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September 2009 als pdf herunterladen - Israelitische ...

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KULTUR • INLAND<br />

Thema eins lässt aufhorchen: ist hier<br />

tatsächlich eine kritische Aus ein an -<br />

dersetzung mit dem Thema „Haider<br />

und sein Umgang mit der nS-Zeit“<br />

zu erwarten? nein, Finding beschränkt<br />

sich hier auf die Familiengeschichte<br />

und will das zeigen, „was belegbar ist“.<br />

Das sei übrigens auch mit Witwe<br />

Claudia Haider abgesprochen. „Es<br />

wird objektiv sein.“ mit „hätte, könnte“<br />

wie in einer Titelgeschichte über Jörg<br />

Haiders Vater diesen Sommer im<br />

nachrichtenmagazin profil, in dem das<br />

Blatt vor allem versuchte, die Rolle<br />

von Robert Haider in der nS-Zeit<br />

nach zuvollziehen, werde er nicht ope -<br />

rieren, betont Finding. Es werde Be le -<br />

ge zu sehen geben. Aber keine inter -<br />

pre tationen.<br />

insgesamt soll es eine sehr textlastige<br />

Ausstellung werden, auf einer Fläche<br />

von insgesamt 1.000 Quadratmeter.<br />

Jede Station wird lediglich mit wenigen<br />

Objekten illustriert werden. Für<br />

die Kindheit Jörg Haiders steht dessen<br />

Schaukelpferd. Dass dieses bereits<br />

medial durch den Kakao gezogen wur -<br />

de, schmerzt Finding. Es sei schlicht<br />

das einzige Stück, das aus Haiders<br />

Kindheit erhalten geblieben sein,<br />

erklärt er. Die Darstellung des Lebens<br />

Jörg Haiders soll übrigens den politischen<br />

Aspekt, Haiders Wirken auf<br />

Bun desebene, in der FPÖ, im BZÖ<br />

nahezu ausklammern. „Es geht um den<br />

Menschen Jörg Haider.“ Sym bo lisch<br />

sind hier Haiders Lauf schu he zu sehen.<br />

Den Landeshauptmann Haider will<br />

Finding an Hand von dessen Visio nen<br />

porträtieren. „Soziales und Gesundheit,<br />

Bildung und Ausbildung, Wirtschaft,<br />

Kul tur und Kunst, Medien und Journa -<br />

lis mus: wir bringen seine Visionen und<br />

der Besucher muss dann selbst entscheiden,<br />

was war gut, was gelungen, was war<br />

f<strong>als</strong>ch.“ Die illustration hier: Haiders<br />

Schreibtisch. nicht zu sehen sein wird<br />

der zu Schrott gefahrene VW Phaeton,<br />

in dem Haider in den Tod raste. „In<br />

meinem Konzept wäre das Wrack drinnen,<br />

Frau Haider möchte es nicht und<br />

wir fügen uns, ich frage sie kein zweites<br />

Mal“, so der Ausstellungsmacher.<br />

So weit zu dem, was inhaltlich zu er -<br />

warten ist. Der Ort der Ausstellung<br />

lässt jeden politisch interessierten<br />

menschen sofort Assoziationen an -<br />

stel len: das Bergbaumuseum befindet<br />

sich in einem früheren nS-Stollen, der<br />

der Bevölkerung <strong>als</strong> Luftschutz bun -<br />

ker diente. Hier habe sich der damalige<br />

Gauleiter Friedrich Rainer via<br />

Radio mit den Worten „Passt mir auf<br />

mein Kärnten auf“ im mai 1945 von<br />

der Kärntner Bevölkerung verabschiedet.<br />

Ähnliche Worte benutzte<br />

Haider 1991, nachdem er wegen seines<br />

Ausspruchs über die „ordentliche<br />

Beschäftigungspolitik“ im Dritten<br />

Reich abgewählt worden war. Das<br />

BZÖ plakatierte nach Haiders Tod<br />

„Wir passen auf dein Kärnten auf“ –<br />

und siegte bei der Kärntner Land tags -<br />

wahl. Finding ärgert, dass in jedem<br />

medienbericht dieser Aufruf, auf<br />

Kärnten aufzupassen, zu lesen ist. Rai -<br />

ner habe es nämlich anders for muliert:<br />

„Nation<strong>als</strong>ozialisten und Natio n<strong>als</strong>ozia -<br />

