Der stationäre Handel setzt auf den Erlebnisfaktor - Wirtschaftszeitung
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SEITE 8 | JULI 2013<br />
POLITIK<br />
WIRTSCHAFTSZEITUNG<br />
PragalseinVerbündeter<br />
derDonau-Moldau-Bahn<br />
<strong>Der</strong>WirtschaftsbeiratlädtimHerbstzurVerkehrskonferenzein<br />
REGENSBURG. Natürlich ging es auch<br />
um das Hochwasser und seine verheeren<strong>den</strong><br />
Folgen für die Bürger in <strong>den</strong><br />
diesmal besonders heimgesuchten Regionen<br />
Niederbayerns und der Oberpfalz.Prof.Dr.ClausC.BergalsVorsitzender<br />
des Bezirks Regensburg des<br />
„WirtschaftsbeiratsBayern“hatteeinige<br />
Landtagsabgeordnete zum traditionellen<br />
Weißwurst-Frühstück eingela<strong>den</strong>,<br />
um die ganze Bandbreite einschlägiger<br />
Themen anzusprechen und<br />
gemeinsamnachLösungenzusuchen.<br />
So kritisierte Prof. Berg etwa <strong>den</strong><br />
Begriff demografischer Wandel als eine<br />
verharmlosende Formel, da es sich<br />
für etliche Landstriche doch schlicht<br />
um Wanderungsverluste handle. Hier<br />
–dawarsichdieRundevonParlamentariern<br />
aus <strong>den</strong> Reihen von CSU, FDP<br />
und Freien Wählern einig – müsse<br />
massiv gegengesteuert wer<strong>den</strong>, ob in<br />
bezug <strong>auf</strong> die Ansiedlung von Unternehmen,<br />
die Schulpolitik oder mit<br />
Blick <strong>auf</strong> <strong>den</strong> Ärztemangel im ländlichenRaum.AufdiesemGebietsollten<br />
die Regionen des Freistaats, die ähnliche<br />
Probleme haben wie Oberfranken<br />
oder die Oberpfalz,gemeinsam <strong>auf</strong>treten<br />
und entsprechende Forderungen<br />
andieLandespolitikstellen.<br />
Großen Raum nahm in der Diskussion<br />
zwischen Unternehmern und Politikern<br />
vor allem die Verkehrspolitik<br />
ein.DiePalettereichtedabeivomAusbau<br />
der B16 von Nittenau bis Regensburg,<br />
also längst überfälligen Projekten<br />
vor Ort, bis zu <strong>den</strong> Transeuropäischen<br />
Netzen (Trans-European Networks;kurzTEN),mit<strong>den</strong>eninderEU<br />
eine bessere Vernetzung im Binnenmarkt<br />
und eine gewisse Vereinheitlichung<br />
der Verkehrssysteme angestrebtwird.<br />
Herbe Kritik wurde an der permanent<br />
verzögerten Elektrifizierung der<br />
Bahnstrecke Regensburg-Hof geübt.<br />
Gleichzeitig erinnerte die Gesprächsrunde<br />
vehement an das Projekt der<br />
Donau-Moldau-Bahn,um endlicheine<br />
Eisenbahn-Schnellfahrstrecke von<br />
MünchenüberRegensburgundPilsen<br />
nach Prag zu verwirklichen. Hier sei<br />
TschechiendernatürlicheVerbündete<br />
der Oberpfälzer, weniger die Franken-<br />
Metropole Nürnberg. Unter anderem<br />
mitdiesemVorhabenwirdsicham25.<br />
November 2013 auch die Bayerisch-<br />
Böhmische Verkehrskonferenz in Regensburgbefassen.<br />
Zahlreiche Vorschläge befassten<br />
sich mit dem aktuellen Hochwasser.<br />
EinHilfsfonds,unteranderemausTeilendesohnehinausgel<strong>auf</strong>en<strong>den</strong>„Soli“<br />
gespeist, könnte zum Beispiel die Betroffenen<br />
dort unterstützen, wo der<br />
Versicherungsschutz nicht mehr<br />
greift. Aber auch derGenossenschaftsgedanke<br />
wurde in diesem Zusammenhang<br />
