Präsentation (PDF-Datei) - Caritasverband für das Bistum Aachen
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Dialogveranstaltung im Rahmen der<br />
Caritas-Jahreskampagne 2013<br />
„Familie schaffen wir nur gemeinsam“<br />
am 24.06.2013<br />
<strong>Präsentation</strong> Frau Prof. Dr. Karin<br />
Böllert, Uni Münster
Familie schaffen wir nur gemeinsam –<br />
Recht auf Teilhabe aller Familien<br />
<strong>Caritasverband</strong> <strong>für</strong> <strong>das</strong> <strong>Bistum</strong> <strong>Aachen</strong> 24.06.2013<br />
Prof. Dr. Karin Böllert, Uni Münster
Fünf Fragestellungen<br />
Was ist Familie? – Familienleben heute<br />
Was leisten Familien? – Herausforderungen<br />
familialer Lebenswelten<br />
Was ist Teilhabe? - Teilhabe- und<br />
Befähigungsgerechtigkeit<br />
Was brauchen Familien? - Teilhabe<br />
ermöglichen<br />
Welche Konsequenzen entstehen <strong>für</strong> die<br />
Soziale Arbeit? – Vielfalt anerkennen<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
3
Was ist Familie?<br />
2011 gab es insgesamt 8,1 Millionen Familien mit<br />
minderjährigen Kindern.<br />
29 % dieser Familien haben einen Migrationshintergrund.<br />
Die Ehe ist mit 71 % die meistgelebte Familienform.<br />
9 % der Familien mit minderjährigen Kindern sind<br />
nichteheliche Lebensgemeinschaften.<br />
Alleinerziehende machen 20 % aller Familien aus.<br />
2011 lebten 12,9 Millionen minderjährige Kinder in<br />
Deutschland, von denen 83 % mit zwei Eltern gemeinsam in<br />
einem Haushalt lebten.<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
4
Ein Viertel aller Kinder in Deutschland sind Einzelkinder, fast<br />
die Hälfte hat einen Bruder oder eine Schwester, jedes fünfte<br />
Kind lebt mit zwei Geschwistern in einer Familie.<br />
53 % der Familien haben ein Kind, in etwas mehr als einem<br />
Drittel leben 2 Kinder, in 8,5 % der Familien leben drei Kinder<br />
und in 2 % der Familien vier oder mehr Kinder.<br />
Zwischen 10 und 14 % aller Familien sind Stieffamilien.<br />
Die Geburtenrate <strong>für</strong> 2011 beträgt 1,36 Kinder je Frau im Alter<br />
von 15 und 49 Jahren.<br />
Die kohortenspezifische Geburtenrate der heute über 45-<br />
jährigen Frauen liegt zwischen 1,53 und 1,6 Kinder pro Frau.<br />
Die Kinderlosigkeit der Jahrgänge 1964-1968 beträgt 21,7 %.<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
5
Zwischenfazit<br />
Familiale Lebensformen haben sich pluralisiert,<br />
aber die klassische Zwei-Eltern-Zwei-Kind-Familie<br />
ist nach wie vor die am meisten gelebte Familienform.<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
6
Evaluation familienpolitischer Leistungen<br />
Evaluation von 148 Maßnahmen im Umfang von 125,5 Mrd. €<br />
in 11 Modulen<br />
55,4 Mrd. € als Familienförderung (z. B. Kindergeld)<br />
52,9 Mrd. € als Familienlastenausgleich (z. B.<br />
Kinderfreibeträge, beitragsfreie Mitversicherung von Kindern)<br />
80 % der erwachsenen Bevölkerung hat Erfahrungen mit einer<br />
Leistung, knapp 50 % nutzen aktuell eine Leistung<br />
Zielvorgaben: Wahlfreiheit in Bezug auf familiale<br />
Lebensentwürfe, Vereinbarkeit von Familie und Beruf,<br />
wirtschaftliche Stabilität von Familien, Wohlergehen und gute<br />
Entwicklung von Kindern, Erfüllung von KInderwünschen<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
7
Das, worum es zentral geht, ist die Durchsetzung eines<br />
neuen familialen Lebensmodells:<br />
Von der bürgerlichen Kleinfamilie mit einer<br />
geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung zur<br />
bildungsinteressierten Kleinfamilie mit einem<br />
Familieneinkommen statt einem<br />
Ernährereinkommen!<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
8
semi-traditionelle Lebensformen mit je unterschiedlich<br />
kultureller Prägung in Ost- und Westdeutschland<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
9
Für die meisten Menschen ist Familie von zentraler<br />
