong>PAPI</strong>-Moduls Schwangerschaft und die<br />
Weiterführung im Kleinkindalter haben bereits vor Ende der ersten Projektlaufzeit in<br />
der wissenschaftlichen Fachgesellschaft und in den 24 Kinderleicht-Regionen eine<br />
große Resonanz gefunden. Diese Lebensphase wurde in dieser <strong>In</strong>tensität vom<br />
Projekt <strong>PAPI</strong> bis dahin in Alleinstellung bearbeitet. Die völlig neu entwickelten<br />
Konzepte und Materialien dieses Moduls setzen an den antragsgemäß formulierten<br />
Zielen an und gehen zugleich aber auch weit über diese hinaus.<br />
4. Beschreibung der Verstetigungsstrategien<br />
Mit Blick auf die Verstetigungs- und Ausbreitungsmechanismen lassen sich<br />
systematische und unsystematische Aspekte unterscheiden. Die systematischen<br />
Verstetigungs- und Ausbreitungsstrategien werden vom Projektnehmer gesteuert, mit<br />
dem Ziel von der lokalen Ebene über eine regionale hin zu einer landes- und ggf.<br />
bundesweiten Ebene zu gelangen. <strong>In</strong> diesem Sinne haben die Projektverantwortlichen<br />
Prof. Dr. Hans Peter Brandl-Bredenbeck und Prof. Dr. Helmut<br />
Heseker sowie die Mitarbeiterinnen Nicole Satzinger und <strong>In</strong>es Gellhaus die<br />
7
<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
<strong>In</strong>terventionen des <strong>PAPI</strong> Projektes während der gesamten Förderphase 2009-2011<br />
bundesweit auf unterschiedlichen Tagungen und Kongressen und in persönlichen<br />
Gesprächen jeweils mit Vorträgen oder Poster- und Material-Präsentationen<br />
vorgestellt (siehe Anlagen 10-12):<br />
• Kongress der Deutschen Adipositas Gesellschaft 5.-7. November 2009, Berlin,<br />
• INFORM Tagung „Bewegt INFORM“ 18. März 2010, Düsseldorf<br />
• Fakultätentag Universität Bielefeld 22. April 2010,<br />
• Vernetzungsworkshop INFORM 27./28. April 2010, Berlin,<br />
• Deutscher Hebammenkongress 11. Mai 2010, Düsseldorf,<br />
• aid Netzwerkkongress "Gesund ins Leben - Netzwerk Junge Familie" 10. Juni<br />
2010, Berlin<br />
• Kommunale Gesundheitskonferenz Kreis <strong>Paderborn</strong> 7. Juli 2010<br />
• Barmer-GEK Hauptverwaltung, Gespräch Dr. Meierjürgen 9. August 2010,<br />
Wuppertal<br />
• Kongress der Deutschen Adipositas Gesellschaft - Präventions AG der AGA,<br />
4.-6. November 2010, Berlin<br />
• INFORM Vernetzungstreffen 22./23. November 2010, Berlin<br />
• Plattform Ernährung und Bewegung, Gespräch mit Geschäftsführerin<br />
Dr. Andrea Lambeck 5. Januar 2011, <strong>Paderborn</strong><br />
• Landesarbeitsgemeinschaft „Mutter und Kind“ NRW 13. Januar 2011,<br />
Düsseldorf<br />
• Kongress des Landesverbands der Kinder- und Jugendärzte <strong>Westfalen</strong>-Lippe,<br />
Pädiatrie à la carte 29. April 2011, Bielefeld<br />
• Arbeitskreis „Sport und Schwangerschaft“ der Deutschen Sporthochschule,<br />
18. Mai und 5. Oktober 2011, Köln<br />
• Kongress der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin<br />
22.-24. September 2011, Bielefeld<br />
• Kongress der Deutschen Adipositas Gesellschaft 6.-8. Oktober 2011, Bochum<br />
Durch diese persönliche Art der Darstellung oder über unsere Homepage www.papipaderborn.de,<br />
über das Fernsehen und in Fachzeitschriften konnten wir unsere<br />
Projektideen auch unsystematisch auf verschiedenen Ebenen weit über die Region<br />
Ostwestfalen-Lippe hinaus bekannt machen. Am 20.11.2009 strahlte der Fernsehen<br />
8
<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
des WDR eine Reportage über unser Präventionsangebot „Aktiv und gesund durch<br />
die Schwangerschaft“ im Rahmen der Sendung „Servicezeit Essen und Trinken“ aus<br />
(DVD war Anlage des Zwischenberichts). Im Juni 2011 veröffentlichten wir einen<br />
vierseitigen Artikel in der Deutschen Hebammenzeitschrift (Anlage 13). Die<br />
