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'Die Gemeinde' August 2008 als pdf herunterladen - Israelitische ...

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GEMEINDE<br />

DVR 0112305 € 2.-<br />

Nr. 629 September <strong>2008</strong><br />

Elul 5768<br />

Erscheinungsort Wien<br />

Verlagspostamt 1010 P.b.b<br />

eGZ 2.- 03Z034854 W<br />

Die Die<br />

OFFIZIELLES ORGAN DER ISRAELITISCHEN KULTUSGEMEINDE WIEN<br />

magazin


INHALT<br />

&<br />

HOHE FEIERTAGE<br />

Grußbotschaften 7<br />

Glückwünsche 11<br />

IN EIGENER SACHE<br />

MIRIAM TENNER<br />

Fundraising für die IKG? 35<br />

Neue Serie: Hinter den Kulissen der IKG<br />

Teil 1: Mitgliederservice 36<br />

POLITIK<br />

IN- UND AUSLAND<br />

ALEXIA WEISS<br />

Nationalratswahl - Wer<br />

wofür steht und was<br />

verspricht 38<br />

ALEXIA WEISS<br />

Muzicant warnt vor FPÖ-<br />

Regierungsbeteiligung 48<br />

Bundesheer unterstützt<br />

Ulrichsberg-Treffen 49<br />

STOP THE BOMB übt Kritik<br />

an ÖMV Iran-Sponsoring 50<br />

9/11: Weltweit Zweifel<br />

an den Schuldigen 51<br />

ISRAEL<br />

LESSLIE SUSSER<br />

Israel im Jahr 5768 52<br />

MARTA S. HALPERT<br />

Idealist auf gefährlichen<br />

Pfaden 54<br />

WIRTSCHAFT<br />

Österreichs Exporte<br />

nach Israel 56<br />

Steigende Immobilienpreise 56<br />

Kaviar aus Israel 56<br />

WISSENSCHAFT<br />

(ein)blick 58<br />

ReWalk - Gehhilfe aus Israel 60<br />

Digitalisierung der<br />

Schriftrollen vom<br />

Toten Meer 60<br />

Schneekanonen aus Israel 62<br />

GEMEINDE<br />

Täglich<br />

aktualisiert!<br />

www. ikg-wien.at<br />

@<br />

news<br />

events<br />

pinwand<br />

Medieninhaber (Verleger), Herausgeber: <strong>Israelitische</strong> Kultusgemeinde Wien.<br />

Zweck: Information der Mitglieder der IKG Wien in kulturellen, politischen<br />

und or ganisatori schen Belangen. Stärkung des demokratischen<br />

Bewusst seins in der österreichischen Bevöl kerung. Sitz: 1010 Wien, Seitenstettengasse 4, Postfach 145.<br />

Tel. Redaktion/Sekretariat 53 104/271, Anzeigenannahme 53 104/272, Fax: 53104/279, E-mail redaktion@ikg-wien.at<br />

Druck: AV+Astoria Druckzentrum GmbH, A-1030 Wien<br />

Alle signierten Artikel geben die persönliche Mei nung des Autors wieder, die sich nicht immer mit der<br />

Mei nung der Redaktion deckt. Für die Kaschrut der in der GEMEINDE angezeigten Produkte übernehmen<br />

Herausgeber und Redaktion ausdrücklich keine Verantwortung. Nicht alle Artikel, die in der Redak -<br />

tion einlangen, müs sen zur Veröffentlichung gelangen.<br />

Die<br />

Bedeitender Fund<br />

am Zionsberg 62<br />

JÜDISCHE WELT<br />

Offizielle Eröffnung der<br />

ZPC-Schule 63<br />

Panorama 64<br />

KULTUR<br />

ANITA POLLAK<br />

Der Erbe ohne Erben 66<br />

Torberg-Medaille für<br />

Georg Haber 67<br />

Torberg-Nachlese<br />

Neuerscheinungen 68<br />

MARTA S. HALPERT<br />

Erinnerungen an<br />

Lenny Bernstein 69<br />

PETER WEINBERGER<br />

Überall & nirgendwo 70<br />

Titelbild:<br />

Gebet an der Klagemauer<br />

© Kobi Gideon/Flash 90<br />

PLENARSITZUNGEN <strong>2008</strong><br />

Mittwoch, 24. September<br />

Dienstag, 28. Oktober<br />

Dienstag, 25. November<br />

Donnerstag, 04. Dezember<br />

Donnerstag, 18. Dezember<br />

Ausgewertet werden Meldungen von: APA, Jerusalem<br />

Post, Ha’aretz, MEMRI, Yediot Aharonot, Global intelligence<br />

centre, Walla, Y-net, israelnetz (inn), nahostfocus<br />

(NOF), ICEJ, Honestly-concerned, GMW, JTA, u.v.a.<br />

LETZTE MELDUNGEN<br />

Tzipi Livni ist neue Kadima-<br />

Vorsitzende in Israel<br />

Nach ihrem knappen Sieg bei der Wahl um den Vorsitz<br />

der Kadima-Partei will die israelische Außenministerin<br />

Tzipi Livni „schnellstmöglich“ eine neue Regierung<br />

bilden. Das kündigte die 50-jährige Politikerin am 18.<br />

Sep tem ber in Jerusalem an. Kurz zuvor hatte die Wahl -<br />

kom mission bekanntgegeben, dass Livni bei der partei -<br />

internen Wahl des Nachfolgers von Ehud Olmert knapp<br />

vor ihrem Hauptkonkurrenten, Verkehrs mi nis ter Shaul<br />

Mofaz, landete. Die 50-Jährige hatte sich bei der Ab -<br />

stim mung über den Parteivorsitz mit einem knappen<br />

Vorsprung von nur 431 Stimmen durchgesetzt. Livni erzielte<br />

43,1% der Stimmen, Mofaz 42%. Die Wahlbe tei -<br />

ligung lag bei 53,7% der etwa 74.000 Parteimitglieder.<br />

Ahmadinejad wiederholt Israel-Kritik<br />

und bezeichnet Holocaust <strong>als</strong> Lüge<br />

Der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad hat Is -<br />

r a el erneut verbal attackiert und den Holocaust <strong>als</strong><br />

„Lü ge“ be zeichnet. „Wir haben kein Problem mit diesen<br />

Men schen (Israelis), aber sie sollten die besetzten Gebiete<br />

(Israel) verlassen, ihren rechtmäßigen Besitzern überlassen<br />

und in die Länder zurückkehren, aus denen sie stammen",<br />

sagte er am 18. Sep tem ber vor Journalisten in Teheran.<br />

„Wir werden we der eine is raelische Regierung noch eine<br />

israelische Nation anerkennen.“<br />

Zudem stellte Ahmadinejad zum wiederholten Male<br />

den Holocaust infrage - den Massenmord an den Juden<br />

durch die Nazis: „Der Holocaust ist eine Lüge, der wahre<br />

Holocaust wird an den Palästinensern verübt.“ Der iranische<br />

Präsident hatte in den vergangenen Jahren viele Male<br />

mit anti-israelischen Tiraden und der Leugnung des<br />

Holo caustes scharfen internationalen Protest hervorgerufen.<br />

APA/dpa<br />

4 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


HOHE FEIERTAGE<br />

Der Bundespräsident<br />

Die Nationalratspräsidentin<br />

Liebe Mitglieder<br />

der <strong>Israelitische</strong>n<br />

Kultusgemeinde!<br />

Liebe Leserinnen und Leser!<br />

In den letzten Jahren haben<br />

die kulturellen Aktivitäten<br />

des österreichischen Ju den -<br />

tums in Österreich zugenommen<br />

und auch die öffentliche<br />

Sichtbarkeit ist deutlich<br />

gewachsen. Das ist – neben<br />

vielen anderen Faktoren - auch das große Verdienst der<br />

Israe li tischen Kultusgemeinde und ihrer Zeitschrift „DIE<br />

GEMEINDE“.<br />

Wir verdanken dieser Zeitschrift ein wichtiges Fenster<br />

in die Welt aus jüdischer Perspektive. Durch ihre lebendige<br />

Berichterstattung ist „DIE GEMEINDE“ darüber hinaus<br />

auch eine wichtige Quelle internationaler Orientie rung in<br />

Österreich geworden.<br />

So ist es für mich <strong>als</strong> Bundespräsident ein Anliegen, der<br />

Redaktion meinen Dank und meine Anerkennung zum<br />

Ausdruck zu bringen. Ihnen allen, den Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern, sowie allen Leserinnen und Lesern<br />

innerhalb und außerhalb Österreichs sende ich zu den<br />

hohen Festtagen von Rosh-ha-Shana 5769 meine besten<br />

Glückwünsche.<br />

Mit große Freude und Zuversicht für das kommende Jahr<br />

grüße ich Sie mit einem herzlichen „Shalom“!<br />

© Ingo Pertramer<br />

Das Rosch-Haschana, das<br />

Neu jahrsfest, ist auch Anlass<br />

zu rückzublicken.<br />

Das Jahr <strong>2008</strong>, das Gedenk -<br />

jahr, war und ist durch die<br />

Er innerung an Ereignisse ge -<br />

kennzeichnet, die bis in die<br />

Gegenwart hineinwirken, die<br />

Staat und Verfassung, die<br />

die Politik und die Ge sell -<br />

schaft Österreichs geprägt<br />

haben und bis heute prägen.<br />

Die Auseinandersetzung da mit, was zu Stellung und<br />

Macht des Nation<strong>als</strong>ozia lis mus geführt hat, die Aus ein -<br />

an dersetzung mit Antisemi tismus, mit autoritärem<br />

Gedan ken gut muss daher gerade auch von uns Po liti ke -<br />

rinnen und Politikern immer wieder geführt werden.<br />

Denn nur wer die Geschichte kennt, wird in der Lage sein,<br />

autoritäre Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen, wird<br />

den Gefahren der Gegenwart und Zukunft auch mit de -<br />

mo kratisch legitimierten Mitteln entgegentreten.<br />

Entscheidend ist es dabei meines Erachtens, Jugendli chen<br />

zu vermitteln wie wichtig die Beschäftigung mit zeitge -<br />

schichtlichen Themen ist, wie wichtig es ist, nicht weg zu -<br />

sehen. Dies ist eine unerlässliche Voraussetzung dafür, um<br />

Gewalt und Verletzung der Menschenrechte und Men -<br />

schen würde, um aufkeimenden Antisemitismus und Ras -<br />

sis mus zu erkennen und dagegen aufzutreten.<br />

Aufklärungs-, Bildungs- und Informationsarbeit, nicht<br />

nur seitens der Politik, sondern <strong>als</strong> gesamtgesell schaft li che<br />

Aufgabe verstanden, eine an demokratischen Grundwer -<br />

ten und Menschenrechten orientierte, eine besonnene, zu -<br />

kunftsorientierte und soziale Politik sind nötig, um diesen<br />

menschenverachtenden Ideologien den Nährboden zu<br />

entziehen.<br />

Die Demokratie – das ist meine feste Überzeugung – ist<br />

mehr <strong>als</strong> die Summe von Institutionen einer Verfassung.<br />

Sie baut auf Prinzipien wie Toleranz, Respekt vor Min der -<br />

heiten, Achtung der Grund- und Freiheitsrechte, Zivil cou -<br />

rage und dem festen Bekenntnis, sich für diese Prinzipien<br />

einzusetzen.<br />

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern ein gutes, ein<br />

friedvolles und glückliches Neues Jahr 5769.<br />

Barbara Prammer<br />

Präsidentin des Nationalrates<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 5


HOHE FEIERTAGE<br />

Der Bürgermeister der Stadt Wien<br />

© Stadt Wien/Kurt Keinrath<br />

Den Leserinnen und Lesern<br />

der „Gemeinde“ in der Feier -<br />

tagsausgabe zum Neujahrs fest<br />

gratulieren zu dürfen, ist für<br />

mich <strong>als</strong> Wiener Bürger meis -<br />

ter eine liebgewordene Tra di -<br />

tion. Und gerade in Zei ten ei -<br />

nes Wahlkampfes freut es<br />

mich um so mehr, hier ab seits<br />

des tagesaktuellen „Ge schäf -<br />

tes“ eines Politikers Ge dan -<br />

ken über das vergangene Jahr<br />

aufgreifen zu dürfen, die einen<br />

größeren Bo gen spannen.<br />

Ein besonderer Höhepunkt war für mich heuer die Er -<br />

öff nung – oder genauer gesagt: die Wiedereröffnung – des<br />

jüdischen Sportvereins Hakoah 70 Jahre nach dem Raub<br />

durch das Nazi-Regime. Ich scheue mich nicht zu sagen,<br />

dass im März <strong>2008</strong> passiert ist, was schon vor 50 Jahren<br />

hät te passieren sollen – nämlich den einstm<strong>als</strong> weltgrößten<br />

Universal-Sportverein der jüdischen Gemeinde in würdigem<br />

Zustand zurück zu geben. Es tröstet mich allerdings,<br />

dass wir nicht nur die Restitution, sondern mit zusätzli -<br />

chen Mitteln der Stadt auch das von der Kultusgemeinde<br />

vorgeschlagene Konzept verwirklichen konnten: Schulen<br />

und Seniorenheim sind nun mit der Sportanlage verbunden<br />

und das ist in der Tat sinnvoll.<br />

Gar nicht sinnvoll – lassen Sie es mich in dieser Rück -<br />

schau sehr offen sagen – sind die oftm<strong>als</strong> kleingeistigen<br />

Reaktionen mancher Bundespolitiker, wenn es um das<br />

Thema der jüdischen Friedhöfe geht. Ein Thema, das un -<br />

würdig lange verschleppt wird. Im Rahmen des Eizenstat-<br />

Vertrages ist die Verpflichtung des Bundes zur Restaurie -<br />

rung der jüdischen Friedhöfe klar festgelegt. Ich habe, um<br />

den Bund an seine Pflicht zu „erinnern“, auch darüber hi -<br />

naus ein Angebot gemacht: Die Stadt Wien übernimmt nach<br />

der Renovierung die laufende Erhaltung der jüdischen<br />

Friedhöfe in Wien. Dazu stehe ich, denn es geht hier ebenso<br />

um Wiedergutmachung wie um die Erhaltung unseres ge -<br />

mein samen kulturellen Gutes.<br />

Um so mehr freut es mich in diesem Zusammenhang der<br />

Gemeinsamkeit, dass der Präsident der <strong>Israelitische</strong>n Kul -<br />

tus gemeinde, Ariel Muzicant, jüngst in einem Magazin gesagt<br />

hat: „In Österreich sind eine Zivilgesellschaft und ein Pro -<br />

zess der Bewusstseinsbildung entstanden, dieses ,Wir waren nur<br />

Opfer, und die Nazis waren alle böse Deutsche’ verschwindet<br />

langsam. An vielen Orten ist es ,in’, die jüdische Geschichte zu<br />

entdecken. (…) Und gleichzeitig gibt es ein Wiederaufblühen einer<br />

jüdischen Gemeindestruktur: Wir eröffnen in Wien eine Schule<br />

für 600 Kinder, die größte jüdische Schule auf dem Kontinent.“<br />

Dieser Befund berührt mich. Er berührt mich menschlich,<br />

er macht mich froh für diese Stadt und er gibt mir Hoff nung<br />

und Bestätigung auf dem Weg des Miteinander, den wir<br />

in Wien aus Überzeugung eingeschlagen haben und den wir<br />

uns für ganz Europa wünschen. Nicht zuletzt der – viel zu<br />

sehr in Vergessenheit geratene – traurige Jahrestag des Pra -<br />

ger Frühlings von 1968 hat auch in jüngster Geschichte noch<br />

gezeigt, welches Leid totalitäre Systeme über Men schen<br />

bringen. Die EU <strong>als</strong> größtes Friedensprojekt aller Zeiten ist<br />

daher in meinen Augen alternativlos, um ein demokratisches,<br />

respektvolles und sozial ausgewogenes Miteinan der<br />

aller Menschen – egal welcher Religion oder welcher Her -<br />

kunft – in unserem gemeinsamen Haus Europa zu erreichen.<br />

Lassen Sie mich dies zum Anlass nehmen, um Ihnen ein<br />

friedliches, glückliches Neues Jahr zu wünschen – und<br />

eines, in dem wir gemeinsam daran schreiten, diese unsere<br />

Stadt weiterhin lebens- und liebenswert zu gestalten.<br />

Dr. Michael Häupl<br />

ROSCH HASCHANA<br />

KINDERG’ TTESDIENST<br />

Für unsere Kleinen gibt es am 1. Tag Rosch Ha scha na,<br />

Dienstag, 30. September, um 10.00 Uhr, im kleinen<br />

Tempel in der Seitenstettengasse 4, einen Kin der g´ttes -<br />

dienst. Aanschließend Kuchen und Getränke.<br />

TASCHLICH<br />

Wir treffen wir uns am 1. Tag Rosch Haschana, am<br />

Dienstag, 30. September, um 18.00 Uhr, vor dem Wiener<br />

Stadttempel und gehen gemeinsam zum Do nau -<br />

kanal, um unsere Sünden los zu werden.<br />

KINDERBETREUUNG<br />

Damit Sie in Ruhe beten können, wird am 30. Sep -<br />

tem ber und am 1. Oktober von 10.00 - 13.00 Uhr<br />

sowie am 9. Okt ober von 10.00 - 14.00 Uhr eine<br />

Kin der gärtnerin im Sitzungssaal auf Ihre Kinder<br />

aufpassen und mit ihnen spielen.<br />

Im Tempel sollten Sie, bitte, selbst auf Ihre Kin der<br />

aufpassen.<br />

6 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


HOHE FEIERTAGE<br />

Der Botschafter des Staates Israel<br />

Liebe Gemeindemitglieder,<br />

liebe Freunde,<br />

die Klänge des wunderschönen<br />

Kantorenkonzerts im<br />

Wiener Konzerthaus tragen<br />

wir in diesen Tagen, vor Rosch<br />

Haschana, noch mit uns. War<br />

es doch ein sehr besonderer<br />

Abschied vom 60. Unab hän -<br />

gig keitsjahr des Staates Is ra el.<br />

Wien bekam eine Gelegen heit,<br />

die Vielfalt der jüdischen und<br />

israelischen Kultur kennen zu lernen. Von Giora Feidman<br />

über Chava Alberstein bis zu Idan Raichel und von Timna<br />

Brauer über Doron Rabonovici bis zu Tom Cohen, um nur<br />

einige der Künstler zu nennen, war es eine echte Feier des<br />

zeitgenössischen und weltumspannenden kulturellen<br />

Schaf fens. Der eindeutige Leitfaden war die enge Verbun -<br />

den heit zwischen dem jüdischen Volk und dem Staat Isra el.<br />

Der „SpotOn Jiddischkeit“ folgte auf den Fersen der Ausstellung<br />

„The White City of Tel-Aviv“ im Architek tur -<br />

zentrum Wien, des Films „Die Band von Nebenan“, der<br />

Aufführung der „Bat Sheva“ Tanzgruppe im Tanzquartier<br />

und vieler anderer kultureller Aufführungen in Österreich.<br />

Im Laufe des Jahres 5768 verging keine einzige Woche ohne<br />

eine Aufführung, ein Konzert oder eine Ausstellung aus Israel<br />

an verschiedenen Orten in Österreich. All diese Ereig -<br />

nis se und natürlich auch unsere „Israel Bim“, die weiter<br />

durch Wien fährt, sollen Israel Ihnen, liebe Freunde, und<br />

auch anderen näher bringen. Wir sind bemüht, allen die verschiedenen<br />

Facetten Israels zu zeigen und damit Neu gier de<br />

und Interesse an dem Land, dem Volk, der Kultur, der<br />

Wissenschaft und der Wirtschaft zu erwecken. Wir glau ben,<br />

dass das Kennenlernen die Menschen einander näher bringt<br />

und Brücken über die Gräben der Vergangenheit baut.<br />

Die kulturellen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und<br />

gesellschaftlichen Aktivitäten in Israel entwickeln sich wei -<br />

ter, trotz der noch immer bestehenden und täglichen Ge fahr<br />

für den Staat Israel. Auch in diesem Jahr bemühen sich die<br />

Feinde Israels, den Staat von der Weltkarte zu wischen. Der<br />

Iran droht mit seinen Raketen und unterstützt die Terror-<br />

Organisationen Hamas im Gaza Streifen und Hisbollah im<br />

Libanon dabei, ihre tödlichen Angriffe gegen Israel weiter<br />

zu führen.<br />

Im Sommer kehrten die durch die Hisbollah ermordeten<br />

Sol daten Eldad Regev und Ehud Goldwasser in Särgen in<br />

ihre Heimat zurück. Gilad Shalit wurde vor über 820 Ta gen<br />

in den Gaza Streifen entführt. Seit seiner Entführung hat<br />

ihn noch niemand gesehen. Auch das sind Realitäten, mit<br />

denen wir in Israel tagtäglich leben.<br />

Rosch Haschana und Jom Kippur sind Tage, an denen<br />

wir denken, gedenken und hoffen. Es ist leider noch immer<br />

so, dass wir uns nicht einfach freuen können oder unsere<br />

gesamte Kraft auf den Aufbau und das tägliche Schaffen<br />

konzentrieren können. Jeder von uns versucht ein normales<br />

Leben zu leben, mit dem Bewusstsein, dass wir dieses<br />

Leben auch weiter verteidigen müssen.<br />

Auch am Anfang des Jahres 5769 hoffe ich, dass uns dieses<br />

Jahr näher an den Frieden bringen wird und, dass wir<br />

uns endlich in Ruhe den Dingen widmen können, die un -<br />

ser Leben verbessern werden. Ich wünsche Ihnen allen<br />

liebe Freunde, ein gesegnetes und gutes Neues Jahr und<br />

verbleibe mit dem ewigen Wunsch SHANA TOVA!<br />

Ihr,<br />

Dan Ashbel<br />

Botschafter des Staates Israel<br />

Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg<br />

Die Steine<br />

Gedanken zum Neuen Jahr<br />

von Oberrabbiner Paul<br />

Chaim Eisenberg<br />

Zwei Juden treffen einander<br />

am Erev Rosch haSchana am<br />

Friedhof. Es ist Brauch, an<br />

die sem Tag oder an einem der<br />

Ta ge zwischen Rosch ha Sch a-<br />

na und Jom Kippur die Grä ber<br />

der Verstorbenen zu besu -<br />

chen.<br />

Der eine Jude trägt einen schweren Stein bei sich. Nach -<br />

dem sie einander ein gutes Neues Jahr gewünscht haben,<br />

fragt der andere ihn, wozu er denn diesen schweren Stein<br />

bei sich habe.<br />

Dieser antwortete: „Das letzte Jahr war doch sicher kein gu -<br />

tes, nicht anders <strong>als</strong> die Jahre davor! Deshalb habe ich es mir<br />

zum Brauch gemacht, jährlich vor Rosch haSchana das alte Jahr<br />

zu begraben und dies ist der dazugehörige „Grabstein“!<br />

Der andere darauf. „Auch ich habe jedes neue Jahr ein Projekt.<br />

Ich baue jedes Jahr ein ‘Haus des Neuen Jahres’ auf, um nicht nur<br />

enttäuscht an die Fehler des letzten Jahres erinnert zu werden, sondern<br />

konstruktiv und hoffnungsvoll eine „neues Blatt der Ge -<br />

schich te“ zu eröffnen. Und heute, am Tag vor Rosch haSchana<br />

lege ich den Grundstein hiezu!“<br />

Hierauf fragte der erste: “Aber wo ist denn Dein Grund stein?“<br />

Er sagte darauf: „Als Grundstein nehme ich Deinen Grabstein!“<br />

Wäre es nicht schön, wenn auch wir mit einer optimistische<br />

Haltung ins Neue Jahr gehen!<br />

Schana Tova umeworachat! Ein gesundes glückliches und<br />

gesegnetes Neues Jahr!<br />

Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 7


HOHE FEIERTAGE<br />

Präsident Dr. Ariel Muzicant<br />

Sehr geehrte<br />

Gemeindemitglieder!<br />

5768 war ein gutes, aber auch<br />

ein ereignisreiches Jahr.<br />

In Israel feierte man 60 Jahre<br />

Yom Haatzmaut in relativer<br />

Ruhe und die Raketenan grif fe<br />

im Negev und vor allem auf<br />

Sderot konnten durch einen<br />

Waffenstillstand mit der Ha -<br />

mas beendet werden. Es gibt kleine Fortschritte mit der Hisbolla,<br />

indirekte Friedengespräche mit Syrien und intensive<br />

Ver hand lungen mit den Palästinensern. Bei Letzteren verhindern<br />

zwei Probleme den Durch bruch, nämlich die Jeru -<br />

sa lem-Frage und die Hamas. Auch sonst blieben die ge -<br />

fürch teten Terroranschläge von Al Kaida und anderen Extre<br />

misten aus. Manche meinen, all diese Verhandlungen<br />

nützten nur dem Feind. Tatsache ist, dass auf israelischer<br />

Seite weniger Opfer zu beklagen waren.<br />

In Europa wurde das starke Wirtschaftswachstum durch Inflation<br />

und vor allem gestiege ne Energie- und Benzin prei se<br />

gedämpft. Die hohen Lebensmittelkosten treffen vor al lem<br />

die ältere Generation mit kargen Pensionen und kinderreiche<br />

Familien. Dabei ist es er schüt ternd mitzuerleben,<br />

dass gerade in unserer Wohlstandsgesellschaft die Soli da -<br />

ri tät ab nimmt und das Engagement für Arme, Kranke<br />

und Unterprivilegierte zu wünschen übrig lässt. Gerade<br />

unsere jüdische Tradition und jüdische Religion gebieten<br />

uns, mehr für die se Menschen zu tun, mehr Opfer- und<br />

Spendenbe reit schaft zu zeigen. Z’daka, ein in unseren Ge -<br />

be ten immer wieder vorkommendes Gebot, steht für<br />

Wohltätigkeit und Nächsten liebe, und wenn wir uns zu den<br />

hohen Feierta gen in den Synagogen versammeln, hoffe<br />

ich, dass jeder daran denkt, ob er auch seinen Beitrag für<br />

die Allgemein heit geleistet hat.<br />

Es war auch ein turbulentes Jahr in Österreich: Kultus rats -<br />

wah len, Jahrestage (70 Jahre „An schluss“, 60 Jahre Yom<br />

Haatzmaut), Eröffnung des Hakoah Sport- und Freizeit zen -<br />

trums und schließlich in den Tagen vor Rosch Haschana<br />

die lang ersehnte Eröffnung unserer neuen ZPC-Schule.<br />

Es gab wirklich viel zu Gedenken und zu Feiern.<br />

Und wie sieht die Zukunft aus? Die Errichtung des neuen<br />

Maimonides Zentrums wird fort gesetzt. Im November<br />

ge denken wir des 70. Jahrestages des November-Po groms.<br />

Der israelische Premierminister tritt im September zurück<br />

und nach nur zwei Jahren wählt Österreich im September<br />

ein neues Parlament. Bekommen wir in Israel eine neue<br />

Regie rung, die es endlich schafft, mit Syrien und Palästinen<br />

sern Frieden zu schließen? Gelingt es, die größte Bedrohung<br />

des jüdischen Volkes seit der Shoah, nämlich die<br />

Gefahr, dass der Iran mit atomaren Mitteln eine neuerliche<br />

Katastrophe über unser Volk und im ganzen Na hen Osten<br />

herbeiführt, zu beseitigen, oder schaffen es die Europä i-<br />

schen Regierungen fünf vor zwölf den Iran zur Vernunft<br />

zu bringen (ein so genanntes „Window of Oppor tu nity“<br />

schließt sich innerhalb der nächsten sechs Monate)?<br />

Bekommen wir endlich in Österreich eine Regierung, die<br />

bereit ist, die anstehenden Probleme in Österreich (Pflege,<br />

Gesundheitsreform, Schulreform, Bundesstaatsreform) zu<br />

lösen, oder bekommen wir noch instabilere Verhältnisse?<br />

Wird die neue österreichische Regierung unsere jahrzehntelangen<br />

Anliegen umsetzen (Wiesenthal-Institut, Sanie rung<br />

und Pflege der jüdischen Friedhö fe)? Werden die ös ter -<br />

reichischen Grenzen soweit geöffnet, dass wir es schaffen,<br />

mit Hilfe der öffentlichen Hand eine kontrollierte und mo -<br />

derate Einwanderung von Juden aus Euro pa auf die Beine<br />

zu stellen, um das Schrumpfen unserer Gemeinde in Österreich<br />

zu beenden und wieder eine vernünftige Mitglie -<br />

derzahl zu erreichen, um so jene kritische Masse zu erhalten,<br />

die die jüdische Gemeinde in Österreich stabilisiert?<br />

Ich hoffe, dass wir Antworten auf alle diese Fragen in<br />

Gesundheit und Frieden erleben werden und wünsche<br />

Ihnen und Ihren Familien besinnliche und frohe Feiertage<br />

und ein gesundes und erfolgreiches Jahr 5769.<br />

Ihr<br />

Dr. Ariel Muzicant<br />

<strong>2008</strong> • 5768/69<br />

ROSCH HASCHANAH<br />

30.09.-01.10.08<br />

YOM KIPPUR 09.10.08<br />

SUKKOT 14.-20.10.08<br />

SHEMINI ATZERET 21.10.08<br />

SIMCHAT THORA 22.10.08<br />

CHANUKKAH 22.-29.12.08<br />

PURIM 10.03.09<br />

PESSACH 09.-16.04.09<br />

SCHAVUOT 29.-30.05.09<br />

2009 • 5769/70<br />

ROSCH HASCHANAH<br />

19.09.-20.09<br />

YOM KIPPUR 28.09.09<br />

SUKKOT 07.-09.10.09<br />

SHEMINI ATZERET 10.10.09<br />

SIMCHAT THORA 11.10.09<br />

CHANUKKAH 12.-19.12.09<br />

PURIM 28.02.10<br />

PESSACH 30.03.-06.04.10<br />

SCHAVUOT 19.-20.05.10<br />

8 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


HOHE FEIERTAGE<br />

Liebe Freunde und Gemeindemitglieder!<br />

Ein Jahr ist wie im Flug vergangen. Zu gerne hätten wir Jimmys Hoch -<br />

zeit miterlebt, aber dieser Wunsch wurde uns verwehrt.<br />

Die Steinstellung<br />

für den von uns allen geliebten<br />

Jimmy<br />

findet am 5. Oktober <strong>2008</strong>, um 15.30 Uhr<br />

am Zentralfriedhof, Tor 4, statt.<br />

Anschließend wird um 17 Uhr im Stadttempel ein Gedenk-Gottes -<br />

dienst mit darauffolgendem Kiddusch zu Jimmys Ehren abgehalten.<br />

Die Familie Enukaschwili möchte sich hiermit bei allen Verant wort li -<br />

chen und Spendern für Jimmys Gedenktafel sehr herzlich bedanken.<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 9


HOHE FEIERTAGE<br />

WIENER STADTTEMPEL<br />

MAIMONIDES ZENTRUM<br />

BADEN<br />

Kantor: Yair Barzilai<br />

Gebetszeiten Früh Abends<br />

Rosch Haschana<br />

Erev Montag, 29.9. 06.30 18.30<br />

RH 1. Tag Dienstag, 30.9. 08.30 18.40<br />

Taschlich 18.00<br />

RH 2. Tag Mittwoch, 01.10. 07.00 18.45<br />

Jom Kippur<br />

Erev Mittwoch, 8.10. 18.15<br />

J. Kippur Donnerstag, 9.10. 08.30 17.00<br />

Schofar 19.27<br />

Jiskor 11.30 Uhr<br />

Gebetszeiten Früh Abends<br />

Rosch Haschana<br />

Erev Montag, 29.9. 18.00<br />

RH 1. Tag Dienstag, 30.9. 09.00 18.10<br />

Taschlich 17.45<br />

RH 2. Tag Mittwoch, 01.10. 09.00 18.45<br />

Jom Kippur<br />

Erev Mittwoch, 8.10. 18.00<br />

J. Kippur Donnerstag, 9.10. 09.00 17.00<br />

Jiskor 12.00 Uhr<br />

Gebetszeiten Früh Abends<br />

Rosch Haschana<br />

Erev Montag, 29.09. 18.30<br />

RH 1. Tag Dienstag,13.09. 10.00 18.40<br />

RH 2. Tag Mittwoch, 01.10. 10.00 18.45<br />

Jom Kippur<br />

Erev Mittwoch, 08.10. 18.15<br />

J. Kippur Donnerstag, 09.10. 10.0 17.30<br />

Schofar 19.27<br />

Die Sitzplätze sind kostenlos!<br />

Tel.: +43 2252 25 25-300 Fax: 3030 office@juedischegemeinde.at,<br />

SICHERHEIT FÜR IHRE KINDER, FAMILIE UND FREUNDE<br />

RICHTIGES VERHALTEN ZU DEN HOHEN FEIERTAGEN<br />

Weltweit bleibt die Sicherheitslage für jüdische und is ra e lische Ein rich tun gen angespannt. Wir ersuchen Sie daher, auch wei ter -<br />

hin einige Ver hal tensregeln, insbesondere während der kom men den Feierta ge, zu beachten! So können Sie helfen, Notlagen<br />

zu verhindern!<br />

SEIEN SIE WACHSAM!<br />

Achten Sie auf Ihre Umge bung und ungewöhnliche Gegen stän de, Vor fäl le und Personen und melden Sie diese so fort dem Si cher -<br />

heitspersonal!<br />

VERHALTEN SIE SICH RICHTIG!<br />

• BRINGEN SIE KEINE IHNEN FREMDE PERSONEN IN DIE SYNAGOGE MIT!<br />

• VERMEIDEN SIE ES, SICH VOR DER SYNAGOGE AUFZUHALTEN!<br />

• LASSEN SIE IHRE KINDER NICHT VOR DER SYNAGOGE SPIELEN!<br />

• TASCHEN BZW. PERSÖNLICHE GEGENSTÄNDE SOLLTEN NICHT UNBEAUFSICHTIGT BLEIBEN!<br />

• MELDEN SIE JEDEN UNGEWÖHNLICHEN VORFALL UNSEREN SICHERHEITSKRÄFTEN!<br />

Beachten Sie die Anweisungen des Sicherheits per so n<strong>als</strong> und unterstützen Sie dieses nach Mög lichkeit!<br />