Bedeutung, <strong>für</strong> fast 80 % aller Menschen ist Familie wichtig<br />
zum glücklich sein.<br />
Auf einer Skala von null bis zehn (ganz und gar zufrieden) wird<br />
die Zufriedenheit mit der Familie mit 7,6 Punkten bewertet.<br />
68 % der Bevölkerung und 77 % der Eltern wünschen sich,<br />
<strong>das</strong>s Familie an Bedeutung zunimmt.<br />
Für Kinder ist Familie der zentrale und wertgeschätzte Ort des<br />
Aufwachsens, allerdings wünschen sie sich mehr Zeit von bzw.<br />
mit ihren Eltern.<br />
Auch <strong>für</strong> Jugendliche ist Familie von enorm großer Bedeutung,<br />
die Balance von Fürsorge und Freiheit gelingt in den meisten<br />
Familien.<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
10
Zwischenfazit<br />
Familie hat <strong>für</strong> die meisten Menschen nach wie<br />
vor einen sehr hohen Stellenwert, <strong>das</strong><br />
Familienleben ist unverzichtbarer Bestandteil<br />
des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen.<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
11
Was leisten Familien?<br />
Familie ist die einflussreichste Institution <strong>für</strong> <strong>das</strong><br />
Aufwachsen junger Menschen. In ihr erfolgen die<br />
wichtigsten Entwicklungen <strong>für</strong> <strong>das</strong> Aufwachsen der jungen<br />
Generation.<br />
Die Anforderungen an Eltern haben sich verändert;<br />
erziehende Eltern müssen verstärkt in Außenbeziehungen<br />
agieren.<br />
Familiär geprägten Lebensmustern stehen Milieus anderer<br />
Lebenswelten gegenüber; Kinder und Jugendliche wachsen<br />
stärker generationenspezifisch auf.<br />
Familie ist zu einem öffentlichen Thema geworden, vielfach<br />
erscheint sie als Leistungserbringer, der die Potenziale des<br />
Nachwuchs optimal fördern muss.<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
12
Für die Chancen von Kindern und Jugendlichen ist<br />
es zentral, mit welchem sozialen, finanziellen und<br />
kulturellen Kapital ihre Familie ausgestattet ist.<br />
Während der größere Teil von Kindern und<br />
Jugendlichen sorgenfrei und gesichert<br />
aufwachsen kann, ist fast jeder dritte junge<br />
Mensch von einer Risikolage betroffen, was<br />
wiederum auf junge Menschen aus Familien mit<br />
Migrationshintergrund in besonderer Weise<br />
zutrifft.<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
13
In Deutschland hängen familiäre Lebensverhältnisse,<br />
Bildungsbeteiligung und Kompetenzerwerb besonders eng<br />
zusammen:<br />
• In bildungsfernen Elternhäusern hat kein Elternteil einen<br />
Bildungsabschluss des Sekundarbereiches II oder einen<br />
entsprechenden beruflichen Abschluss (Anteil ist mit 12 % aller<br />
Kinder rückläufig).<br />
• Eine soziale Risikolage wird angenommen, wenn kein Elternteil<br />
erwerbstätig ist (10 % aller Kinder verfügen über entsprechend<br />
geringe Teilhaberessourcen).<br />
• Eine finanzielle Risikolage liegt vor, wenn <strong>das</strong> Einkommen unter der<br />
Armutsgefährdungsgrenze (60 % des Durchschnittsäquivalenzeinkommens)<br />
liegt (18 % aller Kinder, 38 % der Kinder<br />
Alleinerziehender und 30 % bei Kindern mit Migrationshintergrund).<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
14
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
15
Je früher und je länger ein Kind<br />
Armutserfahrungen macht, desto gravierender<br />
sind die Folgen <strong>für</strong> seine aktuelle und<br />
zukünftige Lebenssituation.<br />
Familienpolitik ist somit auf der einen Seite<br />
Politik <strong>für</strong> alle Familien, auf der anderen Seite<br />
muss sie aber auch einen Beitrag zum Abbau<br />
von Chancenungleichheit benachteiligter<br />
Familien leisten.<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
16
Gewaltstudie 2013<br />
Gewalt- und Missachtungserfahrungen von<br />
Kindern und Jugendlichen in Deutschland<br />