Veröffentlichung einer in Kooperation mit dem Landessportbund NRW erstellten<br />
Praxishilfe „Sport in der Schwangerschaft“ ist für Ende November 2011 geplant (s. u.,<br />
Anlage 14 wird nachgereicht).<br />
Als besonderes Highlight am Rande unseres Projekts bleibt nicht zuletzt zu<br />
erwähnen, dass der von uns mit der Organisation und Durchführung des<br />
Präventionsangebots „Aktiv und gesund in der Schwangerschaft“ betraute<br />
Sportverein TV 1875 <strong>Paderborn</strong> e. V. unter anderem wegen dieses speziellen<br />
Angebots den zweiten Platz beim Bundeswettbewerb „Unser Verein <strong>In</strong><strong>Form</strong>“ belegt<br />
hat. Die Preisübergabe in Höhe von 3000,00 € fand am 9. Oktober 2010 im Rahmen<br />
der „Geschmackstage 2010“ in Essen durch Bundesministerin Ilse Aigner statt<br />
(Anlage 15).<br />
<strong>In</strong> vielen Fällen wurden wir somit unsystematisch zum Ideengeber und Anstoß für<br />
andere Projekte und <strong>In</strong>terventionen im Bereich der frühen Adipositasprävention. So<br />
wird zum Beispiel unser Karteisystem mit Bewegungsanregungen für das erste<br />
Lebensjahr „Häusliche Bewegungsräume“ als Willkommensgeschenk des Kreises<br />
<strong>Paderborn</strong> gedruckt und beim Hausbesuch für neue Erdenbürger durch das Kreis-<br />
Jugendamt überreicht. Diesem Beispiel folgte das Gesundheitsamt Bremen mit<br />
seinen Familienhebammen im Frühwarnsystem. Ein anderes Beispiel ist die<br />
<strong>In</strong>tegration unseres Konzepts zur Bewegungsförderung und Ernährungsaufklärung<br />
von Schwangeren „Aktiv und gesund durch die Schwangerschaft“ in das Projekt<br />
„Doppelt gesund“ des Rhein Kreis Neuss. Nicht zuletzt soll an dieser Stelle die<br />
Übernahme unserer Idee von einheitlichen Beratungsleitfäden mit kurzen und<br />
knappen Botschaften auf den Rückseiten der Vorsorgehefte von Mutter und Kind<br />
durch das Netzwerk Junge Familie - Gesund ins Leben des aid infodienstes erwähnt<br />
werden, wodurch unser Projektverlauf entscheidend beeinflusst wurde.<br />
Wir werden auch nach Ende der Projektlaufzeit immer wieder zu Veranstaltungen<br />
eingeladen, um unsere Maßnahmen zu präsentieren. Fest geplant sind Beiträge zum<br />
Symposium Sport und Schwangerschaft der Deutschen Sporthochschule am 18.<br />
November und zum ersten Präventionskongress NRW am 1./2. März 2012, jeweils in<br />
Köln.<br />
9
<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
Andere Verstetigungsansätze, z. B. über die Plattform Ernährung und Bewegung peb<br />
sind letztendlich aufgrund anderer <strong>In</strong>teressensschwerpunkte nicht zustande<br />
gekommen.<br />
Um das Thema Adipositasprävention auch nachhaltig in die lokalen politischen<br />
Gremien einfließen zu lassen, wurde das Projekt während der ersten und zweiten<br />
<strong>PAPI</strong> Projektlaufzeit mehrfach in der die Kommunalen Gesundheitskonferenz (KGK)<br />
des Kreises <strong>Paderborn</strong> vorgestellt, ohne dass dies jedoch eine Konsequenz gehabt<br />
hätte (Anlage 11). Das Thema wurde einfach nicht als relevant genug für eine<br />
Kommunale Gesundheitskonferenz angesehen. Erst über ein Jahr später, am Ende<br />
der Verstetigungsphase erfolgte am 17.10.2011 die Konstitution einer Arbeitsgruppe<br />
„Kindergesundheit“, in der immerhin eine Mitarbeiterin der Universität aus dem<br />
Department Sport und Gesundheit vertreten ist (die letzten <strong>PAPI</strong>-Mitarbeiterinnen<br />
sind ab 1.11.2011 nicht mehr an der Universität beschäftigt).<br />
Fazit<br />
Systematische aber auch unsystematische Strategien führen zur Verstetigung von<br />
Präventionsmaßnahmen. Eine intensive lokale Bewerbung des Themas kann dabei<br />
weniger zielführend sein als ein einfacher Auftritt z. B. bei einer Fachtagung.<br />
