Spiel ist mehr als Lernen - ErzieherIn.de
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UNSER THEMA<br />
© Torsten Schrö<strong>de</strong>r – pixelio.<strong>de</strong><br />
<strong>Spiel</strong> <strong>ist</strong> <strong>mehr</strong> <strong>als</strong> <strong>Lernen</strong><br />
Zur Neuropsychologie <strong>de</strong>r ge<strong>ist</strong>igen Entwicklung<br />
För<strong>de</strong>rwahn und Hirnforschung: Ballett, Geige, Reiten, Babyschwimmen, Fel<strong>de</strong>nkrais, bilingualer Kin<strong>de</strong>rgarten<br />
…, Eltern, die es sich le<strong>ist</strong>en können, lassen kaum ein Angebot aus. Die Belesenen unter ihnen haben<br />
längst von <strong>de</strong>r Nutzungsabhängigkeit <strong>de</strong>s Gehirns ihrer kleinen Genies gehört und wissen um die große<br />
Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Vorschulalters für die Hirnentwicklung. Das Motto dazu stammt direkt aus <strong>de</strong>r Hirnforschung:<br />
Was nicht benutzt wird, geht verloren! („Use it or lose it“). Damit <strong>ist</strong> gemeint: Kleinkin<strong>de</strong>r verfügen<br />
über viel <strong>mehr</strong> neuronale Verschaltungen im Gehirn <strong>als</strong> Erwachsene, und nur diejenigen, die aktiv genutzt<br />
wer<strong>de</strong>n, bleiben auch bestehen.<br />
Bis in die 1980er Jahre konnte man<br />
Nervenwachstum noch nicht direkt<br />
abbil<strong>de</strong>n, so wie das heute beispielsweise<br />
die Diffusions-Tensor-Bildgebung<br />
kann. Deshalb ging man davon aus, dass<br />
<strong>Lernen</strong> eine mühselige Angelegenheit sei.<br />
Die Faustformel <strong>de</strong>s <strong>Lernen</strong>s lautete: Nerven,<br />
die zusammen feuern, verbin<strong>de</strong>n sich!<br />
(„Neurons that fire together, wire together“).<br />
Diese längst wissenschaftlich bewiesene<br />
Lernregel besagt, dass Verbindungen<br />
zwischen Nervenzellen sich festigen,<br />
wenn bei<strong>de</strong> Nervenzellen zugleich erregt<br />
wer<strong>de</strong>n. Beispiel: Sieht ein Kind <strong>de</strong>n Buchstaben<br />
„A“ und hört dazu immer wie<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>n Laut „ah“, festigt sich die Nervenverbindung<br />
zwischen <strong>de</strong>r gesehenen Buchstabenform<br />
und <strong>de</strong>m gehörten Vokal so, dass<br />
von Prof. Dr.<br />
André Frank Zimpel<br />
schon allein die Buchstabenform die Erinnerung<br />
an <strong>de</strong>n Laut auslöst und umgekehrt<br />
<strong>de</strong>r Laut die Erinnerung an die Buchstabenform.<br />
Wenn das mühselige Knüpfen von Nervenverbindungen<br />
wirklich die einzige Form<br />
<strong>de</strong>s <strong>Lernen</strong>s wäre, hätten kleine Kin<strong>de</strong>r<br />
weniger Nervenverbindungen <strong>als</strong> Erwachsene,<br />
weil sie ja noch über weniger Erfahrungen<br />
verfügen. Die Hirnforschung zeigt<br />
aber das genaue Gegenteil: Drei- bis<br />
Sechsjährige haben <strong>mehr</strong> Nervenverbindungen<br />
<strong>als</strong> Erwachsene!<br />
Der Gehirnstoffwechsel nimmt bei Kin<strong>de</strong>rn<br />
in <strong>de</strong>n ersten fünf Lebensjahren stetig zu<br />
und sinkt danach wie<strong>de</strong>r. Bei Erwachsenen<br />
beträgt <strong>de</strong>r Energieumsatz im Gehirn nur<br />
rund halb so viel wie bei Fünfjährigen. Ungenutzte<br />
Nervenverbindungen baut das<br />
Gehirn ab, um <strong>de</strong>n Verbrauch unnötiger<br />
Energie zu vermei<strong>de</strong>n.<br />
Kleinkin<strong>de</strong>r verfügen <strong>als</strong>o über viel <strong>mehr</strong><br />