Prof. Dr. Holger Ziegler, Universität Bielefeld<br />
Page 17 Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06. <strong>Aachen</strong>
(manchmal/oft in %)<br />
Gewalt durch Erwachsene – Kinder<br />
Gewalt geschieht in allen Schichten, aber sozial benachteiligte Kinder werden<br />
häufiger und in höherer Intensität geschlagen.<br />
35<br />
32,5<br />
29,3<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
17,1<br />
6,6<br />
22,7<br />
1,4<br />
• ca. 14 % der Eltern aus<br />
prekärer Lage geben zu,<br />
ihr Kind in der letzten<br />
Woche geohrfeigt zu<br />
haben.<br />
• Bei den privilegierten<br />
Eltern sind es weniger<br />
als 1%.<br />
0<br />
prekär durchschnittlich privilegiert<br />
Bist Du von Erwachsenen schon mal geschlagen worden?<br />
Bist Du von Erwachsenen schon einmal so geschlagen worden, <strong>das</strong>s Du blaue Flecken hattest?<br />
Seit<br />
e 18<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong>
(manchmal/oft in %)<br />
Missachtung durch Erwachsene –<br />
Kinder<br />
Sozial benachteiligte Kinder sind häufiger von Missachtungserfahrungen durch<br />
Erwachsene betroffen.<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
29,1<br />
23,6<br />
28,0<br />
16,6<br />
21,7<br />
9,9<br />
84,2% der befragten Kinder<br />
finden es<br />
‚sehr schlimm‘,<br />
wenn Erwachsene<br />
Kinder beleidigen.<br />
5<br />
0<br />
prekär durchschnittlich privilegiert<br />
Haben Dir Erwachsene schon mal <strong>das</strong> Gefühl gegeben, <strong>das</strong>s Du dumm oder nutzlos wärst?<br />
Haben Dir Erwachsene schon mal <strong>das</strong> Gefühl gegeben, <strong>das</strong>s Du weniger wert bist, als andere Kinder?<br />
Seit<br />
e 19<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong>
(oft in %)<br />
(oft in %)<br />
Elternbeziehung – Kinder/Jugendliche<br />
Knapp 50% der Kinder und 66% der Jugendlichen aus prekären Lagen geben<br />
an, von ihren Eltern nach ihrer Meinung gefragt zu werden.<br />
Kinder<br />
Jugendliche<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
78,9<br />
73,1<br />
66,9<br />
60,0 60,9<br />
48,2<br />
prekär durchschnittlich privilegiert<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
77,9<br />
82,2<br />
73,5<br />
66,2 69,6 74,4<br />
prekär durchschnittlich privilegiert<br />
Fragen Dich Deine Eltern nach Deiner Meinung?<br />
Kannst Du Dich darauf verlassen, wenn Deine Eltern Dir etwas versprechen?<br />
Seite 20 Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06. <strong>Aachen</strong>
Typisierung anhand von<br />
Gewalttätigkeit und sozialer Lage<br />
1. „Die Behüteten“<br />
• knapp 55%, sozial eher privilegiert<br />
• Geprägt durch gewaltfreies<br />
Aufwachsen<br />
• Keine / nur geringe „aktive“ oder passive<br />
Gewalterfahrungen<br />
• Erfahrungen mit Erwachsenen und<br />
Peers überwiegend positiv<br />
• Hohes subjektives Wohlergehen<br />
Page 21 Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06. <strong>Aachen</strong><br />
© Zurijeta, 2013 mit Genehmigung von Shutterstock.com /<br />
Bildnutzung ausschließlich im Kontext der Berichterstattung zur Gewaltstudie 2013 der Bepanthen-Kinderförderung.
Typisierung anhand von<br />
Gewalttätigkeit und sozialer Lage<br />
2. „Die stillen Opfer“<br />
• 22%, sozial deutlich benachteiligt<br />
• Geringe eigene Gewalttätigkeit<br />
• Überaus konformes Verhalten<br />
• Häufig Opfer von Missachtung & Gewalt<br />
• Geringe Unterstützung bei Bedrohung<br />
• Erfahren Lehrer überdurchschnittlich<br />
oft „unfair“<br />
• Unterdurchschnittliches Ausmaß an<br />
subjektivem Wohlbefinden und<br />
Selbstvertrauen<br />
• Höchstes Ausmaß an Sorgen<br />
Page 22 Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06. <strong>Aachen</strong><br />
© fasphotographic, 2013 mit Genehmigung von Shutterstock.com /<br />
Bildnutzung ausschließlich im Kontext der Berichterstattung zur Gewaltstudie 2013 der Bepanthen-Kinderförderung.
