(K)eine Lösung in Sicht?! - ikz-energy

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(K)eine Lösung in Sicht?!
Korrosionsprobleme bei Wasserzähler-Anschlussarmaturen in Hamburg
In Hamburg kommt es kontinuierlich zu Wasserschäden aufgrund von Spannungsrisskorrosionen
an Wasserzähler-Anschlussgarnituren der Firma Beulco. Die betroffenen Kunden
sind verärgert, das Handwerk verunsichert. Die IKZ-HAUSTECHNIK-Redaktion sprach mit
Fritz Schellhorn (SHK-Unternehmer und Mitglied im Vorstand des Fachverbands), Walter
Wohlert (Hauptgeschäftsführer Fachverband Sanitär Heizung Klempner Hamburg) sowie
Norbert Wulf (Referent Technik im Verband) über die Hintergründe dieser Geschichte.
IKZ-HAUSTECHNIK: Die
Korrosionsproblematik bei
Wasserzähler-Anschlussverschraubungen
der Firma
Beulco währt inzwischen gut
drei Jahre. Lassen Sie uns deshalb
mit einem kurzen Rückblick
beginnen.
Walter Wohlert: Gerne. Die
Geschichte fing ursprünglich
recht positiv für das
SHK-Handwerk an. In Hamburg
sollten
aufgrund einer
gesetzlichen
Vorgabe
bis zum
01. 09. 2004
Wasserzähler
zur verbrauchsabhängigen
Erfassung von Kaltund
Warmwasser in allen
Mietwohnungen eingebaut
werden. Diese gesetzliche Vorgabe
wurde später aufgrund
des großen Volumens per
Ausnahmeregelung bis 2006
gestreckt. Es mussten ja immerhin
rund 600000 Zähler
nachgerüstet werden.
» Die Geschichte fing
ursprünglich recht
positiv für das SHK-
Handwerk an. «
Fritz Schellhorn: Im Grunde
war das ein riesiges Beschäftigungsprogramm
für unsere
Installateure, denn die Ausrüstung
mit Wohnungszählern
wurde zum großen Teil
von Hamburger Betrieben
vorgenommen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Soweit
so gut, und wann traten die
ersten Schäden auf?
Fritz Schellhorn: Erste vereinzelte
Schäden
sind bereits
2004 bekannt
geworden. In
der zweiten
Jahreshälfte
2005 wurde
für uns aufgrund
zunehmend
bekannt gewordener
Anhäufung von Schäden
an den Messinggewindestutzen
der Anschlussverschraubung
der Wasserzähler-Traverse
der Firma Beulco die Gesamtproblematik
erkennbar.
Dieser Verdacht erhärtete sich
nach Einholung eines Gutachtens
der TU Harburg.
Norbert Wulf: Nach wie vor
gehen bei uns kontinuierlich
neue Schadensfälle ein. Die
Schadensfälle ebben leider
immer noch nicht ab.
IKZ-HAUSTECHNIK: Welches
Schadensbild zeigt sich?
Norbert Wulf: Das Schadensbild
ist immer gleichartig. Es
handelt sich um einen Abriss
des Gewindestückes des Messinggewindestutzens
der Anschlussverschraubung
innerhalb
der Wasserzähler-Traverse.
Dieses Schadensbild
zeigt sich immer innenseitig
am Gewinde des vom Hersteller
werkseitig fest vormontierten
Gewindestutzens.
Fritz Schellhorn: Vielleicht
zur Ergänzung: Betroffen sind
ausschließlich die Messinggewindestutzen
der Wasserzählerbügel
von Beulco mit der
Seriennummer 61011.
IKZ-HAUSTECHNIK: Das
klingt nach Spannungsrisskorrosion.
Sind die genauen
Ursachen inzwischen bekannt?
Fritz Schellhorn: Zunächst
wurde den Betrieben vom
Hersteller des Messinggewindestutzens,
der Firma Beulco,
unterstellt, die Installateure
hätten die Verschraubungen
zu fest angezogen und so die
unzulässigen Spannungen in
das Bauteil eingebracht.