FALLS IHNEN EIN VERDÄCHTIGER ODER LIEGENGELASSENER GEGENSTAND AUF FÄLLT,<br />

IST FOLGENDES ZU BEACHTEN:<br />

• BERÜHREN SIE KEINESFALLS DEN GEGENSTAND !<br />

• VERLASSEN SIE SOFORT DEN RAUM ODER DEN ORT, WO SICH DER BETREFFENDE GEGENSTAND BEFINDET!<br />

• VERSTÄNDIGEN SIE SOFORT UNSERE SICHERHEITSKRÄFTE VOR ORT!<br />

SIE ERREICHEN UNS VON 0-24 UHR UNTER TEL. 369 85 26<br />

BITTE HELFEN SIE MIT, DIE GEFAHR SO GERING WIE MÖGLICH ZU HALTEN!<br />

SICHERHEITSHINWEIS FÜR ORTHODOXE SYNAGOGEN<br />

Falls Sie während des Gebetes Ihnen unbe kann te Personen in der Synagoge se hen,<br />

informieren Sie bitte so fort Ihren zuständigen Sicherheitsbeamten!<br />

10 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


IN EIGENER SACHE • FUNDRAISING<br />

Fundraising für die IKG?<br />

Eine Gratwanderung im Mikrokosmos<br />

unserer Gemeinde<br />

Der amerikanische Rabbiner und<br />

Re li gionswissenschaftler Arthur<br />

Hertz berg (s.A.) schrieb: „In den letzten<br />

zweihundert Jahren war der Pluralis -<br />

mus das einigende Prinzip des mo der nen<br />

Ju den tums; Juden, die auf theoretischer<br />

Ebene stark voneinander ab weichen, können<br />

in der Praxis aber trotzdem zusam -<br />

men arbeiten. Sie teilen noch immer die<br />

gleichen Überzeu gungen, die die jüdischen<br />

Frakti o nen schon vor zweitausend Jahren<br />

zu sammenhielten" und weiter: „Die<br />

Zio nisten, die Orthodoxen und die religiösen<br />

Liberalen von heute haben zwar un -<br />

terschiedliche Vorstellungen darüber, wie<br />

sich Juden verhalten sollten, aber sie alle<br />

verfol gen dasselbe Ziel - nämlich die Er -<br />

hal tung des jüdischen Volkes <strong>als</strong> etwas<br />

Ein zigar ti gem, Besonderem auf der Welt".<br />

Mir gefallen diese Zitate vor allem<br />

deshalb, da Hertzberg hier eine klare<br />

Sehnsucht zum Ausdruck bringt, die<br />

umfassender nicht sein könnte: Den<br />

Wunsch nach jüdischer Gemeinschaft<br />

basierend auf grundlegenden jüdischen<br />

Werten. An dieser Stelle möchte<br />

ich insbesondere drei Werte hervorheben,<br />

von denen ich glaube, dass sie<br />

wesentlich zu der Verbundenheit al ler<br />

jüdischen Gemeinden weltweit beitragen<br />

und eine Kraft jüdischen Le bens<br />

sind.<br />

Solidarität, Zedaka und Ahawat Israel<br />

Je nachdem wie stark diese Werte ge -<br />

lebt werden, sind sie das „Lackmus-<br />

papier“ unserer Vitalität. Die Dyna -<br />

mik geht nach innen. Gelten diese<br />

Werte nicht mehr, dann hat das un -<br />

weigerlich Auswirkungen auf die<br />

„Lebendigkeit“ jüdischen Lebens.<br />

Die Eröffnung der neuen ZPC Schule<br />

auf dem IKG Campus ist eines von<br />

vielen gelebten Beispielen in unserer<br />

Gemeinde für eine solche gemeinsame<br />

Anstrengung zu einem lebendigen<br />

jüdischen Leben. Gemeint ist hier<br />

nicht nur die großzügige finanzielle<br />

Unterstützung von privaten Spen dern,<br />

sondern auch und insbesondere der<br />

persönliche Einsatz vieler dieses Pro -<br />

jekt zu verwirklichen.<br />

Das Motto der Schule ist „Bildung<br />

jüdischer Gemeinschaft“. Das lässt<br />

sich nur <strong>als</strong> nachhaltiger Prozess verstehen,<br />

den die Kinder und Jugend li -<br />

chen aktiv erleben müssen, um es zu<br />

ihrem „Ding“ zu machen.<br />

Daher ist diese Schule so wichtig !<br />

Nun, warum der Untertitel „eine Gratwanderung…“<br />

?<br />

Als Fundraiserin für unsere Ge mein -<br />

de bewege ich mich auf ziemlich dünnem<br />

Eis: Einerseits gibt es das „Mega-<br />

projekt“ IKG Campus mit Schule, El -<br />

ternheim und Hakoah – andererseits<br />

gehen die Bedürfnisse der Mitglieder<br />

unserer Gemeinde noch weit über dieses<br />

Projekt hinaus und jeder/jede Einzelne<br />

hat unterschiedliche Vorstel lun -<br />

gen darüber, welche seiner/ihrer Be -<br />

dürfnisse zuerst und am ehesten<br />

zufriedenzustellen sind.<br />

Für was setze ich mich <strong>als</strong>o ein und für<br />

welches Projekt/Organisation spen de<br />

ich?<br />

Was bedeutet für mich Zedaka und<br />

Ahawat Israel ?<br />

Die Antwort ist jedenfalls eine sehr<br />

per sönliche und kann nur in der Ei gen -<br />

verantwortung von jedem selbst liegen.<br />

Viele unserer Mitglieder arbeiten eh -<br />

renamtlich in diversen jüdischen und<br />

israelischen Institutionen und Hilfs -<br />

organisationen. Noch mehr leisten zumindest<br />

einen finanziellen Beitrag für<br />

den einen oder anderen Zweck.<br />

Res pekt und Dank gebührt allen.<br />

Ich kann <strong>als</strong> Fundraiserin der IKG nur<br />

einen Bedarf mit einer dringenden<br />

Bitte an Sie kommunizieren. Ob dieser<br />

Bedarf mit Ihren Vorstellungen in Einklang<br />

zu bringen ist, entscheiden Sie!<br />

In diesem Sinne wünsche ich uns allen<br />

ein glückliches, gesundes und erfolgreiches<br />

Neues Jahr 5769!<br />

Herzlichst,<br />

Miriam Tenner<br />

Fundraising Management IKG Wien<br />

m.tenner@ikg-wien.at<br />

mobil +43/676 844 512 601<br />

Miriam Tenner verstärkt seit Juni<br />

<strong>2008</strong> das Fundraising-Team der IKG<br />

Wünsche?<br />

Probleme?<br />

Anregungen?<br />

Wenden Sie sich<br />

vertrauensvoll an unsere<br />

IKG-Ombudsleute<br />

Gustav Adler<br />

Tel: 0676 636 5118,<br />

Heinrich Ehlers<br />

Tel: 0676 421 3670<br />

DI Hans Gelbard<br />

Tel: 0699 11058 606<br />

Dr. Slawik Jakubow<br />

Tel: 0664 103 2349<br />

Prof. Dr. Franziska Smolka<br />

Tel: 531 04 -105<br />

fsmolka@chello.at<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 35


IN EIGENER SACHE • HINTER DEN KULISSEN<br />

SERIE<br />

Hinter den Kulissen –<br />

Die IKG Wien stellt sich vor<br />

Teil 1: DAS MITGLIEDERSERVICE<br />

SERVICE<br />

Öffnungszeiten: Montag bis<br />

Donnerstag 9.00 Uhr bis 16.30 Uhr<br />

und nach Vereinbarung; Freitag<br />

9.00 Uhr bis 14.00 Uhr (Bei persönlichen<br />

Vorsprachen wird – auch<br />

wegen der Sicherheitskontrollen -<br />

um vorherige telefonische Termin -<br />

ver einbarung gebeten!)<br />

Erreichbarkeit Mitgliederservice:<br />

01/53 104 - DW 170, DW 171 oder<br />

DW 190; Fax DW 179;<br />

service@ikg-wien.at<br />

Erreichbarkeit Matrikenangele -<br />

gen heiten: 01/53 104 - DW 172;<br />

Fax DW - 179; w.eckstein@ikg-wien.at<br />

(Mag. Wolf-Erich Eckstein)<br />

„Ein schönes<br />

Gefühl,<br />

weiterhelfen<br />

zu können“<br />

Sie möchten sich in der Kultusge mein de<br />

<strong>als</strong> Mitglied eintragen lassen? Sie haben<br />

Fragen zu Ihrem Kultus bei trag? Oder<br />

brauchen Sie schlicht eine Auskunft und<br />

wissen nicht genau, an wen in der IKG<br />

Sie sich konkret wenden sollen? Dann<br />

sind Sie beim Mit glie derservice der IKG<br />

Wien an der richtigen Stelle. Geführt<br />

wird es seit seiner Gründung 1999 von<br />

Natalia Najder.<br />

VON ALEXIA WEISS<br />

Natalia Najder (mi) mit ihrem Team:<br />

Sylvia Toegel, Avi Kihinashvili und<br />

Wolf-Erich Eckstein (vlnr)<br />

Die Telefone läuten, eine Nachricht<br />

nach der anderen trifft in der Mailbox<br />

ein und an der Tür klopft schon der<br />

nächste ausländische Gast, der sich in<br />

den Matrikenbüchern der Kultusge -<br />

meinde auf Spurensuche nach seinen<br />

Vorfahren aus Wien machen möchte:<br />

das ist der ganz normale Alltag im<br />

Mitgliederservice der IKG Wien. Im<br />

Schnitt beantworten die vier Mitar -<br />

beiter täglich je 20 telefonische Anfra -<br />

gen und beantworten 30 Mails. Zehn<br />

bis 15 Personen sprechen jede Woche<br />

persönlich im Büro im Parterre vor.<br />

Die Aufgaben des Mitgliederservi ce,<br />

das 1999 aus der Zusammenführung<br />

von Steuer- und Matrikelamt entstand,<br />

sind vielfältig: dazu zählen das Regis -<br />

trieren neuer Mitglieder, das Einhe ben<br />

der Kultusbeiträge, die Verwaltung<br />

der Tempelkarten, das Ausstellen von<br />

Bestätigungen, die Pflege der Mitglie -<br />

derdatenbank sowie der große Be reich<br />

der Matriken, <strong>als</strong>o der Geburts-, Hei -<br />

rats- und Sterbebücher der Jahre 1826<br />

bis 1938.<br />

Für letztere zuständig zeichnet<br />

Mag. Wolf-Erich Eckstein. Wer im mer<br />

nach Dokumenten seiner Vorfahren<br />

sucht, ist bei ihm richtig. Und die<br />

Nachfrage nach Ausstellung von entsprechenden<br />

Urkunden nehme nicht<br />

ab, sondern zu. „Gäste aus der ganzen<br />

Welt suchen hier nach ihren Wurzeln“,<br />

so die Leiterin des Mitglie der service.<br />

Ein weiterer großer Bereich der Ab -<br />

teilung: die Aufnahme von Mitglie derdaten<br />

der Jahre 1945 bis 1985 in die<br />

aktuelle Datenbank. Seit den achtziger<br />

Jahren werden die jeweils neuen<br />

Daten mit dem Computer erfasst.<br />

Nach und nach werden nun ältere<br />

Daten, die mit Hilfe von Karteikarten<br />

archiviert worden waren, in die Da -<br />

tenbank eingegeben. Darum kümmert<br />

sich hauptsächlich Sylvia Toegel, die<br />

seit 1977 in der Kultusgemeinde tätig<br />

und damit momentan die ältestgediente<br />

Mitarbeiterin der Gemeinde ist. Bis<br />

zum Buchstaben G hat sich Sylvia<br />

Toegel inzwischen vorgekämpft. Es ist<br />

kein leichtes Unterfangen, geht es doch<br />

darum, möglichst alle relevanten Da -<br />

ten miteinander zu verknüpfen – <strong>als</strong>o<br />

etwa die Mitgliederdaten mit jenen<br />

der Friedhofsdatenbank, die ebenfalls<br />

36 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


IN EIGENER SACHE • HINTER DEN KULISSEN<br />

in den Aufgabenbereich von Natalia<br />

Najder und ihrem Team fällt.<br />

Der vierte und jüngste in diesem<br />

Team ist Avi Kihinashvili. Ist Wolf-<br />

Erich Eckstein einmal nicht da, weiß er,<br />

wie man mit den Matriken umgeht.<br />

Und auch bei allen anderen Aufgaben<br />

packt er mit an. Denn das Mitglieder -<br />

service ist ja nicht nur erste Anlauf -<br />

stel le nach außen, sondern kooperiert<br />

auch mit vielen anderen Abteilungen<br />

der IKG. „Wir unterstützen die Fund -<br />

rai sing-Abteilung“, betont Nata lia Naj -<br />

der hier <strong>als</strong> eine wichtige Aufgabe.<br />

Das Mitgliederservice hilft aber auch<br />

bei der Organisation der alle fünf<br />

Jahre stattfindenden Kultuswahlen,<br />

erstellt die Sterbeliste für die Zeitung<br />

bzw. informiert alle Interessierten<br />

über Begräbnistermine, erstellt die<br />

Geburtstagsliste (Mitglieder ab 70<br />

erhalten persönliche Glückwünsche),<br />

unterstützt die Friedhofsverwaltung<br />

etwa durch die Administration der<br />

Grab reservierungen und stellt schließlich<br />

auch noch das Adressmaterial der<br />

IKG für alle jüdischen Medien bereit.<br />

Letzteres macht insoferne Auf wand,<br />

<strong>als</strong> die IKG ihre Adressen nicht aus<br />

der Hand gibt. Das bedeutet, dass bei<br />

jedem einzelnen Verschicken einer<br />

Publikation das Mitgliederservice in<br />

diesen Vorgang eingeschaltet ist. Und:<br />

wer – aus Sicherheitsgründen oder<br />

aus welchem persönlichen Grund<br />

auch immer – keine Zuschrif ten mit<br />

<strong>als</strong> jüdisch ersichtlichem Absender<br />

bekommen möchte, erhält alle Zusen -<br />

dungen im neutralen Kuvert. Derzeit<br />

würden rund 30 Mitglieder dieses<br />

Service in Anspruch nehmen, erzählt<br />

die Leiterin des Mitgliederservice.<br />

Seit kurzem bieten Natalia Najder<br />

und ihre Mitstreiter übrigens ein weiteres<br />

Service an: mit einer neuen Da -<br />

ten bankfunktion ist es möglich, anzuge<br />

ben, welche Publikationen man er -<br />

halten will und welche nicht. So kann<br />

beispielsweise nur „Die Gemein de“<br />

sowie der „David“ oder nur „Die<br />

Gemeinde“ und „NU“ bezogen werden.<br />

Eine Mitteilung an das Mit glie -<br />

derservice reicht, und diese Infor ma -<br />

tionen werden in der Datenbank eingegeben<br />

und dann entsprechend<br />

berücksichtigt.<br />

Insgesamt appelliert Natalia Najder<br />

an alle derzeit rund 7.000 Mitglieder,<br />

stets ihre aktuellen Daten mitzuteilen.<br />

Egal, ob man umzieht und damit eine<br />

neue Anschrift hat oder sich Telefon -<br />

nummer oder E-Mail-Adresse ändert:<br />

ein kurzer Anruf oder ein Mail genügen<br />

und das Mitgliederservice kann<br />

seine Datenbank aktuell halten. Rat -<br />

sam ist es übrigens auch, beim Hin -<br />

terlassen von Nachrichten auf dem<br />

telefonischen Anrufbeantworter seinen<br />

Namen und seine Tele fon num -<br />

mer zu hinterlassen. „Immer wieder<br />

haben wir Mailboxnachrichten mit der<br />

Bitte um Rückruf, ohne dass Name und<br />

Telefonnummer angegeben werden“,<br />

plaudert Natalia Najder aus dem<br />

auch teils amüsanten Alltag. In die<br />

Rubrik „Anekdotisches“ fallen auch<br />

jene E-Mail-Anfragen aus den USA,<br />

mit denen ohne Angabe eines Namens<br />

nach Vorfahren gesucht wird. Wenn<br />

dann nicht einmal eine Telefonnum -<br />

mer oder andere Kontaktmöglichkeit<br />

angegeben wird und das Ver sen den<br />

an die Mailadresse – „wie das leider oft<br />

mit amerikanischen Mail-Adressen der<br />

Fall ist“ – nicht funktioniert, versandet<br />

die Anfrage leider im Nichts.<br />

Und das tut Natalia Najder weh,<br />

denn sie versteht sich <strong>als</strong> Servicestelle<br />

und findet es „ein schönes Gefühl, wei -<br />

terhelfen zu können“. Auch dann, wenn<br />

Mitglieder „nach der Telefon num mer<br />

der Gemeinde auf den Bahamas fragen“<br />

oder sich schlicht nach den aktuellen<br />

Gebetszeiten erkundigen. „Und falls<br />

es uns nicht möglich ist, eine Anfrage zu<br />

beantworten, dann möchten wir wenigstens<br />

an die richtige Stelle verweisen“,<br />

betont Natalia Najder. Damit das auch<br />

funktioniert, brauche man ein motiviertes<br />

Team, so die Leiterin, „und ich<br />

habe ein tolles Team“. Ihr Credo: „Das<br />

Team ist nur so motiviert, wie der Leiter<br />

ZUR PERSON<br />

oder die Leiterin.“ Das viele positive<br />

Feedback zeigt, dass sie den richtigen<br />

Weg eingeschlagen hat. Persönlich<br />

ma che ihr die Aufgabe trotz zeitweiliger<br />

massiver Arbeitsüberlastung<br />

„großen Spaß“. Interessant findet sie<br />

vor allem die Abwechslung. Denn im<br />

Mitgliederservice ist kein Tag wie der<br />

vorhergehende.<br />

<br />

A<br />

N<br />

ANTIQUITÄTEN<br />

1010 Wien, Spiegelgasse 19<br />

A<br />

N<br />

Verlassenschaften - Gemälde - Möbel<br />

K<br />

K<br />

Silber-Porzellan-Bronzefiguren-Judaica<br />

A Ständiger Ankauf von Antiquitäten A<br />

U unverbindlicher Hausbesuch<br />

BARZAHLUNG<br />

F<br />

U<br />

F<br />

Tel. 06991/785 1810 P. Kulcsar<br />

www.kulcsar.at<br />

Natalia Najder, geb. 1957 in Warschau, verbrachte ihre Schul zeit in War -<br />

schau und London. Nach der Matura 1975 zunächst fünf Semester<br />

Studium orientalischer Spra chen in Warschau, von 1978 bis 1981 Chef -<br />

sekretärin der Iberistik-Ab tei lung der Uni War schau.<br />

Seit Oktober 1981 in Österreich, von 1983 bis 1988 Mitarbeiterin der Steu -<br />

er abteilung der IKG. Danach bis Herbst 1989 in Griechenland, anschließend<br />

für Fa. Forel tätig. Seit Mai 1991 wieder in der Kul tus gemeinde. Ab<br />

1. Ja nu ar 1999 Leitung des Mitgliederservice.<br />

Najder ist zudem ehrenamtlich im Tauchbetrieb ihres Ehemannes Pe ter<br />

Käfer böck tätig, der auch im mer wie der Veranstaltungen in Koope ra tion<br />

mit dem Sommercamp der Zwi Peres Chajes-Schule durchführt.<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 37


POLITIK • INLAND<br />

Wer wofür steht und was verspricht<br />

Nichts geht mehr: die SPÖ-ÖVP-Regierung beschloss diesen Sommer ihr frühes Ende.<br />

Nach nicht einmal zwei Jahren Regierungsarbeit wird Ende September wieder zur Wahl ur ne<br />

gerufen.<br />

„Die Gemeinde“ bat die Spitzenkandidaten von SPÖ, ÖVP, Grünen und LIF für die bevorstehende<br />

Nationalratswahl um Antworten auf Fragen, die die Mitglieder der <strong>Israelitische</strong>n<br />

Kultusgemeinde bewegen. Wer wird endlich die Verantwortung für die Erhaltung der jüdischen<br />

Friedhöfe übernehmen? Warum kommt der NS-Kriegsver bre cher Milivoj Asner ungeschoren<br />

davon? Und wie sieht Gedenken im Jahr <strong>2008</strong> aus?<br />

Fritz Dinkhauser, der ursprünglich ebenfalls zusicherte, für ein Gespräch zur Verfü gung zu<br />

ste hen, fand schlussendlich leider keine Zeit dafür. Dafür fand IKG-Prä si dent Ariel Muzi cant<br />

in einem Pressegespräch klare Worte hinsichtlich einer angesichts der Umfragen (Stand<br />

Anfang September) nicht unwahrscheinlichen Regie rungs beteiligung der FPÖ.<br />