Typisierung anhand von<br />
Gewalttätigkeit und sozialer Lage<br />
3. „Die Extremen“<br />
• 7%, sozial benachteiligt<br />
• „gewalttätige“ junge Menschen<br />
• Hauptsächlich Jungen<br />
• Hohes Ausmaß von erfahrener Gewalt<br />
und Missachtung – als Opfer und Täter<br />
• Höchstes Ausmaß an Konflikten mit<br />
Eltern und Lehrern (Ungerechtigkeit)<br />
• Tolerieren und legitimieren Gewalt<br />
• Niedrigstes Ausmaß an subjektivem<br />
Wohlbefinden<br />
• Wenig Interesse seitens der Eltern<br />
Page 23 Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06. <strong>Aachen</strong><br />
© Martin Schemm / pixelio.de
Typisierung anhand von<br />
Gewalttätigkeit und sozialer Lage<br />
4. „Die Piesacker“<br />
• ca. 16%, eher privilegiert<br />
• hauptsächlich Jungen<br />
• Überdurchschnittlich hohe eigene<br />
Gewalttätigkeit<br />
• Beziehung zu Eltern und Erwachsenen<br />
gut<br />
• Überdurchschnittlich hohes Ausmaß an<br />
subjektivem Wohlbefinden, Selbstwertund<br />
Selbstwirksamkeit<br />
• Geringes Ausmaß an Sorgen und<br />
emotionalen Problemen<br />
Page 24 Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06. <strong>Aachen</strong><br />
© Fotosearch.de / mandygodbehear /<br />
Bildnutzung ausschließlich im Kontext der Berichterstattung zur Gewaltstudie 2013 der Bepanthen-Kinderförderung
Was ist Teilhabe?<br />
Eine gerechte Gesellschaft löst als öffentliche<br />
Aufgabe die Verpflichtung ein, jedem Menschen<br />
„die materiellen, institutionellen sowie<br />
pädagogischen Bedingungen zur Verfügung zu<br />
stellen, die ihm einen Zugang zum guten<br />
menschlichen Leben eröffnen und ihn in die Lage<br />
versetzen, sich <strong>für</strong> ein gutes Leben und Handeln<br />
zu entscheiden“ (Nussbaum 1999:24).<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
25
Soziale Gerechtigkeit<br />
capabilities-approach<br />
(Amartya Sen und Martha Nussbaum)<br />
Verwirklichungschancen + Handlungsbefähigung<br />
Konkrete Lebensqualität + Handlungsspielräume im<br />
sozialen Raum<br />
Gerechtigkeit als<br />
Teilhabe – und<br />
Befähigungsgerechtigkeit<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
26
Teilhabe von Familien heißt ….<br />
durch die Bereitstellung und Sicherung von<br />
Grundbefähigungen da<strong>für</strong> Sorge zu tragen, <strong>das</strong>s<br />
Familien in die Lage versetzt werden, in ihrer<br />
Lebensführung Wahlmöglichkeiten wahrnehmen oder<br />
ausschlagen zu können, d.h. die Freiheit von Menschen<br />
bemisst sich daran, welche Fähigkeiten sie im sozialen<br />
Raum ausüben bzw. ob sie in der Lage sind, ihre<br />
Lebensweise selbst wählen zu können!<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
27
Teilhabe bedeutet …<br />
<br />
<br />
Schaffung eines umfassenden Systems der<br />
Erhaltung fairer Lebenschancen, die allen<br />
Familien ohne große Hindernisse zugänglich<br />
sind, d.h. Abbau sozialer Benachteiligungen als<br />
Teilhabegerechtigkeit<br />
Befähigung von Familien, diese Chancen auch<br />
nutzen zu können, d.h. Bildung, Erziehung und<br />
Betreuung als Befähigungsgerechtigkeit<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
28
Was brauchen Familien?<br />
Teilhabegerechtigkeit<br />
• Familie als Bildungsort<br />
anerkennen<br />
• Vereinbarkeit von Familie<br />
und Erwerbstätigkeit<br />
ermöglichen<br />
• Zeitsouveränität <strong>für</strong> Familien<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
29
Familie als Bildungsort anerkennen<br />
Familien spielen <strong>für</strong> den Verlauf der Bildungsbiographien eine<br />
entscheidende Rolle und dies nicht nur in Hinblick auf die<br />
frühe Kindheit sondern bezogen auf <strong>das</strong> gesamte Kindheitsund<br />
Jugendalter.<br />