Entwicklungspotenziale, <strong>als</strong> sie in ihrem<br />
späteren Leben je brauchen könnten: Sie<br />
sind in <strong>de</strong>r Lage sensibel zwischen <strong>de</strong>n<br />
Lauten aller Sprachen <strong>de</strong>r Welt zu unterschei<strong>de</strong>n,<br />
egal ob es sich dabei um Quechua<br />
in Bolivien, Kisuaheli in Tansania<br />
o<strong>de</strong>r Mandarin in <strong>de</strong>r Mandschurei han<strong>de</strong>lt.<br />
Sie kommen <strong>als</strong> Kosmopoliten auf die<br />
Welt, um sich dann später zu Provinzlern<br />
zu entwickeln. Sie können anfänglich zwischen<br />
Tiergesichtern genauso gut unterschei<strong>de</strong>n<br />
wie zwischen Menschengesichtern.<br />
Wer<strong>de</strong>n diese Fähigkeiten nicht benutzt,<br />
gehen sie verloren.<br />
4<br />
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UNSER THEMA<br />
Doch <strong>ist</strong> <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rwahn die richtige<br />
Schlussfolgerung aus <strong>de</strong>n Erkenntnissen<br />
<strong>de</strong>r Hirnforschung?<br />
Der Neurobiologe Gerald Hüther schreibt<br />
dazu: „Die Erkenntnis <strong>de</strong>r Hirnforscher,<br />
dass das menschliche Gehirn sich nutzungsabhängig<br />
strukturiert, <strong>ist</strong> in <strong>de</strong>n Köpfen<br />
vieler Erwachsener offenbar so angekommen,<br />
dass sie jetzt <strong>de</strong>r Meinung sind,<br />
man könne mit <strong>de</strong>r Belehrung gar nicht<br />
früh genug beginnen und das Gehirn müsse<br />
trainiert wer<strong>de</strong>n wie ein Muskel, damit<br />
es von Anfang an komplexer wird und<br />
<strong>mehr</strong> le<strong>ist</strong>et.“(1)<br />
Das Problem<br />
Frühför<strong>de</strong>rprogramme über- o<strong>de</strong>r unterfor<strong>de</strong>rn<br />
Kin<strong>de</strong>r oftm<strong>als</strong>. Mit einem Kind zu<br />
spielen <strong>ist</strong> dagegen die beste För<strong>de</strong>rung<br />
überhaupt. Wenn Kin<strong>de</strong>r beim <strong>Spiel</strong>en in<br />
Rollen schlüpfen o<strong>de</strong>r Steine gedanklich in<br />
Unterseeboote verwan<strong>de</strong>ln, dann för<strong>de</strong>rn<br />
sie ganz automatisch ihr abstraktes Denkvermögen.<br />
Das <strong>ist</strong> die wichtigste Voraussetzung,<br />
um beispielsweise mathematische<br />
Strukturen zu verstehen. Sie suchen intuitiv<br />
im <strong>Spiel</strong> nach <strong>de</strong>n Erfahrungen, die ihre<br />
Hirnentwicklung wirklich voranbringt. Das<br />
bestätigen unsere Untersuchungen im Aufmerksamkeits-Labor<br />
<strong>de</strong>r Universität Hamburg<br />
immer wie<strong>de</strong>r.<br />
Das Stirnhirn entwickelt sich beim <strong>Spiel</strong><br />
zur wichtigsten Steuerungseinheit <strong>de</strong>s Gehirns.<br />
Die neuronalen Netzwerke <strong>de</strong>s Stirnhirns<br />
sind eine wichtige Bedingung für die<br />
Entwicklung von Metakompetenzen. Sie<br />
ermöglichen Beziehungskommunikation,<br />
Perspektivwechsel, Rollen- und Regelbewusstsein<br />
und entwickeln sich in Abhängigkeit<br />
von Übungsmöglichkeiten im unmittelbaren<br />
sozialen Umfeld <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r.<br />
Die großen Frontallappen <strong>de</strong>s Menschen<br />
unterschei<strong>de</strong>n ihn auch <strong>de</strong>utlich von seinen<br />
nächsten Verwandten, <strong>de</strong>n Bonobos,<br />
Schimpansen, Gorillas und Orang Utans<br />
(2). Die Reifung <strong>de</strong>r vor<strong>de</strong>ren Bereiche <strong>de</strong>s<br />
