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September 2009 als pdf herunterladen - Israelitische ...

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Die wallende Lockenmähne, die<br />

man auf dem Titelbild der CD<br />

„mosaic“ sieht, ist gezähmt, das rotbraune<br />

Haar straff nach hinten ge -<br />

bunden. Weniger gezähmt ist die funkelnde<br />

Freude in den Augen der jungen<br />

Violinkünstlerin Orsolya Korcsolán:<br />

„Es war ein überwältigendes Erlebnis, in<br />

der renovierten Rumbach-Synagoge das<br />

Eröffnungskonzert des Jüdischen Som mer -<br />

festiv<strong>als</strong> Budapest spielen zu dürfen“, er -<br />

zählt die 32-Jährige noch ganz be seelt.<br />

Obwohl Korcsolán bereits zahlreiche<br />

Konzerte in Jerusalem, Sapporo, new<br />

York, Kuala Lumpur und mexiko<br />

City gegeben hat, bedeutet ihr das<br />

En gagement in ihrer Geburtsstadt<br />

beim diesjährigen jüdischen Kultur -<br />

fest etwas Besonderes. „Erstens wur de<br />

ich wegen meiner Einspielung jüdischer<br />

klassischer Musik eingeladen, und zweitens<br />

hat die Rumbach-Synagoge eine sentimentale<br />

Bedeutung für mich.“<br />

in der zwischen 1868 und 1872 von<br />

Otto Wagner im maurischen Stil er -<br />

bauten Synagoge, sind seit 1959 keine<br />

Gottesdienste mehr abgehalten worden.<br />

Das Gebäude war in der kommunistischen<br />

Zeit dem Verfall preisgegeben.<br />

Erst nach der Rückstellung<br />

an die jüdische Gemeinde von Buda -<br />

pest fand man vor kurzem investo ren,<br />

die das architektonische Juwel renovierten<br />

und es wieder in altem Glanz<br />

erstrahlen lassen. „Als ich Gergely, mei -<br />

nen Mann, im Gymnasium kennen lernte,<br />

gingen wir viel im jüdischen Viertel<br />

spazieren. Immer wieder standen wir vor<br />

den Eisengittern des Rumbach-Tempels<br />

und versuchten einen Blick ins Innere des<br />

Gebäudes zu werfen. Dam<strong>als</strong> hätte ich<br />

mir nie erträumt, dass ich da drinnen<br />

einmal auf meiner Geige spielen würde.“<br />

Doch auch das Lied, das zum motto<br />

des Festiv<strong>als</strong> gewählt wurde, und das<br />

Orsolya gleichsam <strong>als</strong> die Eröff -<br />

nungsfanfare spielte, hat große Tradi -<br />

tion: Szol a kakas már (Wenn der Hahn<br />

schon kräht) ist eine ungarisch-jüdische<br />

Weise, die der chassidische Rebbe<br />

von Kalov, Jitzhak isaak Taub, komponierte<br />

und die die Sehnsucht nach der<br />

Ankunft des messias zum Thema hat.<br />

„Das war wie eine heimliche Hymne in<br />

der Zeit, <strong>als</strong> das jüdisch-religiöse Leben<br />

weitgehend eingeschränkt war.“<br />

Entdecker und Förderer: Sir Georg Solti<br />

Die spezifisch jüdische note war aber<br />

bei Orsolyas Karriere nicht wirklich<br />

eingeplant. Sie erinnert sich zwar, dass<br />

KULTUR • INLAND<br />

sie schon <strong>als</strong> kleines mädchen zuhause<br />

viele jüdische melodien gehört<br />

hatte. „Meine Mutter musizierte auf der<br />

Violine, und mein Großvater spielte Cel lo<br />

und andere Instrumente. Aber das mach -<br />

ten sie großteils zu ihrem Vergnügen, ob -<br />

wohl mein Opa auch bei jüdischen<br />

Hochzeiten gerne aufspielte.“ Bei dieser<br />

musikalischen Vorbelastung ist es<br />

nicht überraschend, dass Orsolya<br />

bereits mit 12 Jahren an die Ferenc<br />

Liszt-musikakademie in Budapest<br />

aufgenommen wurde - in die Klasse<br />

für „außergewöhnliche Talente“. Das<br />

