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Wien, 18. Juni 2013<br />

UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention: Staatenprüfung Österreichs<br />

Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf)<br />

vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1)<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

Ad para 1 – Nationaler Aktionsplan; Fö<strong>der</strong>ale Struktur; gemeinsame Kompetenzen<br />

zwischen <strong>der</strong> EU und Österreich als EU-Mitgliedstaat<br />

1. Am 24. Juli 2012 wurde <strong>der</strong> „Nationale Aktionsplan Behin<strong>der</strong>ung 2012-<br />

2020 – Strategie <strong>der</strong> Österreichischen Bundesregierung zur Umsetzung <strong>der</strong><br />

UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention (UN-BRK) – Inklusion als Menschenrecht und<br />

Auftrag“ im Ministerrat beschlossen. Im Plan sind die Leitlinien <strong>der</strong> österreichischen<br />

Behin<strong>der</strong>tenpolitik für die laufende Dekade festgelegt. Bei <strong>der</strong> Erstellung<br />

des Plans wurden in einem partizipativen Prozess die Standpunkte <strong>der</strong> Zivilgesellschaft,<br />

vor allem <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenorganisationen, sowie <strong>der</strong> Sozialpartner<br />

und <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> breit diskutiert und bestmöglich realisiert. Der NAP Behin<strong>der</strong>ung<br />

enthält in acht Kapiteln (Behin<strong>der</strong>tenpolitik, Diskriminierungsschutz, Barrierefreiheit,<br />

Bildung, Beschäftigung, Selbstbestimmtes Leben, Gesundheit und Rehabilitation,<br />

Bewusstseinsbildung und Information) und 56 Unterkapiteln insgesamt<br />

250 Maßnahmen, die bis 2020 umgesetzt werden sollen.<br />

2. Die Überwachung und Begleitung des NAP nimmt seit Herbst 2012 eine Begleitgruppe<br />

wahr, in <strong>der</strong> neben allen Bundesministerien, <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenanwaltschaft<br />

und dem Monitoringausschuss zur Umsetzung <strong>der</strong> UN-BRK auch die<br />

Behin<strong>der</strong>tenvertretung bzw. die Zivilgesellschaft eingebunden ist. Der Ausschuss<br />

hat sich bereits ausführlich mit dem Thema Daten und Statistik befasst.<br />

Weitere Themen auf <strong>der</strong> Agenda des Ausschusses werden die Erstellung einer<br />

Prioritätenliste sowie die Entwicklung von Indikatoren für die Umsetzung des<br />

NAP sein.<br />

3. In den Bundesministerien wurden Beauftragte für den NAP Behin<strong>der</strong>ung sowie<br />

Barrierefreiheits-Beauftragte ernannt.<br />

4. Aufgrund <strong>der</strong> Bundesverfassung sind alle Bereiche <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenpolitik, die<br />

nicht ausdrücklich Bundessache sind, Zuständigkeit <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>. Der NAP Behin<strong>der</strong>ung<br />

geht im Maßnahmenbereich über die Bundeszuständigkeit nicht<br />

hinaus. Da die Kompetenzen des Bundes und <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> jedoch eng miteinan<strong>der</strong><br />

verzahnt sind, haben viele Zielsetzungen des NAP auch indirekte Auswirkungen<br />

auf die Län<strong>der</strong> (regionale Ebene) und die Städte bzw. Gemeinden (lokale<br />

Ebene).<br />

BMASK/IV/A/1 Deutsche Fassung, 18. Juni 2013 1


UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention: Staatenprüfung Österreichs;<br />

Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

5. Einzelne Bundeslän<strong>der</strong> haben eigene strategische Planungen im Behin<strong>der</strong>tenbereich.<br />

So hat z.B. das Land Steiermark am 22. November 2012 als erstes<br />

Bundesland einen Aktionsplan zur Umsetzung <strong>der</strong> UN-BRK auf Landesebene<br />

vorgelegt.<br />

6. Der NAP Behin<strong>der</strong>ung geht nicht im Detail auf die Problematik <strong>der</strong> „shared<br />

competences“ (geteilte Zuständigkeiten) zwischen <strong>der</strong> EU und Österreich als<br />

EU-Mitgliedstaat ein. Aus österreichischer Sicht ist wichtig, dass auf EU-Ebene<br />

eine entsprechende Ausgestaltung des Antidiskriminierungsrechts erfolgt (z.B.<br />

Vorschlag <strong>der</strong> Europäischen Kommission aus dem Jahr 2008 für eine Erweiterte<br />

Antidiskriminierungsrichtlinie außerhalb des Beschäftigungs-, Berufs- und Berufsausbildungsbereichs<br />

o<strong>der</strong> die geplante Vorlage eines „European Accessibility<br />

Act“). In Zusammenhang mit <strong>der</strong> Planung für die künftige EU-<br />

För<strong>der</strong>ungsstrategie im Bereich <strong>der</strong> Struktur- und Investitionsfonds (Periode<br />

2014-2020) betont Österreich die Notwendigkeit <strong>der</strong> zwingenden Verknüpfung<br />

<strong>der</strong> För<strong>der</strong>ungsgel<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenperspektive (Nicht-Diskriminierung<br />

und Barrierefreiheit).<br />

Ad para 2 – Definition „Behin<strong>der</strong>ung“<br />

7. Nach Artikel 1 <strong>der</strong> UN-BRK müssen für das Vorliegen einer Behin<strong>der</strong>ung zwei<br />

Voraussetzungen gegeben sein, auf individueller Ebene eine Beeinträchtigung<br />

(impairment) und auf gesellschaftlicher Ebene Barrieren. Den im Staatenbericht<br />

in para 18 – 24 angeführten Definitionen liegt genau dieses Verständnis von<br />