bemüht. Vor allem jedoch sollte<br />
die Prävention verstärkt wer<strong>den</strong>, etwa<br />
in Sachen Flutmul<strong>den</strong>. „Warum tut<br />
man es nicht?“, war nicht nur diesbezüglichdiehäufiggestellteFrage.(go)<br />
EXPERTENTIPP<br />
GmbHoder<br />
GmbH&Co.KG?§<br />
MATTHIAS WINKLER<br />
SH+C-Geschäftsführer<br />
Anzeige<br />
Angelique Renkhoff-Mücke und Jürgen Wechsler führten harte, aber sachliche, un<strong>auf</strong>geregte und konstruktive<br />
Gespräche.<br />
Foto:vbm<br />
PilotabschlussinBayern<br />
DieMetallereinigensichimTarifstreit<strong>auf</strong>langeL<strong>auf</strong>zeitenundmehrLohn<br />
Bei Gründung einer Firma mit<br />
Haftungsbeschränkung war die<br />
GmbHin<strong>den</strong>1980erJahrendiebeliebteste<br />
Rechtsform im Mittelstand<br />
und bei Handwerkern. Vor<br />
einigen Jahren änderte sich der<br />
Trend jedoch, so dass heute die<br />
meisten Unternehmer zur GmbH<br />
& Co. KG tendieren. „Dieser Wandel<br />
beruhte <strong>auf</strong> einer günstigeren<br />
Steuergesetzgebung für GmbH &<br />
Co. KGs und dar<strong>auf</strong>, dass die<br />
Rechtsprechung auch die Ein-<br />
Mann-GmbH & Co. KG zuließ“,<br />
weiß Diplom-Finanzwirt Matthias<br />
Winkler, Steuerberater bei der Regensburger<br />
Steuerkanzlei SH+C.<br />
Doch welche ist tatsächlich die<br />
günstigste Rechtsform für Unternehmen?<br />
Bei inhaber- und familiengeführten<br />
Betrieben spricht derzeit in<br />
<strong>den</strong> meisten Fällen viel für die<br />
Gründung einer GmbH & Co. KG,<br />
weshalb in <strong>den</strong> vergangenen Jahren<br />
viele mittelständische Unternehmen<br />
und Handwerksbetriebe<br />
einenRechtsformwechselwegvon<br />
der reinen GmbH vollzogen haben.<br />
„Steuerlich bietet die GmbH<br />
<strong>den</strong>Vorteil,dassdiean<strong>den</strong>Gesellschafter-Geschäftsführer<br />
gezahltenGehälterdasEinkommenmindern<br />
und auch steuergünstig eine<br />
Altersvorsorge für <strong>den</strong> Geschäftsführer<br />
<strong>auf</strong>gebaut wer<strong>den</strong> kann“,<br />
erklärt Winkler. Auch nominell<br />
seiendieSteuersätzefürdieGmbH<br />
günstiger, wenn die Gewinne<br />
nicht an <strong>den</strong> Gesellschafter ausgeschüttet<br />
wer<strong>den</strong>. An der GmbH &<br />
Co. KG schätzen Unternehmer,<br />
dassEntnahmenausderFirmafle-<br />
xibelundohneBindunganfixeGe-<br />
hälter und Verträge jederzeit möglich<br />
sind. Diese Transparenz erscheint<br />
vielen Inhabern besser,<br />
während bei der GmbH für einen<br />
Überblick zum Firmengewinn erst<br />
nochdieGehälter„addiert“wer<strong>den</strong><br />
müssen. „Als Pluspunkt empfin<strong>den</strong><br />
viele auch, dass bei der GmbH<br />
&Co.KGdievonderFirmagezahlte<br />
Gewerbesteuer <strong>auf</strong> die Einkommensteuer<br />
des Gesellschafters angerechnet<br />
und darüber hinaus etwaige<br />
Unternehmensverluste mit<br />
anderen Einkünften verrechnet<br />
wer<strong>den</strong> können“, so Winkler. Darüber<br />
hinaus biete die GmbH & Co.<br />
KG bei der Erbschaft- und SchenkungsteuersowiebeimK<strong>auf</strong>beziehungsweise<br />
Verk<strong>auf</strong> des UnternehmensVorteile.<br />
Steuerplanungsrechnungen zeigen,dassfürviele<br />