10
<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
5. Maßnahmenebene<br />
Im Projektzeitraum wurden die oben genannten Maßnahmen Nr. 1.1 – 1.3<br />
systematisch verstetigt. Im Folgenden werden Vorgehensweisen, Ergebnisse und<br />
Fazits der einzelnen Maßnahmen skizziert.<br />
5.1 Beratungsleitfaden „Unbeschwert aufwachsen in <strong>Paderborn</strong>“<br />
(Maßnahme Nr. 1.1)<br />
Bereits zu Beginn der Maßnahme wurden Teile unserer antragsgemäßen Aufgaben<br />
in das ebenfalls aus INFORM-Bundesmitteln des BMELV finanzierte Projekt<br />
„Netzwerk Junge Familie“ des aid-infodienstes Ernährung, Landwirtschaft,<br />
Verbraucherschutz integriert. Unsere Idee, einheitliche, einfach zu verstehende,<br />
kostenlose und nicht-interessengeleitete Beratungsmaterialien für die<br />
Zielgruppen Schwangere und Eltern im ersten Lebensjahr (ohne bestehenden<br />
Settingansatz) zu verbreiten, hat erst durch die wissenschaftliche Fundierung des<br />
interdisziplinär aufgestellten Expertenbeirats des Netzwerks Junge Familie die<br />
entsprechende Grundlage zur Akzeptanz durch alle angesprochenen Multiplikatoren<br />
erhalten. Auf regionaler Ebene wäre ein solcher Konsens der unterschiedlichen<br />
Berufsgruppen sicherlich nicht zustande gekommen. Die Zusammenarbeit mit dem<br />
Netzwerk Junge Familie hat sich schließlich als äußerst sinnvoll und effektiv<br />
erwiesen, auch wenn sich dadurch die Überarbeitung und Erstellung der<br />
Beratungsleitfäden gegenüber unserem ursprünglichen Zeitplan verzögerte, da eine<br />
Vielzahl an Personen und <strong>In</strong>stitutionen an der Fertigstellung der Materialien beteiligt<br />
waren.<br />
Die Veröffentlichung des Expertenkonsenses (Anlage 4) und der erstellten<br />
Beratungsleitfäden für das Säuglingsalter (Anlage 6) erfolgte unter ministerieller<br />
Beteiligung am 10.06.2010 im Rahmen des ersten NWJF Netzwerk-Kongresses in<br />
Berlin (siehe auch Anlagen unseres Zwischenberichts vom 30.08.2010). Erst<br />
anschließend konnten wir über die Beratungsleitfäden in <strong>Form</strong> von Aufklebern für die<br />
Rückseiten der gelben Untersuchungshefte in größeren Stückzahlen verfügen. Die<br />
Dissemination der Materialien in der Region Ostwestfalen-Lippe, gekoppelt an<br />
Fortbildungen zum wissenschaftliche Hintergrund begann Ende Juni 2010 und dauert<br />
bis nach Projektende an. Bislang wurden im Rahmen von 14 Veranstaltungen und<br />
11
<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
durch die direkte Ansprache von Geburtskliniken ca. 8000 Exemplare der Aufkleber<br />
für die gelben Kinder-Untersuchungshefte verteilt (siehe Auflistung in Anlagen 1/2).<br />
Folgende Abbildungen zeigen die links jeweils die „Prototypen“ der<br />
Beratungsleitfäden für die Kinder-Untersuchungshefte aus der ersten <strong>PAPI</strong>-<br />
Projektlaufzeit 2006-2009 und rechts die mit unserer Unterstützung überarbeiteten<br />
Versionen des Netzwerks Junge Familie „Gesund ins Leben“.<br />
Prototypen aus <strong>PAPI</strong> 2006-2009 Versionen des Netzwerks Junge Familie 2010<br />
12
<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
Die Beratungsleitfäden für die Schwangerschaft in <strong>Form</strong> von Aufklebern auf den<br />
Rückseiten der Mutterpässe und eine Kompakt-Version der wissenschaftlichen<br />
Hintergründe dazu sind erst im Mai 2011 vom aid Netzwerk Junge Familie<br />
veröffentlicht worden (Anlagen 5 und 7). Die Veröffentlichung des Originaltextes der<br />
interdisziplinär konsensualen wissenschaftlichen Hintergründe steht noch immer aus.<br />
Diese Tatsache erschwerte uns den Zugang zu ärztlichen Qualitätszirkeln von<br />
Gynäkologen, die besonderen Wert auf die wissenschaftliche Evidenz von<br />
innovativen Ansätzen legen.<br />
