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August 2008 als pdf herunterladen - Israelitische Kultusgemeinde ...

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Die wahre Nakba<br />

Von Shlomo Avineri<br />

POLITIK • ISRAEL<br />

Al-Arroub Flüchtlingslage in der Nähe von Hebron, 15. Mai <strong>2008</strong> – Die Palästinenser begehen<br />

„Nakba“, in ihren Augen den „Tag der Katastrophe“.<br />

Wenn die Palästinenser am 15. mai<br />

an das erinnerten, was sie die „nak -<br />

ba“ (Katastrophe) nennen, täten sie<br />

gut daran, in Betracht zu ziehen, dass<br />

ihr wahres Versagen nicht im Jahr<br />

1948 stattfand: Es fand bereits früher<br />

statt. Und auch heute noch findet es<br />

statt. Die wahre nakba geschieht je -<br />

den Tag und zu jeder Stunde vor<br />

unseren - und ihren - Augen. Und der<br />

gewalttätige Putsch der Hamas im<br />

Gaza-Strei fen ist nur das jüngste Bei -<br />

spiel dafür.<br />

Während sich Palästinenser - nicht<br />

ganz zu Unrecht - <strong>als</strong> die Opfer der<br />

zio nistischen Bewegung und deren<br />

er folgreicher Gründung eines jüdischen<br />

Staates im Land israel sehen,<br />

sollten die Gründe für ihr historisches<br />

Versagen anderswo gesucht werden,<br />

nämlich in der Unfähigkeit der paläs -<br />

tinensischen nationalbewegung, ein<br />

politisches und soziales institutionelles<br />

Rahmenwerk zu schaffen, das die<br />

notwendige Basis für jeden Aufbau<br />

einer nation ist. Die Geschichte na -<br />

tionaler Bewegungen lehrt uns, dass<br />

nationales Bewusstsein - so stark es<br />

auch sein mag - nicht ausreicht: Be we -<br />

gungen, die kein institutionelles Sys -<br />

tem schaffen konnten, das<br />

lebenswich tig für ihren Erfolg ist,<br />

sind gescheitert.<br />

Es wäre ein Fehler, die Stärke der<br />

pa lästinensischen nationalbewegung<br />

zu unterschätzen, wie es nicht wenige<br />

mitglieder des zionistischen Lagers<br />

in der Vergangenheit taten. Und auch<br />

heute noch machen viele diesen Feh -<br />

ler. Es war Chaim Arlozoroff - dam<strong>als</strong><br />

ein junger mann Anfang 20 -, der be -<br />

reits 1921 erkannte, dass die zionistische<br />

Bewegung nicht etwa einer<br />

Reihe gewalttätiger Ereignisse gegenüberstand,<br />

sondern einer nationalbewe<br />

gung.<br />

Die palästinensische nationalbe we -<br />

gung wurde jedoch von vielen Feh lern<br />

begleitet, die in der Unfähigkeit wurzelten,<br />

ein Rahmenwerk aus Konsens<br />

und Solidarität zu bilden. Diese Feh -<br />

ler schwächten und zersplitterten die<br />

Bewegung. Und es scheint, dass dies<br />

ein Problem ist, das die Palästinenser<br />

bis heute nicht lösen konnten.<br />

Die erste und schärfste manifestie -<br />

rung dieses Fehlers ereignete sich in<br />

den Jahren 1936 bis 1939 während des<br />

palästinensischen Aufstandes gegen<br />

die britische Herrschaft. Diese Re bel -<br />

lion scheiterte nicht nur, weil sie brutal<br />

von den britischen Kolonialbehör<br />

den unterdrückt wurde oder weil<br />

es den Truppen der Haganah (der vor -<br />

staatlichen Untergrundarmee) ge lang,<br />

den Yishuv (die jüdische Ge mein -<br />

schaft in Palästina) zu verteidigen.<br />

Son dern sie versagte, weil die Pa läs -<br />

tinenser nicht fähig waren, insti tu ti o -<br />

nen zu errichten, die von allen Teilen<br />

der arabischen Gesellschaft im Land<br />

akzeptiert wurden. Und <strong>als</strong> interne<br />

Streitigkeiten wegen der natur des<br />

Kampfes aufkamen, entwickelte sich<br />

aus der Rebellion ein inner-palästinen -<br />

sischer Bürgerkrieg. Es starben mehr<br />

Palästinenser durch rivalisierende be -<br />

waffnete Palästinensermilizen <strong>als</strong><br />

durch Kämpfe mit der britischen Ar -<br />

mee oder der Haganah. innerhalb der<br />

palästinensischen Gesellschaft gibt es<br />

die Tendenz, die Erinnerung an diesen<br />

gewaltsamen Kampf, der zwischen<br />

den milizen der Husseinis und denjenigen<br />

der nashashibis stattfand, zu<br />

unterdrücken. Doch die Unter drüc -<br />

kung dieser Erinnerung verstärkt nur<br />

das Versagen und macht es schwerer,<br />

aus den Fehlern zu lernen.<br />

Ein ähnlicher Fehler ereignete sich<br />

im Jahr 1948: Obwohl die mehrheit der<br />

palästinensischen Gesellschaft gegen<br />

den Teilungsplan war, wie er am 29.<br />

no vember 1947 von den Vereinten<br />

nationen verabschiedet worden war,<br />

erwiesen sich die Palästinenser <strong>als</strong> un -<br />

fähig, einen vereinten militärischen<br />

und politischen Apparat für die Kon -<br />

frontation mit dem Yishuv zu schaffen.<br />

Das Arabische Höhere Komitee<br />

war niem<strong>als</strong> mehr <strong>als</strong> eine Gruppe<br />

traditioneller Würdenträger. Und es<br />

beaufsichtigte kein effektives System,<br />

das mit dem „Staat im Werden“ des<br />

Yishuv vergleichbar gewesen wäre.<br />

Der gewalttätige palästinensische Wi -<br />

derstand gegen den Teilungsplan be -<br />

24 <strong>August</strong> <strong>2008</strong>/Aw 5768

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