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August 2008 als pdf herunterladen - Israelitische Kultusgemeinde ...

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POLITIK • ISRAEL<br />

stand aus Angriffen durch bewaffnete<br />

milizen in der Gegend von Je ru salem,<br />

in Galiläa und in Yafo, mi lizen, die<br />

oh ne zentrale Koordination und Füh -<br />

rung operierten.<br />

Die palästinensische niederlage<br />

war zum großen Teil das Ergebnis ei -<br />

ner Unfähigkeit, ein zentrales mili tär -<br />

kommando einzurichten. Die Führer<br />

der milizen - Abdel Qader al-Husseini,<br />

Fawzi al-Qawuqji, Hassan Salameh -<br />

gehorchten niem<strong>als</strong> irgendeiner zentralen<br />

Autorität. Und wenn der Yi shuv<br />

die milizen „Banden“ nannte, so hat te<br />

dieser Begriff natürlich einen propagandistischen<br />

Wert, doch er enthielt<br />

auch eine menge Wahrheit.<br />

Jeder, der mit der Geschichte des Yi -<br />

shuv vertraut ist, mag nun – zu Recht<br />

- sagen, dass die Juden ihre eigenen<br />

Splittergruppen hatten, die sich weigerten,<br />

die Autorität der mehrheit, die<br />

sich selbst „der organisierte Yishuv“<br />

nannte, anzuerkennen. Dies ist natürlich<br />

wahr. Doch in kritischen mo men -<br />

ten war es David Ben-Gurion, der<br />

schicksalhafte Entscheidungen traf<br />

und somit die Einheit des Kom man dos<br />

und der politischen Legitimität si -<br />

cherte. Der Altalena-Fall (eine gewalttätige<br />

Konfrontation im Jahr 1948<br />

zwischen den neu gegründeten israe -<br />

li schen Verteidigungsstreit kräften<br />

und der irgun, einer der vorstaatli chen<br />

milizen) war der Wendepunkt in dieser<br />

Angelegenheit. Und somit garantierte<br />

der flügge gewordene Staat, was<br />

der deutsche Soziologe max Weber<br />

<strong>als</strong> Wesensmerkmal der staatlichen<br />

Sou veränität definierte: die Existenz<br />

eines monopols, das auf der legitimen<br />

Anwendung von Gewalt basiert. in der<br />

arabischen Gemeinschaft im Palästi na<br />

von 1948 geschah dies nicht.<br />

Die Konsequenzen waren schnell<br />

zu sehen: Es gab nicht nur Versagen im<br />

Kampf mit dem Yishuv, sondern auch<br />

eine Unfähigkeit, aus der niederlage<br />

wenigstens einen Rest an nationaler<br />

Autorität herauszuziehen. Hätte die<br />

arabische Gemeinschaft eine Führung<br />

mit deutlicher Legitimität gehabt,<br />

wäre sie wahrscheinlich fähig gewesen,<br />

eine palästinensische nationale<br />

Einheit in den Teilen Palästinas zu<br />

schaf fen, die unter arabischer Kon trol -<br />

le geblieben waren. Doch selbst <strong>als</strong> man<br />

eine „Ganz-Palästina-Regie rung“ in<br />

Gaza mit dem mufti <strong>als</strong> Oberhaupt<br />

gründete, war dies nur eine ägyptische<br />

marionettenregierung, die niem<strong>als</strong><br />

ihre Autorität im Westjordanland<br />

durchsetzen konnte, das dam<strong>als</strong> un -<br />

ter jordanischer Kontrolle war. Und<br />

somit verschwand diese Regierung<br />

bald. Die palästinensische Geschichte<br />

wäre wohl anders verlaufen, wenn<br />

die Palästinenser-institutionen und ein<br />

Organisationssystem gehabt hätten,<br />

die fähig gewesen wären, die ägyptische<br />

Besatzung des Gaza-Streifens und<br />

die jordanische Annexion des West jor -<br />

danlandes zu konfrontieren und die<br />

versucht hätten, selbst aus den Trüm -<br />

mern der niederlage von 1948 einen<br />

palästinensischen Staat aufzubauen.<br />

Wenn sie dieser Reihe von Fehlern<br />

ge genüberstehen, tendieren die Pa läs -<br />

tinenser dahin, sie ihrer eigenen<br />

Schwäche und den schwierigen Be -<br />

din gungen, die nach der militärischen<br />

niederlage durch israel vorherrschten,<br />

zuzuschreiben. Gewissermaßen mag<br />

dies wahr sein, doch es ist irrelevant.<br />

nationale Bewegungen werden nicht<br />

unter vorteilhaften Bedingungen ge -<br />

gründet. Sie stehen immer einem<br />

