Anlagenoptimierung mit dem h,x-Diagramm
Anlagenoptimierung mit dem h,x-Diagramm
Anlagenoptimierung mit dem h,x-Diagramm
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
K L I M A<br />
<strong>Anlagenoptimierung</strong><br />
<strong>mit</strong> <strong>dem</strong><br />
h,x-<strong>Diagramm</strong><br />
Die DIN EN 13779 erfordert in Sachen Lufthygiene und<br />
thermische Behaglichkeit einen erheblich größeren<br />
Abstimmungs- und Dokumentationsaufwand zwischen<br />
Fachplanern und Auftraggebern, als die alte DIN 1946 –<br />
Teil 2. Hilfestellung können Softwarelösungen bieten,<br />
bei denen der Planer für vorgegebene oder frei wählbare<br />
Behaglichkeitsfenster im h,x-<strong>Diagramm</strong> statistische<br />
Klimadaten für verschiedene Anlagenvarianten zugrunde<br />
legen kann. So lassen sich Anlagenkonzepte erarbeiten,<br />
die hinsichtlich Investitionskosten und Energieverbrauch<br />
optimiert sind und die, <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> Auftraggeber vereinbarten<br />
Raumluftzustände einhalten.<br />
Mit der Einführung der DIN<br />
EN 13779 – Lüftung von<br />
Nichtwohngebäuden, Allgemeine<br />
Grundlagen und Anforderungen<br />
an Lüftungs- und<br />
Klimaanlagen – ist die individuelle<br />
Abstimmung einzuhaltender<br />
Raumluftkonditionen<br />
zwischen Auftraggeber<br />
und Planer erforderlich geworden.<br />
Die gewünschten<br />
Anforderungen sowie die Bemessungsgrundlagen<br />
hierfür<br />
sind dann vertraglich zu vereinbaren<br />
und entsprechend<br />
zu dokumentieren. Weiterhin<br />
muss der Planer seiner Beratungspflicht<br />
gegenüber <strong>dem</strong><br />
Auftraggeber nachkommen,<br />
wobei im Zweifelsfall nachzuweisen<br />
ist, dass diese Beratung<br />
stattgefunden hat. Nach der<br />
neuen Norm haben Lüftungsund<br />
Klimaanlagen die Aufgabe,<br />
die Raumluftzustände sowie<br />
die Randbedingungen für<br />
thermische Behaglichkeit so<br />
sicherzustellen, wie sie bei der<br />
Planung vereinbart wurden.<br />
Messtechnische Werte sind bei<br />
∂ Bild 1: Die Programmentwickler Joern Doerk (links) und Christian Zywicki.<br />
∂ Bild 2: Prozess <strong>mit</strong> Kaltdampfbefeuchtung vor <strong>dem</strong> Rekuperator bis in das<br />
Nassdampfgebiet (1-2). Die gekühlte Abluft entzieht der Außenluft im Rekuperator<br />
Wärme (2-3 und 4-5). Ein Kühlregister bringt die Zuluft auf den Zustandspunkt<br />
6.<br />
der Funktions- und Leistungsprüfung<br />
entsprechend einzuhalten.<br />
Detaillierte Konstruktionsmerkmale,<br />
wie es sie<br />
zum Beispiel in der Vorgängernorm<br />
DIN 1946-2 zur Erfüllung<br />
der Raumluft-Anforderungen<br />
gab, sieht die DIN EN<br />
13779 nicht mehr vor.<br />
Optimierte Auslegung durch<br />
Simulation<br />
Für den Planer bietet sich<br />
dadurch auch die Chance,<br />
durch gute Beratung zu innovativen<br />
Lösungen zu kommen,<br />
<strong>mit</strong> denen er sich vom<br />
Wettbewerb absetzen kann.<br />
Dabei ist es hilfreich, verschiedene<br />
Szenarien für die<br />
geplante Klimatechnik simulieren<br />
zu können, um so eine<br />
optimierte Anlagenauslegung<br />
zu finden. Insbesondere bei<br />
den Zielvorgaben zur thermischen<br />
Behaglichkeit gibt es<br />
viele Variationsmöglichkeiten<br />
bei der Prozessführung und<br />
der anlagentechnischen Verschaltung,<br />
die sich jedoch bezüglich<br />
des Energieverbrauchs<br />
oft sehr stark unterscheiden.<br />
Ein Softwaretool, das solche<br />
Berechnungen ermöglicht, ist<br />
„psychrometric-chart 4.0“.<br />
Über die Eingabe von Anfangs-<br />
und Endpunkten für<br />
einzelne Zustandsänderungen<br />
lassen sich beliebige Prozesse<br />
im h,x-<strong>Diagramm</strong> aufbauen.<br />
Diese werden grafisch<br />
im <strong>Diagramm</strong> und tabellarisch<br />