EIN DOSSIER VON ALEXIA WEISS<br />

„Die Gemeinde“: Heuer sollte daran<br />

gedacht werden, wie vor 70 Jahren der<br />

NS-Terror in Öster reich seinen Anfang<br />

nahm. Warum fiel das of fizielle Gedenken<br />

durch die Repu blik un ter einem SPÖ-<br />

Kanzler derart verhalten aus?<br />

Werner Faymann: Es gab eine Reihe<br />

von Gedenkver an stal tungen zu „1938<br />

– <strong>2008</strong>“ beziehungsweise „1918 – 1938<br />

– <strong>2008</strong>“. Die für September ge plante<br />

Ausstellungs er öffnung „1918 – 38 –<br />

<strong>2008</strong>“ wurde wegen den Natio nal -<br />

ratswahlen auf November verschoben,<br />

weil wir si cher gehen wollen,<br />

dass die Ausstel lung die Aufmerk -<br />

sam keit bekommt, die ihr zusteht.<br />

„Jüdische Gemeinde<br />

bei ihrer Entwicklung<br />

unterstützen“<br />

SPÖ-Spitzenkandidat We r ner<br />

Faymann über den Um gang<br />

mit NS-Kriegsverbre cher Asner,<br />

den Zustand der jüdischen<br />

Fried höfe und seine Linie in<br />

der Nahost-Politik<br />

Werner Faymann<br />

©SPÖ<br />

POLITIK<br />

Viele Gemeindemitglieder schmerzt es,<br />

dass mit Milivoj Asner ein bekannter<br />

NS-Kriegsverbrecher ruhig seinen<br />

Lebens abend in Österreich verbringen<br />

kann, ohne dass ihm der Prozess<br />

gemacht wird. SPÖ-Justizministerin<br />

Maria Berger hat zwar mit dem<br />

Aussetzen eines Kopfgeldes auf die<br />

beiden vermutlich noch lebenden österreichischen<br />

Kriegsverbrecher Alois<br />

Brunner und Aribert Heim ein Zeichen<br />

gesetzt, sagt aber, dass ihr im Fall Asner<br />

auf Grund der geltenden Rechtslage die<br />

Hände gebunden seien. Warum gibt es<br />

seitens der SPÖ dann keine Initiativen,<br />

rechtlich Möglichkeiten zu schaffen, hier<br />

einzugreifen?<br />

Gegen Milivoj Asner wurden Ge -<br />

richts verfahren eingeleitet. Am 22. Dezem<br />

ber 2004 wurde das Kärntner<br />

Lan desgericht aktiv und leitete Vorer -<br />

he bungen wegen Verdacht auf Völ -<br />

ker mord ein. Diese wurden auf Basis<br />

von Gutachten hinsichtlich der nicht<br />

gegebenen Vernehmungsfähigkeit von<br />

Asner immer wieder unterbrochen.<br />

So weit mir bekannt ist, wurde nun<br />

ein Experte aus der Schweiz, Marc<br />

Graf, gebeten, Asner zu untersuchen.<br />

Ich hof fe, dass es durch diese Ex per ti -<br />

se zu einer endgültigen Klärung der<br />

Rechtslage kommen wird.<br />

Es verwundert auch, dass den Aussagen<br />

des Kärntner Landeshauptmannes Jörg<br />

Haider (BZÖ), wonach es sich bei den<br />

Asners um „eine nette Familie“ handelt,<br />

kein Aufschrei der politischen Mitbewer -<br />

ber gefolgt ist. Auf Bundesebene haben<br />

lediglich die Grünen Protest eingelegt.<br />

Warum hat sich die Bundes-SPÖ hier<br />

nicht zu Wort gemeldet?<br />

Die SPÖ Kärnten hat die Aussagen<br />

Hai ders <strong>als</strong> entbehrlich und ge -<br />

schmack los kritisiert, er hat damit dem<br />

Image des Landes großen Schaden zugefügt.<br />

Sie erinnerte Haider daran,<br />

dass Asner wegen Völkermordes an -<br />

ge klagt wurde und zu den laut Wie senthal-Zentrum<br />

meistgesuchten Na zi-<br />

Verbechern zählt. Ich gehe davon aus,<br />

dass diese Aussagen in Abstim mung<br />

mit der Bundesorganisation ge macht<br />

wurden. Für die Zukunft nehme ich<br />

für mich mit, dass wir hier deutlicher<br />

und auf allen Ebenen der Bewegung<br />

reagieren müssen.<br />

38 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


POLITIK • INLAND<br />

Als ebenso schmerzlich empfinden viele<br />

Juden, dass die jüdischen Friedhöfe weiter<br />

verfallen, und das trotz entsprechender<br />

Verpflichtung Österreichs durch das<br />

Washingtoner Abkommen von 2001,<br />

die Gräber instand zu setzen und zu<br />

erhalten. Im Nationalrat liegt zusätzlich<br />

ein Initiativantrag der Grünen, hier<br />

endlich tätig zu werden. Außer einer<br />

Studie zum Währinger Friedhof, für die<br />

National- und Zukunftsfonds 300.000<br />

Euro aufbringen, ist nichts passiert.<br />

Warum handelt die SPÖ nicht? Ist es<br />

hier wirklich der Weisheit letzter<br />

Schluss, dass das Thema wie eine heiße<br />

Kartoffel zwischen Bund und Ländern<br />

hin- und hergeschoben wird?<br />

Mir ist bewusst, dass der Anspruch<br />

sein muss, dass jeder jüdische Fried hof<br />

in einem Zustand ist wie der Zen tral -<br />

friedhof, IV. Tor. Wir müssen den jü -<br />

dischen Stätten ihrer Tradition der Unveränderlichkeit<br />

und Beständigkeit<br />

entsprechen. Ich weiß, dass beispielsweise<br />

der jüdische Friedhof in Wäh -<br />

ring sich in einem Zustand befindet,<br />

der nicht tragbar ist. Grundsätzlich ist<br />

es so, dass die Gräberbetreuung bei<br />

den Ländern angesiedelt ist. Die Stadt<br />

Wien ist bei der Gräberfinan zie rung<br />

beispielsweise sehr großzügig. Der von<br />

Ihnen angesprochene Initiativ-An trag<br />

wurde von den Grünen erst am 7. Mai<br />

<strong>2008</strong> eingebracht und konnte - wegen<br />

der Aufkündigung der Koalition und<br />

der Neuwahlen - nicht mehr im<br />

Ausschuss behandelt werden.<br />

(Nationalratspräsidentin, Anm.) Bar -<br />

ba ra Prammer hat nun ein Pilot pro -<br />

jekt im Währinger Park gestartet, wie<br />

groß der tatsächliche Sanierungs be darf<br />

ist. Es braucht hier wesentlich mehr<br />

<strong>als</strong> einen Gärtner, der das Gras mäht<br />

und die Sträucher stutzt. Die Grab -<br />

mä ler sind zum Teil sehr aufwändig<br />

gestaltet und müssten dementsprechend<br />

restauriert werden. Ich werde<br />

den Dialog auf der Seite des Bundes<br />

vorantreiben, um hier zu kon kreten<br />

Ergebnissen zu kommen.<br />

Empfinden Sie es <strong>als</strong> wichtig für die<br />

heutige österreichische Gesellschaft,<br />

dass es eine lebendige jüdische<br />

Gemeinde gibt? Gibt es hier auch eine<br />

Verpflichtung der öffentlichen Hand,<br />

etwas zur dafür nötigen Infrastruktur<br />

bzw. deren Erhaltung beizusteuern?<br />

Wo beginnt und wo endet für Sie<br />

diese Verpflichtung?<br />

Ja, ich empfinde es <strong>als</strong> sehr wesentlich,<br />

eine lebende jüdische Gemeinschaft<br />

zu haben. Wir haben hier eine Ver -<br />

pflichtung, die sich nicht nur aus der<br />

Geschichte ableitet. In jüngster Zeit<br />

konnten Signale gesetzt werden, wie<br />

zum Beispiel die Rückgabe des Neu -<br />

baus am Hakoah-Platz in Wien. Auch<br />

die höchst begrüßenswerten Initia ti -<br />

ven des Jewish Welcome Service werden<br />

unterstützt.<br />

Eine lebendige jüdische Gemeinde, das<br />

heißt auch: gelebtes Judentum. Könnte<br />

die heute 7.000 Mitglieder zählende<br />

Gemeinde durch Zuzug vergrößert<br />

werden, sähe die Zukunft rosiger aus.<br />

Die rigi den Einwanderungsbestimmun<br />

gen, die schon zu Zeiten der<br />

SPÖ-Kanz ler schaft in den neunziger<br />

Jahren erlassen wurden, schieben hier<br />

aber einen Riegel vor. Sehen Sie<br />

Möglichkeiten, jüdischen Zuzug zu<br />

ermöglichen? Haben Sie auch den<br />

politischen Willen, hier etwas zu tun?<br />

Wir müssen uns in dieser Frage ei nem<br />

offenen Dialog stellen. Meine grundsätzliche<br />

Linie ist, dass wir die jüdische<br />

Gemeinde bei ihrer Entwicklung<br />

unterstützen wollen. Es gab in Österreich<br />

Beispiele erleichterten Zugangs,<br />

die auf dieser Basis diskutiert werden<br />

können. Dabei müssen wir die Grundregeln<br />

des Zusammenlebens auf dem<br />

Fundament der Gleichberechtigung<br />

für alle und demokratischer Grund -<br />

prin zipien im Auge behalten.<br />

Die Situation in Israel wird auch von<br />

der jüdischen Gemeinde in Österreich<br />

genau verfolgt. Als unverständlich<br />

empfinden viele Juden, dass beim Thema<br />

Nahost-Konflikt vor allem von Vertre -<br />

tern linker Parteien oft mehr Sympathie<br />

für die Anliegen der Palästinenser <strong>als</strong><br />

für jene der ständig von Terror bedrohten<br />

Israelis zu kommen scheint.<br />

Der SPÖ-EU-Abgeordnete Johannes<br />

Swoboda etwa hat sich wiederholt für<br />

eine Anerkennung der palästinensischen<br />

radikalislamischen Hamas <strong>als</strong><br />

Gesprächs partner der EU und damit<br />

deren Einbindung in politische<br />

Gespräche zur Lösung des Nahost kon -<br />

flikts ausgesprochen. Wie positionieren<br />

Sie sich hier? Und für wie zuträglich<br />

halten Sie für die SPÖ wiederholte<br />

Ausritte von Fritz Edlinger gegen Israel,<br />

etwa <strong>als</strong> er 2006 im Zug des Libanon-<br />

Kriegs Israel in einem TV-Gespräch<br />

gegenüber dem israelischen Botschafter<br />

Dan Ashbel <strong>als</strong> „Verbrecher“ bezeichnete?<br />

Die SPÖ tritt für eine friedliche Lö -<br />

sung des Nahostkonflikts ein. Europa<br />

muss sich stärker in die Nahost-<br />

Agen den einbringen, nicht nur mit<br />

wirtschaft lichen Initiativen, sondern<br />

auch durch ein stärkeres diplomatisches<br />

En gagement. Klar ist aber auch,<br />

dass es nur einen beschränkten Be we -<br />

gungsspielraum aufgrund der Not -<br />

wen digkeit „doppelter Verhandlun -<br />

gen“ gibt: Nicht nur das Gegenüber<br />

muss überzeugt werden, sondern<br />

auch auf der jeweiligen innenpolitischen<br />

Ebene die eigenen Mitstreiter.<br />

Das Existenzrecht Israels ist für uns<br />

dabei eine unabdingbare Tatsache.<br />

Al lerdings muss es auch für das palästinensische<br />

Volk eine friedliche Per -<br />

spektive geben mit den Stichwörtern<br />

Road Map und Zwei-Staaten Lösung.<br />

Ausritte sind in dieser Situation nicht<br />

zuträglich.<br />

Sorge bereitet vielen Juden auch die<br />

derzeitige Führung des Iran.<br />

Ankün di gungen von Mahmud<br />

Ahmadi nedschad, Israel von der<br />

Landkarte auslöschen zu wollen, werden<br />

<strong>als</strong> Bedrohung empfunden. Wie ist dem<br />

aktuellen iranischen Regime aus<br />

Ihrer Sicht zu begegnen?<br />

Die Situation im Iran ist sehr schwierig.<br />

Es gilt jedenfalls zu verhindern,<br />

dass der Iran zu einer Atommacht<br />

wird. Die Leugnung des Holocaust<br />

durch den iranischen Präsidenten ist<br />

auf das Schärfste zu verurteilen. Pro -<br />

blematisch ist aber auch die Haltung<br />

des Iran zu den Menschenrechten, insbesondere<br />

zu den Rechten der Frau en,<br />

den Gewerkschaften und den ethnischen<br />

und religiösen Minderheiten.<br />

Österreich setzt aber auch in dieser<br />

Frage auf den Dialog und den diplomatischen<br />

Weg via UNO und IAEO.<br />

Halten Sie Geschäfte der ÖMV mit<br />

dem Iran für vertretbar?<br />

Die vorliegenden Rahmenbedin gun -<br />

gen der ÖMV-Vorhaben müssen sorgfältig<br />

geprüft werden. Vor dem Hin -<br />

tergrund der langjährigen Tradition<br />

Österreichs <strong>als</strong> vermittelnde und friedensfördernde<br />

Kraft im Nahen Osten<br />

gilt für mich, dass die Existenz des<br />

Staates Israels in keinem Fall gefährdet<br />

werden darf.•<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 39


POLITIK • INLAND<br />

„Die Gemeinde“ Hohle Worte und keine<br />

Taten: diesen schalen Nachgeschmack<br />

droht das Ge denk jahr <strong>2008</strong> zu hinterlassen.<br />

Die unter ÖVP-Kanzler Wolfgang<br />

Schüssel 2001 im Washingtoner<br />

Abkommen verankerte Ver pflich tung<br />

Österreichs, für die Erhaltung der jüdischen<br />

Friedhöfe zu sorgen, wurde bis<br />

jetzt nicht umgesetzt. Man hat den Eindruck,<br />

das Thema wird zwischen Bund<br />

und Ländern wie eine heiße Kartoffel<br />

hin- und hergeschoben. Warum hat die<br />

ÖVP hier trotz Kanzlerschaft bis 2007<br />

und Be tei ligung an der amtierenden<br />

Regierung (mit Ausnahme einer eben in<br />

Auftrag ge ge benen Studie für den<br />

Währinger Fried hof mit Mitteln aus<br />

National- und Zukunftsfonds in Höhe<br />

von 300.000 Euro) nichts getan?<br />

Wilhelm Molterer: Eine Bundesregie -<br />

rung unter Führung der ÖVP wird<br />

auch die Frage der Er haltung der jüdischen<br />

Grabstätten noch lösen. Das ist<br />

eine rechtliche und eine moralische<br />

Pflicht. Bisher hat al ler dings die Ge -<br />

meinde Wien, die et wa für den Fried -<br />

hof Währing nach un se rer Bundes verfassung<br />

zuständig ist, eine faire Tei lung<br />

der Finanzie rung glatt abgelehnt. Die<br />

ÖVP-geführten Bundes-re gie run gen<br />

seit dem Jahr 2000 haben schon bisher<br />

für die Opfer des Nation<strong>als</strong>o zialismus<br />

bei Restitution, Entschädigung, Wie -<br />

dergut ma chungs gesten, Gedenk pro -<br />

jekten, sozialrechtlichen Regelungen<br />

und Verbesse run gen sowie direkte Un -<br />

terstützung an Überlebende mehr be -<br />

wirkt, <strong>als</strong> alle anderen Regierungen<br />

der 2. Re pu blik.<br />

Nicht zu Wort gemeldet hat sich Ihre<br />

Partei auf Bundesebene im aktuellen<br />

Fall des NS-Kriegsverbrechers Milivoj<br />

Asner, der seinen Lebensabend<br />

unbehelligt in Kärnten verbringt.<br />

Warum schweigt die ÖVP zu diesem<br />

Thema? Sehen Sie Bedarf, hier rechtliche<br />

Möglichkeiten zu schaffen, um Asner<br />

und andere noch lebende NS-Kriegs -<br />

verbrecher endlich vor Gericht stellen<br />

zu können? Und warum hat die Bundes-<br />

ÖVP auf Aussagen des Kärntner<br />

Landeshauptmannes Jörg Haider (BZÖ),<br />

wonach es sich bei den Asners um<br />

„eine nette Familie“ handelt, nicht<br />

reagiert hat. Warum werden solche<br />

Aussagen Haiders von Ihnen einfach<br />

hingenommen?<br />

Schwere Kriegsverbrechen wie im kon -<br />

kreten Fall der Vorwurf des Völ ker -<br />

„Erhaltung der<br />

Friedhöfe rechtliche<br />

und moralische<br />

Pflicht“<br />

ÖVP-Spitzenkandidat Wilhelm<br />

Molterer über Gedenkkultur,<br />

Vergangenheitsbewältigung<br />

und die Iran-Position seiner<br />

Partei<br />

mor des verjähren nicht, Kriegs ver brecher<br />

müssen bestraft werden. Das gilt<br />

für alle, auch für Milivoj Asner. Die<br />

ÖVP hat den Kärntner LH wegen der<br />

zitierten Äußerung heftig kritisiert<br />

und die Auslieferung Asners verlangt,<br />

zuletzt am 22. Juli <strong>2008</strong>. Die rechtli -<br />

chen Möglichkeiten dafür bestehen,<br />

es ist eine Frage des politischen Wil lens<br />

der Justizministerin mehr zu tun <strong>als</strong><br />

symbolische Handlungen vorzunehmen.<br />

Die SPÖ sollte endlich einen<br />

Schlussstrich unter fragwürdige Ali bi-<br />

Methoden wie etwa im Fall des Pri marius<br />

Grosz ziehen.<br />

Vergangenheitsbewältigung wird<br />

damit jedenfalls noch viele Jahre ein<br />

Thema sein. Schöne Reden und Worte<br />

bei gleichzeitig offenbar fehlendem<br />

Willen, etwa endlich für die Pflege der<br />

Friedhöfe zu sorgen, lösen bei Opfern<br />

und ihren Nachkom men inzwischen<br />

eher Kopfschütteln aus <strong>als</strong> das Gefühl,<br />

verstanden und unterstützt zu werden.<br />

Wie kann man aus Ihrer Sicht<br />

Gedenkkultur wieder so gestalten,<br />

dass sie nicht <strong>als</strong> leer und sinnlos<br />

empfunden wird?<br />

Kritische Auseinandersetzung, differen<br />

zierte Betrachtungsweise und eine<br />

Gedenkkultur, die Lebendigkeit und<br />

Aktualität von Geschichte und ihre<br />

Relevanz für Gesellschaft und Politik<br />

aufzeigt, halte ich für ganz wesentlich.<br />

Dabei sind auch der öffentliche und<br />

po litische Umgang mit Ge schich te<br />

wesentliche Parameter einer Gedenk -<br />

kultur. Anzusetzen gilt es jedoch be -<br />

reits für jeden von uns zu Hause, in<br />

unserem Umfeld und in der Schule,<br />

von Anfang an bei Jugendlichen ein<br />

Sensorium für historische Zusam menhänge<br />

zu schaffen und ihnen damit<br />

Wilhelm Molterer<br />

© ÖVP<br />

auch ein Verständnis und Interesse für<br />

Gedenkkultur zu vermitteln.<br />

Ich halte es <strong>als</strong>o für ganz zentral, Ge -<br />

denkkultur nicht abzuwerten, sondern<br />

<strong>als</strong> selbstverständlichen Teil politischer<br />

Bildung – ab nun ja bereits im Lehr -<br />

plan der Sekundarstufe I <strong>als</strong> eigenes<br />

Pflichtfach Geschichte und politische<br />

Bildung vorgesehen - und der Er wachsenenbildung<br />

zu verankern und <strong>als</strong><br />

Teil gesellschaftspolitische Auseinan -<br />

der setzung wahrzunehmen. Deshalb<br />

meine Unterstützung für „A Letter to<br />

the Stars“.<br />

Erreichen Gedenkveranstaltungen<br />

herkömmlichen Zuschnitts überhaupt<br />

noch das wichtigste Zielpublikum –<br />

die Jugendlichen? Oder halten Sie das<br />

Gedenken an die NS-Zeit überhaupt<br />

für obsolet?<br />

Viele Initiativen und Projekte der letz -<br />

ten Jahre und Monate - auch im Zusam<br />

menhang mit den beiden Ge denk -<br />

jahren 2005 und <strong>2008</strong> zeigen, wel che<br />

vielfältigen Möglichkeiten und Ideen<br />

es gibt, Gedenken so zu gestalten, dass<br />

tatsächlich auch eine inhaltliche Be -<br />

schäf tigung und aktive Erinnerungsund<br />

Gedenkarbeit stattfindet und so<br />

die Aufmerksamkeit auf historische<br />

Zu sammenhänge und Geschehnisse<br />

gelenkt wird. Gerade für den Schul bereich<br />

gibt es hier für Lehrerinnen und<br />

Lehrer seit vielen Jahren ja zum Bei -<br />

spiel herausragende Weiterbil dungs -<br />

möglichkeiten in Yad Vashem.<br />

Letztendlich ist jeder von uns aufgerufen,<br />

einen verantwortungsvollen<br />

Umgang mit Geschichte weiterzugeben<br />

und zu leben und Jugendlichen<br />

Verständnis und Interesse für Ge denkkultur<br />

und historische Entwicklun gen<br />

40 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


POLITIK • INLAND<br />

mitzugeben. In diesem Sinne darf ich<br />

Eli Wiesel zitieren, der beeindrukkend,<br />

eindringlich und prägnant formuliert<br />

hat: „Memory is our fortune,<br />

our only fortune.“<br />

Empfinden Sie es <strong>als</strong> wichtig für die<br />

heutige österreichische Gesellschaft,<br />

dass es eine lebendige jüdische Gemeinde<br />

gibt? Um die Gemeinde in ihrer Größe<br />

von derzeit rund 7.000 Mitgliedern zu<br />

erhalten oder sogar noch zu vergrößern,<br />

wäre Zuzug nötig, der auf Grund der<br />

strikten Einwanderungsbestimmungen<br />

kaum stattfinden kann. Das Innen -<br />

minis terium ist derzeit in Ihrer Hand.<br />

Gibt es Ihrerseits den politischen Willen,<br />

jüdische Zuwanderung zu erleichtern<br />

oder sehen Sie dazu keinen Bedarf?<br />

Eine lebendige und aktive jüdische Gemeinde<br />

in Österreich ist ein wichtiges<br />

Element in der Tradition unterschiedli<br />

cher Religionsgemeinschaften in Österreich,<br />

das unser Land reicher macht.<br />

Die jüdischen Mitbürgerinnen und<br />

Mitbürger bereichern Österreich in<br />

vielfältiger Art und Weise. Die 2005<br />

im österreichischen Parlament mit<br />

großer und parteiübergreifender<br />

Mehr heit beschlossenen Zuwande -<br />

rungs bestimmungen ermöglichen den<br />

geregelten Zuzug unter objektiven<br />

Ge sichtspunkten.<br />

Ebenfalls ÖVP-besetzt ist derzeit das<br />

Außenministerium. Wie positioniert<br />

sich die ÖVP im Nahost-Konflikt,<br />

welche Rolle sollte Österreich spielen,<br />

welche die EU? Werden Geldflüsse der<br />

EU an die Palästinensergebiete aus Ihrer<br />

Sicht ausreichend kontrolliert, um zu<br />

verhindern, dass damit radikalislamische<br />

Terrorgruppen finanziert werden?<br />

Österreich hat zweifellos seine Ver -<br />

trau ensbasis im Nahen Osten in den<br />

letzten Jahren ausbauen können. Das<br />

gute persönliche Verhältnis zwischen<br />

Außenministerin Ursula Plassnik und<br />

der israelischen Außenministerin<br />

Tzi pi Livni ist dabei Ausdruck der<br />

freundschaftlichen Beziehungen zwischen<br />

Österreich und Israel.<br />

Gleichzeitig treten wir für die Ver wirklichung<br />

eines unabhängigen und le -<br />

bens fähigen palästinensischen Staa -<br />

tes ein, neben dem Israel in Frieden<br />

und Sicherheit leben kann. Deshalb<br />

engagiert sich die EU auch nachhaltig<br />

beim Aufbau der Rechtsstaatlichkeit<br />

und der zivilen Polizeikräfte in den<br />

Das offizielle Gedenken 1938 – <strong>2008</strong><br />

Relativ verhalten fiel heuer – 70 Jahre nach dem „Anschluss“ Österreichs an Hit -<br />

ler-Deutschland - das Gedenken an die Gräuel des NS-Regimes aus. Der Na tio -<br />

nalrat gedachte zwar ebenso der Opfer des Nation<strong>als</strong>ozialismus’ wie die Land -<br />

tage, es gab Gedenkfeiern im ehemaligen KZ Mauthausen, in Gusen, Hart heim,<br />

Ebensee und Melk, es wurden hier und dort neue Gedenktafeln angebracht so -<br />

wie Kränze niedergelegt und „Letter to the Stars“ ließen am Hel den platz in einer<br />

„Nacht des Schweigens“ 80.000 Kerzen anzünden - der große Pauken schlag war<br />

aber nicht zu vernehmen. Fast scheint es, <strong>als</strong> wäre das Land nach dem großen Ge -<br />

denk jahr 2005 etwas müde geworden des Erinnerns, Trauerns und War nens.<br />

Als eine der emsigsten Mahnerinnen wider das Vergessen trat Nationalrats -<br />

prä si den tin Barbara Prammer (SPÖ) auf. Sie lud zu Buch- und DVD-Präsen ta -<br />

tio nen ins Hohe Haus, öffnete die Türen für eine Matinee des Volkstheaters<br />

und sprach sich im Rahmen der alljährlich abgehaltenen Gedenkveranstaltung<br />

im historischen Sitzungssaal des Parlaments gegen einen „Schlussstrich“ bei<br />

der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit aus.<br />

Und ihr Parteikollege, Verteidigungsminister Norbert Darabos, selbst ausgebildeter<br />

Historiker, drängte gerade im heurigen Jahr auf eine intensive Auseinan -<br />

der set zung innerhalb des Bundesheeres mit dem Jahr 1938, aber auch mit<br />

1918. So wurde u.a. dreier im April 1945 hingerichteter militärischer Wider -<br />

stands kämp fer gedacht. In der Khevenhüller-Kaserne in Klagenfurt wird ein NS-<br />

Fresko künstlerisch bearbeitet, um dessen historischen Zusam men hang aufzuzeigen.<br />

Am Grund der Belgier-Kaserne in Graz wird nach dort vermuteten,<br />

ermordeten NS-Opfern gesucht, um eine würdige Beisetzung zu ermöglichen.<br />

Und auch die Grünen hielten nicht nur Reden, sondern ließen Taten sprechen.<br />

Sie stellten im Nationalrat einen Antrag, mit dem endlich die Sanierung der<br />

jü di schen Friedhöfe beschlossen und Lücken in der Gesetzgebung zur Kunst restitution<br />

geschlossen werden sollten. Sie forderten zudem im heurigen Ge denkjahr<br />

eine Einmalzahlung von 5.000 Euro an NS-Opfer. Die vorgezogenen Neu -<br />

wah len verhinderten allerdings eine Behandlung des von den Grünen vorgeschlagenen<br />

Pa kets im Plenum.<br />

Als Schuss nach hinten erwies sich eine Gedenkveranstaltung des ÖVP-Parla -<br />

ments klubs. Als Gastredner hatte die Volkspartei Otto Habsburg geladen. Die -<br />

ser unterstrich mit seiner Aussage, es gäbe keinen Staat in Europa, der mehr<br />

Recht habe, sich <strong>als</strong> Opfer zu bezeichnen, <strong>als</strong> Österreich einmal mehr die<br />

Opferthese, und verglich den Auftritt Adolf Hitlers am Heldenplatz verharmlosend<br />

mit ei nem Fuß ballspiel. Die ÖVP-Granden applaudierten. Einige Tage später<br />

bemühte sich an ge sichts der massiven Kritik von SPÖ, Grünen und LIF allerdings<br />

Vizekanzler Wi l helm Molterer nach einer Sitzung des Ministerrats zu kalmieren<br />

und betonte, „die politische und moralische Verurteilung des National -<br />

sozia lismus ist längst gesprochen. Das ‚Niem<strong>als</strong> wieder’ ist in unserem Gemein we sen<br />

unverrückbarer Grund konsens, der immer wieder bestätigt und erneuert werden muss“.<br />

In der zuvor stattgefundenen Regierungssitzung war nach langem Stillstand in<br />

die ser Frage die Einrichtung des Simon Wiesenthal-Zentrums, basierend auf dessen<br />

hinterlassenen Archiv, beschlossen worden. Das Zentrum werde „Mahn mal<br />

für dieses ‚Niem<strong>als</strong> wieder’ und ‚Niem<strong>als</strong> vergessen’“ sein, so Molterer.<br />

ÖVP-Gastredner Otto<br />

Habsburg im Parlamnet<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 41


POLITIK • INLAND<br />

palästinensischen Gebieten. Die EU<br />

kontrolliert selbstverständlich ganz<br />

genau, wohin ihre Gelder gehen, so -<br />

dass sie nicht missbräuchlich ver wen -<br />

det werden können. Unser Ziel ist<br />

eine umfassende Friedenslösung. Das<br />

Vertrauenskapital, das wir auf beiden<br />

Seiten genießen, wollen wir da für weiter<br />

einsetzen. Die EU ist auch bereit,<br />

im Rahmen einer zukünftigen Frie -<br />

dens regelung ihren aktiven Bei trag<br />

zu leisten.<br />

Sorge bereitet vielen Gemeindemitglie dern<br />

auch die derzeitige Führung des Iran.<br />

Ankündigungen von Mahmud Ahma -<br />

dinedschad, Israel von der Landkarte<br />

auslöschen zu wollen, wirken bedrohlich.<br />

Wie ist dem aktuellen iranischen Regime<br />

aus Ihrer Sicht zu begegnen?<br />

Die ÖVP-Haltung zu den unakzeptablen<br />

Ausfällen des iranischen Präsi -<br />

denten ist eindeutig. Außenminis te rin<br />

Plassnik hat sie wiederholt öffentlich<br />

verurteilt. Das Existenzrecht Israels<br />

und seine Sicherheit dürfen nicht in<br />

Frage gestellt werden. Daher wollen<br />

wir auch keinen nuklear bewaffneten<br />

Iran. Die EU arbeitet daher im Rah men<br />

der sogenannten E3+3-Verhand lun gen<br />

unter EU-Chefdiplomat Solana an ei -<br />

ner Einstellung des iranischen Anrei -<br />

che rungsprogramms. Das ist eine For -<br />

de rung der gesamten internationalen<br />

Staatengemeinschaft, der durch zielgerichtete<br />

UNO-Sanktionen Nachdruck<br />

verliehen wird. Außenministerin Plassnik<br />

hat zudem vorgeschlagen, An la gen<br />

zur Anreicherung von Nu kle arma te -<br />

rial unter internationale Kontrolle –<br />

etwa der IAEO – zu stellen. So würden<br />

nationale Anreicherungspro gramme<br />

wie jene im Iran überflüssig und der<br />

Gefahr des militärischen Missbrauchs<br />

ein Riegel vorgeschoben werden.<br />

Halten Sie in diesem Kontext Geschäfte<br />

der ÖMV mit dem Iran für vertretbar?<br />

Was die ÖMV anlangt, haben wir sie<br />

wis sen lassen, dass ihre Entschei dun -<br />

gen weit reichende politische Konse -<br />

quenzen haben können.•<br />

Währinger Friedhof<br />

Jüdische Friedhöfe<br />

Österreichweit gibt es an die 60 jüdische Friedhöfe. Sie zu restaurieren und zu pflegen schaffen die Kultusgemeinden<br />

nicht. Im Washingtoner Abkommen wurde daher 2001 festgehalten, dass sich die Republik Österreich verpflichtet, hier<br />

einzuspringen – passiert ist freilich wenig bis nichts.<br />

Von den derzeit 61 bekannten Friedhöfen befinden sich 26 in Niederösterreich, 15 im Burgenland, sechs in Wien, drei in<br />

Oberösterreich, sechs in der Steiermark, einer in Kärnten, einer in Salzburg sowie drei in Tirol und Vorarlberg. 2006 hat<br />

die IKG den Zustand der Friedhöfe erhoben: sechs Standorten wurde dabei ein „ausgezeichneter“ Zustand attestiert,<br />

dreien ein „guter“, ebenfalls dreien ein „nicht genügender“. Im Sommer <strong>2008</strong> wurden die Friedhöfe erneut besichtigt.<br />

Ernüchternder Befund: die Zahl der Ruhestätten, deren Zustand mit „nicht genügend“ angegeben wurde, ist alleine in diesen<br />

zwei Jahren auf zehn angestiegen.<br />

Zu diesen zehn Friedhöfen in sehr schlechtem Zustand zählt auch der Währinger Friedhof in Wien sowie das Erste Tor am<br />

Zentralfriedhof. Von National- und Zukunftsfonds wurden nun immerhin auf Betreiben von Nationalratspräsidentin<br />

Barbara Prammer (SPÖ) 300.000 Euro zur Verfügung gestellt, um die wissenschaftlichen Vorarbeiten für die Sanierung<br />

des Währinger Friedhofs in Angriff zu nehmen. Die eigentliche Sanierung wird allerdings ein Vielfaches kosten – die IKG<br />

geht hier von einem nötigen Betrag von weit über zehn Millionen Euro aus. Ansonsten spielen die beiden Noch-<br />

Regierungsparteien ÖVP und SPÖ allerdings den Ball den Ländern zu und diese passen retour zum Bund.<br />

Einzig von den in Opposition befindlichen Grünen kam eine Initiative – sie brachten im Nationalrat einen Antrag ein, mit<br />

dem die Friedhofserhaltung auch real umgesetzt werden sollte. Der Antrag fand in dieser Legislaturperiode allerdings<br />

nicht mehr den Weg auf die Tagesordnung einer Parlamentssitzung.<br />

Der Standpunkt der Kultusgemeinde lautet daher: genug gewartet. IKG-Präsident Ariel Muzicant will sich daher nun in<br />

den USA dafür einsetzen, den Vergleich, der auf Basis des Washingtoner Abkommens geschlossen wurde, wieder zu öffnen.<br />

Die IKG hatte sich in die damalige Sammelklage <strong>als</strong> amicus curiae eingeschalten (siehe auch Kasten zu<br />

Washingtoner Abkommen). Nun wurden die Anwälte in den USA beauftragt, die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen<br />

die Republik Österreich zu betreiben.<br />

42 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


POLITIK • INLAND<br />

„Rechte<br />

Regierungsbeteiligung<br />

verhindern“<br />

LIF-Spitzenkandidatin<br />

Heide Schmidt über die<br />

nötige raschere Umsetzung des<br />

Washingtoner Abkommens,<br />

den Fall Milivoj Asner und<br />

das iranische Atomprogramm<br />

„Die Gemeinde“: Sie haben die Perfor -<br />

man ce der letzten Regierungen <strong>als</strong><br />

außer parlamentarische Fraktion erlebt.<br />

Waren die Initiativen im Bereich<br />

Restitution für Sie befriedigend? Wo<br />

sehen Sie noch Handlungsbedarf?<br />

Heide Schmidt: Das Washingtoner Abkommen<br />

und das daraus resultierende<br />

Entschä di gungs fondsgesetz waren<br />

wichtige und bedeutende Schritte in<br />

der österreichi schen Restitutionspo li -<br />

tik. Dennoch passiert die tatsächliche<br />

Arbeit im Na tionalfonds nur schleppend.<br />

Teil zeit-Beschäftigte Volontäre<br />

sehen sich mit einer Vielzahl von An -<br />

trägen konfrontiert, die bei weitem<br />

nicht bewältigt werden können. Abge -<br />

sehen da von, dass die gesetzlichen<br />

Regelungen zum Teil sehr eng gefasst<br />

sind (wie zum Beispiel Naturalres ti -<br />

tu tion von Im mobilien nur unter be -<br />

son deren Vor aussetzungen - die in<br />

den meisten Fällen schwer erfüllbar<br />

sind) erfolgt die Bearbeitung oft erst<br />

nach Jahren – wenn die Antragsteller<br />

schon tot sind. Die Umsetzung des<br />

Washingtoner Ab kommen müsste so -<br />

mit massiver vorangetrieben werden.<br />

Trist sieht es auf den jüdischen<br />

Friedhöfen aus. Trotz der Verpflichtung<br />

Österreichs durch das Washingtoner<br />

Abkommen von 2001, diese zu pflegen,<br />

passiert nichts. Würde diese Aufgabe<br />

unter einer LIF-Regierungsbeteiligung<br />

endlich in Angriff genommen?<br />

Selbstverständlich werden sich die Li -<br />

be ralen für die Umsetzung des Wa -<br />

shingtoner Abkommens einsetzen,<br />

weil wir das <strong>als</strong> wichtigen Akt unserer<br />

Verantwortung sehen. Im Hinblick auf<br />

die unterschiedlichen Auffassun gen<br />

Heide Schmidt<br />

© LIF<br />

über Art und Umfang der Erfül lung<br />

des Abkommens scheint uns eine<br />

gesetzliche Regelung erstrebenswert.<br />

Das Simon Wiesenthal Center in<br />

Jerusalem unter der Leitung von Efraim<br />

Zuroff jagt im Zug der „Operation<br />

Last Chance“ nach den letzten noch<br />

lebenden NS-Kriegsverbrechern. In<br />

Kärnten lebt die Nummer vier der von<br />

Zuroff aufgestellten Liste, Milivoj<br />

Asner, mit Unterstützung des dortigen<br />

Landeshauptmanns Jörg Haider (BZÖ).<br />

Sehen Sie <strong>als</strong> Juristin hier eine<br />

Möglich keit, Asner doch noch vor<br />

Gericht zu stellen? Bräuchte es dazu<br />

mehr politischen Willen?<br />

Mit Sicherheit ist nicht vorhandener<br />

politischer Wille mit ein Grund dafür,<br />

dass Personen wie Milivoj Asner bis<br />

heute ungestraft unter uns leben.<br />

Jedenfalls kann Asner nur vor Gericht<br />

gestellt werden, wenn er <strong>als</strong> prozessfähig<br />

gilt. Solange Sachverständige<br />

das verneinen, wird er auch weiterhin<br />

Interviews geben können, ohne zur<br />

Rechenschaft gezogen zu werden. Ich<br />

bedaure das und hoffe auf objektive<br />

Gutachter.<br />

In Gedenkveranstaltungen wird immer<br />

das „Nie mehr wieder“ beschworen –<br />

gleichzeitig fühlen sich Opfer und deren<br />

Angehörige durch Aussagen wie jener<br />

des Kärntner Landeshauptmannes,<br />

bei der Familie Asners handle es sich<br />

um eine nette Familie, verhöhnt.<br />

Machen Gedenkveranstaltungen mit<br />

Reden, denen keine Taten folgen,<br />

überhaupt noch Sinn? Braucht es eine<br />

neue Gedenkkultur?<br />

Es wäre schlimm würde man die ös -<br />

ter reichische politische Kultur mit<br />

jener des Kärntner Landshaupt man nes<br />

gleichsetzen. Natürlich machen Ge -<br />

denk veranstaltungen Sinn und ich<br />

bin auch überzeugt, dass mittlerweile<br />

eine Generation in Österreich aufgewachsen<br />

ist, die sensibler mit diesem<br />

Thema umgeht <strong>als</strong> noch vor einigen<br />

Jahren. Nicht zuletzt deswegen treten<br />

wir heuer an, um regierungspolitische<br />

Verantwortung zu übernehmen um<br />

eine rechte Regierungsbe teili gung zu<br />

verhindern.<br />

Was bedeutet Vergangenheits bewälti gung<br />

für Sie? Wird dieser Prozess jem<strong>als</strong><br />

abgeschlossen sein? Sollte er überhaupt<br />

jem<strong>als</strong> abgeschlossen sein? Tritt das LIF<br />

hier für neue Initiativen ein?<br />

Ich verwende den Begriff „Vergan genheitsbewältigung“<br />

nicht gerne, weil er<br />

quasi diese Abgeschlossenheit insinuiert.<br />

Auseinandersetzung mit un se rer<br />

Vergangenheit heißt für mich vor al -<br />

lem, Anfänge und Zusammenhänge<br />

zu erkennen, um daraus einerseits die<br />

Verantwortung für Opfer zu spüren<br />

und andererseits ein Sensorium für<br />

Unmenschlichkeiten zu entwickeln.<br />

Denn wie will man den Anfängen wehren,<br />

wenn man sie nicht erkennt? Die<br />

Erziehung zu Verantwortungs fä hig -<br />

keit, Solidarität und Zivilcourage sind<br />

für mich wichtige Schlussfolgerun gen<br />

und eine nie endende gesellschaftliche<br />

Aufgabe.<br />

Empfinden Sie es <strong>als</strong> wichtig für die<br />

heutige österreichische Gesellschaft, dass<br />

es eine lebendige jüdische Gemeinde<br />

gibt? Um die Gemeinde in ihrer Größe<br />

von derzeit rund 7.000 Mitgliedern zu<br />

erhalten oder sogar zu vergrößern, wäre<br />

Zuzug nötig, der auf Grund der strikten<br />

Einwanderungsbestimmungen kaum<br />

stattfinden kann. Sehen Sie Bedarf für<br />

Zuzug, wenn ja, tritt das LIF hier für<br />

eine Lösung ein? Wie könnte diese aussehen?<br />

Ich sehe es <strong>als</strong> moralische Verpflich -<br />

tung und viel mehr noch <strong>als</strong> Bereiche -<br />

rung für unsere Gesellschaft eine vi tale<br />

jüdische Gemeinde zu unterstützen.<br />

Aufgrund der unter der Schüssel-<br />

Regie rung mit SPÖ-Unterstützung<br />

erfolgten Verschärfung des Fremden -<br />

rechts ist ein Zuzug erschwert worden,<br />

der mit Sicherheit notwendig für<br />

die Aufrechterhaltung der jüdischen<br />

Gemeinde wäre. Generell fordern wir<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 43


POLITIK • INLAND<br />

schon lange eine Reform der Einwan -<br />

derungsbestimmungen auch in wirtschaftspolitischer<br />

Hinsicht. So treten<br />

wir vehement für einen Verlänge -<br />

rungs stopp der Übergangsbestimmungen<br />

für Arbeitskräfte aus den<br />

neuen EU-Mitgliedsländern nach<br />

2009 ein, ein gesetzliche Verankerung<br />

des Rechtes auf Familienzusam men -<br />

führung und eines Bleiberechtes bei<br />

positiver Integrationsprognose.<br />

Wie positioniert sich das LIF im<br />

Nahost-Konflikt? Welche Rolle sollte<br />

Österreich hier spielen, welche die EU?<br />

Der Dialog <strong>als</strong> Mittel zur Konflikt -<br />

lösung muss weiter forciert werden.<br />

Dabei sind vertrauensbildende Maß -<br />

nahmen von beiden Seiten notwendig.<br />

Hier sollte Österreich mit seinen gu -<br />

ten Kontakten zu beiden Seiten eine<br />

wesentliche Rolle <strong>als</strong> Vermittler spielen.<br />

Wir verurteilen die Selbstmord -<br />

attentate der Palästinenser bzw. jede<br />

Art von Terror aufs Schärfste. Die<br />

Sied lungspolitik Israels halten wir für<br />

f<strong>als</strong>ch.<br />

Wie beurteilen Sie Geldflüsse der<br />

EU an Palästinenserorganisationen,<br />

sollten diese hinsichtlich ihrer<br />

Verwendung einer noch stärkeren<br />

Kontrolle unterliegen?<br />

Leider kommen die Geldflüsse der EU<br />

oft nicht zu den Menschen, die das<br />

Geld zur Armutsbekämpfung und<br />

För derung der Infrastruktur am dringend<br />

sten benötigen. Hier bedarf es<br />

einer Sicherstellung und weitreichender<br />

Kontrolle seitens der EU, mit de ren<br />

finanzielle Unterstützung nicht in<br />

Waffenkäufe und dergleichen fließt.<br />

Sorge bereitet vielen Juden die derzeitige<br />

Führung des Iran. Ankündigungen von<br />

Mahmud Ahmadinedschad, Israel von<br />

der Landkarte auslöschen zu wollen,<br />

wirken bedrohlich. Wie ist dem aktuellen<br />

iranischen Regime aus Ihrer Sicht zu<br />

begegnen? Wie ist mit dem Thema<br />

Iran und Atomwaffen umzugehen?<br />

Die Aussagen von Mahmud Ahma di -<br />

nedschad und seiner Gefolgsleute<br />

sind absolut zu verurteilen. Ich teile<br />

die Bedenken der westlichen Welt, ob<br />

Irans Atomprogramm anlässlich solcher<br />

Aussagen tatsächlich nur friedliche<br />

Hintergründe bezweckt. Ich teile<br />

die Sorge der israelischen Bevölke rung.<br />

Trotz allem glaube ich sind di plo ma ti -<br />

sche Verhandlungen der Er folg verspre<br />

chendste Weg, um hier eine friedli -<br />

che Lösung zu erzielen. Ob wirt schaftspolitische<br />

Sanktionen zum ge wünschten<br />

Ziel führen, ist zu hin ter fra gen. Es<br />

wäre vernünftiger die offenen Kräfte<br />

im Iran – die ja in sehr großem Aus -<br />

maß bestehen – zu unterstützen.•<br />

Das Washingtoner Abkommen<br />

Österreich begegnete Sammelklagen aus den USA 2001 mit einem Ent schä di -<br />

gungs paket für unter dem NS-Regime Vertriebene sowie Juden und andere Op -<br />

fer, denen von den Nation<strong>als</strong>ozialisten das Vermögen entzogen worden war.<br />

Die Ver handler – darunter Vertreter der Republik Österreich, der USA, von Op -<br />

fer orga ni sa tionen und der Kultusgemeinde – setzten am 17. Jänner in Wa shing -<br />

ton nach zä hen Gesprächen und wenige Tage vor dem US-Präsi den ten wechsel<br />

(George W. Bush folgte auf Bill Clinton) ihre Unterschrift unter das Ab kom men.<br />

Hauptsäule dabei war die Einrichtung des „Allgemeinen Entschädi gungs fonds“.<br />

Aus diesem wurden zunächst entzogene Mietrechte mit einem Pauschal be -<br />

trag von US$ 7.000 entschädigt und danach Individualansprüche behandelt.<br />

Ge speist worden war der Fonds mit US$ 360 Mio. (davon US$ 150 Mio. für die<br />

pauschalierte Entschädigung von Mietrechten). Das Gros dieser Mittel wurde<br />

in zwischen ausbezahlt, eine kleine Anzahl von Fällen ist aber immer noch nicht<br />

entschieden.<br />

Die zweite Säule sah die Rückgabe von Grundstücken und Immobilien vor, die<br />

in der NS-Zeit enteignet wurden und sich noch in staatlichem Besitz befanden.<br />

Dazu wurde eine Schiedsinstanz eingerichtet. Sie entschied in der Zwi -<br />

schenzeit u.a. über die Rückgabe des Sanatoriums Fürth in der Schmidgasse in<br />

Wien-Josef stadt, das Palais der Familie Bloch-Bauer in der Elisabethstraße in<br />

der Wiener City, das im Eigentum der ÖBB stand, und ein Haus in der Weih -<br />

burg gasse, in dem das AMS untergebracht war. Zahlreiche Anträge harren<br />

noch einer Entscheidung.<br />

Weiters schrieb das Abkommen fest: Sozialmaßnahmen wie die Ausweitung<br />

des Pflegegeldes auch für im Ausland lebende Opfer des NS-Regimes, die Fort -<br />

füh rung der schon vor 2001 eingeleiteten Restitution von Kunst, die von den<br />

