Modellierung biologischer und molekularer Systeme - IMISE ...
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<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Titel<br />
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong><br />
<strong>Systeme</strong><br />
Dr. Ingo Röder<br />
Institut für Medizinische Informatik, Statistik <strong>und</strong> Epidemiology<br />
Wintersemester 2006/07<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 1
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Überblick<br />
Inhaltliche Struktur<br />
1. Populationswachstum: z.B. Zellteilung, Jahreszyklus von Pflanzen,<br />
Wachstum von Mikroorganismen, Tumorwachtum<br />
→ Methodik: Differenzengleichungen, Differentialgleichungen, Lineare<br />
Stabilitätsanalyse, Numerische Lösungsverfahren von ODEs, Parameteranpassung<br />
2. Pharmakokinetik: z.B. Arzneimittelwirkungen, Alkoholabbau<br />
→ Methodik: Kinetiken 0./1. Ordnung, Michaelis-Menten Kinetik<br />
3. Kompetitive Populationsdynamik: Räuber-Beute <strong>Systeme</strong><br />
→ Methodik:Differentialgleichungssysteme, Phasenraumanalyse<br />
4. Epidemieausbreitung: z.B. AIDS<br />
→ Methodik: SIR, SIRS -Models<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 2
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Überblick<br />
Literatur<br />
• L. Edelstein-Keshet, Mathematical Models in Biology, Birkhäuser Mathematics<br />
Series, McGraw-Hill Inc., Boston, 1988<br />
• J.D. Murray, Mathematical Biology, Springer Verlag, Berlin Heidelberg, 2.<br />
Ausgabe, 1993<br />
• L. Seagle, Modeling dynamic phenomena in molecular and cellular biology,<br />
Cambridge University Press, Cambridge, 1984<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 3
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Einführung<br />
Modell<br />
verschiedene Definitionen nach Meyers Lexion <strong>und</strong> Duden:<br />
a) in verkleinertem Maßstab vor- oder nachgebildetes Bauwerk/Objekt<br />
b) Studienobjekt des Künstlers<br />
c) Fotomodell, Mannequin<br />
d) vereinfachtes gegenständliches od. abstraktes Abbild der Wirklichkeit ...<br />
Voraussetzung ist das Bestehen von Analogie (hinsichtlich Strukturen od.<br />
Funktionen) zwischen Original <strong>und</strong> Modell. ...<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 4
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Einführung<br />
Beschreibungsebenen<br />
Molekül: z.B. Stoffwechselprozesse, Genregulationsprozesse<br />
Zelle: z.B. Erregungsleitung durch Nervenzelle<br />
Zellverbände, Organe: z.B. Tumorwachstum, Gewebsregeneration<br />
Individuum: z.B. Verteilung von Arzneistoffen im Körper<br />
Population: z.B. Konkurrenz in Ökosystemen, Epidemieausbreitung<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 5
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Einführung<br />
Methodenklassen (1)<br />
Differenzengleichungen: zeitdiskret, meist keine räumliche Auflösung<br />
Gewöhnliche Differentialgleichungen (ODE): zeitkontinuierlich, keine räumliche<br />
Auflösung<br />
Partielle Differentialgleichungen (PDE): zeit-/raumkontinuierlich<br />
Stochastische Differentialgleichungen (SDE): zeitkontinuierlich, meist keine<br />
räumliche Auflösung<br />
Zellularautomaten: zeit-/raumdiskret<br />
Individual Particle Systems (IPS) diskret/kontinuierlich in Raum <strong>und</strong> Zeit<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 6
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Einführung<br />
Methodenklassen (2)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 7
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Einführung<br />
Allgemeiner <strong>Modellierung</strong>sablauf<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 8
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Populationswachstum<br />
• Diskrete Modelle<br />
– Lineare Differenzengleichungen<br />
– Nichtlineare Differenzengleichungen<br />
• Kontinuierliche Modelle<br />
– Gewöhnliche Differentialgleichungen<br />
– <strong>Systeme</strong> gewöhnlicher Differentialgleichungen<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 9
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Diskrete Modelle<br />
Dieser Abschnitt basiert auf Kapitel 1-3 aus L. Edelstein-Keshet, Mathematical<br />
Models in Biology, Birkhäuser Mathematics Series, McGraw-Hill Inc.,<br />
Boston, 1988<br />
• Biologische <strong>Systeme</strong>:<br />
– Zellwachstum<br />
– Insektenpopulation<br />
– Jahreszyklus von Pflanzen<br />
• <strong>Modellierung</strong>smethoden:<br />
– lineare/nichtlineare Differenzengleichungen<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 10
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Zellteilung (1)<br />
• Betrachte eine Population sich synchron teilender Zellen.<br />
• Die Anzahl der Zellen in Generation i sei mit M i bezeichnet.<br />
• Die Anzahl von Zellen in aufeinanderfolgenden Generationen ist:<br />
M n+1 = 2M n .<br />
• Gegeben eine Anfangszellzahl M 0 kann die Populationsgröße nach n<br />
Generationen rekursive bestimmt werden:<br />
M n+1 = 2M n = 2(2M n−1 ) = 2[2(2M n−2 )] = . .. = 2 n+1 M 0 .<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 11
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Zellteilung (2)<br />
• Damit erhält man für die n-te Generation<br />
M n = 2 n M 0 .<br />
• Dieses Resultat kann man verallgemeinern, wenn man annimmt, dass<br />
in einer Generation jeweils a (a > 0) Nachkommen erzeugt werden. Es<br />
folgt:<br />
M n = a n M 0 .<br />
• Hierbei wächst die Population für a > 1, sie schrumpft für a < 1 <strong>und</strong> sie<br />
bleibt konstant für a = 1.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 12
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Insektenpopulation (1)<br />
• Wir betrachten den Lebenszyklus der Pappelblattlaus (poplar gall aphid).<br />
• Erwachsene Weibchen produzieren Gelege auf Pappelblättern (”Gall”),<br />
aus denen Nachwuchs schlüpft, von dem ein gewisser Anteil überlebt.<br />
a n<br />
p n<br />
= Anzahl erwachsener Weibchen in der n-ten Generation<br />
= Anzahl der Nachkommen in der n-ten Generation<br />
m = Mortalität der Nachkommen<br />
f = Anzahl der Nachkommen pro Weibchen<br />
r = Anteil der Weibchen an den Nachkommen<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 13
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Insektenpopulation (2)<br />
• Unter der vereinfachenden Annahme konstanter Anteile f, r,m folgt<br />
p n+1 = f · a n (1)<br />
a n+1 = r · (1 − m)p n+1 (2)<br />
⇒ a n+1 = f · r(1 − m) · a n (3)<br />
• Diese lineare Differenzengleichung 1. Ordnung hat folgende Lösung<br />
a n = [f · r(1 − m)] n · a 0 , (4)<br />
wobei f · r(1 − m) die pro Kopf Anzahl der erwachsenen Weibchen, welche<br />
jedes Mutterweibchen produziert, repräsentiert.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 14
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Problemstellung:<br />
Fortpflanzung von einjährigen Pflanzen (1)<br />
• Einjährige Pflanzen produzieren Samen am Enden des Sommers <strong>und</strong><br />
gehen zugr<strong>und</strong>e.<br />
• Ein Teil der Samen überlebt den Winter <strong>und</strong> wiederrum ein Teil dieser<br />
Samen bringt im nächsten Frühjahr neue Pflanzen hervor.<br />
• Der restliche Teil der Samen kann noch einen weiteren Winter überstehen<br />
<strong>und</strong> ggf. im zweiten Frühjahr Pflanzen hervorbringen.<br />
Aufgabe:<br />
• Formulierung einer Modellbeschreibung;<br />
• Vorhersage der Populationsgrößenentwicklung.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 15
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Parameter:<br />
γ<br />
Fortpflanzung von einjährigen Pflanzen (2)<br />
= Anzahl der produzierten Samen pro Pflanze<br />
α = Anteil der aufgehenden Samen im 1. Jahr<br />
β<br />
σ<br />
= Anteil der aufgehenden Samen im 2. Jahr<br />
= Anteil der Samen, welche den jeweiligen Winter überleben<br />
Vereinfachende Annahme:<br />
Samen, älter als 2 Jahre können nicht mehr keimen.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 16
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Fortpflanzung von einjährigen Pflanzen (3)<br />
Variablen:<br />
p n = Anzahl der Pflanzen in Generation n.<br />
Sn<br />
1<br />
Sn<br />
2<br />
¯S n<br />
1<br />
¯S n<br />
2<br />
Sn<br />
0<br />
= Anzahl der 1-Jahres-Samen vor dem Keimen.<br />
= Anzahl der 2-Jahres-Samen vor dem Keimen.<br />
= Anzahl der 1-Jahres-Samen, die nicht gekeimt sind.<br />
= Anzahl der 2-Jahres-Samen, die nicht gekeimt sind.<br />
= Anzahl der jeweils von den Pflanzen produzierten Samen.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 17
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Fortpflanzung von einjährigen Pflanzen (4)<br />
year k=n<br />
year k=n+1<br />
year k=n+2<br />
S<br />
0<br />
γ<br />
σ<br />
1 1<br />
Sn+1 Sn+1<br />
σ<br />
α β<br />
S<br />
0<br />
n+1<br />
γ<br />
σ<br />
S<br />
1<br />
n+2<br />
S<br />
0<br />
n+2<br />
p n p n+1<br />
p n+2<br />
0<br />
S n+2<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 18
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Fortpflanzung von einjährigen Pflanzen (5)<br />
Modellgleichungen:<br />
p n = αSn 1 + βSn 2 (5)<br />
¯S n 1 = (1 − α)Sn 1 (6)<br />
¯S n 2 = (1 − β)Sn 2 (7)<br />
Sn 0 = γp n (8)<br />
Sn+1 1 = σSn 0 (9)<br />
Sn+1 2 = σ ¯S n 1 (10)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 19
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Fortpflanzung von einjährigen Pflanzen (6)<br />
Einsetzten von Gleichung (8) in (9) liefert<br />
Sn+1 1 = σ(γp n ). (11)<br />
Weiterhin erhält man in (10) mittels (6)<br />
Sn+1 2 = σ(1 − α)Sn. 1 (12)<br />
Betrachte nun (5) für Generation n + 1:<br />
p n+1 = αSn+1 1 + βSn+1. 2 (13)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 20
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Fortpflanzung von einjährigen Pflanzen (7)<br />
Damit erhält man nun ein System zweier Gleichungen erster Ordnung, welche<br />
den Zusammenhang von Pflanzen <strong>und</strong> 1-jährige Samen beschreibt:<br />
p n+1 = ασγp n + βσ(1 − α)S 1 n, (14)<br />
S 1 n+1 = σγp n . (15)<br />
Dieser Zusammenhang kann auch alternativ in Form einer Gleichung zweiter<br />
Ordnung dargestellt werden:<br />
p n+1 = ασγp n + βσ 2 (1 − α)γp n−1 . (16)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 21
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Einschub: Nomenklatur<br />
Bezeichnung von Differenzengleichungen:<br />
1. Ordnung: p n abhängig nur von p n−1<br />
(z.B. p n = ap n−1 )<br />
k. Ordnung: p n abhängig von p n−1 , p n−2 ,...,p n−k<br />
(z.B. p n = ap n−1 + β(1 − a)p n−2 )<br />
Linear: p n abhängig nur von linearen Funktionen von p n−i<br />
(z.B.p n = ap n−1 + bp n−2 )<br />
Nichtlinear: p n abhängig von nichlinearen Funktionen von p n−i<br />
(z.B. p n = rp 2 n−1 oder p n = sp n−1 p n−2 )<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 22
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
System linearer Differenzengleichungen (1)<br />
• Das letzte Beispiel führte auf ein System von zwei linearen Differenzengleichungen<br />
1. Ordnung.<br />
• Äquivalent hierzu ist die Repräsentation des Problems in Form einer linearen<br />
Differenzengleichungen 2. Ordnung möglich.<br />
• Diese beiden Darstellungen können immer ineinander überführt werden.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 23
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
System linearer Differenzengleichungen (2)<br />
Betrachte allgemeines System von 2 linearen DGLn 1. Ordnung:<br />
x n+1 = a 11 x n + a 12 y n , (17)<br />
y n+1 = a 21 x n + a 22 y n . (18)<br />
Einsetzten von (18) in (17) ergibt:<br />
x n+2 = a 11 x x+1 + a 12 y n+1<br />
= a 11 x x+1 + a 12 (a 21 x n + a 22 y n )<br />
= a 11 x x+1 + a 12 a 21 x n + a 22 (x n+1 − a 11 x n )<br />
→ x n+2 − (a 11 + a 22 )x n+1 + (a 22 a 11 − a 12 a 21 )x n = 0 (19)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 24
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Lösungsansatz<br />
In den Bspl. Zellteilung <strong>und</strong> Insektenpopulation hatte die Lösung einer linearen<br />
Differenzengleichung 1. Ordung die Form<br />
x n = Cλ n . (20)<br />
Kann die Lösung auch für lineare Differenzengleichungen höherer Ordung,<br />
wie (19), ebenfalls mit einem solchen Ansatz ermittelt werden?<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 25
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Charakteristische Gleichung<br />
Um dies zu testen substituiere den Ansatz x n = λ n C in Gleichung (19):<br />
Cλ n+2 − (a 11 + a 22 )Cλ n+1 + (a 22 a 11 − a 12 a 21 )Cλ n = 0<br />
Unter der Annahme Cλ n ≠ 0 (Ausklammerung der trivialen Lösung x n = 0)<br />
<strong>und</strong> Division durch den Faktor Cλ n erhält man aus (19)<br />
λ 2 − (a 11 + a 22 )λ + (a 22 a 11 − a 12 a 21 ) = 0 (21)<br />
D.h. der Ansatz x n = Cλ n liefert eine Lösung für den Fall, dass λ die quadratische<br />
Gleichung (21) erfüllt.<br />
(21) wird als charakteristische Gleichung des Problems (19) bezeichnet.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 26
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Lösungen der charakteristischen Gleichung<br />
Zur Vereinfachung der Darstellung führen wir die folgenden Bezeichnungen<br />
der Koeffizenten aus Gleichung (21) ein<br />
β = a 11 + a 22 ,<br />
γ = a 22 a 11 − a 12 a 21 .<br />
Die Lösungen der charakteristischen Gleichung (21) lauten damit:<br />
λ 1,2 = β ± √ β 2 − 4γ<br />
2<br />
(22)<br />
λ 1,2 werden als Eigenwerte bezeichnet.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 27
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Allgemeine Lösung<br />
Für lineare Gleichung (wie in Fall (19)) gilt das folgende, sogenannte Superpositionsprinzip.<br />
Dieses besagt:<br />
Wenn mehrere, verschiedene Lösungen eines linearen Problems bekannt<br />
sind, dann ist auch jede Linearkombination dieser Lösungen wieder<br />
eine Lösung des Problems.<br />
D.h. ausgehend vom Lösungsansatz (20) mit den ermittelten Eigenwerten<br />
λ 1 <strong>und</strong> λ 2 ergibt sich die allgemeine Lösung des Problems (19):<br />
für λ 1 ≠ λ 2 .<br />
x n = A 1 λ n 1 + A 2 λ n 2 (23)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 28
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Lösung mittels Matrixschreibweise (1)<br />
Die Lösung des Problems (19) bzw. äquivalent dazu (17,18) kann auch mittels<br />
einer anderen Methodik bestimmt werden. Betrachte hierzu das folgende<br />
System linearer Gleichungen:<br />
ax + by = 0,<br />
cx + dy = 0. (24)<br />
In Matrixschreibweise kann dies geschrieben werden als:<br />
( ) (<br />
a b<br />
x<br />
Mv = 0 mit M =<br />
<strong>und</strong> v =<br />
c d<br />
y<br />
)<br />
(25)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 29
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Lösung mittels Matrixschreibweise (2)<br />
• Der Nullvektor v = 0 ist immer eine (triviale) Lösung von (24).<br />
• v = 0 ist auch einzige Lösung, wenn gilt detM = ad − bc ≠ 0<br />
• Im Falle detM = 0 enthalten beide Gleichungen ”dieselbe Information”.<br />
D.h. jede Kombination von x <strong>und</strong> y, die eine der Gleichungen erfüllt, ist<br />
auch Lösung des Systems.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 30
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Lösung mittels Matrixschreibweise (3)<br />
Anwendung dieser Schreibweise auf System (17,18):<br />
( ) ( )<br />
xn<br />
a11 a<br />
V n+1 = MV n mit V n = <strong>und</strong> M = 12<br />
. (26)<br />
y n a 21 a 22<br />
Vermittels des schon vorher verwendenten Ansatzes erhält man eine<br />
Lösung der Form<br />
( )<br />
Aλ<br />
n<br />
V n =<br />
Bλ n . (27)<br />
Einsetzen dieses Ansatzes in (26) ergibt<br />
( ) ( )( )<br />
Aλ<br />
n+1 a11 a<br />
Bλ n+1 = 12 Aλ<br />
n<br />
a 22 Bλ n . (28)<br />
a 21<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 31
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Lösung mittels Matrixschreibweise (4)<br />
Ausmultiplizieren <strong>und</strong> Division durch den Faktor λ n liefert folgendes Gleichungssystem<br />
0 = A(a 11 − λ) + Ba 12 ,<br />
0 = Aa 21 + B(a 22 − λ). (29)<br />
In Matrixform geschrieben<br />
0 =<br />
(<br />
a11 − λ a 12<br />
a 22 − λ<br />
a 21<br />
)(<br />
A<br />
B<br />
)<br />
. (30)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 32
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Lösung mittels Matrixschreibweise (5)<br />
Eine Lösung des Systems (29) ist die triviale Lösung A = B = 0. Dieses<br />
führt allerdings auf V ≡ 0. Um weitere (nichttriviale) Lösungen zu erhalten<br />
setzte die Determinate der Koeffizientenmatrix gleich 0:<br />
( )<br />
a11 − λ a<br />
det<br />
12<br />
= 0 (31)<br />
a 22 − λ<br />
a 21<br />
Dies führt auf<br />
(a 11 − λ)(a 22 − λ) − a 12 a 21 = 0<br />
<strong>und</strong> damit auf die charakteristische Gleichung der Eigenwerte λ<br />
λ 2 − βλ + γ = 0 (32)<br />
wobei β = a 11 + a 22 <strong>und</strong> γ = (a 11 a 22 − a 12 a 21 ) bezeichnet.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 33
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Lösung mittels Matrixschreibweise (6)<br />
Die Lösungen der characteristische Gleichung sind bereits bekannt:<br />
λ 1,2 = β ± √ β 2 − 4γ<br />
.<br />
2<br />
Die Größen β, γ <strong>und</strong> β 2 − 4γ werden wie folgt bezeichnet:<br />
β = a 11 + a 22 = trM . .. Spur (trace) der Matrix M<br />
γ = a 11 a 22 − a 12 a 21 = detM . .. Determinante von M<br />
β 2 − 4γ = disc(M) . .. Diskriminante von M<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 34
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Einschub: Eigenvektor<br />
Jedem Eigenwert kann ein sogenannter Eigenvektor v i =<br />
zugeordnet<br />
werden. Dieser erfüllt die folgende Gleichung<br />
(<br />
Ai<br />
B i<br />
)<br />
Mv i = λ i v i .<br />
Diese Matrixgleichung erhält man auch aus Gleichung (28) vermittels Division<br />
durch λ n <strong>und</strong> einsetzten eines speziellen Eigenwertes λ i .<br />
Jedes skalare Vielfache eines Eigenvektors ist wieder ein Eigenvektor, d.h.<br />
wenn v ein Eigenvektors ist, so ist auch αv mit α ∈ R ein Eigenvektor.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 35
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Qualitatives Verhalten linearer Differenzengleichungen (1)<br />
• Eine allgemeine Differenzengleichung m-ter Ordnung hat die Form<br />
a 0 x n+m + a 1 x n+m−1 + · · · + a m x n = b n .<br />
• Sind die a i (i = 0, ...,m) Konstanten <strong>und</strong> ist b n = 0, so spricht man von<br />
einer homogenen linearen Differenzengleichung mit konstanten Koeffizienten.<br />
Bisher vorgestellten Lösungsverfahren bezogen sich auf diese<br />
spezielle Art von Differenzengleichungen. Die Lösungen waren in diesem<br />
Falle Linearkombinationen von Ausdrücken der Form<br />
x n = Cλ n ,<br />
mit λ... Lösungen der charakt. Gleichung (Eigenwerte).<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 36
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Qualitatives Verhalten linearer Differenzengleichungen (2)<br />
• Die Anzahl (verschiedener) Basis-Lösungen ist durch die Ordnung der<br />
D.-Gleichung bestimmt; Im Allgmeinen hat eine D.-Gleichung m-ter Ordnung<br />
(bzw. ein System von m D.-Gleichungen 1. Ordnung) m Basis-<br />
Lösungen.<br />
• Die allgemeine Lösung ist eine lineare Superposition (Linearkombination)<br />
der m Basis-Lösungen (gegeben, unterschiedliche λ )<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 37
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Qualitatives Verhalten linearer Differenzengleichungen (3)<br />
• Für reelle λ hängt das qualitative Verhalten der Basis-Lösung davon ab,<br />
in welchen der folgenden Bereiche λ fällt:<br />
λ ≥ 1, 0 < λ < 1, −1 < λ < 0, λ ≤ −1.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 38
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Qualitatives Verhalten linearer Differenzengleichungen (4)<br />
• Allgemeine Lösungen von linearen Differenzengleichungen der Ordnung<br />
m > 1 kombinieren ggf. verschiedene dieser qualitativen Charakteristiken<br />
• Der dominante Eigenwert (das betragsmäßig größte λ i ) hat dabei den<br />
stärksten Einfluß auf das Verhalten; dies bedeutet, dass das Langzeitverhalten<br />
(Generationszahl n groß) approximativ beschrieben werden kann<br />
durch<br />
x n+1 ≃ λ i x n<br />
• Die Dynamik enthält eine oszillatorische Komponente, wenn einer der<br />
Eigenwerte negativ (oder komplex) ist.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 39
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Einschub: Komplexe Eigenwerte (1)<br />
Die charakteristische Gleichung λ 2 −βλ+γ = 0 liefert für β 2 < 4γ komplexe<br />
Eigenwerte. Die treten als sogenannte konjugierte Paare auf<br />
wobei a = β/2 <strong>und</strong> b = 1 2 |β2 − 4γ| 1/2 .<br />
λ 1 = a + bi <strong>und</strong> λ 1 = a − bi<br />
Die allgemeine Lösung (Linearkombination der Basislösungen) enthält damit<br />
Potenzen von komplexen Zahlen<br />
x n = A 1 (a + bi) n + A 2 (a − bi) n . (33)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 40
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Einschub: Komplexe Eigenwerte (2)<br />
Um eine solche Lösungsstruktur verstehen zu können, hier eine kurze Zusammenfassung<br />
von Rechenregeln komplexer Zahlen.<br />
Es gelten folgende äquivalente Darstellungsformen für komplexe Zahlen:<br />
a + bi = r(cosΦ + isin Φ) = re iΦ (34)<br />
a − bi = r(cosΦ − isin Φ) = re −iΦ (35)<br />
Hierbei gelte:<br />
bzw. äquivalent dazu<br />
a = r cosΦ , b = r sinΦ. (36)<br />
r = (a 2 + b 2 ) 1/2 , Φ = arctan(b/a) (37)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 41
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Einschub: Komplexe Eigenwerte (3)<br />
Damit kann die Potenz einer komplexen Zahl verstanden werden als:<br />
(a + bi) n = (re iΦ ) n = r n e inΦ = c + di, mit c = r n cosnΦ <strong>und</strong> d = r n sinnΦ.<br />
Graphisch interpretiert bedeutet dies eine Rotation des ursprünglichen Vektors<br />
(a,b) um n · Φ <strong>und</strong> Streckung auf n-fache Potenz der Originallänge.<br />
Imaginäre Achse<br />
b<br />
(1+i) 3<br />
Imaginäre Achse<br />
(1+i)<br />
2<br />
(1+i)<br />
r<br />
Reelle Achse<br />
(a)<br />
Φ<br />
a<br />
Reelle Achse<br />
(b)<br />
(1+i) 4 5<br />
(1+i)<br />
(1+i)<br />
6<br />
(1+i)<br />
7<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 42
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Einschub: Komplexe Eigenwerte (4)<br />
Unter Ausnutzung dieser Regeln erhält man für die allgemeine Lösung mit<br />
komplexen Eigenwerten:<br />
x n<br />
= A 1 (a + bi) n + A 2 (a − bi) n<br />
= A 1 r n (cosnΦ + isinnΦ) + A 2 r n (cosnΦ − isinnΦ)<br />
= B 1 r n cosnΦ + iB 2 r n sinnΦ<br />
mit B 1 = A 1 + A 2 <strong>und</strong> B 2 = A 1 − A 2 . Für u n = r n cosnΦ <strong>und</strong> v n = r n sinnΦ<br />
erhält man<br />
x n = B 1 u n + iB 2 v n (38)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 43
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Einschub: Komplexe Eigenwerte (5)<br />
Da von einer linearen Differenzengleichung ausgegangen war, kann gezeigt<br />
werden, dass sowohl der reelle als auch der imaginäre Anteil von x n =<br />
B 1 u n + iB 2 v n selbst Lösungen sind. Auf dieser Basis kann man eine reellwertige<br />
Lösung durch Linearkombination von u n <strong>und</strong> v n konstruieren:<br />
x n = C 1 u n + C 2 v n = r n (C 1 cosnΦ + C 2 sinnΦ). (39)<br />
Komplexe Eigenwerte (λ = a ± bi) sind somit verb<strong>und</strong>en mit oszillierenden<br />
(reellen) Lösungen. Hierbei gilt: wachsende Amplitude für r = √ (a 2 + b 2 ) ><br />
1, sich verringernde Amplitude für r = √ (a 2 + b 2 ) < 1 oder konstante Amplitude<br />
für r = √ (a 2 + b 2 ) = 1. Die Frequenz der Oszillation hängt vom<br />
Verhältnis b/a ab.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 44
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Betrachte:<br />
Komplexe Eigenwerte - Beispiel<br />
x n+2 − 2x n+1 + 2x n = 0. (40)<br />
Die zugehörige charakteristische Gleichung lautet: λ 2 − 2λ + 2 = 0. Diese<br />
hat komplexe Lösungen λ = 1 ± i. D.h. a = b = 1, so dass<br />
r = √ (a 2 + b 2 ) = √ 2 <strong>und</strong> Φ = arctan(b/a) = π/4.<br />
Somit lautet die reellwertige allgemeine Lösung von (40)<br />
x n = √ 2 n [C 1 cos(nπ/4) + C 2 sin(nπ/4)].<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 45
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Nichtlineare Differenzengleichungen<br />
• Eine nichtlineare Differenzengleichung ist jede Gleichung der Form<br />
x n+1 = f(x n , x n−1 , ...), (41)<br />
wobei f eine nichtlineare Beziehung der Argumente x n ,x n−1 , ... darstellt.<br />
• Eine analytische Lösung einer solchen nichtlinearen Gleichung kann nur<br />
wenigen Fällen angegeben werden.<br />
• Ausweg: Numerische Lösung, lineare Approximation, qualitative Beschreibung<br />
der Lösung.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 46
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Fixpunkte / Steady states<br />
Betrachte zunächst nichtlineare Differenzengleichungen 1. Ordnung:<br />
x n+1 = f(x n ). (42)<br />
• Eine stabile Lösung (steady state) bezeichnet einen Systemzustand, welcher<br />
sich über die Zeit nicht ändert.<br />
• Ein solche stabile Lösung (auch Fixpunkt genannt) ist definiert durch<br />
• Als eine Folgerung aus (42), erfüllt ¯x auch<br />
x n+1 = x n = ¯x (43)<br />
¯x = f(¯x) (44)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 47
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Stabilität von Fixpunkten<br />
• Man unterscheidet prinzipiell 2 Arten von Fixpunkten.<br />
– stabil: ”zieht Nachbarzustände an”<br />
– instabil: ”stößt Nachbarzustände ab”<br />
1<br />
00 11<br />
00 11<br />
00 11<br />
00 11<br />
2 3<br />
00 11<br />
00 11<br />
00 11<br />
00 11<br />
00 11<br />
00 11<br />
00 11<br />
00 11<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 48
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Linearisierung (1)<br />
• Um die Stabilität eines Fixpunktes ¯x zu bestimmen geht man folgender<br />
maßen vor:<br />
1. Betrachte (kleine) Störungen x ′ n des Fixpunktes ¯x, d.h.<br />
x n = ¯x + x ′ n (45)<br />
2. Analysiere, ob diese Störung mit der Zeit zu oder abnimmt.<br />
• Diese Vorgehensweise reduziert das Problem auf eine lineare Differenzengleichung<br />
für die bereits vorgestellte Lösungsverfahren angewandt<br />
werden können.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 49
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Linearisierung (2)<br />
• Ausgehend von (44) <strong>und</strong> (45) erhält man<br />
x ′ n+1 = x n+1 − ¯x = f(x n ) − ¯x = f(¯x + x ′ n) − ¯x. (46)<br />
• Approximation von f mittels Taylorentwicklung unter Ausnutzung der Annahme:<br />
x ′ n klein.<br />
f(¯x + x ′ n) = f(¯x) +<br />
( df<br />
∣<br />
)x ′ n + O(x ′2<br />
dx<br />
n) (47)<br />
∣¯x<br />
• O(x ′2 n) repräsentiert in der Nähe von ¯x sehr kleine Werte.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 50
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Linearisierung (3)<br />
• Die O(x ′2 n) werden nun vernachlässigt <strong>und</strong> man erhält<br />
x ′ n+1 ≃ f(¯x) − ¯x +<br />
( df<br />
∣<br />
)x ′<br />
dx<br />
n. (48)<br />
∣¯x<br />
• Unter Beachtung von f(¯x) = ¯x kann die obige Gleichung geschrieben<br />
werden als<br />
( ) df<br />
x ′ n+1 = ax ′ n mit a = ∣<br />
(49)<br />
dx∣¯x • Somit erhält man aus dem nichtlinearen Problem eine lineare Gleichung<br />
für die Störung x ′ n.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 51
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Linearisierung (4)<br />
• Um das Verhalten des nichtlinearen Systems in der Nähe seiner Fixpunkte<br />
zu charakterisieren, betrachtet man als das Verhalten der kleinen<br />
Störung x ′ n:<br />
• Die Lösung von (42) wächst für |a| > 1 <strong>und</strong> wird kleiner für |a| < 1.<br />
• Man erhält hieraus eine Bedingung für Stabilität des eines Fixpunktes ¯x:<br />
¯x is stabiler Fixpunkt von (42) ⇔<br />
df<br />
∣<br />
dx |¯x<br />
∣ < 1 (50)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 52
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Stabilitätsanalyse - Beispiel (1)<br />
Betrachte das folgende nichtlineare Populationswachstumsmodell<br />
x n+1 = kx n<br />
b + x n<br />
, b,k > 0 (51)<br />
Bestimmung der Fixpunkte: Setze ¯x = x n+1 = x n in (51) ein:<br />
¯x = k¯x<br />
b + ¯x<br />
⇒ ¯x(b + ¯x) = k¯x ⇒ ¯x(¯x + b − k) = 0. (52)<br />
Damit erhält man<br />
¯x = k − b oder ¯x = 0. (53)<br />
Beachte: k > b da negative Populationsgrößen uninteressant sind.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 53
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Stabilitätsanalyse - Beispiel (2)<br />
Zur Analyse des Stabilitätsverhaltens bestimme<br />
1. ¯x = 0:<br />
d<br />
dx<br />
( kxn<br />
b + x n<br />
)<br />
= k(b + x n) − kx n<br />
(b + x n ) 2<br />
2. ¯x = k − b:<br />
df<br />
dx |¯x=0 = kb<br />
b 2 = k b > 1 ⇒ instabil.<br />
df<br />
dx |¯x=k−b =<br />
kb<br />
(b + k − b) 2 = b k < 1 ⇒ stabil.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 54
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Die logistische Differenzengleichung (1)<br />
Gegeben sei folgende Gleichung:<br />
x n+1 = rx n (1 − x n ) (54)<br />
Bestimmung der Fixpunkte: ¯x = r¯x(1 − ¯x) ⇒ r¯x 2 − ¯x(r − 1) = 0.<br />
Damit erhält man die Fixpunkte: ¯x 1 = 0 <strong>und</strong> ¯x 2 = 1 − 1 r .<br />
Die Analyse von Störungen um den nichttrivialen Fixpunkt x 2 liefert:<br />