Eltern geben Orientierung, eröffnen Entfaltungsspielräume<br />
und treffen zentrale Bildungsentscheidungen (Autorengruppe<br />
Bildungsberichterstattung 2012: 48 ff.).<br />
Dass diese Bildungsfunktion von Familie bislang selten<br />
thematisiert und eher randständig berücksichtigt wird, liegt<br />
daran, <strong>das</strong>s der Bildungsort Familie durch nicht wenige<br />
Ambivalenzen charakterisiert ist.<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
30
Auf der einen Seite erweist sich die Familie als Anlass einer sich<br />
verstärkenden, herkunftsbedingten sozialen Ungleichheit, auf der<br />
anderen Seite wird auf ihre Bedeutung als eigenständige<br />
Bildungswelt, als Ausgangspunkt elementarer Bildungsprozesse<br />
hingewiesen.<br />
Diese Ambivalenzen zu negieren, macht wenig Sinn. Will man sie<br />
stattdessen ernst nehmen und als fachliche Herausforderung<br />
begreifen, dann muss die Kinder- und Jugendhilfe ihrer<br />
Auseinandersetzung mit zahlreichen Bildungsorten den der Familie<br />
hinzufügen und dazu beitragen, „Eltern in Sachen Erziehungs- und<br />
Bildungsort vom ‚Wollen‘ zum ‚Können‘ zu bringen“<br />
(Rauschenbach).<br />
Teilhabegerechtigkeit durch Bildungspolitik!<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
31
Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit<br />
ermöglichen<br />
2010 waren in 54,1 % der Familien beide Elternteile<br />
erwerbstätig; bei 36 % arbeitete nur ein Elternteil; bei<br />
9,9 % waren weder Mutter noch Vater erwerbstätig.<br />
Ostdeutsche Paare leben in einem egalitären<br />
Erwerbsarrangement.<br />
Eine höhere Bildung der Mütter geht einher mit einem<br />
partnerschaftlichen Erwerbsarrangement.<br />
Partnerschaftliche Arbeitsteilung ist erforderlich.<br />
Teilhabegerechtigkeit durch Arbeitsmarktpolitik!<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
32
Zeitsouveränität <strong>für</strong> Familien<br />
73 % der Eltern wünschen sich mehr Zeit <strong>für</strong> die<br />
Familie.<br />
Vor allem Mütter sind belastet, aber auch Väter sind<br />
unzufrieden.<br />
Zeitprobleme entstehen bei der Notwendigkeit<br />
unterschiedliche Zeittaktungen verschiedener<br />
Institutionen zu koordinieren.<br />
Zeitprobleme werden durch Verzicht auf Zeit <strong>für</strong> sich<br />
selbst „gelöst“.<br />
Teilhabegerechtigkeit durch Zeitpolitik!<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
33
Befähigungsgerechtigkeit<br />
• Rechtsansprüche<br />
beibehalten<br />
• Begleitung und<br />
Förderung von Anfang<br />
an<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
34
Rechtsansprüche beibehalten<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
35
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
36
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
37
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
38
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
39
Befähigungsgerechtigkeit durch Leistungen<br />
der Kinder- und Jugendhilfe.<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
40
Begleitung und Förderung von Anfang an<br />
Die soziale Vererbung von Chancenungleichheiten soll<br />
durchbrochen werden.<br />
Dem Bedeutungszuwachs der frühkindlichen Phase soll<br />
Rechnung getragen werden.<br />
Junge bzw. werdende Eltern sollen als neue Adressatengruppe<br />
gestärkt, unterstützt und begleitet werden.<br />
Erziehungspartnerschaften sollen aufgebaut werden.<br />
Elternchance als Kinderchancen.<br />
Befähigungsgerechtigkeit durch (präventive)<br />
Entwicklungsförderung und Kompetenzvermittlung!<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
41
Welche Konsequenzen entstehen <strong>für</strong> die Soziale<br />
Arbeit?<br />
Familie ist ein besonderes Kooperations- und<br />
Solidaritätsverhältnis, <strong>das</strong> als sorgende Beziehung<br />