Nation<strong>als</strong>o zia listen enteignet worden war, und die Wiedererrichtung des Ha -<br />

ko ah-Sportplatzes (wurde inzwischen im Prater im baulichen Verbund mit dem<br />

neuen Standort der jüdischen Schule und des Maimonides-Zentrums er rich tet).<br />

Und schließlich verpflichtete sich Österreich auch, sich der Restaurierung und<br />

Erhaltung der jüdischen Friedhöfe in ganz Österreich anzunehmen. Hier ist<br />

allerdings bisher so gut wie nichts geschehen.<br />

Restituiertes Haus in der Weihburggasse<br />

44 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


POLITIK • INLAND<br />

„Gedenken und<br />

Eventkultur vertragen<br />

sich nicht“<br />

Grünen-Spitzenkandidat<br />

Alexander Van der Bellen über die<br />

Aufarbeitung der österreichischen<br />

NS-Vergangenheit, den Umgang<br />

von SPÖ und ÖVP mit den jüdischen<br />

Friedhöfen und die Iran-Geschäfte<br />

der ÖMV<br />

„Die Gemeinde“: Die jüdische Gemeinde<br />

wurde erst jüngst durch den Fall Mili voj<br />

Asner erneut mit der schmerzhaften<br />

NS-Vergangenheit erinnert. Dass hier<br />

ein NS-Kriegsverbrecher einmal mehr<br />

ungeschoren davon kommen wird, ist<br />

für Schoa-Überlebende und deren<br />

Nachkommen nicht verständlich. Fehlt<br />

hier politischer Wille? Gäbe es unter<br />

einer Grünen Regierungsbeteili gung<br />

Initiativen, hier etwas zu ändern?<br />

Welche konkrete Idee hätten Sie?<br />

Alexander Van der Bellen: Österreich<br />

hat sich bekanntlich bei der Verfol gung<br />

von NS-Kriegsver bre chern nicht mit<br />

Ruhm bekleckert. Nur in der un mit -<br />

telbaren Nachkriegszeit gab es tatsächlich<br />

das Bemühen, für Recht und Ge -<br />

rechtigkeit zu sorgen. Jedoch schon<br />

ab 1949 mit der Amnestie für Min der -<br />

belastete und der Zulassung der VdU<br />

war diese kurze Periode vor bei. Der<br />

Abschluss des Staatsver tra ges und der<br />

damit verbundene Abzug der Alliierten<br />

korrelierte mit einem im mer<br />

schwä cher werdenden politischen<br />

Wil len zur Verfolgung von Kriegs- und<br />

NS-Verbrechen. Das zeigt sich auch<br />

recht deutlich an der 1957 beschlossenen<br />

sogenannten NS-Amnestie, was<br />

u.a. das Ende des Kriegsverbre cher -<br />

ge setzes bedeutete. Die zum Teil skan -<br />

dalösen Freisprüche von NS-Tätern<br />

ta ten ihr Übriges, Holocaust-Überlebende<br />

und deren Nachkommen zu<br />

brüskieren.<br />

Obwohl ich der Meinung bin, dass hier<br />

Initiativen eigentlich Jahrzehnte zu<br />

spät kommen, kann ich mir vorstellen,<br />

eine spezielle Ermittlungs ein heit für<br />

Justiz und Polizei zur Verfolgung von<br />

NS-Straftätern einzurichten. Ös ter reich<br />

Alexander Van der Bellen<br />

darf kein Paradies für NS-Ver brecher<br />

sein. Auch der Blick über die Grenze<br />

zeigt Möglichkeiten: In Deutschland<br />

hat das Sozialministerium einen Re -<br />

cher cheauftrag für die Suche nach NS-<br />

Tätern unter den deutschen Kriegs ver -<br />

sehrten-Rentnern vergeben. Der Er -<br />

folg war zwar überschaubar – nur ei -<br />

nigen Verurteilten wurden die Ren ten<br />

gestrichen –, aber die Initiative vermittelte<br />

allen, dass Kriegsverbrechen<br />

tatsächlich keine Verjährung kennen.<br />

Wann wird man sagen können, dass<br />

Österreich seine braune Vergangenheit<br />

restlos bewältigt haben wird? Wie kann<br />

man diesen Prozess beschleunigen? Wo<br />

sehen Sie Hindernisse auf diesem Weg?<br />

Ich denke nicht, dass es ein lohnendes<br />

und vor allem realistisches Ziel sein<br />

kann, sagen zu können, Österreich<br />

ha be seine nation<strong>als</strong>ozialistische Ver -<br />

gan genheit restlos bewältigt. Solange<br />

die Erhaltung der jüdischen Fried hö fe,<br />

die Restitutionsgesetzgebung, die Re -<br />

habilitierung der Wehrmachts de ser -<br />

teure und anderer vergessener be zie -<br />

hungsweise zum Schweigen gebrachter<br />

Opfergruppen, jede Novelle beim<br />

National- und Entschädigungsfonds,<br />

die kleinsten Verbesserungen in der<br />

Opferfürsorge und vieles mehr so umstritten<br />

und langwierig sind, müssen<br />

wir uns über eine allfällige „restlose<br />

Be wäl tigung“ keine Gedanken ma -<br />

chen. Hindernisse sehe ich vor allem<br />

dann, wenn zu Dummheit und Igno -<br />

ranz auch noch die mangelnde Bereit -<br />

schaft tritt, sich mit den Verbrechen<br />

der Nation<strong>als</strong>ozialisten und ihren Fol -<br />

gen auseinanderzusetzen. Hier sollte<br />

auch in den nächsten Jahren eine<br />

Schwer punktsetzung in der Täterfor -<br />

schung erfolgen.<br />

„Taten statt Worte“ wünschen sich viele<br />

Mitglieder der Kultusgemeinde, wenn es<br />

ums Thema Vergangenheitsbewältigung<br />

geht. Der Tenor: was nützen Gedenk -<br />

veran staltungen mit schönen Reden,<br />

wenn dann tatsächlich nichts passiert.<br />

Das betrifft den Umgang mit<br />

ehemaligen NS-Kriegsverbrechern<br />

ebenso wie den Umgang der Republik<br />

mit den jüdischen Friedhöfen.<br />

Verstehen Sie den Unmut?<br />

Ja, ich verstehe den Unmut. Für die<br />

Grünen nehme ich in Anspruch, dass<br />

wir uns in den angesprochenen Be rei -<br />

chen seit vielen Jahren um konkrete<br />

Taten bemühen und diese immer wieder<br />

von den politischen Mitbewer -<br />

bern vehement einfordern.<br />

Für mich ist Gedenken vor allem et -<br />

was, das wir den Ermordeten schulden.<br />

Dabei ist jede Generation, jeder<br />

Einzelne aufs Neue gefordert. Der Er -<br />

kenntnisgewinn fällt einem dabei<br />

nicht in den Schoß, sondern muss im -<br />

mer wieder neu erarbeitet werden. Es<br />

kann nicht nur um Emotionen gehen.<br />

In welcher Form macht Gedenken für<br />

Sie Sinn? Was halten Sie dabei von<br />

Initiativen wie „A Letter to the Stars“,<br />

wo Schüler in Events mit dem Thema<br />

Schoa konfrontiert werden?<br />

Die Grünen haben sich nach ausführli<br />

cher Diskussion entschlossen, die<br />

diesjährige Aktion von „A Letter to<br />

the Stars“ nicht zu unterstützen. Wir<br />

teilen großteils die insbesondere von<br />

DÖW, ESRA, JWS, IKG und zahlreichen<br />

namhaften Historikern vorgebrachten<br />

Kritikpunkte. Allzu plakative<br />

Vergangenheitspolitik produziert mei -<br />

nes Erachtens eher Stereotypen, Ex -<br />

ter nalisierung und Verdrängung. In<br />

diesem Zusammenhang bin ich ein bekennender<br />

Konservativer: Geden ken<br />

und Eventkultur vertragen sich nicht.<br />

Stichwort jüdische Friedhöfe: Jüdische<br />

Gräber dürfen nicht aufgelöst werden.<br />

Der heute kleinen Gemeinde ist es damit<br />

unmöglich, die Gräber einer ehem<strong>als</strong><br />

über 180.000 Mitglieder umfassenden<br />

Gemeinde zu pflegen. 2001 hat sich<br />

Österreich im Washingtoner Abkommen<br />

verpflichtet, für die Instandsetzung und<br />

-haltung der jüdischen Friedhöfe zu<br />

sorgen. Jahre lang passierte nichts.<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 45


POLITIK • INLAND<br />

Ein Antrag Ihrer Fraktion im National -<br />

rat, dieser Verpflichtung nachzukommen,<br />

wurde inzwischen an den zuständigen<br />

Ausschuss weitergeleitet. Wer steht hier<br />

auf der Bremse?<br />

Der angesprochene Antrag wurde ge -<br />

mein sam mit Vertretern der Kultusge -<br />

meinde in gegenseitigem Respekt und<br />

Vertrauen erarbeitet und präsentiert,<br />

was mich sehr freut. Wir sind mit ei -<br />

nem Gesetzesvorschlag, der sich an<br />

der Kriegsgräberfürsorge orientiert,<br />

in Vorlage gegangen. Die Reaktion<br />

da rauf war Ignoranz. Auffallen der -<br />

wei se herrscht hinsichtlich der Frage<br />

der jüdischen Friedhöfe Einigkeit zwi -<br />

schen den Koalitionspartnern. Wie der<br />

einmal folgt eine Regierung der Prä -<br />

misse, „die Sache in die Länge zu ziehen“.<br />

Und so wird die Frage der jüdischen<br />

Friedhöfe auf unwürdige Weise<br />

zwischen Bund und Stadt Wien hinund<br />

hergeschoben. Es ist eine Frech -<br />

heit, aber leider auch bezeichnend für<br />

Österreich, dass eine gesetzliche Re ge -<br />

lung, die für Soldatengräber seit 1947<br />

gut funktioniert, für die jüdischen<br />

Gräber offenbar nicht umzusetzen ist.<br />

Und wie sehen Sie den Wert einer<br />

lebendigen jüdischen Gemeinde für die<br />

heutige österreichische Gesellschaft?<br />

Gibt es hier auch eine Verpflichtung<br />

der öffentlichen Hand, etwas zur dafür<br />

nötigen Infrastruktur bzw. deren<br />

Erhaltung beizusteuern? Wo beginnt<br />

und wo endet für Sie diese Verpflich tung?<br />

Die jüdische Gemeinde ist ein we sentlicher<br />

Teil der österreichischen Ge sell -<br />

schaft. Ihr Wirken, wie etwa im Be reich<br />

des interkonfessionellen Aus gleichs<br />

oder der Gedächtnis- und Erin ne -<br />

rungs politik, zeigt ihr vielfältiges En -<br />

ga gement. Dies alles ist aber nur<br />

mög lich, wenn sich Österreich dauerhaft<br />

zur Finanzierung und Erhaltung<br />

der dafür nötigen Infrastruktur verpflichtet<br />

– für ein lebendiges Schulund<br />

Ausbildungswesen, für die Be -<br />

treu ung älterer Menschen und nicht<br />

zu letzt für die Renovierung und<br />

Erhaltung der jüdischen Friedhöfe in<br />

Österreich. Österreich darf die Finan -<br />

zie rung der jüdischen Gemeinde<br />

nicht nur <strong>als</strong> lästige, aber notwendige<br />

Pflicht sehen, die immer wieder neu<br />

verhandelt werden muss, sondern soll<br />

großzügig und dauerhaft das jüdische<br />

Leben in Österreich ermöglichen.<br />

Eine lebendige jüdische Gemeinde, das<br />

heißt auch: gelebtes Judentum. Könnte<br />

die heute 7.000 Mitglieder zählende<br />

Gemeinde durch Zuzug vergrößert<br />

werden, sähe die Zukunft rosiger aus.<br />

Die rigiden Einwanderungs bestimmun -<br />

gen schieben hier aber einen Riegel vor.<br />

Können Sie sich hier eine Lockerung<br />

vorstellen?<br />

Ja, selbstverständlich! Wir sind die einzige<br />

Partei, die sich überhaupt zu sa -<br />

gen traut, dass Österreich ein Ein wanderungsland<br />

ist und Einwanderung<br />

braucht. Wir haben dem Frem den -<br />

rechts paket 2005, welches die Basis für<br />

die aktuelle Abschottungs- und Ab -<br />

schiebepolitik ist, im Unterschied zu<br />

ÖVP, SPÖ, FPÖ und BZÖ nicht zugestimmt.<br />

Konkret heißt das, dass wir<br />

ein wanderungswilligen Menschen<br />

nach rechtstaatlich und menschenrechtlich<br />

einwandfreien und transparenten<br />

Kriterien eine Chance geben<br />

wollen. Auch sehen unsere Konzepte<br />

beispielsweise beim Familiennachzug<br />

keine Quote mehr vor. All das würde<br />

auch für die zahlenmäßige Entwick -<br />

lung der jüdischen Gemeinde von<br />

Vor teil sein. Insbesondere aber haben<br />

wir schon im Jahr 2001 im Parlament<br />

Anträge zur spezifischen Begünsti -<br />

gung des Zuzugs jüdischer Einwan -<br />

de rer gestellt – dam<strong>als</strong> noch unter Fe -<br />

derführung von Terezija Stoisits, der<br />

heutigen Volksanwältin. SPÖ und ÖVP<br />

ließen uns abblitzen. Wir stehen nach<br />

wie vor dazu.<br />

Juden aus aller Welt verfolgen genau die<br />

Situation in Israel – das tut auch die<br />

jüdische Gemeinde in Österreich. Der<br />

Nahost-Konflikt steht so bald nicht vor<br />

einer Lösung. Als irritierend empfinden<br />

viele Juden, dass vor allem von<br />

Vertretern linker Parteien oft mehr<br />

Sympathie für die Anliegen der<br />

Palästinenser <strong>als</strong> für jene der ständig<br />

von Terror bedrohten Israelis zu kommen<br />

scheint. Auch die außenpolitische<br />

Sprecherin Ihrer Partei, Ulrike Lunacek,<br />

stellte sich in der Vergangenheit immer<br />

wieder eher auf die Seite der<br />

Palästinenser, etwa <strong>als</strong> sie 2007 die<br />

„Verhältnismäßigkeit“ israelischer<br />

Militäraktionen in Gaza <strong>als</strong> Reaktion<br />

auf den zuvor erfolgten Raketenbeschuss<br />

Israels kritisierte. Wie positionieren Sie<br />

sich persönlich im Nahost-Konflikt?<br />

Und welche Position würde im Fall<br />

einer grünen Regierungsbeteiligung die<br />

österreichische Außenpolitik einnehmen?<br />

Die Grünen, und das schließt auch unsere<br />

außenpolitische Sprecherin, mei -<br />

ne Kollegin Ulrike Lunacek ein, sind<br />

stets eindeutig für das Exis tenz recht<br />

Israels eingetreten. Das bedeutet nicht,<br />

dass wir mit allen politischen Ent schei -<br />

dungen der jeweiligen israeli schen Re -<br />

gierungen einverstanden sind. Wir<br />

sind auch in Österreich keineswegs<br />

mit allen Entscheidungen der jeweiligen<br />

Regierung einverstanden – siehe<br />

oben! In diesem Sinne ist auch die von<br />

Ihnen zitierte Aussage der „Ver hält nismäßigkeit“<br />

israelischer Mi li tär aktio -<br />

nen in Gaza zu sehen. Ulrike Lu na cek<br />

kri tisierte in der erwähnten Aus sen -<br />

dung auch massiv das Vor ge hen der<br />

Ha mas.<br />

Im Nahost-Konflikt befürworten wir<br />

eine Zweistaaten-Lösung, die das Existenzrecht<br />

Israels anerkennt und einen<br />

(wirtschaftlich) überlebensfähigen palästinensischen<br />

Staat ermöglicht. Leid er<br />

sind unsere Hoffnungen aber eher ge -<br />

dämpft, dass die jüngste diplomatische<br />

Initiative der USA nach der Kon fe renz<br />

in Annapolis Erfolge zei tigt. Es wäre<br />

ein ermutigendes Zeichen, bis Ende<br />

<strong>2008</strong> ein Abkommen zu erreichen, je -<br />

doch erscheint dieses Ziel derzeit<br />

wenig realistisch. Die Grünen haben<br />

sich bereits davor für eine Nahost-<br />

Sicherheitskonferenz nach dem Vor -<br />

bild der KSZE ausgesprochen. In der<br />

Vorbereitung einer solchen Konferenz<br />

könnte Österreich eine konstruktive<br />

Vermittlerrolle spielen.•<br />

46 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


POLITIK • INLAND<br />

Sozialdemokratische Partei Österreichs – SPÖ<br />

Spitzenkandidat: Werner Faymann<br />

Persönlicher Leitspruch des Spitzen kan didaten: „Die Wahrheit ist dem Menschen<br />

zumutbar“ (Ingeborg Bach mann)<br />

Nationalratswahl 2006: 35,34 % der abgegebenen gültigen Stimmen; 68<br />

Mandate<br />

Ziel Faymanns für die National rats wahl <strong>2008</strong>: „Österreich braucht eine stabile Regie -<br />

rung, die wir bereit sind, zu führen. Der alles überschattende Streit muss der Vergan -<br />

gen heit angehören.“<br />

Thematische Schwerpunkte des Wahl kampfs: Teuerungsausgleich, Bil dung,<br />

Gesundheit, soziale Gerechtigkeit<br />

Bereitschaft, Regierungsverant wor tung zu übernehmen: ja<br />

Mit welchen Fraktionen ist die SPÖ be reit, zu koalieren: alle außer FPÖ und BZÖ<br />

Mit welchen Fraktionen ist die SPÖ nicht bereit, zu koalieren: FPÖ, BZÖ<br />

Die Grünen<br />

Spitzenkandidat: Alexander Van der Bellen<br />

Persönlicher Leitspruch des Spitzen kan didaten: „Ich habe keinen persönli chen<br />

Leitspruch. Mir gefällt jedoch das Zitat von Václav Havel: ‚Hoffnung ist eben nicht Optimismus,<br />

ist nicht Überzeu gung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass<br />

etwas Sinn hat – ohne Rücksicht darauf, wie es ausgeht.’“<br />

Nationalratswahl 2006: 11,05 % der abgegebenen gültigen Stimmen; 21 Mandate<br />

Ziel Van der Bellens für die Natio nal rats wahl <strong>2008</strong>: „Die Umfragewerte liegen zwischen<br />

14 und 16 %, was für eine europäische Grünpartei eine Sen sation ist. Wenn uns,<br />

was ich sehr hoffe, die Wähler und die Wählerinnen in dieser Weise bestätigen, dann<br />

stehen wir sehr gut da.“<br />

Thematische Schwerpunkte des Wahl kampfs: Energiewende, Vertei lungsge rech tig -<br />

keit, Grundrechte, Gleich stel lung und Selbstbestimmung, Gratis-Kinder garten, Neue<br />

Schule, Uni-Mil li ar de<br />

Bereitschaft, Regierungsverantwor tung zu übernehmen: Ja, sofern Wahl- und Ver -<br />

hand lungsergebnis passen.<br />

Mit welchen Fraktionen sind die Grü nen bereit, zu koalieren: Grundsätz lich mit<br />

allen Parteien, die in den Natio nal rat einziehen – immer unter der Vor aussetzung,<br />

dass das Verhand lungs ergebnis passt –, mit der unverrück baren Ausnahme von<br />

FPÖ und BZÖ.<br />

Mit welchen Fraktionen sind die Grü nen nicht bereit, zu koalieren: FPÖ, BZÖ<br />

Liberales Forum – LIF<br />

Spitzenkandidatin: Heide Schmidt<br />

Persönlicher Leitspruch der Spitzen kan didatin: „Leben ist Problemlösen“ von Sir<br />

Popper.<br />

Nationalratswahl 2006: nicht zur Wahl angetreten, aber mit Alexander Zach <strong>als</strong><br />

Abgeordneter auf SPÖ-Mandat im Nationalrat vertreten<br />

Ziel Schmidts für die Nationalrats wahl <strong>2008</strong>: 4 bis 6% und mehr be ziehungs wei se<br />

7 bis 11 Mandate und mehr<br />

Thematische Schwerpunkte des Wahlkampfs: Fairness in die Regierung, be din -<br />

gungs loses Grundeinkommen, nachhaltige Steuer- und Gesund heits reform, Mi -<br />

gra tion, Bildungspolitik, Eu ropa<br />

Bereitschaft, Regierungsverantwor tung zu übernehmen: ja<br />

Mit welchen Fraktionen sind die Grü nen bereit, zu koalieren: Kommt auf die<br />

Verhandlungergebnisse an<br />

Mit welchen Fraktionen ist das LIF nicht bereit, zu koalieren: FPÖ, BZÖ<br />

Österreichische Volkspartei –<br />

ÖVP<br />

Spitzenkandidat: Wilhelm Molterer<br />

Persönlicher Leitspruch des Spitzen -<br />

kan didaten: „Man muss überall ein<br />

zwei tes Mal hingehen können.“<br />

Nationalratswahl 2006: 34,33 % der<br />

abgegebenen gültigen Stimmen; 66<br />

Man da te<br />

Ziel Molterers für die Nationalrats wahl<br />

<strong>2008</strong>: „Ich habe <strong>als</strong> klares Ziel formuliert,<br />

<strong>als</strong> Nummer eins aus diesem Wahl -<br />

kampf hervorzugehen. Die Mandats -<br />

zahl ist sekundär. Wichtig ist ein klarer<br />

Auftrag der Wählerinnen und Wähler<br />

an die ÖVP,Verantwortung für Österreich<br />

zu übernehmen.“<br />

Thematische Schwerpunkte des Wahl -<br />

kampfs: Arbeitsmarktpolitik, Be kämp -<br />

fung der Teuerung und Entlastung der<br />

Menschen, Pflege und Betreu ung,<br />

Sicherheit, Eu ro pa.<br />

Bereitschaft, Regierungsverantwor tung<br />

zu übernehmen: ja<br />

Mit welchen Fraktionen ist die ÖVP<br />

be reit, zu koalieren: Grundsatz der<br />

ÖVP ist es, keine Partei, die durch den<br />

Wählerwillen demokratisch legitimiert<br />

wurde, auszugrenzen. Wer al ler dings<br />

den Austritt aus dem Frie dens- und Zukunftsprojekt<br />

Eu ropäische Union er -<br />

wägt, nimmt sich selbst aus dem Spiel,<br />

und kann daher für die Österreichische<br />

Volkspartei kein Part ner sein.<br />

Mit welchen Fraktionen ist die ÖVP<br />

nicht bereit, zu koalieren: Siehe vo ri ge<br />

Frage.<br />

Der Kultusrat der IKG bekräftigte<br />

auf seiner letzten Sitzung die po -<br />

litische Unabhängigkeit der IKG.<br />

Hinsichtlich der kommenden Na -<br />

tio nal ratswahlen besteht ein Infor -<br />

ma ti ons bedürfnis einzelner Ge -<br />

mein de mit glieder, hinsichtlich der<br />

Haltung der wahlwerben den Grup -<br />

pen bezüglich die jüdische Ge mein -<br />

de betreffender Fragen.<br />

Es wurde daher beschlossen mit<br />

Ver tretern der wesentlichen wahlwer<br />

benden Parteien (ausgenommen<br />

BZO und FPÖ) entsprechen de<br />

Inter views durchzuführen.<br />

Der Kultusrat<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 47


POLITIK • INLAND<br />

Wahlplakate der FPÖ zur bevorstehenden Nationalratswahl am 28. September<br />

©APA/Georg Hochmuth<br />

Muzicant warnt vor<br />

Regierungsbeteiligung der FPÖ<br />

Anfang September ließen Umfragen zu bevorstehenden Nationalratswahl<br />

befürchten, eine künftige Regierung werde nicht ohne Beteiligung der FPÖ<br />

zustande kommen. IKG-Präsident Ariel Muzicant, sein Stellvertreter Oskar<br />

Deutsch sowie Gener<strong>als</strong>ekretär Raimund Fastenbauer warnten davor, wieder in<br />