Im Endeffekt konnten somit erst drei (<strong>Paderborn</strong>, Minden und Herford) von sieben<br />
gynäkologischen Qualitätszirkeln in Ostwestfalen-Lippe mit unseren Fortbildungen<br />
zur Adipositasprävention durch gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung in<br />
der Schwangerschaft erreicht werden. Mit zwei weiteren Zirkeln (Bielefeld und<br />
Höxter) sind feste Termine im Dezember und Januar vereinbart. Eine weitere<br />
überregionale Veranstaltung ist für Anfang Februar 2012 unter Beteiligung der<br />
Akademie für ärztliche Fortbildung und des Kreisärztevereins <strong>Paderborn</strong> geplant.<br />
Diese Veranstaltungen sind so konzipiert, dass zur Organisation keine weiteren<br />
Projektmittel mehr notwendig sind.<br />
Durch die intensive Kooperation mit dem Netzwerk Junge Familie des aid sind<br />
darüber hinaus weitere Medien wie der „Essens-Fahrplan für Babys“ (Anlage 9) oder<br />
ein 50-seitiger Tischaufsteller zur Einzel- oder Kleingruppenberatung im ersten<br />
Lebensjahr (in Bearbeitung) entstanden. Außerdem ist unser Konzept für die<br />
Fortbildung von Multiplikatoren bereits in dessen bundesweites Fortbildungskonzept<br />
eingegangen, so dass unsere Ideen und Maßnahmen dort auf einer anderen Ebene<br />
weiter leben.<br />
Fazit<br />
Verhältnispräventiv konnte erstmalig ein weitgehender Konsens aller beteiligten<br />
Berufsgruppen zum wissenschaftlichen Hintergrund der Handlungsempfehlungen<br />
erreicht werden. Das ist eine wesentliche Voraussetzung zur Verbreitung dieser<br />
„Gleichen Botschaften für alle“. Wir haben mit unseren Veranstaltungen über 400<br />
Multiplikatoren in Ostwestfalen-Lippe erreicht. Das Feedback unserer<br />
Veranstaltungen (Anlage 3) zeigt, dass unsere Botschaften angekommen und<br />
praktikabel sind.<br />
13
<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
Fördernde und hemmende Faktoren<br />
<strong>In</strong> der Umsetzung in die Praxis und bei der Vermittlung dieser <strong>In</strong>halte an die<br />
letztendliche Zielgruppe der werdenden und jungen Eltern kommt es aber schließlich<br />
auf die Haltung einzelner Akteure, Berater und Entscheider an, ob die entwickelten<br />
Maßnahmen zur primären und frühen Adipositasprävention letztendlich verstanden<br />
und umgesetzt werden. Die Umsetzung in beratungsintensive Verhaltensprävention<br />
obliegt dann dem Engagement jedes einzelnen Multiplikators.<br />
Allerdings fehlt zur besseren Verhältnisprävention noch der Konsens mit der<br />
<strong>In</strong>dustrie, die nach wie vor andere Prioritäten als die der Adipositasprävention hat.<br />
Die Experten der wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Berufsverbände der<br />
Kinder- und Jugendärzte, der Frauenärzte und der Hebammen prangern in einem<br />
aktuellen Beitrag des Deutschen Ärzteblatts die inakzeptablen Werbemaßnahmen<br />
der Säuglingsnahrungsindustrie an. „Trotz verbindlicher Vorschriften ist die<br />
Vermarktungspraxis einiger Hersteller von Säuglingsnahrungen alles andere als<br />
zufrieden stellend“ (9). Eine solch klare Stellungnahme hätten wir uns bereits viel<br />
früher gewünscht und wünschen wir uns noch immer von politischer Seite, um<br />
unserer Arbeit eine deutliche Unterstützung zukommen zu lassen.<br />
5.2 Entwicklung und Implementation eines Moduls „Unbeschwert<br />
aufwachsen“ in die Ausbildung von Hebammen (Maßnahme Nr. 1.2)<br />
Hebammenausbildung<br />
Das Curriculum der Hebammenausbildung an der lokalen Hebammenschule hat im<br />
Rahmen des <strong>PAPI</strong> Projektes eine innovative Erweiterung um das Modul „Sport in<br />
der Schwangerschaft“ erhalten.<br />
Hebammen werden seit 2008 bereits während ihrer Ausbildung für die<br />
Bedeutsamkeit von Bewegung und Ernährung für ihre eigene Gesunderhaltung und<br />