∂ Über Korrosionsprobleme bei Wasserzählerarmaturen
sprach die IKZ-
HAUSTECHNIK-Redaktion mit Walter
Wohlert (rechts), Fritz Schellhorn
(links) sowie Norbert Wulf (Mitte).
IKZ-HAUSTECHNIK: Gibt es
bereits Gutachten dazu?
Norbert Wulf: In der Tat gibt
es bereits mehrere Gutachten,
unter anderem vom Fraunhofer
Institut, vom Institut für
Werkstoffkunde und Schweißtechnik
der Hochschule für
Angewandte Wissenschaften
Hamburg und von der TU
Harburg. Die Aussagen der
Gutachten lassen den Schluss
zu, dass im Zusammenspiel
des eingesetzten Werkstoffes
Messing mit einer ungünstigen
Konstruktion des Bauteils
eine innenseitige Spannungsrisskorrosion
durch Entzinkung
auftritt.
IKZ-HAUSTECHNIK: Noch
einmal zur Zugspannung. Ist
diese bei der Installationspraxis
überhaupt vermeidbar?
Fritz Schellhorn: Eindeutig
nein. Die Gutachten empfehlen
deshalb als Gegenmaßnahme
eine geänderte Konstruktion,
um eine deutliche
Reduzierung der Zugspannungen
zu erreichen. Darüber
hinaus empfiehlt selbst das
von der Firma Beulco eingeholte
Gutachten des Fraunhofer
Instituts ausdrücklich den
Einsatz von aluminiumfreiem
Messing und die Veränderung
der Konstruktion.
IKZ-HAUSTECHNIK: Welche
Reaktion des Herstellers ist
daraufhin erfolgt?
Norbert Wulf: Die Firma Beulco
hat aufgrund der Schadenshäufung
die Konstruktion des
schadensauffälligen Messinggewindestutzens
mehrfach
verändert. Zuletzt haben sie
den Vorschlag des Fraunhofer
Instituts umgesetzt. Hierbei
wurde eine deutliche,
fast dreifache Wandstärkenverdickung
zur Reduzierung
der Spannungen im Bauteilquerschnitt
vorgenommen.
Auf unseren massiven Druck
wurde der Messinggewindestutzen
von der Firma Beulco
2007 einem RAL-Gütesicherungsverfahren
unterzogen.
Wir haben auf dieses Gütezeichen
gedrängt, weil evtl. zukünftige
Schadensfälle durch
IKZ-Haustechnik · Heft 23 /2007

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∂ Beulco bietet inzwischen spezielle Austauschsets mit Gütezeichen an.
Besonders auffällig: die Wandstärke des neuen Gewindestückes (links).
die Gütegemeinschaft Messing-Sanitär
e. V. abgedeckt
werden. Das bedeutet zusätzliche
Sicherheit für unsere Betriebe.
IKZ-HAUSTECHNIK: Über wie
» Das Schadensbild
ist immer gleich. «
viele Schäden
sprechen
wir hier
überhaupt
und wie groß
ist das Potenzial?
Norbert Wulf: Nach unseren
Vermutungen sind mehrere
10000 Zählertraversen mit
dem schadensträchtigen Gewindestutzen
in den letzten
Jahren installiert worden.
Präzisere Zahlen hat sicherlich
Beulco. Das Potenzial ist
als enorm einzuschätzen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wo im
Gebäude wurden die Wasserzähler-Anschlussverschraubungen
überhaupt montiert?
Fritz Schellhorn: Die Bügel
sind optisch nicht gerade
ein Leckerbissen, deshalb
wurden sie hauptsächlich im
Keller oder in Wohnungen im
Bereich der Spüle oder in der
Speisekammer installiert. Im
Badbereich wurden die bekannten
Un-
∂ Befallen sind die Wasserzählerbügel mit der Seriennummer 61011.
terputz-Was-
serzähler für
die Montage
im UP-Ventil
oder andere
anerkannte Lösungen eingesetzt.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wieso
treten die Schäden regional
begrenzt nur in Hamburg
auf?
Fritz Schellhorn: Ich erwähnte
ja bereits die Vorgaben
der Hamburger Bauordnung.
Das ist einzigartig.