eine Situation zu kommen wie im Jahr 2000.<br />

Eines machte Muzicant gleich zu Be -<br />

ginn des Pressegesprächs klar: die IKG<br />

sei eine Religionsgemeinschaft und<br />

dürfe <strong>als</strong> solche in einem Wahlkampf<br />

nicht Partei ergreifen. Bei gravierenden<br />

Anlässen müsse man aber das Wort<br />

ergreifen. Der gravierende Anlass in<br />

diesem Fall: die Sorge, dass die freiheitliche<br />

Partei in der zukünftigen<br />

Bun desregierung vertreten ist. Wobei<br />

Muzicant betonte: die FPÖ dürfe nicht<br />

ausgegrenzt werden. Auch seien die<br />

FPÖ-Wähler nicht allesamt Nazis oder<br />

Rechtsextreme, wie dies gern in ausländischen<br />

Medien dargestellt werde.<br />

Aber: „Uns stört der rechtsextreme harte<br />

Kern der Partei, damit meine ich die Funk -<br />

tionäre, jene, die diese Partei machen, die<br />

die Partei sind“, betonte der IKG-Prä -<br />

si dent. Da gebe es Treffen mit rechtsex<br />

tremen Parteien im Ausland und<br />

Funk tionäre, „die immer wie der übers<br />

Ziel hinausschießen“. Zur Un ter maue -<br />

rung legte Fas ten bauer Unter la gen vor,<br />

die diese Grenz über schrei tun gen<br />

dokumen tieren, da runter die Aussa ge<br />

des freiheitlichen EU-Ab ge ord ne ten<br />

2004 in „Zur Zeit“, wo nach der USame<br />

ri ka ni sche Bei trag zur Befreiung<br />

Eu ro pas von der NS-Ge walt herr schaft<br />

ein „Kreuz zug“ gegen die „deut sche<br />

Mitte“ gewesen sei. Oder die For -<br />

derung von Par tei chef Heinz-Chris ti -<br />

an Stra che nach einem Museum über<br />

„die schreckliche und grau same Zeit (Ho -<br />

locaust und Bom ben ter ror) zwischen<br />

1939 und 1945“ statt einem Holo caust-<br />

Mahnmal am ehe ma li gen As pang-<br />

Bahnhof in Wien-Land stra ße. Er wol le<br />

nicht mit einem „weiteren Mil lionen<br />

Euro teuren Groß pro jekt in Rich tung<br />

Mahn mal-Inflation (...) ge hen“. Strache<br />

darf übrigens laut ei nem Ur teil des<br />

Oberlandesgerichts Wien „Nähe zu<br />

na tion<strong>als</strong>ozialistischem Geda n ken gut“<br />

attestiert werden. Drit tes Bei spiel: der<br />

steirische FPÖ-Chef Ger hard Kurz -<br />

mann meinte im Juli 2006: „Der Juden -<br />

staat muss endlich anerkennen, dass sich<br />

die zivilisierte Staaten ge mein schaft von<br />

Staats terroristen nicht länger auf der Na se<br />

herumtanzen lässt.“<br />

„Jede blonde blauäugige Frau, das heißt jede Frau mit deutscher Mutter -<br />

sprache, braucht drei Kinder, weil sonst holen uns die Türkinnen ein“.<br />

Aussage von OÖ-FP-Landes par tei ob mann und<br />

FP-Spitzenkan di dat Lutz Weinzinger (Quelle: OÖN)<br />

Größtes Problem sei die „ständige Un -<br />

schärfe“, betonte Muzicant weiter.<br />

Wenn Strache sich wenigstens (angesichts<br />

belastender Fotos, Anm.) zu seinen<br />

Jugendsünden bekennen wür de,<br />

wäre das besser, <strong>als</strong> von „Paintball-<br />

Spielen“ oder „drei Bier“ zu sprechen.<br />

„Genau das ist es, was uns so stört.“<br />

Fazit: „Wir brauchen eine Regierung, die<br />

keine FPÖ enthält“, so Muzicant. Wenn<br />

die Umfragen Recht behalten, sehe es<br />

aber so aus, <strong>als</strong> ob ein Ka bi nett nur<br />

mit Beteiligung der Frei heit lichen –<br />

oder indirekter Unterstützung im Fall<br />

einer Minderheitsre gierung – zu bilden<br />

sein werde. „Das ist eine Gefahr.“<br />

Wird das BZÖ ebenfalls <strong>als</strong> Gefahr gesehen?<br />

In den ersten Monaten nach der<br />

Abspaltung des BZÖ von der FPÖ sei<br />

ihm <strong>als</strong> IKG-Präsidenten in Ge sprächen<br />

mit BZÖ-Regierungs mit glie dern (et wa<br />

im Sozialbereich, Anm.) jedenfalls<br />

signalisiert worden, einer der Gründe<br />

für die Trennung sei ge we sen, um<br />

sich „von den Ultrarechten zu trennen“.<br />

Darüberhinaus habe man nun den Ein -<br />

druck, der Kärntner Lan des haupt -<br />

mann und BZÖ-Spit zen kan di dat Jörg<br />

Haider versuche „den Elder Sta tesman<br />

zu geben“. Insgesamt gebe es doch „graduelle<br />

Unterschiede“ zwischen FPÖ und<br />

BZÖ, betonte Mu zi cant.<br />

48 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


POLITIK • INLAND<br />

Aufruf zum Ul richsberg<br />

tref fen auf der<br />

Ho me pa ge der ‘germa<br />

ni schen Welt -<br />

netz ge mein schaft’.<br />

Bundesheer<br />

unterstützt weiterhin<br />

Ulrichsberg-Treffen<br />

Zum 49ten Mal lädt heuer die Ul richs -<br />

berggemeinschaft (UBG), ein Zusam -<br />

men schluss aus diversen Hei mat- und<br />

Kameradschaftsverbänden zur Feier<br />

am Ulrichsberg ein.<br />

Mit Nazi-Regime und NS-Ideologie<br />

wollen die Veranstalter nichts zu tun<br />

haben, wur de bei einer Presse kon fe -<br />

renz in Klagenfurt versichert, bei der<br />

der Ob mann der Ulrichsbergge mein -<br />

schaft, Pe ter Steinkellner, allerdings<br />

mit ei nem historischen Vergleich aufhorchen<br />

ließ, in dem er Tito mit Hitler<br />

und Stalin verglich.<br />

Die „Kameradschaft IV“, die das Doku<br />

mentationsarchiv des Österreichi -<br />

schen Widerstandes <strong>als</strong> „rechtsextreme<br />

Veteranenorganisation ehemaliger Ange -<br />

hö riger der Waffen-SS" bezeichnet, sei<br />

in die Organisation nicht eingebunden,<br />

betonte der ehemalige SPÖ-LHStv. Ru -<br />

dolf Gallob. Die umstrittene Grup pie -<br />

rung sei seit dem Jahr 2001 nicht mehr<br />

dabei: „Seit fünf Jahren ist die Ka merad -<br />

schaft IV auch aus dem Ös ter rei chi schen<br />

Kameradschaftsbund ausgeschlossen."<br />

Dass einzelne Mitglieder an der Ver an -<br />

staltung teilnehmen, sei jedoch “nicht<br />

auszuschließen“. "Wir haben ihre In ten ti on<br />

der Art, wie die Feier vor sich ge hen soll,<br />

nicht übernommen", sagte Gal lob.<br />

Entgegen den Bestimmungen des<br />

„Tra ditionserlasses“, der die Tra di ti -<br />

ons pfle ge des Bundes hee -<br />

res regelt, werden auch<br />

heuer wieder Rekruten<br />

und Offi ziere am um strittenen<br />

Tref fen am Ul richs -<br />

berg teil neh men. Alle<br />

Jah re wieder treffen sich<br />

ehemalige SS-Veteranen<br />

und andere an Kriegsver -<br />

bre chen beteilig<br />

te Wehr -<br />

m a c h t s v e r -<br />

bän de und<br />

v e r s i c h e r n<br />

sich ih rer Un -<br />

ter stüt zung in<br />

Staat, Po litik<br />

und Heer.<br />

Auch heuer,<br />

wird das Bun -<br />

des heer wie -<br />

der we sent li che Un ter stüt -<br />

zung bei tra gen: Of fi zie re<br />

nehmen <strong>als</strong> Eh ren schutz<br />

teil, die Bun des heer-Ka -<br />

pelle spielt ‘Ich hat‚ einen<br />

Kamerad’, der Bundes -<br />

heer-Fuhr park bringt die<br />

an rei sen den Gäs te auf den<br />

Berg, Ge denk tafeln des<br />

Bun des hee res hängen ne ben Ge denk -<br />

ta feln für SS-Ver bän de und NS-Or ga -<br />

ni satio nen und Re kru ten hal ten<br />

Ehrenwache vor Kränzen und Ge -<br />

denk t a feln für verbrecheri sche Wehr -<br />

machts- und SS-Or ga ni sationen.<br />

Im Rahmen einer Kundgebung vor<br />

der Rossauer Kaserne am 15. Sep tem -<br />

ber forderte der Kulturspre cher der<br />

Grü nen, Wolfgang Zinggl, Vertei di -<br />

gungs minister Norbert Darabos zum<br />

wiederholten Male dazu auf, dem Bun -<br />

desheer endlich die Teilnahme am<br />

Kärntner Ulrichsberg-Treffen zu un -<br />

ter sagen. „Wenn das Ministerium heute<br />

endlich an kündigt, dass die Bundesheer-<br />

Gesehen<br />

in der Wiener<br />

Innenstadt im<br />

Sommer <strong>2008</strong><br />

Gedenk ta feln verhängt werden sollen, ist<br />

das zwar ein erster Schritt in die richtige<br />

Rich tung, aber in Summe unzureichend“,<br />

meinte Zinggl. „Es bedarf einer offiziellen<br />

Distanzierung des Bundesheeres vom Ul -<br />

richsberg-Treffen. Und es ist nicht zu to le -<br />

rieren, dass ehemalige SS-Angehörige in<br />

Haflingern des Bundesheeres auf den<br />

Ges pensterhügel gekarrt werden.“<br />

Flämischer Neonazi posiert vor einer<br />

SS-Gedenktafel am Ulrichsberg<br />

©AK gegen den kärntner Konsens<br />

Darabos habe immerhin bereits 2007<br />

die Teilnahme von Bundesheer-An ge -<br />

hö rigen am revisionistischen Ge birgsjägertreffen<br />

im bayrischen Mitten wald<br />

verboten. „Auch am Ulrichsberg hat das<br />

Bundesheer nichts verloren“, erklärte<br />

Zinggl. „Das soll Darabos endlich klarstellen.“<br />

AK gg. Kärntner Konsens/red<br />

Weiter Informationen unter www.u-berg.at<br />

Seit 1958 findet im Oktober auf der kleinen Wiese<br />

neben dem Kreuz eine Gedenkfeier für die Opfer<br />

beider Weltkriege und des Kärntner Abwehr kamp fes<br />

mit bis zu 2.500 Teilnehmern statt. Die Kame radschaft<br />

IV veranstaltet traditionell am Vorabend ein<br />

inoffizielles Treffen in Krumpendorf, bei dem ne ben<br />

ehemaligen Mitgliedern der Waffen-SS auch Neo -<br />

na zis zu Gast sind.<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 49


Das überparteiliche Bündnis STOP<br />

THE BOMB, das sich mit einer internationalen<br />

Unterschriftenaktion und<br />

Aktivitäten in Wien gegen Geschäfte<br />

mit dem iranischen Regime engagiert,<br />

übt scharfe Kritik am bekannt gewordenen<br />

massiven Sponsoring der ÖMV<br />

für die „Iran-Gas-Export-Kon ferenz“,<br />

die am 4. und 5. Oktober in Teheran<br />

stattfinden wird. Simone Dinah Hart -<br />

mann, die Sprecherin von STOP THE<br />

BOMB, stellt fest: „Der österreichische<br />

Multi will offensichtlich nicht nur mit<br />

sei nem geplanten Milliardengeschäft die<br />

iranische Diktatur am Leben halten, sondern<br />

geht jetzt zur Direktfinanzierung von<br />

Wirtschaftsfördermaßnahmen des iranischen<br />

Terrorregimes über.“<br />

Auch auf politischer Ebene scheint<br />

Österreich die Isolierung des iranischen<br />

Terrorregimes aktiv zu un ter -<br />

lau fen. Laut einem Bericht der „Pres se“<br />

setzt sich Österreich auf EU-Ebene<br />

ak tiv gegen weitere Sanktio nen ein.<br />

Ira nische Quellen behaupten gar, dass<br />

der österreichische Botschafter in Te -<br />

he ran, Michael Postl, verlautbart hat,<br />

so wohl Österreich <strong>als</strong> auch die EU sei -<br />

en am Ausbau der wirtschaftli chen Be -<br />

ziehungen mit dem Iran interessiert.<br />

Die österreichische Außenhan dels stel le<br />

in Teheran schickt ei gens ihren Han -<br />

dels delegierten nach Wien, um österrei<br />

chische Firmen in Einzel ge sprä chen<br />

die Marktchancen im Iran der Mul lahs<br />

zu erläutern. Österreichische Firmen<br />

werden sich zahlreich an Industrieund<br />

Handels mes sen im kommenden<br />

Herbst in Teheran beteiligen.<br />

Wirtschaftskammer-Präsident Leitl<br />

und sein Vize Schenz haben dieses Jahr<br />

den Iran bereits besucht. Und für Ok -<br />

tober ist eine österreichische Wirt -<br />

schafts mission im Iran der Ajatollahs<br />

angekündigt. Hiwa Bahrami, Österreich-Repräsentant<br />

der Demokra ti -<br />

schen Partei Kurdistan-Iran, die im<br />

STOP THE BOMB-Bündnis mitarbeitet,<br />

streicht die Sonderrolle Österreichs<br />

heraus: „Während sich international<br />

immer mehr Staaten über die Bedrohung<br />

bewusst werden, die vom iranischen Atomprogramm<br />

ausgeht und dementsprechend<br />

schärfere Maßnahmen gegen das Regime<br />

POLITIK • INLAND<br />

STOP THE BOMB kritisiert<br />

Iran-Sponsoring der ÖMV<br />

in Teheran fordern, scheint Wien noch den<br />

Ausbau der Beziehungen anzustreben.“<br />

STOP THE BOMB kündigte an, bei<br />

den Wahlkampfveranstaltungen ihre<br />

Kritik den Parteivertretern präsentieren<br />

zu wollen, beginnend mit einem<br />

Infor ma tionsstand beim SPÖ-Wahl -<br />

kampf auftakt in der Wiener Stadt hal le.<br />

Das Bündnis will die SPÖ-Mitglieder<br />

mit der Frage konfron tieren, ob man<br />

Iran-Geschäften wie der ÖMV-Deal an -<br />

gesichts des Nuklearprogramms, der<br />

Ver nichtungsdrohungen gegen Israel<br />

und der Regierungspraxis im Iran, wo<br />

in den letzten 30 Jahren Sozial de mo -<br />

kra ten, Gewerkschafter und andere<br />

Re gimegegner zu Zehntausenden er -<br />

mor det und gefoltert und zu Hun dert -<br />

tau sen den ins Exil getrieben wurden,<br />

nicht die Unterstützung entziehen<br />

und statt dessen auf die Unter stüt zung<br />

der säkularen Opposition setzen sollte.<br />

Ähn liche Aktionen bei anderen Par tei -<br />

en sollten folgen. ww.stopthebomb.net<br />

Mossad-Agenten auf Mengele-<br />

Ergreifung bewusst verzichtet<br />

Israelische Geheimdienstagenten ha -<br />

ben 1960 bewusst auf eine Festnahme<br />

des berüchtigten KZ-Arztes Josef<br />

Men ge le verzichtet, um die Entfüh -<br />

rung Adolf Eichmanns aus Süd ame -<br />

rika nicht zu ge fährden. Die Mossad-<br />

Agenten hätten dam<strong>als</strong> auch Men -<br />

gele aufgespürt, jedoch befürchtet, mit<br />

einer Fest nah me die geplante Ent füh -<br />

rung des Ho lo caust-Chef organi sa tors<br />

Eichmann aufs Spiel zu setzen, sagte<br />

ein Mit glied des damaligen Mossad-<br />

Teams, der heutige Mi nister für Rent -<br />

ner-An ge le genheiten Rafi Eitan, der<br />

der Einsatz lei ter bei der Entführung<br />

des 1962 in Israel hingerichteten Na zi-<br />

Verbre chers Adolf Eichmann war.<br />

Mengele, einer der meistgesuchten<br />

NS-Kriegs ver brecher, flüchtete 1949<br />

nach Argentinien und wur de 1959<br />

Staats bürger von Paraguay. Der Chef -<br />

arzt des Vernichtungslagers Au schwitz<br />

soll 1979 gestorben sein. Das Simon-<br />

Wiesenthal-Zentrum versucht im Rahmen<br />

seiner „Operation: Letzte Chance“,<br />

in vier Ländern Südamerikas alle noch<br />

lebenden NS-Verbrecher aufzuspüren.<br />

Integration von Migranten: Österreich Schlusslicht<br />

Österreich ist das schwarze Schaf des Westens, wenn es um die Integration<br />

von Migranten geht. Zu diesem Schluss kommt Pro Austria-Zentrum für Mi -<br />

grationspolitik, eine neu gegründete, parteiunabhängige Institution, die sich<br />

die Versachlichung der Debatte über Migration zum Ziel gesetzt hat, in einer<br />

Broschüre. So liegt etwa Österreich bei einem durch die Migration Policy<br />

Group (Brüs sel) durchgeführten Vergleich der Integrationspolitik von 28 Ländern<br />

zu sam men mit Zypern auf dem vorletzten Platz; nur Lettland rangiert<br />

dahinter.<br />

Beim Unterschied der Arbeitslosenraten von Aus- und Inländern ist Ös ter -<br />

reich laut OECD am viertletzten Platz unter 17 Ländern. Und unter 18 Län -<br />

dern, in denen die Fortschritte der Migranten der zweiten Generation in der<br />

Lesefähigkeit nach der PISA-Methode untersucht werden, zeigt nur Deutsch -<br />

land schlechtere Ergebnisse <strong>als</strong> Österreich.<br />

Auch die soziale Diskriminierung des Zugangs zur Hochschulausbil dung<br />

ist in Österreich besonders stark. Darunter leiden sowohl sozial schwache<br />

Inländer <strong>als</strong> auch Migranten. In einem in der Studie „Eurostudent“ durchgeführten<br />

Vergleich von zehn EU-Ländern belegt Österreich hier den vorletzten<br />

Platz vor Portugal.<br />

Um diese schlechte internationale Position Österreichs zu verbessern, ist ei -<br />

ne positivere Grundhaltung gegenüber Migranten notwendig, so Pro Aus -<br />

tria. Dies würde den Weg freimachen für eine Politik, die es zum Ziel hat, die<br />

Ta lente und Kenntnisse der Migranten für die österreichische Ge sell schaft zu<br />

nutzen.<br />

Die Broschüre steht unter www.proaustria.org zum Download zur Verfü gung.<br />

50 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


POLITIK • AUSLAND<br />

Sieben Jahre nach den Terroranschlägen vom<br />

11. September 2001 in New York und Wa -<br />

shing ton sind die Menschen hinsichtlich der<br />

Schuld frage geteilter Meinung. Laut einer veröffentlichten<br />

Umfrage von „WorldPublic Opi ni -<br />

on Poll“ war in nur neun von 17 Staaten eine<br />

Mehr heit davon überzeugt, dass das Terror netzwerk<br />

Al-Qaida für die Anschläge<br />

verantwortlich ist. Im Gesamtdurchschnitt<br />

gaben 46% der Teil nehmer an, Al-Qaida habe<br />

die Anschlä ge ausgeführt. 15% der Befragten<br />

machten die US-Re gie rung und 7% Israel für<br />

den Terror verantwortlich. 25% gaben an, nicht<br />

zu wissen, wer hinter den Anschlägen stecke.<br />

Deutsche überzeugt von<br />

Al-Qaida-Schuld<br />

In Deutschland waren 64% der Befragten davon<br />

überzeugt, dass Al-Qaida die Anschläge verübt<br />

hat, 23% verdächtigten die US-Regierung. Da mit<br />

kam Deutschland auf Platz vier der Länder, die<br />

die USA selbst verantwortlich machen und liegt<br />

hinter der Türkei (36%), Mexiko (30%) und den<br />

Palästinensischen Autonomiegebieten (27%).<br />

Ein Prozent der Deutschen gab an, Israel habe<br />

die Anschläge ausgeführt, 9% sagten, sie wüss -<br />

ten keine Antwort.<br />

In Großbritannien gaben 57% der Befragten Al-<br />

Qaida, 5% der US-Regierung und ebenfalls 1%<br />

Israel die Schuld.<br />

Naher Osten macht Israel und<br />

die USA verantwortlich<br />

Im Nahen Osten sah die Mehrheit der Befragten<br />

in Israel oder der US-Regierung die Drahtzieher.<br />

In den Palästinensischen Autonomiegebieten<br />

mach te mit 42% noch die Mehrzahl der Teil neh -<br />

mer Al-Qaida verantwortlich. 27% der Palästi -<br />

nen ser gaben die USA und 19% Israel <strong>als</strong> die<br />

Täter an. In Ägypten war die Mehrheit, 43%,<br />

der Befragten davon überzeugt, dass Israel die<br />

Anschläge verübt habe, 12% gaben die USA und<br />

16% Al-Qaida <strong>als</strong> Schuldigen an. In Jordanien<br />

waren lediglich 11% von der Schuld des Terror -<br />

netz werkes überzeugt, 17% sahen in der US-<br />

Regierung und 31% in Israel die Drahtzieher.<br />

Die Mehrheit der Um fra geteilnehmer, 36%, gab<br />

an, es nicht zu wissen.<br />

Geteilte Meinungen in Asien<br />

Überraschend waren einige Zahlen aus Asien.<br />

So gaben in China und Indonesien 56% beziehungsweise<br />

57% der Teilnehmer an, nicht zu<br />

wissen, wer die Anschläge ausgeführt habe.<br />

32% der Chinesen und 23% der Indonesier wa -<br />

ren der Meinung, Al-Qaida sei verantwortlich.<br />

In Taiwan und Südkorea war die Mehrheit der<br />

Befragten, jeweils über 50%, von der Schuld Al-<br />

Qaidas überzeugt.<br />

TERRORANSCHLAG 9/11:<br />

Weltweit Zweifel an den<br />

Schuldigen<br />

© Reuters/Sean Adair<br />

Am meisten überzeugt von der Verantwortung des Ter ror netz wer kes<br />

waren die Befragten in Kenia und Nigeria. Über 70% der Menschen<br />

dort glaubten, dass Al-Qaida die Anschläge ausgeführt habe. 4% in<br />

Kenia und 7% in Nigeria machten die US-Regierung verantwortlich.<br />

Die Umfrage wurde zwischen dem 15. Juli und dem 31. <strong>August</strong> von<br />

„WorldPublicOpinionPoll“ in Zusammen ar beit mit lokalen Mei nungs -<br />

forschungsinstituten durchgeführt. Befragt wurden 16.063 Men schen.<br />

Die Fehlerquote liegt bei 3 bis 4%.<br />

Bei den Anschlägen auf das World Trade Center in New York und das<br />

Verteidigungsministerium in Washington waren 2.975 Menschen<br />

getötet worden. Auch die 19 Täter starben.<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 51


POLITIK • ISRAEL<br />

Israel im Jahr 5768<br />

– Ein Überblick<br />

© Michal Fattal /FLASH90<br />

VON LESLIE SUSSER, JTA<br />

Übersetzung: Karin Fasching-Kuales<br />

Für Israel war das jüdische Jahr 5768<br />

geprägt von vielschichtigen Frie dens -<br />

be mühungen, der wachsenden Be -<br />

sorg nis über das Atomprogramm des<br />

Iran und einen Premierminister, der<br />

aufgrund einer Korruptionsaffäre<br />

immer mehr in Bedrängnis geriet.<br />

Nach der von den USA initiierten<br />

Nah ost-Friedenskonferenz in Anna polis<br />

im November 2007 nahmen Israel<br />

und die de facto Führung der Paläs ti -<br />

nenserbehörde erneut Ver hand lun gen<br />

auf. Auch Syrien verkündete im Mai<br />

<strong>2008</strong>, es unterhalte indirekte Frie dens -<br />

verhandlungen mit Israel, bei denen<br />

die Türkei <strong>als</strong> Vermittler auftrat. Bald<br />

darauf, im Juni, einigten sich schließlich<br />

auch Israel und Ha mas auf einen<br />

von Ägypten in die Wege geleiteten<br />

Waffenstillstand.<br />

Doch aufgrund der anhaltenden,<br />

durch einer Korruptionsaffäre be ding -<br />

te Schwäche des israelischen Pre mier -<br />

ministers, Ehud Olmert, und dessen<br />

beharrlichem Kampf, an der Macht zu<br />

bleiben, verstärkte sich immer mehr<br />

der Verdacht, dass die Friedens be mü -<br />

hungen eher dazu gedacht waren, sein<br />

politisches Leben zu sichern, <strong>als</strong><br />

einen grundlegenden diplomatischen<br />

Durchbruch zu erzielen.<br />

Das ganze Jahr hindurch warfen<br />

Olmerts Schwierigkeiten Schatten auf<br />

seine strategischen und diplomatischen<br />

Bemühungen.<br />

Noch bevor Olmert und Palästi nen -<br />

ser präsident Mahmoud Abbas in An -<br />

napolis aufeinander trafen, äußerten<br />

Friedensbefürworter die Befürch tung,<br />

dass die beiden zu schwach wären, um<br />

ein dauerhaftes Friedensabkommen zu<br />

erzielen. Bei der Konferenz, die eine<br />

eindrucksvolle Liste an arabischen<br />

Teil nehmern aus dem gesamten Mitt -<br />

le ren Osten aufwies, gelobten schließlich<br />

beide Seiten, bis<br />

zum Ende des Jahres<br />

<strong>2008</strong> eine endgültige<br />

Einigung auszuverhandeln<br />

– eine An -<br />

kün di gung, die in -<br />

zwi schen bis auf Wei -<br />

te res hintangestellt<br />

wurde.<br />

Dabei hatten sich<br />

die USA schwer ins<br />

Zeug gelegt: Präsi dent<br />

Bush kam so wohl im<br />

Januar <strong>als</strong> auch im<br />

Mai nach Israel, Aus -<br />

sen minis te rin Con do -<br />

leezza Rice unternahm<br />

ebenfalls mehrere<br />

Rei sen, um den<br />

Verlauf der Ver hand -<br />

lun gen zu verfolgen. Dem ehemalige<br />

britische Premier mi nister Tony Blair,<br />

<strong>als</strong> Sondergesandter des Nahost-Quartetts<br />

(USA, EU, UNO und Russ land),<br />

gelang es, mehr <strong>als</strong> US$ 7 Mrd. zur<br />

An kurbelung der schwachen palästinensischen<br />

Wirt schaft aufzutreiben.<br />

US-General Keith Dayton bildete die<br />

palästinensischen Truppen aus, die<br />

für die Sicherheit im West jor danland<br />

sorgen sollten.<br />

Blockade und Waffenstillstand<br />

Doch da die Hamas immer noch den<br />

Gazastreifen unter ihrer Kon trol le<br />

hatte, blieb ein umfassender Frieden<br />

ein aussichtsloses Ziel. Israelisches Gebiet<br />

wurde unablässig vom Gaza strei -<br />

fen aus beschossen, während Is ra el auf<br />

mit gezielten Angriffen auf die Mili zen<br />

und einer Land- und See-Blockade in<br />

Gaza Vergeltungs maß nah men setzte<br />

und den verzweifelten Men schen im<br />

Süden dennoch keine Er leichterung<br />

ih rer ständig gefährdeten Lebens si tu a-<br />

tion verschaffen konnte.<br />

Stattdessen zog es internationale<br />

Kri tik auf sich, indem es Gaza zum<br />

„feindlichen Territorium“ erklärte<br />

und ihm die Energie- und Treibstoff -<br />

ver sorgung abschnitt.<br />

Ende Jänner brach daraufhin die Ha -<br />

mas Israels Blockade, indem sie ein<br />

Loch in den Grenzzaun zwischen Ga -<br />

za und Ägypten sprengte und da mit<br />

hunderttausenden Paläs ti nen sern den<br />

Weg nach Ägypten frei machte. Nach<br />

Wiederherstellung der Grenze durch<br />

die Ägypter eskalierten die Kämpfe<br />

zwi schen Israel und den mi li tanten<br />

Palästinensern. Die Hamas feuerte Ra -<br />

keten mit großer Reich wei te auf Ash -<br />

ke lon und veranlasste Isra el dazu,<br />

An fang März in den Gazastrei fen einzumarschieren.<br />

Erst in den letzten Junitagen legten<br />

sich die Kämpfe wieder und ein Waf -<br />

fenstillstand kam zustande. Doch die<br />

Hamas hielt an ihrer Weigerung, Is ra -<br />

els Existenzrecht anzuerkennen und<br />

einen dauerhaften Frieden mit dem<br />

jüdischen Staat zu vereinbaren, fest.<br />

52 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


POLITIK • ISRAEL<br />

Gleichzeitig konnte dafür an einer<br />

an deren Verhandlungsfront Fort schritte<br />

erzielt werden: Syrien stimmte in -<br />

di rekten Friedensgesprächen mit Is -<br />

rael unter Vermittlung der Türkei zu.<br />

Diesbezüglich hatte das Jahr vorerst<br />

schlecht begonnen – nach einem<br />

israelischen Luftangriff auf eine mutmaßliche<br />

syrische Nuklearanlage und<br />

dem Anschlag auf Hisbollah-Chef<br />

Imad Mughniyeh auf syrischem Bo -<br />

den schienen die Voraussetzungen<br />

für Gespräche denkbar ungüngstig.<br />

Dennoch verlautbarten beide Par tei -<br />

en am 21. Mai in einem gemeinsamen<br />

Statement, das zeitgleich in Jerusa lem,<br />

Damaskus und Ankara ausgestrahlt<br />

wurde, die Wiederaufnahme der Frie -<br />

densverhandlungen. Bedingung da für<br />

sei eine Entfernung Syriens aus dem<br />

ira nischen Einflussbereich und die<br />

Rück gabe der Golanhöhen durch Is -<br />

ra el.<br />

Verhinderung des Atom pro gramms<br />

So war Israels Fokus im Jahr 5768<br />

auch gar nicht auf einem Frieden mit<br />

den Palästinensern und Syrien, sondern<br />

vielmehr ging es hauptsächlich<br />

um die Verhinderung des Atom pro -<br />

gramms des Iran.<br />

Sein Lobbying zur Ächtung des Iran<br />

innerhalb der internationalen Ge -<br />

meinschaft musste jedoch im Dezem -<br />

ber letzten Jahres einen schweren<br />

Rück schlag hinnehmen, <strong>als</strong> der US-<br />

Geheimdienst in einem Bericht feststellte,<br />

dass der Iran bereits 2003 sein<br />

geheimes Atomwaffenprogramm nie -<br />

dergelegt hatte. Nach Israels Überzeu<br />

gung war das genaue Gegenteil,<br />

näm lich dessen Ausbau und Intensi -<br />

vie rung, der Fall, doch es musste bald<br />

erkennen, dass die USA und der Wes -<br />

ten immer mehr von einer Konfron -<br />

tation mit dem Iran abrückten.<br />

So wurden Israels Ankündigungen<br />

immer harscher. Transportminister<br />

Shaul Mofaz erlärte, ein israelischer<br />

Angriff auf den Iran sei praktisch un -<br />

vermeidbar.<br />

Großangelegte Manöver der israelischen<br />

Luftwaffe, die einen Luftangriff<br />

auf iranische Nuklearziele simulieren<br />

sollten, wurden im Juni durchgeführt<br />

und schürten die Ängste der internationalen<br />

Gemeinschaft vor einem Prä -<br />

ventivschlag Israels.<br />

Gleichzeitig zeigten sich zahlreiche<br />

Mit glieder der Knesset und israelische<br />

Intellektuelle darüber besorgt, dass<br />

Olmert durch die Korruptionsaffäre zu<br />

geschwächt sein könnte, um sich entsprechend<br />

auf die iranische Bedro -<br />

hung zu konzentrieren. Rücktrittsfor -<br />

de rungen wurden laut und erreichten<br />

Ende Mai ihren Höhepunkt, <strong>als</strong> Mor ris<br />

Talansky, amerikanisch-jüdischer<br />

Fund raiser und Geschäftsmann, aussagte,<br />

Olmert hätte, unter dubiosen<br />

Um ständen, Zahlungen von etwa US$<br />

150.000,-, verteilt über 15 Jahre vor sei -<br />

ner Wahl zum Regierungschef, von<br />

ihm angenommen. Olmert musste nun<br />

endgültig seinen Rücktritt - bzw. seine<br />

Nicht-Kandidatur bei den Ka dima-Vor -<br />

wahlen am 17. September - er klä ren,<br />

hatte sein Image ja auch bereits durch<br />

den Zweiten Libanonkrieg im Jahr<br />

2006 Schaden genommen. Die Ope ra -<br />

tion hatte unzählige Leben auf beiden<br />

Seiten gekostet, doch die beiden Sol -<br />

daten, deren Entführung den Krieg<br />

ausgelöst hatte, blieben dennoch verschwunden.<br />

Erst im Juli <strong>2008</strong> kam erneut Bewe -<br />

gung in die Sache – durch Diplomatie<br />

anstatt Gewalt.<br />

Ende Juni, fast zwei Jahre nach Aus -<br />

bruch des Zweiten Libanon krie ges,<br />

einigten sich Israel und die Hisbollah<br />

auf einen Gefangenenaustausch. Im<br />

Juli lieferte die Hisbollah daraufhin<br />

die sterblichen Überreste der israelischen<br />

Reservisten Eldad Regev und<br />

Ehud Goldwasser an Israel aus, während<br />

der jüdische Staat im Gegenzug<br />

dazu die Leichen von 200 libanesischen<br />

und palästinensischen Ge fan -<br />

ge nen sowie fünf lebende libanesische<br />

Terroristen, darunter Samir Kuntar, an<br />

die Hisbollah übergab. Der Aus tausch<br />

rief positive wie negative Reak tionen<br />

in den israelischen Medien hervor und<br />

wurde gemeinhin <strong>als</strong> Sieg für die His -<br />

bollah angesehen.<br />

Trotz aller politischen Turbulenzen<br />

blieb Israels Wirtschaft im jüdischen<br />

Jahr 5768 relativ stabil. Im ersten<br />

Quar tal <strong>2008</strong> sanken die Arbeitslo sen -<br />

zahlen auf ein 13-Jahres-Tief von 6,3%,<br />

das Bruttoinlandsprodukt pro Ein -<br />

woh ner 2007 stieg auf US$ 31.767,- und<br />

war mit dem von europäischen Staa ten<br />

wie Frankreich oder Italien vergleichbar.<br />

Allerdings schwächte die Stärke des<br />

Shekel gegenüber dem US-Dollar die<br />

israelischen Exportzahlen und ließ,<br />

zum ersten Mal seit Jahren, wieder<br />

Zei chen einer beginnenden Inflation<br />

erkennen.<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 53


POLITIK • ISRAEL<br />

Ein Idealist auf gefährlichen Pfaden<br />

„Im Namen Allahs“ heißt das spannende<br />

Reportagebuch des Nahost experten<br />

Wolfram Eberhardt. Seit zehn Jahren<br />

bereist er für das Focus Magazins die<br />

Region: Sein Befund ist ernüchternd.<br />

VON MARTA S. HALPERT<br />

Über Gläubige, Fanatiker und Ter -<br />

ro ris ten im nahöstlichen Raum<br />

zu schreiben, ist weder ein leichtes<br />

noch ein ungefährliches Unterfangen.<br />

Doch der 44-jährige deutsche Jour na -<br />

list Wolfram Eberhardt mit exzellenten<br />

Arabischkenntnissen scheut kein Ri si -<br />

ko. Er wagt den Blick hinter die Ku lis -<br />

sen des Alltagsgetöses, trifft sich zu<br />

Gesprächen mit Islamisten der Ha mas,<br />

mit Hisbollah-Kidnappern aber auch<br />

mit welterobernden Dschihadisten,<br />

orthodoxen Gelehrten und säkularen<br />

Politikern. Denn er sucht eine Ant wort<br />

auf die entscheidenden Fragen unserer<br />

Zeit: Wie lässt sich ein Kulturkampf<br />

zwischen dem Westen und der arabisch-muslimischen<br />

Welt noch verhin -<br />

dern? Gibt es überhaupt eine Ba sis,<br />

um ein Miteinander zu ermöglichen?<br />

Wer <strong>als</strong> geduldeter „Ungläubiger“,<br />

<strong>als</strong>o Nicht-Muslim, zwischen Gaza<br />

und Rafah solche Fragen stellt, erntet<br />

oft Hohn und Spott.<br />

Attallah Abu As-Sabah, Kulturmi nis ter<br />

der Hamas, begegnet Eberhardts Fra -<br />

ge, ob eine Zweistaatenlösung mit<br />

friedlichen Mitteln möglich sei, mit<br />

Ver ärgerung. Ob er vielleicht ein Zio -<br />

nist sei, wollte er zuerst klären. Doch<br />

dann rief er verächtlich und mit einer<br />

wegwerfenden Handbewegung aus:<br />

„Sie sind ja ein Idealist!“ Er, Sabah, set ze<br />

lieber auf den Kampf, den Allah na -<br />

tür lich unterstütze. „60 Jahre seit der<br />

Gründung des Zionisten-Staates sind doch<br />

nichts im Laufe der Geschichte. Wir werden<br />

auch nach Bush und Scharon da sein“,<br />

verkündete er selbstbewusst.<br />

Eberhardt musste zur Kenntnis nehmen,<br />

dass der Staat Israel für den Mi -<br />

nis ter nicht existiert. Stattdessen hat<br />

As-Sabah eine eigene kulturelle Idee<br />

entwickelt, über die sogar viele Mus lime<br />

staunen: Jerusalem soll 2009 Kul -<br />

tur hauptstadt aller arabischer Staaten<br />

werden. Dass dort Israel regiert, blendet<br />

er vollkommen aus. Er ist überzeugt,<br />

dass Allah schon einen Weg fin -<br />

den wird, wenn nicht 2009, dann 2019<br />

oder 2190. Auch solche Zeiträu me sind<br />

für Islamisten wie As-Sabah keine<br />

Ewigkeit.<br />

Allah dienen, heißt sich opfern<br />

Der Journalist aus dem badischen<br />

Frei burg mag im positiven Sinn ein<br />

Idealist sein, doch naiv ist er sicher<br />

nicht. Und Illusionen über die friedfer<br />

tigen Muslime hat er längst nicht<br />

mehr: Hunderte Video-Clips hat er <strong>als</strong><br />

Nahost-Redakteur schon auf youtube<br />

oder islamistischen websites ge -<br />

sichtet. „Mich und jeden halbwegs nor -<br />

malen Westler stößt derlei Gewaltver herrlichung<br />

zutiefst ab, natürlich auch die<br />

westlichen Truppen“, erzählt Eber hardt,<br />

„denn die Clips sagen uns vorerst nichts,<br />

wirken die Dschihad-Kämpfer doch wie<br />

verrückte Mitglieder einer Satanssekte, die<br />

den Tod anbeten. Erst im Laufe der Jahre<br />

lernte ich verstehen, dass sie eine Bot schaft<br />

an die Muslime in sich tragen, die man so<br />

zusammenfassen könnte: Wenn Du Allah<br />

wirklich dienen willst, opfere dich für ihn.<br />

Vertreibe alle Ungläubigen von muslimischen<br />

Boden oder besser noch greif sie<br />

gleich in New York, Madrid, London oder<br />

Berlin an.“<br />

Daher legte Eberhardt seine Rei se -<br />

rou te zwischen den beiden Krisen her -<br />

den Palästina und Irak an, denn er<br />

hegte den Verdacht, dass hier für die<br />

Muslime die Verlockung am größten<br />

sein müsste, sich den Dschihad-Kämpfern<br />

anzuschließen.<br />

„Wie sonst ließe sich erklären, dass heute<br />

im Irak Algerier, Saudis, Ägypter, Liba nesen,<br />

Palästinenser und Jordanier ge mein -<br />

sam in Auftrag Allahs kämpfen?“<br />

Da es in den Ländern des Nahen Os -<br />

tens keine offene Diskussion über Ge -<br />

walt fördernde Elemente ihres Glau -<br />

bens gibt, wurde auch der aufgeschlossene<br />

Journalist immer wieder<br />

mit Floskeln abgespeist: Der Islam sei<br />

ohnehin friedlich, hieß es da – Ende<br />

der Diskussion. Der erfahrene Repor -<br />

ter ließ sich aber nicht abwimmeln<br />

54 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


POLITIK • ISRAEL<br />

und fragte beharrlich weiter. „Wer sich<br />

Zeit nimmt und Vertrauen schafft, kann<br />

zumindest hinter verschlossenen Türen<br />

Erstaunliches hören.“<br />

So erlebt Eberhardt immer wieder<br />

die größten Widersprüche bei seinen<br />

exponierten und prominenten Ge -<br />

sprächs partnern: Etwa wenn Mohammed<br />

Habib, eine wichtige Führungs fi -<br />

gur in der islamistischen Muslim bru -<br />

derschaft Ägyptens, zwar eine fried -<br />

liche Islamisierung basierend auf dem<br />

Recht der Scharia anstrebt, aber<br />

gleichzeitig den Dschihad der Pa -<br />

lästinenser in den Autonomie ge bie ten<br />

gegen Israel unterstützt. Oder wenn<br />

der jordanische Unesco-Preis trä ger<br />

Shalabi die Verbrüderung mit Europa<br />

herbeisehnt, um im gleichen Atemzug<br />

die Demokratie des Wes tens abzulehnen,<br />

da sie nicht islamgerecht sei.<br />

„Nur wenn man die Religion zur Be ur tei -<br />

lung einbezieht, kann man die widersprüchlichen<br />

Aussagen verstehen“, be -<br />

richtet der Nahost-Spezialist. Er habe<br />

bei seinen Unterhaltungen mit Ver -<br />

schleierten, Säkularen, Hamas- und<br />

Hisbollah-Mitgliedern, Islamge lehr ten<br />

oder Studenten immer auf den islamischen<br />

Unterton geachtet: „Denn nach<br />

wie vor gibt ihnen der Islam Anwei -<br />

sungen für jede Lebenslage. Die Motive<br />

und Handlungen der Muslime sind ohne<br />

das Wissen über den Islam nicht zu verstehen.<br />

Für die Eindämmung des Terrors<br />

ist dies unerlässlich.“ Der rein militärische<br />

Krieg gegen den Terror unterschätzt<br />

die Rolle des Islam. „Bildlich<br />

ge sprochen sitzen die Generäle des Wes tens<br />

in einem Flugzeug, dessen Armatu ren sie<br />

nicht kennen und doch drücken sie auf<br />

alle Knöpfe.“<br />

Was bringt eine Wertediskussion?<br />

Die meisten Fragen stellte sich Eber -<br />

hardt nach seinen ausgedehnten Rei -<br />

sen: Darf man in einen Dialog mit<br />

Hisbollah-Scheich Nasrallah, Hamas-<br />

Regierungschef Haniya oder dem<br />

Mus limbruder Habib eintreten? Sie<br />

pro pagieren doch allesamt Gewalt <strong>als</strong><br />

Mittel – natürlich immer nur zur Ver -<br />

teidigung – gegen den Westen oder<br />

Israel. „Hat es Sinn, sich mit jemanden<br />

auseinanderzusetzen, der an eine festgeschrie<br />

bene göttliche Wahrheit glaubt“<br />

sin nierte der Journalist, „die nur ihm<br />

ge hört und weit über dem menschlich-ra -<br />

tio nalen steht? Werden Islamisten und<br />

Dschihadisten so durch den Dialog nicht<br />

aufgewertet und erhalten weiter Zulauf?<br />

Oder sollte man versuchen, sie zu isolieren<br />

oder mit der Waffe in der Hand zu bekriegen.“<br />

Eberhardt stößt auf die unangenehme<br />

Wahrheit, dass wir gar nicht<br />

die Mittel besitzen, sie zu isolieren.<br />

„Die Scheichs und Imame sind keine kleine<br />

Pastoren, die man leicht ins Abseits<br />

schieben könnte. Sie beeinflussen Freitag<br />

für Freitag ihre Gläubigen. Ob wir wollen<br />

oder nicht, wir müssen den schwierigen<br />

Dialog mit ihnen aufnehmen“.<br />

Denn, so Eberhardts Fazit, selbst ein<br />

moderater gläubiger Muslim hat in<br />

der Regel viel mehr gemein mit einem<br />

Mitglied der islamistischen Muslim -<br />

brüderschaft <strong>als</strong> mit einem demokratischen<br />

Parlamentarier des Westens.<br />

Auf die Frage, warum sich ein Eu -<br />

ro päer auf den Kampf der Werte mit<br />

den Muslimen einlassen soll, hat der<br />

Redakteur des Münchener Focus Ma -<br />

ga zins eine er schreckend einfache<br />

Ant wort: „Weil dieser Krieg der Werte<br />

schon längst hier tobt!“<br />

Abbas will bis 2010 im Amt bleiben - Hamas-Widerstand erwartet<br />

Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas (Abu Mazen) will bis 2010 im Amt<br />

bleiben. Er wolle die Präsidenten- und Parlamentswahlen im Jänner 2010<br />

parallel abhalten, sagte Abbas der Zeitung ‘Haaretz’. Die Entscheidung des<br />

Palästinenser-Präsidenten dürfte die Konflikte mit der radikal-islamischen<br />

Hamas verschärfen. Sie ist der Meinung, Abbas Amts zeit ende bereits im<br />

Januar 2009. Hamas-Mitglieder erklärten, sie würden Abbas ab Januar nicht<br />

mehr <strong>als</strong> Präsident anerkennen. In der Vergangenheit hatten sie für diesen<br />

