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September 2009 als pdf herunterladen - Israelitische ...

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KULTUR • INLAND<br />

<strong>als</strong> im Rest der Welt. Hier finde ich<br />

äh nelt israel ein wenig den Vereinig ten<br />

Staaten: wenn sie eine meinung ha -<br />

ben, dann lassen sie sich nicht davon<br />

beirren, dass sie oder darauffolgende<br />

Taten weltweit Aufsehen erregen, im<br />

Gegenteil, sie fühlen sich dann geradezu<br />

erst recht im Recht, <strong>als</strong> Außen -<br />

seiter, <strong>als</strong> Unverstandene, <strong>als</strong> „maverick”,<br />

wie Sarah Palin das in ihrem<br />

Wahlkampf immer sehr amüsant ausdrückte.<br />

Das mediale missverständ nis<br />

des Krieges, die misswahrneh mung -<br />

nicht erleichtert worden durch das<br />

Feh len von internationalen Journa -<br />

list innen in Gaza - kann ja nur auf<br />

unterschiedlichen Positionen beruhen.<br />

Als „naiv” bezeichnen Sie die Sicht, dass<br />

„die Hamas den Waffenstillstand mit<br />

Quassam-Raketen brach, woraufhin Isra -<br />

el hunderte Menschen auf einen Schlag<br />

tötete”. Woraus resultiert diese Naivität?<br />

Was ist Ihrer Meinung nach die richtige<br />

Sicht?<br />

man macht es sich einfach zu leicht,<br />

ein Leben zu leben, auf das der Kon -<br />

flikt keinen Einfluss hat, sich, sobald<br />

etwas passiert, darüber zu informieren.<br />

Und dann zu sagen: in der Zei -<br />

tung beginnt die Zeitleiste bei 27. De -<br />

zember. Der Konflikt ist nicht vergangenheitslos,<br />

es geht nicht mehr da -<br />

rum, wer diesmal angefangen hat. in<br />

Wahrheit werden doch keine Kriege<br />

begonnen, weil überraschend attackiert<br />

wurde, Kriege sind geplant.<br />

Die naivität entspringt <strong>als</strong>o Unin for -<br />

miertheit. natürlich muss sich nicht<br />

jeder mit dem Konflikt im nahen Os -<br />

ten auseinandersetzen, menschen le -<br />

ben woanders ja ganz andere Leben.<br />

Aber viele - gerade außerhalb israels<br />

- haben so extreme, vorgefertigte mei -<br />

nungen, die einfach irgendwo abgelesen<br />

oder zurechtgelegt, übernommen<br />

worden sind.<br />

Sie beschreiben in Ihrem Blog auch eine<br />

Anti-Kriegs-Demo, bei der Demonstranten<br />

von einem Polizisten am Telefon <strong>als</strong><br />

„trash of the country” bezeichnet werden.<br />

In einem anderen Beitrag geht es um<br />

Wehrdienstverweigerer, die in Israel mit<br />

Gefängnis bestraft werden. Zivildienst gibt<br />

es keinen. Wie empfinden Sie <strong>als</strong> Ös ter -<br />

reicherin das Standing der Armee in der<br />

israelischen Gesellschaft?<br />

ich kann nachempfinden, dass ein ver -<br />

letzlicher, junger Staat, der zu einem<br />

großen Teil aus lange Verfolgten be -<br />

steht, sich verteidigen können möchte.<br />

ich finde es aber traurig, dass 18-,19-<br />

jährige menschen nicht nur mehrere<br />

Jahre unfrei gemacht werden, sondern<br />

sie in ihrer formbaren Jugendlichkeit<br />

oft Befehlen folgen, deren Bedeutung<br />

ihnen erst später klar wird. Viele<br />

junge Erwachsene sind nach diesen<br />

Jahren traumatisiert.<br />

man soll sich durch die omnipräsenten<br />

bewaffneten jungen Soldaten sicherer<br />

fühlen. Aber das Bild der Armee <strong>als</strong><br />

moralische instanz würde ich jetzt<br />

ein mal in Frage stellen. Also so<br />

bezeichnet sich die Armee selbst, weil<br />

sie oft Flugblätter abwirft, bevor sie<br />

Häuser bombardiert, damit Zivilist in -<br />

nen in Gaza - wohin? - fliehen können.<br />

Eine Armee zu haben ist ja völlig in<br />

Ord nung, aber ihre Wertigkeit im is ra -<br />

elischen Lebenslauf, ihren politischen<br />

Einfluss im öffentlichen Leben finde<br />

ich problematisch. Dass sie nämlich<br />

Einfluss auf die Kunst nimmt, auf<br />

mu sikerkarrieren. Aber auch einfache<br />

private Leben, Berufsbewerbungen<br />

vom Armeedienst abhängen können.<br />

Dass vorausgesetzt wird, dass man<br />

