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September 2009 als pdf herunterladen - Israelitische ...

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„Heldenverehrung<br />

im Bunker“<br />

Im Klagenfurter Bergbaumuseum öffnet<br />

am 10. Oktober eine Ausstellung über<br />

Jörg Haider ihre Pforten. Das Datum ist<br />

doppelt bedeutsam: 1920 fand an diesem<br />

Tag jene Volksabstimmung statt, bei der<br />

sich die Südkärntner für den Verbleib bei<br />

Österreich aussprachen. 2008 sollte es<br />

der letzte Lebenstag des amtierenden<br />

Lan deshauptmanns von Kärnten werden.<br />

In den Morgenstunden des 11. Oktober<br />

fuhr der langjährige FPÖ-Politiker und<br />

Gründer des BZÖ stark alkoholisiert mit<br />

seinem Dienstwagen mit überhöhter<br />

Ge schwindigkeit in den Tod. Genau ein<br />

Jahr nach seinem Ableben will nun eine<br />

Schau über den Menschen Jörg Haider<br />

informieren. Der frühe Zeitpunkt irritiert<br />

ebenso wie der Ort der Ausstellung –<br />

ein ehemaliger NS-Bunker. Entsteht hier<br />

eine Pilgerstätte für das rechte Lager?<br />

VON ALEXIA WEISS<br />

Wenn man nach schriftlichen infor -<br />

ma tionen zu der Ausstellung über Jörg<br />

Haider sucht, ist man auf verlorenem<br />

Posten. Pressetext? Fehlanzeige. in for -<br />

mationen auf der Homepage des mu -<br />

seums? Rudimentär. Auf www.bergbaumuseum.at<br />

erfährt man (jedenfalls<br />

bis Redaktionsschluss Anfang Sep -<br />

tember) schlicht: „In Vorbereitung: Dr.<br />

Jörg Haider, 1950 – 2008. Biografische<br />

Ausstellung über den verstorbenen Kärnt -<br />

ner Landeshauptmann Dr. Jörg Hai der.<br />

Seite in Arbeit … Weitere Informationen<br />

folgen …“<br />

Der Blätterwald rauschte dennoch<br />

bereits kräftig diesen Sommer, vor<br />

allem deutsche medien hielten mit<br />

Hä me und Spott nicht hinter dem<br />

Berg. „Jetzt kehrt das tote Idol zurück in<br />

den Bunker, der heute ein wenig besuchtes<br />

Bergbaumuseum ist“, schrieb etwa<br />

Joachim Riedl auf Zeit online. „Haider<br />

sells. Daran hat sich in den zehn<br />

Monaten, die seit seinem Tod vergangen<br />

sind, wenig geändert“, formulierte Eli -<br />

salex Henckel in „Die Welt“. „Ver klä -<br />

rung in Klagenfurt“, titelte der Tages -<br />

spiegel, „Unterirdische Huldigung“ die<br />

Süddeutsche Zeitung.<br />

KULTUR • INLAND<br />

Was aber wird den Besucher konkret<br />

erwarten? „Persönlich nehme ich nun<br />

einmal an, dass es eine hagiographische<br />

Ausstellung zum verstorbenen<br />

Landeshauptmann werden wird, die<br />

jede kritische Auseinandersetzung<br />

mit seiner ideologie, seiner von et -<br />

lichen Wendungen gekennzeichneten<br />

Politik und seiner instrumentalisie -<br />

rung von unverdauter nS-Vergan gen -<br />

heit, Rassismus, Antisemitismus und<br />

Fremdenfeindlichkeit ebenso wird<br />

vermissen lassen wie die durch ihn in<br />

Bewegung gesetzte Verschleierung<br />

der Grenze zwischen demokratischer<br />

Politik und rechtspopulistischer De -<br />

ma gogie“, sagt Brigitte Bailer-Galanda,<br />

wissenschaftliche Leiterin des Do ku -<br />

mentationsarchivs des Österreichischen<br />

Widerstands (DÖW), von der<br />

„Gemeinde“ nach ihrer Einschätzung<br />

befragt.<br />

Bailer-Galanda weiter: „Die Ausstel lung<br />

wird wohl am Haider-Kult weiterbauen<br />

sollen, worauf ja auch der Eröffnungs -<br />

termin (10.10.) sowie die Ankündigung,<br />

das Haider-Gedenken zu einem fixen Be -<br />

standteil künftiger Oktoberfeiern machen<br />

zu wollen, schließen lassen.“ Die His to -<br />

rikerin weist zudem darauf hin, dass<br />

Haider bei Rechtsextremen zuletzt<br />

nicht mehr unumstritten gewesen sei,<br />

„wieweit er <strong>als</strong> Kultfigur auch dieses La ger<br />

bedienen wird, kann ich derzeit nicht<br />

abschätzen“.<br />

noch schärfere Worte findet Eva<br />

Blimlinger, frühere Forschungskoordi -<br />