Wenige Kilometer weiter in
Schleswig-Holstein gibt es diese
Nachrüst-Anforderungen
nicht.
IKZ-HAUSTECHNIK: Hat die
Zusammensetzung des Trinkwassers
möglicherweise Einfluss
auf die Spannungsrisskorrosion?
Fritz Schellhorn: Nein. Beulco
hatte zunächst in den Raum
gestellt, die Schadensfälle
könnten im Zusammenhang
mit schwankenden Wasserqualitäten
gebracht werden.
Wasseranalysen der Hamburger
Wasserwerke konnten
diese These eindeutig widerlegen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wie
stellt sich die Situation für
die Betriebe dar? Müsste
nicht der Hersteller vorbeugend
handeln und die korrosionsgefährdeten
Teile austauschen?
Walter Wohlert: Das Vorbeugende
ist ja unsere Forderung.
Leider sind wir bislang nicht
fair behandelt worden. Beulco
hatte uns nur zugesagt,
dass, wenn in einer Anlage
ein Schaden entsteht, sie auch
die Kosten für die Umrüstung
weiterer im Gebäude befindlicher
Wasserzähler-Traversen
übernehmen. Die Problematik
ist aber eine ganz andere:
Es ist den Betrieben nicht
zumutbar, erst abwarten zu
müssen, bis ein Schaden auftritt
und die Wohnung unter
Wasser steht. Die Firma Beulco
lehnt jedoch einen vorsorglichen
sofortigen Austausch
ab. Das Unternehmen vertritt
schlicht den Standpunkt: Es
ist doch nicht bewiesen, dass
wir schadhafte Teile produzieren.
Das ist natürlich nur insofern
richtig, als dass es noch
kein Gerichtsurteil gibt, mit
dem festgestellt wurde, dass
es sich um ein fehlerhaftes
Bauteil handelt.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wie
sieht eine mögliche Lösung
aus?
Walter Wohlert: Wir verlangen,
dass jeder Installateur
vorsorglich die schadhaften
Teile auswechseln kann – auf
Kosten von Beulco. Vielleicht
am Rande: Ein Großschaden
ist bereits passiert. In dem
Gebäude ist die Allianz Hauseigentümer
und Versicherer.
Dort ist ein Herrenausstatter-
Heft 23 /2007 · IKZ-Haustechnik

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Und was sagt der Hersteller?
Wir haben den Attendorner
Hersteller Beulco um ein Gespräch
gebeten. Thomas Funke,
Geschäftsleitung Vertrieb,
erläuterte in Arnsberg gegenüber
IKZ-Haustechnik-Chefredakteur
Markus Sironi die
schwierige Situation für Beulco.
Gleichzeitig sagte er den betroffenen
Handwerkern die uneingeschränkte
Unterstützung des
Attendorner Unternehmens zu.
Nachfolgend die Kernaussagen
des Gespräches.
„Natürlich bedauert Beulco
das Auftreten der Schadensfälle
und tut sein Möglichstes,
um das Problem in
den Griff zu kriegen“, so Funke
gegenüber der Redaktion.
Allerdings dürfe die rechtliche
Situation nicht ausgeblendet
werden. Funke: „Es liegen vier
technische Gutachten von renommierten
Sachverständigen
vor. Keines hat einen
Konstruktions- oder Materialfehler
festgestellt. Daher besteht
keine Einstandspflicht
von Beulco für die entstandenen
Schäden. Dies sehen leider
unsere Sachversicherer so
und verweigern deshalb den
vorsorglichen Austausch. Im
Klartext müssten wir die vom
Fachverband geforderte Präventivmaßnahme
aus eigener
Tasche bezahlen.
Funke weist auf eine
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes
hin, wonach
ein Installateur selbst für den
Fall, dass ein Material- oder
Konstruktionsfehler vorläge,
dafür nicht haften müsse.
„Die Installateure haben
gegenüber ihren Kunden keine
Einstandspflicht für entstandene
Schäden. Vielmehr
∂ Thomas Funke (links) im Gespräch mit IKZ-Chefredakteur Markus Sironi.
ist der Schaden von der Gebäudeversicherung
der Hauseigentümer
gedeckt.“
Dennoch habe sich Beulco
entschieden, auf eigene Kosten
in jedem einzelnen Schadensfall
die Wasserzähler-Anschlussgarnituren
auszutauschen
und hierfür die Kosten
zu einem vorher festgelegten
Satz zu übernehmen. Präventiv
würden zudem alle Garnituren
in der betroffenen
Wohneinheit ausgetauscht.
