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September 2009 als pdf herunterladen - Israelitische ...

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JÜDISCHE WELT • INLAND<br />

Kontrolle der Lungenlappen<br />

Bedika (Untersuchung der Lunge); auf<br />

Photo: Der Bodek bläst jede Lunge auf,<br />

um sie auf Verwachsungen und kleine<br />

Löcher zu untersuchen welche die Kuh<br />

eine Traifa, d. h. das Fleisch nicht koscher<br />

machen würde.)<br />

Wenn man höre, dass beim Schächten<br />

die Kehle durchgeschnitten werde,<br />

dann höre sich das zunächst einmal<br />

zwar archaisch an, räumt Hofmeister<br />

ein. „Weil andere mit moderneren Me -<br />

thoden schlachten, heißt das aber nicht,<br />

dass es humaner ist“, so der Rab biner.<br />

Er unterstreicht die Hand ar beit des<br />

Schächters: mit stets perfekt ge schlif -<br />

fenem Schächtmesser, das schäfer <strong>als</strong><br />

eine Rasierklinge ist, setzt er den<br />

Schächt schnitt an. Dieser durchtrennt<br />

Luft- und Speiseröhre und damit<br />

auch die meisten Blutgefäße, die zu<br />

und vom Gehirn führen.<br />

„Damit kommt es zu einem sofortigen<br />

Blut druckabfall und zu sofortiger Be -<br />

wusst losigkeit – schneller <strong>als</strong> ein Schmerz<br />

einsetzen könnte“, betont Hofmeister.<br />

Die Schechita, <strong>als</strong>o das Schächten, sei<br />

da her „an sich schmerzfrei“. Untersu -<br />

chun gen hätten auch gezeigt, dass<br />

koscher ge schlachtetes Fleisch we sent -<br />

licher niedrigere Adrenalinwerte aufweise<br />

<strong>als</strong> anders hergestelltes. Der<br />

Rabbiner und Tierarzt I. M. Levinger<br />

schreibt in seinem Buch „Schechita<br />

im Lichte des Jahres 2000“: „Das Tier<br />

leidet psychologisch vor, während und<br />

nach dem Schächt schnitt nicht.“ Des wei -<br />

teren hält Levinger fest: „Im Ver gleich<br />

zu anderen Schlachtmethoden ist das jüdische<br />

Schäch ten mindestens so gut wie<br />

jede andere Schlachtmethode.“<br />

Warum aber besteht das Judentum<br />

auf dem Schächten? natürlich gebe es<br />

auch rationale Gründe, wie das völlige<br />

Ausbluten des Fleisches oder der<br />

bewusste und schonende Umgang mit<br />

dem Tier, der wiederum für qualitativ<br />

hochwertiges und gesundes Fleisch<br />

sorge, sagt Hofmeister. Vor allem aber<br />

stehe es in der Tora. Konkret ist in der<br />

Tora (Deut. 12:21) festgehalten: „Du<br />

sollst von Deinem Großvieh und Klein -<br />

vieh schlachten, so wie ich Dir befohlen<br />

habe …“. Da die Anweisung „wie ich<br />

Dir befohlen habe“ allerdings in der<br />

schriftlichen Tora nicht weiter ausgeführt<br />

wird, muss hier auf die mündliche<br />

Lehre zurückgegriffen werden.<br />

Die spezifischen Gesetze, die das<br />

Schäch ten betreffen finden sich im<br />

Talmud (Traktat Chullin), in den<br />

Kodizes der Halacha, im Kodex von<br />

maimonides (mischne Tora) – sowie<br />

im Gesetzbuch von Josef Karo (Schul-<br />

chan Aruch, im Teil Jore De’a).<br />

Übrigens: muslimisches Schächten ist<br />

nicht mit jüdischem Schächten gleichzusetzen.<br />

Beide Religionsgruppen<br />

schächten hier zu Lande zwar in den<br />

selben Schlachthöfen und zeitlich an<br />

jeweils einem Tag der Woche hintereinander<br />

(die muslimen schlachten<br />