<strong>mit</strong> ihren thermodynamischen<br />
Koordinaten sowie<br />
den Differenzen der Zustandsgrößen<br />
dargestellt. Werden<br />
<strong>dem</strong> Prozess konkrete Massenoder<br />
Volumenströme zugeordnet,<br />
so können zusätzlich alle<br />
Wärme- und Entfeuchtungsleistungen<br />
berechnet und angezeigt<br />
werden.<br />
Komplexe Prozesse können<br />
dabei über sogenannte „hinterlegte<br />
Aktionen“ simuliert<br />
werden, die bei einem gewählten<br />
Zustandspunkt starten.<br />
Durch die Wahl prozessabhängiger<br />
Parameter berechnet<br />
das Programm ein Wertepaar<br />
aus Lufttemperatur<br />
und -Feuchte am Endpunkt<br />
der Zustandsänderung.<br />
Annäherung an reale<br />
Zustandsänderung<br />
Ein Beispiel hierfür ist die<br />
Kühlung eines Außenluftstromes<br />
von 32 °C auf 18 °C.<br />
Betrachtet man den Prozess<br />
als quasistatische Zustandsänderung,<br />
so erreicht die Luft<br />
bei in Mitteleuropa üblichen<br />
Werten für die Luftfeuchte<br />
den Sättigungszustand<br />
für Wasserdampf nicht. Bei<br />
einem idealisierten Prozess<br />
fällt also kein Wasser, sodass<br />
der Zustandsverlauf im h,x-<br />
<strong>Diagramm</strong> senkrecht nach<br />
unten verläuft.<br />
In der Praxis funktioniert<br />
das anders. Dort strömt die<br />
Luft in ein Kühlregister, bei<br />
<strong>dem</strong> die Rohroberflächen zwischen<br />
6 °C und etwa 15 °C va-<br />
22 IKZ-FACHPLANER · Heft 5 /2007
K L I M A<br />
∂ Vergleichsprozess <strong>mit</strong> Verdunstungskühlung der Abluft. Durch die nasse<br />
Fahrweise der „adiabaten“ Kühlung kann der Außenluft erheblich mehr Wärme<br />
entzogen werden als beim Kaltdampfprozess.<br />
riieren. Dabei kondensiert ein<br />
Teil des in der Luft vorhandenen<br />
Wasserdampfes an den<br />
Rohren und Rippen aus, sodass<br />
im realen Prozess eine<br />
Entfeuchtung zu berücksichtigen<br />
ist.<br />
Beim „Kühlen/Entfeuchten“<br />
ist als zusätzliche Angabe<br />
deshalb eine <strong>mit</strong>tlere<br />
Oberflächentemperatur der<br />
Kühlflächen anzugeben, <strong>mit</strong><br />
der ein realer Verlauf der Zustandsänderung<br />
angenähert<br />
berechnet werden kann. Die<br />
<strong>mit</strong> diesem Tool er<strong>mit</strong>telten<br />
Zustandsänderungen verlaufen<br />
dann im h,x-<strong>Diagramm</strong><br />
nicht mehr senkrecht nach<br />
unten, sondern nach links geneigt<br />
zu geringeren absoluten<br />
Luftfeuchten.<br />
Weitere berechenbare Zustandsänderungen<br />
sind die<br />
rekuperative Wärmerückgewinnung,<br />
das Heizen und<br />
Kühlen, die Be- und Entfeuchtung,<br />
die adiabate Verdunstungskühlung<br />
sowie ein Prozess<br />
<strong>mit</strong> regenerativer Wärmerückgewinnung.<br />
Vergleich von<br />
Entfeuchtungsprozessen<br />
Ein Beispiel für die Optimierung<br />
der Prozessführung<br />
innerhalb einer Klimaanlage<br />
ist der Vergleich zweier<br />
verschiedener Kühl- und Entfeuchtungsprozesse.<br />
In Bild 2<br />
ist der Prozess einer Kaltdampfbefeuchtung<br />
vor <strong>dem</strong><br />
Rekuperator abgebildet. Die<br />
Zustandsänderung der Abluft<br />
verläuft vom Punkt 1 bis in<br />
das Nassdampfgebiet (Punkt<br />
2). Die so gekühlte Abluft entzieht<br />
der Außenluft im Rekuperator<br />
(WRG = 0,5) Wärme<br />
(2 - 3 und 4 - 5). Ein Kühlregister<br />
bringt dann die Zuluft auf<br />
den Zustandspunkt 6. Hierzu<br />
ist bei einem Zuluftvolumenstrom<br />
von 10 000 m/h von<br />
42,5 kW Kälteleistung erforderlich.<br />
Bild 3 zeigt den Vergleichsprozess<br />
<strong>mit</strong> Verdunstungskühlung.<br />
Durch die nasse<br />
Fahrweise der „adiabaten“<br />
Verdunstungskühlung kann<br />
der Außenluft erheblich mehr<br />
Wärme entzogen werden als<br />
