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September 2009 als pdf herunterladen - Israelitische ...

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JÜDISCHE WELT • INLAND<br />

Länderebene unterschiedlich geregelt<br />

gewesen) auch eine Regelung fürs<br />

Schächten zu finden. Die Frei heit li -<br />

chen nutzten hier unter dem Deck -<br />

man tel des Tierschutzes einmal mehr<br />

die möglichkeit, antisemitische, aber<br />

auch islam-feindliche Ressentiments<br />

zu bedienen.<br />

Das österreichische Parlament einigte<br />

sich schließlich auf die heute in Österreich<br />

gültige Regelung, dass ohne vor -<br />

herige Betäubung koscher (jüdisch)<br />

beziehungsweise halal (muslimisch)<br />

ge schlachtet werden darf, dies aber in<br />

einem Schlachthof zu erfolgen hat und<br />

dass sofort nach dem Schächtschnitt<br />

eine Betäubung vorzunehmen ist<br />

(„post cut stunning“).<br />

An diesem Status Quo wird sich auch<br />

nach der nun in der EU geltenden<br />

„Verordnung über den Schutz von Tie -<br />

ren zum Zeitpunkt ihrer Tötung“<br />

nichts ändern, versichert Peter-Vitus<br />

Stangl, der im Gesundheitsminis te ri -<br />

um für die Lebensmittelsicherheit bei<br />

der Fleischerzeugung verantwortlich<br />

zeichnet. „Es bleibt alles wie gehabt“,<br />

betont der Beamte.<br />

Von Rabbinerseite hatte man nach der<br />

spektakulären Entscheidung des EU-<br />

Parlaments im mai, wonach das<br />

Schäch ten in der gesamten EU erlaubt<br />

sein müsse, große Hoffnungen ge habt,<br />

dass damit die Jahre langen Dis kus -<br />

sio nen um ein Schächtverbot in manchen<br />

EU-Staaten ein Ende haben. Hier<br />

machte nun allerdings der Rat einen<br />

Strich durch die Rechnung. Die EU<br />

gibt zwar den politischen Willen vor,<br />

das Schlachten ohne vorherige Be täu -<br />

bung aus religiösen Gründen zu er -<br />

lau ben, räumt aber eben auch den<br />

einzelnen mitgliedstaaten ein, sich<br />

hier für eine strengere Handhabung<br />

zu entscheiden.<br />

innerhalb der EU gibt es derzeit ein<br />

Land, in dem das Schächten verboten<br />

ist, erläutert der Religions rechtsex -<br />

per t e Wolfgang Wieshaider von der<br />

Universität Wien: Schweden. in dem<br />

skandinavischen Land ist das koschere<br />

Schlachten allerdings bereits seit 1937<br />

untersagt. Weitere europäische Staa ten,<br />

die jedoch nicht der EU angehören, in<br />

denen das Schächten verboten ist, sind<br />

norwegen und die Schweiz. Zu den<br />

Ländern, die wie Österreich auf einer<br />

sofortigen Betäubung nach dem<br />

Schächtschnitt bestehen, gehören laut<br />

Wieshaider Dänemark, Estland und<br />

Finnland.<br />

Außerhalb Europas gibt es sogar Län -<br />

der, in denen heute koscheres Fleisch<br />

auch zunehmend von nichtjuden<br />

nachgefragt wird – weil es <strong>als</strong> qualitativ<br />

hochwertig gilt, erzählt Rabbiner<br />

Schlomo Hofmeister, selbst ausgebildeter<br />

Schochet (<strong>als</strong>o Schlachter) und Bo -<br />

dek (Fleischbeschauer). Als Beispiel<br />

nennt er den nordamerikanischen<br />

Raum. Woher aber kommt die hohe<br />

Qualität?<br />

„Um <strong>als</strong> koscher zu gelten, muss ein Tier<br />

vor der Schlachtung gesund sein“, so<br />

Hofmeister. Das schließt lange Tier -<br />

trans porte aus. Wenn sich beispielsweise<br />

ein Rind in einem zu engen<br />

Transportwagen Knochenbrücke zu -<br />

zieht oder auf Grund zu langer Fahrt<br />

in einem schlechten Zustand ist,<br />

kommt es für das Schächten nicht<br />

mehr in Frage. nach der erfolgten<br />

Schlachtung wiederum gibt es eine<br />

Fleischbeschau durch einen Bodek,<br />