x ′ n+1 = ax ′ n, mit a = df<br />
∣ = r(1 − = 2 − r. 2x)|¯x2 dx∣¯x2 Daraus folgernd gilt: ¯x 2 ist stabil wenn gilt |a| < 1, d.h. 1 < r < 3. Die<br />
Stabilität hängt also vom Parameter r ab.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 55
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Die logistische Differenzengleichung (2)<br />
• Diese einfache nichtlineare Differenzengleichung (ein Parameter, einfache<br />
quadratische Nichtlinearität) wird oft zur Beschreibung einer Population<br />
mit dichteabhängiger Reproduktionsrate verwendet.<br />
• Dabei zu beachten: Außerhalb der Intervalle 0 < x < 1 <strong>und</strong> 1 < r < 4<br />
stirbt die Population aus.<br />
• Desweitern: ”Auffälliges” Verhalten des Systems für 3 < r < 4 (siehe<br />
Simulationsbeispiele)<br />
• Setzt man z.B. r ein klein wenig größer als 3, so scheinen sich stabile<br />
Oszillationen der Peroide 2 zu ergeben.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 56
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Einschub: Bestimmung periodischer Lösungen (1)<br />
• Um zu sehen, wie es zu der Periodizität kommt betrachte den folgenden<br />
Ansatz: x n+1 = f(x n ), x n+2 = x n .<br />
⇒ f(x n+1 ) = f(f(x n ))<br />
⇒ x n+2 = f(f(x n )) (55)<br />
Unter Verwendung von g(x) = f(f(x)) <strong>und</strong> Einführung des Index k = n/2<br />
(n gerade), kann (55) geschrieben werden als<br />
x k+1 = g(x k ) (56)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 57
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Einschub: Bestimmung periodischer Lösungen (2)<br />
• Aufgr<strong>und</strong> der Konstruktion von x k+1 = g(x k ) entspricht ein Fixpunkt ¯x<br />
dieser Gleichung einer Periode-2-Lösung des Ausgangsproblems (55).<br />
• Nach Voraussetzung gibt es zwei solcher Lösungen ¯x 1 ¯x 2 .<br />
• Damit kann die periodische Lösung mittels bekannter Methoden zur<br />
Lösung von x k+1 = g(x k ) bestimmt werden:<br />
( ∣<br />
– Stabiles Verhalten von ¯x i , wenn<br />
dg ∣∣∣<br />
∣ dx)∣<br />
< 1 ∣∣¯x i<br />
– Man kann zeigen, dass ein ( stabiler Periode-2 Zyklus vorliegt gdw.<br />
)(<br />
)∣ dg∣<br />
dg∣<br />
∣∣∣<br />
∣ dx dx<br />
< 1<br />
∣¯x 1<br />
∣¯x 2<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 58
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Die logistische Differenzengleichung (3)<br />
• Um die Fixpunkte des zwei-Punkte Zyklus von x n+1 = rx n (1 − x n ) (für<br />
r > 3) zu bestimmen betrachte die zusammengesetze Abbildung g(x) =<br />
f(f(x)).<br />
g(x) = r[rx(1 − x)](1 − [rx(1 − x)])<br />
= r 2 x(1 − x)[1 − rx(1 − x)] (57)<br />
• Zur Bestimmung des Fixpunktes ¯x von g setze ¯x = g(¯x):<br />
1 = r 2 (1 − ¯x)[1 − r¯x(1 − ¯x)] (58)<br />
• Dies ist ein kubisches Polynom mit im allgemeinen 3 Lösungen.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 59
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Die logistische Differenzengleichung (4)<br />
• Beachte: Ein Fixpunkt von x n+1 = f(x n ) ist automatisch auch Fixpunkt<br />
von x n+1 = f(f(x n )).<br />
• Damit muss also der bereits erhaltene Fixpunkt 1 − 1/r einer der drei<br />
Lösungen von (58) entsprechen <strong>und</strong> kann somit eliminiert werden.<br />
• Nach Anwendung von ”ein wenig Algebra” verbleibt somit die Bestimmung<br />
der Lösungen von x 2 − ( ) (<br />
r+1<br />
r x + r+1<br />
)<br />
r = 0. 2<br />
⇒ ¯x 1/2 = r + 1 ± √ (r − 3)(r + 1)<br />
. (59)<br />
2r<br />
• Dies ergibt reelle Lösungen für r < −1 oder r > 3. (r > 3 entspricht auch<br />
der Bedingung für welche ¯x = 1 − 1/r instabil wird.)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 60
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Die logistische Differenzengleichung (4)<br />
• Eine Analyse der Stabilität von ¯x 1 <strong>und</strong> ¯x 2 (Bestimmung von df/dx an den<br />
Stellen ¯x 1 <strong>und</strong> ¯x 2 ) zeigt, dass der 2-Punkt Zyklus nur für 3 < r < r 2 mit<br />
r 2 ≃ 3.3 stabil ist.<br />
• Was passiert für r 2 < r < 4?<br />
• Hierzu betrachten wir eine grafische Methode der Analyse von Differenzengleichungen<br />
...<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 61
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Grafische Lösung (1)<br />
x_(n+1)<br />
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />
x_n<br />
0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7<br />
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />
x_n<br />
0 2 4 6 8 10<br />
generation<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 62
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong> Populationswachstum, diskret<br />
Grafische Lösung (2)<br />
x_(n+1)<br />
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />
x_(n+1)<br />
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />
x_(n+1)<br />
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />
x_(n+1)<br />
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />
x_n<br />
x_n<br />
x_n<br />
x_n<br />
x_n<br />
0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7<br />
x_n<br />
0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8<br />
x_n<br />
0.2 0.4 0.6 0.8<br />
x_n<br />
0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />
0 5 10 15 20 25<br />
0 5 10 15 20 25<br />
0 5 10 15 20 25<br />
0 5 10 15 20 25<br />
generation<br />
generation<br />
generation<br />
generation<br />
(a)<br />
(b)<br />
(c)<br />
(d)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 63
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
<strong>Systeme</strong> nichtlinearer Differenzengleichungen<br />
• Verallgemeinerung der vorgestellten Methoden auf <strong>Systeme</strong> von n nichtlinearen<br />
Differenzengleichungen am Beispiel n = 2<br />
x n+1 = f(x n , y n )<br />
y n+1 = g(x n ,y n ) (60)<br />
• Die stabilen Zustände dieses Systems erfüllen die Bedingungen<br />
¯x = f(¯x, ȳ)<br />
ȳ = g(¯x,ȳ) (61)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 64
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Stabilität nichtlinearer Differenzengleichungssysteme (1)<br />
• Das Stabilitätsverhalten kann wieder anhand des linearisierten Systems<br />
analysiert werden. D.h. betrachte kleine Störung x ′ nahe dem Fixpunkt ¯x:<br />
f(¯x + x ′ ,ȳ + y ′ ) = f(¯x,ȳ) + ∂f<br />
∣ x ′ + ∂f<br />
∣ y ′ + . .. (62)<br />
∂x∣¯x,ȳ ∂y∣¯x,ȳ • Weiterhin gilt, wie bereits weiter vorn in ähnlicher Weise gezeigt:<br />
x ′ n+1 = x n+1 −¯x = f(x n ,y n )−¯x = f(¯x+x ′ n,ȳ+y ′ )−¯x <strong>und</strong> f(¯x,ȳ) = ¯x.<br />
⇒ x ′ n+1 ≃ ∂f<br />
∣ x ′ n + ∂f<br />
∣ y n<br />
′ ∂x∣¯x,ȳ ∂y∣¯x,ȳ • Eine analoge Darstellung ergibt sich für g(x, y).<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 65
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Stabilität nichtlinearer Differenzengleichungssysteme (2)<br />
• Damit kann man folgendes lineares Gleichungssystem für die Störungen<br />
x ′ <strong>und</strong> y ′ formulieren<br />
x ′ n+1<br />
= a 11 x ′ n + a 12 y ′ n<br />
y ′ n+1 = a 12 x ′ n + a 22 y ′ n (63)<br />
wobei<br />
a 11 = ∂f<br />
∣<br />
∂x<br />
a 21 = ∂g<br />
∣<br />
∂x<br />
∣¯x,ȳ<br />
∣¯x,ȳ<br />
, a 12 = ∂f<br />
∂y<br />
, a 22 = ∂g<br />
∣<br />
∂x<br />
∣<br />
∣¯x,ȳ<br />
∣¯x,ȳ<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 66
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Stabilität nichtlinearer Differenzengleichungssysteme (3)<br />
• In Matrixschreibweise erhält man<br />
x ′ n+1 = Ax ′ n mit A =<br />
( ) (<br />
a11 a 12<br />
, x ′ x<br />
′<br />
a 21 a<br />
n = n<br />
22 y n<br />
′<br />
)<br />
. (64)<br />
• A nennt man Jacobimatrix des Systems (60).<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 67
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Stabilität nichtlinearer Differenzengleichungssysteme (4)<br />
Die Rückführung der Betrachtung auf ein lineares System erlaubt nun die<br />
Stabilitätsanalyse in der Nähe eines Fixpuntes (¯x,ȳ) mit Hilfe der bereits<br />
etablierten Methoden:<br />
1. Bestimme die Lösungen (Eigenwerte) der charakteristischen Gleichung<br />
det(A − λI) = 0 bzw. λ 2 − βλ + γ = 0<br />
wobei β = a 11 + a 22 <strong>und</strong> γ = a 11 a 22 − a 12 a 21 .<br />
2. Untersuche, ob die Eigenwerte betragsmäßig kleiner 1 sind.<br />
⇒ Wenn dies der Fall ist, dann handelt es sich um einen stabilen Fixpunkt.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 68
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Stabilität nichtlinearer Differenzengleichungssysteme (5)<br />
Oft ist es nicht notwending die Eigenwerte explizit zu berechnen, um Stabilität<br />
eines Fixpunktes zu bestimmen. Anstatt dessen betrachte folgende<br />
Bedingung (für Gleichungen 2. Ordnung / System zweier Gleichungen 1.<br />
Ordnung):<br />
{<br />
beide Eigenwerte|λi | < 1<br />
2 > 1 + γ > |β|, d.h. 2 > 1 + detA > |trA| →<br />
d.h. Fixpunkt stabil<br />
(65)<br />
(Herleitung siehe z.B. Edelstein-Keshet, section 2.8)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 69
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Anwendungsbeispiel: Nicholson-Bailey-Modell (1)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 70
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Anwendungsbeispiel: Nicholson-Bailey-Modell (2)<br />
Es gelten folgende Bezeichungen <strong>und</strong> Modellannahmen:<br />
N t ... Dichte der Insekten in Generation t<br />
P t ... Dichte der Parasiten in Generation t<br />
f = f(N t , P t ) ... Anteil nicht befallener Insekten<br />
λ ... Reproduktionsrate der Insekten<br />
c ... mittlere Anzahl von Parasiten-Nachkommen<br />
pro befallenes Insekt<br />
• Insekten (Eier/Larven/Puppen) welche von Parasiten befallen sind, bringen<br />
eine neue Generation von Parasiten hervor.<br />
• Nichtbefallende Insekten generieren eigenen Nachwuchs.<br />
• Der Anteil befallener Insekten hängt von der Rate der Begegnungen von<br />
Insekten <strong>und</strong> Parasiten ab.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 71
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Anwendungsbeispiel: Nicholson-Bailey-Modell (3)<br />
Damit kann das System beschrieben werden mittels:<br />
N t+1 = λN t f(N t ,P t ), P t+1 = cN t [1 − f(N t ,P t )] (66)<br />
Speziell wurde von Nicholson-Bailey angenommen 1<br />
f(N t ,P t ) = e −aP t<br />
Damit erhält man:<br />
N t+1 = λN t e −aP t<br />
P t+1 = cN t [1 − e −aP t<br />
] (67)<br />
1 Diese Form ergibt sich aus Annahme zufälliger (Poisson-verteilten) Begegnungen von Insekten <strong>und</strong> Parasiten<br />
<strong>und</strong> Annahme, dass nur der erste Kontakt einen Beitrag zur Parasiten-Nachkommenschaft liefert.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 72
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Anwendungsbeispiel: Nicholson-Bailey-Modell (4)<br />
Zur Bestimmung der Fixpunkte bezeichne:<br />
F(N,P) = λNe −aP , G(N, P) = cN(1 − e −aP ).<br />
Neben der trivialen Lösung ¯N = 0 erhält man aus:<br />
¯N = F( ¯N, ¯P) = λ<br />
¯Ne<br />
−a ¯P<br />
¯P = G( ¯N, ¯P) = c ¯N(1 −a<br />
− e<br />
¯P)<br />
einen weiteren Fixpunkt (beachte: λ > 1):<br />
⇒ ¯P = lnλ<br />
a<br />
<strong>und</strong> ¯N =<br />
λln λ<br />
(λ − 1) · a · c .<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 73
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Anwendungsbeispiel: Nicholson-Bailey-Modell (5)<br />
Zur Ermittlung der Stabilität bestimme die Koeffizienten der Jacobimatrix:<br />
a 11 = ∂F/∂N| ( ¯N, ¯P) = λe −a ¯P = 1<br />
a 12 = ∂F/∂P | ( ¯N, ¯P)<br />
a 21 = ∂G/∂N| ( ¯N, ¯P)<br />
a 22 = ∂G/∂P | ( ¯N, ¯P)<br />
= −aλ ¯Ne −a ¯P = −a ¯N<br />
= c(1 − e −a ¯P) = c(1 − 1/λ)<br />
= ca ¯Ne −a ¯P = ca ¯N/λ<br />
⇒ β = a 11 + a 22 = ... = 1 + lnλ<br />
λ − 1 ,<br />
γ = a 11a 22 − a 12 a 21 = . .. = lnλ<br />
λ − 1<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 74
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Anwendungsbeispiel: Nicholson-Bailey-Modell (6)<br />
Zeige nunmehr, dass γ > 1, d.h. γ =<br />
λ(ln λ)<br />
λ−1<br />
S(λ) = λ − 1 − λ(lnλ) < 0.<br />
> 1. Betrachte dazu<br />
⇒ S ′ (λ) = 1 − lnλ − (λ(1/λ)) = −lnλ.<br />
Daraus folgt, dass S ′ (λ) < 0 für λ ≥ 1. D.h. S(λ) ist eine monoton fallende<br />
Funktion in λ für λ ≥ 1.<br />
Da außerdem S(1) = 0, folgt hieraus, dass S(λ) < 0 für λ ≥ 1, womit gezeigt<br />
wäre, dass γ > 1.<br />
Dies bedeutet, dass die Stabilitätsbedingung 2 > 1 + γ > |β| verletzt ist.<br />
Somit ist der Fixpunkt ( ¯N, ¯P) niemals stabil.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 75
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, diskret<br />
Anwendungsbeispiel: Nicholson-Bailey-Modell (7)<br />
Da das bisher formulierte Nicholson-Bailey-Modell keine stabilen Zustände<br />
zuläßt, soll nunmehr eine zusätzliche Annahme getroffen werden:<br />
• Ohne Anwesenheit von Parasiten, wächst Insektenpopulation bis auf limitierende<br />
Größe (beschrieben drch sogenannte carrying capacity K),<br />
d.h. speziell gelte λ = λ(N t ) = e r(1−N t/K) .<br />
Damit ändert sich die Form des Modells wie folgt:<br />
N t+1<br />
= N t e r(1−N t/K)−aP t<br />
P t+1 = N t (1 − e −aP t<br />
])<br />
⇒ Übungsaufgabe: Numerische <strong>und</strong> grafische Lösung der beiden Varianten<br />
des Nicholson-Bailey-Modells.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 76
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Kontinuierliche Modelle<br />
Dieser Abschnitt basiert auf Kapitel 4 aus L. Edelstein-Keshet, Mathematical<br />
Models in Biology, Birkhäuser Mathematics Series, McGraw-Hill Inc.,<br />
Boston, 1988.<br />
• Biologische <strong>Systeme</strong>:<br />
– Wachstum von Microorganismen<br />
– Tumorwachstum<br />
• <strong>Modellierung</strong>smethoden:<br />
– lineare/nichtlineare Differentialengleichungen<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 77
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Exponentielles Wachstum (1)<br />
• Es sei mit N(t) die beobachtete Bakteriendichte zu Zeitpunkt t bezeichnet.<br />
• Weiterhin sei K die Reproduktionsrate pro Zeiteinheit.<br />
• Betrachte nunmehr zwei eng benachbarte Zeitpunkte t <strong>und</strong> t + ∆t:<br />
N(t + ∆t) ≃ N(t) + KN(t)∆t<br />
⇒<br />
N(t + ∆t) − N(t)<br />
∆t<br />
= KN(t) (68)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 78
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Exponentielles Wachstum (2)<br />
• Grenzübergang ∆t → 0 in (68) führt auf folgende Differentialgleichung<br />
(”Malthus law”):<br />
dN(t)<br />
= KN(t) (69)<br />
dt<br />
• Lösung mittels Methode der ”Trennung der Variablen” 2 :<br />
2 beachte:<br />
1 dN(t)<br />
N(t) dt<br />
= d dt (ln(N(t)))<br />
∫ dN<br />
N<br />
lnN<br />
= ∫<br />
Kdt<br />
= Kt + C<br />
⇒ N(t) = N(0)e Kt (70)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 79
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Exponentielles Wachstum (3)<br />
• Gleichung (70) kann zur Beschreibung einer Reihe natürlicher Phenomene<br />
benutzt werden:<br />
– Bakterienwachstum: K > 0<br />
– Zellwachstum: K = ln2/Zellzykluszeit<br />
– (Radioaktiver) Zerfall: K < 0<br />
• Beachte: Voraussetzung für Anwendbarkeit, speziell im Bezug auf Populationswachtumsprozesse,<br />
ist die Annahme ungebremsten Wachstums<br />
(d.h. K = const). Diese ist bei beschränkten Resourcen eine unrealistische<br />
Annahme.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 80
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Logistisches Wachstum (1)<br />
• Zur Korrektur der Annahme eines unbeschränkten exponentiellen<br />
Wachstums, betrachte nunmehr die folgende Wachstumsrate:<br />
g(N) = r ( 1 − N K)<br />
.<br />
• Diese Vorschrift beschreibt eine mit der Populationsgröße linear abfallende<br />
pro Kopf Wachstumsrate <strong>und</strong> man erhält<br />
dN<br />
(1<br />
dt = r − N )<br />
N. (71)<br />
K<br />
mit Lösung: N(t) =<br />
N 0 K<br />
N 0 +(K−N 0 )e −rt .<br />
• K ist hierbei die sogenannte carrying capacity.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 81
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Logistisches Wachstum (2)<br />
• Aus Gleichung (71) ersieht man, dass<br />
dN<br />
dt = 0 für<br />
N = K<br />
d.h. N = K ist ein stationärer Zustand der logistischen Gleichung.<br />
• Es ist leicht erkennbar, dass N = K ein stabiler stationärer Zustand ist:<br />
dN<br />
dt < 0 für N > K <strong>und</strong> dN dt > 0 für N < K<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 82
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Logistisches Wachstum (3)<br />
• Eine mögliche Interpretation der logistischen Wachstumsdynamik kann<br />
aus folgender Schreibweise von Gleichung (71) abgelesen werden:<br />
dN<br />
dt = rN − r K N2 . (72)<br />
• D.h. die Änderung von N setzt sich zusammen aus einem Gewinnterm<br />
(rN), welcher ein exponentielles Wachstum beschreibt <strong>und</strong> einem Verlustterm<br />
( r K N2 ), der z.B. eine Sterblichkeit aufgr<strong>und</strong> einer Intraspezies-<br />
Kompetition um Resourcen (wie Futter) repräsentiert.<br />
• Dieser Kompetitionseffekt ist proportional zur Anzahl der Zusammentreffen<br />
von zwei Mitgliedern der Population (N 2 ).<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 83
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Logistisches Wachstum (4)<br />
Vergleiche kontinuierliche mit diskreter Variante dieses Wachstumsmodells<br />
N t+1 = rN t − rN 2 t<br />
vs<br />
dN<br />
dt<br />
= rN − rN2<br />
• Stabilitätsverhalten<br />
• Parameterabhängigkeit<br />
• Oszillationen<br />
• Chaos<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 84
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Beispiel: Bakterienwachstum im Chemostat (1)<br />
C 0<br />
Einstrom<br />
Nährstoff−<br />
reservoir<br />
N<br />
C<br />
Volumen<br />
V<br />
Bakterienkultur<br />
Ausstrom<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 85
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Aufgabe:<br />
Beispiel: Bakterienwachstum im Chemostat (2)<br />
• Es stehen folgende Variablen zu Verfügung:<br />
– Nährstoffkonzentration C,<br />
– Flussrate F ,<br />
– Volumen der Bakterienwachstumskammer V .<br />
• Konfiguriere das System so, dass<br />
– die Flussrate das System nicht ”auswäscht”,<br />
– die Nahrungszufuhr hinreichend groß ist, um ein normales Wachstum<br />
der Bakterienkollonie zu garantieren.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 86
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Beispiel: Bakterienwachstum im Chemostat (3)<br />
Modellparameter:<br />
Nahrungsmittelkonzentration in Bakterienkammer C<br />
Nahrungsmittelkonzentration in Reservior C 0<br />
Dichte der Bakterienpopulation<br />
N<br />
Ertragskonstante Y = 1/α<br />
Volumen der Bakterienkammer<br />
V<br />
Reproduktionsrate<br />
K<br />
Ein- <strong>und</strong> Ausflussrate<br />
F<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 87
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Beispiel: Bakterienwachstum im Chemostat (4)<br />
Modellanahmen:<br />
• Gleichmäßige Verteilung von Nährstoffen <strong>und</strong> Bakterien in der Kammer,<br />
• Wir gehen von nur einer wachstumslimitierenden Nährstoffkomponente<br />
aus,<br />
• Wachstumsrate der Bakterien hängt von Nährstoffkonzentration ab, d.h.<br />
K = K(C),<br />
• Nährstoffverbrauch tritt kontinuierlich ”als Resultat” der Bakterienreproduktion<br />
auf.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 88
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Beispiel: Bakterienwachstum im Chemostat (5)<br />
Modellgleichungen:<br />
dN<br />
dt<br />
dC<br />
dt<br />
= K(C)N − FN (73)<br />
= −αK(C)N − FC + FC 0 (74)<br />
→ Kontrolle der Modellstruktur durch Vergleich der Dimensionen.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 89
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Beispiel: Bakterienwachstum im Chemostat (6)<br />
Modellgleichungen (korregiert):<br />
dN<br />
dt<br />
dC<br />
dt<br />
= K(C)N − FN<br />
V<br />
= −αK(C)N − FC<br />
V + FC 0<br />
V<br />
(75)<br />
(76)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 90
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Beispiel: Bakterienwachstum im Chemostat (7)<br />
Eine andere Möglichkeit korrekte Modellgleichungen zu erhalten ist die Anwendung<br />
des Prinzips der Masseerhaltung bzw. Erhaltung von Teilchenzahlen.<br />
NV = Anzahl der Bakterien in der Kammer<br />
CV = Nährstoffmasse in der Kammer<br />
⇒<br />
d(NV )<br />
dt<br />
d(CV )<br />
dt<br />
= K(C)NV − FN (77)<br />
= −αK(C)NV − FC + FC 0 (78)<br />
→ Division durch V führt wieder auf System (75,76).<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 91
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Einschub: Michaelis-Menten Kinetik (1)<br />
• Wachstumsraten (z.B. bei Bakterien) abhängig von Nährstoffangebot;<br />
• Wenn eher wenig Nährstoffe vorhanden sind, wird die Wachstumrate mit<br />
Zunahme der Nährstoffverfügbarkeit auch wachsen;<br />
• Allerdings, wird es realistischer Weise eine Nährstoffmenge geben, bei<br />
der die Wachstumsrate nicht mehr weiter wachsen kann;<br />
• Es resultiert eine Sättigung der Wachstumsrate bei hohen Nährstoffkonzentrationen.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 92
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Einschub: Michaelis-Menten Kinetik (2)<br />
Eine Möglichkeit, eine solche limitierte Produktionsrate zu beschreiben ist<br />
die sogenannte Michaelis-Menten-Kinetik:<br />
K(C) = K maxC<br />
K n + C<br />
(79)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 93
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Beispiel: Bakterienwachstum im Chemostat (8)<br />
Benutzung einer Michaelis-Menten-Kinetik für die Dichteabhängigkeit der<br />
Reproduktionsrate führt auf das folgende Modell:<br />
( )<br />
d(N) Kmax C<br />
= N − FN<br />
dt K n + C V<br />
( )<br />
d(C) Kmax C<br />
= −α<br />
dt K n + C<br />
• Modellvariablen: N, C<br />
N − FC<br />
V + FC 0<br />
V<br />
(80)<br />
(81)<br />
• konstante Modellparameter: K max ,K n ,α<br />
(spezifisch)<br />
• variable Modellparameter: F,C 0 , V<br />
(frei wählbar)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 94
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Einschub: Dimensionslose Variablen (1)<br />
• 6 (prinzipiell wählbare) Parameter (degrees of freedom);<br />
• Effekte einzelner Parameter können einander u.U. beeinflussen;<br />
• D.h. obwohl 6 Parameter in den Gleichungen spezifiziert sind, hat man<br />
im Allgemeinen weniger als 6 Freiheitsgrade vorliegen.<br />
→ Eine Möglichkeit diese effektiven Parameter ausfindig zu machen: Verwendung<br />
dimensionsloser Größen.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 95
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Einschub: Dimensionslose Variablen (2)<br />
Möglichkeiten der Darstellung der Dichte N:<br />
N<br />
= 10 5 · [Zellen / Liter]<br />
= 1 · [(Einheit von 10 5 Zellen) / Liter]<br />
= 100[Zellen / Milliliter]<br />
= N ∗ · [N] (82)<br />
• D.h. Darstellung von N zerfällt in zwei Teile: dimensionslose Zahl N ∗ <strong>und</strong><br />
die Einheit (physikalische Dimension) [N].<br />
• [N] beschreibt hierbei die Skale auf der das System betrachtet wird.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 96
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Einschub: Dimensionslose Variablen (3)<br />
Anwendung dieser Unterscheidung zunächst bezogen auf N, C, t in System<br />
(80,81):<br />
d(N ∗ · [N])<br />
d(t ∗ · [t])<br />
d(C ∗ · [C])<br />
d(t · [t])<br />
=<br />
= −α<br />
(<br />
Kmax · C ∗ ) · [C]<br />
N ∗ · [N] − F · N ∗ · [N]<br />
K n + C ∗ · [C]<br />
V<br />
(<br />
Kmax · C ∗ ) · [C]<br />
K n + C ∗ N ∗ · [N] − . ..<br />
· [C]<br />
... − F · C∗ · [C]<br />
V<br />
+ F · C 0<br />
V<br />
(83)<br />
(84)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 97
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Einschub: Dimensionslose Variablen (4)<br />
Multiplikation mit [t] sowie Division durch [N], [C] liefert:<br />
d(N ∗ (<br />
)<br />
C ∗ )<br />
dt ∗ = [t] · K max<br />
K n /[C] + C ∗<br />
d(C ∗ )<br />
dt ∗ =<br />
N ∗ − [t] · F<br />
V N ∗ (85)<br />
( )(<br />
−α · [t] · Kmax · [N] C ∗ )<br />
[C] K n /[C] + C ∗ N ∗ − ...<br />
... − [t] · F<br />
V C∗ + [t] · F · C 0<br />
V [C]<br />
(86)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 98
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Einschub: Dimensionslose Variablen (5)<br />
Durch günstige Wahl der Einheiten ([N],[C], [t]) können die Gleichungen<br />
erheblich vereinfacht werden. Wähle also:<br />
[t] = V F , [C] = K n, [N] =<br />
K n<br />
α[t]K max<br />
.<br />
Damit erhält man:<br />
dN<br />
dt<br />
dC<br />
dt<br />
( ) C<br />
= α 1 N − N<br />
1 + C<br />
( ) C<br />
= − N − C + α 2<br />
1 + C<br />
(Der Einfachheit halber wurden die N ∗ , C ∗ ,t ∗ wieder durch N, C, t ersetzt.)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 99
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Einschub: Dimensionslose Variablen (6)<br />
Dieses System enthält nunmehr nur noch dimensionslose Variablen, sowie<br />
zwei dimensionslose Parameter α 1 <strong>und</strong> α 2 (anstatt der ursprünglich 6 Parameter):<br />
α 1<br />
= ([t] · K max ) = V · K max<br />
F<br />
α 2 = [t] · F · C 0<br />
V · [C]<br />
= C 0<br />
K n<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 100
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Beispiel: Bakterienwachtum im Chemostat (9)<br />
Damit liegt dimensionslose Beschreibung des Chemostat-System vor:<br />
( )<br />
dN C<br />
= α 1 N − N (87)<br />
dt 1 + C<br />
( )<br />
dC C<br />
= − N − C + α 2 (88)<br />
dt 1 + C<br />
• Das System besitzt zwei Freiheitsgrade;<br />
• Es ist ein nichtlineares System;<br />
• Explizite Lösung von N(t) schwierig → qualitative Analyse der stationären<br />
Zustände <strong>und</strong> ihres Stabilitätsverhaltens angebracht ...<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 101
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Beispiel: Bakterienwachtum im Chemostat (10)<br />
Bestimmung der stationären Zustände (steady states), durch Betrachtung<br />
des Systems für den Fall, dass für beide Variablen die zeitliche Änderung<br />
verschwindet, d.h.<br />
Damit folgt aus (87,88)<br />
dN<br />
dt = 0,<br />
dC<br />
dt<br />
= 0. (89)<br />
( ) ¯C<br />
F( ¯N, ¯C) = α 1<br />
1 + ¯C<br />
¯N − ¯N = 0 (90)<br />
( ) ¯C<br />
G( ¯N, ¯C) = −<br />
1 + ¯C<br />
¯N − ¯C + α 2 = 0 (91)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 102
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Beispiel: Bakterienwachtum im Chemostat (11)<br />
Die Gleichungen (90) <strong>und</strong> (91) können explizt für ¯N <strong>und</strong> ¯C gelöst werden.<br />
Gleichung (90) liefert als Lösungen:<br />
¯N = 0 oder ¯C = 1<br />
α 1 − 1 .<br />
• Damit ergibt sich aus Gleichung (91) für den Fall ¯N = 0: ¯C = α2<br />
( ¯C<br />
• Für ¯N ¯C)<br />
≠ 0 erhält man<br />
1+<br />
¯N = (α2 − ¯C), woraus man unter Ausnutzung<br />
von ¯C = 1<br />
α 1 −1<br />
folgende Lösung erhält:<br />
¯N = 1 + ¯C<br />
¯C (α 2 − ¯C) = α 1 (α 2 − ¯C)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 103
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Beispiel: Bakterienwachtum im Chemostat (12)<br />
Die Kombination dieser Beziehungen (für die zwei Fälle ¯N = 0 bzw. ¯N ≠ 0<br />
liefert die folgenden zwei stationären Zustände des Systems (87,88)<br />
( ¯N 1 , ¯C 1 ) =<br />
( (α 1 α 2 − 1 )<br />
,<br />
α 1 − 1<br />
)<br />
1<br />
, (92)<br />
α 1 − 1<br />
( ¯N 2 , ¯C 2 ) = (0,α 2 ) (93)<br />
• Die zweite Lösung ist nicht relevant, da die Bakterienpopulation gleich 0.<br />
• Lösung (92) ist interessanter. Beachte allerdings, dass auch sie nicht<br />
für alle Parameterkonfiguartionen biologisch sinnvoll ist: α 1 < 1 führt zu<br />
negativen Werten. D.h. man erhält einen nichttrivialen steady state für<br />
α 1 > 1 <strong>und</strong> α 2 > 1/(α 1 − 1).<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 104
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Einschub: Stabilitätsanalyse (1)<br />
• Wie im diskreten Fall (Differenzengleichungen), so ist es auch hier<br />
möglich, dass Stabilitätsverhalten des Systems in der Nähe der stationären<br />
Zustände zu bestimmen.<br />
• Auch hier kann das Verhalten von kleinen Störungen des stationären Zustandes<br />
mittels einer linearen Approximation bestimmt werden.<br />
• Betrachte hierzu das folgende allgmeine System gewöhnlicher Dgln.<br />
dX<br />
dt<br />
= F(X,Y ),<br />
dY<br />
dt<br />
= G(X, Y ) (94)<br />
wobei F <strong>und</strong> G im Allgemeinen nichtlineare Funktionen sind.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 105
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Einschub: Stabilitätsanalyse (2)<br />
• ¯X <strong>und</strong><br />
Ȳ seien stationäre Lösungen von (94), d.h.<br />
F( ¯X,Ȳ ) = G( ¯X, Ȳ ) = 0. (95)<br />
• Betrachte weiterhin die Störungen X(t) = ¯X + x(t),<br />
Y (t) = Ȳ + y(t):<br />
d<br />
dt ( ¯X + x) = F( ¯X + x, Ȳ + y), (96)<br />
d<br />
dt (Ȳ + y) = G( ¯X + x, Ȳ + y). (97)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 106
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Einschub: Stabilitätsanalyse (3)<br />
• Unter Ausnutzung der steady-state-Definition (d ¯X/dt = dȲ /dt = 0) <strong>und</strong><br />
unter Anwendung einer Taylor-Entwicklung um den Punkt ( ¯X, Ȳ ) für die<br />
rechten Seiten der Gleichungen (96) <strong>und</strong> (97) erhält man<br />
dx<br />
dt<br />
dy<br />
dt<br />
≃ F( ¯X,Ȳ ) + F x( ¯X,Ȳ )x + F y( ¯X, Ȳ )y,<br />
≃ G( ¯X, Ȳ ) + G x ( ¯X, Ȳ )x + G y ( ¯X, Ȳ )y. (98)<br />
• Hierbei bezeichen F x ( ¯X, Ȳ ), F y( ¯X,Ȳ ), G x( ¯X,Ȳ ), G y( ¯X,Ȳ ) die partiellen<br />