damit einverstanden ist, sich militärisch<br />

zu beteiligen und zwar nach den<br />

Regeln eines politischen System oder<br />

einer Regierung, die menschenrechte<br />

nicht besonders genau nimmt, die<br />

Wer te und Grenzen vertritt, an die<br />

man möglicherweise nicht glaubt.<br />

Sie meinen, mit den Menschenrechten<br />

wer de es seitens Israels nicht so genau<br />

genommen. Beruht diese Einschätzung<br />

auf persönlichen Beobachtungen, aus Ge -<br />

sprächen mit Israelis oder aus Medien -<br />

berichten? Können Sie Beispiele nennen?<br />

ich bin in Kontakt mit einem Paläs ti -<br />

nenser aus Gaza, der nach einer israelischen<br />

Bombe an den Checkpoint<br />

Rich tung israel gebracht, dort acht<br />

Stunden blutend liegen gelassen wur -<br />

de und dann später deshalb in israel<br />

sein Bein amputiert bekam. ich bin in<br />

Kontakt mit menschen, die versuchen,<br />

menschen in der Westbank beim Er -<br />

langen von Baugenehmigungen zu<br />

unterstützen, was ein relativ aussichtsloses<br />

Unterfangen scheint, so wie<br />

mit Familien, die nächte lang wach<br />

bleiben, weil gerichtlich genehmigt<br />

wird, ihre Häuser zu räumen, weil sie<br />

wissentlich oder unwissentlich - weil<br />

nur gemietet - in Gebäuden ohne Bau -<br />

genehmigung leben.<br />

im medial zirkulierenden Protokoll<br />

ha be ich die Stellungnahmen der<br />

Soldaten gelesen, die von bewussten<br />

Vergehen gegen Zivilistinnen sprechen,<br />

von menschenrechtsver letzun -<br />

gen und unnötiger Gewalt, ich habe<br />

mit Soldaten aus dem Libanon-Krieg<br />

gesprochen und aus der Zeit der letzten<br />

intifada. mit einem Palästinenser,<br />

der im Gefängnis war, weil er zur Zeit<br />

der intifada neben jemandem stand,<br />

der einen Stein geworfen hatte. Aus -<br />

ser dem sieht jeder, der einmal an ei -<br />

nem Checkpoint vorbeifährt, wie lange<br />

Palästinenser aufgehalten und wie sie<br />

behandelt werden, wie aufgrund der<br />

Hautfarbe oder des Ausse hens der<br />

Ein reiseprozess verlängert wird.<br />

Immer wieder werden in Ihrem Blog jun -<br />

ge Erwachsene zitiert. Wie finden Sie Ihre<br />

Gesprächspartner, wie finden Sie Ihre<br />

Themen?<br />

ich unterhalte mich viel mit men schen,<br />

ich gehe offen durch die Welt, ich rei se<br />

in besetzte Gebiete und durch is ra el,<br />

rede mit israelis und Palästinen sern,<br />

lese viel, sehe mir Filme an. im inter -<br />

net gibt es Videos von men schen, die<br />

hier in extremen Bedingungen, in<br />

Sde rot oder Gaza, leben. Die Themen<br />

kommen durch das tägliche Leben zu<br />

mir, akuter war das aber natürlich<br />

während des Krieges, <strong>als</strong> ich das Be -<br />

dürfnis hatte, zu erzählen, wie es ei -<br />

nem israelischem Soldaten vor Gaza<br />

geht, oder einem Österreicher, der<br />

israel wegen gefallener Raketen verlassen<br />

möchte.<br />

meine Berichte sind persönlich, ich lie -<br />

fere keine politischen Analysen, sondern<br />

will fühlbarer machen, wie sich<br />

ein junger mensch in israel (vergleichbar<br />

mit einem jungen menschen in<br />

Österreich) fühlen kann. Welche<br />

motivationen und Gedanken in der<br />

Luft liegen oder nicht ausgesprochen<br />

werden, welchen Ausdruck Streetar -<br />

tists dafür finden. Es schadet ja nicht,<br />

sich die Frage zu stellen: Was würde<br />

ich tun, wenn ich drei Jahre militär -<br />

dienst leisten müsste oder sonst nicht<br />

mehr nach israel einreisen könnte,<br />

wo meine Großeltern leben?<br />

Ihr Beitrag über Wehrdienstverweigerer<br />

ver anlasste einen fm4.at-poster, folgenden<br />

Kommentar zu verfassen. „jaja, schon<br />

ganz einfühlsam geschrieben. mein mitgefühl<br />

mit den isralis hält sich aber angesichts<br />

deren genozid- und völkerrechtsverbrechen<br />

in grenzen. da ist es nur fair<br />

und billig in deren militärapparat mitma-<br />

KULTUR<br />

<strong>September</strong> <strong>2009</strong> - Elul/Tischri 5770 43

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