lis tinnen, tretet jetzt alle mit allen Kräf ten<br />

ein für das freie und ungeteilte Kärnten.“<br />

in der Tat klingen die Worte anders,<br />

der Sinn bleibt freilich gleich, und<br />

damit die Optik schief.<br />

Die Kritik, dass eine Ausstellung über<br />

Jörg Haider in einem nS-Stollen<br />

gezeigt wird, kann der museumsdi -<br />

rek tor nicht nachvollziehen. 1986 ha be<br />

man die Halle im Stollen vergrößert,<br />

seit dam<strong>als</strong> „hat es an die 1.000 Ver -<br />

anstaltungen hier gegeben mit einer halben<br />

Million Besuchern. Und jetzt wird da<br />

so ein Theater gemacht. Auch die ‘Klei ne<br />

Zeitung’ hat hier schon einmal eine<br />

Weihnachtsfeier abgehalten. Bei der Er -<br />

tellung meines Kon zepts habe ich jedenfalls<br />

gar nicht daran gedacht.“<br />

Ähnlich argumentiert der für das<br />

mu seum zuständige Klagenfurter<br />

Kulturstadtrat Albert Gunzer (BZÖ).<br />

mit der historischen Belastung des<br />

Ortes (nahe dem nS-Stollen befand<br />

sich auch eine nS-Hinrichtungs stät te)<br />

habe man kein Problem: „Seit Jahr -<br />

zehn ten gibt es Ausstellungen dort, jetzt<br />

bei Haider eine NS-Diskussion anzufangen<br />

wäre Heuchelei.“ Und für Kärn tens<br />

Landeshauptmann Ger hard Dör ler<br />

(BZÖ) ist die Empörung nichts anderes<br />

<strong>als</strong> „die ewig gleiche braune Suppe,<br />

die auf Kärnten ausgekippt wird“. Er<br />

betont: „Es geht darum, den Leuten<br />

einen Ort zu geben, wo sie ihre Trauer<br />

und ihr Gedenken hintragen können.“<br />

Diese Trauer – sie erscheint außerhalb<br />

Kärntens bizarr, doch sie existiert.<br />

noch immer legen menschen an der<br />

Unfallstelle Blumen nieder, zünden<br />

Kerzen an. „Ich bin noch nicht draufgekommen,<br />

warum Kärnten so trauert“,<br />

sagt Finding. Als vorrangiges Ziel -<br />

publikum nennt er denn auch „Kärnt-<br />

ner“. Bis 26.01.2010 soll die Schau ge -<br />

öffnet haben – an diesem Tag wäre<br />

Haider 60 Jahre alt geworden. Fin ding<br />

erwartet bis dahin 20.000 bis 30.000<br />

Besucher, sei das in teresse höher,<br />

dann werde verlängert.<br />

Das Kärntner BZÖ geht indessen be -<br />

reits von 50.000 bis 80.000 Be suchern<br />

aus, was die Grüne Gemeinderätin<br />

Evelyn Schmid-Tarmann mutmaßen<br />

lässt, dass hier über die Laufzeit der<br />

Ausstellung hinaus ein Haider-mu -<br />

seum eingerichtet werden soll. „Dass<br />

die Gedächtnisschau ein Erfolg wird,<br />

daran gibt es keinen Zweifel. Ich denke,<br />

das Haider-Museum wird den Pilgertou<br />

rismus richtig ankurbeln, es wird zum<br />

Wallfahrtsort werden.“<br />

Als Skandal empfindet Schmid-Tar -<br />

mann vor allem die Vorgänge rund um<br />

die Genehmigung der für die Schau<br />

benötigten mittel in Höhe von 85.000<br />

Euro durch den Stadtsenat. Hier habe<br />

das BZÖ nämlich getrickst. „Zu Be ginn<br />

der Stadtsenatssitzung nahm Gun zer den<br />

Punkt 61 – Haider-Museum – von der<br />

Tagesordnung. In einem in mehrere Pos -<br />

ten aufgeteilten Nachtrag aber ließ er die<br />

85.000 Euro für das Berg baumuseum<br />

beschließen!“, erzählt Grün-Stadträtin<br />

Andrea Wulz. BZÖ-Chef Josef Bucher<br />

erwartet indessen „ein tolles Geschäft<br />

für die Stadt Klagenfurt“. Der Eintritts -<br />

preis liegt bei fünf Euro. Alles nur,<br />

damit der Rubel rollt?<br />

Der Historiker Stefan Karner, Leiter<br />

des Boltzmann-instituts für Kriegs fol -<br />

genforschung, kann sich wie Bai ler-<br />

Galanda und Blimlinger nicht des<br />

Eindrucks erwehren, dass es hier um<br />

Heldenverehrung geht. in einem in -<br />

terview meinte Karner, die Ausstel -<br />

lung erinnere ihn, trotz aller Beteu e -<br />

rungen der Ausstellungsmacher, im<br />

Vorgehen an den märtyrer-Kult um<br />

den im Jahr 1934 von den nazis er -<br />

mordeten österreichischen Bundes -<br />

kanz ler Engelbert Dollfuß, der zuvor<br />

in Österreich die Demokratie ausgeschaltet<br />

habe. Karner hält eine Aus -<br />

stellung über Haider übrigens zwar<br />

generell für be grüßenswert, aus wissenschaftlicher<br />

Sicht aber für völlig<br />

verfrüht. Die Ver or tung des Politikers<br />

in der Ge schich te und eine objektivere<br />

Sicht seien ein Jahr nach seinem<br />

Tod noch nicht möglich. „Haider war<br />

eine vielschichtige Persönlichkeit, die<br />

man breit und differenziert aufarbeiten<br />

muss. Erst dann kann man an die Ver -<br />

mitt lung in einer Ausstellung gehen.“<br />

www.bergbaumuseum.at<br />

46 <strong>September</strong> <strong>2009</strong> - Elul/Tischri 5770

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