für die ihrer späteren Klientel, nämlich Frauen in der Schwangerschaft, sensibilisiert.<br />
Nach erfolgreicher Evaluation implementierte die Hebammenschule der St.<br />
Vincenz Krankenhaus GmbH in <strong>Paderborn</strong> im Jahr 2010 somit als einzige<br />
Hebammenschule in der Bundesrepublik Deutschland die Themengebiete „eigene<br />
Gesunderhaltung“ und “Sport in der Schwangerschaft“ dauerhaft in ihr Curriculum.<br />
14
<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
Hebammen- und Übungsleiterfort- und Weiterbildung<br />
Mit dem Ziel, die Fähigkeiten und Fertigkeiten von Anbietern sowie die<br />
Angebotsstruktur für Sport in der Schwangerschaft zu erhöhen, führten wir 2010<br />
eine und 2011 zwei weitere Qualifizierungsmaßnahmen für insgesamt 36 Hebammen<br />
und 26 Übungsleiter bzw. Sportfachkräfte durch. Die jeweils 20 bis 30 Stunden<br />
dauernden Seminare wurden, wie im Zwischenbericht bereits beschrieben, in enger<br />
Kooperation mit dem Landessportbund (LSB-NRW) konzipiert und angeboten. <strong>In</strong> den<br />
beiden Seminaren in <strong>Paderborn</strong> haben wir nur 3 bzw. 4 Übungsleiter bzw.<br />
Sportfachkräfte ausgebildet, in einem Seminar in Essen hingegen 19! Wir gehen<br />
davon aus, dass die Ursache hierfür im unterschiedlichen Organisationsgrad der<br />
Zielgruppe über die regionalen Qualifizierungszentren des Landessportbundes liegt.<br />
Essen hat als zentrale Ruhrgebietsstadt ein größeres Einzugsgebiet für und eine<br />
wesentlich höhere Dichte an potentiellen Übungsleitern mit der Grundqualifikation<br />
“Übungsleiter B Präventionssport, Profil Herz-Kreislauf”. Die Ansprache der<br />
Hebammen über regionale (Hebammenzirkel in OWL) oder überregionale<br />
(Landesverband der Hebammen NRW) Strukturen war jeweils gleich erfolgreich.<br />
(<strong>Paderborn</strong> je 11 Hebammen, Essen 14). Die einzelnen Veranstaltungen haben wir<br />
evaluiert und die Erkenntnisse daraus im Sinne der Qualitätsverbesserung der<br />
folgenden genutzt (Anlage 3). Die Seminare in Essen waren aufgrund einer zu<br />
großen Teilnehmerzahl weniger zufrieden stellend für den Einzelnen, in Zukunft soll<br />
die Teilnehmerzahl auf maximal 20 begrenzt sein. Bewährt hat sich allerdings das<br />
Konzept der interdisziplinären Fortbildung, auch wenn je nach Zusammensetzung<br />
der Gruppe ggf. unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden müssen. Die<br />
interdisziplinären Fortbildungen werden auch in Zukunft über die<br />
Qualifizierungszentren des LSB-NRW und den Hebammenverband NRW angeboten<br />
und sind damit zu „Selbstläufern“ geworden.<br />
Als schriftliche Grundlage zu den Qualifizierungsmaßnahmen wurde in enger<br />
Zusammenarbeit mit den Landessportbund NRW die Praxishilfe „Sport in der<br />
Schwangerschaft“ erstellt. Die Erstellung des Manuals erwies sich als sehr<br />
arbeitsintensiv, da der LSB NRW als überregionaler Netzwerkpartner sehr hohe<br />
Ansprüche an die Passfähigkeit dieses völlig neuen Themengebiets zu seinen bisher<br />
veröffentlichten Manualen stellte. Dieser Konsens ist nach zweijähriger intensiver<br />
Arbeit endlich geglückt. Das Manual befindet sich derzeit im Druck und soll Ende<br />
15
<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
November 2011 erscheinen (Anlage 14 wird nachgereicht). Die folgenden<br />
Abbildungen zeigen das Titelblatt und das Impressum:<br />
Fazit<br />
Das von uns entwickelte Konzept der interdisziplinären Qualifizierungsmaßnahmen<br />
für Hebammen und Übungsleiter zum Sport in der Schwangerschaft hat sich bewährt<br />
und als erfolgreich für die Verbreitung neuer Präventionsangebote für Schwangere<br />
erwiesen. Die Maßnahme konnte über die primären Kooperationspartner LSB NRW<br />
und Landesverband der Hebammen erfolgreich verstetigt werden.<br />