Behin<strong>der</strong>ung zugrunde. So spricht das Bundes-<br />

Behin<strong>der</strong>tengleichstellungsgesetz von <strong>der</strong> Auswirkung einer Beeinträchtigung,<br />

die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in <strong>der</strong> Gesellschaft zu erschweren. Das<br />

Behin<strong>der</strong>teneinstellungsgesetz, das die Inklusion in <strong>der</strong> Arbeitswelt zum Ziel<br />

hat, stellt auf die Auswirkung einer Beeinträchtigung ab, die die Teilhabe am<br />

Arbeitsleben erschweren kann. Alle Definitionen umfassen auch Menschen mit<br />

kognitiven und psychischen Behin<strong>der</strong>ungen.<br />

8. Die Einschätzung des Grades <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung erfolgt durch die mit September<br />

2010 in Kraft getretene Einschätzungsverordnung (EVO) gem. § 14 Abs. 3<br />

BEinstG, welche die auf den Vorschriften des Kriegsopferversorgungsgesetzes<br />

1957 basierende Richtsatzverordnung ablöste. Die Einschätzung auf Basis <strong>der</strong><br />

EVO erfolgt nicht mehr diagnose-, son<strong>der</strong>n funktionsbezogen. Zudem werden<br />

psychische Erkrankungen sowie maligne Erkrankungen erstmals angemessen<br />

erfasst. Aufgrund <strong>der</strong> Evaluierung <strong>der</strong> Einschätzungsverordnung durch interne<br />

wie externe ExpertInnen wurden 2012 weitere Adaptierungen hinsichtlich Stoffwechselerkrankungen<br />

bei Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen in <strong>der</strong> EVO vorgenommen.<br />

Auch eine Diskussion über eine zukünftige vermehrte Miteinbeziehung von sozialen<br />

Kriterien wird bereits geführt.<br />

9. Die Einschätzungskriterien orientieren sich also am funktionellen Organsystem<br />

und legen die jeweiligen Funktionseinschränkungen fest. Geistige Funktionen<br />

umfassen das Denken des Menschen, das Wahrnehmen <strong>der</strong> Umwelt sowie<br />

das reflektierende Verarbeiten und folgende Handeln. Eigenreflexionsvermögen<br />

und Realitätswahrnehmung spielen eine wichtige Rolle. Psychische Funktionen<br />

BMASK/IV/A/1 Deutsche Fassung, 18. Juni 2013 2


UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention: Staatenprüfung Österreichs;<br />

Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

prägen das Verhalten, die Art und Weise <strong>der</strong> Reaktionen nach außen. Sie bestimmen<br />

entscheidend mit, wie <strong>der</strong> Mensch mit an<strong>der</strong>en kommuniziert und auf<br />

an<strong>der</strong>e reagiert. In <strong>der</strong> Einschätzungsverordnung werden diesbezügliche Funktionseinschränkungen<br />

berücksichtigt.<br />

10. Aufgrund des in <strong>der</strong> österreichischen Bundesverfassung verankerten Prinzips<br />

des Fö<strong>der</strong>alismus und <strong>der</strong> sich daraus ergebenden Kompetenzaufteilung zwischen<br />

Bund und Län<strong>der</strong>n im Behin<strong>der</strong>tenbereich gibt es weiterhin keine einheitliche<br />

Definition von „Behin<strong>der</strong>ung“. In Österreich existiert eine Vielzahl von<br />

Bundes- und Landesgesetzen, die Bestimmungen für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

enthalten. Zum einen entspricht dies dem Grundsatz des disability<br />

mainstreaming, wonach alle Bereiche von Politik und Verwaltung immer auch<br />

die Auswirkungen ihres Handelns auf die Situation von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

zu bedenken haben. Bei Gesetzesvorhaben ist dies seit 2013 im Rahmen<br />

<strong>der</strong> wirkungsorientierten Folgenabschätzung verpflichtend verankert. Zum<br />

an<strong>der</strong>en enthalten viele Gesetze positive Maßnahmen für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen.<br />

Diese legen den Fokus häufig auf spezifische Problemlagen bestimmter<br />

Gruppen von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen und müssen daher dementsprechend<br />

unterschiedliche Definitionen enthalten.<br />

11. In einem an alle Bundesministerien gerichteten Rundschreiben aus dem Jahr<br />

2013 wird ausgeführt, dass „Behin<strong>der</strong>ung“ – entsprechend dem sozialen Modell<br />

von Behin<strong>der</strong>ung – nicht als „Defekt“, „fehlerhafter Zustand“ o<strong>der</strong> gar „Min<strong>der</strong>wertigkeit“<br />

beschrieben werden kann und dass solche als diskriminierend aufgefasste<br />

o<strong>der</strong> auch veraltete Begriffe (z.B. „Invalidität“ o<strong>der</strong> „Gebrechen“) durch<br />

diskriminierungsfreie und zeitgemäße Begriffe zu ersetzen sind.<br />

12. Die Definitionen von Behin<strong>der</strong>ungen, die in unterschiedlichen Landesgesetzen<br />

enthalten sind, beziehen sich großteils auch auf psychische (Funktions)-<br />

Beeinträchtigungen. Auf Ebene <strong>der</strong> Bundeslän<strong>der</strong> (insbeson<strong>der</strong>e in den Län<strong>der</strong>n<br />

Nie<strong>der</strong>österreich, Steiermark, Tirol) ist vorgesehen, den Behin<strong>der</strong>tenbegriff<br />

ausdrücklich an die Erfor<strong>der</strong>nisse <strong>der</strong> UN-BRK anzupassen.<br />