der sich – etwa an Hand der Lunge -<br />

ansieht, ob das Tier gesundheitliche<br />

Probleme gehabt habe. ist dies der<br />

Fall, scheidet es für die koschere<br />

Fleisch produktion aus.<br />

in der Auslegung des Bodeks, was <strong>als</strong><br />

gesund, was <strong>als</strong> krank gilt, liegt übrigens<br />

auch der Unterschied zwischen<br />

aschkenasischer und sefardischer Aus -<br />

legung, wann ein Tier <strong>als</strong> koscher gilt.<br />

Als Beispiel nennt Hofmeister „Ver-<br />

wach sungen zwischen Lungenlap pen“.<br />

Hier haben Aschkenasen in be stimm -<br />

ten Fällen ein strikteres Regel werk <strong>als</strong><br />

Sefarden, welche Verwach sung okay<br />

ist und welche nicht. Um gekehrt ist es<br />

Aschkenasen erlaubt, zu versuchen,<br />

Verwachsungen mit Was ser zu lösen,<br />

um zu sehen, ob es sich tatsächlich<br />

um Verwachsungen oder nur um<br />

unbedeutende Schleimschlie ren handelt<br />

– Sefarden dürfen dies nicht.<br />

Wer in Europa oder Amerika koscheres<br />

Fleisch kauft beziehungsweise<br />

kon sumiert, braucht allerdings nicht<br />

extra nach aschkenasischem oder se -<br />

fardischem Ritus zu fragen, denn alle<br />

Tiere müssen so bewertet werden, dass<br />

sie beiden mindeststandards entsprechen.<br />

Anders ist das in israel: Hier<br />

muss man sich genau erkundigen,<br />

nach welchem Ritus vorgegangen -<br />

wur de.<br />

Rasierscharfes Messer<br />

für den Schnitt<br />

Schechita (Schlachtung) einer Kuh:<br />

Der jüdische Schochet benutzt ein spezielles,<br />

rasierklingenscharfes Messer<br />

(genannt: Chalef), das mit einem Schnitt<br />

die Luftröhre, die Spei seröhre, sowie die<br />

Karotiden und die beiden Jugularis Venen<br />

durchtrennt. Da durch wird nicht nur die<br />

Blut- und somit die Sauer stoff zufuhr zum<br />

Hirn unterbrochen, sondern es kommt zu -<br />

sätzlich zum augenblicklichen Blut druck -<br />

abfall im Hirn, und somit zur so for tigen<br />

Bewusstlosigkeit des Tieres. D. h. das Tier<br />

wird bewusstlos, bevor Schmerz das Hirn<br />

erriechen kann.<br />

Dies ist einer anatomischen Besonderheit<br />

von koscheren Tierarten zu verdanken:<br />

Während bei allen nicht-koscheren Tieren<br />

das Hirn für einige Sekunden nach der<br />

Schechita durch die Vertebral Arterien,<br />

die nicht durchschnitten werden, noch<br />

weiterhin mit Blut und Sauerstoff versorgt<br />

werden könnte, was dazu führen<br />

würde, dass das Tier noch einige Zeit bei<br />

Bewusstsein bleibt und Schmerz empfinden<br />

kann, sind bei allen koscheren<br />

Tierarten die Vertebral Arterien mit den<br />

beiden Karotiden unterhalb des Hirns<br />

durch eine besondere Brückenver bin dung,<br />

die sogenannte Rete Mirabilis miteinander<br />

verbunden. Dies hat den Effekt, daß<br />

sich die Vertebralaterien durch die durchtrennten<br />

Karotiden entleeren, das Hirn<br />

nicht weiter versorgen können und somit<br />

die gesamte Blutzufuhr zum Hirn ohne<br />

Verzögerung vollständig unterbrochen<br />

wird. Das sich im Augenblick der Sche chi -<br />

ta noch im Hirn befindliche Blut entleert<br />

sich durch die durchtrennten Jugelaris<br />

Venen, und dieser sofortige Blutdruck ab -<br />

fall sowie der Abfall des zur Funktion des<br />

Hirnes nötigen Dru ckes der Cereospinal -<br />

flüs sigkeit führt zur sofortigen Bewusst lo -<br />

sigkeit des Tieres. Der gesamte Vor gang,<br />

vom Ansetzen des Schechita Mes sers bis<br />

zur Bewusstlosigkeit des Tieres dauert we -<br />

niger <strong>als</strong> 2 Sekunden.<br />

<strong>September</strong> <strong>2009</strong> - Elul/Tischri 5770 35

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