Fördernde und hemmende Faktoren<br />
Je besser die <strong>In</strong>frastruktur von anbietenden und qualifizierenden<br />
Sportorganisationen, desto häufiger und erfolgreicher können innovative Angebote<br />
etabliert werden. Wenn es um die nachhaltige Finanzierung überzeugender,<br />
innovativer Präventionskonzepte für die gesamte Bevölkerung geht, ist der<br />
Wettbewerb unter den Krankenkassen in Deutschland eher hemmend als förderlich.<br />
Die Zusammenarbeit mit großen, überregionalen Kooperationspartnern führt zu<br />
größerer Verbreitung der Ideen, dies ist allerdings mit einer größeren Schwerfälligkeit<br />
und unberechenbaren Verzögerungen zu erkaufen.<br />
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<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
5.3 Präventionskurs „Aktiv und Gesund durch die Schwangerschaft“<br />
(Maßnahme 1.3)<br />
Mit unseren Qualifizierungsmaßnahmen konnten wir erreichen, dass sich derzeit in<br />
NRW bereits sechs neue Präventionsangebote „Sport in der Schwangerschaft“<br />
etablieren oder schon etabliert haben. Nicht alle Angebote werden streng nach dem<br />
von uns vorgeschlagenen Konzept „Aktiv und gesund durch die Schwangerschaft“<br />
durchgeführt, da eine grundsätzliche Sicherung der Finanzierung des Angebots nach<br />
§ 20 SGB V noch nicht gewährleistet werden kann (s. u.).<br />
Das Konzept des Präventionskurses „Aktiv und gesund durch die Schwangerschaft“<br />
wurde hinlänglich im Schlussbericht der ersten Förderphase vom 31.10.2009 und<br />
erneut in unserem Zwischenbericht vom 30.08.2010 beschrieben. Im Folgenden<br />
geben wir eine Zusammenfassung der Evaluationsergebnisse wieder:<br />
Seit April 2008 haben ca. 180 Schwangere in 13 Kursdurchläufen am Angebot „Aktiv<br />
und gesund durch die Schwangerschaft“ im Sportzentrum des TV 1875 <strong>Paderborn</strong> e.<br />
V. teilgenommen. Von 124 Teilnehmerinnen liegen komplette Datensätze zum Alter,<br />
zu Größe und Gewicht vor der Schwangerschaft sowie zum Gewichtsverlauf und<br />
zum Blutdruck während der Kursteilnahme vor. Sechs Monate nach der Geburt<br />
konnte bei 72 Teilnehmerinnen und 42 Frauen einer Kontrollgruppe eine<br />
Nachbefragung zum Schwangerschaftsverlauf, zum Kind und zum eigenen<br />
Bewegungsverhalten vor, während und nach der Schwangerschaft durchgeführt<br />
werden.<br />
Die Schwangeren waren durchschnittlich 32 Jahre alt (23 bis 41 Jahre). Zu Beginn<br />
des Kurses befanden sie sich zwischen der 11. und 32., im Mittel in der 18.<br />
Schwangerschaftswoche. 29 Prozent gaben an, vor der Schwangerschaft sportlich<br />
nicht aktiv gewesen zu sein. Der Median der Kursteilnahme lag bei 10 Einheiten in<br />
14 Wochen. 38 Frauen (30%) nahmen an weniger als 8 Kursstunden teil, 4 davon<br />
haben sich nach der ersten „Schnupperstunde“ nicht fest angemeldet und sind auch<br />
nicht wieder zum Kurs erschienen. Rund 62% der Teilnehmerinnen waren vor der<br />
Schwangerschaft bezogen auf den Body Mass <strong>In</strong>dex (BMI) normalgewichtig, 4%<br />
untergewichtig, 23% übergewichtig und 11% adipös<br />
Kursteilnehmerinnen unterschieden sich hinsichtlich des Alters, des Bildungsniveaus<br />
und des Bewegungsverhaltens vor und nach der Schwangerschaft nicht von der<br />
Kontrollgruppe. Während der Schwangerschaft trainierten die Kursteilnehmerinnen<br />
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<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
signifikant länger (37. vs. 30. SSW, p
<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
Kontrollgruppe signifikant später, nämlich erst nach 6 Monaten körperlich wieder voll<br />
fit fühlte (p
<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
Nachdem Ende August 2010 ein überarbeiteter Leitfaden Prävention die<br />