Fall auch gewalttätigen Widerstand angekündigt.<br />

Laut Gesetz dauert die reguläre Amtszeit des Präsidenten vier Jahre. Der<br />

2005 gewählte Abbas beruft sich jedoch auf ein palästinensisches Wahl ge -<br />

setz, nach dem Präsidenten- und Parlamentswahlen zusammen abgehalten<br />

werden sollen. Die Hamas, die Abbas Fatah-Partei bei den Parlaments wah -<br />

len 2006 besiegte, kritisiert den Präsidenten vor allem wegen seiner Frie -<br />

dens gespräche mit Israel. Sollte er bis 2010 im Amt bleiben, bliebe ihm mehr<br />

Zeit, mit dem israelischen Ministerpräsident Ehud Olmert ein Friedensab -<br />

kom men zu erreichen.<br />

„Forbes“: Livni unter<br />

mächtigsten Frauen<br />

der Welt<br />

Die israelische Außenministerin Tzipi<br />

Livni findet sich erneut in der Rang -<br />

liste der 100 einflussreichsten Frauen<br />

der Welt. Die Anwärterin auf den<br />

Vor sitz der Kadima-Partei belegt in<br />

der Aufstellung des US-Magazin<br />

„Forbes“ Platz 52.<br />

Nachdem Livni vergangenes Jahr<br />

auf Platz 39 kam, reihte das renommierte<br />

Wirtschaftsmagazin die Außenministerin<br />

nun zum zweiten Mal un -<br />

ter die 100 mächtigsten Frauen der<br />

Welt, berichtet die Tageszeitung ‘Ha´-<br />

aretz’. Dominiert wird die Liste von<br />

Bank- und Konzernchefinnen, die<br />

jedoch wenig in der Öffentlichkeit<br />

ste hen. 65 der 100 ausgezeichneten<br />

Frauen leiten große Konzerne, 55<br />

stammen aus den USA.<br />

Platz 1 der Rangliste belegte bereits<br />

im dritten Jahr in Folge die deutsche<br />

Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ihr<br />

folgen Sheila Bair, Chefin des staatli -<br />

chen Einlagenfonds der US-Banken<br />

(FDIC), auf Platz 2 und auf Platz 3 In -<br />

dra Nooyi, Firmenchefin von "Pepsi-<br />

Co". US-Außenministerin Condo leez za<br />

Rice, die im Vorjahr noch Platz 4 be -<br />

legte, landete nur auf Rang 7. Die demo<br />

kratische Senatorin Hillary Clinton<br />

sank nach ihrer Niederlage im Vor -<br />

wahl kampf um die US-Präsident -<br />

schafts kandidatur gegen Barack<br />

Obama von Rang 25 auf Rang 28 ab.<br />

Das ‘Forbes Magazine’ ist bekannt<br />

für seine Ranglisten zu verschiedenen<br />

Themen. Neben der jährlich veröffent<br />

lichten Liste der „World’s Bil lio -<br />

nai res“ („Die Milliardäre der Welt“),<br />

veröffentlicht das US-Ma gazin Rang -<br />

listen der 2.000 größten Unterneh men<br />

der Welt, der 13 meistverdienenden<br />

Toten („Top 13 Dead “) oder der weltweit<br />

erfolgreichsten Unter neh men.<br />

Seit 2004 veröffentlicht ‘Forbes’ jährlich<br />

auch eine Liste der „100 mächtigsten<br />

Frauen der Welt“ („The World’s<br />

100 Most Powerful Wo men“). Zu den<br />

Be wer tungskrite rien der Macht zählen<br />

das Auftreten in den Medien,<br />

gemessen an Presse-Zitaten, sowie<br />

der politische und wirtschaftliche<br />

Einfluss.<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 55


WIRTSCHAFT • ISRAEL<br />

Israel feiert am 30. September <strong>2008</strong><br />

den Beginn des neuen Jahres - nach<br />

jüdischem Kalender das Jahr 5769. Alltagsleben,<br />

Wirtschaft und auch das<br />

Budgetjahr Israels richten sich aber<br />

nach dem gregorianischen Kalender.<br />

„Ein Rückblick auf die vergangenen Mo -<br />

na te des Jahres <strong>2008</strong> zeigt, dass sich Isra els<br />

Wirtschaft weiterhin auf einem schon seit<br />

Jahren anhaltenden, soliden Wachstums -<br />

pfad befindet“, sagt Christi an Lassnig,<br />

österreichischer Han delsde legierter<br />

in Tel Aviv.<br />

Israel feiert das neue Jahr 5769 -<br />

Österreichs Exportwirtschaft darf mitfeiern<br />

Österreichs Exporte nach Israel zeigen eine rasante<br />

Aufwärts be wegung. Israel ist einer der wichtigsten Han -<br />

delspartner in der Re gi on.<br />

WIRTSCHAFT<br />

Seit den Krisenjahren 2001 und 2002<br />

wuchs Israels Wirtschaft jährlich um<br />

mehr <strong>als</strong> 5%, eine ambitionierte Steu -<br />

er reform mit einer stufen weisen Sen -<br />

kung der Körper schafts-, Ein kom -<br />

mens- sowie der Mehr wert steu er, die<br />

zu einem Kaufkraft zu wachs und<br />

einem starken Anstieg des privaten<br />

Konsums führte, wird im nächsten<br />

Jahr abgeschlossen sein. Gleichzeitig<br />

konnte das Budget de fi zit von 5,4% des<br />

BIP im Jahr 2003 in einen Überschuss<br />

von 0,7% im Jahr 2007 gedreht werden.<br />

Die öffentliche Verschul dung sank im<br />

gleichen Zeit raum von 101,7% des<br />

BIP auf 80,8%.<br />

Der israelische Schekel entwickelte<br />

sich zu einer Hartwährung, dessen<br />

Kurs gewinne gegenüber dem US-Dol -<br />

lar und - in geringerem Ausmaß - dem<br />

Euro nicht nur positive Reak tio nen<br />

der israelischen Wirtschafts trei ben den<br />

hervor rief.<br />

Trotz weiterhin guter Wirtschafts la -<br />

ge hat Israel mit den bekannten Pro -<br />

blemen zu kämpfen. Die gestiegenen<br />

Rohstoffkosten, insbesondere der<br />

Preisanstieg bei fossilen Energie trä -<br />

gern, führt auch in Israel zu einer hö -<br />

heren Inflation, die für das Ge samt jahr<br />

<strong>2008</strong> mit 3,9% prognostiziert wird. Die<br />

schwächeren Wachstums prog no sen<br />

einiger der wichtigsten Han dels part -<br />

ner Israels (USA und EU) schrauben<br />

auch die Erwartungen für das israelische<br />

Exportwachstum nach unten,<br />

dennoch soll im Jahr <strong>2008</strong> ein Export -<br />

wachstum von 6,4% erreicht werden.<br />

Insgesamt wird die israelische Wirt -<br />

schaft im Jahr <strong>2008</strong> um 4,2% wachsen,<br />

getragen von weiterhin stabilem privaten<br />

und öffentlichen Konsum so wie<br />

stark ansteigenden Dienst leis tungs -<br />

ex porten. Lassnig: „Das Jahr 2007 war<br />

äußerst erfolgreich für österreichische Ex -<br />

por te nach Israel - 208 Mio. Euro, +37%<br />

ge genüber 2006 - und auch im 1. Halbjahr<br />

<strong>2008</strong> konn te diese überdurchschnittliche<br />

Dynamik mit einer Stei ge rung von<br />

29% auf 125 Mio. Euro beibehalten werden.“<br />

Die wich tigsten Warengruppen in<br />

der ös terreichischen Exportstruktur<br />

sind Ma schinen und Anlagen, Metall -<br />

wa ren, Kunst stof fe, Chemische Pro -<br />

dukte, Ge tränke sowie Holz, Papier<br />

und Pappe. Der anhaltende Auf -<br />

schwung wird auch von österreichischen<br />

Großliefe run gen für die israelische<br />

Eisenbahn getragen.<br />

„Für österreichische Unternehmen werden<br />

sich auch in Zukunft viele Chancen<br />

im Export und im Ausbau der bilateralen<br />

Handelsbeziehungen ergeben“, so Lass -<br />

nig. Etwa bei anstehenden Infra struk -<br />

turprojekten, denn Israel investiert<br />

schon seit einigen Jahren massiv in<br />

den Ausbau von Straße und Schiene.<br />

Der öffentliche Nahverkehr, besonders<br />

in den Ballungsräumen Tel Aviv<br />

und Jerusalem wird ausgebaut, um<br />

den Individualverkehr einzudämmen.<br />

Im Energiesektor soll die Ab hän -<br />

gig keit von fossilen Brenn stoffen<br />

(98% der elektrischen Energie wird mit<br />

Kohle, Gas und Öl produziert) vermindert<br />

werden. Dafür soll die So lar -<br />

energie verstärkt genutzt werden und<br />

auch das inzwischen weltbekannte<br />

israelische Elektroauto-Pro jekt soll<br />

dazu beitragen.<br />

Der Um weltschutz nimmt eine im -<br />

mer wichtigere Stellung ein, wobei<br />

Israelische Elektroauto-Pro jekt<br />

Ab was ser be handlung und Luftrein -<br />

haltung sowie Müllverbrennung und<br />

Recycling wich tige Themen für die<br />

nächsten Jah re darstellen.<br />

Die israelische Wasser wirtschaft<br />

steht vor großen Herausforderungen,<br />

da zu geringe Regenfälle und extensive<br />

Nutzung der Ressourcen zu Was serknappheit,<br />

besonders in der Land -<br />

wirtschaft führt. Entsalzungsanlagen<br />

und Programme zur Wassereinspa -<br />

rung sollen das Pro blem lindern. Die<br />

Austrocknung des Toten Meeres soll<br />

durch einen Kanal zwischen dem Ro -<br />

ten und dem Toten Meer verhindert<br />

werden. Dieses gigantische Pro jekt,<br />

für das in nächster Zeit Mach bar keits -<br />

studien erarbeitet werden, soll in Zu -<br />

sammen ar beit mit den Nach barn<br />

Jordanien und der Palästi nen sischen<br />

Autono mie realisiert werden und Kosten<br />

von ca. US$ 5 Mrd. verursachen.<br />

Um der positiven Entwicklung der<br />

bilateralen Wirtschaftsbeziehungen<br />

zwischen Österreich und Israel weitere<br />

Impulse zu geben, plant die Aus -<br />

sen wirtschaft Österreich (AWO) an -<br />

lässlich des offiziellen Staatsbe suchs<br />

von Bundespräsident Heinz Fischer<br />

vom 14. - 17. Dezember <strong>2008</strong> eine<br />

Markt sondierungsreise, um ös terrei -<br />

chi schen Firmen weitere Export chan -<br />

cen zu eröffnen.<br />

Quelle: Wirtschaftskammer Österreich -<br />

Außenhandelsstelle Tel Aviv (BS)<br />

56 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


WIRTSCHAFT • ISRAEL<br />

Immer höhere Immobilienpreise<br />

Die Immobilienpreise in israelischen<br />

Großstädten steigen derzeit in unermessliche<br />

Höhen. Selbst Vororte von<br />

Tel Aviv und Jerusalem sind betroffen.<br />

Der Grund: Wohlhabende Juden wandern<br />

aus Frankreich und den USA ein<br />

und nehmen Einfluss auf den Immo -<br />

bilienmarkt.<br />

„Wir erleben seit etwa zwei Jahren eine<br />

ständig steigende Nachfrage nach<br />

Wohnr aum in erstklassiger Lage“, sagte<br />

Dganit Ofek, Immobilienmaklerin in<br />

Tel Aviv, der Deutschen Presse-<br />

Agentur (dpa). „Und unsere Kunden<br />

sind bereit, viel Geld zu bezahlen.“ Das<br />

ausreichend vorhandene Kapital treibe<br />

die Preise nach oben. „Eine normale<br />

Vier-Zimmer-Wohnung in Tel Aviv ist<br />

kaum noch unter einem Kaufpreis von einer<br />

Kaviar aus Israel<br />

Wissenschaftlern von der He brä -<br />

ischen Universität in Jerusalem ist es<br />

gelungen, den ersten israelischen<br />

Stör zu züchten. Auf große<br />

Geschäfte mit dem Kaviar hofft<br />

jetzt der Kibbutz Dan in Nord israel<br />

– dort werden zur Zeit rund 40.000<br />

Störe in Außenteichen gezüchtet.<br />

Bislang ist das Kaspische Meer<br />

Hauptlieferant des Störs. Durch<br />

Überfischung und Umweltver -<br />

schmut zung ist die Ausbeute in den<br />

vergangenen Jahren jedoch stark<br />

zurückgegangen.<br />

Wie die Universität bekannt gab,<br />

hatten die Wissenschaftler Berta<br />

Levavi-Sivan und Avschalom Hur vitz<br />

vor acht Jahren mit der Auf zucht<br />

begonnen. Da m<strong>als</strong> hatten sie be -<br />

fruchtete Stör-Eier aus dem Kaspi -<br />

schen Meer nach Is rael ge bracht.<br />

Erst nach vier Jahren kann das Ge -<br />

schlecht des Fisches festge stellt wer -<br />

den. Die männlichen Tiere werden<br />

dann auf dem Markt verkauft, die<br />

weiblichen Tie re werden weiter in<br />

den Tei chen gehalten. Im Alter von<br />

etwa acht Jahren, beginnen sie mit<br />

der Kaviarproduktion. Ein Weib chen<br />

kann im Durch schnitt Kaviar im<br />

Wert von US$ 3.000 produzieren.<br />

Der Geschäftsführer von „Caviar<br />

Million Schekel (umgerechnet 200.000<br />

Euro) zu bekommen. Für die Lu xusklasse<br />

zahlen die Käufer 600.000 Euro und<br />

mehr.“<br />

Im Jahr 2006 sind etwa 2.400 französische<br />

und 2.200 amerikanische Ju -<br />

den nach Israel immigriert - insgesamt<br />

kamen knapp 20.000 Ein wan -<br />

derer. Die Franzosen kaufen gerne<br />

Wohnraum in Wassernähe, beispielsweise<br />

in Tel Aviv. Die Amerikaner<br />

sind oft religiös und siedeln sich be -<br />

vorzugt in Jerusalem an, wo sich die<br />

heiligen Stätten wie die Klagemauer<br />

befinden.<br />

Neuer Wohnraum der Luxusklasse<br />

Die Nachfrage sei größer <strong>als</strong> das An -<br />

gebot, so die Jerusalemer Maklerin<br />

Galilee“<br />

im Kib butz Dan<br />

geht davon aus, dass<br />

das Un ter nehmen ab dem Jahr 2010<br />

einen jährlichen Um satz von US$<br />

7,3 Mio. machen wird.<br />

Obwohl es in Israel unter den russischen<br />

Einwanderern eine große<br />

Nach fra ge nach dem „schwarzen<br />

Gold“ gibt, zielt die Firma überwiegend<br />

auf Exporte nach Europa und<br />

Nordamerika ab.<br />

Da noch nicht eindeutig ge klärt<br />

wurde, ob der Stör koscher ist, stellen<br />

die jüdischen Israelis noch kei -<br />

ne Zielgruppe dar. Koschere Fische<br />

müssen sowohl über Schuppen <strong>als</strong><br />

auch über Flossen verfügen, das ist<br />

beim Stör augenscheinlich nicht der<br />

Fall. Levavi-Sivan ist unterdessen<br />

über zeugt davon, dass der Fisch koscher<br />

ist - sie könne nachweisen,<br />

dass der Stör Schuppen habe. Diese<br />

seien jedoch winzig und könnten<br />

nur mit einem Stereoskop gesehen<br />

werden, heißt es in der Presse mi t -<br />

teilung der Universität.<br />

inn<br />

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Alyssa Friedland. „Dadurch steigen<br />

die Preise. Und neuer Wohnraum der<br />

Luxusklasse entsteht, den unsere<br />

Kunden auch zu zahlen bereit sind.“<br />

Laut dpa ist Wohnraum im Zentrum<br />

der großen Städte für „norm<strong>als</strong>terbliche<br />

Israelis“ kaum noch erschwinglich.<br />

Zudem entstehen so genannte „Geis-<br />

ter städte“. Diese Bezeichnung trägt<br />

beispielsweise das Viertel Ma mil la<br />

westlich der Jerusalemer Alt stadt.<br />

Dort verbringen viele ausländische<br />

Investoren nur ihre Sommerferien. In<br />

der restlichen Zeit stehen die Woh -<br />

nun gen leer. Wegen des fehlenden<br />

sozia len Umfelds ziehen Israelis<br />

nicht gerne dorthin.<br />

Doch die Maklerinnen gehen da -<br />

von aus, dass der Preisanstieg auf<br />

dem israelischen Immobilienmarkt<br />

demnächst ein Ende finden wird.<br />

Bald werde ein Limit erreicht sein,<br />

bei dem auch Wohlhabende aus dem<br />

Ausland nicht mehr zahlen wollten,<br />

meint Ofek. Und auch der gesunkene<br />

Wechselkurs vom Dollar zum Sche kel<br />

sowie die Immobilienkrise in den<br />

USA würden sich auf die Preise in<br />

Israel auswirken, vermutet Fried -<br />

land.<br />

inn<br />

©JTA<br />

Proteste in der „Geisterstadt“<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 57


WISSENSCHAFT • ISRAEL<br />

WISSENSCHAFT<br />

Hebräische Universität<br />

weltweit auf Rang 65<br />

Im internationalen Vergleich von 500<br />

Hochschulen belegt die Hebräische<br />

Uni versität in Jerusalem den 65. Platz.<br />

Die drei besten Universitäten befinden<br />

sich in den USA - allen voran und<br />

seit Jahren ungeschlagen liegt Har -<br />

vard, gefolgt von Stanford und der<br />

"University of California", Berkeley.<br />

Platz fünf belegte die Universität<br />

Cambridge in Großbritannien. Es folgen<br />

vier weitere US-amerikanische<br />

Hochschulen, bevor mit Oxford auf<br />

Rang zehn wieder eine europäische<br />

Universität punktet. Das geht aus der<br />

diesjährigen Veröffentlichung des<br />

„Shanghai-Ranking“ der Universität<br />

Jiaotong in Shanghai hervor.<br />

Die Plätze elf bis 18 werden ebenfalls<br />

von US-amerikanischen Hochschu len<br />

belegt. Rang 19 hat die Universität<br />

Tokio in Japan inne.<br />

Im Vergleich mit den Hochschulen<br />

in Asien kam die Hebräische Uni ver -<br />

sität auf Rang vier, in Israel ist sie die<br />

beste.<br />

Beste deutsche Hochschule ist die<br />

Universität in München. Sie landete<br />

auf Platz 55 und belegte im nationalen<br />

Vergleich Platz eins sowie im<br />

europäischen Vergleich Platz 13.<br />

Im „Shanghai-Ranking“ vergleicht<br />

die Universität Jiaotong in Shanghai<br />

seit 2003 weltweit 500 Hochschulen<br />

anhand von sechs Indikatoren. Unter<br />

anderem werden die Anzahl publizierter<br />

Artikel und die Zahl der Nobel -<br />

preisträger berücksichtigt.<br />

inn<br />

Anti-Viren Programme<br />

bald überflüssig?<br />

Ein Israelischer Wissenschaftler entwickelte<br />

ein neues Programm, das<br />

bald alle Anti-Viren Programme und<br />

deren lästigen Updates überflüssig<br />

machen sollen.<br />

So soll das kostenlose Programm „Korset“<br />

dem Betriebssystem selbst hel fen<br />

ungewöhnliche Prozesse zu finden<br />

und diese zu unterbinden. Zur Zeit<br />

gibt es die Software nur für das Be -<br />

triebssystem Linux. Jedoch werden<br />

die meisten Web- und E-Mail-Server<br />

auf Linux Systemen auf der ganzen<br />

Welt installiert.<br />

Quelle: yahoo<br />

Gute Stimmung gegen<br />

Brustkrebs<br />

Traumatische Ereignisse erhöhen<br />

das Brustkrebsrisiko bei<br />

jungen Frauen, glückliche Er -<br />

eignisse und Optimismus verringern<br />

es. Ein Team unter Leitung<br />

von Prof. Ronit Peled an der Ben-Gu -<br />

rion Universität in Be‘er Sheva konnte<br />

die Evidenz in einer umfassenden<br />

Studie nachweisen. (Veröffentlicht in<br />

der britischen Zeitschrift BMC Cancer)<br />

medizin<br />

Gute Diagnostik gegen den<br />

„Stillen-Killer“<br />

Bauchspeicheldrüsenkrebs macht nur<br />

3% aller Karziome aus, ist aber für 6%<br />

der tödlichen Krebserkrankungen verantwortlich<br />

– meist innerhalb einem<br />

Jahr nach Diagnose: daher die Be zeichnung<br />

<strong>als</strong> Stiller-Killer. Der israelische<br />

Molekularbiologe Prof. Avraham Hoch -<br />

berg von der Hebräischen Univer sität<br />

Jerusalem, Mitbegründer und Chef-<br />

Wissenschaftler bei „BioCancell“, entwickelte<br />

eine komplementäre Diag -<br />

nose-Therapie-Technik, bösartige<br />

Krebs zellen der Bauchspeicheldrüse<br />

zu entdecken und zu bekämpfen. Die<br />

„Silber Kugel Methode“ sucht nach<br />

Zellen mit dem bei Krebs häufig auftretenden<br />

H19-Gen und ermöglicht<br />

ih re gezielte Abtötung.<br />

Aktive Konfliktbewältigung<br />

- in der Familie oder am Arbeitsplatz -<br />

beeinflusst Demenzerkrankungen.<br />

Dies zeigen israelische Forscher in ei -<br />

ner neuen Studie, die bei der Inter na -<br />

tionalen Konferenz für Alzheimer Er -<br />

krankungen vorgestellt wurde. „Das<br />

Nachdenken über Probleme und de ren<br />

Lö sungen ist eine spezifische Form der<br />

Hirn aktivität und kann ein Schutz vor<br />

Demenz sein“, sagt Dr. Ramit Ravon-<br />

Springer von der Gedächtnis-Klinik des<br />

Sheba Centers am Tel-Aviver Kran ken -<br />

haus Tel-Hashomer.<br />

Protein des Gedächtnisses<br />

Forscher der Haifaer Universität entdeckten<br />

ein Protein, das für die Konso<br />

lidierung von Gedächtnisinhalten<br />

verantwortlich ist. Die Konsoli die -<br />

rung ist der erste Prozess, der in neurodegenerativen<br />

Erkrankungen wie<br />

Alzheimer und Parkinson betroffen<br />

wird. Die israelische Entdeckung trägt<br />

(ein)blick<br />

zum Verständnis der biologischen Me -<br />

chanismen des Gedächtnisses bei und<br />

somit auch zur Behandlung solcher<br />

Erkrankungen. (Nature Neuro science).<br />

Sicherer Gang<br />

Methylphenidat (Ritalin) wird seit<br />

Jahren bei der Behandlung hyperaktiver<br />

Kinder (ADHS) eingesetzt. Jetzt<br />

konnten Forscher der Tel Aviver Uni -<br />

versität nachweisen, dass die Sub stanz<br />

sturzgefährdeten älteren Menschen<br />

mehr Sicherheit beim Gehen verleiht.<br />

Journal of the American Geriatric Society<br />

Genial einfach gegen Übergewicht<br />

FDH (friss‘ die Hälfte) ist leicht ge -<br />

sagt. Die israelische Firma „Nobe si ty“<br />

aus Haifa macht es leicht. Sie entwikkelte<br />

eine Klammer, die zwischen den<br />

Zähnen an beiden Kiefern befestigt<br />

wird und zu kleineren Bissen und<br />

längerem Kauen zwingt.<br />

Mucoviszidose<br />

Forscher des Hadassah Medical Cen -<br />

ter in Jerusalem entwickelten ein Prä -<br />

pa rat, das bei der bisher unheilbaren<br />

Mucoviszidose hilft. Das Medi ka ment<br />

„PTC124“ wird oral verabreicht, verbessert<br />

den Chloridionentransport<br />

durch Zellmembranen und die Lungen<br />

funktion, Symptome wie Husten<br />

nehmen ab. Noch erstaunlicher: Ne -<br />

ben wirkungen treten kaum auf. (The<br />

Lancet).<br />

Parkinson<br />

Tevas Parkinson-<br />

Medikament Azilect<br />

verlangsamt das<br />

Fortschreiten der neurodegenerativen<br />

Krankheit. Dies hat das israelische<br />

Pharmaunter neh men nun im<br />

Anschluss an die letzte klinische<br />

Testphase mitgeteilt. Alle Ziele seien<br />

dabei erreicht worden.<br />

Azilect, in seiner generischen Form <strong>als</strong><br />

Rasagilin bekannt, ist ein genuines Produkt<br />

von Teva. Dass es die Symptome<br />

der Parkinson-Krankheit erfolgreich<br />

behandelt, war bereits früher bewiesen<br />

worden. Dem israelischen Arz neimittelhersteller<br />

ging es zuletzt da rum,<br />

die offizielle Kennzeichnung seiner<br />

Anwendungen durch US-amerikanische<br />

und europäische Regulierungs -<br />

behörden auszuweiten.<br />

58 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


WISSENSCHAFT • ISRAEL<br />

Nach der klinischen Versuchsreihe<br />

„Adagio“ steht nun fest, dass Azilect<br />

das weltweit einzige Medikament ist,<br />

das nicht nur die Symptome von Par -<br />

kinson behandelt, sondern auch die<br />

Krankheit selbst eindämmt. An der<br />

Adagio-Studie haben 1.175 Patienten<br />

in 14 Ländern teilgenommen.<br />

Der Absatz von Azilect hat sich im<br />

zweiten Quartal von <strong>2008</strong> auf US$ 42<br />

Mio. belaufen, was einen Anstieg von<br />

50% bedeutet. Teva hofft nun, dass die<br />

Verkäufe im kommenden Jahr mindestens<br />

eine Milliarde US$ erreichen.<br />

Schnelltest<br />

Der neue Diagnostik-Kit der israelischen<br />

Chemikerin Dr. Dorit Arat entdeckt<br />

innerhalb weniger Minuten den<br />

Zytomegalie-Virus (CMV). Er verursacht<br />

bei Föten die häufigste Infektion<br />

und kann zum Tod führen. Eine kleine<br />

Speichel- oder Blutprobe genügt.<br />

„Mamaherb“<br />

ist eine internationale Online-Da ten -<br />

bank für alternative Heilmittel und<br />

Methoden. Tamir Goren aus Tel Aviv<br />

sammelt umfangreiche Informatio nen<br />

weltweit, vor allem aus China, Indien<br />

und Südamerika, wo alternative Praktiken<br />

weit verbreitet sind. Zudem bietet<br />

Mamaherb eine Plattform für<br />

Betroffene, um sich über Erfahrungen<br />

austauschen zu können.<br />

Mit dem Zweiten sieht man besser<br />

Einem Team um Dr. Daniel Brisko vom<br />

Meir Medical Center in Kfar Saba ge -<br />

lang ein sensationeller Durch bruch:<br />

das Augenlicht eines 78-jährigen konn -<br />

te wieder hergestellt werden. 1963<br />

wurde er bei einer Militäraktion verwundet<br />

und war seither auf dem linken<br />

Auge blind.<br />

Jerusalem- und<br />

Tel Aviv-Feeling<br />

Tolle Fotos und virtuelle Spa -<br />

ziergänge durch Jerusalem er -<br />

möglicht die neu gestaltete Website<br />

des israelischen Fotografen<br />

Ron Peled. Zurzeit auf Englisch,<br />

in Kürze auch auf Deutsch.<br />

http://www.feeljerusalem.com/<br />

und http://www.visit-tlv.com<br />

wissenschaft<br />

Das deutsch-israelische Jahr<br />

der Wissenschaft und Technologie<br />

wird in der neuen zweisprachigen<br />

Website des Bundesministeriums für<br />

Bildung und Forschung dargestellt<br />

unter http://www.gist<strong>2008</strong>.com/ Schwerpunktthemen:<br />

Meeres- und Geowis -<br />

sen schaften, Biotechnologie, Umwelt -<br />

forschung, Material- und Nanofor -<br />

schung, Optische Technologien, IT<br />

und Kommunikation, Neuroscience,<br />

Krebstherapien & Wassertechno lo gi en.<br />

Israelis beim Urknall<br />

40 Wissenschaftler und Techniker aus<br />

Israel sind beim gigantischen Teil -<br />

chen beschleuniger-Project, Large Had -<br />

ron Collider (LHC) in Genf beteiligt.<br />

Ihr Schwerpunkt: die Entwicklung<br />

ei ner ultrapräzisen und schnellen op -<br />

tischen Kommunikation zwischen<br />

den Anlagen und der gigantischen<br />

Computer-Infrastruktur.<br />

Mit einem Klick<br />

bietet „ebiz Mobility“ aus Israel si che -<br />

res Einkaufen im Internet an - oh ne<br />

Weitergabe von Kreditkartenin for ma -<br />

tionen. Bei Unternehmen, Banken,<br />

Telefongesellschaften etc., richtet der<br />

User einen Account ein. Beim Einkauf<br />

wählt er die ebiz-Option („one touch<br />

purchasing“) aus. Danach übernimmt<br />

die autorisierte Gesellschaft die<br />

Trans aktion.<br />

Firma entwickelt Rohre aus<br />

Recycling-Papier<br />

Das israelische Unternehmen „Ame ri -<br />

can Israeli Paper Mills Group Ltd.“<br />

(AIPM) - Israels größte Papier fabrik -<br />

hat einen neuen Verwen dungs zweck<br />

für recyceltes Papier und Plastik entdeckt.<br />

Ihr ist es gelungen, aus den<br />

Materialien Rohre herzustellen. Laut<br />

dem Geschäftsführer Avi Brener seien<br />

diese fast so robust wie Stahlrohre.<br />

Dem Ergebnis seien zehn Jahre For -<br />

schung vorausgegangen. Laut dem<br />

Be richt bestehen die neu entwickelten<br />

Rohre aus 60 bis 70% recyceltem Pa -<br />

pier und Plastik. Die Firma selbst<br />

nutze sie <strong>als</strong> Kern für ihre Papier rol -<br />

len, von denen jede 20 Tonnen wiege.<br />

Wie Brener weiter mitteilte, werden<br />

bislang in Israel lediglich 25% des be -<br />

nutzten Papiers sowie 1,5% Plastik<br />

recycelt. Er hoffe, dass das Papier re -<br />

cycling in den kommenden Jahren auf<br />

50% erhöht werden könne. Dann<br />

wäre Israel wettbewerbsfähig mit den<br />

hochentwickelten Ländern Europas.<br />

Kluge Köpfe<br />

Bei der Internationalen Physik-Olym -<br />

piade im türkischen Izmir erhielten<br />

israelische Schüler von der Lehman-<br />

High-School in Dimona, einer Klein -<br />

stadt im Negev, den ersten Platz.<br />

Logistik von Rafael<br />

Gemeinsam mit „General Dy na mics“<br />

wird die israelische Fir ma „Rafael“<br />

die Truppen-Fahr zeuge der US-Army<br />

mit mo dern ster Logistik ausrüsten.<br />

Umfang des De<strong>als</strong>: US$ 32 Mio<br />

Ausgesucht<br />

Unter den 50 Start-Up Firmen, die zur<br />

Teilnahme an der „TechCrunch50 Con -<br />

ference <strong>2008</strong>“ in San Francisco eingeladen<br />

wurden, stehen auch vier aus Is -<br />

ra el. Erstmalig 2007 veranstaltet, hat<br />

die Konferenz das Ziel, junge Firmen<br />

mit herausragenden Erfolgschancen<br />

vorzustellen und zu promoten.<br />

http://www.techcrunch50.com/<strong>2008</strong>/conf<br />

erence/index.php<br />

Energie aus Rizinusöl<br />

In einem neuen Joint-Venture werden<br />

die israelischen Firmen „Ormat“ und<br />

„Evogene“ gemeinsam mit „Biofuel<br />

Namibia“ Biodiesel aus der Castor -<br />

boh ne (Rizinus) in Namibia produzieren<br />

und vermarkten.<br />

1. Internationaler Kongress<br />

für weibliche Offiziere<br />

Schon lange setzen die israelischen<br />

Streitkräfte Maßstäbe in<br />

Gleich be rech tigung. Auf dem<br />

viertägigen Kon gress in Tel<br />

Aviv sollen nun Vor teile der<br />

Präsenz von Frauen in den<br />

Streit kräften diskutieren werden.<br />

Dazu reisen Teilnehmer aus 11<br />

Nationen an.<br />

gesellschaft<br />

Barrierefrei<br />

Anstatt sie auszugrenzen, integriert<br />

Israel Behinderte uneingeschränkt in<br />

die Gesellschaft. Ein einzigartiges Projekt<br />

der Armee ermöglicht nun Be -<br />

hinderten wirklich Teil der Ge sell -<br />

schaft zu sein. Videobericht: http://<br />

www.jerusalemonline.com/speci<strong>als</strong>10.asp<br />

Arbeit fördert Frieden<br />

10.000 neue Arbeitsplätze für Pa l läs -<br />

tinenser und 2.000 für Israelis entstehen<br />

2009 in einem israelisch-palästinensischen<br />

Industriepark im Norden<br />

Israels – unterstützt von den USA<br />

und der EU. Quellen: ILI, JTA, inn, nai, u.a.<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 59