Ableitung ∂<br />
∂x F, ∂<br />
∂y F, ∂<br />
∂x G, ∂<br />
∂y G ausgewertet am Punkt ( ¯X, Ȳ ).<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 107
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Einschub: Stabilitätsanalyse (4)<br />
• Unter Beachtung, dass F( ¯X,Ȳ ) = G( ¯X,Ȳ ) = 0 erhält man das folgende<br />
System linearer Differentialgleichungen (für die Störungen)<br />
dx<br />
dt<br />
dy<br />
dt<br />
= a 11 x + a 12 y<br />
= a 21 x + a 22 y (99)<br />
wobei die Koeffizienten a ij durch die Jacobimatrix des Systems (94) gegeben<br />
sind:<br />
( ) ( )∣<br />
a11 a<br />
A = 12 Fx F ∣∣∣(<br />
= y<br />
(100)<br />
a 21 a 22 G x G y ¯X, Ȳ )<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 108
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Einschub: Stabilitätsanalyse (5)<br />
• Es kann gezeigt werden (siehe Herleitung im diskreten Fall bzw. siehe<br />
auch Edelstein-Keshet, Kapitel 4.8), dass die Stabilität des System (94)<br />
im stationären Zustand ( ¯X, Ȳ ) mittels der Eigenwerte der Jacobimatrix<br />
A (Lösungen der charakteristischen Gleichung) bestimmt werden kann.<br />
• Diese lauten<br />
λ 1,2 = β ± √ β 2 − 4γ<br />
2<br />
wobei β = a 11 + a 22 = tr(A) <strong>und</strong> γ = a 11 a 22 − a 12 a 21 = det(A)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 109
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Einschub: Stabilitätsanalyse (6)<br />
Lokale Stabilität liegt vor, wenn alle Eigenwerte der charakteristischen Gleichung<br />
einen negativen Realteil haben (siehe auch Abs. Differenzengleichungen).<br />
Unterscheide hierbei die Fälle reeller <strong>und</strong> komplexer Eigenwerte:<br />
• Für komplexe Eigenwerte muss garantiert werden, dass negative Realteile<br />
vorliegen damit lokale Stabilität vorliegt. Dies ist erfüllt für β < 0.<br />
• Um für reelle Eigenwerte Negativität zu gewährleisten, muss außer β < 0<br />
noch gelten: |β| > √ β 2 − 4γ. Aus letzterer Bedingung folgt: β 2 > β 2 − 4γ<br />
<strong>und</strong> damit 0 < γ.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 110
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Einschub: Stabilitätsanalyse (7)<br />
Damit ist ein stationärer Zustand ( ¯X, Ȳ ) des Systems<br />
dX<br />
dt<br />
= F(X,Y ),<br />
dY<br />
dt = G(X, Y )<br />
(lokal) stabil, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:<br />
F x ( ¯X, Ȳ ) + G y( ¯X, Ȳ ) < 0 (101)<br />
(β = a 11 + a 22 < 0)<br />
F x ( ¯X, Ȳ )G y ( ¯X,Ȳ ) − F y ( ¯X,Ȳ )G x ( ¯X, Ȳ ) > 0. (102)<br />
(γ = a 11 a 22 − a 12 a 21 > 0)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 111
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Beispiel: Bakterienwachtum im Chemostat(13)<br />
Fortsetzung der Betrachtungen zu Chemostat-System:<br />
( ) C<br />
F(N, C) = α 1 N − N = 0<br />
1 + C<br />
( ) C<br />
G(N, C) = − N − C + α 2 = 0<br />
1 + C<br />
Um Stabilität der stationären Zustände<br />
(<br />
( ¯N 1 , ¯C 1 ) =<br />
(α 1 α 2 − 1 ) )<br />
1<br />
,<br />
α 1 − 1 α 1 − 1<br />
<strong>und</strong> ( ¯N 2 , ¯C 2 ) = (0, α 2 )<br />
zu bestimmen, benötigt man die partiellen Ableitungen von F <strong>und</strong> G ausgewertet<br />
an diesen Punkten.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 112
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Beispiel: Bakterienwachtum im Chemostat (14)<br />
Unter Einführung von A = ¯N 1 /(1 − ¯C 1 ) 2 bzw. B = α 2 /(1 + α 2 ) erhält man:<br />
Koeffizient relevanter Auswertung Auswertung an<br />
Ausdruck ( ¯N 1 , ¯C 1 ) ( ¯N 2 , ¯C 2 )<br />
a 11 F N = α 1 C/(1 + C) − 1 0 α 1 B − 1<br />
a 12 F C = α 1 N/(1 + C) 2 α 1 A 0<br />
a 21 G N = −C/(1 + C) −1/α 1 −B<br />
a 22 G C = −N/(1 + C) 2 − 1 −A − 1 −1<br />
β = tr (J) a 11 + a 22 −(A + 1) α 1 B − 2<br />
γ = det(J) a 11 a 22 − a 12 a 21 A −(α 1 B − 1)<br />
Zur Vermeidung von Missverständnissen sei die Jacobimatrix mit J bezeichnet.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 113
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Beispiel: Bakterienwachtum im Chemostat (15)<br />
• Für ( ¯N 1 , ¯C 1 ) gilt demnach β < 0 <strong>und</strong> γ > 0. D.h. dieser steady state ist<br />
stabil, wann immer er existent ist.<br />
• Weiterhin erkennt man, dass in diesem Fall β 2 − 4γ = (A + 1) 2 − 4A =<br />
(A − 1) 2 > 0. Dies bedeutet, dass keine komplexen Eigenwerte auftreten<br />
<strong>und</strong> demnach keine oszillierenden Lösungen auftreten.<br />
• Für den trivialen steady state ( ¯N 2 , ¯C 2 ) kann gezeigt werden (aus Bedingung<br />
γ > 0), dass er nur dann stabil ist, wenn ( ¯N 1 , ¯C 1 ) nicht existiert.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 114
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Beispiel: Bakterienwachstum im Chemostat (16)<br />
• Es konnte gezeigt werden, dass es einen nichttrivialen stabilen Zustand<br />
des Chemostaten gibt.<br />
• Damit dieser allerdings biologisch sinnvoll ist, müssen zwei Bedingungen<br />
erfüllt sein: (i) α 1 > 1 <strong>und</strong> (ii) α 2 > 1/(α 1 − 1).<br />
• Bezogen auf die originalen (dimensionsbehafteten) Parameter bedeutet<br />
Bedingung (i): 1/K max > V/K.<br />
1/K max ist proportional zur Verdopplungszeit der Bakterienpopulation<br />
<strong>und</strong> V/F repräsentiert die Zeit bis zur kompletten Erneuerung des Tankvolumens<br />
mit Nährstoffmedium. D.h. Bedingung (i) bedeutet, dass die<br />
Verdopplungszeit nicht zu klein bzw. die Ausflussrate nicht zu hoch sein<br />
darf.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 115
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationswachstum, kontinuierlich<br />
Beispiel: Bakterienwachstum im Chemostat (17)<br />
• Bedingung (ii) kann unter Verwendung des steady state Wertes ¯C 1 =<br />
1/(α 1 − 1) geschrieben werden als:<br />
C 0 > ¯C 1 K n . (103)<br />
• Hierbei ist ¯C1 die dimensionslose Variable. Da K n als Bezugsgröße der<br />
dimensionslosen Konzentration benutzt wurde (d.h. C dim.los = ¯C org /K n ),<br />
erhält man für (103) in den ursprünglichen Dimensionen<br />
C 0 > ¯C<br />
• Dies bedeutet, dass die Nährstoffkonzentration im Bakterientank kleiner<br />
als im Vorratsbehälter sein muss.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 116
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Pharmakokinetische Modelle<br />
• Dieser Abschnitt basiert weitgehend auf Vorlesungsskripten vergangener<br />
Jahre (Dr. D. Barthel, Dr. J. Forberg, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig) sowie<br />
auf folgenden Quellen:<br />
• Kurs im World Wide Web:<br />
David W.A. Bourne, University of Oklahoma, College of Pharmacy<br />
http://www.boomer.org/course/pk_bio<br />
• Knorre, Wolfgang A.<br />
Pharmakokinetik. Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> praktische<br />
Anwendungen. Akademieverlag Berlin, 1981<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 117
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Compartment<br />
Bei den folgenden pharmakokinetischen Modellen, aber auch bei vielen<br />
anderen Modellen, spielt der Begriff Compartment (deutsch: Kompartiment)<br />
eine zentrale Rolle.<br />
Darunter versteht man einen Bereich, der einheitlich beschrieben werden<br />
kann. Dies kann ein<br />
• räumlich abgegrenzter,<br />
• oder durch eine Subtanz definierter,<br />
• oder durch einen Vorgang definierter<br />
Bereich sein.<br />
Pharmakokinetik: „Zentrales Compartment“ = strömendes Blut.<br />
„Zentral“ weil: Verteilt Pharmakon im Körper, Transport zum Wirkungsort,<br />
Abtransport zur Niere, ...<br />
Bei den einfachsten Modellen Beschränkung auf zentrales Compartment.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 118
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Einmalige Applikation (1)<br />
Zur Zeit t = 0 schnelle intravasale Gabe (z.B. i.v. Injektion) der Dosis D.<br />
t<br />
=<br />
0 : Dosis D<br />
X<br />
:<br />
Menge<br />
X<br />
C p<br />
, V<br />
k el ⋅<br />
X<br />
Elimination<br />
c<br />
p<br />
:Konzentration im Plasma<br />
V : Verteilungsvolumen<br />
Dosisangaben: - Masse in kg, g, mg, ...<br />
- Stoffmenge in mol<br />
- spezielle Einheiten, z.B. IU (International Units)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 119
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Einmalige Applikation (2)<br />
• Das Modell setzt voraus, dass sich das Pharmakon sofort nach seiner<br />
Gabe im Körper verteilt.<br />
• Im Laufe der Zeit wird das Pharmakon abgebaut oder ausgeschieden.<br />
Die zur Zeit t noch vorhandene Menge sei X(t). Wenn das Pharmakon<br />
eine körperfremde Substanz ist, ist die Anfangsmenge gleich der<br />
verabreichten<br />
• Dosis: X(0) = D . D ist zwar bekannt, aber zu späteren Zeitpunkten<br />
kann X nicht gemessen werden.<br />
• Messbar ist nur die Konzentration c p<br />
des Pharmakons im Blutplasma.<br />
Maßeinheit: Menge (s. Dosis) / Volumen, also z.B. µg/l, mol/l = M<br />
(„molar“).<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 120
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Einmalige Applikation (3)<br />
c p<br />
werde fortlaufend gemessen.<br />
Die Anfangskonzentration sollte proportional zur Dosis sein:<br />
c p (0 ) =<br />
D<br />
V<br />
V heißt Verteilungsvolumen <strong>und</strong> kann aus D <strong>und</strong> c p<br />
(0) berechnet werden.<br />
Darüber hinaus wird angenommen, dass auch während der Elimination<br />
des Pharmakons gelte:<br />
X(t )<br />
c p (t ) = V =<br />
V<br />
const<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 121
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Kinetik 1.Ordnung<br />
Elimination erfolge gemäß einer Kinetik 1.Ordnung. Beschreibung durch<br />
eine Modell-Differentialgleichung, wahlweise für X oder c p<br />
:<br />
dX<br />
dc<br />
= X&<br />
= −kel<br />
⋅ X oder = c&<br />
p<br />
= −kel<br />
⋅c<br />
p<br />
dt<br />
dt<br />
Der Modellparameter k el<br />
heißt Eliminationskonstante. Er hat die Einheit<br />
[ kel ] =<br />
1<br />
[ t ]<br />
z.B.<br />
-1<br />
h<br />
Auflösung der Modellgleichung, z.B. für c p<br />
:<br />
c&<br />
c<br />
p<br />
p<br />
= −k<br />
el<br />
Linke Seite entspricht<br />
d<br />
dt<br />
lnc p<br />
(Kettenregel!)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 122
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Einmalige Applikation (4)<br />
Integration ergibt die allgemeine Lösung:<br />
ln c<br />
p<br />
(t )<br />
=<br />
lnC<br />
− k<br />
el<br />
⋅t<br />
ln c p<br />
Steigung der Geraden (slope): -k el<br />
Schnitt mit Ordinatenachse (intercept): ln C<br />
ln C<br />
ln c p<br />
(0)<br />
Die zu verschiedenen Werten von C gehörenden Lösungskurven bilden<br />
eine Schar paralleler Geraden. Durch die Anfangsbedingung<br />
c (t ) = c (0 ) für t =<br />
p<br />
wird die Lösung mit C =<br />
p<br />
c<br />
p<br />
t<br />
0<br />
(0 ) ausgezeichnet :<br />
c<br />
p<br />
t<br />
(t ) =<br />
c<br />
p<br />
(0 ) ⋅ e<br />
−k<br />
el<br />
⋅t<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 123
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Halbwertszeit<br />
Eliminations - Halbwertszeit<br />
Definiert durch<br />
c p<br />
c<br />
p<br />
(t<br />
1<br />
2<br />
)<br />
=<br />
1<br />
2<br />
c<br />
p<br />
(0 )<br />
ergibt<br />
t<br />
1<br />
2<br />
=<br />
ln2<br />
k<br />
el<br />
c p<br />
(0)<br />
1<br />
2<br />
c<br />
p<br />
(0 )<br />
t 1<br />
2<br />
t<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 124
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
AUC / Dostsches Prinzip<br />
AUC (area <strong>und</strong>er the curve)<br />
Definiert durch das Zeitintegral über c p<br />
(t) :<br />
∞<br />
⎡ 1 −k<br />
t<br />
AUC cp(t<br />
) dt cp(0 ) e el ⋅ ⎤<br />
= ∫ = ⋅ ⎢−<br />
⋅ =<br />
k<br />
⎥<br />
⎣ el ⎦<br />
0<br />
Dostsches Prinzip<br />
Bei Elimination gemäß Kinetik 1.Ordnung ist nach Gabe der Dosis D<br />
D<br />
AUC =<br />
V ⋅<br />
k el<br />
gleichgültig, auf welche Weise das Pharmakon in das zentrale Compartment<br />
gelangt (einmalige i.v. Injektion, verteilt auf mehrere Injektionen,<br />
Infusion, orale Applikation (sofern 100prozentig absorbiert)).<br />
Die AUC ist daher ein oft verwendeter Parameter der Pharmakokinetik.<br />
∞<br />
0<br />
c<br />
p<br />
k<br />
(0 )<br />
el<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 125
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Clearance<br />
Clearance<br />
Definiert durch das Verhältnis von Dosis D zur „area <strong>und</strong>er the curve“ (AUC):<br />
Cl<br />
=<br />
D<br />
AUC<br />
=<br />
k<br />
el ⋅<br />
V<br />
Interpretation:<br />
Fiktives Plasmavolumen, das pro Zeiteinheit vollständig vom Pharmakon<br />
befreit wird.<br />
Wichtig für Funktionsdiagnostik!<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 126
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Anpassung an Messdaten<br />
Einschub: Modellanpassung (1)<br />
• Modell hat zwei zu bestimmende Parameter: k el<br />
, V.<br />
• Geschlossene Lösung (Formelausdruck) wurde hergeleitet.<br />
• Applizierte Dosis: 500 mg<br />
• Vorliegende Messwerte:<br />
Konzentration des Pharmakons im Plasma (Plasmakonzentration)<br />
zu gewissen Zeitpunkten nach Injektion:<br />
[ t 1<br />
, c p1<br />
] , [ t 2<br />
, c p2<br />
] , ... , [ t n<br />
, c pn<br />
]<br />
Jedoch kann direkt nach der Injektion in der Regel noch nicht<br />
gemessen werden (das Pharmakon ist noch nicht ausreichend<br />
homogen verteilt).<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 127
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Einschub: Modellanpassung (2)<br />
Halblogarithmische Darstellung (log c p<br />
über t):<br />
• Wenn durch die Messpunkte eine Ausgleichsgerade gezogen werden<br />
kann, ist das Modell anwendbar.<br />
• Festlegung der Ausgleichsgeraden<br />
- nach Augenmaß<br />
- durch lineare Regression<br />
- durch andere Verfahren<br />
• Extrapolation auf t = 0 ergibt die Anfangskonzentration c p<br />
(0).<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 128
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Einschub: Modellanpassung (3)<br />
ln c p<br />
5,0<br />
4,5<br />
4,0<br />
3,5<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
ln c p<br />
(0) = 4,467 (intercept)<br />
-k el<br />
= -0,303 h -1 (slope)<br />
ln c<br />
k<br />
el<br />
p<br />
0<br />
2<br />
= 4,467 − 0,303 ⋅ t<br />
⇒<br />
4<br />
c<br />
Zeit (h)<br />
p<br />
=<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 129<br />
6<br />
e<br />
4,467<br />
8<br />
⋅e<br />
10<br />
−0,303⋅t<br />
= 87 1,<br />
= 0,303 / h , V = D / c (0 ) = 500mg / 87 1, mg / l =<br />
p<br />
⋅ e<br />
−0,303⋅t<br />
5, 74 l
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Einschub: Modellanpssung (4)<br />
c p<br />
(0) = 87,1 mg/l<br />
100<br />
Konzentration (mg/l)<br />
10<br />
1<br />
0<br />
2<br />
4<br />
6<br />
8<br />
10<br />
c p<br />
(10) = 4,17 mg/l<br />
Zeit (h)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 130
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Verteilungsvolumen (1)<br />
Das Verteilungsvolumen ist ein fiktives Volumen!<br />
Es ist das Volumen, in dem sich die applizierte Menge D gleichmäßig mit<br />
der Konzentration c p<br />
(0) verteilen würde.<br />
Konzentration des Pharmakons<br />
in einem Becher mit Wasser<br />
D = 10 mg<br />
c p<br />
= 20 mg/l<br />
Fiktives<br />
Volumen = 500 ml<br />
Konzentration des Pharmakons<br />
in einem Becher mit Wasser<br />
<strong>und</strong> Aktivkohle<br />
D = 10 mg<br />
c p<br />
= 2 mg/l<br />
Fiktives<br />
Volumen = 5000 ml<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 131
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Verteilungsvolumen (2)<br />
Da das Verteilungsvolumen oft von der Körpermasse abhängig ist, wird es<br />
in der Pharmakologie meist auf die Körpermasse bezogen angegeben.<br />
Beispiele für fiktive Verteilungsvolumina<br />
Pharmakon V (l/kg) V (l) bei 70 kg<br />
Sulfisoxazol 0,16 11,2<br />
Phenytoin 0,63 44,1<br />
Phenobarbital 0,55 38,5<br />
Diazepam 2.4 168<br />
Digoxin 7 490<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 132
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Berechnung der AUC (1)<br />
Die AUC kann aus den Messdaten direkt berechnet werden.<br />
Approximative Darstellung von c p<br />
(t) durch Streckenzug zerlegt AUC<br />
in Trapezflächen:<br />
c p<br />
c p,1<br />
c p,2<br />
c p,3<br />
c p,n<br />
t<br />
t 1<br />
t 2<br />
t 3<br />
t n<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 133
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Berechnung der AUC (2)<br />
Messzeiten t i<br />
, gemessene Konzentrationen c p,i<br />
, i = 1, 2, ... , n .<br />
Innerhalb der Messzeit:<br />
n<br />
1→n<br />
1<br />
∑ − AUC = (cp,i<br />
+ 1 + cp,i<br />
)(ti<br />
+ 1 − ti<br />
)<br />
2<br />
i = 1<br />
Anfangsstück (von 0 bis t 1<br />
): c p,0<br />
= c p<br />
(0) durch Extrapolation ermitteln.<br />
0→1<br />
1<br />
AUC = ⋅(cp 1, + cp,0<br />
) ⋅(t1<br />
− t0<br />
)<br />
2<br />
Endstück (rechts von t n<br />
): Abschätzen t Ende<br />
, so dass c p<br />
(t Ende<br />
) ≈ 0<br />
Ende 1<br />
AUC = ⋅c<br />
2<br />
Gesamte AUC:<br />
1<br />
p,n<br />
⋅(t<br />
Ende<br />
− t<br />
n<br />
)<br />
0→1<br />
1→n<br />
AUC = AUC + AUC +<br />
AUC<br />
Ende<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 134
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Ausscheidung mit Urin (1)<br />
Annahme: Pharmakon werde vollständig <strong>und</strong> unverändert mit dem Urin<br />
ausgeschieden.<br />
t<br />
=<br />
0 : Dosis D<br />
X<br />
c p<br />
, V<br />
I<br />
el<br />
=<br />
k<br />
el<br />
⋅<br />
X<br />
U<br />
Pharmakon<br />
im Plasma<br />
Pharmakon<br />
im Urin<br />
U: kumulierte Menge des Pharmakons im Urin<br />
I el<br />
: Fluss (Substanztransport) mit der Einheit [X]/[t]<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 135
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Ausscheidung mit Urin (2)<br />
Bilanzen:<br />
dX<br />
dt<br />
dU<br />
dt<br />
=<br />
=<br />
−I<br />
I<br />
el<br />
el<br />
wobei<br />
I<br />
el<br />
=<br />
k<br />
el<br />
⋅<br />
X<br />
D<br />
11000<br />
8800<br />
U<br />
6600<br />
d<br />
dt<br />
( X<br />
+ U ) = 0 (Erhaltungssatz)<br />
4400<br />
2200<br />
X<br />
X<br />
+ U<br />
=<br />
const<br />
=<br />
D<br />
0<br />
t<br />
X<br />
=<br />
D ⋅e<br />
−k<br />
⋅t<br />
el<br />
U<br />
=<br />
D ⋅(<br />
1−<br />
e<br />
−k<br />
⋅t<br />
el<br />
)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 136
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Ausscheidung mit Urin (3)<br />
Urin leicht zugänglich ⇒ Bestimmung der Eliminationskonstante<br />
• Urin vollständig erfassen ab Gabe bis zum Verschwinden des<br />
Pharmakons im Urin<br />
• Messprotokoll: Zeitpunkt der Urinausscheidung t i<br />
Volumen des ausgeschiedenen Urins V i<br />
Konzentration des Pharmakons im Urin c i<br />
⇒ zwischen t i-1<br />
<strong>und</strong> t i<br />
ausgeschiedene Pharmakonmenge<br />
∆U<br />
i<br />
• Bis zum Zeitpunkt t i<br />
ausgeschiedene Pharmakonmenge<br />
U<br />
=<br />
=<br />
i<br />
c<br />
∑<br />
i<br />
⋅V<br />
∆<br />
i U i<br />
j = 1<br />
i<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 137
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Ausscheidung mit Urin (4)<br />
Zeitpunkt t i<br />
(h)<br />
Zeitintervall<br />
t i-1<br />
–t i<br />
(h)<br />
In ∆t aus-gesch.<br />
Pharmakon ∆U i<br />
(mg)<br />
Bis t i<br />
ausgesch.<br />
Pharmakon U i<br />
(mg)<br />
A.R.E.<br />
(mg)<br />
Mittelpunkt des<br />
Zeitintervalls (h)<br />
R/E<br />
(mg/h)<br />
0 0 500<br />
0 – 0,5 103 0,25 206<br />
0,5 103 397<br />
0,5 – 1 82 0,75 164<br />
1 185 315<br />
1 – 2 117 1,5 117<br />
2 302 198<br />
2 – 4 119 3 59,5<br />
4 421 97<br />
4 – 8 67 6 16,8<br />
8 488 12<br />
8 – 12 10 10 2,5<br />
12 498 2<br />
12 - 24 2 18 0,17<br />
24 500 0<br />
Beispiel: Exkretion von Ampicillin über Urin nach i.v. Gabe von 500 mg<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 138
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Ausscheidung mit Urin (5)<br />
Amount remaining to be excreted (A.R.E.) :<br />
−<br />
k el<br />
⋅t<br />
A.R.E. = D −U<br />
= D ⋅e<br />
; Schätzung von A.R.E. durch D - U i<br />
Halblog. Darstellung ( ln( D − U ) über t ) ⇒ Gerade mit Steigung − kel<br />
600<br />
1000<br />
500<br />
500<br />
300<br />
200<br />
A.R.E. (mg)<br />
400<br />
300<br />
200<br />
A.R.E. (mg)<br />
100<br />
50<br />
30<br />
20<br />
10<br />
100<br />
0<br />
0<br />
3<br />
6<br />
9<br />
12<br />
15<br />
18<br />
21<br />
24<br />
27<br />
30<br />
5<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
3<br />
6<br />
9<br />
12<br />
15<br />
18<br />
21<br />
24<br />
Zeit (h)<br />
Zeit (h)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 139
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Ausscheidung mit Urin (6)<br />
Exkretionsrate (Rate of excretion R / E) :<br />
−kel<br />
⋅t<br />
R / E = U & ∆U<br />
= D ⋅ kel<br />
⋅e<br />
; Schätzung von R / E = U&<br />
durch<br />
i<br />
ti<br />
− ti<br />
−1<br />
Halblog. Darstellung ( ln R / E über t ) ⇒ Gerade mit Steigung -k el<br />
R/E (mg/h)<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
0<br />
3<br />
6<br />
9<br />
12<br />
15<br />
18<br />
21<br />
24<br />
R/E (mg/h)<br />
300<br />
200<br />
100<br />
50<br />
30<br />
20<br />
10<br />
5<br />
3<br />
2<br />
1<br />
,5<br />
,3<br />
,2<br />
,1<br />
0<br />
3<br />
6<br />
9<br />
12<br />
15<br />
18<br />
21<br />
Zeit (h)<br />
Zeit (h)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 140
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
2 Eliminationswege: Metabolisierung / Exkretion (1)<br />
t<br />
=<br />
0 : Dosis D<br />
X<br />
c p<br />
, V<br />
k e ⋅<br />
X<br />
U<br />
Exkretion<br />
Pharmakon<br />
im Urin<br />
M<br />
k m ⋅<br />
X<br />
Metabolisierung mit<br />
Kinetik 1.Ordnung<br />
Pharmakon als Metabolit<br />
im Körper<br />
Differentialgleichungen :<br />
X&<br />
= −ke<br />
⋅ X − km<br />
⋅ X X(0 ) = D<br />
U&<br />
= ke<br />
⋅ X<br />
U(0 ) = 0<br />
M&<br />
= k ⋅ X<br />
M(0 ) = 0<br />
m<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 141
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
2 Eliminationswege: Metabolisierung / Exkretion (2)<br />
Exkretion <strong>und</strong> Metabolisierung zusammenfassen:<br />
X & = −k<br />
⋅ X − k ⋅ X ⇒ X&<br />
= −k<br />
⋅ X wobei k = k + k<br />
e<br />
m<br />
el<br />
el<br />
e<br />
m<br />
Lösung:<br />
f<br />
m<br />
m<br />
−k<br />
k<br />
m<br />
⋅t<br />
X = D ⋅ e<br />
el<br />
U = fe<br />
⋅ D ⋅(1<br />
− e<br />
fe<br />
= ke<br />
/ kel<br />
M = f ⋅ D ⋅(1<br />
− e<br />
=<br />
/<br />
k<br />
−k<br />
el<br />
el<br />
Anteil, der mittels Exkretion ausgeschieden wird<br />
−k<br />
⋅t<br />
el<br />
)<br />
⋅t<br />
)<br />
Anteil, der metabolisiert wird<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 142
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Kontinuierliche Applikation (1)<br />
Vom Zeitpunkt t = 0 an konstanter Einstrom des Pharmakons:<br />
I 0<br />
Einstrom des<br />
Pharmakons<br />
X<br />
c p<br />
, V<br />
k el ⋅ X<br />
Elimination des<br />
Pharmakons<br />
In Zeitspanne ∆t wird Menge ∆X inf<strong>und</strong>iert. Einstrom I 0<br />
:<br />
∆X<br />
[ X ]<br />
I0<br />
= Einheit von I0<br />
:<br />
∆t<br />
[ t ]<br />
DG : X&<br />
= −kel<br />
⋅ X + I0<br />
; X(0 ) = 0<br />
oder : c&<br />
= −k<br />
⋅c<br />
+ I / V ; c (0 ) = 0<br />
p<br />
el<br />
Inhomogene Differentialgleichung!<br />
p<br />
0<br />
p<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 143
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Kontinuierliche Applikation (2)<br />
Lösung der inhomogenen Differentialgleichung:<br />
a) Allgemeine Lösung der homogenen DG ( c&<br />
+ k ⋅c<br />
= 0 ):<br />
c<br />
c<br />
p,hom<br />
= C ⋅e<br />
−k<br />
⋅t<br />
el<br />
b) Spezielle Lösung der inhomogenen DG ( c&<br />
p,inh<br />
p<br />
I0<br />
=<br />
k ⋅V<br />
el<br />
el<br />
c) Allgemeine Lösung der inhomogenen DG ( c&<br />
c<br />
I0<br />
=<br />
k ⋅V<br />
+ C ⋅e<br />
−k<br />
⋅t<br />
el<br />
p<br />
p<br />
+ k<br />
p<br />
el<br />
el<br />
+ k<br />
⋅c<br />
el<br />
p<br />
p<br />
⋅c<br />
I<br />
=<br />
V<br />
p<br />
0<br />
):<br />
I<br />
=<br />
V<br />
0<br />
):<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 144
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
c p<br />
Kontinuierliche Applikation (3)<br />
k<br />
I<br />
el<br />
0<br />
Lösung zur Anfangsbedingung<br />
c p<br />
(0) = 0 :<br />
⋅ V<br />
I<br />
(<br />
k t<br />
)<br />
0 − el ⋅<br />
cp<br />
= ⋅ 1 − e<br />
k ⋅V<br />
el<br />
(durchgezogene Linie)<br />
t<br />
• Unabhängig vom Anfangswert läuft die Konzentration gegen den<br />
stationären Wert c = I /( k ⋅V ) (Äquifinalität)<br />
p<br />
0<br />
el<br />
• Endwert wird erst nach einer gewissen Zeit (näherungsweise) erreicht<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 145
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Kontinuierliche Applikation (4)<br />
Initialdosis:<br />
Es kann erforderlich sein, die therapeutische Konzentration schneller<br />
einzustellen, als das mit alleiniger Infusion möglich ist.<br />
⇒<br />
Zusätzliche Initialdosis D init<br />
= I 0<br />
/ k el<br />
zur Zeit t = 0 injizieren; bewirkt<br />
schlagartige Einstellung der Konzentration auf den Endwert.<br />
Was hat man mathematisch getan?<br />
• Superposition einer Lösung der inhomogenen DG (Infusion) <strong>und</strong> einer<br />
Lösung der homogenen DG (Injektion)<br />
• Diese Superposition ergibt wieder eine Lösung der inhomogenen DG<br />
(mit erwünschten Eigenschaften)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 146
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Kontinuierliche Applikation (5)<br />
Abklingen nach Beendigung der Infusion:<br />
c p<br />
c<br />
p<br />
(t )<br />
=<br />
T<br />
⎧ I0<br />
⎪<br />
⋅<br />
kel<br />
⋅V<br />
⎨<br />
I<br />
⎪ 0<br />
⋅<br />
⎩kel<br />
⋅V<br />
(<br />
−k<br />
⋅t<br />
) 1 − e<br />
el<br />
(<br />
−k<br />
⋅<br />
)<br />
− ⋅<br />
− ⋅<br />
( −<br />
1 e<br />
el T k t T<br />
e<br />
el )<br />
t<br />
für<br />
für<br />
t < T<br />
t ≥ T<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 147
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Wiederholte Injektionen (1)<br />
D D D<br />
t<br />
=<br />
0, τ , 2τ<br />
, 3τ<br />
,...<br />
Gabe gleicher Dosen D<br />
in gleichen Zeitabständen τ<br />
X<br />
c p<br />
, V<br />
k el<br />
Mittlerer Substanzeinstrom:<br />
_<br />
I<br />
=<br />
D<br />
τ<br />
• Vor erster Gabe sei kein Pharmakon im Compartment, also c p<br />
= 0<br />
• Durch die erste Gabe bei t = 0 springt c p<br />
auf D / V , danach<br />
exponentieller Abfall:<br />
c<br />
p<br />
=<br />
D<br />
V<br />
⋅ e<br />
−k<br />
el<br />
⋅t<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 148
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Wiederholte Injektionen (2)<br />
1. Grenzfall: Sehr kleine Dosen D, sehr kurze Intervalle τ<br />
⇒ kontinuierlicher Einstrom, Infusion<br />
2. Grenzfall: Zeitintervall τ sehr groß, d.h.<br />
τ >> t 1<br />
2<br />
⇒ bis zur nächsten Injektion ist das Pharmakon<br />
(fast) völlig eliminiert.<br />
Dies ist in der Regel therapeutisch ungünstig.<br />
⇒<br />
Wahl der Zeitintervalle τ <strong>und</strong> der Dosen D wichtig, um<br />
Konzentrationen im therapeutischen Bereich zu erhalten.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 149
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Wiederholte Injektionen (3)<br />
c (mg / l)<br />
V = 25 l ; t ½<br />
= 6 h ; D = 100 mg<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
0 6 12 18 24<br />
Zeit (h)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 150
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Wiederholte Injektionen (4)<br />
Konzentrationsverlauf im n-ten Intervall (n = 1, 2, 3, ...):<br />
• Nach Injektion nimmt die Konzentration c p<br />
zu<br />
von c min, n-1<br />
(c min, 0<br />
= 0)<br />
um ∆c = D / V (konst. Betrag)<br />
auf<br />
c max, n<br />
= c min, n-1<br />
+ D / V<br />
• Danach nimmt die Konzentration exponentiell ab <strong>und</strong> erreicht<br />
unmittelbar vor der nächsten Injektion den Wert<br />
c<br />
min, n<br />
−k<br />
= c ⋅e<br />
el<br />
max, n<br />
⋅τ<br />
(konst. Faktor)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 151
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Wiederholte Injektionen (5)<br />
∆c =<br />
D<br />
V<br />
R<br />
−k<br />
= e<br />
el<br />
⋅τ<br />
n<br />
0<br />
1<br />
c max,n<br />
Konz. zu Beg. d. Intervalls n<br />
0<br />
∆c<br />
c min,n<br />
Konz. am Ende des Intervalls n<br />
0<br />
∆c ⋅ R<br />
2<br />
3<br />
∆c<br />
∆ c R + ∆c<br />
( ∆c<br />
⋅R<br />
+ ∆c ) ⋅R<br />
⋅<br />
2<br />
+ ∆c<br />
⋅ R + ∆c<br />
⋅R<br />
2<br />
= ∆c<br />
⋅ R + ∆c<br />
⋅R<br />
∆c<br />
⋅ R + ∆c<br />
⋅R<br />
2<br />
+ ∆c<br />
⋅ R<br />
3<br />
M M M<br />
Maxima <strong>und</strong> Minima folgen einer geometrischen Reihe<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 152
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Wiederholte Injektionen (6)<br />
Zunahme erfolgt additiv um einen konstanten Betrag, Abnahme aber<br />
multiplikativ um einen konstanten Faktor.<br />
⇒<br />
− D<br />
c ⋅ 1 − e<br />
k el ⋅τ<br />
( )<br />
V<br />
max, ∞<br />
=<br />
Niveau wird angehoben bis zu einem Plateau (asymptotisch), für das<br />