na torin der Historikerkommission der<br />

Republik, heute Projektkoordinatorin<br />

für Kunst- und Forschungsförderung<br />

an der Universität für Angewandte<br />

Kunst: „Am 10. Oktober <strong>2009</strong> wird die<br />

Schau „Jörg Haider, 1950 – 2008“ im<br />

Bergbaumuseum Klagenfurt eröffnet.<br />

Au sstellung ist wohl unpassend, ein Sam -<br />

melsurium wird es werden, das Berg -<br />

baumuseum wird zum Schrein, in den<br />

allerlei Versatzstücke aus dem Leben des<br />

betrunken in den Tod gefahrenen Landes -<br />

haupt mannes gepackt werden. Es wird<br />

eine Heldenverehrung im Bunker werden,<br />

nichts da mit wissenschaftlicher Bear bei -<br />

tung, mit kritischer Darstellung, gar mit<br />

Reflexion, nein, nein, nur Schaukelpferd<br />

und Laufschuhe des Alkolenkers. Viel leicht<br />

kann dann auch darüber gelesen werden,<br />

dass er ja gar nicht schuld sei, sondern<br />

irgendein ausländischer Geheimdienst.<br />

Mossad? CIA?“<br />

Blimlinger ergänzt: „Zwar ist er schon<br />

ein Held, aber eigentlich doch ein Opfer,<br />

ein Opfer der Linken, der Antifaschisten,<br />

der ‚Ostküste‘ und so weiter. Kärnten<br />

braucht ihn, und wenn er nicht mehr lebt,<br />

dann eben <strong>als</strong> Toten, und so wird flugs<br />

eine Wallfahrtsstätte errichtet und das mit<br />

öffentlichen Geldern. 85.000 Euro sollen<br />

dafür von der Stadt Klagenfurt aus dem<br />

Kul tur bud get zur Verfügung ge stellt werden,<br />

das ist der eigentliche Skan dal. Und<br />

vielleicht springt das Land Kärnten ein,<br />

wenn es doch nichts wird mit der Sub ven -<br />

tion oder gar die Republik? Keinen Euro<br />

und Cent aus öffentlichen Mitteln darf es<br />

für dieses obskure Unternehmen geben.<br />

Eine Jörg-Haider-Schau ist schlicht weg kein<br />

öffentliches Anlie gen, vor allem dann,<br />

wenn es nur da rum geht unreflektiert eine<br />

Art hagiographisches Potpourri zu zeigen.“<br />

Gerhard Finding, Direktor des Berg -<br />

baumuseums sowie Kurator der Aus -<br />

stellung versteht nach Lektüre der<br />

durch die Bank kritischen medien be -<br />

richte die Welt nicht mehr. „Aus Kärn -<br />

ten kommt Zustimmung, aber außerhalb<br />

schwappen hier die Emotionen schon<br />

hoch.“ Dabei gehe es bei der Ausstel -<br />

lung we der um Helden vereh rung<br />

noch um eine Werbeaktion des BZÖ,<br />

versichert Finding. Denn: die idee,<br />

eine Haider-Schau zu machen, stamme<br />

von ihm. Er sei Haider zu Leb zeiten<br />

übrigens nie begegnet. Und: „Hier Hel -<br />

den verehrung zu betreiben, das wäre zu<br />

billig. Es auf diesem Nivea zu machen,<br />

das wäre in Kärnten sehr einfach.“<br />

„Meine Frau und ich sind am Samstag<br />

um sieben Uhr beim Kaffee gesessen und<br />

da haben wir im Radio gehört, dass er ge -<br />

storben ist“, erzählt der museums di rek -<br />

tor im Gespräch mit der „Ge mein de“.<br />

„Und wir sind ja ein öffentliches Mu se -<br />

um, da müssen wir eine Fahne aufziehen.<br />

Ich wohne etwas außerhalb von Klagen -<br />

furt und <strong>als</strong> ich dann im Auto saß, um in<br />

die Stadt zu fahren, da habe ich eine Frau<br />

gesehen mit einer Kerze, die kniete vor<br />

einem Wahlplakat Haiders. Und da habe<br />

ich mir gedacht – da ist et was passiert.<br />

Das war der Anfang der Ausstellung. Das<br />

war ein paar Stunden nach seinem Tod.“<br />

Seitdem werkt Finding an der Schau,<br />

deren Texte er gänzlich selbst verfasst.<br />

inhaltlich will die Ausstellung<br />

nicht den Politiker, sondern den men -<br />

schen Jörg Haider zeigen, und wird<br />

dabei in vier Themenblöcke gegliedert<br />

sein: Erstens die nS-Vergangenheit<br />

der Familie Haider, zweitens das Le -<br />

ben des menschen Jörg Haider, drittens<br />

der Landeshauptmann und<br />

schließlich viertens „sein Tod“.<br />

<strong>September</strong> <strong>2009</strong> - Elul/Tischri 5770 45

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