Diese Vorgehensweise werde
seit Monaten so gehandhabt.
Geplant sei weiterhin,
alle nicht schadhaften Garnituren
bei dem nächsten
turnusmäßigen Tausch der
Messkapsel im Wasserzähler
zu tauschen. Dazu Funke:
„Nach der im Dezember endenden
Ausschreibung werden
uns die Installationsbetriebe
genannt, mit denen wir
dann die weitere Vorgehensweise
besprechen werden.
Wir sind der Ansicht, hiermit
unserer Verantwortung
als Hersteller in vollem Umfang
gerecht zu werden.“
Bislang sei Beulco kein
einziger Fall bekannt, in
dem sich ein betroffener Installateur
über die Behandlung
des Schadensfalles unzufrieden
gezeigt hätte. Im
Übrigen könne sich jeder Betroffene
unter der Telefonnummer
02722 695-234 mit
Beulco in Verbindung setzen,
um das Vorgehen im jeweiligen
Einzelfall abzustimmen.
„Wir bemühen uns stets
um eine einvernehmliche Lösung
im Sinne eines partnerschaftlichen
Miteinanders“,
so Funke abschließend. ∂
geschäft übers Wochenende
buchstäblich abgesoffen. Das
Geschäft war daraufhin Monate
geschlossen, der Schaden
beläuft sich mittlerweile auf
400 000 Euro.
Fritz Schellhorn: Ende August
2007 hatten wir unter
Einschaltung
unseres Zentralverbands
in unserem
Hause ein
Gespräch mit
der Firma Beulco. Die auch
vom Zentralverband verlangte
Austauschaktion hat
die Firma Beulco Anfang September
schriftlich abgelehnt,
obwohl wir die Kosten mit
» Das ist ein rein
regionales Problem. «
46,00 Euro pro Armatur äußerst
knapp kalkuliert haben.
Die Attendorner möchten die
schadensträchtigen Teile vielmehr
im Rahmen des turnusmäßigen
Zählermesskapselaustausches
2008 bis 2011
mit auswechseln. Dieser Vorschlag
ist jedoch
ungeeignet
für die
Problemlösung,
denn
nur ein Teil
der Messkapseln befindet sich
im Eigentum der Hamburger
Wasserwerke. Ein großer Teil
ist Eigentum privater Abrechnungsunternehmen,
wie Techem,
Brunata, Ista etc.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wie
sollten sich Hamburger SHK-
Fachbetriebe verhalten, wenn
sie zu einem Schadensfall aufgrund
Spannungsrisskorrosion
gerufen werden?
Walter Wohlert: Sollte der
Installateur zu einem Schadensfall
eines Gewindestutzens
der Anschlussverschraubung
einer Beulco-Zählertraverse
gerufen werden, raten
wir unseren Betrieben derzeit,
die Schäden beim jeweiligen
Großhändler geltend zu machen.
Notfalls soll der Betrieb
Rechnungen des Großhändlers
kürzen. Von dem haben
sie die schadhaften Teile
schließlich gekauft.
IKZ-HAUSTECHNIK: Funktioniert
das?
Walter Wohlert: Es hat funktioniert.
Allerdings ist das kein
dauerhafter Weg. Wir wollen
vielmehr erreichen, dass
ein größtmöglicher Schutz
für unsere Betriebe und deren
Kunden entsteht. Diesen
Weg werden wir konsequent
verfolgen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Wie sehen
die nächsten Schritte aus?
Walter Wohlert: Wir sind
nach wie vor bestrebt, eine
einvernehmliche Lösung mit
der Firma Beulco zu erreichen
– wir hoffen nach wie vor auf
die Einsicht der Firma Beulco,
ihrer Verantwortung als
Produkthersteller nachkommen
zu wollen und es folglich
nicht zu juristischen Weiterungen
kommt. ∂
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