mittelständische<br />
BetriebedieGmbH&Co.KGheute<br />
diegünstigereRechtsformist.„Aufgrund<br />
der zahlreichen Einflussfaktoren<br />
muss aber für jedes Unternehmen<br />
individuell ermittelt wer<strong>den</strong>,<br />
welcher Weg sich am besten<br />
eignet“, rät der Experte von SH+C.<br />
In vielen Fällen führe ein Rechtsformwechsel<br />
zwar zu einmaligem<br />
AufwandinFormvonNotar-,<strong>Handel</strong>sregister-<br />
und Beratungskosten,<br />
langfristigaberzueinerteilsdeutlichenSteuerminimierung.<br />
Steuerberaterfür<strong>den</strong>Mittelstand<br />
Regensburg·www.shc.de<br />
VON GERD OTTO<br />
REGENSBURG/MÜNCHEN. Eigentlich<br />
hätte Angelique Renkhoff-Mücke an<br />
diesem Tag gemeinsam mit anderen<br />
FirmeninhabernimRahmendesBayerischen<br />
Familienunternehmer-Kongresses<br />
in Regensburg die Frage nach<br />
der Standortqualität Bayerns diskutierenwollen.Dochgeradeumdieses<br />
Mai-Wochenende herum war sie als<br />
Verhandlungsführerin der Arbeitgeber<br />
im diesjährigen Tarifstreit gefordert<br />
und bewältigte diese Aufgabe<br />
mit beachtlichem Erfolg. Je<strong>den</strong>falls<br />
gelang es der Chefin von Warema,<br />
dem mit 3400 Mitarbeitern und einem<br />
Jahresumsatz von zuletzt 375<br />
Millionen Euro europäischen Marktführer<br />
im Bereich des hochwertigen<br />
technischen Sonnenschutzes, einen<br />
Pilotabschluss zu erzielen, wie er in<br />
Bayern schon seit Jahrzehnten nicht<br />
mehrmöglichwar.<br />
„Patente Frau“ beeindruckt<br />
Als Angelique Renkhoff-Mücke dann<br />
aber nach nur vier Stun<strong>den</strong> gemeinsammitihremKontrahentenvonder<br />
IG Metall, Jürgen Wechsler, für die<br />
770000Beschäftigtenderbayerischen<br />
Metall- und Elektroindustrie ein Ergebnis<br />
von 3,4 Prozent ab 1. Juli 2013<br />
und weiteren 2,2 Prozent zum 1. Mai<br />
2014präsentierte,warklar:Diese„patente<br />
Frau“, so Gesamtmetall-Chef<br />
Dulger geradezu euphorisch, die sich<br />
selbst eher als impulsiv beschreibt,<br />
hattedazubeigetragen,durchdielangeL<strong>auf</strong>zeitdesVertragsvorallemein<br />
hohesMaßanPlanungssicherheitfür<br />
die Unternehmen zu schaffen, und<br />
zwar bundesweit für nicht weniger<br />
als3,7MillionenMetaller.<br />
Zufrie<strong>den</strong> zeigte sich die gebürtige<br />
Düsseldorferin, die seit 2001 das Familienunternehmen<br />
im fränkischen<br />
Markthei<strong>den</strong>feldbeiWürzburgführt,<br />
insbesondereüberdieArtundWeise,<br />
wie dieser Kompromiss zustande<br />
kam.DieVerhandlungenselbstnannte<br />
sie „hart, aber sachlich, un<strong>auf</strong>geregtundkonstruktiv“.Vorallemaber<br />
zeigten sich die Bayern am Verhandlungstisch<br />
froh darüber, „dass es<br />
mehr Bezirke gibt, die in der Lage<br />
sind,einenLohnabschlusszubewerkstelligen.“<br />
Mit diesem Pilotabschluss<br />
erhalte Bayern wieder die tarifpolitische<br />
Bedeutung, die dem Land <strong>auf</strong>grund<br />
seiner starken Metall- und<br />
Elektroindustrie zustehe. In der Vergangenheit<br />
hatte zumeist Ba<strong>den</strong>-<br />
Württemberg<strong>den</strong>Tonangegeben.<br />
Aber auch andere Branchen scheinen<br />
sich an dem Metall-Ergebnis von<br />