Stirnhirns <strong>ist</strong> beim Menschen erst mit <strong>de</strong>m<br />
En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jugendalters abgeschlossen. Es<br />
han<strong>de</strong>lt sich <strong>als</strong>o um die Struktur mit <strong>de</strong>r<br />
längsten Entwicklungsgeschichte sowohl in<br />
<strong>de</strong>r Evolution <strong>de</strong>s Menschen <strong>als</strong> auch in<br />
seiner Individualentwicklung.<br />
Die physiologische Individualentwicklung<br />
<strong>de</strong>s Stirnhirns verläuft dabei nicht kontinuierlich,<br />
son<strong>de</strong>rn in Sprüngen: Das Stirnhirn<br />
vergrößert sich beim Menschen bis zum<br />
vierten Lebensjahr immens und noch einmal<br />
in einem zweiten Schub zwischen<br />
<strong>de</strong>m siebenten und achten Lebensjahr (3).<br />
Diesen Entwicklungsschüben entsprechen<br />
bestimmte <strong>Spiel</strong>stufen.<br />
Die Fähigkeit zum Übergang zur nächsten<br />
<strong>Spiel</strong>stufe bezieht das Kind aus einem<br />
Überschuss an Handlungsmöglichkeiten,<br />
<strong>de</strong>r sich in <strong>de</strong>r vorausgegangenen Entwicklungsphase<br />
angesammelt hat. (4)<br />
Die Übergänge von <strong>de</strong>r einen Zone <strong>de</strong>r<br />
Entwicklung zur nächsten <strong>Spiel</strong>stufe lassen<br />
sich anschaulich <strong>als</strong> eine Form von Kippbil<strong>de</strong>rn<br />
darstellen. Nehmen wir <strong>als</strong> Beispielobjekt<br />
eine <strong>Spiel</strong>gabe Fröbels: <strong>de</strong>n<br />
Ball. Anfänglich hat ein Säugling Freu<strong>de</strong><br />
an Kreisreaktionen, die ein Ball auslöst:<br />
<strong>de</strong>n Ball zum Mund führen (primäre Zirkulärreaktion),<br />
<strong>de</strong>n Ball fallen lassen (sekundäre<br />
Zirkulärreaktion) und endlich <strong>de</strong>n<br />
o<strong>de</strong>r was auch immer. Für das beginnen<strong>de</strong><br />
und späte Schulalter typische Kippbil<strong>de</strong>r in<br />
Zonen <strong>de</strong>r weiteren Entwicklung sind: das<br />
strenge Einhalten <strong>de</strong>r Regeln bei Ballspielen<br />
(Regelspiel), das Kämpfen um <strong>de</strong>n Ball<br />
in Mannschaftsspielen (Wettspiel) – und<br />
schließlich die Teilnahme an Ballspielturnieren<br />
vor einem echten Publikum (Ernstspiel).<br />
Die kultur- und sozialabhängigen Themen,<br />
die Kin<strong>de</strong>r in ihrem <strong>Spiel</strong> aufgreifen, haben<br />
einen großen Einfluss auf die komplizierten<br />
bio-psycho-sozialen Wechselwirkungen, die<br />
mit <strong>de</strong>r Entwicklung ihres Stirnhirns einhergehen.<br />
Während Kin<strong>de</strong>r sich aus ihrem banalen<br />
Alltag spielerisch in die Rolle übermächtiger<br />
Erwachsener hineinträumen,<br />
formen sie unbewusst wichtige Verbindungen<br />
ihres Stirnhirns mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Teilen<br />
ihres Gehirns. Das Gleiche gilt, wenn sie<br />
sich komplizierte Regeln beim Murmelnspielen<br />
o<strong>de</strong>r Gummitw<strong>ist</strong> aus<strong>de</strong>nken.<br />
<strong>Spiel</strong>stufen und Stirnhirn<br />
© Dirk Schelpe – pixelio.<strong>de</strong><br />
Ball werfen und interessiert seine Flugbahn<br />
beobachten (tertiäre Zirkulärreaktion).<br />
Mit <strong>de</strong>r Objektpermanenz beginnt auch<br />
ein Ball, <strong>de</strong>r hinter einen Vorhang gerollt<br />
sein sollte, die Aufmerksamkeit <strong>de</strong>s Kleinkin<strong>de</strong>s<br />
zu fesseln. Noch später lernt es,<br />