sich Abnahme <strong>und</strong> Zunahme kompensieren:<br />
Maxima :<br />
Minima :<br />
Mittelwert<br />
:<br />
c<br />
c<br />
_<br />
c<br />
max, ∞<br />
min , ∞<br />
=<br />
D<br />
V<br />
=<br />
=<br />
⋅<br />
k<br />
D<br />
v<br />
D<br />
V<br />
1<br />
⋅<br />
−<br />
1 − e<br />
e<br />
⋅<br />
1 − e<br />
1<br />
=<br />
⋅τ<br />
el<br />
−k<br />
k<br />
−k<br />
el<br />
el<br />
k<br />
_<br />
el<br />
⋅τ<br />
el<br />
⋅τ<br />
I<br />
⋅V<br />
⋅τ<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 153
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Wiederholte Injektionen (7)<br />
Vollständiger Zeitverlauf im n-ten Intervall d.h. für<br />
c<br />
p<br />
(t ) =<br />
D<br />
V<br />
⎡1<br />
− e<br />
⋅ ⎢<br />
⎢⎣<br />
1 − e<br />
−n⋅k<br />
−k<br />
el<br />
el<br />
⋅τ<br />
⋅τ<br />
⎤<br />
⎥ ⋅ e<br />
⎥⎦<br />
−k<br />
20<br />
el<br />
⋅[<br />
t −( n−1)<br />
⋅τ<br />
]<br />
(n<br />
−1)<br />
⋅τ<br />
≤ t<br />
< n ⋅τ<br />
Obere Grenze des<br />
therapeutischen Bereichs<br />
15<br />
cp (mg/l)<br />
10<br />
5<br />
Untere Grenze des<br />
therapeutischen Bereichs<br />
0<br />
0 12 24 36 48<br />
Zeit (h)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 154
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Wiederholte Injektionen (8)<br />
Sachgemäße Dosierung:<br />
Einzeldosis D <strong>und</strong> Intervall τ so wählen, dass möglichst bald<br />
• c min,∞<br />
> untere Grenze des therapeutischen Bereichs<br />
• c max,∞<br />
< obere Grenze des therapeutischen Bereichs<br />
Sofortige Einstellung des Plateaus möglich:<br />
• Initialdosis<br />
D<br />
1<br />
=<br />
c<br />
max, ∞<br />
⋅V<br />
=<br />
1<br />
D ⋅<br />
−<br />
1 − e<br />
k el<br />
⋅τ<br />
• Erhaltungsdosis D 2<br />
= D 3<br />
= ... = D<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 155
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Orale Gabe (1)<br />
Aufnahme des Pharmakons aus Tabletten o.ä. über Gastrointestinaltrakt.<br />
t<br />
=<br />
0 : Dosis D<br />
X g<br />
F<br />
k a<br />
Absorption<br />
X p<br />
c p<br />
, V<br />
k el<br />
Elimination<br />
Gastrointestinaltrakt<br />
Plasma<br />
Applizierte Dosis D wird möglicherweise nicht vollständig absorbiert,<br />
Verfügbar ist nur die Menge X g<br />
= F·D<br />
F heißt Bioverfügbarkeit (0 < F ≤ 1)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 156
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Orale Gabe (2)<br />
Differentialgleichungen:<br />
X&<br />
X&<br />
g<br />
p<br />
=<br />
=<br />
−k<br />
k<br />
a<br />
a<br />
⋅ X<br />
⋅ X<br />
g<br />
g<br />
− k<br />
el<br />
⋅ X<br />
p<br />
Anfangsbedingungen:<br />
X<br />
X<br />
g<br />
p<br />
(0 ) = F ⋅ D<br />
(0 ) = 0<br />
Zeitverläufe:<br />
−k<br />
• GI-Trakt: Xg<br />
= F ⋅ D ⋅e<br />
a<br />
• Plasma:<br />
−k<br />
zeitabhängiger Zustrom ka<br />
⋅ F ⋅ D ⋅ e<br />
proportionaler Abstrom kel ⋅ X p<br />
qualitativ:<br />
Anfangsphase:<br />
hoher Einstrom, niedriger Abstrom<br />
späte Phase:<br />
niedriger Einstrom, größerer Abstrom<br />
⋅t<br />
a<br />
⋅t<br />
cp (mg / l)<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
dc p<br />
/dt = 0<br />
dc p<br />
/dt < 0<br />
dc p<br />
/dt > 0<br />
0 6 12 18 24<br />
Zeit (h)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 157
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Zeitverlauf im Plasma quantitativ:<br />
X&<br />
p<br />
+ k<br />
el<br />
⋅ X<br />
p<br />
=<br />
k<br />
Orale Gabe (3)<br />
−k<br />
• allgemeine Lösung der homogenen DG<br />
X<br />
p,hom<br />
= C ⋅e<br />
−k<br />
• Spezielle Lösung der inhomogenen DG<br />
ka<br />
−ka⋅t<br />
Xp,inh<br />
= −F<br />
⋅D<br />
⋅ ⋅e<br />
k − k<br />
a<br />
el<br />
⋅ F ⋅D<br />
⋅ e<br />
⋅t<br />
a<br />
el<br />
• Lösung der inhomogenen DG, die die Anfangsbedingung erfüllt<br />
X<br />
p<br />
(t ) = F ⋅ D ⋅<br />
k<br />
a<br />
ka<br />
− k<br />
el<br />
⋅<br />
a<br />
⋅t<br />
[<br />
−k<br />
t k t<br />
]<br />
el ⋅ −<br />
e e a⋅<br />
−<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 158
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
exp(- k * t)<br />
1,0<br />
,8<br />
,6<br />
,4<br />
,2<br />
Konzentration im Plasma :<br />
exp(- kel * t)<br />
exp(- ka * t)<br />
Differenz<br />
Orale Gabe (4)<br />
c<br />
p<br />
(t )<br />
F ⋅ D<br />
= ⋅<br />
V k<br />
exp(- k el * t) – exp(- k a * t)<br />
1,0<br />
,8<br />
,6<br />
,4<br />
,2<br />
a<br />
konstanter<br />
Term<br />
ka<br />
− k<br />
el<br />
⋅<br />
[<br />
−k<br />
t k t<br />
]<br />
el ⋅ −<br />
e e<br />
a⋅<br />
−<br />
Differenz zweier<br />
Exponentialterme<br />
0,0<br />
0<br />
6<br />
12<br />
Zeit (h)<br />
18<br />
24<br />
0,0<br />
0<br />
6<br />
12<br />
Zeit (h)<br />
18<br />
24<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 159
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Orale Gabe (5)<br />
30<br />
Einfluss von k a<br />
(k el = 0.2 / h; V = 20 l;<br />
F ·D = 600 mg)<br />
30<br />
Einfluss von F<br />
(k el = 0.2 / h; k a = 3 / h;<br />
V = 20 l; D = 600 mg)<br />
c p (mg / l)<br />
20<br />
10<br />
k a = 0.125 / h<br />
k a = 0.6 / h<br />
k a = 3 / h<br />
c p (mg / l)<br />
20<br />
10<br />
F = 0.33<br />
F = 0.66<br />
F = 1.0<br />
0<br />
0<br />
6<br />
12<br />
Zeit (h)<br />
18<br />
24<br />
0<br />
0<br />
6<br />
12<br />
Zeit (h)<br />
18<br />
24<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 160
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Orale Gabe (6)<br />
Bestimmung der Modellparameter aus dem Zeitverlauf der Konzentration<br />
im Plasma:<br />
Halblogarithmische Darstellung (ln c p<br />
über t ) ergibt keine Gerade!<br />
Falls aber einer der beiden Prozesse (Absorption, Elimination) bedeutend<br />
schneller abläuft als der andere, nähert sich die Kurve für große t asymptotisch<br />
einer Geraden.<br />
Im folgenden Annahme k a<br />
>> k el<br />
[k el<br />
>> k a<br />
entspr.], also Absorption so<br />
schnell, dass für größere Zeiten die Konzentration c p<br />
(t) nur noch durch<br />
die Elimination bestimmt wird:<br />
ln c<br />
p,spät<br />
≈ ln A − k<br />
el<br />
⋅ t mit<br />
F ⋅ D ⋅ k<br />
A =<br />
a<br />
V ⋅(k<br />
− k<br />
a<br />
el<br />
)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 161
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Orale Gabe (7)<br />
Bestimmung von A <strong>und</strong> k el<br />
aus dem „späten“ Verlauf:<br />
ln c<br />
p,spät<br />
=<br />
ln A − k<br />
el<br />
⋅t<br />
cp (mg/l)<br />
10<br />
intercept<br />
=<br />
ln A<br />
c p,spät<br />
=<br />
F ⋅D<br />
⋅ k<br />
ln<br />
V ⋅(k<br />
− k<br />
a<br />
slope =<br />
a<br />
el<br />
)<br />
−k el<br />
Aus den Messpunkten,<br />
die um die Gerade<br />
ln c p,spät streuen,<br />
kann man A <strong>und</strong> k el<br />
ermitteln.<br />
1<br />
0 1 2 3 4 5 6 7<br />
Zeit (h)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 162
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Orale Gabe (8)<br />
Bestimmung von k a<br />
nach der Residuenmethode:<br />
Für die „frühen“ Messpunkte im gekrümmten Bereich Berechnung<br />
der Residuen<br />
c<br />
p,res<br />
= c<br />
p,spät<br />
− c<br />
p<br />
= A ⋅ e<br />
−k<br />
a<br />
⋅t<br />
(Differenz von Konzentrationen, NICHT Logarithmen!)<br />
Die halblogarithmische Darstellung von c p,res<br />
ergibt eine Gerade, die steiler<br />
als die von c p,spät<br />
ist, aber den gleichen Schnittpunkt mit der Ordinatenachse<br />
hat.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 163
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Beispiel für die Residuenmethode:<br />
Dosis: D = 100 mg<br />
Orale Gabe (9)<br />
Zeit<br />
(h)<br />
Plasmakonzentration<br />
c p<br />
(mg / l)<br />
c p,spät<br />
(mg / l)<br />
Residuen<br />
(mg / l)<br />
0,25 1,91 5,23 3,32<br />
0,50 2,98 4,98 2,00<br />
0,75 3,54 4,73 1,19<br />
1,0 3,80 4,50 0,70<br />
1,5 3,84 4,07 0,23<br />
2,0 3,62 3,69 0,07<br />
3,0 3,04<br />
4,0 2,49<br />
5,0 2,04<br />
6,0 1,67<br />
7,0 1,37<br />
„spät“: t ≥ 3 h<br />
A = 5,5 mg / l<br />
k el = 0,2 / h<br />
Residuen: t < 3 h<br />
⇒ k a = 2,05 / h<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 164
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Orale Gabe (10)<br />
Beispiel für die Residuenmethode:<br />
10<br />
c p (mg / l)<br />
1<br />
,1<br />
c p<br />
Residuen<br />
,01<br />
0<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
Zeit (h)<br />
5<br />
6<br />
7<br />
8<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 165
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Orale Gabe (11)<br />
Bestimmung von V <strong>und</strong> F :<br />
Aus<br />
A<br />
=<br />
F<br />
V<br />
⋅ D ⋅<br />
k<br />
a<br />
ka<br />
− k<br />
el<br />
folgt<br />
V<br />
F<br />
=<br />
D<br />
A<br />
⋅<br />
k<br />
a<br />
ka<br />
− k<br />
d.h. nur der Quotient aus Verteilungsvolumen V <strong>und</strong> Bioverfügbarkeit F<br />
kann ermittelt werden.<br />
V 100 2,05<br />
Für das vorige Beispiel : = ⋅ l =<br />
F 5,5 2,05 − 0,2<br />
Um V <strong>und</strong> F einzeln zu bestimmen, ist eine Zusatzuntersuchung erforderlich,<br />
z.B. i.v. Injektion<br />
→ k el<br />
(Kontrolle) <strong>und</strong> V<br />
→ F<br />
el<br />
20 1,<br />
l<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 166
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Kapazitätsbegrenzte Elimination (1)<br />
Schon bei linearer Eliminationskinetik besteht bei fortgesetzter Zufuhr des<br />
Pharmakons (Folge von Einzeldosen, kontinuierlicher Zustrom) die Gefahr<br />
der Kumulation. Bei kapazitätsbegrenzter Elimination ist diese Gefahr noch<br />
größer.<br />
I 0<br />
0<br />
X<br />
C p<br />
, V<br />
Elimination<br />
(K M<br />
, v max<br />
)<br />
I<br />
cp<br />
c&<br />
0<br />
p = − vmax<br />
⋅<br />
t = 0 : cp(0 ) =<br />
V K + c<br />
M<br />
Beschränkung auf qualitative Untersuchung.<br />
p<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 167
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Kapazitätsbegrenzte Elimination (2)<br />
Dimensionslose Schreibweise der Differentialgleichung<br />
• Bezugs-Konzentration: K M<br />
⇒ dimensionslose Konzentrationsvariable<br />
z =<br />
c<br />
K<br />
p<br />
M<br />
• Bezugs-Zeit: K M<br />
/ v max<br />
⇒ dimensionslose Zeitvariable<br />
• Bezugs-Substanztransport: V ⋅v max<br />
⇒ dimensionsloser Zustrom<br />
τ =<br />
α =<br />
v<br />
K<br />
max ⋅<br />
M<br />
I<br />
V ⋅v<br />
0<br />
t<br />
max<br />
⇒ Dimensionslose Modell - Dgl :<br />
dz z<br />
= α −<br />
dτ<br />
1 + z<br />
;<br />
z(0 )<br />
=<br />
0<br />
nur ein freier Parameter: α - normierter Zustrom des Pharmakons<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 168
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Kapazitätsbegrenzte Elimination (3)<br />
dz z<br />
Stationärer Zustand von = α − :<br />
dτ<br />
1 + z<br />
Notwendige Bedingung ist<br />
dz = 0<br />
dτ<br />
z<br />
α<br />
⇒ α =<br />
st<br />
, zst<br />
=<br />
1 + z 1 −α<br />
st<br />
Falls α < 1, existiert ein stationärer Zustand, sonst nicht!<br />
Grenzfall α
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Kapazitätsbegrenzte Elimination (4)<br />
Stationäre Konzentration in Abhängigkeit vom Zustrom:<br />
c p<br />
lineare<br />
Näherung<br />
v max ⋅V I 0<br />
Kumulationsgefahr !<br />
Überwachung <strong>und</strong> Adjustierung<br />
des Einstroms bei<br />
Unsicherheit über v max<br />
, K M<br />
oder V erforderlich!<br />
Nur für kleinen Einstrom I 0<br />
ist die stationäre Konzentration<br />
proportional zum<br />
Zustrom.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 170
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Kapazitätsbegrenzte Elimination (5)<br />
• Zeitverlau f z = z( τ ):<br />
Implizite Lösung möglich, analog zum vorigen Abschnitt<br />
(Variable z, τ separieren, Partialbruchzerlegung, Integration)<br />
• Qualitative Übersicht:<br />
Dgl. definiert ein Richtungsfeld in der τ –z– Ebene:<br />
Jedem Punkt ist eine Richtung (rechte Seite der Dgl) zugeordnet.<br />
Richtungsfeld für α = 0,2 ; α = 0,5 ; α = 1<br />
(entspricht verschiedenen Dosisraten I 0<br />
)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 171
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Kapazitätsbegrenzte Elimination (6)<br />
α = 0.2 ; z st<br />
= 0.25<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 172
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Kapazitätsbegrenzte Elimination (7)<br />
α = 0.5 ; z st<br />
= 1<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 173
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Ein-Compartment-Modelle<br />
Kapazitätsbegrenzte Elimination (8)<br />
α = 1 ; stationäre Konzentration existiert nicht<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 174
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Kopplung zentrales / peripheres Kompartment (1)<br />
Nicht immer lässt sich der Pharmakonzentrationsverlauf nach i.v. Injektion<br />
bei halblogarithmischer Darstellung durch eine Gerade beschreiben.<br />
c p (mg / l)<br />
100<br />
10<br />
1<br />
,1<br />
0<br />
6<br />
12<br />
Zeit (h)<br />
18<br />
24<br />
Im Unterschied zur kapazitätsbegrenzten<br />
Elimination ist bei<br />
vielen Pharmaka ein charakteristischer<br />
zweiphasiger Verlauf<br />
zu erkennen:<br />
- eine erste schnelle Phase,<br />
entstehend durch Umverteilung<br />
des Pharmakons im Körper;<br />
- eine zweite langsame Phase,<br />
bestimmt durch die Elimination<br />
des Pharmakons.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 175
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Kopplung zentrales / peripheres Kompartment (2)<br />
Zentrales<br />
Compartment<br />
(Pharmakon im<br />
Blutplasma)<br />
c p<br />
X 1<br />
V<br />
t<br />
=<br />
0 : Dosis D<br />
k 12 ⋅ X 1<br />
k 21 ⋅ X 2<br />
X 2<br />
Peripheres<br />
Compartment<br />
(Pharmakon<br />
gespeichert<br />
in Geweben)<br />
kel ⋅ X 1<br />
X 1<br />
Menge des Pharmakons im zentralen Compartment<br />
V Verleilungsvolumen des zentralen Compartments<br />
c p<br />
Konzentration des Pharmakons im zentralen Compartment<br />
X 2<br />
Menge des Pharmakons im peripheren Compartment<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 176
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Kopplung zentrales / peripheres Kompartment (3)<br />
Modellgleichungen <strong>und</strong> Anfangsbedingungen:<br />
X&<br />
X&<br />
1<br />
2<br />
= −(k<br />
=<br />
k<br />
12<br />
12<br />
+ k<br />
⋅ X<br />
1<br />
el<br />
) ⋅ X<br />
+ k<br />
− k<br />
21<br />
21<br />
⋅ X<br />
⋅ X<br />
System von zwei gekoppelten linearen Dgln. mit konstanten Koeffizienten.<br />
Übergang zur Matrixschreibweise:<br />
⎛ X1<br />
⎞ ⎛ m<br />
X = ⎜ ⎟ M = ⎜<br />
⎝ X2<br />
⎠ ⎝m<br />
M ist konstant, X ist Funktion von t.<br />
1<br />
2<br />
2<br />
(0 ) = 0<br />
Modellgleichungen <strong>und</strong> Anfangsbedingungen in Matrixschreibweise:<br />
X &<br />
= M ⋅ X<br />
11<br />
21<br />
m<br />
m<br />
⎛D⎞<br />
X (0 ) = ⎜ ⎟<br />
⎝ 0 ⎠<br />
12<br />
22<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
X<br />
X<br />
1<br />
2<br />
⎛−<br />
(k12<br />
= ⎜<br />
⎝ k<br />
(0 )<br />
+ k<br />
12<br />
=<br />
el<br />
D<br />
)<br />
k<br />
21<br />
− k<br />
21<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 177
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Kopplung zentrales / peripheres Kompartment (4)<br />
Qualitativer Unterschied zu den bisher untersuchten Modellen:<br />
Die Dgln. lassen sich nicht nacheinander lösen, sondern nur gemeinsam.<br />
Sachlicher Hintergr<strong>und</strong> hierfür ist, dass X 1<br />
abhängig ist von X 2<br />
<strong>und</strong><br />
umgekehrt; es gibt Flüsse in beiden Richtungen.<br />
Dgln. mit konstanten Koeffizienten sind mit einem Exponentialansatz<br />
lösbar, z.B.<br />
x&<br />
= a ⋅ x<br />
Ansatz :<br />
a = const , a ≠ 0<br />
x = C ⋅e<br />
λ⋅t<br />
Bedingung für λ durch Einsetzen des Exponentialansatzes in die Dgl.:<br />
λt<br />
λt<br />
λ ⋅C<br />
⋅e<br />
= a ⋅C<br />
⋅e<br />
⇒ λ =<br />
a<br />
Nur dieser eine Wert für λ passt. Die multiplikative Konstante C bleibt<br />
unbestimmt.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 178
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Wiederholung: Lösung mittels Eigenwerten (1)<br />
Modell-Differentialgleichungssystem:<br />
X&<br />
= M⋅<br />
X<br />
Exponentialansatz :<br />
X<br />
=<br />
~ λ t<br />
X<br />
⋅e<br />
wobei<br />
~<br />
X<br />
ein konstanter<br />
Vektor<br />
ist<br />
Die Theorie zeigt, dass sich für die obigen Dgln. zwei linear unabhängige<br />
Lösungen<br />
X<br />
1<br />
λ1t<br />
~<br />
= X ⋅ e <strong>und</strong> X = X ⋅e<br />
~ 2t<br />
1<br />
2 2<br />
λ<br />
ergeben.<br />
Die allgemeine Lösung ergibt sich damit zu X = C1 ⋅ X1<br />
+ C2<br />
⋅ X 2 .<br />
Bestimmung der zwei linear unabhängigen Lösungen in zwei Schritten:<br />
1. Bestimmung der zwei „Eigenwerte“ λ 1<br />
<strong>und</strong> λ 2<br />
~ ~<br />
2.Bestimmung der zwei „Eigenvektoren“ X 1 <strong>und</strong> X 2<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 179
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Wiederholung: Lösung mittels Eigenwerten (2)<br />
Einsetzen des Exponentialansatzes in das Differentialgleichungssystems<br />
liefert Bedingung für λ:<br />
~ ~<br />
λ ⋅ X = M ⋅ X<br />
⎛1<br />
0⎞<br />
Umformung unter Benutzung der Einheitsmatrix E = ⎜ ⎟ :<br />
~ ~<br />
⎝ 0 1 ⎠<br />
λ ⋅E<br />
⋅ X = M ⋅ X<br />
Dies ergibt ein homogenes lineares Gleichungssystem für X ~ :<br />
~<br />
(λ ⋅ E − M ) ⋅ X = 0<br />
Nichttriviale Lösung dieses Gleichungssystems existiert genau dann, wenn<br />
die Determinante der Matrix λ ⋅E − M verschwindet :<br />
λ ⋅ E − M<br />
λ − m<br />
=<br />
− m<br />
11<br />
21<br />
− m<br />
12<br />
λ − m22<br />
= 0<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 180
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Wiederholung: Lösung mittels Eigenwerten (3)<br />
Bestimmung der Eigenwerte:<br />
( λ − m<br />
2<br />
11<br />
λ − λ ⋅(m<br />
) ⋅(<br />
λ − m<br />
11<br />
+ m<br />
22<br />
22<br />
) − m<br />
) + (m<br />
12<br />
11<br />
⋅ m<br />
⋅ m<br />
21<br />
22<br />
Auflösen der Determinante ergibt:<br />
= 0<br />
− m<br />
12<br />
⋅ m<br />
21<br />
) = 0<br />
Diese Gleichung heißt „Charakteristische Gleichung“ des Dgl.-Systems.<br />
Im vorliegenden Fall ist sie eine quadratische Gleichung für λ, die zwei<br />
Lösungen hat (u.U. eine Doppelwurzel).<br />
Üblicherweise wird diese Gleichung geschrieben unter Verwendung<br />
gewisser Charakteristika der Matrix M :<br />
Spur : tr = def<br />
Determinante :<br />
m<br />
11<br />
det<br />
+ m<br />
=<br />
def<br />
22<br />
m<br />
11<br />
⋅ m<br />
22<br />
− m<br />
12<br />
⋅ m<br />
21<br />
⇒ 2<br />
λ − λ ⋅tr<br />
+ det = 0<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 181
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Wiederholung: Lösung mittels Eigenwerten (4)<br />
Die Lösungen λ 1<br />
, λ 2<br />
der charakteristischen Gleichung sind die Eigenwerte<br />
der Matrix M :<br />
[ ]<br />
1 2<br />
λ1 ;2 = ⋅ tr ± tr − 4 ⋅ det<br />
2<br />
Zuordnung von + ; - zu 1; 2 werde noch aufgeschoben. Auf jeden Fall ist<br />
λ 1<br />
1 + λ2<br />
= tr <strong>und</strong> λ ⋅ λ2<br />
=<br />
det<br />
Wert der Eigenwerte bei Spezifizierung der Matrix M gemäß Modell durch<br />
die kinetischen Konstanten (Mikrokonstanten) k 12<br />
, k 21<br />
, k el<br />
:<br />
tr = −(k<br />
det =<br />
k<br />
12<br />
21<br />
+ k<br />
⋅ k<br />
el<br />
21<br />
+ k<br />
> 0<br />
el<br />
) < 0<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 182
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Wiederholung: Lösung mittels Eigenwerten (5)<br />
Wir nehmen im Folgenden an, die Mikrokonstanten seien so beschaffen,<br />
2<br />
dass 4 ⋅ det < tr :<br />
• Dann sind beide Eigenwerte reell.<br />
• Folgende Nummerierung wird vereinbart:<br />
1<br />
2<br />
1<br />
2<br />
λ = ⋅ tr − tr − 4 ⋅ det , λ1<br />
< 0 ; λ2<br />
= ⋅ tr + tr − 4 ⋅ det , λ2<br />
2<br />
2<br />
Beide Eigenwerte sind negativ <strong>und</strong> es gilt λ 1 > λ2<br />
.<br />
[ ] [ ] 0<br />
1 <<br />
Konvention Vorzeichen explizit abspalten:<br />
λ 1 = −α<br />
λ2<br />
= −β<br />
α > β > 0<br />
1.Eigenwert : Schneller Vorgang<br />
2.Eigenwert : Langsamer Vorgang<br />
e<br />
e<br />
−α<br />
⋅t<br />
−β<br />
⋅t<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 183
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Wiederholung: Lösung mittels Eigenwerten (6)<br />
Bestimmung der Eigenvektoren:<br />
Vorgabe eines Eigenwertes λ i<br />
zugehöriger Eigenvektor<br />
(i = 1 der i = 2) ⇒<br />
Nach Konstruktion verschwindet die Koeffizientendeterminante. Die beiden<br />
Gleichungen sind also linear abhängig. Man braucht daher nur eine von<br />
beiden, z.B. die zweite:<br />
− m<br />
21<br />
+<br />
λ = −α<br />
<strong>und</strong><br />
1<br />
( λ − m )<br />
i<br />
λ<br />
22<br />
2<br />
⋅ a<br />
~ ⎛ 1 ⎞<br />
X i<br />
= ⎜ ⎟<br />
⎝a i ⎠<br />
i<br />
= 0 ⇒<br />
= −β<br />
⇒<br />
a<br />
genügt<br />
1<br />
a<br />
i<br />
m<br />
=<br />
21<br />
λ − m<br />
m<br />
= −<br />
m<br />
i<br />
22<br />
( E − M) ⋅ X = i<br />
0 .<br />
21<br />
λ i<br />
⋅ ~<br />
22<br />
<strong>und</strong><br />
+ α<br />
a<br />
2<br />
m<br />
= −<br />
m<br />
22<br />
21<br />
+ β<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 184
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Kopplung zentrales / peripheres Kompartment (5)<br />
Allgemeine Lösung des Modell-Dgl.-Systems:<br />
X<br />
X<br />
1<br />
2<br />
=<br />
C<br />
= −C<br />
1<br />
1<br />
⋅e<br />
−α<br />
⋅t<br />
m21<br />
⋅<br />
m +<br />
22<br />
⋅e<br />
+ C<br />
− C<br />
⋅e<br />
−α<br />
⋅t<br />
2<br />
α<br />
22<br />
2<br />
−β⋅t<br />
m21<br />
⋅ ⋅e<br />
m + β<br />
−β⋅t<br />
zentralesCompartment<br />
peripheresCompartment<br />
Die allgemeine Lösung enthält 2 unbestimmte Scharparameter C 1<br />
<strong>und</strong> C 2<br />
.<br />
Die Lösung ist die Superposition eines schnellen (α ) <strong>und</strong> eines<br />
langsamen (β ) Vorgangs, die zugleich in beiden Compartments ablaufen.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 185
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Kopplung zentrales / peripheres Kompartment (6)<br />
Die Anfangsbedingungen ergeben ein algebraisches Gleichungssystem<br />
für C 1<br />
<strong>und</strong> C 2<br />
:<br />
m<br />
C<br />
C1<br />
+<br />
+ α<br />
22<br />
1<br />
+<br />
C2<br />
= D<br />
C2<br />
= 0<br />
m + β<br />
22<br />
Zweite Gleichung mit (m 22<br />
+ β ) multiplizieren, dann von erster subtrahieren:<br />
C<br />
C<br />
1<br />
2<br />
m + α<br />
D ⋅<br />
22<br />
=<br />
α − β<br />
α − k<br />
D ⋅<br />
α − β<br />
=<br />
21<br />
m + β<br />
+ β β −<br />
= ⋅<br />
22 m<br />
= − ⋅<br />
22<br />
k<br />
C<br />
= − ⋅<br />
21<br />
1<br />
D<br />
D<br />
m + α α − β α − β<br />
22<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 186
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Kopplung zentrales / peripheres Kompartment (7)<br />
Rückführung auf die beobachtbare Plasmakonzentration:<br />
X (t )<br />
c (t )<br />
1<br />
p =<br />
V<br />
V ist das Verteilungsvolumen des Pharmakons<br />
im zentralen Compartment.<br />
Üblich Verwendung der „Hybridparameter“ α, β, A, B mit<br />
C<br />
C<br />
A =<br />
1 <strong>und</strong> B<br />
2<br />
V<br />
= V<br />
⇒<br />
c<br />
p<br />
(t )<br />
=<br />
A ⋅ e<br />
−α<br />
⋅t<br />
+ B ⋅ e<br />
−β<br />
⋅t<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 187
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Kopplung zentrales / peripheres Kompartment (8)<br />
Zusammenstellung der Beziehungen zur Berechnung<br />
der Parameter A, B, α, β aus k 12<br />
, k 21<br />
, k el<br />
, V<br />
• Spur <strong>und</strong> Determinante der Koeffizientenmatrix:<br />
tr =<br />
det =<br />
−(k<br />
k<br />
12<br />
21<br />
+ k<br />
⋅ k<br />
el<br />
21<br />
+ k<br />
> 0<br />
el<br />
• Negative Eigenwerte:<br />
) < 0<br />
[ ] [ ]<br />
2<br />
1<br />
tr − tr − 4 ⋅det<br />
; β = − ⋅ tr + tr − 4 ⋅ det ; α > > 0<br />
1 2<br />
α = − ⋅<br />
β<br />
2<br />
2<br />
• Koeffizienten des schnellen <strong>und</strong> langsamen Verlaufs:<br />
D α − k<br />
− β<br />
= ⋅<br />
21 D k<br />
A<br />
; B = ⋅<br />
21<br />
V α − β V α − β<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 188
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Anpassen der Modellparameter (1)<br />
• Wertetabelle t i<br />
, c p<br />
(t i<br />
)<br />
• Halblogarithmische Darstellung ln c p<br />
über t<br />
100<br />
c p (mg / l)<br />
10<br />
1<br />
,1<br />
0<br />
3<br />
6<br />
9<br />
12<br />
Zeit (h)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 189
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Anpassen der Modellparameter (2)<br />
• Darstellung erinnert an Elimination von Substanzen, die zuvor aus dem<br />
Gastrointestinaltrakt resorbiert wurden (siehe weiter vorn):<br />
Nach gewisser Zeit asymptotischer Übergang in einen Verlauf e -const·t ,<br />
der zuvor von einem schnellen Vorgang überlagert wird.<br />
• Prinzipieller Unterschied:<br />
Dort: Asymptotischer Verlauf nur von Elimination bestimmt.<br />
Hier: Auch der asymptotische Verlauf ist noch durch Substanztransport<br />
zwischen den Compartments <strong>und</strong> Elimination bestimmt:<br />
c<br />
p<br />
=<br />
A ⋅ e<br />
−α<br />
⋅t<br />
+ B ⋅ e<br />
−β<br />
⋅t<br />
α ><br />
β<br />
Asymptotisch :<br />
c<br />
p<br />
≈<br />
c<br />
p,spät<br />
=<br />
B ⋅ e<br />
−β<br />
⋅t<br />
β ist Hybridparameter, nicht die Eliminationskonstante.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 190
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Anpassen der Modellparameter (3)<br />
Praktisches Vorgehen – Residuenmethode:<br />
• Subjektive Einteilung in frühe <strong>und</strong> späte Phase in der halblogarithmischen<br />
Darstellung ln c p<br />
über t .<br />
• Auswertung späte Phase:<br />
Weil ln cp,<br />
spät = ln B − β ⋅t<br />
, sollten die Beobachtungen aus der späten Phase<br />
in der halblogarithmischen Darstellung um eine Gerade streuen ⇒ B, β<br />
• Berechnung der Residuen für frühe Phase:<br />
c<br />
p,Re s<br />
=<br />
c<br />
p<br />
− B ⋅e<br />
−β<br />
⋅t<br />
für<br />
alle Messungen in der<br />
frühen Phase<br />
• Auswertung frühe Phase:<br />
Punkte sollten um eine Gerade ln c = ln A −α<br />
⋅ t streuen ⇒ A,<br />
α<br />
p,Re<br />
s<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 191
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Beispiel Residuenmethode<br />
Zeit<br />
(h)<br />
Anpassen der Modellparameter (4)<br />
gemessene<br />
Konzentration<br />
c p (mg / l)<br />
c p, spät (mg / l)<br />
berechnet<br />
c p, Res (mg / l)<br />
berechnet<br />
0,5 16,63 5,29 11,34<br />
1 10,03 4,67 5,36<br />
2 4,83 3,64 1,19<br />
3 3,10 2,83 0,27<br />
frühe Phase<br />
⇒ A , α<br />
4 2,27 2,21 0,06<br />
5 1,73 1,72<br />
6 1,34 1,34<br />
7 1,04 1,04<br />
8 0,81 0,81<br />
10 0,49 0,49<br />
späte Phase<br />
⇒ B , β<br />
12 0,30 0,30<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 192
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Anpassen der Modellparameter (5)<br />
Beispiel Residuenmethode:<br />
100<br />
frühe Phase<br />
c p (mg / l)<br />
10<br />
1<br />
Residuen<br />
späte Phase<br />
,1<br />
0<br />
3<br />
6<br />
9<br />
12<br />
Zeit (h)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 193
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Anpassen der Modellparameter (6)<br />
Man kann an dieser Stelle aufhören. Dann hat man aber nur ein phänomenologisches<br />
Modell angepasst. Um das dynamische Modell zu erhalten,<br />
müssen die Mikroparameter k 12<br />
, k 21<br />
, k el<br />
, V an die Daten angepasst sein.<br />
Dies kann erreicht werden, indem die Mikroparameter aus den bereits<br />
angepassten phänomenologischen Hybridparametern berechnet werden:<br />
Nützliche Beziehungen :<br />
α + β = −tr<br />
α ⋅ β =<br />
det<br />
=<br />
=<br />
k<br />
k<br />
12<br />
21<br />
+ k<br />
⋅ k<br />
el<br />
21<br />
+ k<br />
D α − k D k − β<br />
+ B = ⋅ + ⋅<br />
V α − β V α − β<br />
A<br />
21 21<br />
=<br />
⇒<br />
Verteilungsvolumen<br />
V<br />
el<br />
=<br />
D<br />
V<br />
D<br />
A + B<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 194
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Pharmakokinetik, Zwei-Kompartment-Modelle<br />
Anpassen der Modellparameter (7)<br />
A<br />
+<br />
α<br />
B<br />
=<br />
β<br />
=<br />
D<br />
V<br />
D<br />
V<br />
1 ⎡ k21<br />
k21<br />
⎤ D 1<br />
⋅ ⋅ ⎢1<br />
− + −1<br />
= ⋅ ⋅ k<br />
α − β<br />
⎥<br />
⎣ α β ⎦ V α − β<br />
1 α − β D ⋅ k21<br />
D<br />
⋅ k21<br />
⋅ ⋅ =<br />
=<br />
α − β α ⋅ β V ⋅ k ⋅ k V ⋅ k<br />
21<br />
el<br />
el<br />
21<br />
⎡1<br />
1 ⎤<br />
⋅ ⎢ − ⎥<br />
⎣β<br />
α ⎦<br />
⇒<br />
Eliminationskonstante<br />
k A + B<br />
el =<br />
A B<br />
α<br />
+ β<br />
⇒<br />
kinetische Austauschkonstanten<br />
k<br />
k<br />
21<br />
12<br />
α ⋅ β<br />
=<br />
k<br />
el<br />
= α + β − k<br />
21<br />
− k<br />
el<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 195
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Numerische Lösungsverfahren von Differentialgleichungen<br />
Numerik - Allgemeines (1)<br />
Notationen:<br />
• unabhängige Variable: t (z.B. Zeit)<br />