Ad para 3 – Österreichische Gebärdensprache<br />

13. Der Schulbereich ist durch unterschiedliche Lehrplanangebote gekennzeichnet.<br />

So bietet <strong>der</strong> seit 2008 aktualisierte Lehrplan <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>schule für gehörlose<br />

Kin<strong>der</strong> unterschiedliche sprachliche Angebote, konkret lautsprachlich orientierte<br />

Kommunikation o<strong>der</strong> Österreichische Gebärdensprache (ÖGS). Klassen<br />

mit Gebärdensprachunterricht bzw. bilingualem Unterricht (ÖGS und Deutsch)<br />

gibt es in fast allen Gehörloseneinrichtungen sowie in Integrationsklassen (z.B.<br />

in Wien und in Kärnten). ÖGS ist im Rahmen <strong>der</strong> verbindlichen Übungen sowie<br />

in den Freigegenständen und unverbindlichen Übungen verankert.<br />

14. Für gehörlose/hörbehin<strong>der</strong>te Schüler/innen, die nach dem Lehrplan allgemein<br />

bilden<strong>der</strong> o<strong>der</strong> berufsbilden<strong>der</strong> höherer Schulen unterrichtet werden, sind<br />

von <strong>der</strong> Schulbehörde Abweichungen vom Lehrplan festzulegen, die dazu beitragen,<br />

dass <strong>der</strong>/die Schüler/in die Lehrplanziele erreichen kann. Weitere Maßnahmen<br />

(För<strong>der</strong>unterricht, Unterstützung durch Gehörlosenlehrer/innen) sollen<br />

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UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention: Staatenprüfung Österreichs;<br />

Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

sicherstellen, dass auch gehörlose Schüler/innen die Reifeprüfung erfolgreich<br />

bewältigen.<br />

15. Die berufsbegleitende Ausbildung von Lehrkräften, die hörbehin<strong>der</strong>te/gehörlose<br />

Schüler/innen unterrichten, wurde im Hinblick auf Verbesserungen<br />

(Intensivierung <strong>der</strong> Grundkompetenzen in ÖGS) einer Revision unterzogen, um<br />

ein Modell zum Erwerb umfassen<strong>der</strong> Kompetenzen für die unterschiedlichen<br />

kommunikativen Zugänge von Schüler/innen zu entwickeln. Es bestehen Ausbildungslehrgänge<br />

an Pädagogischen Hochschulen (PH).<br />

16. Zur Fortbildung <strong>der</strong> Lehrkräfte stellen einzelne PH Angebote zur Erweiterung<br />

<strong>der</strong> ÖGS – Kompetenz bereit. Überdies wurde im Auftrag des BMUKK von <strong>der</strong><br />

PH Kärnten ein Fortbildungsmodul für ÖGS entwickelt, das allen PH zur Verfügung<br />

gestellt wird und nach regionalem Bedarf adaptiert werden kann.<br />

17. Das Zentrum für Gebärdensprache und Hörbehin<strong>der</strong>tenkommunikation <strong>der</strong> Universität<br />

Klagenfurt wurde vom BMUKK beauftragt, eine bilinguale Gebärdensprachdatenbank<br />

für den schulischen Bereich (1.-4. Schulstufe) aufzubauen.<br />

Damit soll dem bestehenden Bedarf an geeigneten Materialien für den Unterricht<br />

gehörloser Schüler/innen Rechnung getragen werden. Unter Beiziehung<br />

ÖGS-kompetenter Personen wurden Materialien für den bilingualen Unterricht<br />

erarbeitet, auf Video aufgenommen und in digitaler Form zugänglich gemacht,<br />

www.cisonline.at.<br />

18. Vom BMUKK wurde in einer Arbeitsgruppe, <strong>der</strong> hörende und nicht hörende<br />

Lehrkräften bzw. Expert/inn/en angehörten, eine „Handreichung für den Einsatz<br />

von Manual- und Gebärdensystemen (MGS) sowie <strong>der</strong> Österreichischen<br />

Gebärdensprache im Unterricht“ zusammengestellt (www.cisonline.at).<br />

19. Aktuell wird an den Universitäten Wien, Graz und Klagenfurt das Erlernen <strong>der</strong><br />

ÖGS (Österreichische Gebärdensprache) bis zum Niveau des Dolmetschens<br />

angeboten. Die Teilnahme an einem Studium für gehörlose Studierende wird für<br />

die Institutionen des tertiären Bildungsbereichs in Wien seit Sommer 2010 über<br />

eine eigene Servicestelle an <strong>der</strong> Technischen Universität Wien (GESTU = Gehörlos<br />

Erfolgreich Studieren) organisiert und weiterentwickelt.<br />

20. Die ÖGS wird im Bedarfsfall bei öffentlichen bzw. staatlichen Dienstleistungen<br />

(Gerichts- und Verwaltungsverfahren) eingesetzt und finanziell unterstützt<br />

(Übernahme <strong>der</strong> Kosten für Gebärdensprachdolmetscher/innen).<br />

21. Die in Selbstverwaltung des Bundes organisierten Sozialversicherungsträger<br />

(Krankenkassen, Unfall- und Pensionsversicherungsanstalten) ermöglichen gehörlosen<br />

Versicherten die Nutzung <strong>der</strong> Gebärdensprache und haben in diesem<br />

Zusammenhang vielfältige Vorkehrungen getroffen. Diese reichen von <strong>der</strong> Einstellung<br />

eigener Bediensteter mit Gebärdensprachkenntnissen und eigenen<br />

Trainings in Gebärdensprache für Mitarbeiter/innen bis zur Übernahme von<br />

Kosten für Gebärdensprachdolmetscher/innen. Darüber hinaus finanzieren die<br />

Sozialversicherungsträger Kuraufenthalte für gehörlose und hörbeeinträchtigte<br />