Frau Renkhoff-Mücke zu orientieren.<br />
So wurde in Hamburg zwischen der<br />
Dienstleistungsgewerkschaft ver.di<br />
unddemArbeitgeberverbandderVersicherungsunternehmen<br />
in Deutschland<br />
(AGV) ein Tarifabschluss für die<br />
170000 Angestellten dieser Branche<br />
ausgehandelt – mit 3,2 Prozent ab 1.<br />
August2013undweiteren2,2Prozent<br />
zum 1. Oktober 2014, also einer L<strong>auf</strong>zeitvon24Monatensowievier„NullmonatenohneEinmalzahlung“.<br />
Keine Annäherung, geschweige<br />
<strong>den</strong>n ein Abschluss wird vom deutschen<br />
Einzelhandel gemeldet. Wie es<br />
beiver.diheißt,seien„alleTarifverträge<br />
gekündigt, auch die Manteltarife,<br />
die die Arbeitsbedingungen regeln.“<br />
Drei Millionen Beschäftigte im Einzelhandel<br />
sehen darin ein rotes Tuch<br />
überschritten und fordern zudem<br />
mehr Geld. Und auch im Groß- und<br />
Außenhandel streiten 1,2 Millionen<br />
Beschäftigte für höhere Löhne und<br />
„mehrAnerkennung“.<br />
In dieser Position seiner Widersacher<br />
sieht der <strong>Handel</strong>sverband<br />
Deutschland(HDE)eineBlockadehaltung<br />
der Gewerkschaftsseite. „ver.di<br />
gefährdet durchihr destruktivesVerhalten<br />
<strong>den</strong> Flächentarifvertrag im<br />
Einzelhandel“ warnte HDE-Tarifgeschäftsführer<br />
Heribert Jöris. Die <strong>Handel</strong>sverbände<br />
hatten in <strong>den</strong> Tarifgebieten<br />
Rheinland-Pfalz, Ba<strong>den</strong>-Württemberg,<br />
Nordrhein-Westfalen und<br />
Saarland ein erstes Angebot vorgelegt,<br />
um möglichst rasch zu einer LösungdesKonflikteszukommen.Laut<br />
HDE sei es höchste Zeit, <strong>den</strong> Manteltarifvertrag<br />
zu modernisieren und etwa<br />
in der Praxis längst eingeführte<br />
Arbeitszeitmodelle wie Arbeitszeitkonten,<br />
Teamabsprachen bei der ArbeitszeitoderVertrauensarbeitszeitin<br />
<strong>den</strong>Regelungenzuzulassen.<br />
Impuls für Frauen an der Spitze?<br />
Doch zurück zu Angelique Renkhoff-<br />
Mücke und Jürgen Wechsler, dem<br />
langjährigen Nürnberger IG Metall-<br />
Chef, der während der aktuellen Tarifverhandlungen<br />
für eine „wirklich<br />
gute Gesprächsatmosphäre“ gesorgt<br />
haben soll, wie selbst die Arbeitgeber-Seite<br />
versicherte. <strong>Der</strong> Erfolg der<br />
Verhandlungsführerin aus Markthei<strong>den</strong>feld<br />
hat aber offenbar auch über<br />
die Tarifszene hinaus Wirkung gezeigt.<br />
Ähnlich wie Margret Suckale,<br />
die dieser Tage als erste Frau an die<br />
Spitze des Bundesarbeitgeberverbandes<br />
Chemie (BAVC) berufen wor<strong>den</strong><br />
war,könnteauchdieRollevonAngelique<br />
Renkhoff-Mücke ein Um<strong>den</strong>kenbei<strong>den</strong>Verbän<strong>den</strong>auslösen.<br />
Nach Auffassung der Initiative<br />
„Frauen in die Aufsichtsräte“ (FidAR)<br />
könnteeinsolcherImpulsauchnicht<br />
scha<strong>den</strong>.DenndieZahlderFrauenin<br />
<strong>den</strong> Führungsetagen der 160 börsennotierten<br />
Topunternehmen steige<br />
nurlangsaman.ZwölfJahrenachder<br />
Selbstverpflichtung der Wirtschaft,<br />
mehr Frauen in Aufsichtsräte und<br />
Vorstände zu berufen, lag ihr Anteil<br />
nämlichnur beietwas mehr alself<br />
Prozent.