• abhängige Variable : y<br />
• Differentialgleichung:<br />
dt<br />
f ( y,t )<br />
dy = )<br />
• Anfangswert: t = t anf<br />
, y = y anf<br />
Lösung: Gesucht Funktion y = g(t) , die<br />
1. die Dgl. erfüllt<br />
2. die Anfangsbed. erfüllt<br />
dg =<br />
dt<br />
anf<br />
f (g(t ),t<br />
g (t ) = y<br />
anf<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 196
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Numerische Lösungsverfahren von Differentialgleichungen<br />
Numerik - Allgemeines (2)<br />
Dgl. ordnet jedem Punkt der t – y - Ebene eine Richtung f(y,t) zu. Es<br />
entsteht ein „Richtungsfeld“.<br />
Beispiel: y & = −k<br />
⋅( y −1)<br />
k > 0<br />
Autonome <strong>Systeme</strong><br />
Bei einem autonomen System sind<br />
die Richtungen f nicht explizit von<br />
der Zeit abhängig. In der grafischen<br />
Darstellung des Richtungsfeldes<br />
stimmen dann die Richtungen in<br />
Punkten auf horizontalen Geraden<br />
überein.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 197
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Numerische Lösungsverfahren von Differentialgleichungen<br />
Numerik - Allgemeines (3)<br />
<strong>Systeme</strong> mit expliziter Zeitabhängigkeit<br />
Richtungen f hängen von y <strong>und</strong> t ab.<br />
Beispiel:<br />
y&<br />
=<br />
k ⋅ y ⋅<br />
[ 1 + cos( 2πt<br />
)]<br />
k = ln 2 / 50 , t = 0 : y = 1<br />
,<br />
Bei t = const : Steigung nimmt<br />
nach oben hin zu (Spalte),<br />
bei y = const : Steigung oszilliert<br />
nach rechts hin (Zeile).<br />
Für die folgenden Lösungsverfahren<br />
ist Einschränkung<br />
auf autonome <strong>Systeme</strong> nicht<br />
erforderlich.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 198
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Numerische Lösungsverfahren von Differentialgleichungen<br />
Numerik - Allgemeines (4)<br />
Schema für numerische Lösung<br />
Vorgegebenes Zeitintervall t anf<br />
≤ t ≤ t end<br />
wird zerlegt in N Teilintervalle gleicher Länge ∆ t = ( tend − tanf<br />
) / N<br />
So entsteht ein Zeitraster t = t + n ⋅ ∆t<br />
n = 0 1, ,..N (also t = t )<br />
n<br />
anf<br />
, 0 anf<br />
Exakte Lösung :<br />
Näherungslösung :<br />
Y n = g(tn<br />
),<br />
wobei Y0<br />
=<br />
y = ...,<br />
wobei y = y<br />
n<br />
0<br />
anf<br />
y<br />
anf<br />
Alle nachstehenden Verfahren sind Schrittverfahren:<br />
• Anfangsschritt: t 0 = tanf<br />
, y0<br />
= yanf<br />
• (n+1)ter Schritt: Schritte 1 bis n seien schon durchgeführt, also t n<br />
, y n<br />
bekannt. Das Verfahren liefert eine Vorschrift für<br />
tn+ 1 = tn<br />
+ ∆t<br />
<strong>und</strong><br />
y = y + ...<br />
n+<br />
1<br />
n<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 199
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Numerische Lösungsverfahren von Differentialgleichungen<br />
Eulersches Verfahren (1)<br />
(Euler-Cauchysches Verfahren, Streckenzug- oder Polygonmethode)<br />
Rekursionsschritt:<br />
Steigung der Lösungskurve<br />
im Punkt t n<br />
, y n<br />
: d = f(y n<br />
, t n<br />
)<br />
Fortschreiten entlang der Tangente<br />
an die Lösungskurve bis<br />
y<br />
o<br />
t =<br />
y =<br />
t<br />
n+<br />
1<br />
y<br />
=<br />
n+<br />
1<br />
t<br />
=<br />
n<br />
y<br />
+ ∆t<br />
n<br />
+ d<br />
⋅ ∆t<br />
y n<br />
y n+1<br />
o<br />
Fehler<br />
∆t<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 200<br />
t
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Numerische Lösungsverfahren von Differentialgleichungen<br />
Eulersches Verfahren (2)<br />
Fehlerabschätzung:<br />
Satz von Taylor liefert:<br />
g( t<br />
n<br />
1 2<br />
+ ∆t<br />
) = g( t + ′ ⋅ ∆ + ′′<br />
n<br />
) g ( tn<br />
) t g ( tn<br />
+ Θ ⋅ ∆t<br />
) ⋅ ∆t<br />
, 0<br />
2<br />
y n+1<br />
y n<br />
d<br />
≤ Θ ≤1<br />
Lokaler Fehler<br />
~<br />
2<br />
∆t<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 201
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Numerische Lösungsverfahren von Differentialgleichungen<br />
Modifiziertes Eulersches Verfahren<br />
(mitunter auch als „Runge-Kutta-Verf. 2.Ordnung bezeichnet)<br />
Einbau eines Suchschrittes:<br />
Suchschritt (entspr. Euler-Verf.):<br />
Schrittweite ∆t, Richtung d 1<br />
= f(y n<br />
, t n<br />
)<br />
Im „Euler-Punkt“ neue Richtung<br />
bestimmen: d2 = f ( yn<br />
+ d1<br />
⋅ ∆ t,tn<br />
+ ∆t<br />
)<br />
Endgültiger Schritt:<br />
Schrittweite ∆t<br />
y<br />
_<br />
d<br />
o<br />
y n<br />
Richtung<br />
y<br />
n+<br />
1<br />
=<br />
y<br />
d = (d1 + d2<br />
+ d ⋅ ∆t<br />
n<br />
Lokaler Fehler ~ ∆t 3<br />
) /<br />
2<br />
∆t<br />
d 2<br />
d 1<br />
o<br />
o<br />
y n+1<br />
y Euler<br />
t<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 202
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Numerische Lösungsverfahren von Differentialgleichungen<br />
Mittelpunktverfahren<br />
1<br />
Einschalten des Intervallmittelpunktes t n + ∆t<br />
als zusätzlichen Rasterpunkt:<br />
2<br />
Halbschritt:<br />
Schrittweite ∆t / 2<br />
y<br />
Richtung d 1<br />
= f(y n<br />
, t n<br />
)<br />
Im „Halbschritt-Punkt“ neue Richtung<br />
bestimmen<br />
1<br />
1<br />
d2 = f ( yn<br />
+ ⋅ d1<br />
⋅ ∆ t, tn<br />
+ ∆t<br />
)<br />
2<br />
2<br />
Endgültiger Schritt:<br />
d 2<br />
o<br />
y n<br />
o<br />
y n+1/2<br />
o<br />
y n+1<br />
Schrittweite ∆t, Richtung d 2<br />
+ 1 = yn<br />
+ d ⋅ ∆t<br />
∆t<br />
yn<br />
2<br />
d 1<br />
o<br />
y Euler<br />
Lokaler Fehler ~ ∆t 3<br />
t<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 203
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Numerische Lösungsverfahren von Differentialgleichungen<br />
Runge-Kutta-Verfahren (RK 4. Ordnung)<br />
Drei Suchschritte, Einbeziehung des Intervallmittelpunktes.<br />
• 1. Such-Halbschritt: Schrittweite ∆t / 2, Richtung d 1<br />
= f(y n<br />
, t n<br />
)<br />
Neue Richtung im Endpunkt<br />
d2 = f ( yn<br />
+ (d1<br />
/ 2 ) ⋅ ∆ t, tn<br />
+ ∆t<br />
/ 2 )<br />
• 2. Such-Halbschritt: Schrittweite ∆t / 2, Richtung d 2<br />
Neue Richtung im Endpunkt d3 = f ( yn<br />
+ (d2<br />
/ 2 ) ⋅ ∆ t, tn<br />
+ ∆t<br />
/<br />
2 )<br />
• Such-Vollschritt: Schrittweite ∆t, Richtung d 3<br />
Neue Richtung im Endpunkt d = f ( y + d ⋅ ∆ t, t +<br />
4 n 3 n ∆<br />
• Endgültiger Schritt:<br />
1<br />
Schrittweite<br />
∆t,<br />
Richtung d = (d1 + 2 ⋅ d2<br />
+ 2 ⋅d3<br />
+ d4<br />
)<br />
6<br />
y = y + d ⋅ ∆t<br />
n+<br />
1<br />
n<br />
Lokaler Fehler ~ ∆t 5<br />
t )<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 204
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Numerische Lösungsverfahren von Differentialgleichungen<br />
Schrittweitenwahl (1)<br />
Schritt von y n<br />
nach y n+1<br />
:<br />
• y n+1<br />
ist fehlerbehaftet. Verfahren gelangt an der Stelle t n+1<br />
in eine<br />
falsche „Höhe“ im Richtungsfeld. Deshalb ist die Richtung für die<br />
nächsten Schritte nicht korrekt.<br />
• Je stärker f(y, t) an gegebener Stelle t von y abhängt, desto<br />
∂f<br />
ausgeprägter ist dieser Einfluss. D.h. je größer f y = , um so<br />
∂y<br />
kleiner muss man ∆t wählen.<br />
• Ist f y<br />
absolut beschränkt, d.h. |f y<br />
| < K, so wähle man ∆t so, dass die<br />
Schrittkennzahl κ = K· ∆t einen Wert 0,05 ≤ κ ≤ 0,20 annimmt.<br />
(Zu kleines κ ist auch gefährlich: Viele sehr kleine Schritte bewirken ein<br />
Anwachsen des Fehleranteils wegen der endlichen Stellenzahl beim<br />
Rechnen.)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 205
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Numerische Lösungsverfahren von Differentialgleichungen<br />
Schrittweitenwahl (2)<br />
• Falls man eine obere Schranke K für das ganze interessierende Gebiet<br />
findet, kann man diese der Schrittweitenbemessung zugr<strong>und</strong>e legen<br />
<strong>und</strong> mit fester Schrittweite arbeiten.<br />
• Anderenfalls ist Schrittweitenanpassung<br />
basierend auf einer<br />
lokalen Fehlerschätzung angezeigt.<br />
Z.B. Halbschrittverfahren:<br />
o<br />
o<br />
2 Halbschritte<br />
o<br />
geschätzter<br />
Fehler ε<br />
o<br />
1 Vollschritt<br />
∆t<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 206
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Numerische Lösungsverfahren von Differentialgleichungen<br />
Schrittweitenwahl (3)<br />
• Wahl der Schrittweite durch Vergleich des geschätzten Fehlers ε mit<br />
einer vorgegebenen Genauigkeit ε 0<br />
.<br />
• Für die verschiedenen Verfahren ist der auftretende Fehler<br />
unterschiedlich abhängig von der Schrittweite:<br />
Euler ε ~ ∆t 2 , Mittelpunkt ε ~ ∆t 3 , Runge-Kutta ε ~ ∆t 5<br />
• Für einen Zeitschritt ∆t, der zu einem Fehler ε führt, würde sich damit<br />
der Zeitschritt ∆t 0<br />
, der zu dem vorgegebenen Fehler ε 0<br />
führt, ergeben<br />
zu<br />
- Euler<br />
- Runge - Kutta<br />
∆t<br />
∆t<br />
0<br />
0<br />
ε<br />
= ∆t<br />
⋅<br />
0<br />
ε<br />
ε<br />
= ∆t<br />
⋅<br />
0<br />
ε<br />
1<br />
2<br />
1<br />
5<br />
- Mittelpunkt<br />
∆t<br />
0<br />
ε<br />
= ∆t<br />
⋅<br />
0<br />
ε<br />
1<br />
3<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 207
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Lösungensdarstellung (1)<br />
Differentialgleichung:<br />
x & =<br />
f (<br />
x,t<br />
)<br />
Modelle mit nur einer einzigen Zustandsgröße x<br />
- Lösung : Jede Funktion x(t) , die die Dgl. erfüllt<br />
- Allgemeine Lösung :Einparametrige Schar x = x(t,C)<br />
- Lösung gemäß Anfangsbedingung x( 0 ) = x0<br />
existiert <strong>und</strong> ist<br />
unter gewissen mathematischen Voraussetszungen<br />
eindeutig<br />
Grafische Darstellung<br />
einer Lösung x(t) :<br />
x<br />
2D - Darstellung x über t<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 208<br />
t
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Lösungensdarstellung (2)<br />
Grafische Darstellung der Differentialgleichung:<br />
Richtungsfeld in der t - x – Ebene. Jedem Punkt (t, x) ist eine Richtung<br />
∆x (Strich) mit der Steigung = f ( x,t ) zugeordnet. Die Länge der Striche<br />
∆t<br />
ist irrelevant.<br />
Spezieller Fall - autonomes System:<br />
f hängt nicht explizit von t ab, x & = f ( . x )<br />
Allen Punkten (t, x), die auf derselben<br />
horizontalen Geraden liegen, ist die<br />
gleiche Richtung zugeordnet.<br />
x(t)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 209
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Lösungensdarstellung (3)<br />
Modelle mit mehreren Zustandsgrößen<br />
Der Anschaulichkeit wegen Beschränkung auf zwei Zustandsgrößen x, y :<br />
- System von gewöhnlichen Dgln. :<br />
x&<br />
= f ( x,y,t )<br />
y&<br />
= g( x,y,t )<br />
- Lösung : Jeder Satz von Funktionen x(t),y(t ), der die Dgln. erfüllt<br />
- Allgemeine Lösung : Zweiparametrige Schar<br />
- Lösung gemäß Anfangsbe dingung x( 0 ) = x0,<br />
y( 0 ) = y0<br />
existiert<br />
<strong>und</strong> ist eindeutig unter gewissen mathematis chen Voraussetszungen<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 210
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Lösungensdarstellung (4)<br />
Grafische Darstellung einer Lösung:<br />
Raumkurve im 3-dimensionalen Raum mit den Koordinatenachsen t, x, y.<br />
y<br />
y<br />
x<br />
t<br />
P<br />
•<br />
x<br />
t<br />
Projektion der Raumkurve<br />
- in t-x – Ebene: Zeitverlauf x(t)<br />
- in t-y – Ebene: Zeitverlauf y(t)<br />
- in x-y – Ebene (Phasenraum): Trajektorie<br />
der Bewegung. Zeitablauf geht bei dieser<br />
Darstellung verloren (es sei denn, an<br />
gewissen Kurvenpunkten werden zusätzlich<br />
„Zeitmarken“ angebracht).<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 211
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Phasenporträt (1)<br />
Grafische Darstellung der Differentialgleichung:<br />
Konsequente Verallgemeinerung des Richtungsfeldes würde bedeuten:<br />
Jedem Punkt ( t, x, y ) ist eine Richtung im 3-dimensionalen Raum<br />
∆x<br />
∆y<br />
zugeordnet mit = f ( x,y,t ),<br />
= g( x,y,t ).<br />
∆t<br />
∆t<br />
Eine andere Methode der Darstellung ist das Phasenporträt. Es ist<br />
ähnlich dem Richtungsfeld, aber nicht damit identisch.<br />
Im folgenden Darstellung nur für autonome <strong>Systeme</strong>. Bei diesen hängen<br />
f <strong>und</strong> g nicht explizit von der Zeit ab: x & = f ( x,y ), y&<br />
= g( x,yDamit ). wird<br />
der Zustand des Systems beschrieben durch ein Wertepaar (x, y) der<br />
beiden Zustandsvariablen <strong>und</strong> kann als Punkt in der Phasenebene<br />
(x-y – Ebene) dargestellt werden.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 212
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Phasenporträt (2)<br />
Zwei Wege der Betrachtung sind möglich:<br />
Statische Auffassung (Beschränkung auf die Trajektorien)<br />
Die Zustandsvariablen ändern sich (im Allgemeinen) nicht unabhängig<br />
voneinander. Das Dgl.-System beschreibt die Abhängigkeit der Variablen y<br />
von der Variablen x. t ist ein Parameter. Er kann eliminiert werden:<br />
dy dy dt dy 1 g( x,y )<br />
= ⋅ = ⋅ = ≡ F( x,y )<br />
dx dt dx dt dx f ( x,y )<br />
dt<br />
F beschreibt das Richtungsfeld in der x-y – Ebene.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 213
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Phasenporträt (3)<br />
Dynamische Auffassung<br />
x <strong>und</strong> y sind gleichberechtigt. f(x, y) <strong>und</strong> g( x, y ) bilden die x- <strong>und</strong><br />
y- Komponente des Flussvektors<br />
ϕ( x,y ) = (f ( x,y ),g( x,y )).<br />
Jedem Zustand (x, y) wird damit ein Flussvektor ϕ(x, y) zugeordnet. Er<br />
beschreibt die Zustandsänderung, die das System erfährt, wenn es sich<br />
gerade im Zustand (x,y) befindet.<br />
g<br />
f<br />
ϕ<br />
Pfeillänge: Schnelligkeit, mit der das System<br />
den Zustand (x, y) verlässt.<br />
Pfeilrichtung: Richtung in der der Folgezustand<br />
liegt.<br />
Die grafische Darstellung ϕ(x, y) in der Phasenebene heißt Phasenporträt.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 214
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Phasenporträt (4)<br />
Beispiel 2-Compartment-Modell (siehe Folie 176ff):<br />
X&<br />
X&<br />
1<br />
2<br />
= −(k<br />
=<br />
k<br />
12<br />
12<br />
+ k<br />
⋅<br />
X<br />
1<br />
el<br />
) ⋅<br />
X<br />
1<br />
+ k<br />
− k<br />
21<br />
21<br />
⋅<br />
⋅<br />
X<br />
X<br />
2<br />
2<br />
Dimensionslose Schreibweise (D … applizierte Dosis) :<br />
X X<br />
x<br />
1<br />
, y =<br />
2<br />
D D<br />
= mit<br />
k k<br />
κ<br />
12<br />
21<br />
1 = , κ2<br />
= , τ = kel<br />
⋅ t<br />
k k<br />
el<br />
el<br />
dx<br />
dy<br />
= −(<br />
κ1 + 1)<br />
⋅ x + κ<br />
2<br />
⋅ y , = κ1<br />
⋅ x - κ<br />
2<br />
dτ<br />
dτ<br />
⋅<br />
y<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 215
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Phasenporträt (5)<br />
Phasenporträt<br />
(κ1=0,04 ; κ2=0,3)<br />
Phasenporträt<br />
(Pfeillängen log. transformiert)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 216
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Einschub: Isoklinen<br />
Von besonderer Bedeutung sind die Isoklinen (Kurven gleicher Richtung),<br />
insbesondere die Null-Isoklinen (Nullclines):<br />
Vertikal : d x/dt = 0 Horizontal : dy/dt<br />
= 0<br />
dx<br />
κ 1 dy<br />
0 y<br />
1 +<br />
κ<br />
Im Beispiel : = ⇒ = ⋅ x = 0 ⇒ y =<br />
1<br />
⋅ x<br />
dτ<br />
κ<br />
dτ<br />
κ<br />
2<br />
1<br />
2<br />
y<br />
0.5<br />
dx/dτ=0<br />
dy/dτ=0<br />
0<br />
0 0.5 1<br />
x<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 217
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Phasenporträt (6)<br />
• Im Phasenporträt verbinden sich infinitesimale Pfeile zu Trajektorien.<br />
• Zu verschiedenen Anfangszuständen (x 0<br />
, y 0<br />
) können verschiedene<br />
Trajektorien gehören.<br />
(Im besprochenen Beispiel ist der Fall x 0<br />
=1, y 0<br />
=0 (Start mit gesamter<br />
applizierter Menge D im zentralen Compartment) von besonderem Interesse .<br />
• Die Werte der Konstanten κ 1<br />
<strong>und</strong> κ 2<br />
bestimmen in starkem Maße den<br />
Charakter von Phasenporträts <strong>und</strong> Trajektorien.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 218
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Phasenporträt (7)<br />
1.0<br />
0.8<br />
Peripheres Compartment<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
0.0<br />
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />
Zentrales Compartment<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 219
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Phasenporträt - Beispiel (1)<br />
Elimination von Phenylbutazon (Literaturbeispiel) :<br />
k 12<br />
= 0,33 h -1 k 21<br />
= 0,68 h -1 k el<br />
= 0,024 h -1<br />
κ 1<br />
= 13,75 κ 2<br />
= 28,33<br />
Phasenporträt<br />
(Pfeillängen log. Transformiert)<br />
1<br />
Null-Isoklinen<br />
0.5<br />
dx/dt=0<br />
dy(/dt=0<br />
0<br />
0 0.5 1<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 220
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Phasenporträt – Beispiel (2)<br />
1.0<br />
0.8<br />
Peripheres Compartment<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
Nahezu<br />
Gleichgewicht<br />
0.0<br />
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2 1.4<br />
Zentrales Compartment<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 221
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Einschub: Zeitskalen <strong>und</strong> Phasenporträt<br />
Warum sehen Phasenporträt <strong>und</strong> Trajektorien für die beiden angegebenen<br />
Wertepaare (κ 1<br />
, κ 2<br />
) so unterschiedlich aus?<br />
Vergleich schneller <strong>und</strong> langsamer Vorgang:<br />
Vereinbarung: dimensionbehaftete Größen ohne ~ ,<br />
dimensionslose Größen mit ~ .<br />
~<br />
M =<br />
~<br />
λ<br />
1,2<br />
1<br />
k<br />
=<br />
el<br />
1<br />
k<br />
⋅ M ;<br />
el<br />
⋅ λ<br />
1,2<br />
tr ~<br />
;<br />
=<br />
1<br />
k<br />
el<br />
~ α =<br />
⋅tr<br />
~<br />
−λ<br />
;<br />
1<br />
= −(1<br />
+ κ + κ );<br />
~<br />
β =<br />
1<br />
~<br />
−λ<br />
2<br />
2<br />
de ~ t<br />
=<br />
k<br />
1<br />
2<br />
el<br />
⋅det<br />
κ1<br />
κ2<br />
~ α ~ β<br />
0,04 0,30 1,056 0,284 α<br />
~<br />
β<br />
13,75 28,33 42,412<br />
0,668<br />
= κ<br />
≈<br />
α~<br />
~ ~ >> β<br />
2<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 222
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Stationäre Zustände<br />
Bei dem im vorigen Abschnitt besprochenen Beispiel schneiden sich die<br />
Null-Isoklinen im Nullpunkt (0,0). Dort ändern sich weder x noch y –es<br />
handelt sich um einen stationären Punkt. Dieses Beispiel-Modell hat<br />
nur diesen stationären Punkt, es gibt keine weiteren.<br />
Der stationäre Punkt ist stabil: Nach kleiner Auslenkung des Systems aus<br />
dem stationären Zustand läuft es in jedem Fall dahin zurück.<br />
Im übrigen läuft das System von einem beliebigen Startpunkt aus für<br />
in diesen stationären Punkt (asymptotisch stabil).<br />
t<br />
→ ∞<br />
Die Suche nach stationären Punkten <strong>und</strong> Stabilitätsuntersuchungen<br />
bilden wesentliche Bestandteile der Theorie dynamischer <strong>Systeme</strong>,<br />
insbesondere dann, wenn explizite Lösungen nicht zu erhalten sind.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 223
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Stationäre Zustände – Beispiel: Infusion (1)<br />
System wie vorn (Folie 215) besprochen, jedoch konstanter Substanzeinstrom<br />
I 0<br />
ab t = 0 ins zentrale Compartment.<br />
i 0<br />
x 1<br />
kel<br />
⋅ x1<br />
k 12 ⋅ x 1<br />
k 21 ⋅ x 2<br />
x 2<br />
Dimension von i 0<br />
:<br />
[Konzentration]<br />
[Zeit]<br />
Modellgleichungen <strong>und</strong> Anfangsbedingungen:<br />
x&<br />
x&<br />
1<br />
2<br />
= −(k<br />
=<br />
k<br />
12<br />
12<br />
+ k<br />
⋅ x<br />
1<br />
el<br />
) ⋅ x<br />
1<br />
+ k<br />
− k<br />
21<br />
21<br />
⋅ x<br />
2<br />
⋅ x<br />
2<br />
+ i<br />
0<br />
x<br />
x<br />
1<br />
(0 ) = 0<br />
2<br />
(0 ) = 0<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 224
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Stationäre Zustände – Beispiel: Infusion (2)<br />
Dimensionslos machen (günstig für allgemeine Überlegungen):<br />
• Bezugszeit: 1 / k el<br />
⇒ dimensionslose Zeitvariable<br />
τ = k el ⋅t<br />
• Bezugskonzentration: i 0<br />
/ k el<br />
x1<br />
⋅ kel<br />
x2<br />
⋅ k<br />
⇒ dimensionslose Konzentrationen x = <strong>und</strong> y =<br />
i0<br />
i0<br />
k12<br />
k<br />
Dimensionslose kinetische Konstanten : κ<br />
21<br />
1 = <strong>und</strong> κ2<br />
=<br />
k<br />
k<br />
Dimensionslose Modellgleichungen <strong>und</strong> Anfangsbedingungen:<br />
dx<br />
=<br />
dτ<br />
dy<br />
=<br />
dτ<br />
−(<br />
κ1<br />
+ 1) ⋅ x + κ2<br />
⋅ y + 1 x(0 ) = 0<br />
κ ⋅ x + κ ⋅ y y(0 ) = 0<br />
1<br />
2<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 225<br />
el<br />
el<br />
el
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Stationäre Zustände – Beispiel: Infusion (3)<br />
Null-Isoklinen:<br />
dx<br />
= 0<br />
dτ<br />
⇒<br />
dy<br />
= 0<br />
dτ<br />
⇒<br />
Stationärer Punkt:<br />
x<br />
y<br />
s<br />
s<br />
= 1<br />
κ<br />
=<br />
1<br />
κ<br />
2<br />
1 κ 1<br />
y<br />
1 +<br />
= − + ⋅ x<br />
κ2<br />
κ2<br />
κ<br />
y =<br />
1<br />
⋅ x<br />
κ<br />
2<br />
y<br />
dx =<br />
dτ<br />
0<br />
stationärer Punkt<br />
dy =<br />
dτ<br />
x<br />
0<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 226
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Stationäre Zustände – Beispiel: Infusion (4)<br />
Bemerkung:<br />
Im stationären Punkt stehen die Konzentrationen (<strong>und</strong> damit die Substanz-<br />
Mengen) in den beiden Compartments einem stationären Gleichgewicht<br />
(Fließgleichgewicht). Der Strom vom zentralen Kompartment zum peripheren<br />
Kompartment ist gleich dem entgegengesetzten Strom.<br />
x k 12 ⋅ x 1<br />
1 k x 2 k12 ⋅ x1<br />
= k21<br />
⋅ x2<br />
21 ⋅ x 2<br />
x ⎛ ⎞<br />
⇒<br />
2 k =<br />
12 κ<br />
⎜ =<br />
1<br />
⎟<br />
x1<br />
k21<br />
⎝ κ2<br />
⎠<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 227
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Nullisoklinen (1)<br />
Betrachte das folgenden System von zwei autonomen Differentialgleichungen<br />
erster Ordnung:<br />
dx<br />
dt<br />
dy<br />
dt<br />
= f 1 (x, y),<br />
= f 2 (x, y). (103)<br />
f 1 <strong>und</strong> f 2 seien stetige <strong>und</strong> bzgl. x <strong>und</strong> y differenzierbare Funktionen (Voraussetzungen<br />
für Existenz <strong>und</strong> Eindeutigkeit der Lösung seinen gegeben).<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 228
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Nullisoklinen (2)<br />
Wie bereits im Einführungsbeispiel betrachten wir zur Bestimmung der stationären<br />
Punkte die Beziehungen:<br />
f 1 (x, y) = 0 bzw. f 2 (x, y) = 0, d.h. (104)<br />
• es gibt keine zeitliche Änderung bezogen auf x ( dx<br />
dt<br />
auf y ( dy<br />
dt = 0);<br />
= 0) bzw. bezogen<br />
• die Flussvektoren (im Richtungsfeld) sind demzufolge parallel zur y bzw.<br />
zur x-Achse;<br />
• die Gesamtheit der Punkte, die einer dieser beiden Beziehungen<br />
genügen, heißen Nullisokinen (Nullclines).<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 229
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Nullisoklinen - Beispiel 1 (1)<br />
Veranschaulichung der Nullisoklinen innerhalb des Phasenraumes für folgendes<br />
einfaches Beispiel:<br />
dx<br />
dt<br />
dy<br />
dt<br />
= xy − y,<br />
= xy − x. (105)<br />
Die Nullisoklinen sind also gegeben durch<br />
x = 1 <strong>und</strong> y = 1.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 230
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Nullisoklinen - Beispiel 1 (2)<br />
(e) (f) (g)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 231
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Nullisoklinen (3)<br />
• Stationäre Zustände können nur an Schnittpunkten der Nullisoklinen auftreten<br />
(im Beispiel (105) nur zwei steady states, nämlich (0, 0) <strong>und</strong> (1,1)).<br />
• Richtungs-(Fluss-)Vektoren können von einem Punkt (auf den Nullisoklinen)<br />
zum anderen nur kontinuierlich variieren. Deshalb kann eine Orientierungsänderung<br />
nur an den stationären Zuständen auftreten.<br />
• Diese Umkehrung der Orientierung an den steady states tritt für fast alle<br />
System auf: wann immer detJ = 0 (J ... Jabkobimatrix), ist dies der Fall.<br />
In diesen Fällen kann durch Bestimmung der Nullisoklinen <strong>und</strong> einiger<br />
weniger Flussvektoren ein hinreichend komplettes Bild des Systemverhaltens<br />
auf einfach Weisen erhalten werden (”Richtungs-Nullisoklinen-<br />
Methode”).<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 232
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
... weiteres Beispiel:<br />
Nullisoklinen - Beispiel 2 (1)<br />
dx<br />
dt = x + y2 ,<br />
dy<br />
dt = x + y.<br />
Nullisoklinen: x = −y 2 <strong>und</strong> y = −x<br />
steady states: (0, 0) <strong>und</strong> (−1, 1)<br />
( )<br />
1 2y<br />
Jakobimatrix: J =<br />
1 1<br />
Damit ist J(0, 0)) ≠ 0 <strong>und</strong> J(−1, 1)) ≠ 0 <strong>und</strong> die ”Richtungs-Nullisoklinen-<br />
Methode” kann angewandt werden.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 233
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Nullisoklinen - Beispiel 2 (2)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 234
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Lokale Stabilitätsanalyse (1)<br />
• Frühere Betrachtung <strong>und</strong> auch die letzten zwei Beipiele habe gezeigt,<br />
dass qualitative Veränderungen in der Dynamik des Systemverhaltens<br />
nur in der Nähe / an den stationären Zuständen auftreten.<br />
• Das Systemveralten nichtlinearer <strong>Systeme</strong> kann (wie bereits weiter vorn<br />
gezeigt wurde) ”in der Nähe” stationärer Zustände durch ein lineares System<br />
approximiert werden.<br />
• Im folgenden wird eine Systematik zur Analyse des lokalen Stabilitätsverhaltens<br />
(in der Nähe von steady states) für <strong>Systeme</strong> von 2 ODEs gegeben.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 235
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Lokale Stabilitätsanalyse (2)<br />
Betrachte Linearisierung eines nichtlin. Systems nahe steady state (¯x 0 , ȳ 0 ):<br />
dx<br />
dt = a 11x + a 12 y ,<br />
dy<br />
dt = a 21x + a 22 y.<br />
Die a ij sind hierbei die partiellen Ableitungen von f 1 (x, y) = d(x)/f(t) bzw.<br />
f 2 (x, y) = d(y)/f(t). Daraus ergibt sich die Jakobimatrix:<br />
J(¯x 0 , ȳ 0 ) =<br />
( )<br />
a11 a 12<br />
a 21 a 22<br />
=<br />
(<br />
∂<br />
∂x f 1<br />
∂<br />
∂x f 2<br />
∂<br />
∂y f 1<br />
∂<br />
∂y f 2<br />
)∣ ∣∣∣∣(¯x0 ,ȳ 0 )<br />
(106)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 236
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Lokale Stabilitätsanalyse (3)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 237
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Phasenraumdiagramme linearer <strong>Systeme</strong> (1)<br />
• Wie bereits früher gezeigt, hat ein lineares System höchstens einen steady<br />
state (im Punkt (0, 0)), gegeben γ = detA ≠ 0 (A bezeichne hier die<br />
Koeffizientenmatrix des lin. Systems).<br />
• Im Falle reeller Eigenwerte, kann den Eigenwerten bzw. Eigenvektoren<br />
eine klare geometrische Interpretation gegeben werden:<br />
1. v i beschreiben die Richtungen in denen sich Lösungen entlang gerader<br />
Linien zum Punkt (0, 0) hin bzw. davon web bewegen.<br />
2. Ist ein Eigenwert λ i positiv, bewegt sich die Lösung von (0, 0) weg, ist<br />
λ i negativ, bewegt sich die Lösung auf (0,0) zu.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 238
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Phasenraumdiagramme linearer <strong>Systeme</strong> (2)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 239
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Phasenraumdiagramme linearer <strong>Systeme</strong> (3)<br />
• Damit verbleiben alle Lösungen, welche auf der Geraden durch den Nullpunkt<br />
in Richtung ±v 1 bzw. ±v 2 starten, auf dieser Geraden für alle t,<br />
−∞ < t < +∞.<br />
• Lösungen, welche an anderen Punkten beginnen bewegen auf gekrümmten<br />
Linien entspechend dem gegebenen Richtungsfeld.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 240
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Stabilitätsverhalten: reelle Eigenwerte (1)<br />
Gegeben unterschiedliche, reelle Eigenwerte (mit γ ≠ 0, β 2 −4γ > 0 3 ), kann<br />
das Verhalten der Lösung in drei mögliche Kategorien eingeteilt werden:<br />
1. Beide Eigenwerte positive: λ 1 > 0,λ 2 > 0;<br />
2. Eigenwerte haben unterschiedliche Vorzeichen: sign(λ 1 ) = −sign(λ 2 );<br />
3. Beide Eigenwerte negative: λ 1 < 0, λ 2 < 0;<br />
3 β = trA; γ = det A<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 241
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Stabilitätsverhalten: reelle Eigenwerte (2)<br />
In allen drei Fällen sind die Eigenvektoren reell.<br />
Fall 1: Beide Eigenvektoren vom Ursprung weggerichtet<br />
⇒ instabiler Knoten<br />
Fall 2: Eigenvektoren weisen sie in unterschiedliche Richtungen<br />
⇒ Sattelpunkt<br />
Fall 3: Beide Eigenvektoren zum Ursprung hingerichtet<br />