Menschen und betreiben in Oberösterreich (Einrichtung „Rehamed Tisserand“)<br />

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UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention: Staatenprüfung Österreichs;<br />

Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

eine einzigartige Kureinrichtung mit maßgeschnei<strong>der</strong>ten Angeboten für gehörlose<br />

Menschen.<br />

22. Gebärdensprach-DolmetscherInnen werden bei Bedarf vom Arbeitsmarktservice<br />

sowohl in <strong>der</strong> Beratung als auch im Rahmen arbeitsmarktpolitischer Dienstleistungen<br />

(Kurse/Schulungen) beigezogen und finanziert.<br />

23. Die Mehrzahl <strong>der</strong> Bundeslän<strong>der</strong> unterstützt die Inanspruchnahme von Gebärdensprach-Dolmetschern<br />

im öffentlichen, teilweise auch im privaten Bereich,<br />

wenn es sich um wichtige Angelegenheiten (Notariatsakte, Krisenberatung,<br />

Bankgeschäfte etc.) handelt. Im Gesundheitsbereich hat die Steiermark im<br />

Rahmen des Aktionsplans eine Workshopreihe zum Thema Gehörlosigkeit/Gebärdensprache<br />

für Fachpersonal in Krankenanstalten und Sanatorien<br />

geplant. Oberösterreich, Wien und Vorarlberg verfügen über Schulen, in denen<br />

bilingual (teilweise durch hörende Kolleginnen o<strong>der</strong> „Native-Speaker) unterrichtet<br />

wird. Bis zu 95 % <strong>der</strong> auf wien.at publizierten Videos sind barrierefrei, darüber<br />

hinaus gibt es 29 Videos in Gebärdensprache, die alle auf dem Channel<br />

wien.at-TV von wien.at abzurufen sind.<br />

Ad para 4 – Partizipation und Konsultation behin<strong>der</strong>ter Menschen<br />

24. Zur Frage <strong>der</strong> Einbeziehung <strong>der</strong> Zivilgesellschaft wird zu para 46 des Staatenberichtes<br />

ausgeführt, dass neben großen Behin<strong>der</strong>tenverbänden wie <strong>der</strong> ÖAR<br />

auch kleine, für die Rechte <strong>der</strong> Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung eintretende NGOs<br />

vermehrt in alle Diskussions- und Beratungsprozesse einbezogen werden.<br />

Der Bogen <strong>der</strong> Partizipation und Konsultation lässt sich von Beratungen und<br />

Gesprächen über anstehende gesetzliche Än<strong>der</strong>ungen (z.B. 2011 und 2012<br />

Gespräche des BMJ mit Behin<strong>der</strong>tenvertretern/innen betreffend Neuerungen im<br />

Versicherungsvertragsrecht) über die Befassung im Rahmen von Gesetzesbegutachtungen<br />

und strategischen Planungen bis hin zur Nominierung von Behin<strong>der</strong>tenvertretern/innen<br />

in Arbeits-, Steuerungs- und Begleitgruppen sowie Beratungs-,<br />

Überwachungs- und Aufsichtsgremien spannen. Bei <strong>der</strong> Erstellung des<br />

Staatenberichtes zur Umsetzung <strong>der</strong> UN-BRK (2010) sowie bei <strong>der</strong> Ausarbeitung<br />

des NAP Behin<strong>der</strong>ung (2011/2012) hat Österreich sehr auf die Beteiligung<br />

<strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenvertreter/innen geachtet - insbeson<strong>der</strong>e durch die Abhaltung<br />

mehrerer Arbeitstagungen und Informationsveranstaltungen.<br />

25. Bei den Beiräten sind insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Ausgleichstaxfonds-Beirat und <strong>der</strong><br />

Bundesbehin<strong>der</strong>tenbeirat zu erwähnen. Für letzteres Gremium wird nun auch<br />

die direkte Einbeziehung von SelbstvertreterInnen des Personenkreises von<br />

Menschen mit Lernbehin<strong>der</strong>ung vorbereitet.<br />

26. Im Herbst 2011 wurde auf Basis eines Beschlusses <strong>der</strong> Landesfinanzreferent/innenkonferenz<br />

eine Reformarbeitsgruppe Pflege eingerichtet, die aus<br />

Vertreter/innen von Bund, Län<strong>der</strong>n, Städte- und Gemeindebund besteht und<br />

nach einem intensiven Diskussionsprozess mit sämtlichen Stakehol<strong>der</strong>n (Behin<strong>der</strong>tenorganisationen,<br />

Ärztekammer, Hauptverband, Ministerien, SeniorenInnen,<br />

DienstleisterInnen etc.) ihre Empfehlungen ausgesprochen hat.<br />

BMASK/IV/A/1 Deutsche Fassung, 18. Juni 2013 5


UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention: Staatenprüfung Österreichs;<br />

Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

27. Im Bereich des Opferfürsorgegesetzes hat die Opferfürsorgekommission den<br />

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz bei Vollzugsfragen<br />

zu beraten (§ 17 OFG). Der Weisse Ring, die wichtigste Opferhilfeorganisation,<br />

wird in die Beratung zur Fortentwicklung des Verbrechensopfergesetzes (VOG)<br />

einbezogen. Analoges gilt für den Kriegsopfer- und Behin<strong>der</strong>tenverband<br />

(KOBV) betreffend die Regelungen <strong>der</strong> Sozialentschädigung, des Kriegsopferversorgungs-,<br />