die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Balls symbolisch auch<br />
auf an<strong>de</strong>re Gegenstän<strong>de</strong> zu übertragen:<br />
Es wirft ein Kissen wie einen Ball o<strong>de</strong>r tritt<br />
gegen eine Blechdose wie gegen einen<br />
Ball.<br />
In <strong>de</strong>r nächsten Phase kommt das Rollenspiel<br />
dazu: Das Kind präsentiert sich mit<br />
<strong>de</strong>m Ball <strong>als</strong> Requisit stolz <strong>als</strong> Kin<strong>de</strong>rgärtnerin,<br />
Fußballidol, Turnerin, Zirkusclown<br />
<strong>Spiel</strong>en macht schlau<br />
Einen weiteren Schlüssel zum besseren<br />
Verständnis <strong>de</strong>s <strong>Lernen</strong>s und für Lernschwierigkeiten<br />
liefert die mo<strong>de</strong>rne Hirnforschung:<br />
Bege<strong>ist</strong>erung <strong>ist</strong> Dünger fürs<br />
Hirn (5). Wir lernen nur das, was uns berührt<br />
und bewegt. Was uns berührt und<br />
bewegt, entschei<strong>de</strong>n nicht Umwelt und Erziehen<strong>de</strong>,<br />
son<strong>de</strong>rn unsere Sehnsüchte und<br />
Wünsche.<br />
Gelingt es uns im <strong>Spiel</strong>, Kontakt mit unseren<br />
Sehnsüchten und Wünschen aufzunehmen,<br />
kommt Freu<strong>de</strong> auf. Spaß am <strong>Spiel</strong><br />
versorgt das Nervensystem mit Dopamin,<br />
einem Botenstoff im Gehirn, <strong>de</strong>r <strong>als</strong><br />
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UNSER THEMA<br />
© Dieter Schütz – pixelio.<strong>de</strong><br />
„Glückshormon“ Popularität erlangte. Das<br />
„High-Gefühl“ beim Drogenkonsum, aber<br />
auch beim <strong>Spiel</strong>, geht mit einer erhöhten<br />
Dopaminkonzentration im Bereich <strong>de</strong>s<br />
Nucleus accumbens einher, <strong>de</strong>m Kernbereich<br />
dieses Belohnungssystems.<br />
Wenn wir uns an Gelerntes erinnern, erinnern<br />
wir auch die Emotion beim <strong>Lernen</strong>.<br />
Waren es positive Emotionen. erinnern wir<br />
uns gern und häufiger. Das <strong>ist</strong> zum Beispiel<br />
dann <strong>de</strong>r Fall, wenn man Selbstwirksamkeit<br />
im <strong>Spiel</strong> o<strong>de</strong>r sich selbst <strong>als</strong> hilfreich<br />
für an<strong>de</strong>re erlebt hat. Bei negativen Emotionen<br />
vermei<strong>de</strong>n wir die Erinnerung. Dies<br />
<strong>ist</strong> zum Beispiel <strong>de</strong>r Fall, wenn man unter<br />
Angst lernt o<strong>de</strong>r sich unangefragter Hilfe<br />
ausgeliefert fühlt.<br />
Aufmerksamkeitslabor, Hamburg: Verschie<strong>de</strong>ne<br />
<strong>Spiel</strong>zeugtiere erscheinen nacheinan<strong>de</strong>r<br />
auf <strong>de</strong>r kleinen Bühne eines<br />
Babytheaters – Katze, Hund, Zebra, Elefant<br />
usw. Ein Blickbewegungsmesser (Eyetracker)<br />
zeichnet am Computer die Blickbewegungen<br />
eines Säuglings mit roten<br />
Punkten und Verbindungslinien nach. Mit<br />
<strong>de</strong>r Zeit empfängt das Gerät immer weniger<br />
Blickpunkte. Der Grund: Das Baby auf<br />
<strong>de</strong>m Schoß <strong>de</strong>r Mutter beginnt sich zu<br />
langweilen und schaut kaum noch auf die<br />
kleine Bühne. Bald hatte es das einfach gestrickte<br />
Prinzip <strong>de</strong>s kleinen Theaterspiels<br />
durchschaut. Krokodil, Giraffe und Nashorn<br />
bringen <strong>de</strong>n Säugling nur noch zum<br />
Gähnen.<br />
Doch dann erscheint plötzlich ein kleines<br />
Möbelstück aus einer Puppenstube. Das<br />
Baby <strong>ist</strong> überrascht. Der Eyetracker empfängt<br />
wie<strong>de</strong>r eine Salve interessierter Blickpunkte.<br />