⇒ stabiler Knoten<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 242
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Stabilitätsverhalten: reelle Eigenwerte (3)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 243
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Stabilitätsverhalten: komplexe Eigenwerte (1)<br />
Im Falle komplexer Eigenwerte, d.h. λ = a ± bi, gibt es die folgenden drei<br />
Fälle zu unterscheiden:<br />
1. Eigenwerte haben positiven Realteil (a > 0);<br />
2. Eigenwerte sind rein komplex (a = 0);<br />
3. Eigenwerte haben negativen Realteil (a < 0);<br />
Beachte: Wenn die linearen Ausgangsgleichungen reelle Koeffizienten haben,<br />
können komplexe Eigenwerte nur in konjugiert komplexen Paaren auftreten.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 244
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Stabilitätsverhalten: komplexe Eigenwerte (2)<br />
Komplexer Eigenwerte sind (wie bereits früher gezeigt) mit oszillierenden<br />
Lösungen verb<strong>und</strong>en. In der xy-Ebene sind diese Oszillationen durch TRajektorien,<br />
welche sich um den Ursprung ”winden” charakterisiert.<br />
Fall 1: Wachsende Amplitude<br />
⇒ instabiler Fokus (Spirale)<br />
Fall 2: Stabile Amplituden<br />
⇒ neutrales Zentrum<br />
Fall 3: Sich verkleinernde Amplitude<br />
⇒ stabiler Fokus (Spirale)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 245
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Stabilitätsverhalten: komplexe Eigenwerte (3)<br />
(h) (i) (j)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 246
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Klassifizierung des Stabilitätsverhalten (1)<br />
Ausgehend von den gemachten Ausführungen ist es möglich, das Stabilitätsverhalten<br />
eines linearen / linearisierten Systems in 6 Kategorien einzuteilen.<br />
Die Zugehörigkeit von Lösungen zu diesen Kategorien kann mit Hilfe<br />
der bereits eingeführten Größen<br />
β<br />
γ<br />
δ<br />
= a 11 + a 22 = trA<br />
= a 11 a 22 − a 12 a 21 = detA<br />
= β 2 − 4γ = discA<br />
bestimmt werden:<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 247
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Klassifizierung des Stabilitätsverhalten (2)<br />
1. Instabiler Knoten: β > 0 <strong>und</strong> γ > 0<br />
2. Sattlepunkt: γ < 0<br />
3. Stabiler Knoten: β < 0 <strong>und</strong> γ > 0<br />
4. Instabiler Fokus: β 2 < 4γ <strong>und</strong> β > 0<br />
5. Neutrales Zentrum: β 2 < 4γ <strong>und</strong> β = 0<br />
6. Instabiler Fokus: β 2 < 4γ <strong>und</strong> β < 0<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 248
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Klassifizierung des Stabilitätsverhalten (3)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 249
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Beispiel: Chemostat (1)<br />
Zur Illustration des vorgestellten Methodik nutzen wir ein bereits bekanntes<br />
Beispielsystem - den Chemostat. Hier war die Bakteriendichte (N) sowie<br />
die Nährstoffkonzentration (C) beschriben durch:<br />
dN<br />
dt<br />
dC<br />
dt<br />
( ) C<br />
= α 1 N − N,<br />
1 + C<br />
( ) C<br />
= − N − C + α 2 . (107)<br />
1 + C<br />
Wie bereits gezeigt, hat dieses System zwei steady states, wobei einer von<br />
diesen ein stabiles Level von Nährstoffen <strong>und</strong> Bakterien beschreibt.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 250
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Beispiel: Chemostat (2)<br />
Beschränkung auf den positiven Quadranten der NC-Ebene bei Anwendung<br />
der Phasenraumanalyse.<br />
1a. Bestimmung der N-Nullisoklinen<br />
Aus<br />
( ) C<br />
α 1 N − N = 0<br />
1 + C<br />
folgt, dass entweder N = 0 oder α 1 C/(1 + C) = 1 erfüllt sein muss, um die<br />
N-Nullisoklinen zu beschreiben. Letztere Bedingung kann auch geschreiben<br />
werden als C = 1/α 1 − 1.<br />
Damit erhält man als N-Nullisoklinen die C-Achse <strong>und</strong> eine Parallele zur<br />
N-Achse, welche die C-Achse in der Höhe 1/α 1 − 1 schneidet.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 251
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Beispiel: Chemostat (2)<br />
Die folgende Grafik zeigt die Nullisoklinen unter der Bedingung (Parameterwahl)<br />
1<br />
α 1 − 1 < α 2.<br />
Unter Ausnutzung des Wissens, dass für die Jakobimatrix dieses Systems<br />
an beiden steady states gilt detJ ≠ 0 (Orientierungswechsel der Richtungsvektoren),<br />
kann das Richtungsfeld leicht approximiert werden.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 252
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Beispiel: Chemostat (3)<br />
1b. Bestimmung der C-Nullisoklinen<br />
Aus<br />
( ) C<br />
− N − C + α 2 = 0<br />
1 + C<br />
folgt, dass<br />
N = (α 2 − C) 1 + C<br />
C .<br />
Diese Beziehung beschreibt eine Kurve mit folgenden Eigenschaften<br />
• Sie geht durch den Punkt (α 2 ,0);<br />
• Für C → 0 strebt N gegen +∞;<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 253
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Beispiel: Chemostat (4)<br />
(k)<br />
(l)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 254
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Beispiel: Chemostat (5)<br />
2. Bestimmung der steady states:<br />
Aus Bedingung dN dC<br />
dt<br />
= 0 <strong>und</strong><br />
dt<br />
= 0 erhält man folgende steady states:<br />
( ¯N 1 , ¯C 1 ) : (α 1 (α 2 − 1<br />
α 1 − 1 ), 1<br />
α 1 − 1 )<br />
( ¯N 2 , ¯C 2 ) : (0, α 2 )<br />
1<br />
• Beachte: (0,<br />
α 1 −1<br />
) kein steady state; Schnittpunkt zweier N-Nullisoklinen!<br />
• Das System besitzt immer 2 steady states (Schnittpunkte der N <strong>und</strong> C<br />
Nullisoklinen). Allerdings liegt einer davon nur dann im positiven Quadranten,<br />
wenn α 2 > 1/(α 1 − 1) <strong>und</strong> α 1 > 1.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 255
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
3. Bestimmung der lokalen Stabilität:<br />
Beispiel: Chemostat (6)<br />
Betrachte zunächst ( ¯N 1 , ¯C 1 ). Bestimme J an diesem Punkt:<br />
wobei A = ¯N 1 /(1 + ¯C 1 ) 2 .<br />
Da gilt<br />
J =<br />
(<br />
0 α 1 A<br />
−1/α 1 −(A + 1)<br />
)<br />
,<br />
β = −(A + 1) < 0, γ = A > 0, β 2 − 4γ = (A − 1) 2 > 0<br />
ist ( ¯N 1 , ¯C 1 ) immer ein stabiler Knoten.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 256
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Beispiel: Chemostat (7)<br />
3. Bestimmung der lokalen Stabilität (Forts.):<br />
Betrachte jetzt ( ¯N 2 , ¯C 2 ). Wieder Auswertung von J an diesem Punkt:<br />
( )<br />
α1 B − 1 0<br />
J =<br />
,<br />
−B −1<br />
wobei B = α 2 /(1 − α 2 ).<br />
Damit<br />
β = α 1 B − 2, γ = 1 − α 1 B.<br />
(Interpretation siehe nächste Seite)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 257
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Phasenraumanalyse<br />
Beispiel: Chemostat (8)<br />
3. Bestimmung der lokalen Stabilität (Forts.):<br />
• ( ¯N 2 , ¯C 2 ) ist Sattelpunkt wenn 1 − α 1 B < 0 ⇒ α 1 > 1/B.<br />
• Man kann zeigen, dass dies erfüllt ist wenn α 2 > 1/(α 1 − 1). Diese Bedingung<br />
sichert die Existenz des steady states ( ¯N 1 , ¯C 1 ) im positiven Quadranten.<br />
• D.h. wenn ( ¯N 1 , ¯C 1 ) biologisch sinnvoll, dann ist ( ¯N 2 , ¯C 2 ) ein Sattelpunkt.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 258
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Kompetitives Populationswachstum<br />
( Dieser Abschnitt basiert wieder weitgehend auf Vorlesungsskripten<br />
vergangener Jahre: Dr. Barthel, Dr. Forberg, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig)<br />
1. Zwei interagierende Arten<br />
a) Zwei Arten im Wettbewerb um gemeinsame Nahrung<br />
b) Zwei Arten im Räuber – Beute - Verhältnis<br />
2. Drei Arten in einer Nahrungskette<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 259
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Zwei Arten im Nahrungswettbewerb (1)<br />
• Zwei Arten vom gleichen Typ<br />
• Kompetition um die gemeinsame Ressourcen (Nahrung)<br />
• Modellansatz:<br />
– Logistisches Wachstum für jede Art für sich allein<br />
– zusätzlich kompetitive Wechselwirkung<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 260
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Zwei Arten im Nahrungswettbewerb (2)<br />
Modell von Lotka <strong>und</strong> Volterra für Zwei-Spezies - Kompetition<br />
dx<br />
dt<br />
1<br />
=<br />
r<br />
1<br />
⋅ x<br />
1<br />
⎛<br />
⋅⎜1<br />
−<br />
⎝<br />
x<br />
1<br />
+ α<br />
K<br />
12<br />
1<br />
⋅ x<br />
2<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
,<br />
dx<br />
dt<br />
2<br />
=<br />
r<br />
2<br />
⋅ x<br />
2<br />
⎛<br />
⋅⎜1<br />
−<br />
⎝<br />
x<br />
2<br />
+ α<br />
K<br />
21<br />
2<br />
⋅ x<br />
1<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
• Modell enthält 6 Parameter:<br />
• r 1<br />
, r 2<br />
: Intrinsische Wachtumsraten der Arten 1 <strong>und</strong> 2<br />
• K 1<br />
, K 2<br />
: Tragende Kapazitäten der Arten 1 <strong>und</strong> 2<br />
• α 12<br />
: Kompetitionskoeffizient von Art 2 auf Art 1<br />
• α 21<br />
: Kompetitionskoeffizient von Art 1 auf Art 2<br />
(α 12<br />
, α 21<br />
> 0 , dimensionslose Zahlen)<br />
‣ Analytische Lösung des Modell-Gleichungssystems gelingt nicht!<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 261
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Zwei Arten im Nahrungswettbewerb (3)<br />
Übergang zu dimensionslosen Modellgleichungen:<br />
• Populationsgrößen auf zugehörige Kapazitäten beziehen:<br />
x1<br />
x<br />
u<br />
2<br />
1 = <strong>und</strong> u2<br />
=<br />
K1<br />
K2<br />
• Zeit bezogen auf reziproke intrinsische Wachstumsrate u 1 :<br />
t<br />
τ = = r1<br />
⋅t<br />
1 r<br />
⇒<br />
u&<br />
u&<br />
1<br />
2<br />
= u<br />
1<br />
⋅<br />
= ρ ⋅u<br />
1<br />
( 1 − u1<br />
− β12<br />
⋅u2<br />
)<br />
⋅ ( 1 − β ⋅u<br />
− u )<br />
2<br />
r2<br />
K2<br />
K<br />
wobei ρ = , β<br />
1<br />
12 = α12<br />
⋅ , β21<br />
= α21<br />
⋅<br />
r1<br />
K1<br />
K2<br />
• Dimensionsloses Modell enthält nur 3 unabhängige Parameter!<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 262<br />
21<br />
1<br />
2
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitatives Systemverhalten LV –Kompetition (1)<br />
u&<br />
u&<br />
1<br />
2<br />
= u<br />
1<br />
⋅<br />
= ρ ⋅u<br />
( 1 − u1<br />
− β12<br />
⋅u2<br />
)<br />
⋅ ( 1 − β ⋅u<br />
− u )<br />
2<br />
21<br />
1<br />
2<br />
a) Bestimmung der Null-Isoklinen<br />
u&<br />
1<br />
u&<br />
= 0 ("vertikal" ) erfüllt für<br />
2<br />
V1)<br />
V2)<br />
u<br />
1<br />
u<br />
1<br />
= 0<br />
( u<br />
− Achse) oder<br />
= 0 ("horizontal"), wenn<br />
2<br />
+ β ⋅u<br />
= 1 (Gerade, Achsenabschnitte u = 1,<br />
u =<br />
12<br />
2<br />
H1) u2<br />
= 0 ( u1<br />
− Achse) oder<br />
1<br />
H2) β21 ⋅u1<br />
+ u2<br />
= 1 (Gerade, Achsenabschnitte u1<br />
= , u2<br />
= 1 )<br />
β<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 263<br />
1<br />
2<br />
21<br />
1<br />
β<br />
12<br />
)
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
u&<br />
Qualitatives Systemverhalten LV –Kompetition (2)<br />
1<br />
= 0 : V1)<br />
V2)<br />
u<br />
1<br />
u<br />
1<br />
= 0 oder<br />
+ β<br />
12<br />
⋅u<br />
2<br />
u&<br />
= 0 : H1)<br />
= 1<br />
H2)<br />
2<br />
u<br />
β<br />
2<br />
21<br />
= 0 oder<br />
⋅u<br />
1<br />
+ u<br />
2<br />
= 1<br />
u 2<br />
β 12<br />
< 1<br />
u 2<br />
1<br />
1<br />
β 21<br />
< 1<br />
V1<br />
V2<br />
H2<br />
1<br />
u 1<br />
u 2<br />
β 12<br />
> 1<br />
H1<br />
u 2<br />
β 21<br />
> 1<br />
1<br />
u 1<br />
1<br />
1<br />
V1<br />
V2<br />
H2<br />
1<br />
u 1<br />
H1<br />
1<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 264<br />
u 1
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitatives Systemverhalten LV –Kompetition (3)<br />
u&<br />
u&<br />
1<br />
2<br />
= u<br />
1<br />
⋅<br />
= ρ ⋅u<br />
( 1 − u1<br />
− β12<br />
⋅u2<br />
)<br />
⋅ ( 1 − β ⋅u<br />
− u )<br />
2<br />
21<br />
1<br />
2<br />
b) Bestimmung der Jakobi-Matrix<br />
∂f<br />
∂u<br />
1<br />
∂f<br />
∂u<br />
1<br />
2<br />
1<br />
= 1 − 2 ⋅u<br />
= −ρ<br />
⋅ β<br />
1<br />
21<br />
− β<br />
⋅u<br />
2<br />
12<br />
⋅u<br />
2<br />
∂f<br />
∂u<br />
1<br />
∂f<br />
∂u<br />
2<br />
2<br />
2<br />
=<br />
=<br />
−β<br />
ρ ⋅<br />
12<br />
⋅u<br />
1<br />
( 1 − β ⋅u<br />
− 2 ⋅u<br />
)<br />
21<br />
1<br />
2<br />
H1<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 265
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitatives Systemverhalten LV –Kompetition (4)<br />
c) Bestimmung der stationären Punkte, d.h. der Schnittpunkte von<br />
V- <strong>und</strong> H-Isoklinen: (V1 oder V2) <strong>und</strong> (H1 oder H2) <strong>und</strong> Analyse<br />
ihrer Stabilität<br />
Fall 1: V1 <strong>und</strong> H1: Koordinatenursprung<br />
Stationärer Zustand: = 0,u 0<br />
u1 2 =<br />
Stabilitätsanalyse:<br />
Wert der Jakobi -Matrix M<br />
=<br />
⎛1<br />
⎜<br />
⎝0<br />
0 ⎞<br />
⎟<br />
ρ ⎠<br />
1<br />
u 2<br />
⇒ β = trM<br />
= 1+<br />
ρ > 0 , γ = detM<br />
= ρ > 0<br />
|<br />
⇒ instabil für beliebige Parameterwerte<br />
V1<br />
°<br />
H1<br />
u 1<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 266
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitatives Systemverhalten LV –Kompetition (5)<br />
Fall 2: nur Population 2 vorhanden <strong>und</strong> diese im Sättigungszustand<br />
(V1 <strong>und</strong> H2 )<br />
Stationärer Zustand:<br />
Stabilitätsanalyse:<br />
⎛ 1−<br />
β<br />
Wert der Jakobi -Matrix M = ⎜<br />
⎝−<br />
ρ ⋅ β<br />
tr M = 1−<br />
β − ρ , detM<br />
= −ρ<br />
⋅ − β<br />
u<br />
1<br />
= 0,<br />
u 2<br />
=<br />
12<br />
1<br />
( )<br />
12<br />
⎞<br />
⎟<br />
− ρ ⎠<br />
12<br />
0<br />
Eigenwerte 1−<br />
β12<br />
, − ρ ⇒ stabil nur für β > 12<br />
1<br />
Interpretation:<br />
Eine genügend starke Kompetition der Population 2<br />
auf die Population 1 bringt diese zum verschwinden.<br />
1<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 267<br />
21<br />
1<br />
β 12<br />
< 1<br />
V1u 2<br />
H2<br />
1<br />
°<br />
°<br />
1<br />
β 12<br />
> 1<br />
V1u 2<br />
H2<br />
1<br />
u 1<br />
u 1
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitatives Systemverhalten LV –Kompetition (6)<br />
Fall 3: nur Population 1 vorhanden <strong>und</strong> diese im Sättigungszustand<br />
(V2 <strong>und</strong> H1)<br />
Stabiler Zustand: u = , u 0<br />
Stabilitätsanalyse:<br />
Wert<br />
der<br />
1<br />
1<br />
2<br />
=<br />
−1<br />
− β<br />
⎛<br />
12<br />
( ) ⎟ ⎞<br />
-Matrix M = ⎜<br />
⎝ 0 ρ ⋅ 1−<br />
β21<br />
⎠<br />
( 1−<br />
β ),<br />
det = −ρ<br />
⋅( − )<br />
Jakobi<br />
tr M = −1+<br />
ρ ⋅<br />
M β<br />
Eigenwerte<br />
ρ ⋅<br />
12<br />
1<br />
( 1−<br />
β21) , −1<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 268<br />
21<br />
⇒ stabil nur für β >1 21<br />
Interpretation:<br />
Eine genügend starke Kompetition der Population 1<br />
auf die Population 2 bringt diese zum verschwinden.<br />
1<br />
1<br />
u 2<br />
u 2<br />
V2<br />
H1<br />
V2<br />
H1<br />
β 21<br />
< 1<br />
°<br />
1<br />
°<br />
β 21<br />
> 1<br />
1<br />
u 1<br />
u 1
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitatives Systemverhalten LV –Kompetition (7)<br />
Fall 4: V2 <strong>und</strong> H2: Schnitt der schräg verlaufenden Geraden<br />
a) β ⋅ β 1 : Geraden parallel, d.h. kein Schnittpunkt<br />
12 21<br />
=<br />
b) β ⋅ β 1 :<br />
12 21<br />
≠<br />
Stationärer Zustand:<br />
u<br />
1−<br />
β<br />
12<br />
1<br />
= , u2<br />
1−<br />
β12<br />
⋅ β21<br />
Stabilitätsanalyse:<br />
⎛ − u<br />
Wert der Jakobi -Matrix M = ⎜<br />
⎝−<br />
ρ ⋅ β<br />
1<br />
21<br />
⋅u<br />
2<br />
1−<br />
β21<br />
=<br />
1−<br />
β ⋅ β<br />
− β<br />
12<br />
− ρ ⋅u<br />
( u + ρ ⋅u<br />
),<br />
detM<br />
= ρ ⋅u<br />
⋅ ⋅( − β ⋅ )<br />
trM<br />
= −<br />
u<br />
1 2<br />
1 2<br />
1<br />
12<br />
β21<br />
Fallunterscheidungen hinsichtlich β 12<br />
<strong>und</strong> β 21<br />
erforderlich.<br />
12<br />
⋅u<br />
2<br />
1<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
21<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 269
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitatives Systemverhalten LV –Kompetition (7)<br />
. β < 1,<br />
β 1: Schwache Einwirkung der Arten auf die jeweils andere.<br />
1<br />
12 21<br />
<<br />
⇒ Geraden schneiden sich im 1.Quadranten,<br />
• tr < 0, det > 0 ⇒ stabil<br />
• Globales Verhalten: Dies ist der einzige stabile stationäre Punkt.<br />
• Das System läuft von beliebigem Startpunkt in diesen Zustand.<br />
Koexistenz der Arten.<br />
1<br />
u 2<br />
°<br />
°<br />
° °<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 270<br />
1<br />
u 1
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitatives Systemverhalten LV –Kompetition (8)<br />
2. β > , β 1: Starke Einwirkung beider Arten auf die jeweils andere.<br />
12<br />
1 21<br />
><br />
⇒ Geraden schneiden sich im 1.Quadranten,<br />
• tr < 0, det < 0 ⇒ instabil (Sattelpunkt)<br />
• Globales Verhalten: Es gibt zwei stabile stationäre Punkte, in<br />
denen jeweils nur eine Art vorhanden ist.<br />
• Es hängt vom Startpunkt ab, wohin das<br />
System läuft, aber schließlich bleibt nur<br />
eine Art übrig.<br />
1<br />
°<br />
u 2<br />
°<br />
°<br />
°<br />
1<br />
u 1<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 271
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitatives Systemverhalten LV –Kompetition (9)<br />
3. β > , β 1: Art 2 wirkt stark auf Art 1 ein,<br />
12<br />
1 21<br />
<<br />
aber Art 1 wirkt nur schwach auf Art 2 zurück.<br />
⇒ kein Schnittpunkt im 1.Quadranten:<br />
u = 0,u2<br />
1 =<br />
• Globales Verhalten: Es gibt nur einen stabilen stationären<br />
Punkt<br />
• Unabhängig vom Startpunkt stirbt Art 1 aus.<br />
1<br />
1<br />
u 2<br />
°<br />
°<br />
°<br />
1<br />
u 1<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 272
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitatives Systemverhalten LV –Kompetition (10)<br />
. β<br />
12<br />
< 1,<br />
β > 1: Art 1 wirkt stark auf Art 2 ein,<br />
aber Art 2 wirkt nur schwach auf Art 1 zurück.<br />
4<br />
21<br />
⇒ kein Schnittpunkt im 1.Quadranten:<br />
u = 1,u2<br />
1 =<br />
• Globales Verhalten: Es gibt nur den stationären Punkt.<br />
• Unabhängig vom Startpunkt stirbt Art 2 aus.<br />
0<br />
u 2<br />
°<br />
1<br />
°<br />
°<br />
1<br />
u 1<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 273
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
LV-Kompetition<br />
Summary<br />
• Sowohl Anzahl als auch Stabilitätsverhalten der stationären<br />
Punkte des Systems abhängig von Parametern.<br />
• Allerdings haben die intrinsischen Wachstumsraten hierbei<br />
keinen Einfluss auf die Stabilität <strong>und</strong> das globale Verhalten!<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 274
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Zwei Arten im Räuber - Beute – Verhältnis (1)<br />
Beute: Populationsgröße x<br />
Räuber: Populationsgröße y<br />
Modellansatz:<br />
• Beute wächst exponentiell bei Abwesenheit der Räuber<br />
• Räuber sterben exponentiell aus bei Abwesenheit der Beute<br />
• Räuber reduzieren das Wachstum der Beute proportional zu x ⋅ y<br />
• Beute fördert das Wachstum der Räuber proportional zu x ⋅ y<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 275
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Zwei Arten im Räuber - Beute – Verhältnis (2)<br />
Räuber – Beute - Modell von Lotka <strong>und</strong> Volterra<br />
dx<br />
dt<br />
=<br />
x ⋅<br />
dy<br />
( r −a⋅<br />
y) , = y ⋅( − r + b⋅<br />
x)<br />
x<br />
dt<br />
y<br />
Modell enthält 4 Parameter, alle > 0:<br />
• r x , r y : Intrinsische „Wachstumsraten“ der Beute <strong>und</strong> der Räuber<br />
• a : Einfluss der Räuber auf das Wachstum der Beute<br />
• b : Einfluss der Beute auf das Wachstum der Räuber<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 276
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Zwei Arten im Räuber - Beute – Verhältnis (3)<br />
Übergang zu dimensionslosen Modellgleichungen:<br />
• Zeit auf reziproke intrinsische Wachstumsrate der Beute beziehen:<br />
τ = r x ⋅ t<br />
• Populationsgrößen auf das Verhältnis der intrinsischen<br />
Wachstumsrate der Räuber zu den Einfluss-Parametern beziehen:<br />
b a<br />
u = ⋅ x , v = ⋅ y<br />
ry<br />
ry<br />
Dimensionslose Modellgleichungen:<br />
du<br />
dv<br />
= u ⋅ ( 1 −α<br />
⋅v<br />
),<br />
= α ⋅v<br />
⋅ ( u −1)<br />
mit α =<br />
dτ<br />
14243 dτ<br />
14243<br />
f<br />
1<br />
(u,v )<br />
f<br />
2<br />
(u,v )<br />
r<br />
r<br />
y<br />
x<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 277
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitatives Systemverhalten LV-Räuber-Beute (1)<br />
a) Bestimmung der Null-Isoklinen:<br />
du<br />
=<br />
dτ<br />
0<br />
⇒<br />
u<br />
v<br />
= 0<br />
1<br />
=<br />
α<br />
v - Achse<br />
horizontale Gerade<br />
dv<br />
=<br />
dτ<br />
0<br />
⇒<br />
v<br />
u<br />
= 0<br />
= 1<br />
u - Achse<br />
vertikale Gerade<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 278
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitatives Systemverhalten LV-Räuber-Beute (2)<br />
b) Bestimmung der Jakobi-Matrix<br />
∂f1<br />
∂u<br />
∂f2<br />
∂u<br />
= 1 −α<br />
⋅v<br />
= α ⋅v<br />
∂f1<br />
∂v<br />
∂f2<br />
∂v<br />
= −α<br />
⋅u<br />
= α ⋅<br />
( u −1)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 279
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitatives Systemverhalten LV-Räuber-Beute (2)<br />
b) Bestimmung der stationären Punkte <strong>und</strong> Analyse ihrer Stabilität<br />
Es gibt nur zwei Schnittpunkte zwischen den Null-Isoklinen<br />
du/dτ <strong>und</strong> den Null-Isoklinen dv/dτ :<br />
Fall 1: Schnittpunkt der Koordinatenachsen u = 0 <strong>und</strong> v = 0<br />
∂f1<br />
∂u<br />
∂f2<br />
∂u<br />
= 1 −α<br />
⋅v<br />
= α ⋅v<br />
∂f1<br />
= −α<br />
⋅u<br />
∂v<br />
∂f2<br />
= α ⋅<br />
∂v<br />
( u −1)<br />
M<br />
⎛1<br />
0 ⎞<br />
= ⎜ ⎟ , tr = 1 −α<br />
, det<br />
⎝ 0 −α<br />
⎠<br />
=<br />
−α<br />
⇒ instabil (Sattelpunkt)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 280
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitatives Systemverhalten LV-Räuber-Beute (3)<br />
Fall 2: Schnittpunkt der horizontalen Geraden v = 1/ α mit der<br />
vertikalen Geraden u = 1<br />
M<br />
⎛0<br />
−α<br />
⎞<br />
= ⎜ ⎟ , tr = 0 , det<br />
⎝ 1 0 ⎠<br />
= α<br />
⇒ Zentrum<br />
v (Räuber)<br />
Trajektorien sind geschlossene Kurven<br />
um das Zentrum (1, 1/α ).<br />
u = 1<br />
v = 1 / α<br />
u (Beute)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 281
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitatives Systemverhalten LV-Räuber-Beute (4)<br />
In welcher Orientierung werden die Trajektorien durchlaufen?<br />
• Inhaltliche Argumentation:<br />
Erst Maximum der Beute, dann Maximum der Räuber, d.h. die Trajektorien<br />
werden im mathematisch positiven Umlaufsinn durchlaufen.<br />
• Formale Argumentation:<br />
u&<br />
( 1 −α<br />
⋅v<br />
),<br />
v&<br />
= ⋅u<br />
⋅ ( u −1)<br />
= u ⋅<br />
α<br />
v (Räuber)<br />
u = 1,<br />
v > 1 / α ⇒<br />
u = 1,<br />
v < 1 / α ⇒<br />
u > 1,<br />
v = 1 / α ⇒<br />
u < 1,<br />
v = 1 / α ⇒<br />
u&<br />
< 0 , v&<br />
= 0<br />
u&<br />
> 0 , v&<br />
= 0<br />
u&<br />
= 0 , v&<br />
> 0<br />
u&<br />
= 0 , v&<br />
< 0<br />
u (Beute)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 282
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Ein reales Räuber-Beute System (1)<br />
• Oszillationen in Räuber - Beute - Populationen sind bekannt.<br />
• Oft zitiert wird die Statistik der Hudson Bay Company in Kanada über die<br />
Zahl der zwischen 1845 <strong>und</strong> 1935 erbeuteten Felle von Schneeschuhhasen<br />
<strong>und</strong> Luchsen.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 283
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Ein reales Räuber-Beute System (2)<br />
• Um 1887 <strong>und</strong> 1897 tritt Maximum der Luchse vor dem der Hasen auf.<br />
‣ Widerspruch zum LV-Modell!<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 284
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Ein reales Räuber-Beute System (3)<br />
• In der Phasenebene wird die Trajektorie im Uhrzeigersinn durchlaufen.<br />
• Es erhebt sich die tiefsinnige Frage: Fressen Hasen Luchse ?<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 285
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Ein reales Räuber-Beute System (4)<br />
Es gibt darauf fragwürdige (z.B. eine Krankheit) <strong>und</strong> ernsthafte Antworten:<br />
• Fangzahlen <strong>und</strong> Populationsgrößen müssen nicht proportional sein, weil<br />
Jäger vor allem durch große Luchszahlen zur Jagd motiviert sein könnten.<br />
• Prinzipielle Einwände:<br />
– Das neutrale Zentrum sieht man als ein Kunstprodukt an, das durch<br />
den ganz speziellen Ansatz zu erklären ist („Strukturelle Instabilität“).<br />
– Die unendlich große Kapazität der Beute ist unrealistisch.<br />
– Die Modellgleichungen legen nahe, dass ein einzelner Räuber desto<br />
mehr Beutetiere frisst, je mehr es davon gibt. Aber auch das hat seine<br />
Grenzen.<br />
⇒ Modifikation des Modells<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 286
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Modifiziertes LV-Räuber-Beute Modell (1)<br />
Vorbemerkungen zur Notation:<br />
- Große Buchstaben bezeichnen dimensionsbehaftete Größen<br />
- Kleine Buchstaben bezeichnen dimensionslose Größen<br />
- X momentane Größe der Beutepopulation<br />
- Y momentane Größe der Räuberpopulation<br />
- T Zeit<br />
Annahme von logistischem Wachstum der Beute:<br />
dX<br />
dT<br />
⎛ X<br />
= R ⋅ X ⋅ ⎜1<br />
−<br />
⎝ K<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
R intrinsische Wachstumsrate<br />
K tragende Kapazität<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 287
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Modifiziertes LV-Räuber-Beute Modell (2)<br />
Fressrate der Räuber :<br />
Fressrate der Räuber I = const ⋅ X<br />
⋅Y<br />
, bzw.<br />
Pro - Kopf<br />
- Fressrate<br />
J<br />
≡<br />
I<br />
/<br />
Y<br />
=<br />
const<br />
⋅<br />
X<br />
Pro-Kopf-Fressrate ist also proportional zur vorhandenen Menge an Beute.<br />
Berücksichtigung der Sättigung bei großem Nahrungsangebot<br />
(Holling, Typ II):<br />
J<br />
X<br />
J = const ⋅<br />
B ><br />
1<br />
1 + ⋅ X<br />
B<br />
0<br />
B·const<br />
const · X<br />
Volterra<br />
B begrenzt J<br />
(vgl. Michaelis-Menten-Kinetik)<br />
Holling<br />
X<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 288
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Modifiziertes LV-Räuber-Beute Modell (3)<br />
Modellgleichungen:<br />
dX<br />
dT<br />
R ⋅<br />
X<br />
= 1<br />
T<br />
⎛ ⋅ ⎜ −<br />
⎝<br />
X<br />
K<br />
⎞<br />
⎟ −<br />
⎠<br />
C ⋅<br />
A⋅<br />
X<br />
B + X<br />
⋅Y<br />
,<br />
dY<br />
dT<br />
=<br />
A⋅<br />
X<br />
B + X<br />
⋅Y<br />
−<br />
D ⋅Y<br />
Dimensionslose Modellgleichungen:<br />
Zeit :<br />
x&<br />
y&<br />
= x ⋅<br />
t<br />
= R ⋅<br />
( 1 − x)<br />
a ⋅ x<br />
= ⋅ y − d ⋅ y<br />
1 + b ⋅ x<br />
Räuber :<br />
a ⋅ x<br />
− ⋅ y<br />
1 + b ⋅ x<br />
(1)<br />
(2)<br />
y = Y ⋅<br />
Beute :<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 289<br />
C<br />
K<br />
wobei<br />
x =<br />
X<br />
K<br />
A⋅<br />
K K D<br />
a = , b = , d =<br />
B ⋅ R B R<br />
( 3 positive Modellparameter)
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitatives Systemverhalten Mod. LV-RB Modell (1)<br />
Null-Isoklinen: (Von Interesse nur x ≥ 0 , y ≥ 0)<br />
1)<br />
x & = 0 ⇒<br />
⎡ a ⎤<br />
x ⋅<br />
⎢<br />
1 − x − ⋅ y = 0<br />
⎣ 1 + b ⋅ x ⎥<br />
⎦<br />
also x = 0<br />
y - Achse<br />
oder<br />
y<br />
=<br />
1<br />
a<br />
⋅<br />
(1a)<br />
( 1 + b ⋅ x) ⋅ ( 1 − x) Parabel (1b)<br />
2)<br />
⎡ a ⋅ x<br />
y &<br />
⎤<br />
= 0 ⇒ y ⋅<br />
⎢<br />
− d =<br />
⎣1<br />
+ b ⋅ x ⎥<br />
⎦<br />
0<br />
also y = 0<br />
x - Achse (2a)<br />
oder<br />
d<br />
x = ≡ x *<br />
a − d ⋅ b<br />
vertikale Gerade (2b) wobei a > d ⋅b<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 290
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitatives Systemverhalten Mod. LV-RB Modell (2)<br />
Stationäre Punkte:<br />
• Müssen die Bedingung [(1a) oder (1b)] <strong>und</strong> [(2a) oder (2b)] erfüllen.<br />
• (1a) <strong>und</strong> (2a): Koordinatenursprung<br />
• (1a) <strong>und</strong> (2b): kein Schnittpunkt<br />
• (1b) <strong>und</strong> (2a): Nullstelle Parabel<br />
x = 0 , y = 0<br />
x = 1,<br />
y = 0<br />
• (1b) <strong>und</strong> (2b): Schnitt Parabel mit vertikaler Gerade<br />
x = x * , y =<br />
d<br />
wobei x*<br />
= 1<br />
(s.o.) , y* = ⋅<br />
*<br />
a − d ⋅b<br />
a<br />
1<br />
‣ Die ersten beiden stationären Punkte sind als instabil zu erkennen.<br />
‣ Dritter stationärer Punkt: Analyse mittels Jakobi-Matrix.<br />
y *<br />
( 1+<br />
b ⋅ x* ) ⋅( − x )<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 291
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Zahlenbeispiel: Mod. LV-RB Modell (1)<br />
a) a = 5,0 ; d = 0,4 ; b = 0,2<br />
• Für (0,0) <strong>und</strong> (1,0) hat Jakobi-Matrix je einen positiven <strong>und</strong> einen negativen<br />
Eigenwert, d.h. dies sind Sattelpunkte.<br />