Handlungsfelder und Kriterien des GKV Spitzenverbandes zur Umsetzung der §§ 20<br />
und 20a SGB V neu ordnete, entfiel die generelle Förderfähigkeit des Angebots<br />
aufgrund des Gütesiegels „Sport pro Gesundheit“ vom Deutschen Olympischen<br />
Sportbund, das wir noch im Jahr 2009 erhalten hatten. Auf dessen Grundlage hatten<br />
damals fast alle Krankenkassen die Finanzierung nach § 20 SGB V zunächst<br />
bewilligt. Das Kurskonzept musste bis Ende Februar 2011 erneut evaluiert und dann<br />
vom lokalen „Runden Tisch Prävention“ der ortsansässigen Krankenkassen geprüft<br />
werden. Die Finanzierungsfähigkeit unseres Konzepts nach § 20 wurde vom GKV<br />
Spitzenverband und in der Folge auch von allen lokalen Krankenkassen außer der<br />
lokalen Barmer-GEK mit dem Hinweis auf das offene Angebot (Einstieg in den Kurs<br />
ist für Teilnehmerinnen jederzeit möglich, weil deren Schwangerschaft ja nicht immer<br />
gleich weit fortgeschritten ist) abgelehnt (Anlage 16). Daraufhin wurde das Konzept<br />
in ein geschlossenes Angebot umgeschrieben und erneut zur Überprüfung der<br />
Finanzierbarkeit des Konzepts nach § 20 SGB V durch den GKV Spitzenverband<br />
vorgelegt. Leider dauert die Bearbeitung unseres Antrags vom 13.09.2011 bis heute<br />
an. Letztendlich obliegt es daher jeder Krankenkasse vor Ort, Entscheidungen über<br />
die Förderfähigkeit einzelner Angebote individuell zu treffen.<br />
Wir mussten leider erleben, dass Krankenkassen zwar vom inhaltlichen Konzept des<br />
Angebots und der Kursleiterqualifikation „Sport in der Schwangerschaft“ überzeugt<br />
waren, aber nur weil eine andere Krankenkasse die Produktion des<br />
Kursleitermanuals finanziell unterstützt, das spätere Kursangebot als nicht<br />
förderfähig für die eigenen Versicherten ansah. Aufgrund des hohen Aufwandes der<br />
Antragsstellung haben sich inzwischen etliche Sportvereine dazu entschlossen,<br />
überhaupt keine Angebote nach § 20 SGB V mehr anzubieten, sondern<br />
ausschließlich Selbstzahler-Angebote zu machen. Das widerspricht jedoch leider<br />
dem Anspruch an die Niederschwelligkeit von Präventionsangeboten.<br />
Fazit<br />
Das Präventionsangebot „Aktiv und gesund durch die Schwangerschaft“ konnte in<br />
<strong>Paderborn</strong> und bislang in vier weiteren Städten etabliert werden. Die Zahl der<br />
Teilnehmerinnen wächst stetig. Unsere antragsgemäßen Ziele konnten wir somit<br />
erfüllen. Leider ist das Angebot nicht so niederschwellig wie erwartet, da der GKV-<br />
Spitzenverband die Finanzierung als Präventionsangebot nach § 20 SGB V<br />
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<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
abgelehnt hat. Damit scheiterte auch unser Bemühen, finanzschwächere<br />
Risikogruppen für Kindliches Übergewicht, wie z.B. Migranten<br />
Fördernde und hemmende Faktoren:<br />
Förderlich für das Konzept ist die Vorlage einer Evaluationsstudie. Förderlich für die<br />
nachhaltige Finanzierung ist die positive Haltung einzelner Entscheider, die vom<br />
innovativen Konzept als Sache überzeugt sind und nicht auf unflexiblen Prinzipien<br />
bestehen.<br />
Hemmend ist, dass die vom Auftraggeber geforderten <strong>In</strong>novationen derzeit nicht in<br />
den vorgegebenen Rahmen der Gesetze und ihrer Auslegung passen und es<br />
vermutlich lange Zeit dauern wird, bis sich solche Konzepte auch politisch<br />
durchsetzen.<br />
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<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
6. Zusammenfassung und Empfehlungen<br />
Die zweite Projektphase des <strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und<br />
<strong>In</strong>terventionsprojekts <strong>PAPI</strong> wurde im Sinne einer Verstetigungsphase antragsgemäß<br />