WISSENSCHAFT • ISRAEL<br />

Die israelische Firma Argo Medical Technologies hat ein Gerät<br />

hergestellt, das Gehbehinderten zum aufrechten Gang verhilft.<br />

Entwickelt wurde es von Amit Goffer, dem Gründer<br />

und Generaldirektor des Unternehmens, der selbst seit ei -<br />

nem Autounfall ge lähmt ist.<br />

ReWalk (siehe Gemeinde 427 (ein) blick), so der Name der<br />

Er fin dung, sieht aus wie eine Mischung aus einem Krebs -<br />

gerippe und dem Mantel der bekannten Comic-Figur Iron<br />

Man. Beingelähmte können damit aufrecht stehen, gehen<br />

und sogar Treppen steigen. Voraussetzung für den Ge -<br />

brauch ist jedoch die volle Einsatzfähigkeit der Hände.<br />

© EPA/Jim Hollander<br />

Das Gerät besteht aus zwei Krücken zur Herstellung des<br />

Gleichgewichts, motorisierten Beinstützen, Sensoren und<br />

einem Rucksack, in dem die Bat terien und die Kontroll ar -<br />

matur verwahrt sind. Der Benutzer wählt mi tels einer<br />

Fern bedienung am Handge lenk einen bestimmten Modus<br />

– Stehen, Sit zen, Gehen, Abstieg oder Aufstieg – und lehnt<br />

sich dann nach vorne, um die an den Körper angeschlossenen<br />

Sen soren in Betrieb zu setzen und die Be wegung der<br />

Roboterbeine zu starten.<br />

„Die Maschine erhebt Leute aus ihrem Rollstuhl und ermöglicht<br />

ihnen, aufrecht zu stehen“, sagt Goffer. „Das ist nicht nur<br />

eine Frage der Gesundheit, sondern auch der Würde.“ Radi<br />

Kiuv, ein früherer Fall schirmjäger, der seit 20 Jahren an<br />

den Beinen gelähmt ist und ReWalk ausprobiert hat, äußert<br />

sich begeistert: „Nie hätte ich geträumt, dass ich wieder laufen<br />

könnte. Nach dem ich verletzt wurde, habe ich völlig vergessen,<br />

wie das ist. Nur wenn man mich hinstellt, kann ich fühlen,<br />

wie groß ich bin und mit den Leuten auf Augenhöhe sprechen,<br />

nicht von unten.“<br />

ReWalk soll voraussichtlich 2010 auf den Markt kommen<br />

und um die US$ 20.000 kosten.<br />

Haaretz<br />

Weitere Informationen unter http://www. argomedtec.com/<br />

ReWalk –<br />

Medizinische<br />

Gehhilfe<br />

aus Israel<br />

Schriftrollen vom Toten Meer werden digitalisiert<br />

wich tigsten archäologischen Fun de<br />

überhaupt. 1947 wurden sie zufällig<br />

von einem Beduinenhirten entdeckt.<br />

Einige größere Auszüge der Rollen<br />

werden dauerhaft im Jerusalemer<br />

Israel-Museum ausgestellt.<br />

Israelische und amerikanische<br />

Wis sen schaftler haben damit begonnen,<br />

die berühmten Schriftrollen<br />

vom Toten Meer zu digitalisieren.<br />

Unter den Experten, die der Is ra e -<br />

lischen Al tertumsbehörde (IAA)<br />

dabei be hilflich sind, ist auch ein<br />

Mitar bei ter der US-amerikanischen<br />

Luft- und Raumfahrtbehörde<br />

NASA.<br />

Die antiken Manuskripte, die<br />

beinahe die gesamte hebräische Bibel<br />

enthalten, sind mehr <strong>als</strong> 2000<br />

Jahre alt. Sie gelten <strong>als</strong> einer der<br />

Die IAA teilte mit, dass die digitale<br />

Reproduktion der mehreren<br />

Tau send Fragmente etwa fünf Jah re<br />

dauern werde. Nach Abschluss der<br />

Arbeiten sollen sie der Öffentlichkeit<br />

im Internet zugänglich ge macht<br />

werden.<br />

Von der High-Tech-Bildverar bei -<br />

tung soll nicht zuletzt die Wissen -<br />

schaft profitieren. Die IAA erwartet,<br />

dass sie das Ausmaß, in dem Wis -<br />

senschaftler die Rollen entziffern<br />

können, mittels der Infrarot-Foto -<br />

gra fie erheblich erweitern wird<br />

(Fo to).<br />

Haaretz<br />

60 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


T-Mobile Business Service<br />

www.mobile2business.at<br />

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Motaev Avner, Geschäftsführer<br />

Seit mehr <strong>als</strong> 10 Jahren bieten wir unseren Kunden die besten Geräte, Tarife und Verbindungen<br />

zu ihren Gesprächspartnern. In dieser Zeit haben wir uns immer mehr zum kompetenten<br />

Ansprechpartner für maßgeschneiderte Business-Lösungen entwickelt. Heute tragen wir<br />

dieser Positionierung Rechnung und ändern unseren Firmennamen von Handy-Men in<br />

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entwickelt haben.<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 61


Schneekanonen<br />

aus Israel sorgen<br />

für Ski-Spaß im<br />

Alpengebiet<br />

Die Zermatt-Bergbahnen in der<br />

Schweiz und die Pitztaler Gletscher -<br />

bahnen in Österreich wollen für einen<br />

pünktlichen Start der diesjährigen<br />

Skisaison sorgen und Schnee si cher -<br />

heit gewährleisten. Geschehen soll<br />

dies mit Hilfe einer temperaturunabhängigen<br />

Schneekanone aus Israel.<br />

Aufgrund Schneemangels in den<br />

vergangenen Jahren und einem daraus<br />

resultierenden Rückgang der Be -<br />

su cherzahlen in den beliebten Skige -<br />

bieten haben beide Betreiber im Vor -<br />

jahr den „IDE Snowmaker“ in Israel<br />

bestellt. Im Oktober dieses Jahres sollen<br />

die Schneekanonen zum Einsatz<br />

kommen.<br />

„Im Spätherbst reicht die Gletscher pis te<br />

nur bis 500 Meter vor die Bahnstation -<br />

die verbleibende Strecke muss zu Fuß zu -<br />

rück gelegt werden“, sagte Christen<br />

Baumann von der Zermatt-Bergbah -<br />

nen AG. Das soll sich nun ändern: In<br />

dieser Saison, soll das entsprechende<br />

Stück durch die Schneekanone be -<br />

schneit werden, heißt es auf der Inter -<br />

netseite von „IDE Snowmaker“.<br />

Vor der Verschiffung in die Alpen regionen<br />

war die Schneekanone An fang<br />

Juli bei mehr <strong>als</strong> 30° Celsius in der<br />

Nähe von Netanja erfolgreich getestet<br />

worden. Sie hatte für Begeisterung<br />

unter israelischen Skifahrern gesorgt.<br />

Kunstschnee ohne Chemikalien<br />

Das israelische Gerät macht erstm<strong>als</strong><br />

die Schneeproduktion bei Plusgraden<br />

von mehr <strong>als</strong> 30° Celsius bei niedrigem<br />

Energieverbrauch möglich. Zu -<br />

WISSENSCHAFT • ISRAEL<br />

dem funktioniert es ohne chemische<br />

Zusatzstoffe. Täglich können bis zu<br />

2000 Kubikmeter Schnee produziert<br />

werden. Die Schneekanone wiegt et wa<br />

30 Tonnen und ist daher nicht mobil,<br />

sondern muss fest installiert werden.<br />

Sie kostet rund 1,5 Mio. Euro, heißt es<br />

in einem Bericht der Tageszeitung<br />

„Jediot Aharonot“.<br />

Ähnliche Geräte hatten bisher Kunst -<br />

schnee bei Plusgraden nur in geringen<br />

Mengen und durch Zusatz von Che -<br />

mi kalien erzeugt. Ursprünglich wur de<br />

der „IDE Snowmaker“ <strong>als</strong> Entsalzungs<br />

anlage entwickelt. Später hätten<br />

die Entwickler entdeckt, dass das Ge -<br />

rät Kunstschnee produzieren könne.<br />

Die Schneekanonen werden bereits seit<br />

Jahren <strong>als</strong> Kühlanlagen in südafrikanischen<br />

Diamantenminen eingesetzt.<br />

Das Unternehmen „IDE Techno lo -<br />

gien“ wurde 1965 im Auftrag der is ra -<br />

elischen Regierung für die Ent wick -<br />

lung von Entsalzungsanlagen ge -<br />

gründet. Heute ist es einer der Welt -<br />

marktführer in diesem Bereich sowie<br />

auf dem Gebiet der Wasserreinigung<br />

und der Konstruktion von Kühlungs-,<br />

Eis- und Schneeanlagen.<br />

inn/red<br />

Kontakte und Auskünfte:<br />

Vertretung Österreich, Deutschland,<br />

Schweiz, Südtirol:<br />

Firma SEC – Ing. Felix Viehauser,<br />

+43/(0)6432/3849, office@seilbahn.net<br />

(SEC ist die Vertretung der israelischen Fir ma IDE-<br />

Technologies aus Israel im deutsch sprachigen Raum)<br />

Weitere Informationen:<br />

www.ide-snowmaker.com<br />

Bedeutender Mauerfund<br />

am Zionsberg<br />

Bei Ausgrabungen am Zionsberg<br />

sind Reste der südlichen Stadtmauer<br />

Jerusalems aus der Zeit des zweiten<br />

Tempels (200 v. Chr. Bis 70 n. Chr.) so -<br />

wie der byzantinischen Periode (320-<br />

640 n. Chr.) freigelegt worden. Die<br />

Linien dieser Befestigungsanlagen<br />

umrissen die Stadt vom Süden her<br />

zur Zeit ihrer größten Ausdehnung.<br />

Die neuen Funde wurden auf einer<br />

Pressekonferenz am Zionsberg der Öffentlichkeit<br />

präsentiert. Die Ausgra -<br />

bungsarbeiten unter der Leitung von<br />

Yehiel Zelinger von der Israelischen<br />

Al tertumsbehörde (IAA) sind bereits<br />

seit eineinhalb Jahren im Gange.<br />

Finanziell unterstützt werden sie von<br />

der Ir David Foundation.<br />

Das Projekt ist Teil eines groß angelegten<br />

Plans für den Jerusalemer<br />

Stadt mauer-Nationalpark, der die Ge -<br />

gend um die Altstadt für touristische<br />

Zwe c ke erschließen soll. Die nun freigelegten<br />

Mauerreste werden zukünftig<br />

in eine Promenade integriert werden,<br />

die an der Südseite des Zions -<br />

bergs entlang bis hin zur Stadt Da -<br />

vids (Ir David) verläuft.<br />

Yehiel Zelinger bemerkte u. a.: „Die<br />

Tat sache, dass sich die Reste der ersten<br />

Stadt mauer bis zu einer Höhe von drei<br />

Me tern über 2100 Jahre hinweg erhalten<br />

haben, ist erstaunlich. Dies ist eines der<br />

schönsten und vollständigsten Relikte<br />

der hasmonäischen Bauweise, das sich in<br />

Jerusalem finden lässt.“<br />

© Yossi Zamir Flash 90.<br />

Weitere Informationen zu dem Mau -<br />

erfund finden sich unter dem folgenden<br />

Link: http://www.mfa.gov.il/MFA/<br />

Israel+beyond+politics/Southern-wall-<br />

of-Jerusalem-discovered-in-excavations-3-<br />

Sep-<strong>2008</strong>.htm<br />

62 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


JÜDISCHE WELT • INLAND<br />

JÜDISCHE WELT<br />

Alle Fotos: © Dieter Werderitsch<br />

Im Beisein zahlreicher Prominenter aus Politik und Kultur<br />

wurde am 17. September <strong>2008</strong> die Zwi Perez Chajes<br />

Schule in der Simon-Wiesenthal-Gasse offiziell eröffnet.<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 63


JÜDISCHE WELT •AUSLAND<br />

Panorama<br />

Kurznachrichten aus der jüdischen Welt<br />

Quelle: JTA/Guysen u.a.; Übersetzung: Karin Fasching/Foto:©JTA u.a.<br />

Kantorenschule in Berlin eröffnet<br />

Mit einem Konzert und Workshops<br />

wurde nun, unter Anwesenheit internationaler<br />

Gäste, die Berliner Kan to ren<br />

Schule des Abraham Geiger Kol legs an<br />

der Universität Potsdam eröffnet. Ei ne<br />

enge Zusammenarbeit mit dem Jüdi -<br />

schen Institut für Religion am He brew<br />

Union College in Jerusalem soll beim<br />

Unterricht der zukünftigen Kantoren<br />

verwirklicht werden. Zwar beginnt<br />

der erste vierjährige Kurs erst im kommenden<br />

Jahr, doch besuchen bereits<br />

jetzt drei Stundenten ei nen Vorbe rei -<br />

tungskurs.<br />

Deutschland, dessen jüdische Bevöl -<br />

ke rung seit den 1990ern durch die<br />

verstärkte Zuwanderung aus der ehemaligen<br />

Sowjetunion auf 190.000<br />

Menschen mehr <strong>als</strong> vervierfacht hat,<br />

braucht dringend jüdische Geistliche.<br />

Weniger <strong>als</strong> 30 Rabbiner betreuen insgesamt<br />

etwa 80 Synagogen, Kantoren<br />

gibt es noch weniger.<br />

Der Siddur für das iPhone<br />

Der Siddur, ein jüdisches<br />

Gebetsbuch, kann nun auf<br />

iPhone oder iPod Touch<br />

geladen werden. Die Soft -<br />

ware enthält Gebete ashkenasischer<br />

und sephardischer Traditi on, er mit -<br />

telt die örtlich variablen Gebetszeiten<br />

für den iPhone-Besitzer und enthält<br />

eine Datenbank umliegender Syna go -<br />

gen. Zu finden im Apple iTunes Store<br />

für US$ 9,99.<br />

Pflege-Treffen für jüdische<br />

Gedenkstätten<br />

In der kleinen polnischen Stadt<br />

Zdunska Wola nahe Lodz trafen sich<br />

mit der Erhaltung jüdischer Gedenk -<br />

stätten beauftragte nichtjüdische Vo -<br />

lontäre unter der Leitung der Akti -<br />

vistin Kamila Klauzinska, Absolventin<br />

des Instituts für Jüdische Studien an<br />

Krakaus Jagiellonian Universität. Or -<br />

ganisiert wurde das Treffen von der<br />

Historischen Gesellschaft Yachad, die<br />

sich der Erhaltung des jüdischen Er -<br />

bes von Zdunska Wola verschrieben<br />

hat, und ist dem Gedenken an Ire ne usz<br />

Slipek gewidmet, der bis zu seinem<br />

Tod im Jahr 2006 zwanzig Jahre lang<br />

um den jüdischen Friedhof seiner<br />

Heimatstadt Warta kümmerte.<br />

Brad Pitt spielt jüdischen Soldaten<br />

US-Schauspieler Brad Pitt wird im<br />

neuen Film von Kultregisseur Que n tin<br />

Tarantino, „Inglorious Bastards“, einen<br />

jüdischen Soldaten im Zweiten Welt -<br />

krieg spielen, der eine Gruppe von acht<br />

jüdischen Amerikanern bei einem Ra -<br />

cheakt gegen die Nazis im besetzten<br />

Frankreich anführen soll. Die Drehar -<br />

bei ten in Deutschland beginnen im<br />

Oktober.<br />

Amos Gitai in Locarno geehrt<br />

Der israelische Filmregisseur Amos<br />

Gitai, bekannt für Filme wie „Kip pur“<br />

oder „Kadosh“, wurde beim 61.<br />

Internationalen Filmfestival von Lo carno<br />

mit dem Ehrenleoparden geehrt.<br />

Sein neuester Film „Plus tard, tu comprendras...“<br />

(„Eines Tages wirst du verstehen...“)<br />

wurde beim Festival gezeigt,<br />

ebenso eine Retrospektive seiner wichtigsten<br />

Filme aus früheren Jahren.<br />

Mehr jüdische<br />

Hochzeiten in Israel<br />

Innerhalb eines Jah -<br />

res, zwischen 2005<br />

und 2006, stieg die<br />

Zahl jüdischer<br />

Hoch zeiten in Israel<br />

um 8,3 %, berichtet<br />

das Statistische Zen tralbüro in Israel<br />

anlässlich des jüdischen Tages der<br />

Liebe, Tu B´Av, am 16. <strong>August</strong>. Die<br />

Zahl der moslemischen Hoch zei ten<br />

wie derum stieg im selben Zeit raum<br />

um 12 %. Bei den jüdischen Männern<br />

lag das Durchschnittsalter bei ihrer<br />

Hoch zeit bei 28,2 Jahren (Frauen 25,7),<br />

moslemische Männer waren durchschnittlich<br />

26,4 Jahre alt, Frauen 20,8.<br />

Dennoch wird es zunehmend zum<br />

Trend, unverheiratet zu bleiben. Bei<br />

den 25 bis 29-Jährigen erhöhte sich der<br />

Prozentsatz der JunggesellInnen von<br />

38 % 1986 auf 57 % im Jahr 2006. Bei<br />

Frauen zwischen 20 und 24 sind es gar<br />

70 %.<br />

Oslo eröffnet jüdisches Museum<br />

Ein neues, am Standort einer ehemaligen<br />

Synagoge errichtetes Museum im<br />

norwegischen Oslo ist der jüdischen<br />

Kultur und Tradition Norwegens ge -<br />

widmet, die mit den ersten jüdischen<br />

Einwanderern vor 150 Jahren ihren<br />

Ursprung nahm.<br />

Die erste Ausstellung beschäftigt sich<br />

mit dem jüdischen Einfluss auf die<br />

norwegische Kultur und dem Schick -<br />

sal der jüdischen Gemeinde während<br />

der deutschen Besatzungszeit im<br />

Zwei ten Weltkrieg.<br />

Norwegen, in dem heute etwa 1.500<br />

Juden leben, war lange einer der letzten<br />

europäischen Staaten ohne jüdisches<br />

Museum in seiner Hauptstadt.<br />

Nur in der zentralnorwegischen Stadt<br />

Trondheim existierte bisher ein Mu se -<br />

um, das dem Judentum gewidmet war.<br />

Vertreter des libyschen Exiljudentums<br />

gestorben<br />

Raffaello Fellah, ein ranghoher Vertre ter<br />

des libyschen Exiljudentums, verstarb<br />

im Alter von 73 Jahren in Rom. Der in<br />

Tripoli geborene Fellah und 6.000<br />

wei tere libysche Juden flüchteten 1967<br />

vor der Vorfolgung in ihrer Heimat,<br />

die meisten zog es nach Israel, doch etwa<br />

2.000 von ihnen siedelten sich, wie<br />

Fellah, in Italien an. Der Geschäftsmann<br />

avancierte zu einem wichtigen<br />

Teil des italienischen Judentums, er<br />

war früher Präsident der Weltor ganisation<br />

libyscher Juden und Mitglied<br />

der Sephardischen Weltföderation.<br />

Ehemalige bosnische Synagoge<br />

trotz Protesten abgerissen<br />

Eine ehemalige Synagoge in der bosnischen<br />

Stadt Travnik musste einem<br />

Shoppingcenter weichen. Sie war 1860<br />

anstelle einer älteren Synagoge aus<br />

dem 18. Jahrhundert errichtet worden.<br />

Der letzte G´ttesdienst fand im Jahr<br />

1941 statt, bevor sie im Zweiten Welt -<br />

krieg beschädigt und in den 1950ern<br />

von der bosnisch-jüdischen Gemein de<br />

an die Stadt verkauft wurde. Danach<br />

be herbergte das Gebäude über Jahr -<br />

zehnte Metallarbeiter.<br />

Als nun im <strong>August</strong> <strong>2008</strong> Gerüchte um<br />

die Zerstörung der ehemaligen Syna -<br />

goge laut wurden, formte sich eine<br />

letzt endlich leider erfolglose Protest -<br />

gruppe, die das G´tteshaus <strong>als</strong> Mahn -<br />

mal für Bosniens multikulturelles<br />

Erbe erhalten wollte.<br />

64 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


JÜDISCHE WELT • AUSLAND<br />

HIAS erlangt UN-Status<br />

Der Hebräischen Hilfsgesellschaft für<br />

Immigranten (HIAS) wurde vom<br />

UNO-Komitee für NGOs (Non-Go -<br />

vern mental Organizations) ein Kon -<br />

sultativ-Status <strong>als</strong> akkreditierte NGO<br />

zuerkannt. Die 1881 in den USA ge -<br />

gründete Organisation setzt sich in -<br />

zwischen weltweit für die Rechte von<br />

Immigranten ein.<br />

Größter koscherer Supermarkt<br />

der USA eröffnet<br />

Der New Yorker Stadtteil Brooklyn<br />

darf nun den wohl größten koscheren<br />

Supermarkt der Vereinigten Staaten<br />

sein Eigen nennen. Der „Pomegra -<br />

nate“-Markt (Englisch für Granat ap -<br />

fel) erstreckt sich über ein etwa sechs<br />

Quadratkilometer großes Gelände<br />

und setzt auf gehobene Qualität.<br />

Jüdische US-Wissenschafter erhalten<br />

hohe US-Auszeichnung<br />

Vier jüdisches Wissenschafter und<br />

Ingeneure gehören zu den acht Aus -<br />

er wählten, die in diesem Jahr mit der<br />

höchsten Auszeichnung der USA für<br />

Wissenschaft und Technologie geehrt<br />

werden. In einer Zeremonie im<br />

Weißen Haus am 29. September wird<br />

Präsident George W. Bush die „Na -<br />

tional Medal of Science“ überreichen.<br />

Zwei der Geehrten waren <strong>als</strong> Kinder<br />

mit ihren Familien vor der Verfol -<br />

gung durch die Nazis nach Amerika<br />

geflüchtet: Andrew J. Viterbi aus San<br />

Diego wurde in Bergamo, Italien, ge -<br />

boren und ist bekannt <strong>als</strong> Vater der<br />

Handy-Technologie. Er gründete den<br />

US-Handy-Giganten Qualcomm und<br />

ist ein großzügiger Unterstützer jüdischer<br />

Vereinigungen.<br />

Auch Fay Ajzenberg-Selove kam <strong>als</strong><br />

Flüchtling in die USA. Sie wurde in<br />

Berlin in eine russisch-jüdische Fami-lie<br />

geboren und arbeitet heute <strong>als</strong> Nu kle -<br />

ar physikerin an der Universität von<br />

Pennsylvania.<br />

Der aus New York stammende Leonard<br />

Kleinrock ist Professor für In for -<br />

matik an der Univercity of Cali fornia<br />

Los Angeles (UCLA) und ein Pionier<br />

der Internet-Technologie.<br />

Und auch Robert J. Lefkowitz, ebenfalls<br />

gebürtiger New Yorker, wird die Me -<br />

dail le erhalten. Er ist Physiker und ein<br />

Vorreiter der Biochemie an der Duke<br />

University.<br />

Jüdisches Literaturfestival in Rom<br />

Italiens erstes Internationales Festival<br />

für Jüdische Literatur fand vom 20.<br />

bis 24. September in Rom statt. Ita li e -<br />

nische, amerikanische, israelische u. a.<br />

Autoren stellten dort für Lesungen<br />

und Diskussionen ihrer Werke zur<br />

Verfügung, außerdem wurde ein Preis<br />

für die beste Kurzgeschichte aus dem<br />

jüdischen Themenkreis verliehen.<br />

Erste Reformrabbiner in Holland geweiht<br />

Die ersten fünf Absolventen des Ro -<br />

bert A. Levisson Instituts wurden in<br />

der spanisch-portugiesischen Syna goge<br />

der Reformgemeinde von Den<br />

Haag geweiht. Die fünf Holländer<br />

haben einen fünfjährigen berufsbegleitenden<br />

Lehrgang absolviert.<br />

Aktuell leben etwa 40.000 Juden in<br />

Hol land, von denen ca. 4.000 einer<br />

Reformgemeinde angehören.<br />

Fotosammlung von Anne Frank<br />

restauriert<br />

Jene Fotos, die die Wände des Ver -<br />

stecks von Anne Frank zierten wurden<br />

in einem zehn Jahre dauernden<br />

Prozess restauriert. Die 60 Jahre alten<br />

Bilder von bekannten Personen wie<br />

Greta Garbo, den Lane Sisters, Sonja<br />

Henie und Queen Elizabeth hatte das<br />

Mädchen, das durch ihre Tagebücher<br />

traurige Berühmtheit erlangte, aus ei -<br />

nem Frauenmagazin ausgeschnitten.<br />

Keine Frauen bei Knesset-Chor-Auftritt<br />

Ein Auftritt des Knesset-Chors bei ei -<br />

nem Plenum mit dem britischen Pre -<br />

mier Gordon Brown musste ohne sei -<br />

ne weiblichen Mitglieder stattfinden,<br />

um ihre streng-orthodoxen Kollegen<br />

nicht zu brüskieren. Nach konservativen<br />

Interpretationen des jüdischen<br />

Rechts, darf ein Mann eine Frau nicht<br />

singen hören, um das Erwecken von<br />

körperlicher Lust zu vermeiden.<br />

Laut dem Generaldirektor der Knes set,<br />

Avi Balashnikov, dürfen Frauen niem<strong>als</strong><br />

im Plenum singen. Lediglich Mäd chen<br />

unter 13 Jahren hatten kürzlich bei<br />

einem Auftritt für Frankreichs Prä si -<br />

dent Nikolas Sarkozy mitgewirkt.<br />

Tatsächlich treten jedoch immer wieder<br />

Sängerinnen in der Chagall Halle<br />

der Knesset auf, wo streng religiöse<br />

Abgeordnete einfach den Saal verlassen<br />

können, wenn sie den Gesang <strong>als</strong><br />

nicht angebracht empfinden.<br />

Radweg Jerusalem-Tel Aviv<br />

Der Jerusalemer Nationalfonds er rich -<br />

tet anlässlich Israels 60jährigem Be -<br />

ste hen einen 120 km langen Radweg,<br />

der Jerusalem und Tel Aviv verbinden<br />

soll. Auf der Strecke, die in etwa ei nen<br />

halben Jahr fertig gestellt wird, kommt<br />

man an zahlreichen Wäldern und his -<br />

torischen Stätten vorbei. Die Kosten<br />

dafür betragen geschätzte US$<br />

400.000,-. Wer von Jerusalem nach Tel<br />

Aviv unterwegs ist hat Glück: Die<br />

Fahrt wird etwa lediglich fünf Stun -<br />

den betragen, da es hier hauptsächlich<br />

bergab geht. In die andere Richtung<br />

wird es wohl ein wenig länger dauern<br />

– aber für regelmäßige Gelegen hei ten,<br />

Rast zu machen und sich zu erholen,<br />

ist gesorgt.<br />

Jüdisches Filmfestival in Rio de Janeiro<br />

Beim vierten, jährlich stattfindenden<br />

Festival des Jüdischen Films im brasilianischen<br />

Rio de Janeiro wurden den<br />

Interessierten 14 Filme mit Israel- und<br />

Judentum-Bezug aus verschiedenen<br />

Län dern geboten. Für die jüdische Ge -<br />

meinde Brasiliens sei dies die wichtigste<br />

Veranstaltung des Jahres, erklärt<br />

Sergio Niskier, Präsident der staatlichen<br />

jüdische Föderation von Rio de<br />

Janeiro. Jeder Film werde von einer<br />

anderen jüdischen Institution unterstützt<br />

und gerade jene Filme, die man<br />

üblicherweise nicht so leicht zu Ge -<br />

sicht bekomme, seien bei Juden und<br />

Nichtjuden besonders begehrt, so<br />

Nis kier weiter.<br />

Siebenfache Großmutter<br />

zum 19. Mal Mutter<br />

In Israel hat eine siebenfache Groß -<br />

mutter ihr 19. Kind zur Welt gebracht.<br />

Das Baby erblickte in einem Kran ken -<br />

haus in Safed das Licht der Welt.<br />

Es sei eine Überraschung gewesen,<br />

erklärte die 47-jährige Sima Zal ma nov.<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 65