Heeresversorgungs- und Impfschadengesetzes.<br />

28. Bei Gesetzesinitiativen betreffend das Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesgesetz<br />

über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft,<br />

das Behin<strong>der</strong>teneinstellungsgesetz o<strong>der</strong> das Behin<strong>der</strong>tengleichstellungsgesetz<br />

wird <strong>der</strong> Klagsverband zur Durchsetzung <strong>der</strong> Rechte von Diskriminierungsopfern<br />

einbezogen. Im Begutachtungsverfahren werden die wichtigsten<br />

Organisationen (z.B Behin<strong>der</strong>tenanwaltschaft, Monitoringausschuss, ÖAR,<br />

die Volksanwaltschaft o<strong>der</strong> Zivilinvalidenverband) angehört.<br />

29. Auch das Arbeitsmarktservice hat, etwa bei <strong>der</strong> Konzeption <strong>der</strong> Übernahme<br />

<strong>der</strong> „Integrationsbeihilfe <strong>der</strong> Bundessozialämter“ („Einglie<strong>der</strong>ungsbeihilfe des<br />

Arbeitsmarktservice“) die Behin<strong>der</strong>tenorganisationen einbezogen.<br />

30. Im öffentlichen Dienst werden Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen in vielfältiger<br />

Weise konsultiert bzw. einbezogen, etwa im Rahmen des seit 2006 bestehende<br />

Projekts „bundessache.at“ im Zuge <strong>der</strong> Bewerbungssuche und Aufnahme in<br />

den Bundesdienst. Auch gewählte Behin<strong>der</strong>tenvertrauenspersonen werden laufend<br />

einbezogen. Dem Aspekt <strong>der</strong> Barrierefreiheit bei IT-Beschaffungen wird<br />

verstärkt Rechnung getragen, indem Vorschläge von Betroffenen vermehrt einbezogen<br />

werden. Informations- und Präsentationsveranstaltungen erfolgen im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Möglichkeiten durch von Behin<strong>der</strong>ung betroffene Mitarbeiter/innen<br />

und Experten/innen auf dem Gebiet barrierefreier IT-Systeme.<br />

31. Auch im Län<strong>der</strong>bereich werden Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen bzw. ihre Interessensvertretungen<br />

im Rahmen von Begutachtungsverfahren gehört. In Wien<br />

wurde z.B. schon 1979 auf Gemein<strong>der</strong>atsebene die Gemein<strong>der</strong>ätliche Behin<strong>der</strong>tenkommission<br />

gegründet, <strong>der</strong>en Beschlüsse Empfehlungen für den Gemein<strong>der</strong>at<br />

sind. Die Steiermark hat Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen bei <strong>der</strong> Erstellung,<br />

Umsetzung und Evaluierung des Aktionsplans eingebunden. Ähnlich<br />

Nie<strong>der</strong>österreich, etwa im Zuge des Projektes „Bedarfsplan“, das Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ungen ein ausreichendes Angebot an Betreuungsplätzen gewährleisten<br />

soll.<br />

Ad para 5 – Übereinstimmung des österreichischen Rechts mit <strong>der</strong> UN-BRK auf<br />

Ebene des Bundes, <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> und Gemeinden; offizielle <strong>deutsch</strong>e Übersetzung<br />

<strong>der</strong> UN-BRK<br />

32. Wie bereits angeführt, sind seit Inkrafttreten <strong>der</strong> Konvention Bund, Län<strong>der</strong> und<br />

Gemeinden verpflichtet, diese in Österreich umzusetzen. Die innerstaatliche<br />

Rechtslage in Österreich entspricht grundsätzlich den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

Konvention, allerdings sieht die Bundesregierung auch in zahlreichen Punkten<br />

Reformbedarf. Insbeson<strong>der</strong>e die Zielsetzungen und Maßnahmen des NAP Be-<br />

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UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention: Staatenprüfung Österreichs;<br />

Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

hin<strong>der</strong>ung zeigen diese Vorhaben auf. Erwähnt seien hier etwa die Bereiche<br />

„Selbstbestimmtes Leben“ (Vorkehrungen zur De-Institutionalisierung), schulische<br />

Inklusion sowie das Sachwalterrecht und Alternativen dazu.<br />

33. Im Rahmen einer 2007 in Wien auf Initiative des BMeiA erfolgten Übersetzungskonferenz<br />

<strong>deutsch</strong>sprachiger Staaten wurden auch Behin<strong>der</strong>tenvertreter/innen<br />

einbezogen. Österreich hat sich dafür ausgesprochen, dass <strong>der</strong> englische<br />

Terminus „inclusion“ mit „Inklusion“ übersetzt wird, an<strong>der</strong>e Staaten hatten<br />

Bedenken und verwiesen auf das semantisch nachvollziehbare Argument, dass<br />

die französische authentische Fassung <strong>der</strong> Konvention den Terminus „intégration“<br />

verwendet, während die englische Fassung von „inclusion“ spricht (vgl. Artikel<br />

3 lit. c UN-BRK). Für Österreich war letztendlich entscheidend, dass eine<br />

Übersetzung <strong>der</strong> UN-BRK zustande kommt, die von allen <strong>deutsch</strong>sprachigen<br />

Staaten mitgetragen wird (Deutschland, Österreich, Schweiz und Liechtenstein).<br />

In <strong>der</strong> Praxis ist die Diskussion von untergeordneter Relevanz, da sich in<br />

Österreich mittlerweile in offiziellen Dokumenten ohnehin <strong>der</strong> Begriff „Inklusion“<br />

durchgesetzt hat (vgl. beispielhaft NAP Behin<strong>der</strong>ung).<br />

34. Gute Beispiele <strong>der</strong> umfassenden Umsetzung <strong>der</strong> UN-BRK auf allen Ebenen<br />

(Bund, Län<strong>der</strong>, Gemeinden) bieten <strong>der</strong> Nationale Aktionsplan Behin<strong>der</strong>ung des<br />