Offensichtlich hat das <strong>Spiel</strong> auf<br />
<strong>de</strong>r kleinen Theaterbühne für kurze Zeit<br />
wie<strong>de</strong>r die Aufmerksamkeit <strong>de</strong>s Babys geweckt:<br />
Ist <strong>de</strong>r weitere Verlauf eines <strong>Spiel</strong>s<br />
zu vorhersehbar, wen<strong>de</strong>n sich schon sieben<br />
bis acht Monate alte Babys gelangweilt<br />
ab. Fehlt <strong>de</strong>m <strong>Spiel</strong> ein roter Fa<strong>de</strong>n,<br />
wen<strong>de</strong>n sie sich ebenfalls irritiert ab. Nur<br />
wenn das <strong>Spiel</strong> überraschen<strong>de</strong>, aber nachvollziehbare<br />
Wendungen nimmt, bleiben<br />
sie interessiert. Schon Säuglinge schenken<br />
<strong>als</strong>o intuitiv nur solchen <strong>Spiel</strong>en ihre Aufmerksamkeit,<br />
die sie we<strong>de</strong>r unter- noch<br />
überfor<strong>de</strong>rn.<br />
<strong>Spiel</strong>en <strong>ist</strong> <strong>als</strong>o keine verschwen<strong>de</strong>te Zeit.<br />
Die wichtigste Voraussetzung für Lernerfolge<br />
<strong>ist</strong> Freu<strong>de</strong> beim <strong>Lernen</strong>. Wenn ein Kind<br />
erlebt, wie etwas gelingt, dann schüttet<br />
das Gehirn wie gesagt Dopamin aus. Ohne<br />
solche Emotionen wür<strong>de</strong>n wir überhaupt<br />
nichts lernen.<br />
<strong>Lernen</strong> heißt auch Wie<strong>de</strong>rholen. Manche<br />
Dinge muss ein Mensch zehn Jahre lang<br />
stetig wie<strong>de</strong>rholen, um in einem Bereich<br />
wie zum Beispiel Musik, Sport o<strong>de</strong>r Rechnen<br />
richtig gut zu wer<strong>de</strong>n. Das <strong>Spiel</strong> hilft<br />
uns, die nötige Freu<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rholung<br />
zu haben. Ohne die Motivation <strong>de</strong>s<br />
<strong>Spiel</strong>s wäre das eine einzige Quälerei.<br />
Welche Be<strong>de</strong>utung das kindliche <strong>Spiel</strong> für<br />
die ge<strong>ist</strong>ige Entwicklung eines Kin<strong>de</strong>s hat,<br />
<strong>ist</strong> <strong>de</strong>n me<strong>ist</strong>en Eltern gar nicht bewusst.<br />
Unter <strong>de</strong>m Druck <strong>de</strong>r globalisierten Wissensgesellschaft<br />
verplanen Eltern die letzten<br />
Freiräume ihrer Kin<strong>de</strong>r, fahren zum<br />
Fremdsprach-, Musik- o<strong>de</strong>r Nachhilfekurs.<br />
Gelungene Frühför<strong>de</strong>rung wäre jedoch viel<br />
einfacher zu haben: Zusammen einkaufen,<br />
kochen, spazieren gehen, ein Bild malen,<br />
sich unterhalten o<strong>de</strong>r einfach mal gemeinsam<br />
ausspannen. n<br />
QUELLEN UND LITERAT<br />
UR<br />
(1) Hüther, G. und Zimpel, A. F. (2011):<br />
Potenziale wecken statt Grenzen ziehen.<br />
In: Behin<strong>de</strong>rte Menschen 2, S. 5.<br />
(2) Luria, A. (1992): Gehirn in Aktion.<br />
Reinbek, S. 90.<br />
(3) Ebenda, S. 83.<br />
(4) Zimpel, A. F. (2011): Lasst unsere<br />
Kin<strong>de</strong>r spielen! Der Schlüssel zum Erfolg.<br />
Van<strong>de</strong>nhoeck & Ruprecht, Göttingen,<br />
S. 106.<br />
(5) Hüther, G. (2011): Was wir sind und<br />
was wir sein könnten: Ein neurobiologischer<br />
Mutmacher. Frankfurt am Main,<br />
S. 123–124<br />
AUTOR<br />
Prof. Dr. habil. André Frank Zimpel, Universität<br />
Hamburg, <strong>ist</strong> Diplom-Psychologe<br />
und Diplom-Lehrer mit <strong>de</strong>n Fächern Mathematik<br />
und Kunst.<br />
http://andre-zimpel.homepage.t-online.<strong>de</strong>/<br />
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