beim Kaltdampfprozess. Diese<br />
Prozessführung reduziert den<br />
Kältebedarf auf 18,3 kW.<br />
Frei wählbare<br />
Behaglichkeitsfenster<br />
Bei den letzten Updates<br />
des Softwaretools wurden verschiedene<br />
Funktionen implementiert,<br />
die Planern auch<br />
die Arbeit <strong>mit</strong> der DIN EN<br />
13779 erleichtern. Zum einen<br />
ist dies die grafische Darstellung<br />
von Behaglichkeitsbereichen<br />
im h,x-<strong>Diagramm</strong>.<br />
Weiterhin kann bei der Variation<br />
von Prozessparametern<br />
oder bei der Überprüfung<br />
von extremen Außenluftzuständen<br />
simuliert werden, ob<br />
die Zuluft immer noch das gewünschte<br />
Behaglichkeitsfenster<br />
erreicht. Statt der fest programmierten<br />
Bereiche gemäß<br />
der aktuellen europäischen<br />
Normen sowie der ASHRAE-<br />
Richtlinien sind auch beliebige<br />
andere Zielbereiche für<br />
die Zuluft definierbar.<br />
Statistische<br />
Häufigkeitsverteilungen<br />
Mithilfe von Klimabirnen<br />
im h,x-<strong>Diagramm</strong> lassen sich<br />
auch statistische Häufigkeiten<br />
von Klimazuständen darstellen.<br />
Als Klimabirne wird dabei<br />
die umhüllende Kurve der<br />
auftretenden Klimabedingungen<br />
in einer Region bezeichnet.<br />
Mit dieser Funktion<br />
lässt sich beispielsweise die<br />
Frage beantworten, wie viele<br />
Stunden pro Jahr die Temperatur<br />
in einer Region wahrscheinlich<br />
über 32 °C liegen<br />
wird und welche Zuluftbedingungen<br />
sich daraus im Gebäude<br />
bei bestimmten Anlagenkonfigurationen<br />
ergeben.<br />
Insbesondere in den Randgebieten<br />
der Klimabirne ist die<br />
Angabe der Wahrscheinlichkeiten<br />
sehr hilfreich, weil<br />
sich auf diese Weise quantitative<br />
Aussagen treffen lassen,<br />
wie z. B. die Anzahl der<br />
Stunden pro Jahr bei denen<br />
die maximal gewünschte Zulufttemperatur<br />
oder -Feuchte<br />
überschritten wird. Sind diese<br />
Werte für den Auftraggeber<br />
akzeptabel, so ermöglicht<br />
das die Auslegung der Klimaanlage<br />
ohne oder <strong>mit</strong> sehr geringen<br />
Sicherheitszuschlägen.<br />
Das spart zum einen Investitionskosten<br />
und reduziert darüber<br />
hinaus den Energieverbrauch,<br />
da der stets energieintensivere<br />
Teillastbetrieb<br />
minimiert wird. Vor allem<br />
aber lassen sich <strong>mit</strong> einem<br />
solchen Programm vereinbarte<br />
Details über die thermische<br />
Behaglichkeit, also Zielfenster<br />
und Zeitangaben über die<br />
wahrscheinliche Überschreitung<br />
von Maximalgrößen,<br />
dokumentieren.<br />
∂ Darstellung eines Behaglichkeitsfensters und der Klimabirne <strong>mit</strong> den statistischen<br />
Häufigkeiten für das Auftreten klimatischer Luftzustände im h,x-<strong>Diagramm</strong><br />
<strong>mit</strong> <strong>dem</strong> Softwaretool Menerga „psychrometric chart 4.0“.<br />
Messdaten-Analyse<br />
Ein Tool zur Optimierung<br />
von bestehenden Anlagen<br />
wurde <strong>mit</strong> der neu geschaffenen<br />
„Logplayer“-Funktion<br />
geschaffen. Da<strong>mit</strong> können<br />
Messwerte im h,x-<strong>Diagramm</strong><br />
<strong>mit</strong> ihrem zeitlichen<br />
Verlauf – ähnlich einem Film<br />
– dargestellt und anschaulich<br />
analysiert werden. Neben<br />
ASCII- oder Excel-Dateien<br />
kann das Zusatztool<br />
viele weitere Datenformate<br />
verarbeiten. Auf diese Weise<br />
lässt sich beispielsweise das<br />
Anfahrverhalten oder auch<br />
die Vorgeschichte einer Anlagenstörung,<br />
anhand einer<br />
thermodynamisch aussagekräftigen<br />
Darstellung nachvollziehen.<br />
∂<br />
B i l d e r : Menerga Apparatebau<br />
GmbH, Mühlheim an der Ruhr<br />
@ Internetinformationen: <br />
www.hx-diagramm.de<br />
Heft 5 /2007 · IKZ-FACHPLANER 23