laut Auskunft eines rituellen Aufse hers<br />

in Österreich pro Woche an die 80<br />

Rin der), dennoch unterscheidet sich<br />

die Vorgangsweise. So wird im islam<br />

der Schnitt anders angesetzt, es geht<br />

nur darum, die H<strong>als</strong>schlagader zu<br />

durchtrennen. Aus jüdischer Sicht<br />

reicht das nicht aus – hier ist es nötig,<br />

sowohl Luft- <strong>als</strong> auch Speiseröhre zu<br />

durchschneiden. Wer <strong>als</strong>o, weil es viel -<br />

leicht billiger ist, auf muslimisch ge -<br />

schächtetes Fleisch zurückgreifen will,<br />

dem sei gesagt: es ist nicht ko scher.<br />

im Gegenzug entspricht koscher ge -<br />

schlachtetes Fleisch allerdings den<br />

muslimischen Vorgaben, betont Hof -<br />

meister, der in israel auch <strong>als</strong> Scho -<br />

chet tätig gewesen ist. Geschlachtet<br />

habe er dort Tiere von islamischen<br />

Be duinen und diese hätten jene Tiere,<br />

die von ihm nach der Fleischbeschau<br />

<strong>als</strong> trejfe, <strong>als</strong>o nicht koscher, eingestuft<br />

worden waren, gerne für den<br />

eigenen Verzehr genommen.<br />

Das EU-Recht<br />

Der EU-Rat hat sich Ende Juni auf<br />

eine „Verordnung von Tieren zum Zeit -<br />

punkt der Tötung“ geeinigt. Sie ersetzt<br />

eine Richtline aus dem Jahr 1993.<br />

Darin heißt es im Artikel 4 (in der<br />

eng lischen Fassung, die deutsche<br />

Übersetzung lag zu Redak tions -<br />

schluss noch nicht vor):<br />

„In the case of anim<strong>als</strong> subject to<br />

par ticular methods of slaughter pre -<br />

scribed by religious rites, the requirements<br />

of paragraph 1 shall not apply<br />

provides that the slaughter takes<br />

place in a slaughterhouse.“ In Para -<br />

graph 1 wird festgehalten, dass Tiere<br />

nur nach vorheriger Betäubung oder<br />

so geschlachtet werden müssen, dass<br />

sie sofort tot sind.<br />

Allerdings fügte der EU-Rat im Schluss -<br />

teil der Verordnung allgemeine For -<br />

mu lierungen über die Möglichkeit<br />

strengerer nationaler Be stimmungen<br />

ein:<br />

„(Article 22a)<br />

Stricter National rules<br />

This Regulation shall not prevent<br />

Member states from maintaining any<br />

national rules aimed at ensuring<br />

more extensive protection of anim<strong>als</strong><br />

at the time of killing in force at the<br />

time of entry into force of this<br />

Regulation.<br />

(…)<br />

Member States may adopt national<br />

rules aimed at ensuring more extensive<br />

protection of anim<strong>als</strong> at the time<br />

of killing than those contained in this<br />

Regulation in relation to the following<br />

fields:<br />

(….)<br />

(c) the slaughtering and related operations<br />

of anim<strong>als</strong> in accordance with<br />

Article 4(2).“<br />

BuchtiPP<br />

Buchtipp<br />

i. m. levinger<br />

„Schechita im Lichte des Jahres<br />

2000. Kritische Betrachtung der<br />

wissenschaftlichen Aspekte der<br />

Schlachtmethoden und des Schächtens“,<br />

herausgegeben durch den Zentralrat<br />

der Juden in Deutschland und machon<br />

mASKiL L’DAViD (Forschungsinstitut<br />

für Kaschrutfragen in Jerusalem),<br />

Jerusalem 1996<br />

36 <strong>September</strong> <strong>2009</strong> - Elul/Tischri 5770

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