Bundes (siehe Frage 1) sowie <strong>der</strong> Aktionsplan des Landes Steiermark. Beispiele<br />

für Maßnahmen auf Gemeindeebene sind Schulungen von BaureferentInnen<br />

in Städten und Gemeinden sowie Informationsveranstaltungen für BürgermeisterInnen<br />

und Gemein<strong>der</strong>ätInnen.<br />

Ad para 6 – Antidiskriminierungsrecht <strong>der</strong> Län<strong>der</strong><br />

35. Beilage Nr. 1 enthält die Übersicht über die Gleichbehandlungsgesetze <strong>der</strong><br />

Län<strong>der</strong>.<br />

Ad para 7 – Angemessene Vorkehrungen<br />

36. Eine Regelung über angemessene Vorkehrungen sieht nur das Behin<strong>der</strong>teneinstellungsgesetz<br />

und die entsprechenden Antidiskriminierungsgesetze <strong>der</strong><br />

Län<strong>der</strong> vor. Die entsprechende Bestimmung, mit <strong>der</strong> auch die EU-Richtlinie<br />

2000/78 umgesetzt wurde, besagt, dass ArbeitgeberInnen im Einzelfall Än<strong>der</strong>ungen<br />

o<strong>der</strong> Anpassungen vornehmen müssen, damit <strong>der</strong>/ die behin<strong>der</strong>te Arbeitnehmer/in<br />

gleichberechtigt seine/ihre berufliche Tätigkeit ausüben kann. Die<br />

Textierung dieser Bestimmung entspricht Artikel 2 <strong>der</strong> UN-BRK, wo angemessene<br />

Vorkehrungen als notwendige und geeignete Än<strong>der</strong>ungen und Anpassungen<br />

definiert werden, die keine unverhältnismäßige o<strong>der</strong> unbillige Belastung<br />

darstellen.<br />

37. Österreich geht in seiner Behin<strong>der</strong>tenpolitik von einem umfassenden Begriff<br />

<strong>der</strong> Barrierefreiheit aus. Nach § 6 Abs. 5 des Bundes Behin<strong>der</strong>tengleichstellungsgesetzes<br />

sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische<br />

Gebrauchsgegenstände, Systeme <strong>der</strong> Informationsverarbeitung sowie an<strong>der</strong>e<br />

gestaltete Lebensbereiche barrierefrei, wenn sie für Menschen mit Behin<strong>der</strong>un-<br />

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UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention: Staatenprüfung Österreichs;<br />

Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

gen in <strong>der</strong> allgemein üblichen Weise, ohne beson<strong>der</strong>e Erschwernis und grundsätzlich<br />

ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind. Barrieren sind gesetzlich<br />

explizit als mögliche Form einer Diskriminierung genannt. Dies gilt für alle<br />

vom Behin<strong>der</strong>tengleichstellungsrecht umfassten Bereiche (Arbeitswelt, Bundesverwaltung<br />

sowie Güter und Dienstleistungen, die <strong>der</strong> Öffentlichkeit zur Verfügung<br />

stehen).<br />

38. Darüberhinaus ist im Behin<strong>der</strong>tengleichstellungsrecht sowohl im Bereich <strong>der</strong><br />

Arbeitswelt als auch im Bereich von Gütern und Dienstleistungen grundsätzlich<br />

eine Zumutbarkeitsprüfung in allen Fällen vorgesehen, in denen Barrieren<br />

vorliegen. Um wirtschaftliche Härten zu vermeiden, wird im Gerichtsverfahren<br />

geprüft, ob die mit <strong>der</strong> Herstellung <strong>der</strong> Barrierefreiheit verbundenen Belastungen<br />

verhältnismäßig sind. Dabei sind insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Beseitigung <strong>der</strong><br />

Barrieren verbundene Aufwand, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit <strong>der</strong> eine<br />

Diskriminierung bestreitenden Partei zu berücksichtigen sowie die Frage, ob<br />

und in welchem Ausmaß För<strong>der</strong>ungen aus öffentlichen Mitteln für die Maßnahmen<br />

gewährt wurden.<br />

39. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Verweigerung von angemessenen<br />

Vorkehrungen nach dem österreichischen Behin<strong>der</strong>tengleichstellungsrecht<br />

eine Diskriminierung darstellen kann. Dies ergibt sich aus <strong>der</strong> ausdrücklichen<br />

Nennung von Barrieren als mögliche Diskriminierungen. Die im Behin<strong>der</strong>teneinstellungsgesetz<br />

angeführte Verpflichtung zur Vornahme angemessener<br />

Vorkehrungen stellt lediglich eine Klarstellung dar.<br />

Ad para 8 – Diskriminierungsfälle – Statistiken<br />

40. Das Schlichtungsverfahren beim Bundessozialamt bietet einen niedrigschwelligen<br />

formfreien Zugang zum Recht. Es handelt sich dabei um Schlichtung<br />

im weiten Sinn als eine offene Form außergerichtlicher Streitbeilegung<br />

ohne Schiedsspruch und ohne Zuerkennung von Ansprüchen. Im Rahmen <strong>der</strong><br />

Schlichtung wird als zusätzliches alternatives Konfliktlösungsinstrument Mediation<br />

angeboten, was in <strong>der</strong> Praxis allerdings selten in Anspruch genommen<br />

wird. Schlichtungsverfahren enden mit einer Einigung, mit <strong>der</strong> Rückziehung des<br />