charakterisiert werden kann. Informelle Sorgeleistungen<br />
der Familie sind durch <strong>das</strong> Zusammenleben von<br />
Menschen aus mindestens zwei Generationen geprägt.<br />
Diese Intergenerationalen Beziehungen sind u.a. darauf<br />
gerichtet, Kinder durch gezielte (Erziehung) sowie<br />
beiläufig stattfindende (Sozialisation) Vermittlung von<br />
Kulturinhalten zu psychisch und sozial erwachsenen, den<br />
Anforderungen der Gesellschaft eigenständig<br />
gewachsenen Menschen werden zu lassen (Uhlendorff,<br />
u.a. 2013).<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
42
Es geht insgesamt nicht darum, die Bedeutung<br />
von Familie zu schmälern oder deren private<br />
Verantwortung <strong>für</strong> <strong>das</strong> Aufwachsen von Kindern<br />
und Jugendlichen zu negieren.<br />
Teilhabe <strong>für</strong> alle Familien bedeutet die<br />
Wahrnehmung der öffentlichen Verantwortung<br />
<strong>für</strong> <strong>das</strong> Aufwachsen von Kindern und<br />
Jugendlichen als Stärkung, Förderung und<br />
Ermöglichung privater Verantwortung!<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
43
2 Grundideen des 14. Kinder- und Jugendberichtes<br />
1. Grundidee<br />
Wer ist mit der öffentlichen Verantwortung<br />
gemeint?<br />
Bloße Gegenüberstellung von öffentlich und<br />
privat ist nicht weiterführend.<br />
Stattdessen:<br />
Differenzierung von vier<br />
Akteuren der Wohlfahrtsproduktion<br />
und deren<br />
Zusammenwirken bzw. ihre<br />
Verschränkungen<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
44
Sektoren der Wohlfahrtsproduktion Typ der Verantwortung<br />
Markt<br />
Akteure: Unternehmen, Betriebe<br />
Funktionslogik: Äquivalententausch,<br />
Wettbewerb,<br />
Konkurrenz, Profit- bzw.<br />
Nutzenmaximierung<br />
Zentralwert: Freiheit, Wohlstand<br />
Staat<br />
Akteure: Parlamente,<br />
Verwaltung, Justiz<br />
Funktionslogik: Legalität,<br />
Umverteilung, Gewaltmonopol,<br />
Hierarchie, Gesamtverantwortung,<br />
Gewährleitungsverpflichtung<br />
Zentralwert: Beachtung von<br />
Gleichheitsgrundsätzen,<br />
Sicherheit, Gerechtigkeit<br />
Gemeinschaften<br />
Akteure: Familie,<br />
Verwandtschaft, Freundeskreis,<br />
Selbsthilfegruppen<br />
Funktionslogik: Zugehörigkeit,<br />
Kooperation, normative Hilfeund<br />
Dankesverpflichtung<br />
Zentralwert: Reziprozität<br />
Dritter Sektor / Zivilgesellschaft<br />
Akteure: Kirchen, Wohlfahrtsverbände,<br />
bürgerschaftliche<br />
Initiativen. Vereine, Stiftungen .<br />
Funktionslogik: Mitgliedschaft,<br />
Interessenaushandlung, -<br />
vertretung<br />
Zentralwert: Solidarität,<br />
freiwilliges Engagement<br />
Öffentliche<br />
Verantwortung<br />
Private<br />
Verantwortung<br />
im öffentlichen<br />
Raum<br />
Private<br />
Verantwortung<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
45
Die vier Instanzen wirken in der gesellschaftlichen<br />
Produktion von Wohlfahrt zusammen und sind<br />
vielfältig miteinander verschränkt - <strong>das</strong> Beispiel<br />
Familienzentrum.<br />
Sozialstaatlicher Wandel kann als Wandel dieses<br />
Verhältnisses beschrieben werden – <strong>das</strong><br />
wechselseitige Steigerungsverhältnis: je mehr <strong>für</strong><br />
Familien geleistet wird, desto größer werden die<br />
Erwartungen an Familie.<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong> 46
2. Grundidee<br />
Was ist der Bezugspunkt der Analyse?<br />
Bloße Analyse ist nicht ausreichend.<br />
Fokus ist der Abbau herkunftsbedingter<br />
Ungleichheit.<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
47
Leitfrage:<br />
„… <strong>das</strong>s es darum geht zu prüfen, ob bzw. in<br />
welchem Ausmaß durch die Ausweitung und<br />