• x* = 0,08130 , y* = 0,18670<br />
Eigenwerte der Jakobi-Matrix λ 1/2<br />
= -0,0333 ± i·0,6004<br />
⇒ Stabiler Strudelpunkt<br />
Stabiler punktförmiger Attraktor mit dem gesamten 1.Quadranten als<br />
„Einzugsgebiet“ (Basin of attraction)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 292
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Zahlenbeispiel: Mod. LV-RB Modell (1)<br />
1<br />
Phasenebene:<br />
1<br />
Zeitverläufe:<br />
0.8<br />
0.6<br />
x<br />
y<br />
0.5<br />
y<br />
0.4<br />
0<br />
0 100 200 300 400 500<br />
0.2<br />
t<br />
0<br />
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1<br />
x<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 293
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Zahlenbeispiel: Mod. LV-RB Modell (3)<br />
b) a = 5,0 ; d = 0,4 ; b = 2,0<br />
• (0,0) <strong>und</strong> (1,0) wie bei a).<br />
• x* = 0,09524 , y* = 0,21540<br />
Eigenwerte der Jakobi- Matrix λ 1/2<br />
= 0,02476 ± i·0,55080<br />
⇒<br />
Instabiler Strudelpunkt<br />
Es gibt keinen stabilen stationären Zustand!<br />
Dafür gibt es aber einen stabilen Grenzzyklus.<br />
Unabhängig vom Anfangszustand laufen die Trajektorien zu diesem Attraktor.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 294
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Zahlenbeispiel: Mod. LV-RB Modell (4)<br />
Phasenebene:<br />
Zeitverläufe:<br />
1<br />
1<br />
0.8<br />
x1<br />
y1<br />
0.5<br />
y1<br />
y2<br />
0.6<br />
0.4<br />
0<br />
0 100 200 300 400 500<br />
t<br />
0.8<br />
0.2<br />
0<br />
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1<br />
x1,<br />
x2<br />
x2<br />
y2<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
0<br />
0 100 200 300 400 500<br />
t<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 295
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Bifurkation im LV-Räuber-Beute Modell (1)<br />
Diskussion des Einflusses des Kontrollparameters b:<br />
• Die beiden besprochenen Fälle unterscheiden sich nur im Wert eines<br />
einzigen Parameters, b. Das hat aber qualitative Unterschiede im<br />
Systemverhalten zur Folge.<br />
• Systematische Untersuchung durch Konstruktion<br />
y<br />
eines<br />
Bifurkationsdiagramms.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 296
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Bifurkation im LV-Räuber-Beute Modell (2)<br />
Bifurkationsdiagramm für das besprochene System:<br />
Abszisse:<br />
Ordinate:<br />
Kontrollparameter b<br />
Charakteristische Werte von y<br />
- bei stabilem Gleichgewicht y [1 Punkt über b]<br />
- bei Grenzzyklus: y min<br />
<strong>und</strong> y max<br />
[2 Punkte über b]<br />
(Maximum <strong>und</strong> Minimum im eingeschwungenen Zustand)<br />
Empirische Konstruktion des Bifurkationsdiagramms:<br />
• In kleinen Schritten b erhöhen.<br />
• Simulation.<br />
• Je nach Ergebnis 1 oder 2 Punkte über b auftragen.<br />
• Interpolieren.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 297
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Bifurkation im LV-Räuber-Beute Modell (3)<br />
1,0<br />
,8<br />
,6<br />
Stabiles<br />
Gleichgewicht<br />
Grenzzyklus<br />
,4<br />
,2<br />
0,0<br />
0,0<br />
,2<br />
,4<br />
,6<br />
,8<br />
1,0<br />
1,2<br />
1,4<br />
1,6<br />
1,8<br />
2,0<br />
2,2<br />
2,4<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 298
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Bifurkation im LV-Räuber-Beute Modell (4)<br />
Warum gerade b als Kontrollparameter gewählt ?<br />
• Das Modell in seiner dimensionslosen Form hat 3 Parameter:<br />
• a: Bestimmt die Pro-Kopf-Fressrate der Räuber bei geringem<br />
Nahrungsangebot (x > 1): x&<br />
= ... − ( a / b) ⋅ y<br />
• d: Absterberate der Population der Räuber:<br />
y&<br />
=<br />
... − d<br />
⋅ y<br />
‣ Auszeichnung von b als Kontrollparameter bedeutet Untersuchung des<br />
Einflusses der Sättigung der Pro-Kopf-Fressrate der Räuber auf das<br />
Verhalten des 2-Populationen-Systems.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 299
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Bifurkation im LV-Räuber-Beute Modell (5)<br />
Untersuchung des lokalen Gleichgewichts in Abhängigkeit von b<br />
Vorgehen für gegebenes b:<br />
• Berechnen der Lage des stationären Zustandes<br />
• Berechnen der Jakobi-Matrix im stationären Zustand<br />
• Berechnen von Spur <strong>und</strong> Determinante der Jakobi-Matrix<br />
1<br />
• Berechnen der Eigenwerte λ<br />
1 1,2<br />
= tr ± tr<br />
2 − 4 ⋅ det<br />
2 2<br />
• Wenn beide Eigenwerte einen negativen Realteil haben, ist der<br />
stationäre Zustand lokal stabil, anderenfalls instabil.<br />
• Die Formel für die Eigenwerte zeigt, dass diese durch tr <strong>und</strong> det<br />
bestimmt sind.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 300
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Bifurkation im LV-Räuber-Beute Modell (6)<br />
Kritische Linien in der tr - det – Ebene (siehe weiter vorn):<br />
stabiler<br />
Fokus<br />
instabiler<br />
Fokus<br />
det<br />
stabiler Knoten<br />
instabiler Knoten<br />
tr<br />
Sattelpunkte<br />
Bei systematischer Variation von b kann der Punkt (tr(b), det(b)) eine der<br />
kritischen Linien passieren <strong>und</strong> damit eine Änderung des lokalen Stabilitätsverhaltens<br />
eintreten.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 301
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Grenzzyklus im LV-Räuber-Beute Modell (1)<br />
• Mit lokaler Stabilitätsanalyse kann man nichts über den Verlauf der<br />
Trajektorien weit ab von stationären Punkten sagen. So erscheint z.B.<br />
der Grenzzyklus im Beispiel als Überraschung.<br />
• Es gibt auch für die Untersuchung des globalen Systemverhaltens<br />
mathematische Hilfsmittel. Im Beispiel (System mit nur 2 abhängigen<br />
Variablen) hätte man durch Analyse des Phasenporträts <strong>und</strong> eines<br />
mathematischen Satzes das Auftreten des Grenzzyklus voraussagen<br />
können. Dies soll im Folgenden skizziert werden.<br />
dx = f<br />
dt<br />
( x ) (x 2 - dim Vektor) sei ein autonomes System<br />
• Eine Lösung des autonomen Systems mit dem Anfangswert x(0) = x 0<br />
werde mit ϕ ( x ) 0 ,t bezeichnet. Es ist also ϕ x , = x .<br />
( 0 0 ) 0<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 302
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Grenzzyklus im LV-Räuber-Beute Modell (2)<br />
• Die Lösung in die Differentialgleichung des autonomen Systems<br />
eingesetzt (<strong>und</strong> dabei den Index Null eingespart) ergibt:<br />
( )<br />
d<br />
dt<br />
ϕ<br />
ϕ<br />
( x,t<br />
) = f ( ϕ( x,t<br />
))<br />
( x,0<br />
) = x<br />
• In Worten: ϕ x,t ist eine Lösung der Dgl. <strong>und</strong> mit Anfangswert x.<br />
( )<br />
• ϕ x,t kann als Bewegung eines Partikels im Phasenraum mit der<br />
Anfangslage x aufgefasst werden.<br />
• Stationärer Punkt x:<br />
ϕ<br />
( x , t) = x für alle t<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 303
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Grenzzyklus im LV-Räuber-Beute Modell (3)<br />
• Periodischer Punkt:<br />
x ist periodischer Punkt mit der Periode T genau dann, wenn<br />
ϕ<br />
ϕ<br />
• Periodischer Orbit:<br />
( x,t<br />
+ T ) = ϕ( x,t<br />
)<br />
für alle t<br />
( x,t<br />
+ s) ≠ ϕ( x,t<br />
) für s mit 0 < s < T<br />
{ ( ) }<br />
Eine Kurve Γ = y | y = ϕ x,t<br />
,0 ≤ t < T heißt periodischer Orbit<br />
des autonomen Systems genau dann, wenn y ein periodischer<br />
Punkt mit der Periode T ist.<br />
(x : Anfangslage, y : Lage z.Zt. t )<br />
<strong>und</strong><br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 304
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Satz von Poincaré <strong>und</strong> Bendixson<br />
• Angenommen, eine Trajektorie durch einen Punkt x tritt in ein<br />
abgeschlossenes, beschränktes Gebiet D ein <strong>und</strong> verlässt es<br />
nicht wieder.<br />
• Weiter angenommen, in D liegen keine stabilen stationären<br />
Punkte.<br />
• Dann gibt es mindestens einen periodischen Orbit in D, <strong>und</strong> die<br />
Trajektorie kommt ihm beliebig nahe.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 305
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Modell (1)<br />
Modell von Hastings & Powell 1991: X Beute von Y; Y Beute von Z<br />
Modellgleichungen:<br />
dX<br />
dT<br />
dY<br />
dT<br />
dZ<br />
dT<br />
= R<br />
= C<br />
0<br />
A<br />
=<br />
B<br />
1<br />
1<br />
2<br />
⎛ ⋅ X ⋅ ⎜1<br />
−<br />
⎝<br />
⋅<br />
+<br />
X A<br />
⋅Y<br />
−<br />
X B<br />
A<br />
⋅<br />
B<br />
2<br />
2<br />
X<br />
K<br />
0<br />
2<br />
⎞<br />
⎟ − C<br />
⎠<br />
2<br />
⋅Y<br />
⋅ Z − D<br />
+ Y<br />
⋅Y<br />
⋅ Z − D1<br />
+ Y<br />
2<br />
1<br />
⋅ Z<br />
A<br />
⋅<br />
B<br />
1<br />
1<br />
⋅ X<br />
⋅Y<br />
+ X<br />
⋅Y<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 306
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Modell (2)<br />
Dimensionslose Modellgleichungen:<br />
Bezugsgröße<br />
Dimensionslose<br />
Größe<br />
Zeit :<br />
Pop. X :<br />
Pop. Y :<br />
Pop. Z :<br />
1<br />
R<br />
0<br />
X<br />
K<br />
K<br />
C<br />
0<br />
0<br />
1<br />
K0<br />
⋅C<br />
C<br />
1<br />
2<br />
t<br />
z<br />
x<br />
y<br />
=<br />
=<br />
R<br />
0<br />
X<br />
K<br />
C<br />
=<br />
K<br />
⋅T<br />
⋅Y<br />
C1<br />
=<br />
K ⋅C<br />
0<br />
0<br />
1<br />
0<br />
2<br />
⋅ Z<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 307
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Modell (3)<br />
Dimensionslose Modellgleichungen:<br />
a x<br />
x x ( 1 x)<br />
1 ⋅<br />
& = ⋅ − − ⋅ y<br />
1 + b1<br />
⋅ x<br />
(1)<br />
a x a y<br />
y<br />
1 ⋅<br />
y<br />
2 ⋅<br />
& = ⋅ − ⋅ z − d ⋅ y<br />
1 + b1<br />
⋅ x 1 + b2<br />
⋅ y<br />
(2)<br />
a y<br />
z<br />
2 ⋅<br />
& = ⋅ z − d2<br />
⋅ z<br />
1 + b ⋅ y<br />
(3)<br />
2<br />
wobei<br />
a<br />
b<br />
d<br />
1<br />
1<br />
1<br />
A<br />
=<br />
B<br />
1<br />
1<br />
K<br />
=<br />
B<br />
0<br />
1<br />
D<br />
=<br />
R<br />
1<br />
0<br />
⋅K<br />
⋅ R<br />
,<br />
,<br />
0<br />
0<br />
b<br />
d<br />
,<br />
2<br />
2<br />
a<br />
2<br />
2<br />
D<br />
=<br />
R<br />
=<br />
2<br />
0<br />
A<br />
2<br />
K<br />
=<br />
0<br />
B ⋅C<br />
1<br />
K0<br />
⋅C<br />
⋅<br />
2<br />
C ⋅ B ⋅R<br />
1<br />
2<br />
0<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 308
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Stationäre Zustände (1)<br />
Die Null-Isoklinen sind Flächen im dreidimensionalen Phasenraum:<br />
1) x&<br />
=<br />
0<br />
⇒<br />
⎡<br />
x ⋅ ⎢1<br />
−<br />
⎣<br />
x<br />
a1 ⎤<br />
− ⋅ y =<br />
1 + b1<br />
⋅ x<br />
⎥<br />
⎦<br />
0<br />
also<br />
x<br />
=<br />
0<br />
(1a)<br />
y-z - Ebene<br />
oder<br />
y<br />
=<br />
1<br />
a<br />
1<br />
⋅<br />
( 1 + b ⋅ x) ⋅ ( 1 − x) (1b)<br />
1<br />
Fläche, die durch<br />
Vertikalbewegung<br />
einer Parabel<br />
entsteht<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 309
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Stationäre Zustände (2)<br />
Die Null-Isoklinen sind Flächen im dreidimensionalen Phasenraum:<br />
⎡ a ⋅ x a z<br />
y 0 y<br />
2 ⋅ ⎤<br />
2) & = ⇒ ⋅ ⎢ − − d1<br />
1 b1<br />
x 1 b2<br />
y<br />
⎥<br />
⎣ + ⋅ + ⋅ ⎦<br />
1<br />
=<br />
0<br />
also<br />
y<br />
=<br />
0<br />
(2a)<br />
x-z - Ebene<br />
oder<br />
⎡ a1 ⋅ x a ⋅<br />
⎢ −<br />
2 z<br />
− d<br />
⎣1<br />
+ b1<br />
⋅ x 1 + b2<br />
⋅ y<br />
1<br />
⎤<br />
⎥<br />
⎦<br />
=<br />
0<br />
(2b)<br />
Fläche im<br />
Phasenraum<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 310
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Stationäre Zustände (3)<br />
Die Null-Isoklinen sind Flächen im dreidimensionalen Phasenraum:<br />
⎡ a ⋅ y ⎤<br />
3) z&<br />
= 0 ⇒ z ⋅ ⎢ − d2<br />
1 b2<br />
y<br />
⎥<br />
⎣ + ⋅ ⎦<br />
2<br />
=<br />
0<br />
also<br />
oder<br />
z = 0<br />
(3a) x-y - Ebene<br />
y<br />
=<br />
y*<br />
≡<br />
a<br />
d<br />
− d<br />
2<br />
⋅ b<br />
2 2 2<br />
2 > d2<br />
⋅ b<br />
Es sei a 2<br />
.<br />
(3b)<br />
Ebene parallel<br />
zur x-z - Ebene<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 311
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Stationäre Zustände (4)<br />
Stationäre Punkte (müssen erfüllen):<br />
• [(1a) oder (1b)] <strong>und</strong> [(2a) oder (2b)] <strong>und</strong> [(3a) oder (3b)]<br />
(1a):<br />
x = 0 ⇒ y - z - Ebene<br />
& (2a) : y = 0 ⇒ x - z - Ebene ⇒ z - Achse<br />
& (3a) : z = 0 x - y - Ebene ⇒ Koordinatenursprung<br />
( 0,0,0 )<br />
& (3b) : y = y * ⇒ für y* > 0<br />
nicht<br />
erfüllbar<br />
& (2b) :<br />
a2<br />
⋅ z<br />
= −d<br />
1 + b ⋅ y<br />
2<br />
1<br />
⇒<br />
Im 1. Oktanden nicht<br />
erfüllbar<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 312
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
(1b) :<br />
Nahrungskette: Stationäre Zustände (5)<br />
1<br />
a<br />
y = ⋅ 1<br />
1<br />
( 1 + b ⋅ x) ⋅ ( 1 − x)<br />
⇒ Parabelfläche<br />
& (2a) : y = 0 ⇒ x = 1 ⇒ Gerade parallel zur z - Achse<br />
& (3a) : z = 0 x - y - Ebene ⇒ ( 1,0,0 )<br />
& (3b) : y = y * ⇒ für y* > 0<br />
nicht<br />
erfüllbar<br />
a<br />
& (2b) :<br />
1 ⋅ x a2<br />
⋅ z<br />
− − d1<br />
= 0<br />
1 + b ⋅ x 1 + b ⋅ y<br />
1<br />
& (3a) : z = 0 mit (2b) ⇒ x<br />
2<br />
=<br />
x°<br />
≡<br />
a<br />
1<br />
d<br />
− d<br />
1<br />
1<br />
⋅ b<br />
1<br />
mit (1b) ⇒ y<br />
⇒<br />
( x°<br />
,y°,0<br />
)<br />
=<br />
y°<br />
≡<br />
1<br />
a<br />
1<br />
⋅<br />
( 1 − x°<br />
) ⋅ ( 1 + b ⋅ x°<br />
)<br />
1<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 313
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Stationäre Zustände (6)<br />
& (3b) :<br />
y<br />
= y* ≡<br />
a<br />
2<br />
d<br />
− d<br />
2<br />
2<br />
mit (1b) ⇒<br />
⋅ b<br />
2<br />
−<br />
( 1 − x) ⋅ ( 1 + b ⋅ x)<br />
1<br />
+ a<br />
1<br />
⋅ y* = 0<br />
Quadratische Gleichung, nur eine positive Lösung<br />
x<br />
=<br />
x*<br />
≡<br />
1<br />
2<br />
⎡<br />
⎢<br />
b1<br />
−1<br />
⋅ +<br />
⎢ b1<br />
⎣<br />
⎛ b1<br />
−1⎞<br />
⎜ ⎟<br />
⎝ b1<br />
⎠<br />
2<br />
1 − a y *<br />
4<br />
1 ⋅<br />
+ ⋅<br />
b<br />
1<br />
⎤<br />
⎥<br />
⎥<br />
⎦<br />
mit<br />
(2b)<br />
⇒<br />
z<br />
⇒<br />
=<br />
z*<br />
⎛ a1<br />
⋅ x *<br />
≡ ⎜<br />
⎝1<br />
+ b1<br />
⋅ x *<br />
( x*,y*,z * )<br />
− d<br />
1<br />
⎞ 1 + b<br />
⎟ ⋅<br />
⎠ a<br />
2<br />
2<br />
⋅ y *<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 314
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Phasenraumanalyse (1)<br />
• Nur der stationäre Zustand (x*, y*, z*) ist von Interesse;<br />
• 6 freie Parameter;<br />
• Gesichtspunkte zur Wahl von Zahlenbeispielen:<br />
– Wechselwirkung zwischen Y <strong>und</strong> Z sollte länger dauern (langsamer<br />
ablaufen) als zwischen X <strong>und</strong> Y:<br />
• d 1 >> d 2<br />
– Sowohl ohne Räuber Z (z = 0) als auch bei konstant gehaltener<br />
Beute (x = const., z.B. x = 1) sollten Grenzzyklen auftreten:<br />
• a 1 = 5,0 b 1 = 2,0 ... 6,2 d 1 = 0,4<br />
• a 2 = 0,1 b 2 = 2,0 d 2 = 0,01<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 315
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Phasenraumanalyse (2)<br />
‣ b 1 wird verändert (Kontrollparameter der Untersuchung):<br />
a) b 1<br />
= 2,0 : stat. Zust. (x*, y*, z*) stabil, stabiler Punktattraktor<br />
b) b 1<br />
= 2,3 : stat. Zust. (x*, y*, z*) instabil, stabiler Grenzzyklus<br />
c) b 1<br />
= 3,0 : stat. Zust. (x*, y*, z*) instabil, Chaos (Seltsamer Attraktor)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 316
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Phasenraumanalyse (3)<br />
a) b 1 = 2,0<br />
Trajektorie im Phasenraum<br />
x* = 0,75 y* = 0,125 z* = 13,75<br />
λ 1 = - 0,3466<br />
λ 2,3 = - 0,0167 ± i⋅0,1223<br />
• Stabiler stationärer Zustand<br />
• Stabiler Punktattraktor<br />
( xy , , z)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 317
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Phasenraumanalyse (4)<br />
2D - Projektionen<br />
1<br />
14<br />
y<br />
0.5<br />
z<br />
12<br />
0<br />
0 0.5 1<br />
x<br />
10<br />
0 0.5 1<br />
x<br />
14<br />
z<br />
12<br />
10<br />
0 0.2 0.4 0.6<br />
y<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 318
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Zeitverläufe<br />
Nahrungskette: Phasenraumanalyse (5)<br />
1<br />
14<br />
13<br />
x<br />
0.5<br />
z<br />
12<br />
0<br />
0 500 1000 1500 2000<br />
t<br />
11<br />
0 500 1000 1500 2000<br />
t<br />
0.6<br />
0.4<br />
y<br />
0.2<br />
0<br />
0 500 1000 1500 2000<br />
t<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 319
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Phasenraumanalyse (6)<br />
b) b 1 = 2,3<br />
Trajektorie im Phasenraum<br />
x* = 0,775 y* = 0,125 z* = 12,412<br />
λ 1 = - 0, 467<br />
λ 2,3 = - 0,0170 ± i⋅0,1020<br />
• Instabiler stationärer Zustand<br />
• Stabiler Grenzzyklus<br />
( xy , , z)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 320
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Phasenraumanalyse (7)<br />
2D - Projektionen<br />
y<br />
1<br />
0.5<br />
z<br />
14<br />
12<br />
10<br />
0<br />
0 0.5 1<br />
x<br />
8<br />
0 0.5 1<br />
x<br />
14<br />
z<br />
12<br />
10<br />
8<br />
0 0.2 0.4 0.6<br />
y<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 321
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Phasenraumanalyse (8)<br />
Zeitverläufe<br />
1<br />
13<br />
12<br />
x<br />
0.5<br />
z<br />
11<br />
10<br />
0<br />
0 500 1000 1500 2000<br />
t<br />
9<br />
0 500 1000 1500 2000<br />
t<br />
0.6<br />
0.4<br />
y<br />
0.2<br />
0<br />
0 500 1000 1500 2000<br />
t<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 322
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Phasenraumanalyse (9)<br />
c) b 1 = 3,0<br />
Trajektorie im Phasenraum<br />
x* = 0,819 y* = 0,125 z* = 9,808<br />
λ 1 = - 0, 6112<br />
λ 2,3 = - 0,03869 ± i⋅0,0748<br />
• Instabiler stationärer Zustand<br />
• Chaos (Seltsamer Attraktor)<br />
( xy , , z)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 323
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Phasenraumanalyse (10)<br />
2D - Projektionen<br />
1<br />
12<br />
y<br />
0.5<br />
z<br />
10<br />
8<br />
0<br />
0 0.5 1<br />
x<br />
6<br />
0 0.5 1<br />
x<br />
12<br />
z<br />
10<br />
8<br />
6<br />
0 0.2 0.4 0.6<br />
y<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 324
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Zeitverläufe<br />
Nahrungskette: Phasenraumanalyse (11)<br />
1<br />
11<br />
10<br />
x<br />
0.5<br />
z<br />
9<br />
8<br />
0<br />
0 500 1000 1500 2000 2500<br />
t<br />
7<br />
0 500 1000 1500 2000 2500<br />
t<br />
0.6<br />
0.4<br />
y<br />
0.2<br />
0<br />
0 500 1000 1500 2000 2500<br />
t<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 325
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Chaos (1)<br />
Konsequenz des Auftretens von Chaos:<br />
• Keine Vorhersagbarkeit der Entwicklung des Systems für<br />
größere Zeitspannen, da stets gewisse Unsicherheit bezüglich<br />
der Kenntnis der Anfangsbedingungen.<br />
• Beispiel: Vergleich von zwei Zeitverläufen x(t), die sich nur bei<br />
x 0 um 0,01 unterscheiden, also gleiches y 0 <strong>und</strong> z 0 haben.<br />
1<br />
x<br />
x1<br />
0.5<br />
0<br />
0 100 200 300 400<br />
t<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 326
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Chaos (2)<br />
• Charakter der Lösung ist empfindlich abhängig vom Wert<br />
einzelner Parameter. Dies zeigen Bifurkationsdiagramme.<br />
• Beispiel:<br />
Für das untersuchte Modell einer Nahrungskette Darstellung<br />
von z max in Abhängigkeit von b 1 :<br />
- b 1 in Schritten von 0,01 ändern.<br />
- Numerische Lösung für jeden Wert.<br />
- Warten bis Attraktor erreicht ist, dann Maxima von z<br />
bestimmen <strong>und</strong> als Punkte über dem Wert von b 1<br />
auftragen.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 327
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Chaos (3)<br />
• Auch transientes Verhalten (Verhalten vom Start bis zum<br />
Einmünden ins Chaos) kann interessant sein.<br />
Beispiel:<br />
- Das untersuchte Modell einer Nahrungskette mit b 1 = 6,0 <strong>und</strong><br />
folgendem Anfangszustand: Am Anfang (fast) nur Beute <strong>und</strong><br />
(fast) keine Räuber (x 0 = 0,10; y 0 = 0,01; z 0 = 0,50).<br />
- Es sind mehrere Episoden zu beobachten:<br />
- Logistisches Wachstum von x (mit exponentiellem Start)<br />
-x–y– Zyklen<br />
- x–y – Zyklen <strong>und</strong> Aufschaukeln von z<br />
- Chaos<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 328
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Chaos (4)<br />
1<br />
Beute<br />
x<br />
0.5<br />
0<br />
0 500 1000 1500 2000 2500<br />
t<br />
1<br />
Räuber 1<br />
6<br />
Räuber 2<br />
4<br />
y<br />
0.5<br />
z<br />
2<br />
0<br />
0 500 1000 1500 2000 2500<br />
t<br />
0<br />
0 500 1000 1500 2000 2500<br />
t<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 329
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Nahrungskette: Chaos (5)<br />
1<br />
Beute, anfänglicher Zeitverlauf<br />
1<br />
Beute, anfängl. Zeitverlauf (halblog.)<br />
x<br />
0.5<br />
x<br />
0<br />
0 2 4 6 8 10<br />
t<br />
0.1<br />
0 2 4 6 8 10<br />
t<br />
1<br />
Zyklen zu Beginn<br />
x<br />
y<br />
z<br />
0.5<br />
0<br />
0 20 40 60 80 100<br />
t<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 330
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Multi-Spezies Populationen (1)<br />
(Abschnitt basiert auf Kap. 6.4, Edelstein-Keshet, Mathematical Models in<br />
Biology, Birkhäuser Mathematics Series, McGraw-Hill Inc., Boston, 1988)<br />
• Bisher nur Betrachtung von <strong>Systeme</strong>n mit zwei oder drei Spezies;<br />
• Obwohl die vorgestellten Methoden prinzipiell auch für höherdimensionale<br />
<strong>Systeme</strong> angewandt werden können, gibt es bei der analytischen<br />
Behandlung oft Probleme (z.B. Lösung der charakteristischen Gleichungen,<br />
welche hier im allgemeinen Polynome vom Grad n > 3 sind).<br />
• Es ist allerdings möglich Kriterien anzugeben, welche ohne explizte<br />
Lösung der charakteristischen Gleichung (Bestimmung der Eigenwerte)<br />
Aussagen über die Stabilität der stationären Zustande zulassen.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 331
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Multi-Spezies Populationen (2)<br />
Betrachte nunmehr allgemeines k-dim. Gleichungssystem:<br />
dN 1<br />
dt<br />
dN 2<br />
dt<br />
dN k<br />
dt<br />
= f 1 (N 1 ,N 2 , ...,N k ),<br />
= f 2 (N 1 ,N 2 , ...,N k ),<br />
.<br />
= f k (N 1 , N 2 ,...,N k ),<br />
bzw. in Vektor-/Matrixschreibweise<br />
dN<br />
dt = F(N), für N = (N 1, N 2 , ...,N k ),F = (f 1 ,f 2 , ...,f k ). (108)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 332
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Multi-Spezies Populationen (3)<br />
• Bestimmung der stationären Zustände ¯N mittels dN<br />
dt<br />
= 0, d.h. die Punkte<br />
¯N = (N 1 , N 2 ,...,N k ) erfüllen die Bedingung d¯N<br />
dt = 0.<br />
• Weiterhin Betrachtung der Jakobi-Matrix an diesen Punkten, d.h.<br />
J = ∂F<br />
∂N (¯N), d.h. J =<br />
⎛<br />
⎜<br />
⎝<br />
∂f 1<br />
∂N 1<br />
∂f 1<br />
.<br />
∂f k<br />
∂N 1<br />
∂N 2<br />
...<br />
∂f k<br />
∂N 2<br />
...<br />
∂f 1<br />
∂N k<br />
∂f k<br />
∂N k<br />
J wird in der Populationbiology oft als community matrix bezeichnet.<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
¯N<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 333
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Stabilität in Multi-Species Populationen (1)<br />
• Die Eigenwerte der Matrix J erhält man aus Lösung der charakt. Gleichung<br />
det(J − λI) = 0; d.h. die λ müssen folgende Gleichung erfüllen<br />
λ k + a 1 λ k−1 + a 2 λ k−2 + · · · + a k = 0. (109)<br />
• Die charakt. Gleichung ist im allgemeinen ein Polynom vom Grad k, wobei<br />
k der Anzahl der interagierenden Spezies entspricht.<br />
• Veranschaulichung für k = 3 (→ Übung):<br />
⎛<br />
det⎝ a − λ b c<br />
d e − λ f<br />
g h i − λ<br />
⎞<br />
⎠<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 334
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Stabilität in Multi-Species Populationen (2)<br />
Obwohl es im allgemeinen schwierig ist, alle Eigenwerte explizit zu bestimmen,<br />
so kann man oft dennoch etwas über ihre Größenordnung erfahren:<br />
• λ 1 ,λ 2 , ...,λ k seinen Eigenwerte des linearisierten Systems dN<br />
dt = J · N.<br />
• Stationärer Zustand stabil, wenn alle Realteile der Eigenwerte negative.<br />
• Populationgröße in der Nähe stationärer Punkte:<br />
N i = ¯N i + a 1 e λ 1t + a 2 e λ 2t + · · ·a k e λ kt .<br />
• Wenn einer oder mehrere λ i eine Realteil > 0 aufweisen, würde eine<br />
Störung N i − ¯N i mit der Zeit wachsen, was die Instabilität von ¯N i bedeutet.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 335
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Stabilität in Multi-Species Populationen (3)<br />
• Die Prüfung der Stabilität eines stationären Punktes kann also auf der<br />
Basis einer Vorzeichenprüfung der Eigenwerts-Realteile erfolgen.<br />
• Diese erfordert nicht zwingend die explizite Bestimmung der Eigenwerte.<br />
• Für den Fall n = 2 konnten Stabilitätsbedingungen basierend auf den<br />
Größen β <strong>und</strong> γ (d.h. Spur <strong>und</strong> Determinante der Jakobiematrix, siehe<br />
weiter vorn) formuliert werden.<br />
• Diese Bedingungen können verallgemeinert werden <strong>und</strong> sind für den Fall<br />
k > 2 als sogenannte Routh-Hurwitz Kriterien bekannt.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 336
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Die Routh-Hurwitz Kriterien (1)<br />
Basierend auf charakt. Gleichung (109) definiere folgenden k Matrizen:<br />
H 1 = (a 1 ), H 2 =<br />
( )<br />
a1 1<br />
, H<br />
a 3 a 3 =<br />
2<br />
⎛<br />
⎝ a ⎞<br />
1 1 0<br />
a 3 a 2 a 1<br />
⎠ ,...<br />
a 5 a 4 a 3<br />
H k =<br />
⎛<br />
⎜<br />
⎝<br />
⎞<br />
a 1 1 0 0 · · · 0<br />
a 3 a 2 a 1 1 · · · 0<br />
a 5 a 4 a 3 a 2 · · · 0<br />
⎟<br />
.<br />
⎠ .<br />
0 0 0 0 · · · a k<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 337
k = 3 : a 1 > 0, a 3 > 0, a 1 a 2 > a 3<br />
(110)<br />
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Die Routh-Hurwitz Kriterien (3)<br />
Satz (Routh-Hurwitz Kriterien):<br />
Alle Eigenwerte der zugehörigen Jakobimatrix haben negative Realteile<br />
(d.h. der stationäre Zustand ¯N ist stabil) genau dann, wenn die Determinanten<br />
aller Hurwitz-Matrizen positive sind, d.h.<br />
detH j > 0<br />
(j = 1,2, . ..,k).<br />
Spezialfälle der Routh-Hurwitz Kriterien für k = 2,3:<br />
k = 2 : a 1 > 0, a 2 > 0;<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 338
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Beispiel: Routh-Hurwitz Kriterien (1)<br />
• Betrachte System mit Räuber x, sowie 2 Beutespezies y <strong>und</strong> z.<br />
• z wächts logistisch <strong>und</strong> y wächts exponentiell, wenn keine Räuber vorhanden;<br />
x stirbt aus, wenn keine Beute vorhanden;<br />
dx<br />
dt<br />
dy<br />
dt<br />
dz<br />
dt<br />
= α(xz) + β(xy) − γx<br />
= δ(y) + ǫ(xy)<br />
= µz(ν − z) − χ(xz) (111)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 339
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Beispiel: Routh-Hurwitz Kriterien (2)<br />
Die Lösung der Gleichungen<br />
0 = α(xz) + β(xy) − γx<br />
0 = δ(y) + ǫ(xy)<br />
0 = µz(ν − z) − χ(xz)<br />
liefert neben dem trivialen stationären Zustand (x, y, z) = (0,0, 0) den folgenden<br />
nichttrivialen stationären Zustand<br />
¯x = δ χ<br />
, ȳ = γ − α¯z, ¯z = ν −<br />
ǫ µ¯x<br />
Biologisch sinnvoll ist dieser für γ > α¯z <strong>und</strong> ν > χ µ¯x.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 340
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Beispiel: Routh-Hurwitz Kriterien (3)<br />
Bestimmung der Jakobimatrix:<br />
J =<br />
⎛<br />
⎝<br />
α¯z + βȳ − γ β¯x α¯x<br />
−ǫȳ δ − ǫ¯x 0<br />
−χ¯z 0 µν − 2µ¯z − χ¯x<br />
⎞<br />
⎠<br />
Auswertung für nichttrivialen statiönären Zustand:<br />
J =<br />
⎛<br />
⎝<br />
0 β¯x α¯x<br />
−ǫȳ 0 0<br />
−χ¯z 0 −µ¯z<br />
⎞<br />
⎠<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 341
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Beispiel: Routh-Hurwitz Kriterien (4)<br />
Lösung der charakteristischen Gleichung<br />
det(J − λI) = 0<br />
liefert nach etwas Algebra (→ Übung)<br />
λ 3 + a 1 λ 2 + a 2 λ + a 3 = 0<br />
mit<br />
a 1<br />
a 2<br />
a 3<br />
= µ¯z<br />
= ǫβ¯xȳ + χα¯x¯z<br />
= µǫβ¯xȳ¯z.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 342
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Beispiel: Routh-Hurwitz Kriterien (4)<br />
Prüfung der drei Routh-Hurwitz Kriterien für den Fall k = 3:<br />
1. a 1 > 0, da a 1 = µ¯z positiv.<br />
1. a 1 > 0, 2. a 3 > 0, 3. a 1 a 2 > a 3 .<br />
2. a 3 > 0, da a 3 = µǫβ¯xȳ¯z positiv.<br />
3. a 1 a 2 = µ¯z(ǫβ¯xȳ + χα¯x¯z). Dies ist größer als a 3 = µǫβ¯xȳ¯z, da χαµ¯x¯z 2<br />
positiv.<br />
⇒ Damit ist der stationäre Zustand stabil.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 343
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitative Stabilität (1)<br />
• Obwohl einfacher als eine explizite Berechnung der Eigenwerte, so sind<br />