KULTUR • LITERATUR<br />

DER ERBE OHNE ERBEN<br />

KULTUR<br />

„Ich rauche, trinke schwarzen Kaffee,<br />

schlafe zu wenig, mache zuwenig Bewe -<br />

gung und bin auf diese Weise 70 Jahre alt<br />

geworden. Vielleicht wäre ich bei gesünderer<br />

Lebensführung heute schon 75 oder<br />

80, aber das läßt sich schwer feststellen.“<br />

Nein, Friedrich Torberg wäre wohl<br />

nicht 100 geworden, wie es anlässlich<br />

seines Geburtstags am 16. September<br />

vielfach zu lesen war. Daran waren<br />

nicht nur seine starken „Ägyptischen“<br />

schuld, das Rauchen, auf das er „<strong>als</strong><br />

geistig schaffender Mensch nicht verzichten“<br />

konnte, Torberg schätzte e ben<br />

die Intensität des Lebens mehr <strong>als</strong> dessen<br />

Dauer, hat sich nicht geschont<br />

und seinen „ungesunden Lebens wandel“<br />

durchaus in vollen Zügen genossen.<br />

„Essen war seine Lieblingsspeise“<br />

sollte auf seinem Grab stehen und in<br />

Jerusalem wollte er begraben werden.<br />

„Sollte mir jedoch die Gemeinde Wien ein<br />

Ehrengrab widmen, dann bleiben meine<br />

Gebeine in Wien“, verfügte er an seinem<br />

71. Geburtstag, wenige Wochen vor<br />

sei nem Tod. Quasi <strong>als</strong> Draufgabe ist<br />

auch sein gigantischer Brief nach -<br />

lass an seine Geburtstadt und da -<br />

mit an die Wienbibliothek im<br />

Rat haus gelangt. Die mehr <strong>als</strong><br />

50.000 Briefe, die größte Samm -<br />

lung von Korrespondenzen der<br />

österreichischen Nachkriegs zeit,<br />

bilden jetzt die Basis der laufenden<br />

Torberg-Ausstellung im Jü di -<br />

schen Museum Wien, die pünkt -<br />

lich zum 100. Geburtstag eröffnet<br />

wurde.<br />

Nicht nur quantitativ ist diese<br />

Sammlung einzigartig. Torberg<br />

war ein fast manischer, genialer<br />

und leidenschaftlicher Briefschrei<br />

ber. Tagebuch hat er nicht<br />

geführt, die Briefe waren gleichsam<br />

auch seine Tagebücher.<br />

„Nach meinem demnächst erfolgenden<br />

Ableben wird sich herausstellen,<br />

dass zwei Drittel dessen, was ich im<br />

Zu Friedrich Torbergs „Gefahren der Vielseitigkeit“<br />

im Jüdischen Museum<br />

VON ANITA POLLAK<br />

Leben geschrieben habe, Briefe wa ren“,<br />

sah er in einem Schreiben an Her mann<br />

E. Helmrich im Oktober 1978 voraus.<br />

Gleichzeitig war Torberg auch ein pe -<br />

nibler Archivar seiner ausufernden<br />

Korrespondenz. Die Durchschläge<br />

sei ner eng maschingeschriebenen Sei -<br />

ten hat er ebenso aufbewahrt wie die<br />

Antworten seiner Korrespondenz part -<br />

ner, zu denen die Autoren- und Künstler<br />

elite seiner Zeit zählte wie etwa<br />

Her mann Broch, Max Brod, Martin<br />

Buber, Fritz Grünbaum, Peter Hand ke,<br />

Hermann Hesse, Ephraim Kishon,<br />

Ro bert Neumann, Arnold Schoen berg,<br />

Nelly Sachs, Manes Sperber, Franz<br />

Werfel und dessen Frau Alma, um nur<br />

die prominentesten Namen zu nennen.<br />

Um Per sön liches, um Sorgen im amerikanischen<br />

Exil, Sehnsucht nach der<br />

Heimat, um Gesellschaft, Politik, Kul -<br />

tur und Literatur geht es in diesen<br />

Briefen, die zwischen den Kontinen -<br />

ten, oft aber auch nur in ein und derselben<br />

Stadt gewechselt wurden.<br />

„Die halbe Tante Jolesch hat er schon in<br />

Anekdoten in diesen Briefen erzählt“,<br />

weiß Marcus Patka, der gemeinsam<br />

mit Marcel Atze die Ausstellung ku -<br />

ratiert und den umfangreichen Kata -<br />

log dazu herausgegeben hat.<br />

Und wo bleiben die privatesten, die<br />

intimen, die Liebesbriefe des Frauen -<br />

helden Torberg? „Wahrscheinlich hat<br />

Marietta alle weggeschmissen“, vermutet<br />

Patka. Auch im Fotonachlass finden<br />

sich fast keine Bilder seiner Geliebten,<br />

unter ihnen Johanna von Koczian und<br />

Paola Löw. Marietta, von der sich Tor -<br />

berg 1962 scheiden ließ, hat er zur<br />

Nachlasswalterin eingesetzt und die<br />

hauptamtliche Witwe dürfte diesen<br />

vorsorglich „gesäubert“ haben, bevor<br />

er in andere Hände gelangen konnte.<br />

Ausnahme ist der über 30 Jahre dauernde<br />

Briefwechsel mit Marlene Diet -<br />

rich, der kürzlich <strong>als</strong> eigener Band<br />

erschienen ist.<br />

Auch sein Biograf David Axmann,<br />

nach Mariettas Tod Alleinherrscher<br />

über Torbergs literarischen Nachlass,<br />

ist, was Torbergs Amouren betrifft,<br />

äußerst diskret und zurückhaltend.<br />

Ganz im Gegensatz dazu sind die vielen<br />

anderen Seiten des Vielseitigen<br />

besser bekannt, dokumentiert, teilweise<br />

aber auch durch Klischees verstellt.<br />

So der Wassersportler Torberg, der<br />

seine diesbezügliche Karriere unterm<br />

Davidstern (am Hakoah-Schwimm -<br />

trikot) noch unter seinem Geburts -<br />

namen „Schani“ Kantor startete. Tor -<br />

berg nannte er sich dann am Beginn<br />

seiner frühen literarischen Laufbahn.<br />

Erst 21-jährig gelang ihm mit der Ver -<br />

arbeitung eigener Schulqualen im<br />

Roman „Der Schüler Gerber hat ab -<br />

sol viert“ ein Raketenstart in den da -<br />

maligen Literaturhimmel, was auch<br />

die ersehnte Aufnahme in die exklusiven<br />

Wiener Kaffeehausstamm ti sche<br />

bedeutete.<br />

Ein ähnlicher Best - und Longseller,<br />

freilich ohne den literarischen An -<br />

spruch des Erstlings, sollte ihm erst<br />

Jahrzehnte mit seiner Anekdoten -<br />

sammlung „Die Tante Jolesch“ gelingen.<br />

Geradezu reflexhaft wird Tor berg<br />

seit dam<strong>als</strong> mit diesem Erfolgstitel<br />

assoziiert und die Aussprüche seiner<br />

„Tante“, mit der er nicht einmal verwandt<br />

war, sind längst ein geliebter<br />

Teil des österreichischen Zitaten -<br />

schat zes.<br />

Dass aber gerade der Roman, in den<br />

er den meisten Dichter-Schweiß und<br />

wohl auch das meiste Herzblut inves-<br />

66 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


KULTUR • LITERATUR<br />

tiert hatte, bestenfalls ein Achtungs er -<br />

folg, in Wirklichkeit aber nicht einmal<br />

das war, ist eine Tragik seines Au -<br />

torenlebens, die ihm auch schmerzlich<br />

bewusst war. Denn im Minne -<br />

sänger „Süßkind von Trimberg“ sah<br />

Torberg den ersten Autor der deutschjüdischen<br />

Symbiose, sich selbst stilisierte<br />

er gern <strong>als</strong> den letzten und da -<br />

her lag ihm diese Figur und deren<br />

von ihm erzählte fiktive Biografie<br />

besonders am Herzen.<br />

Womit wir schon bei einer weiteren<br />

Seite des Vielseitigen wären, die er, wie<br />

immer, selbst am treffendsten er -<br />

kannte und benannte: „Der Jud vom<br />

Dienst“. Es war nicht seine Lieblings -<br />

rolle, aber auch keine, in die er nur<br />

gedrängt wurde, vielmehr war sein<br />

Ju dentum von Kindheit an ein we -<br />

sentlicher, nie geleugneter Teil seiner<br />

Identität. Und später auch so etwas<br />

wie eine Mission, die er <strong>als</strong> Persön lichkeit<br />

des öffentlichen Lebens in Österreich<br />

und <strong>als</strong> Publizist in vielen Medien<br />

sich zu erfüllen auferlegt hatte.<br />

Dazu gehörte auch sein Engage ment<br />

für Israel. Wie viel Torberg an Image -<br />

pflege für das Land allein durch seine<br />

genialen Kishon-Übersetzungen ge -<br />

leistet hat, ist gar nicht abzuschätzen.<br />

„Er war sich keiner seiner Identitäten<br />

so sicher wie der jüdischen“, ist Marcus<br />

Patka überzeugt. Weshalb diese literarische<br />

Ausstellung im Jüdischen<br />

Museum auch ganz richtig angesiedelt<br />

ist. „Torbergs Haltung zum Ju den -<br />

tum war etwas Besonderes. Er war einer<br />

der wenigen, die zurück gekommen sind<br />

und gerade in dieser Zeit <strong>als</strong> Jude beispielgebend“,<br />

so Patka.<br />

Weniger beispielgebend war die pole<br />

mische Rolle, die der Publizist Tor -<br />

berg <strong>als</strong> engagierter Anti-Kommunist<br />

im so genannten „Brecht-Boykott“,<br />

einem Aufführungsverbot für Brecht-<br />

Stücke im Österreich der 50er Jahre,<br />

gespielt hatte. Spät erkannte er „Man<br />

wird’s mir bis zum Lebensende nicht verzeihen“.<br />

Ein Vielseitiger hat eben auch<br />

seine Schattenseiten.<br />

„Die Gefahren der Vielseitigkeit“, das<br />

wa ren seine vielen Begabungen, die<br />

einer einzigen im Weg standen. Als<br />

Autor scheiterte er nicht zuletzt am<br />

eigenen Anspruch.<br />

In Texten, Original-Manuskripten,<br />

Bildern und Hörbeispielen - die wun -<br />

derbare Stimme des geborenen Er -<br />

zählers ist immer wieder ein Erlebnis<br />

- spiegelt diese Ausstellung ein Multi-<br />

Talent und eine mit diesem Exemplar<br />

endgültig ausgestorbene Spezies: Die<br />

gelungene Melange von altösterreichischer<br />

Tradition und jüdischem<br />

Geist, Esprit, Wortwitz und Wort -<br />

gewalt. Ein legitimer Erbe von Karl<br />

Kraus und Tante Jolesch, der selbst<br />

keine Erben hat.<br />

Die Ausstellung läuft bis 1. Februar 2009<br />

im Jüdischen Museum Wien<br />

Katalog hg. von<br />

Marcel Atze und Marcus Patka<br />

„Die Gefahren der Vielseitigkeit“.<br />

Friedrich Torberg 1908-1979<br />

Holzhausen-Verlag,<br />

Eröffnung der Friedrich Torberg-Schau<br />

im Jüdischen Museum:<br />

Dir. Haber erhält Friedrich<br />

Torberg-Medaille der IKG<br />

„Es gibt keinen besseren Anlass <strong>als</strong> Friedrich Tor -<br />

bergs 100. Geburtstag, um einen Mann zu würdigen,<br />

der fast zwei Jahrzehnte für die Geschicke des<br />

Jüdischen Museums entscheidend mitverantwortlich<br />

war", sagte Dr. Ariel Muzicant, der Präsi -<br />

dent der <strong>Israelitische</strong>n Kultusgemeinde, in seiner<br />

Laudatio für den Geschäftsführer des Jüdi-schen<br />

Museums DI Georg Haber. Diese fand im Rah -<br />

men der Eröffnung der Friedrich Tor berg Aus -<br />

stellung im Palais Eskeles statt. Im überfüllten<br />

Saal des Jüdischen Museums hatten zuvor die<br />

beiden Direktoren der Wien bi bli othek und des<br />

Jüdischen Museums, Dr. Sylvia Mattl-Wurm<br />

und Dr. Karl Albrecht-Weinberger, die gute Zu -<br />

sammenarbeit der beiden Institutionen beim<br />

Torberg-Projekt gewürdigt. Die Verleihung der Torberg-<br />

Medaille war der abschließende Höhe punkt des Fest -<br />

aktes, zu dem zahlreiche Ehrengäste erschienen waren.<br />

Marietta und Friedrich Torberg-Medaille für DI Georg Haber<br />

In der Würdigung des Torberg-Preisträgers heißt es<br />

unter anderem: „Die Marietta und Friedrich Torberg-Me -<br />

daille dient dem Andenken an den bedeutenden Schriftsteller<br />

Torberg, den großen Humanisten und rastlosen Streiter für<br />

Demokratie und Menschenrechte. Sie dient <strong>als</strong> Torbergs Ver -<br />

Dr. Muzicant, DI Haber und Dr. Albrecht-Weinberger<br />

mächtnis, der Erinnerung an jene ermordete jüdische Welt,<br />

die das Gesicht dieser Stadt so entschieden mitgeprägt hat. DI<br />

Georg Haber ist ein würdiger Empfänger dieser Auszeich -<br />

nung. Ver mittelt er doch durch sein Kooperatives Wesen und<br />

seine nach Synergien suchende Persönlichkeit genau jenes<br />

Zusammen le ben, welches Torbergs größter Wunsch war. Jude<br />

sein in einem ös terreichischen Umfeld. Der Einsatz seiner<br />

Position aber auch seiner persönlichen Möglichkeiten erfüllt<br />

uns alle mit Hochachtung. Von seinen Fähigkeiten können wir<br />

nur lernen und von ihnen in den höchsten Tönen sprechen."<br />

© Foto Votava<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 67


KULTUR • LITERATUR<br />

TORBERG-NACHLESE<br />

Neuerscheinungen anlässlich des 100. Geburtstags<br />

„Mein ist die Rache“<br />

Die 1943 erstm<strong>als</strong> in einem kleinen<br />

Exil-Verlag in Los Angeles erschienene<br />

Novelle ist ein nahezu unbekanntes<br />

kleines literarisches Meisterstück.<br />

Nach fast 40 Jahren wurde sie jetzt <strong>als</strong><br />

dtv-Taschenbuch von Marcel Atze<br />

kommentiert herausgegeben.<br />

Eingebettet in eine Rahmenhand -<br />

lung, die im Amerika des Jahres 1940<br />

spielt, lässt Torberg einen entflohenen<br />

KZ-Häftling von einem sadistischen<br />

Lagerkomman dan ten und dessen<br />

grauenhaften, perfiden Praktiken<br />

berichten. Mo ra lisch geht es darin um<br />

die Frage, ob die Juden ihr Schick sal<br />

auf sich nehmen und Gott die Rache<br />

überlassen oder selbst den Kampf<br />

aufnehmen sollen. Im konkreten Fall:<br />

darf der Gequälte seinen Peiniger<br />

töten, wenn sich ihm die Mög lich keit<br />

dazu bietet?<br />

Beklemmend aus heutiger Sicht ist<br />

Torbergs damalige Kenntnis der<br />

Gräuel in einem Konzentrationslager,<br />

die auf genauen Recherchen aus seinem<br />

amerikanischen Exil grün den<br />

müssen. Sein Vorbild war ein kleineres<br />

KZ nahe der holländischen<br />

Grenze. Wenn Torberg bereits dam<strong>als</strong><br />

an derartige Informationen gelangen<br />

konnte, so mussten wohl auch andere<br />

Menschen Bescheid gewusst haben.<br />

Seine No velle ist eine frühe Vorläu -<br />

ferin der Holocaust-Literatur, wie wir<br />

sie aus der Nachkriegszeit kennen.<br />

Ihr Entstehungs- und Erschei nungs -<br />

datum macht sie über das Lite ra ri sche<br />

hinaus beängstigend einzigartig. A.P.<br />

Friedrich Torberg:<br />

„Mein ist die<br />

Rache“,<br />

Novelle.<br />

Hg. von<br />

Marcel Atze<br />

dtv<br />

„Schreib. Nein, schreib nicht“<br />

„Liebe, Liebste, Geliebte“ fleht er.<br />

„Na, mein Süsser“ , antwortet sie.<br />

Über 30 Jahre lang, von 1946 bis zu<br />

Torbergs Tod 1979 , haben sie Briefe<br />

gewechselt. Der Autor und die Film -<br />

diva. Der Torberg und die Dietrich.<br />

Ihre schriftliche Unter hal tung, die<br />

nun von Marcel Atze in einem wunderschönen<br />

und klug kommentierten<br />

Text-Bildband aus dem Nachlaß herausgegeben<br />

wurde, ist eine wahre<br />

Schatzhebung. Wert voll nicht nur für<br />

Biografen und Exilforscher, sondern<br />

durchaus eine amüsante und aufschlussreiche<br />

Lektüre.<br />

Wann sie einander kennen gelernt<br />

ha ben, weiß man nicht so genau.<br />

Eben so wenig wird klar, in welchem<br />

„Ver hält nis“ sie zueinander standen.<br />

Sie war die ältere, berühmtere und hat<br />

ihn um viele Jahre überlebt. Anfäng -<br />

lich sind seine Briefe lang und länger,<br />

sie antwortet lakonisch und oft erst<br />

spät, im Telegrammstil oder gar in<br />

Telegrammform.<br />

„Von Dir bekomm ich gar nichts… Du<br />

lässt mich verhungern.“, wirft er ihr<br />

1950 vor. Viele Jahre später tadelt sie<br />

ihn „Ge lieb ter, na so was von ausschweigen“.<br />

Was zur Sprache kommt, ist ebenso<br />

aufschlussreich wie das, was nicht zur<br />

Sprache kommt. Von Freunden und<br />

Fein den, von beruflichen Ups and<br />

Downs ist die Rede, vom Exil „Nur mit<br />

Dir war Europa hier“, klagt Dietrich<br />

aus Amerika nach Wien. Es wird er -<br />

wogen, wo und wann sie einander<br />

kurz treffen könnten auf ihren Tour -<br />

neen. Ehefrau Ma riet ta ist freundschaft<br />

lich eingebunden (die Dietrich<br />

kochte bei den Torbergs in New York),<br />

Marlene erzählt auch von ih ren Män -<br />

nern und Affären, später von Tochter<br />

und Enkel kin dern.<br />

Als er über Arbeitsüberlastung klagt,<br />

fragt sie 1959 un verblümt von New<br />

York nach Wien „Was machst Du denn<br />

mit der Liebe? Hier und da?“. Themen<br />

und Sprachen wechseln, die Dietrich<br />

schreibt zunehmend auf Englisch.<br />

Miss verständnisse, Entfremdungen,<br />

Versöhnungen - alles bleibt brieflich<br />

und, wie es schon das Titel gebende<br />

Zitat andeutet, ambivalent. A.P.<br />

„Schreib. Nein,<br />

schreib nicht“.<br />

Marlene Dietrich/<br />

Friedrich Torberg.<br />

Briefwechsel<br />

1946-1979<br />

Hg. von Marcel Atze<br />

Eine Veröffentlichung<br />

der Wienbibliothek<br />

im Verlag SYNEMA-<br />

Publikationen<br />

AUSSERDEM ERSCHIENEN:<br />

Ephraim Kishon, Friedrich Torberg<br />

Dear Pappi – My beloved Sargnagel<br />

Eine Freundschaft in Briefen<br />

LangenMüller Verlag<br />

David Axmann<br />

Friedrich<br />

Torberg<br />

Die Biografie<br />

von David<br />

Axmann.<br />

1. Auflage<br />

<strong>2008</strong>,<br />

mit Bildteil<br />

LangenMüller<br />

Verlag<br />

Die erste umfassende Biographie. Leben,<br />

Werk und Einfluß des bedeutenden österreichischen<br />

Schriftstellers.<br />

Blick in die Ausstellung<br />

68 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


KULTUR • MUSIK<br />

Erheiternde<br />

Erinnerungen<br />

an Leonard<br />

Bernstein<br />

Leonard Bernstein wäre in diesen<br />

Tagen 90 Jahre alt geworden. Keine<br />

Wiener Institution, auch nicht „seine<br />

geliebten“ Philharmoniker, dachte<br />

daran dieses einzigartigen Mu sikers,<br />

Komponisten, Pianisten und begnadeten<br />

Pädagogen in ir gendeiner Form zu<br />

gedenken. Auch die Stadt Wien,<br />

deren Ehrenbürger Bern stein war, hat<br />

ihn vergessen. Wahr scheinlich muss<br />

man doch erst 100 Jahre tot sein und<br />

umtriebige Witwen hinterlassen, um<br />

in der Gedenk sta tis tik aufzuscheinen.<br />

Dennoch kamen mehr <strong>als</strong> hundert<br />

Gäste ins Österreichische Theatermu -<br />

se um am Lobkowitzplatz, um sich<br />

gemeinsam dieses außergewöhnli -<br />

chen Menschen zu erinnern und Ge -<br />

danken über ihn auszutauschen.<br />

Ermöglicht wurde das nur durch die<br />

private Initiative und den finanziellen<br />

Einsatz einer persönlichen Freun -<br />

din Bernsteins. „Ich musste ein Fest für<br />

Lenny machen, denn die wunder baren<br />

Stunden und musikalischen Er lebnisse,<br />

die er mir geschenkt hat, dürfen nicht vergessen<br />

werden“, sagte Renate Wunderer,<br />

ehemalige Mitarbeiterin des Molden-<br />

© Peter Hautzinger<br />

Verlages und Mitgestalterin des le gendären<br />

„Café Central“ im ORF – und<br />

schritt zur Tat.<br />

Wunderers Elan und Zielstrebigkeit<br />

wirkte dann auch auf viele internationale<br />

Weggefährten Bernsteins anstekkend<br />

und zahlreiche Persönlichkeiten<br />

waren bereit, an diesem Abend mitzuwirken.<br />

Der Direktor des Kunst his -<br />

torischen Museums und Hausherr des<br />

Theatermuseums, Wilfried Seipel, stellte<br />

die Räumlichkeiten zur Verfügung<br />

und dankte der engagierten Initia to -<br />

rin. Peter Dusek, der langjährige Chef<br />

des ORF-Archivs, steuerte kostbare fil -<br />

mische Dokumente aus Lennys Wir ken<br />

in Österreich bei. Bei dieser Vor -<br />

führung meinte man Bernsteins Geist<br />

und Seele im überfüllten Saal zu spüren:<br />

Seine Dirigate und Einstudierun<br />

gen mit weltberühmten Sängern<br />

brachten der hier versammelten einge -<br />

schworenen Fangemeinde sein un -<br />

bändiges Temperament, seine mensch -<br />

liche Größe und den warmherzigen<br />

Humor unfassbar nahe.<br />

Renate Wunderer moderierte ein Gespräch<br />

mit Weggefährten „ihres Len -<br />

ny“. Dazu gehörten Christa Lud wig,<br />

Otto Schenk, Maximilian Schell, Peter<br />

Weiser und Ernst Wolfram Marboe. Ein<br />

buntes Mosaik aus vielen unterschiedlichen<br />

aber durchwegs erheiternden<br />

Erinnerungssteinchen fügte sich hier<br />

in das Bild eines außergewöhnlich be -<br />

gabten und begnadeten Künstlers.<br />

Renate Wunderer, die in ihrem Er -<br />

in nerungsbuch „Venus von Kilo“ (Otto<br />

Müller Verlag) ausführlich ihre Be -<br />

gegnungen mit Bernstein be schreibt,<br />

hatte auch einen Vertreter des Israel<br />

Ernst Wolfram Marboe, Maximillian Schell, Otto Schenk,<br />

Renate Wunderer, Christa Ludwig, Peter Weiser (vlnr)<br />

Philharmonic Orchestra zu ihrem<br />

Fest nach Wien eingeladen. „Leider<br />

konnte niemand aus Tel Aviv kommen,<br />

aber Avi Shoshani, der Gener<strong>als</strong>ekretär<br />

des IPO, hat mir eie Grußbotschaft für<br />

die Feier verfasst.“<br />

Doch statt des IPO verwöhnten zu -<br />

erst Natasha Korsakova und Kira Ratner<br />

mit Bernsteins Serenade für Violine<br />

und Klavier nach Platons „Sympo si -<br />

on“ das Publikum. Fünf Solisten der<br />

Wiener Philharmoniker hatten sich<br />

spontan und unentgeltlich angeboten<br />

bei diesem Fest zu musizieren: Kon -<br />

zert meister Rainer Küchl, Cellist Franz<br />

Bartolomey sowie Eckhard Sei fert,<br />

Tobias Lea und Peter Schmidl. Sie setzten<br />

den musikalischen Schluss punkt<br />

mit Mozarts Klarinetten quin tett für<br />

Len nys Freunde, Kollegen und Be -<br />

wun derer. Dazu zählten sich nicht<br />

nur an diesem Abend der neue US-<br />

Botschafter, sowie Lotte Tobisch, Cle mens<br />

Hellsberg, Ioan Holender, Andreas Mai -<br />

lath-Pokorny, Brigitte Hamann, Fritz<br />

Mol den, Elisabeth Pittermann und Heinz<br />

Zednik.<br />

Marta S. Halpert<br />

September <strong>2008</strong>/Elul 5768 69


KULTUR • KOLUMNE<br />

Überall & nirgendwo<br />

Matriken an<br />

Kultusgemeinde übergeben<br />

Die Stadt Innsbruck hat der Israeli ti -<br />

schen Kultusgemeinde für Tirol und<br />

Vor arl berg die Matriken überlassen.<br />

Sie beinhalten die Daten (Personen -<br />

stands ver zeichnisse über Geburt,<br />

Trauungen und Sterbefälle) der jüdischen<br />

Bürger von 1855 bis 1938 der<br />

Ge meinden Innsbruck und Hohen -<br />

ems. Die feierliche Übergabe der<br />

neun Bücher durch Bürgermeisterin<br />

Hilde Zach und dem Leiter des Stan -<br />

des amtes, Eduard Vetter, an die Prä -<br />

sidentin der Isra eli tischen Kultus ge -<br />

meinde, Dr. Esther Fritsch(mi), fand am<br />

2. September im Büro der Bürger -<br />

meis- terin statt.<br />

Schildkröte auf Rollen<br />

Eine Landschildkröte im Biblischen<br />

Zoo hat eine Gehhilfe erhalten. Das<br />

durch die Lähmung seiner Hinter bei -<br />

ne stark eingeschränkte Tier kann sich<br />

nun mit Hilfe eines Metallska te boards<br />

wieder fortbewegen.<br />

Die zehn Jahre alte Schildkröte Arava<br />

kam vor einigen Mona ten aus einem<br />

Streichelzoo im Süden Is raels in den<br />

Jerusalemer Zoo. Das schwe re Tier<br />

konnte sich aufgrund seiner Behin de -<br />

rung nicht selbstständig fortbewegen<br />

und fand keinen Partner. Daraufhin<br />

baute das Zoopersonal eine zweiräd -<br />

riges Ge stell aus Metall, das der<br />

Schildkröte um den Bauch gebunden<br />

wurde.<br />

Ha´aretz<br />

In der deutschen Sprache gibt es etliche Worte, die mit der Silbe „Rück“ beginnen.<br />

Zwei davon, nämlich „Rückgrat“ und „Rückgabe“ scheinen sich allerdings<br />

in Österreich bei manchen nicht besonders großer Beliebtheit zu erfreuen.<br />

Eines dieser beiden Wörter, nämlich “Rückgabe”, hat man sogar offensichtlich<br />

in Kärnten gänzlich aus dem offiziellen Sprachgebrauch gestrichen. In der<br />

Stellungnahme des Landes Kärntens zu der vom Bundesministerium für Unter -<br />

richt und Kunst ausgesandten Novelle zum Kunstrückgabegesetz, wird vorsorg<br />

lich von „Weitergabe öffentlichen Sammlungsgutes“ gesprochen und<br />

über dies ein „Endzeitpunkt“ für Antragstellungen zu einem solchen „Weiter -<br />

ge ben“ gefordert. Es sei dahin gestellt, ob es sich dabei lediglich um eine weitere<br />

Abkoppelung des Landes durch Besonders Zersetzende Ötzis, kurz BZÖ,<br />

vom restlichen Bundesgebiet handelte, in dem bekanntlich die österreichische<br />

Verfassung peinlichst genau eingehalten wird, oder um einen Kryptoantise mi -<br />

tis mus <strong>als</strong> Wahlpropaganda. Als gezielte Provokation erfüllte diese Stellung -<br />

nah me seinem bewusst gesetzten politischen Zweck. „Endzeit punkte“ und an -<br />

dere Formulierungen von „Schlußstrichsetzung“ bedürfen keinerlei weiteren<br />

Erörterung, die Intention ist mehr <strong>als</strong> eindeutig. Das Wort „Weitergabe“ allerdings<br />

wurde ziemlich heimtückisch verwendet: es impliziert indirekt den recht -<br />

mäßigen Besitz eines Gutes bevor die tatsächliche Handlung des Weitergebens<br />

erfolgen kann. Alles klar? Erstens soll angedeutet werden, dass „eh“ alles<br />

rechtmäßig und in Ordnung ist, und zweitens, wenn schon (wieder) Unan -<br />

nehm lichkeiten ins Haus stehen, dann bitte zeitlich beschränkt.<br />

Weniger klar ist, was der Herr Vizekanzler (Molterer, sollten einige nicht wissen,<br />

wer gemeint ist) bezweckte, in der Stellungnahme des Finanzminis te riums<br />

zu verlangen, die wesentlichsten Intentionen des Kunstrückgabegesetzes zu -<br />

rück zunehmen. Die Novelle soll sich seinen Vorstellungen entsprechend, nicht<br />

auf ausgegliederte Institutionen beziehen, und, im Klartext, nicht die Samm -<br />

lung Leopold betreffen. War es ebenfalls Wahlpropaganda, so wie die immigrationsfeindlichen<br />

Plakate, die zur Zeit überall die Strassen zieren, oder bloß<br />

ein Gruß an Gleichgesinnte nach Kärnten?<br />

Selbst auf die Gefahr hin, dass sich so manche Gutmenschen in der ÖVP wieder<br />

zum Leserbriefschreiben hinreißen lassen, mit dieser Stellungnahme hat diese<br />

Partei damit eindeutig gezeigt, was sie von (ernst zu nehmender) Kunstresti -<br />

tu tion hält: wenig bis nichts. In der Bibliothek der Universität Wien, kurz UB,<br />

sind seinerzeit zehntausende, arisierte Bücher abgelagert worden. Die UB wäre<br />

zum Beispiel nach den Vorstellungen des Obmanns der ÖVP vor eventuellen<br />

Rück gaben geschützt. Es ist wohlbekannt, dass viele staatliche Stellen, Bot -<br />

schaften, Finanzämter, etc., die im allgemeinen Sprachgebrauch nicht <strong>als</strong> Bun des -<br />

museen bezeichnet werden, sehr wohl über durchaus bedeutende Kunstwerke<br />

verfügen. Eine Dokumentation der Vorbesitzer dieser Kunstwerke ist vielfach<br />

nicht vorhanden, in manchen Fällen kann man sehr wohl von Raubkunst sprechen,<br />

wie das jüngste Beispiel eines Egger-Lienz Bildes zeigt.<br />

Ist es wirklich so, dass mit den Absichtserklärungen von BZÖ/ÖVP zur Schä -<br />

bigkeit der 50er- und 60er-Jahre zurückgekehrt werden soll? Grüne und SPÖ<br />

haben lobenswerterweise sofort gegen derartige Absichten protestiert. Es wurde<br />

sogar von einer „historischen Pflicht der Restitution“ gesprochen. Es ist durch -<br />

aus <strong>als</strong> gesellschaftlicher Fortschritt zu werten, wenn nicht alle so denken wie<br />

so manche in der ÖVP und (vermutlich alle) im Umkreis der Politötzis.<br />

Peter Weinberger<br />

70 September <strong>2008</strong>/Elul 5768


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September <strong>2008</strong>/Elul 5768 71


Buchtipp Buchtipp<br />

UNO<br />

EU<br />

73


EIN HISTORISCHES DOKUMENT: Ein Brief<br />

von (Elias) Eliyahu Sasson, einem leitenden<br />

israelischen Diplomaten, an Azzam Pasha,<br />

dem Gener<strong>als</strong>ekretär der Ara bi schen Liga,<br />

vom 5.12.1947<br />

3. Dezember 1947<br />

Lieber Azzam Pasha,<br />

Ich habe Ihnen bereits in der Vergangenheit seit<br />

einiger Zeit schreiben wollen, aber ich habe damit<br />

gezögert, weil ich erst die Entscheidung der<br />

Verein ten Nationen zu Palästina abwarten wollte.<br />

Jetzt, nachdem der Schritt vollzogen worden ist<br />

und ein neues Kapitel beginnt, will ich dies nicht<br />

länger auf die lange Bank schieben, vor allem im<br />

Licht von dem, was in der Presse in den ver -<br />

gangenen wenigen Tagen geschrieben worden ist,<br />

und was sich auf Ihre kürz lichen Äuße rungen<br />

über Palästina und die Entscheidung der Ver -<br />

samm lung der Verein ten Nationen bezieht.<br />

Wir sind nicht vom Siegeswillen vergiftet, lieber<br />

Azzam Pasha, trotz der Tat sa che, dass wir nach<br />

dem anstrengendsten politischen Kampf, den wir<br />

je m<strong>als</strong> er tragen mussten, nach der ausführlichsten<br />

Untersuchung unseres Proble mes, der wir uns<br />

gegenüber gestellt sahen, die Mehrheit der zivilisierten<br />

Mensch heit die Recht mäßigkeit unserer Sache<br />

anerkannt hat. Wir wissen, dass vor uns noch eine<br />

aussergewöhnliche Aufgabe liegt. Diese besteht in<br />

dem Be mü hen, eine Nation zu formen, wofür es in<br />

der Geschichte der Menschheit kein Bei spiel gibt.<br />

Wir müssen Hindernisse überwinden, denen sich<br />

Quelle: State of Israel and World Zionist Organization, politische<br />

Paul Dean (StoneColdCrazy), in September 2007, and shows<br />

the Kindertransport memorial, by Frank Meisler, which stands<br />

outside Liverpool Street Station.<br />

I give permission for this image to be shared and used under<br />

the terms of the Creative Commons license (ie, please credit<br />

me as author, but no payment necessary).<br />

„Das Primärgefühl der<br />

Fassungslosigkeit bewahren“<br />

Saul Friedländer beschreibt den<br />

Holocaust<br />

Von L. Joseph Heid<br />

In seinem im Herbst 2006 erschienenen<br />

Opus magnum Die Jahre<br />

der Vernichtung (<strong>als</strong> 2. Bd. von<br />

„Das Dritte Reich und die Juden“,<br />

C.H. Beck, München 1998/2006) -<br />

ein For-schungsprojekt, an dem er<br />

sechzehn Jahre arbeitete - hat er<br />

eine ganz neue Erzählform gefunden:<br />

Er warf einen mikroskopisch<br />

genauen Blick auf die<br />

Mordhandlungen, die sich in<br />

sämtlichen besetzten und mit<br />

Deutschland verbündeten Ländern<br />

gleichzeitig voll zogen, und rückte<br />

sie in einen großen internationalen<br />

Kontext. Das war der wohl<br />

anspruchsvollste Versuch, den<br />

Judenmord zu verstehen. Nie<br />

zuvor sind die Perspektiven von<br />

Täter- und Op fergeschichte historiographisch<br />

so integral<br />

zusammengeknüpft worden. Und<br />

<strong>als</strong> dritte Seite gilt sein Blick der<br />

Ebene der Kollaborateure – die<br />

Bevöl kerung, die Eliten und selbstverständ<br />

lich die Kirchen. Vieles in<br />

seinem Haupt werk Dargestellte<br />

integriert der Apostrophierte in<br />

sein jüngstes Werk, in dem er sich<br />

ein weiteres Mal bemüht, den<br />

Holocaust zu erklären.<br />

Der Holocaust lässt ihn seit seinen<br />

Kindheitstagen nicht in Ruhe.<br />

Wie sollte er auch? Er selbst, dessen<br />

Eltern 1942 aus Vichy-<br />

Frankreich verschleppt und in<br />

Auschwitz ermordet wurden, überlebte,<br />

streng katholisch erzogen, in<br />

einem französischen Internat.<br />

Pavel Friedländer, wie er dam<strong>als</strong><br />

hieß, war während des Krieges<br />

Priester schü ler, doch nach seiner<br />

Befreiung spürte er in sich<br />

Jüdischkeit und aus dem christka-<br />

Als David Ben-Gurion vor 60 Jahren Is -<br />

raels Unabhängigkeit erklärte, be stand<br />

dessen Armee aus lediglich 29.000<br />

Sol daten, verfügte über keinerlei Pan -<br />

zer und nur vier Messerschmitt<br />

Kampf flugzeuge. Als sieben arabische<br />

Heere sich auf den<br />

Einmarsch vorbereiteten,<br />

sagte der angesehene<br />

britische<br />

General Ber nard<br />

Montgomery voraus, dass die Juden<br />

dem keinesfalls länger <strong>als</strong> ein paar<br />

Wochen würden standhalten können.<br />

Ben-Gurions ei ge ne Generäle bezifferten<br />

Israels Über lebenschancen mit<br />

50:50.<br />

Heute hat der jüdische Staat eine stehende<br />

Streitmacht von 187.000 Mann<br />

und geschätzte 450.000 Reservisten,<br />

hun derte Panzer und modernste<br />

Kampf flugzeuge, was Israels militärische<br />

Kraft größer <strong>als</strong> die Großbritan -<br />

ni ens macht und von den meisten Ex -<br />

per ten <strong>als</strong> die stärkstes Potential im<br />

gesamten Mittleren Osten angesehen<br />

wird. Auch von einem Nuklear waf fenarsenal<br />

ist inoffiziell die Rede.<br />

Gravierende existenzielle Bedrohungen<br />

Natürlich kann man Israels Militär<br />

von einst und jetzt nicht vergleichen.<br />

Aber ist jener Staat, der <strong>als</strong> der sichere<br />

Hafen für das jüdische Volk gedacht<br />

war, heute tatsächlich sicherer <strong>als</strong> noch<br />

am 14. Mai 1948, <strong>als</strong> Ben-Gurion Is ra -<br />

els Unabhängigkeitserklärung in Tel<br />

Aviv verlas?<br />

Trotz seines<br />

enormen Auf -<br />

gebotes an Waf -<br />

fen, diplomatischen<br />

sowie wirtschaftlichen Errun -<br />

gen schaf ten, sieht sich der Staat auch<br />

heute noch gravierenden existenziellen<br />

Be drohungen gegenüber.<br />

Die offensichtlichste Bedrohung stellt<br />

der Iran dar. Ein mit Nuklearwaffen<br />

ausgestattetes radikales schiitisches<br />

Wie kann Israel seine Zukunft sichern?<br />

von Leslie Susser, JTA; Übersetzung: Karin Fasching<br />

74

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