spezifische Ausgestaltung der öffentlichen<br />
Verantwortungsübernahme <strong>das</strong> Ziel einer<br />
Verbesserung der Lebenschancen <strong>für</strong> alle Kinder<br />
und Jugendlichen überhaupt erreicht werden<br />
konnte bzw. in welchen Hinsichten sich vielleicht<br />
sogar gegenteilige Tendenzen abzeichnen“ (S. 65).<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong> 48
Nicht-intendierte Folgen der Expansion von Leistungen und<br />
Angeboten<br />
a) Selektive Zugänge zu Angeboten<br />
b) Ungleichheit durch Qualitätsunterschiede in den<br />
Institutionen<br />
c) Ungleichheit durch unterschiedliche Formen der<br />
Lebensführung<br />
<br />
Einfluss von Nutzung durch Zielgruppen,<br />
Nutzungswahrscheinlichkeit, Nutzungsdauer<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
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„In ihrem Zusammenwirken können diese<br />
Mechanismen – geringerer Zugang zu Förderung,<br />
schlechtere Qualität und Erfahrungen von Entmutigung<br />
und Diskriminierung in mittelschichtorientierten<br />
Bildungs- und Unterstützungssystemen – eine Spirale<br />
kumulativer Benachteiligung in Gang setzen, die (…)<br />
dazu führen kann, <strong>das</strong>s benachteiligte Kinder und<br />
Jugendliche immer mehr ins Abseits geraten“ (S. 248).<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
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Unverzichtbar ist die Überprüfung Teilhabe<br />
erschwerender Bedingungen.<br />
Trotz der Vielfalt aller familialer Lebensformen<br />
bedarf es einer Mindestvorstellung, was Familie ist<br />
und was sie leisten können muss.<br />
Erst hierüber werden sozialpädagogische<br />
Interventionen begründbar.<br />
Gleichzeitig ist die Reflexion eigener<br />
Familienvorstellungen unverzichtbar.<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
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Fazit<br />
Teilhabe <strong>für</strong> alle Familien heißt Anerkennung und<br />
Ermöglichung pluraler Lebensformen.<br />
Teilhabe <strong>für</strong> alle Familien heißt, Abbau materieller<br />
Ungleichheiten.<br />
Teilhabe <strong>für</strong> alle Familien heißt, eine soziale<br />
Infrastruktur als öffentliche Verantwortung<br />
gewährleisten.<br />
Teilhabe <strong>für</strong> alle Familien heißt Befähigung zur<br />
kompetenten Wahrnehmung der privaten<br />
Verantwortung.<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
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Wer Teilhabe <strong>für</strong> alle Familien will,<br />
der muss sich familienpolitisch positionieren<br />
und sozialpädagogisch verantwortete<br />
Unterstützungsleistungen wirkungsorientiert als<br />
familienorientierte soziale Infrastruktur<br />
umsetzen!<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
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Literatur<br />
Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2012: Bildung in Deutschland 2012,<br />
Gütersloh<br />
BMFSFJ, 2012: Bildungsbegleitung in der Eltern- und Familienbildung, Berlin<br />
BMFSFJ, 2012: Familienreport 2012, Berlin<br />
BMFSFJ, 2013: 14. Kinder- und Jugendbericht, Berlin<br />
Nussbaum, Martha, 1999: Gerechtigkeit und <strong>das</strong> gute Leben, Frankfurt<br />
Kalicki, Bernhard, 2012: Bildung. Eine Frage der Betreuung? In: DJI Impulse Heft 4,<br />
S. 7-10<br />
Uhlendorff, Uwe/Euteneuer, Matthias/Sabla, Kim-Patrick 2013: Soziale Arbeit mit<br />
Familien, München Basel<br />
Walper, Sabine, 2012: Vom Einfluss der Eltern. In: DJI Impulse, Heft 4, S. 10-14<br />
http://kinderförderung.bepanthen.de/de/kinderarmut/index.php<br />
Caritas Jahreskampagne 2013 - 24.06.<br />
<strong>Aachen</strong><br />
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