auch die Routh-Hurwitz Kriterien für <strong>Systeme</strong> mit fünf <strong>und</strong> mehr Spezies<br />
eher schwierig auszuwerten.<br />
• Deshalb Vorstellung eines qualitativen Verfahrens, welches die lokale<br />
Stabilität großer <strong>Systeme</strong> mit geringen (oder keinem) Rechenaufwand<br />
analysieren kann.<br />
• Die Methode der qualitativen Stabilitätsanalyse wurde ursprünglich für<br />
große ökonomische <strong>Systeme</strong>, bei den keine quantitativen sondern nun<br />
qualitative Information über die Interaktionen von Spezies oder Teilsystemen<br />
vorliegen, entwickelt.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 344
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitative Stabilität (2)<br />
• Da keine quantitativen Beziehungen bekannt sind, gibt es auch keine<br />
Kenntnis der funktionalen Beziehungen, wie sie in den bisherigen Gleichungssystemen<br />
auftraten.<br />
• Allerdings können auch qualitative Informationen (z.B. ”wer frisst wen”)<br />
genutzt werden.<br />
• Diese qualitativen Beziehungen zwischen Spezies drücken sich in den<br />
Vorzeichenmustern der partiellen Ableitungen (Jakobimatrix) der oben<br />
genannten funktionalen Beziehungen aus.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 345
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitative Stabilität (3)<br />
• Zwei Möglichkeiten diese qualitativen Informationen zu repräsentieren:<br />
1. Symbole: +, 0 <strong>und</strong> − werden entsprechenden (i, j)-Postitionen der Jakobimatrix<br />
zugeordnet.<br />
2. Repräsentation der Beziehungen zwischen Spezies als gerichteten<br />
Graph. Knoten: Spezies; Kanten: positive bzw. negative Interaktionen.<br />
• Wenn allein aufgr<strong>und</strong> der Graphenstruktur / des Vorzeichenmusters auf<br />
Stabilität zu schließen ist, so nennt man das System qualitativ stabil.<br />
• System, welche qualitativ stabil sind, sind es auch im bisherigen Sinne.<br />
Die Umkehrung gilt nicht. System die nicht qualitativ stabil sind, können<br />
dennoch (unter bestimmten Bedingungen) stabil sein.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 346
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitative Stabilität (4)<br />
Die folgenden fünf Punkte wurden von Quirk <strong>und</strong> Ruppert (1965) bzw. May<br />
(1973) als Bedingungen für qualitative Stabilität formuliert. Mit Q sei Vorzeichenmatrix<br />
sign(J) mit Elementen a ij bezeichnet.<br />
1. a ii ≤ 0 für alle i<br />
2. a ii < 0 für mindestes ein i<br />
3. a ij a ji ≤ 0 für alle i ≠ j<br />
4. a ij a jk · · · a qr a ri = 0 ∀ Folgen von ≥ 3 untersch. Indizes i, j,k, . ..,q, r.<br />
5. detQ ≠ 0.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 347
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Interpretation dieser Bedingungen<br />
Qualitative Stabilität (5)<br />
1. Keine der Spezies weist eine autoregulatives positives Feedback auf;<br />
2. Mindestens eine Spezies ist selbst-regulatorisch (negatives Feedback);<br />
3. Die Mitglieder von je zwei interagierenden Spezies wirken in unterschiedlicher<br />
Richtung aufeinander ein;<br />
4. Es gibt keine geschlossenen Zyklen zwischen drei <strong>und</strong> mehr Spezies;<br />
5. Es gibt keine Spezies, welche keinelei Interaktion mit sich oder anderen<br />
Spezies hat.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 348
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Qualitative Stabilität (6)<br />
Im Bezug auf die gerichteten Graphen, welche die Interaktionen der verschiedenen<br />
Spezies beschreiben, müssen zur Erfüllung der Stabilitätskriterien<br />
die folgenden Eigenschaften geprüft werden:<br />
1. Keine ”+” Schleifen einer einzelnen Spezies;<br />
2. Mindestens eine ”-” Schleife an irgendeiner Spezies;<br />
3. Kein Paar von gleichbesetzten (+ oder -) Kanten zwischen zwei Spezies;<br />
4. Keine Zyklen die drei oder mehr Spezien verbinden;<br />
5. Kein Knoten, der keine Input-Kante aufweist.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 349
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Beispiel 1: Qualitative Stabilität<br />
Betrachte 3-Spezies-System aus Gleichungen (111). Vorzeichenmatrix ist<br />
geben mit<br />
⎡<br />
Q = ⎣ 0 + +<br />
⎤<br />
− 0 0 ⎦<br />
− 0 −<br />
Der zugehörige Graph ist:<br />
+<br />
1<br />
−<br />
2<br />
−<br />
+<br />
3<br />
−<br />
⇒ Kriterien 1-5 erfüllt, d.h. qualitative stabil.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 350
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Beispiel 2: Qualitative Stabilität<br />
Betrachte System mit 3 Parasiten (P 1 ,P 2 , P 3 ) welche einen Wirt in 3 aufeinanderfolgenden<br />
Lebensphasen (H 1 , H 2 ,H 3 ) befallen. Wirte der Phase H 3<br />
bringen neue Wirte der Phase H 1 hervor. Anwesenheit der jeweiligen Wirte<br />
beeinflusst Parasitenwachstum positiv <strong>und</strong> umgekehrt. Weiterhin gibt es<br />
Selbstbeschränkung des Wachstums der Wirte. Der zugehörige Graph ist:<br />
−<br />
+<br />
−<br />
+ +<br />
H1 H2 H3<br />
+ − + +<br />
− −<br />
−<br />
P1<br />
P2<br />
P3<br />
⇒ Kriterien 1,2,3,5 erfüllt, aber Kriterium 4 nicht; d.h. nicht qualitative stabil.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 351
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
”Color test” (1)<br />
• Die aufgeführten Kriterien qualitativer Stabilität können neutrale Stabilität<br />
(z.B. Lotka-Volterra-Zyklen) <strong>und</strong> asymptotische Stabilität (stabiler Knoten/Fokus)<br />
nicht unterscheiden.<br />
• D.h. die Kriterien sind notwenig aber nicht hinreichend, dass die Spezies<br />
in einem konstanten Zustand koexistieren.<br />
• Formulierung von Zusatzbedingungen ( Jeffries, 1974: ”color test”), welche<br />
das Kriterium 2 ersetzten. Dazu Definition zweier Begriffe:<br />
– Predation link: Ein Spezies-Paar, welche durch eine ”+” <strong>und</strong> eine ”-”<br />
Kante verb<strong>und</strong>en sind;<br />
– Predation community: Subgraph, bestehend aus verb<strong>und</strong>enen Predation<br />
links;<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 352
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
”Color test” (2)<br />
• Wenn man weiterhin eine Spezies, welche mit keiner anderen durch<br />
einen predation link verb<strong>und</strong>en ist, als triviale predation community bezeichnet,<br />
dann kann jeder Graph in eine Menge einzelner predation communities<br />
zerlegt werden.<br />
• In den zwei gezeigten Beispielen wären dies:<br />
– Beispiel 1: {1, 2, 3}<br />
– Beispiel 2: {H1, P1}, {H2,P2}, {H3, P3}<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 353
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
”Color test” (3)<br />
• Eine predation community erfüllt den ”color test”, wenn es möglich ist<br />
jeden ihrer Knoten nach folgendem Schema farblich zu kodieren:<br />
1. Selbst-regulierte Knoten sind schwarz.<br />
2. Es gibt mindestens einen weißen Knoten.<br />
3. Jeder weiße Knoten ist mittels eines predation links mit mindestens<br />
einem anderen weißem Knoten verb<strong>und</strong>en.<br />
4. Jeder schwarze Knoten, der mittels eines predation links mit einem<br />
weißen Knoten verb<strong>und</strong>en ist, ist außerdem noch mit einem andern<br />
weißen Knoten mittels predation link verb<strong>und</strong>en.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 354
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
”Color test” (4)<br />
Satz(Jeffries, 1974):<br />
Wenn ein System die Punkte 1,3,4 <strong>und</strong> 5 der original Quirk-Ruppert Bedingungen<br />
für qualitative Stabilität erfüllt <strong>und</strong> darüber hinaus nur aus predation<br />
communities besteht, die den color test nicht erfüllen, ist es auch<br />
asymptotisch stabil.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 355
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Populationsdynamik<br />
Beispiel: ”Color test”<br />
2<br />
+<br />
−<br />
1<br />
Wie vorn gezeigt, erfüllt Beispielgraph alle 5 Quirk-Ruppert Bedingungen;<br />
damit auch Bedingung 1,3,4,5. Allerdings ist Bedingung 4 des ”color tests”<br />
für einzig vorhandene predation community nicht erfüllt: Schwarzer Knoten<br />
ist nur mit einem weißen Knoten mittels predation link verb<strong>und</strong>en.<br />
⇒ Damit ist Beispielsystem nicht nur qualitativ, sondern auch asymptotisch<br />
stabil, d.h. es existiert stabiler Fixpunkt; stabile Oszillationen können ausgeschlossen<br />
werden.<br />
+<br />
−<br />
3<br />
−<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 356
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Epidemiemodelle: Einführung (1)<br />
Im Folgenden: Beschreibung der Ausbreitung von ansteckenden Krankheiten<br />
mit Hilfe von Differentialgleichungsmodellen:<br />
• Basierend auf Kapitel 6.6, L. Edelstein-Keshet: Mathematical Models in<br />
Biology sowie Kaptiel 19, J.D. Murray: Mathematical Biology, Springer<br />
Verlag<br />
• Beschränkung auf einfachste Modell, d.h. keine Voraussetzung homogener<br />
Populationen (keine Betrachtung von z.B. räumlichen oder sozialen<br />
Strukturen)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 357
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Epidemiemodelle: Einführung (2)<br />
• Es werden im allgemeinen zwei Kategorien infektiöser Krankheiten unterschieden:<br />
mikro-parasitäre <strong>und</strong> makro-parasitäre.<br />
• Mikro-parasitär: verursacht von Bakterien <strong>und</strong> Viren<br />
• Makro-parasitär: verursacht von Parasiten wie z.B. Würmern<br />
• Hauptunterschied: Vermehrung von Bakterien <strong>und</strong> Viren innerhalb des<br />
Wirtes wobei ein Übertragung meist direkt erfolgt; Lebenszyklus der Parasiten<br />
meist komplexer (z.B. sek<strong>und</strong>ärer Wirt, Zwischenwirt, etc.)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 358
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Epidemieausbreitung als Räuber-Beute Modell (1)<br />
Ausgehend von bisheriger Betrachtungsweise betrachte folgendes Modell:<br />
x = [α − g(y)]x,<br />
y = βxy − γy.<br />
• x... Population betroffener Individuen (z.B. Menschen)<br />
• y ... Virenpopulation<br />
• α . .. Geburtsrate (Menschen)<br />
• γ ... Sterblichkeit aufgr<strong>und</strong> viraler Infektion<br />
• β ... Reproduktionsrate der Viren (abh. von x)<br />
• γ ... ”Sterblichkeit” der Viren<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 359
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Epidemieausbreitung als Räuber-Beute Modell<br />
• Interpretation von Viren als ”Räuber” <strong>und</strong> Menschen als ”Beute”;<br />
• Diese Interpretation ist in mehrerer Hinsicht problematisch:<br />
– Wirkliche Größe der Virenpopulation nicht bestimmbar;<br />
– Selbst wenn diese Größe bekannt wäre, kommt es nicht auf sie, sondern<br />
auf die Verteilung der Viren im Bezug auf Menschen an.<br />
– Desweiteren geht das Modell davon aus, dass Viren sich frei bewegen<br />
<strong>und</strong> zufällig mit Menschen zusammentreffen; dies trifft nicht zu, da Ansteckung<br />
meist durch Kontakt (Nähe) von infizierten Individuen erfolgt.<br />
⇒ Notwendigkeit eines anderen Modellansatzes!<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 360
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
”SIR-like” Modelle: Idee<br />
• Betrachtung von Untergruppen der Wirtspopulation bezogen auf ihren<br />
Krankheitsstatus:<br />
– S: Individuen unter Risiko einer Infektion (susceptibles)<br />
– I: Infizierte Individuen (infectives)<br />
– R: Immunisierte oder tote Individuen (removed individuals)<br />
• Bezogen auf die Krankheitsdynamik (Latenzzeiten, Krankheitsdauer,<br />
etc.) kann es ggf. notwendig sein auch die Lebens- <strong>und</strong> Reproduktionszyklen<br />
der Wirte mit in das Model einzubeziehen.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 361
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
”SIR-like” Modelle: Überblick (1)<br />
γ<br />
β ν<br />
β<br />
ν<br />
S I R S I R<br />
(a)<br />
(b)<br />
δN<br />
S<br />
β<br />
γ<br />
ν<br />
δN<br />
β<br />
I R S I<br />
γ<br />
δ<br />
δ δ δ δ<br />
(c)<br />
(d)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 362
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
”SIR-like” Modelle: Überblick (2)<br />
• Die in der Überblicksgrafik dargestellten Modelle weisen große Ähnlichkeit<br />
mit bereits betrachteten Compartment-Modellen auf.<br />
• Allerdings: Notwendigkeit der Nähe / des Kontakts von Individuen bei Infektion<br />
⇒ Übergangsrate von S nach I ist proportional zum Zusammentreffen<br />
von infizierten <strong>und</strong> suszeptiblen Individuen, d.h. βSI.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 363
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
SIR-Modell (1)<br />
SIR-Modell nach Kermack / MacKendrick:<br />
dS<br />
dt<br />
dI<br />
dt<br />
dR<br />
dt<br />
= −βSI (112)<br />
= βSI − νI (113)<br />
= νI (114)<br />
• Beachte: Gesamtpopulation N = S + I + R ist konstant;<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 364
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
SIR-Modell (2)<br />
• Trotz der Nichtlinearität<br />
des System bestimmten<br />
Kermack/MacKendrick eine<br />
approximative Lösung der<br />
”removal rate” (dR/dt) als<br />
Funktion der Zeit, welche<br />
reale Daten einer Pestepidemie<br />
(Bombay, 1906) gut<br />
erklärt.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 365
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
SIRS-Modell (1)<br />
• Neben der (eher komplizierten) analytischen Behandlung, bieten sich<br />
früher behandelte qualitative Verfahren zu Analyse des System an.<br />
• Diese Methoden werden im folgenden für ein allgemeineres Modell<br />
(SIRS), welches auch den Fall transienter Immunität beinhaltet, vorgestellt.<br />
• Beim SIRS Modell nimmt man einen Zustrom von Individuen aus dem R<br />
in das S Kompartiment an, welcher proportional zur Population in R ist.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 366
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
SIRS-Modell (2)<br />
dS<br />
dt<br />
dI<br />
dt<br />
dR<br />
dt<br />
= −βSI + γR<br />
= βSI − νI<br />
= νI − γR (115)<br />
Mit stationären Zuständen:<br />
(1) S 1 = N, Ī 1 = 0, ¯R 1 = 0;<br />
(2) ¯S 2 = ν β , Ī 2 = γ N − ¯S 2<br />
ν + γ ,<br />
¯R 2 = νĪ2<br />
γ<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 367
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
SIRS-Modell (3)<br />
• Im Fall (1) ist die gesamte Population ges<strong>und</strong> (aber suszeptibel) <strong>und</strong> die<br />
Krankheit ist nicht existent (keine Infizierten).<br />
• Im Fall (2) gibt es einen konstanten Anteil von infizierten <strong>und</strong> suszeptiblen<br />
Personen.<br />
– Hierbei muss N > ¯S 2 gelten (da Ī 2 > 0).<br />
– Da ¯S 2 = ν β führt dies auf: Nβ<br />
ν > 1.<br />
• Dieser wichtige Schwellenwert-Effekt wurde von Kermack <strong>und</strong> McKendrick<br />
erstmals beschrieben: Die Population muss eine bestimmte Größe<br />
überschreiten, damit eine Infektion endemisch werden kann.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 368
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
• Das Verhältnis β ν<br />
SIRS-Modell (4)<br />
hat folgenden Bedeutung:<br />
– 1 ν<br />
ist die durchschnittliche Dauer der Infektion ist (ν ist die removal rate<br />
der Infizierten, gemessen in 1<br />
Zeit ).<br />
– Daher β ν<br />
ist der Anteil der Population, welcher innerhalb der Infektiösität<br />
mit einem infizierten Individuum in Kontakt kommt.<br />
• Die Größe R 0 = Nβ<br />
ν<br />
number) bezeichnet:<br />
wird als Infektions-Kontakt-Zahl (infection contact<br />
– R 0 representiert die durchschnittliche Zahl von sek<strong>und</strong>ären Infektionen,<br />
wenn ein einzelnes infiziertes Inividuum in eine Population mit N<br />
Suszeptiblen gebracht wird.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 369
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
SIRS-Modell (5)<br />
• Zur weiteren Analyse nutzen wir die Bedingung N = S + I + R = const.<br />
• Damit kann R = N − S − I im System (115) eliminiert werden.<br />
• Die Gleichungen für S <strong>und</strong> I sind nunmehr:<br />
dS<br />
def<br />
= −βSI + γ(N − S − I) ≡ F(S,I)<br />
dt<br />
(116)<br />
dI<br />
dt = βSI + νI def<br />
≡ G(S,I) (117)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 370
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
SIRS-Modell (6)<br />
Berechnung der Nullklinen:<br />
G(S, I) = 0 ⇒ I = 0 oder S = ν β<br />
F(S,I) = 0 ⇒ βSI = γ(N − S − I) bzw. I = γ(N−S)<br />
βS+γ<br />
0 20 40 60 80 100 120<br />
I<br />
0 20 40 60 80 100 120<br />
S<br />
Beispielparameter: N = 100, β = 0.05, γ = 1, ν = 2 ⇒ R 0 = 2.5<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 371
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
SIRS-Modell (7)<br />
Stationäre Zustände:<br />
( ¯S 1 , Ī 1 ) = (N, 0); ( ¯S 2 ,Ī 2 ) = ( ν β , N − (ν/β) ).<br />
ν + γ<br />
Jakobimatrix:<br />
J =<br />
( )<br />
FS F I<br />
G S G I<br />
=<br />
( −(βĪ + γ) −(β ¯S + γ)<br />
βĪ β ¯S − ν<br />
)<br />
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<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Stabilität:<br />
Für ( ¯S 1 , Ī1) : J| (¯S 1 ,Ī 1 ) =<br />
SIRS-Modell (8)<br />
(<br />
−γ −(βN + γ)<br />
0 βN − ν<br />
)<br />
⇒ nur stabil, wenn Schwellwertbedingung βN > ν (siehe vorn) nicht erfüllt.<br />
( )<br />
−(βĪ2 + γ) −(β ¯S<br />
Für ( ¯S 2 , Ī 2 ) : J| (¯S 2 ,Ī 2 ) =<br />
2 + γ)<br />
βĪ2 β ¯S 2 − ν<br />
detJ = βĪ2(ν + γ) > 0<br />
trJ = −(βĪ2 + γ) < 0<br />
⇒ stabil, wann immer ( ¯S 2 ,Ī2) existiert, d.h. für βN > ν .<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 373
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
”SIR-like” Modelle: Überblick<br />
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<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Beispiel: AIDS (1)<br />
(Beispiel basiert auf Kapitel 19.4 aus J.D. Murray: Mathematical Biology,<br />
Springer Verlag)<br />
• AIDS wird vom HI(human immunodeficiency)-Virus verursacht.<br />
• Einer HIV-Positivität folgt die AIDS-Erkrankung mit gewisser, unbekannter<br />
Latenz-Zeit (wenige Monate bis mehrere Jahre).<br />
• Die Größe der HIV-positiven Population ist nur schwer abschätzbar.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 375
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Beispiel: AIDS (2)<br />
Modellansatz zur Behandlung der zeitlichen Entwicklung der Krankheit zwischen<br />
Infizierten (HIV-positiv) <strong>und</strong> Erkrankten (AIDS):<br />
• Betrachte Population in der alle Individuen zum Zeitpunkt t = 0 HIVpositiv<br />
sind.<br />
• y(t) bezeichne den Anteil von AIDS-Erkrankten zur Zeit t.<br />
• x(t) bezeichne den Anteil von HIV-positiv Nichterkrankten zur Zeit t.<br />
• Daher: x(t) = 1 − y(t).<br />
• Mit v(t) sei die Rate des Übergangs von HIV-positiv zu AIDS.<br />
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<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Beispiel: AIDS (3)<br />
Modelgleichungen zu diesem einfachen Modellansatz:<br />
dx<br />
dt = −v(t)x,<br />
dy<br />
dt = v(t)x<br />
mit Anfangsbedingungen<br />
x(0) = 1, y(0) = 0.<br />
Hierbei ist x + y = 1.<br />
Dieser Ansatz geht davon aus, dass alle HIV-Positiven auch AIDS entwickeln.<br />
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<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Beispiel: AIDS (4)<br />
Unter der weiteren Annahme, dass die Übergangsrate mit der Zeit weiter<br />
zunimmt (fortschreitenden Schädigung des Immunsystems), modelliert mittels<br />
v(t) = at mit a > 0<br />
ergeben sich die folgenden Lösungen<br />
]<br />
]<br />
x(t) = exp<br />
[− at2 , y(t) = 1 − exp<br />
[− at2 .<br />
2<br />
2<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 378
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Beispiel: AIDS (5)<br />
Betrachten wir nunmehr ein Modell zur Beschreibung einer Epidemieentwicklung<br />
in einer Population Homosexueller.<br />
Hierbei werden folgende Bezeichungen genutzt:<br />
B . .. konstante Immigrationsrate<br />
N(t) . .. Gesamtpopulationsgröße<br />
X(t) . .. Anzahl Suszeptible (Population unter Risiko)<br />
Y (t) . .. Anzahl infektiöse HIV-Positive<br />
A(t) . .. Anzahl Erkrankte (AIDS Patienten)<br />
Z(t) . .. Anzahl nichtinfektiöse HIV-Positive<br />
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<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Beispiel: AIDS (6)<br />
B<br />
Suszeptible X<br />
λc<br />
Infektiöse Y<br />
µ<br />
µ<br />
natürlicher Tod<br />
natürlicher Tod<br />
natürlicher Tod<br />
µ<br />
AIDS A<br />
d<br />
pv<br />
(1−pv)<br />
nichtinfektiöse Z<br />
µ<br />
natürlicher Tod<br />
krankheitsbedingter Tod<br />
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<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Beispiel: AIDS (7)<br />
Aus den gemachten Annahmen (siehe Schema) können die folgenden Modelgleichungen<br />
abgeleitet werden:<br />
dX<br />
dt<br />
= B − µX − λcX, λ = βY N , (118)<br />
dY<br />
dt<br />
= λcX − (v + µ)Y, (119)<br />
dA<br />
dt<br />
= pvY − (d + µ)A, (120)<br />
dZ<br />
dt<br />
= (1 − p)vY − µZ, (121)<br />
N(t) = X(t) + Y (t) + A(t) + Z(t) (122)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 381
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Erläuterungen zu Parametern:<br />
Beispiel: AIDS (8)<br />
• λ repräsentiert die Wahrscheinlichkeit sich bei einem zufällig gewählten<br />
Partner anzustecken; β ist die Ansteckungswahrscheinlichkeit.<br />
(Beachte Annahme A ≪ N, d.h. βY/(X + Y + Z) ≃ βY/N)<br />
• c bezeichne die Anzahl von Sexualpartnern;<br />
• v bezeichne (wie breits im vorangegangenen Modell des Infektions-<br />
Krankheits-Überganges) die HIV-positiv / AIDS Übergangsrate; hier allerdings<br />
der Einfachheit halber konstant. Damit ist 1 v<br />
= D die mittlere<br />
Inkubationszeit der Krankheit.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 382
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Beispiel: AIDS (9)<br />
• In diesem Modell ist die Gesamtpopulation im allgemeinen nicht konstant,<br />
wie man aus Addition der Gleichungen (118) -(121) erkennt:<br />
dN<br />
dt<br />
= B − µN − dA.<br />
• Eine Epidemie bricht aus, wenn die Anzahl sek<strong>und</strong>ärer Infektion aus einer<br />
Primärinfektion größer als 1 ist, d.h. R 0 > 1.<br />
• Wenn zu Zeitpunkt t = 0 ein infiziertes Individuum in eine ”ges<strong>und</strong>e”<br />
Population eingebracht wird (d.h. X ≃ N) so ergibt sich für (119) nahe<br />
t = 0<br />
dY<br />
≃ (βc − v − µ)Y. (123)<br />
dt<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 383
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Beispiel: AIDS (10)<br />
• Da die mittlere Inkubationszeit 1/v im allgemeinen viel kürzer ist als die<br />
mittlere Lebenserwartung 1/µ der Suszeptiblen, folgt v ≫ µ.<br />
• Damit kann man µ in (123) vernachlässigen, d.h. man erhält<br />
dY<br />
dt ≃ (βc − v − µ)Y ≃ v(R 0 − 1)Y,<br />
mit R 0 ≃ βc<br />
v .<br />
• D.h. approximativ kann man die folgende Bedingung für den Ausbruch<br />
einer Epidemie angeben: R 0 ≃ βc<br />
v > 1.<br />
• Hierbei ist R 0 gegeben durch Anzahl der Sexualpartner (c), Infektionswahrscheinlichkeit<br />
(β), sowie mittleren Inkubationszeit (1/v).<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 384
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Beispiel: AIDS (11)<br />
• Im Falle eines Epidemieausbruchs entwickelt sich das System (118)-<br />
(122) hin zu einem stationären Zustand:<br />
X ∗ =<br />
(v + µ)N<br />
∗<br />
cβ<br />
, y ∗ = (d + µ)(B − µN ∗ )<br />
,<br />
pvd<br />
Z ∗ = (1 − p)(d + µ)(B − µN ∗ )<br />
pvµ<br />
N ∗ =<br />
Bβ[µ(v + d + µ) + vd(1 − p)]<br />
[v + µ][β(d + µ) − pv]<br />
, A ∗ = B − µN ∗<br />
, (124)<br />
d<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 385
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Beispiel: AIDS (12)<br />
• Stabilitätsanalyse des stationären Punktes (124) anhand der Linearisierung<br />
des Systems (118)-(122) zeigt (nach ”ein wenig mehr” Algebra),<br />
dass dieser Systemzustand in gedämpften Oszillationen angenähert<br />
wird.<br />
• Typische Periodenlängen dieser Oszillationen liegen (bei Anwendung ”typischer<br />
Parameterwerte”) in der Größenordnung 30-40 Jahre.<br />
• Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass die Modellparameters (z.B. diejenigen,<br />
welche das soziale Verhalten charakterisieren) sich in diesem<br />
Zeitraum nicht ändern.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 386
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Beispiel: AIDS (13)<br />
Noch einige Betrachtung zum Sytsemverhalten im Epidemie-Frühstadium.<br />
• Die Population besteht fast ausschließlich aus Suszeptiblen, d.h. X ≃ N.<br />
• Wie gezeigt, kann die Y -Population in diesem Falle beschrieben werden<br />
durch dY<br />
dt = v(R 0 − 1)Y . Dies ergibt die Lösung<br />
Y (t) = Y (0)e v(R 0−1)t = Y (0)e rt , mit r = v(R 0 − 1).<br />
• Hieraus kann die Verdopplungszeit der Infizierten (t d mit Y (t d ) = 2Y (0))<br />
berechnet werden:<br />
t d = r −1 ln 2<br />
ln2 =<br />
v(R 0 − 1) . (125)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 387
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Beispiel: AIDS (14)<br />
• Substitution von (125) in (120) führt auf<br />
dA<br />
dt = pvY (0)ert − (d + µ)A.<br />
• Da im Anfangsstadium der Epidemie noch keine AIDS-Erkrankten zu erwarten<br />
sind (d.h. A(0) = 0), ist die Lösung dieser Beziehung<br />
A(t) = pvY (0) ert − e (d+µ)t<br />
r + d + µ .<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 388
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Beispiel: AIDS (15)<br />
• Literaturdaten (für Quellen siehe J.D. Murray: Math. Biology) von ca. 7000<br />
homo- <strong>und</strong> heterosexuellen Männeren in San Francisco (1975-1985)<br />
lassen Schätzungen der Modellparameter zu: r = 0.88 Jahr −1 ,R 0 =<br />
3 − 4, d + µ ≃ d = 1 − 1.33 Jahr −1 ,p = 10 − 30%, c = 2 − 6 pro Monat.<br />
• Dies ergibt appr. Verdopplungszeit der HIV-Positiven von 9 Monaten.<br />
• Das Maximum der HIV-pos. Population wird nach 12-15 Jahren erreicht.<br />
• Beachte: Dies ist sehr einfaches Modell. Zur genaueren Analyse sind<br />
komplexere Modelle, die z.B. Neuentwicklung von Virusvarianten, Änderung<br />
des Sozialverhalten, etc. mit einbeziehen, notwendig.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 389
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Beispiel: AIDS (16)<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 390
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Impfstrategien (1)<br />
• Immunisierung kann zur Reduzierung bzw. Eliminierung der Inzidenz einer<br />
Infektion beitragen auch wenn nur ein Teil der Bevölkerung geimpft<br />
wird.<br />
• Die Impfung hat zwei Effekte<br />
1. direkt: Immunität der geimpften Personen;<br />
2. indirekt: Reduktion der Population der Infizierten (herd immunity)<br />
• Auch sind Kosten <strong>und</strong> mögliche Nebenwirkungen von Impfungen mit zu<br />
betrachten, so dass eine Reduzierung / Eliminierung der Infektion durch<br />
nur teilweise Impfungen eine vorteilhafte Strategie sein könnte.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 391
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Impfstrategien (2)<br />
• Ziel der Impfstrategie: Erreichung eines Anteils von immunisierten Individuen,<br />
so dass der verbleibende Bevölkerungsanteil unterhalb des weiter<br />
vorn genannten Schwellenwertes liegt. D.h. R 0 = Nβ<br />
ν < 1<br />
• Intrinsische Krankheitsreproduktionsrate R 0 kann für verschiedene<br />
Krankheiten anhand epidemiologischer Studien geschätzt werden (siehe<br />
Tabelle)<br />
• Annahme eines erreichbaren Anteil Immunisierter p an der Gesamtbevölkerung<br />
N: ⇒ ”involvierte Population” der Größe N(1 − p)<br />
• Daraus ergibt sich eine effektive intrinsische Krankheitsreproduktionsrate<br />
von R ′ 0 = (1 − p)R 0 <strong>und</strong> damit: R ′ 0 < 1 ⇒ (1 − p)R 0 < 1 ⇒ p > 1 − 1/R 0 .<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 392
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
R 0 für verschiedenen Krankheiten<br />
(ausgewählte Beispiele, siehe L. Edelstein-Keshet, S. 255, Tabelle basierend<br />
auf R.M.May, American Scientist 71:36-45, 1983)<br />
Infektion Ort/Zeit R 0 appr. p(%)<br />
Pocken Entwickl.-länder / vor Impfkampagnen 3-5 70-80<br />
Masern England,Wales / 1956-68 13 92<br />
Keuchhusten England,Wales / 1942-50 17 94<br />
Röteln England,Wales / 1979 6 83<br />
Polio Holland / 1960 6 83<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 393
<strong>Modellierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>und</strong> <strong>molekularer</strong> <strong>Systeme</strong><br />
Epidemiemodelle<br />
Impfstrategien (3)<br />
Nebeneffekte von Impfstrategien mit Immunisierung einer Teilpopulation:<br />
• Beispiel Röteln: Harmlose Infektion im Kindesalter, aber schwerwiegend<br />
für Fötus, wenn Schwangere infiziert.<br />
• Impfung führt zu Anhebung des mittleren Alters der Erkrankung (von 12<br />
auf 20-30): λ = βI (pro Kopf Infektionerate); A = 1/λ (mittleres Alter der<br />
ersten Infektion); Verringerung von I durch Impfprogramm erhöht A.<br />
• Dies kann also unter Umständen einen unvorteilhaften Einfluss haben.<br />
Allerdings ist eine genaue Analyse von Altersstruktur <strong>und</strong> Anzahl Infizierter<br />
zur genauen Abschätzung von Vor- <strong>und</strong> Nachteilen erforderlich.<br />
Dr. Ingo Röder, <strong>IMISE</strong>, Universität Leipzig Folie 394