Feind, fremden Herrschern, einer Be -<br />

satzung gegenüber. Wir müssen nicht<br />

sehr weit gehen, um das palästinensische<br />

Scheitern mit dem Erfolg der al -<br />

ge rischen nationalbewegung zu vergleichen.<br />

Letztere trat einem Besat -<br />

zung s regime gegenüber, das weitaus<br />

stärker und grausamer war <strong>als</strong> die zionistische<br />

Bewegung. Und doch ge lang<br />

es ihr, ein organisatorisches, diplo ma -<br />

tisches und militärisches System zu<br />

schaffen, das nicht nur erfolgreich die<br />

Franzosen konfrontierte, sondern auch<br />

fähig war – allerdings nicht ohne Pro -<br />

bleme –, einen unabhängigen algerischen<br />

Staat zu gründen.<br />

Der De-facto-Bruch der palästinensischen<br />

Autonomiebehörde, der dem<br />

Hamas-Putsch im Gaza-Streifen folgte,<br />

ist die Ausweitung des palästinensischen<br />

Versagens. Doch selbst jetzt nei -<br />

gen die Palästinenser dazu, israel, den<br />

Amerikanern, der internationalen<br />

Ge meinschaft die Schuld zu geben.<br />

Wahr ist jedoch, dass die wesentliche<br />

Verantwortung ultimativ bei den Pa -<br />

läs tinensern selbst liegt. Wahlen wurden<br />

abgehalten. Die Hamas gewann,<br />

die Fatah verlor – und beide Gruppen<br />

waren unfähig, einen Rahmen aufzurichten,<br />

dessen Legitimität von beiden<br />

Seiten akzeptiert worden wäre. Fatah<br />

und Hamas sind schließlich nicht nur<br />

zwei Parteien, die innerhalb eines de -<br />

mo kratischen Konsenses operieren.<br />

Sie sind auch bewaffnete milizen, und<br />

ihre Stärke bei den Wahlen wurzelt<br />

zum großen Teil in ihrer militärmacht.<br />

Alle pan-arabischen Versuche, sie zu<br />

ver einen - wie das mekka-Ab kom men,<br />

das im vergangenen Jahr von Saudi-<br />

Arabien ausgehandelt wurde -, scheiterten<br />

angesichts dieser Realität, die<br />

zeigt, dass die macht in der palästinensischen<br />

Gesellschaft im Grunde aus<br />

dem Gewehrlauf kommt (wie mao Tse-<br />

Tung einmal in einem anderen Zu sam -<br />

menhang sagte).<br />

Der gewalttätige militärputsch der<br />

Hamas im Gaza-Streifen gegen etwas,<br />

von dem angenommen worden war,<br />

es sei der Ort der palästinensischen Le -<br />

gi timität, ist nur eine Wiederholung -<br />

unter anderen Bedingungen - der pa -<br />

läs tinensischen Bandenkriege aus den<br />

Jahren 1938 und 1939. Die Tatsache,<br />

dass es kein modell für einen folgenden<br />

arabischen demokratischen Staat<br />

gibt, hilft ebenfalls nicht eben weiter.<br />

Um es klar zu machen: Diese Worte<br />

werden nicht geschrieben, um die Le -<br />

gi timität der palästinensischen Bewe -<br />

gung oder das Recht der Palästi nen ser<br />

auf einen Staat in Frage zu stellen. Sie<br />

sind dazu gedacht, ein tief liegendes<br />

internes gesellschaftliches Versagen<br />

aufzuzeigen. Die Palästinenser vermeiden<br />

es, sich diesem Versagen zu<br />

stellen, und viele israelis ignorieren<br />

dies, denn oft wird der israelische Dis -<br />

kurs über das palästinensische The ma<br />

aus der begrenzten Perspektive der<br />

Sicherheitsbedenken geführt. Darü ber<br />

hinaus vermeiden es Teile der israelischen<br />

Linken - die zu Recht durch die<br />

andauernde Besatzung aufgewühlt<br />

sind - aus Gründen der political<br />

correct ness, die Palästinenser selbst<br />

für ihre Situation verantwortlich zu<br />

halten. Doch solch eine<br />

Bevormundung ist nicht hilfreich für<br />

die Palästinenser.<br />

Was jetzt im Gaza-Streifen geschieht,<br />

ist die wahre palästinensische nakba:<br />

die Tendenz, äußeren Faktoren die<br />

Schuld zu geben, lässt die Konturen<br />

verschwimmen. Die palästinensische<br />

Gesellschaft ist eindeutig in not, und<br />

zu großen Teilen auf Grund der 40jäh -<br />

rigen Besatzung. Doch dies ist eine zu<br />

<strong>August</strong> <strong>2008</strong>/Aw 5768 25

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