durchgeführt. Die Maßnahmen „Beratungsleitfaden“, „Aus- und Fortbildung von<br />
Hebammen und Übungsleitern“ und der Präventionskurs „Aktiv und gesund durch die<br />
Schwangerschaft“ konnten erfolgreich über den Kreis <strong>Paderborn</strong> hinaus verstetigt<br />
werden. Alle drei Maßnahmen sind zu „Selbstläufern“ geworden und haben Richtung<br />
weisende Trends in der frühen Adipositasprävention gesetzt. Es ist nun Aufgabe der<br />
Politik, die Maßnahmenbündel zur frühen Adipositasprävention in <strong>Form</strong> von<br />
Gesetzen und/oder Programmen festzuschreiben.<br />
Fördernde und hemmende Faktoren<br />
Es kommt auf die Haltung von Entscheidern an, ob und in welchem Umfang<br />
Adipositasprävention zum Thema gemacht und umgesetzt wird oder nicht. Die<br />
<strong>In</strong>teressen der <strong>In</strong>dustrie auf diesem sensiblen Sektor dürfen nicht zur Torpedierung<br />
sämtlicher öffentlicher und privater Aktivitäten führen.<br />
Trotz hoher Qualitätsstandards und Evaluationen braucht Prävention einen<br />
gesetzlichen Motor, der die Maßnahmen dauerhaft unterstützt und für alle<br />
Bevölkerungsgruppen zugänglich macht.<br />
<strong>In</strong> Deutschland gibt es zu viele Krankenkassen, die nicht unbedingt immer im<br />
<strong>In</strong>teresse der Sache bzw. ihrer Versicherten entscheiden! Hier könnte ein<br />
Präventionsgesetz Abhilfe schaffen.<br />
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<strong>Paderborn</strong>er Adipositas Prävention und <strong>In</strong>tervention <strong>PAPI</strong><br />
7. Literatur<br />
1. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BZgA (Hrsg.):<br />
Gesundheitsförderung konkret, Band 13: Qualitätskriterien für Maßnahmen<br />
der Gesundheitsförderung und Primärprävention von Übergewicht bei<br />
Kinder und Jugendlichen, Köln (2010).<br />
2. Kurth, B.M. and A. Schaffrath Rosario: The prevalence of overweight and<br />
obese children and adolescents living in Germany. Results of the German<br />
Health <strong>In</strong>terview and Examination Survey for Children and Adolescents<br />
(KiGGS). Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz,<br />
2007. 50(5-6): p. 736-43.<br />
3. Müller, M.: Gibt es ein wissenschaftliches Konzept von Prävention? Vortrag<br />
im Rahmen der Jahrestagung der Konsensusgruppe Adipositasschulung<br />
KgAS e. V. 18.06.2011, Berlin.<br />
4. Müller, M.: Adipositas – ein gesellschaftliches Problem. Neueste<br />
epidemiologische Daten benennen Risikofaktoren für Übergewicht. 2011<br />
verfügbar unter: http://kn-adipositas.de/presseforum/Lists/Pressemitteilungen/Kompetenznetz/AllItems.aspx,<br />
[eingesehen am 31.10.2011].<br />
5. Streuling, I., A. Beyerlein, R. von Kries: Can gestational weight gain be<br />
modified by increasing physical activity and diet counselling? A metaanalysis<br />
of interventional trials. Am J Clin Nutr. 92(4): p. 678-87.<br />
6. Gardner, B., et al.: Changing diet and physical activity to reduce gestational<br />
weight gain: a meta-analysis. Obes Rev. 12(7): p. e602-20.<br />
7. Kleinert, J., Engelhardt, K., Sulprizio, M.: Sportaktivität in der<br />
Schwangerschaft: Ergebnisse einer online-Befragung. Deutsche Zeitschrift<br />
für Sportmedizin 58 (2007) 273.<br />
8. Botsch, N.: Eine Analyse der Angebotsstruktur zu Sportangeboten in der<br />
Schwangerschaft in den Kreisen Gütersloh und <strong>Paderborn</strong> und der Stadt<br />
Bielefeld, Bachelorarbeit an der Fakultät für Naturwissenschaften,<br />
Department Sport und Gesundheit. 2011, Universität <strong>Paderborn</strong>.<br />
9. Koletzko, K., Hartmann, W., Albring, C.: <strong>In</strong>akzeptable Werbemaßnahmen,<br />
Dtsch Ärztebl 2011; 108(43): A 2268-9.<br />
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