Antrages o<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Bestätigung des Bundessozialamtes, dass keine Einigung<br />

zustande gekommen ist. Vereinbart werden nach den bisherigen Erfahrungen<br />

im Rahmen von Einigungen in Schlichtungsverfahren etwa konkrete<br />

Verbesserungen im Bereich <strong>der</strong> Barrierefreiheit, Geldleistungen, Entschuldigungen<br />

o<strong>der</strong> die Erstellung von Plänen für die Herstellung von Barrierefreiheit<br />

im Unternehmen.<br />

41. Im Zeitraum vom 1. Jänner 2006 (Inkrafttreten des Behin<strong>der</strong>tengleichstellungsrechts)<br />

bis zum 30. April 2013 gab es insgesamt 1.361 Schlichtungsverfahren,<br />

548 davon wurden von Frauen (40,26 %) und 813 von Männern (59,74 %)<br />

beantragt. Die Einigungsquote von Frauen ist etwas höher als die <strong>der</strong> Männer<br />

(48,1 % gegenüber 46,4 %), insgesamt beträgt sie 47,1%.<br />

42. Das Behin<strong>der</strong>tengleichstellungsrecht wurde 2010/2011 durch eine sozialwissenund<br />

eine rechtswissenschaftliche Studie evaluiert. Im Ergebnis zeigt das Behin-<br />

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UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention: Staatenprüfung Österreichs;<br />

Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

<strong>der</strong>tengleichstellungsrecht spürbare positive Auswirkungen für Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ungen. Beson<strong>der</strong>s gut wurde das Schlichtungsverfahren beurteilt.<br />

43. Detailangaben zur Schlichtungsstatistik sind <strong>der</strong> Beilage Nr. 2 zu entnehmen.<br />

Bemerkt wird, dass für den Bereich Wohnen keine geson<strong>der</strong>ten Daten vorliegen,<br />

Wohnen ist bei den sonstigen Lebensbereichen mit umfasst.<br />

44. In den Län<strong>der</strong>n bestehen <strong>der</strong>zeit noch keine offiziellen Statistiken bzw. Systeme<br />

zur Evaluierung <strong>der</strong> betroffenen Diskriminierungstatbestände. Jedoch wird<br />

daran gearbeitet, z.B. befindet sich in <strong>der</strong> Steiermark <strong>der</strong> Bereich Daten und<br />

Statistik im Rahmen des Aktionsplans im Aufbau.<br />

Ad para 9 und 10 – Bewusstseinsbildung sowie För<strong>der</strong>ung einer positiven Einstellung<br />

gegenüber Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

45. Im Rahmen <strong>der</strong> Informationstätigkeit des Sozialministeriums wurden in<br />

Fachmedien <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ten- und Pflegeorganisationen zielgruppenorientierte<br />

Inserate geschaltet, in Summe in den letzten vier Jahren € 232.499,30 (jährlich<br />

€ 58.124,82). Von den Projekten werden beispielsweise angeführt:<br />

46. Mit <strong>der</strong> ORF Kampagne „Meine Chance – Ihr Nutzen“ (Herbst 2011, Kosten<br />

€ 186.000) haben das Bundessozialamt, das Arbeitsmarktservice, Wirtschaftsund<br />

ArbeitnehmerInnenvertretungen das Ziel verfolgt, Informationsdefizite<br />

abzubauen und die Beschäftigungssituation weiter zu verbessern.<br />

47. Mit <strong>der</strong> PR-Kampagne „fit2work“ (2012/2013) wird Erwerbstätigen, Arbeitssuchenden,<br />

Arbeitslosen und Selbstständigen, insbeson<strong>der</strong>e Personen mit längeren<br />

Krankenstandtagen / Wie<strong>der</strong>einsteigern /Wie<strong>der</strong>einsteigerinnen nach längeren<br />

Krankenstandtagen und Betrieben Information, Beratung und Unterstützung<br />

bei Fragen zur seelischen und körperlichen Gesundheit am Arbeitsplatz angeboten.<br />

Gesamtkosten von ca. 4,5 Mio Euro enthalten ca. 1.800 TV Spots, 663<br />

Hörfunk Spots, 295 Printschaltungen, ca. 2.000 Plakatwerbungen, ca. 600<br />

Transportmittelwerbungen o<strong>der</strong> ca. 50.000 Online und Mobile Werbungen.<br />

48. Im Rahmen des Projektes Netzwerk Berufliche Assistenz/ Schnuppertage<br />

organisiert das Bundessozialamt Schnuppertage für am Arbeitsmarkt benachteiligte<br />

Jugendliche in ca. 140 ausgewählten Unternehmen (Juni/Juli 2013, Kosten<br />

€ 120.000). Die Erstauflage <strong>der</strong> Aktion konzentriert sich auf ca. 400 Jugendliche<br />

im Alter zwischen 15 und 25 Jahren, um Akzente gegen die Jugendarbeitslosigkeit<br />

zu setzen und dem existierenden Fachkräftemangel ein Pool von<br />

engagierten und motivierten jungen Menschen gegenüberzustellen.<br />

49. Das Unterrichtsministerium bietet eine Reihe von Informations-, Lehr- und<br />

Lernangeboten sowie bewusstseinsbildende Maßnahmen im Rahmen <strong>der</strong><br />

Serviceeinrichtung Zentrum polis an. An Themenstellungen seien beispielsweise<br />

genannt: „Ich bin nicht behin<strong>der</strong>t, ich werde behin<strong>der</strong>t“; „HIV/AIDS“,<br />

„Compasito – ein Handbuch zur Menschenrechtsbildung mit Kin<strong>der</strong>n“ o<strong>der</strong><br />

„Selbstbestimmt Leben“. Im Rahmen Politischer Bildung (Schulportal<br />

www.schule.at) werden die Themen „Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen“ o<strong>der</strong> „Dis-<br />