Studium bei berühmten ungarischen<br />

musikpädagogen absolvierte sie mit<br />

summa cum laude und erhielt dort ihr<br />

Master of Arts Diplom.<br />

Der große Einschnitt in ihrem künstlerischen<br />

Leben erfolgte mit 16 Jah -<br />

ren, <strong>als</strong> sie der weltberühmte ungarisch-jüdische<br />

Dirigent, Sir Georg<br />

Solti spielen hörte. „Das war 1993 im<br />

Rahmen des Schleswig-Holstein Musik<br />

Fes tiv<strong>als</strong>. Dort spielte ich das G-Moll-<br />

Violinkonzert von Wolfgang Amadeus<br />

Mozart und Sir Solti hat mich daraufhin<br />

eingeladen in seinem New Yorker Car ne -<br />

gie Hall Orchester zu spielen“, erinnert<br />

sich die junge Künstlerin in Dank -<br />

barkeit, denn damit war es noch nicht<br />

getan: „Er hat mir auch geraten, an die<br />

weltweit prestigeträchtigste Musikaka de -<br />

mie, die Juilliard School in New York,<br />

zur weiteren Ausbildung zu gehen.“<br />

Dort bekam Orsolya Korcsolán nicht<br />

nur die Gelegenheit noch <strong>als</strong> letzte<br />

Studentin von der legendären Päda -<br />

gogin Dorothy DeLay unterrichtet zu<br />

werden, sondern auch Größen wie<br />

Yitzhak Perlman und masao Kawa sa ki<br />

zählten zu ihren Lehrern. Als erste<br />

un garische Geigerin schloss sie ihre<br />

Ausbildung an der Juilliard School in<br />

new York mit dem Master of Music<br />

Degree im Violinfach ab. mit diesen<br />

Referenzen ausgestattet, erhielt die<br />

junge Künstlerin Engagements in der<br />

ganzen Welt, und ihre Auftritt führten<br />

sie bereits vor Jahren nach Österreich,<br />

England, Frankreich, Kanada, Japan,<br />

malaysia, mexiko und natürlich in<br />

die USA und nach Ungarn. Auch un -<br />

ter den Dirigenten fehlte kaum ein<br />

berühmter name: Korcsolán spielte<br />

sowohl mit ihrem Entdecker und För -<br />

derer Sir Georg Solti <strong>als</strong> auch mit<br />

Lorin maazel, Zubin mehta, André<br />

Previn, michael Tilson Thomas und<br />

Valery Gergiev.<br />

Jüdische Klassikfunde sogar in Kuala<br />

Lumpur<br />

Ungeachtet ihrer internationalen Auf -<br />

tritte mit großen Orchestern und im<br />

Bereich der Kammermusik mit traditionellem<br />

Klassik-Repertoire, entwikkelte<br />

Orsolya Korcsolán ein besonderes<br />

Faible für vergessene klassische<br />

Komponisten, die zum Großteil jü -<br />

disch waren.<br />

Wie konnte sich das im Ungarn der<br />

post kommunistischen Ära bei einer<br />

jungen musikerin entwickeln? „Es hat<br />

damit begonnen, dass ich meine Fähig kei -<br />

ten auch an der Klassik des 20. Jahr hun -<br />

dert erprobte, zum Beispiel an der Baal<br />

Shem Suite von Ernest Bloch, die dieser<br />

1923 zuerst für Violine und Klavier komponiert<br />

hatte. Ich fühlte mich dieser Mu -<br />

sik so nah, und die jüdischen Volksweisen<br />

schimmerten immer irgendwie durch.“<br />

Die intensive Befassung der interpretierenden<br />

Künstlerin mit verschütteten<br />

Kompositionen stammt aus den<br />

Jahren 1990 bis 1992.<br />

„Es gab viele niveauvolle Kantoren kon -<br />

zer te im Dohány Templom in Budapest,<br />

aber auch in ganz Ungarn. Ich wurde<br />

eingeladen, die Intermezzi zwischen den<br />

vokalen Auftritten zu spielen. Da habe<br />

ich begonnen, nach Noten diverser jüdischer<br />

Musiker zu suchen und diese auch<br />

zu sammeln.“ new York hatte auf die-<br />

48 <strong>September</strong> <strong>2009</strong> - Elul/Tischri 5770

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