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'Die Gemeinde' Januar 2009 als pdf herunterladen - Israelitische ...

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KULTUR<br />

© Wr. Staatsoper GmbH / Axel Zeininger<br />

Er glich ein wenig der Sabra, dem<br />

bir nenförmigen Kaktus: Außen eine<br />

raue Schale, innen eine weiche, samtige<br />

Konsistenz. Diese Sanftheit und<br />

Sen timentalität versteckte er hinter<br />

seinem einfach klingenden aber sehr<br />

effektiven Lebensmotto: „Des mach’-<br />

ma“. mit diesem Spruch und den daraus<br />

folgenden entschlossenen Taten<br />

brachte Robert Jungbluth schon in<br />

frühester Jugend seine Eltern in große<br />

Gefahr – und manifestierte seine antinazistische<br />

Gesinnung. „Ich habe mit<br />

meinem Freund und Schulkollegen Hel mut<br />

Qualtinger im Wiener Stadtpark öffent -<br />

lich Hitler-Flugblätter verbrannt“, er -<br />

zählte er lachend, um dann ernst zu<br />

werden: „Wir ‘Deppen’ wussten ja nicht,<br />

wie gefährlich das dam<strong>als</strong> war.“ Er konn -<br />

te nicht verstehen, warum seine jüdischen<br />

Sportsfreunde plötzlich nicht<br />

mehr zum Fußballspiel kamen - und<br />

akzeptieren wollte er das schon gar<br />

nicht.<br />

Jungbluth absolvierte eine Lehrer -<br />

aus bildung und war bereits in dieser<br />

Zeit <strong>als</strong> Statist und Kleindarsteller am<br />

Burgtheater tätig. Beim Wiener Stadt -<br />

schulrat übernahm er 1948, im Alter<br />

von 20 Jahren, die Leitung des Schul -<br />

ge meindereferates der Wiener Be rufs -<br />

schu len. Doch seine Leidenschaft ge -<br />

hörte dem Theater und seinen<br />

Protagonisten. Klaus Kinski zählte zu<br />

seinen ersten „Kunden“ <strong>als</strong> impre sa -<br />

rio. Ab 1955 betreute er die Veranstal -<br />

tun gen der Wiener Festwochen, und<br />

ab 1960 war er bereits persönlicher<br />

Re ferent des intendanten der Wiener<br />

Festwochen. Gemeinsam mit Rolf<br />

Robert Jungbluth:<br />

Hilfsbereit ganz ohne Allüren<br />

Der verstorbene Kulturmanager vermied<br />

bei seinem humanistischen Engagement<br />

jede Publicity: Er half leise und effektiv in<br />

Österreich und in Israel<br />

Persönliche Erinnerungen von Marta S. Halpert<br />

Kutschera wurde Jungbluth 1965<br />

Geschäftsführer und Direktor des<br />

Theaters an der Wien. nach zweijähriger<br />

Leitung der Wiener Stadthalle<br />

folgte 1971 die Ernennung Jungbluths<br />

zum Gener<strong>als</strong>ekretär des neu gegründeten<br />

Österreichischen Bundesthe a ter -<br />

verbandes. 1988 übernahm er ge mein -<br />

sam mit Otto Schenk die Ge schäfts -<br />

füh rung des Theaters in der Josef stadt,<br />

ab 1997 führte er das Haus mit Hel -<br />

muth Lohner. Erst 1999 beendete er<br />

diese Tätigkeit.<br />

Krankentransport nach Jerusalem<br />

Das sind die offiziellen Eckdaten<br />

der Karriere eines der erfolgreichsten<br />

Kulturmanager Österreichs. Über<br />

seine menschlichen Eigenschaften,<br />

seine schnelle und selbstlose Hilfe, sa -<br />

gen diese beruflichen Lebens schrit te<br />

wenig aus. „Er war kein ‘Gutmensch‘<br />

im heutigen Sinn, sondern ganz einfach ein<br />

guter Mensch“, beteuert Lotte To bisch.<br />

Und sie weiß das aus eigener Er fah -<br />

rung: Als junge Burgschau spie lerin<br />

sprach sie 1976 beim Chef der Bun des -<br />

theater vor, und bat um einen großen<br />

Vorschuss auf ihr eher be schei denes<br />

Gehalt.<br />

Jungbluth betrachtete sie gleichermaßen<br />

skeptisch und neugierig: Das<br />

Bild von der eleganten Baronin und<br />

Betriebsrätin und dem schnöden<br />

mammon passten irgendwie nicht<br />

zusammen. Da musste mehr dahinter<br />

sein. Jungbluth drängte auf eine<br />

Erklärung und Lotte Tobisch berichtete<br />

über ihre große Liebe zu michael<br />

Simon, dem todkranken israelischen<br />

Botschafter, der nach Beendigung seiner<br />

mission in Wien bei ihr geblieben<br />

war. Sie hatte seinen Kindern in Je ru -<br />

salem versprochen, dass er seinen<br />

letz ten Weg dort antreten werde. mit<br />

den legendären Worten „das machen<br />

wir schon“ organisierte Jungbluth in<br />

kürzester Zeit ein Flugzeug, das <strong>als</strong><br />

Krankentransporter dienen konnte,<br />

und Tobisch begleitete – ohne Schul -<br />

den – Botschafter Simon nach israel.<br />

Yossi Yadin, Lorin Maazel und<br />

Gerhard Bronner<br />

Robert Jungbluth war ein erfahrener<br />

menschenkenner und hatte ein<br />

gutes Gespür für ehrliche Töne. Als<br />

Talente-Scout liebte er seine manchmal<br />

auch verrückten Künstler und<br />

jene zahlreichen Sängerinnen, deren<br />

Verträge er <strong>als</strong> Bundestheatergeneral<br />

ausgehandelt und unterschrieben<br />

hatte. Schmeicheleien war er nicht ab -<br />

geneigt, doch wenn er reinen Eigen -<br />

nutz mancher Karrieristen witterte,<br />

blockte er beinhart ab. Hatte er aber<br />

an jemandem einen narren gefressen,<br />

dann ging er für ihn durch dick und<br />

dünn. 1971 wollte er für die Produk -<br />

tion der „Anatevka“ am Theater an<br />

der Wien unbedingt den israeli Yossi<br />

Yadin <strong>als</strong> Teweje, den Milchmann verpflichten.<br />

Dieser hatte in dieser Rolle<br />

in London auf Englisch große Erfolge<br />

gefeiert. Jungbluth war im Glauben,<br />

dass jeder Jude „Jiddisch“ sprechen<br />

konn te. Auch <strong>als</strong> Yadin, ein echter<br />

Sabre, dessen Vater schon 1911 ins tür -<br />

kische Jerusalem gekommen war, be -<br />

teuerte, kein Wort Jiddisch zu können,<br />

ließ sich Jungbluth von seiner idee<br />

nicht abbringen. Er schickte ihn kur -<br />

zer hand mit einem Lehrer in Klausur<br />

auf den Semmering. „Bis du es nicht<br />

kannst, will ich dich nicht wiedersehen“,<br />

lautete die liebevolle Drohung. Und<br />

„Anatevka“ in Wien wurde zu einem<br />

Riesenerfolg.<br />

44 <strong>Januar</strong> <strong>2009</strong>/Tewet 5769

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