BMASK/IV/A/1 Deutsche Fassung, 18. Juni 2013 9


UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention: Staatenprüfung Österreichs;<br />

Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

kriminierung“ behandelt. Durch diese Zusammenstellungen erhalten Lehrkräfte<br />

Unterstützung bei <strong>der</strong> Suche nach geeigneten Materialien, Tipps und weiterführende<br />

Links zur Behandlung <strong>der</strong> Thematik im Unterricht. Die Praxisbörse von<br />

Zentrum polis, eine Online-Datenbank, http://praxisboerse.politik-lernen.at stellt<br />

Projektideen für den Unterricht zur Verfügung, etwa „Inklusive Bildung – hat die<br />

Son<strong>der</strong>schule ausgedient?“, „Die Geschichte vom Zweiäugigen“, „Wenn Hören<br />

lebenswichtig wird“ o<strong>der</strong> „Behin<strong>der</strong>te Menschen im Alltag“. Im Rahmen <strong>der</strong> Aktionstage<br />

Politische Bildung, www.aktionstage.politische-bildung.at werden immer<br />

wie<strong>der</strong> menschenrechtliche und behin<strong>der</strong>tenpolitische Themen angesprochen.<br />

Das Thema „Gebärdensprache“ wurde in 40 Workshops an österreichischen<br />

Volksschulen 2009 behandelt. Weitere Schwerpunkte waren „Medizin<br />

und Nationalsozialismus“ in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Institut für Erwachsenenbildung,<br />

„Generationengerechtigkeit und Solidarität“, <strong>der</strong> Kinofilm<br />

„Ziemlich beste Freunde“ o<strong>der</strong> das Thema „Inklusion/Exklusion“ (2013).<br />

50. Die in para 114 des Staatenberichtes angeführten Maßnahmen betreffend die<br />

Richtlinien zur För<strong>der</strong>ung außerschulischer Jugen<strong>der</strong>ziehung und Jugendarbeit<br />

im Hinblick auf Barrierefreiheit hat in einigen Organisationen zu einer erhöhten<br />

Aufmerksamkeit auf die Anliegen behin<strong>der</strong>ter Jugendlicher geführt. Im Rahmen<br />

des "Jugendcheck" sind Entscheidungsträger von Rechtssetzungsakten<br />

angehalten, sich auch "in die Schuhe" von Kin<strong>der</strong>n und jungen Erwachsenen zu<br />

versetzen und die vorherrschende Erwachsenenperspektive um eine Kin<strong>der</strong>und<br />

Jugendlichen-Perspektive zu erweitern. Rechnung getragen wird diesem<br />

Anspruch v.a. durch das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kin<strong>der</strong>n,<br />

BGBl. I Nr. 4/2011, und die dort verfassungsgesetzlich gewährleisteten<br />

Rechte von Kin<strong>der</strong>n, die weitere Implementierung <strong>der</strong> UN-BRK sowie durch den<br />

Grundsatz, Bedürfnisse und Sichtweisen von Kin<strong>der</strong>n und jungen Erwachsenen<br />

in den betroffenen Politikbereichen entsprechend zu berücksichtigen. In <strong>der</strong><br />

konkreten Bewertung von Gesetzesvorhaben sind auch Lebenslagen von Kin<strong>der</strong>n<br />

mit Behin<strong>der</strong>ungen zu berücksichtigen.<br />

51. Der Programmauftrag des Österreichischen Rundfunks (ORF) verpflichtet diesen<br />

zur Berücksichtigung <strong>der</strong> Anliegen von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen (§ 4<br />

Abs. 1 Z 10 ORF-G). In den allgemeinen Programmgrundsätzen ist verankert,<br />

dass Sendungen im Hinblick auf ihre Aufmachung und Inhalt die Menschenwürde<br />

an<strong>der</strong>er achten müssen und dabei speziell nicht zu Hass auf Grund von<br />

Rasse, Geschlecht, Alter, Behin<strong>der</strong>ung, Religion und Nationalität aufreizen dürfen<br />

(vgl. § 10 Abs. 1 und 2 ORF-G). Dies gilt auch für Grundsätze für Werbung<br />

(§ 13 Abs. 3 Z 2 ORF-G). Analoges gilt für den Audiovisuellen Medienbereich.<br />

52. Nie<strong>der</strong>österreich und Oberösterreich haben in diesem Bereich vor allem<br />

Maßnahmen im Rahmen von Veranstaltungen gesetzt, etwa durch die Veranstaltung<br />

"Dialog" o<strong>der</strong> einer Tagung zur UN-BRK sowie Fachsymposien, an denen<br />

alle Stakehol<strong>der</strong> teilnahmen. Die Steiermark hat in ihrem Aktionsplan 19<br />

Maßnahmen zur Leitlinie Bewusstseinsbildung und Schulung enthalten. Diese<br />

reichen von Sensibilisierungsworkshops für Bausachverständige über Workshops<br />

zum Thema Gehörlosigkeit bis zu mehr als 20 inklusiven Seminaren für<br />

Zielgruppen wie BürgermeisterInnen, LehrerInnen, Kin<strong>der</strong>gartenpädagogInnen<br />

o<strong>der</strong> einen „Tag <strong>der</strong> Inklusion.“ In Vorarlberg findet Bewusstseinsbildung über<br />

die Kampagne „Chancen Leben“ statt, die seit 2008 die Öffentlichkeit über die<br />

BMASK/IV/A/1 Deutsche Fassung, 18. Juni 2013 10


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Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

Anliegen von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen in allen Lebensbereichen informiert<br />

(www.chancen-leben.at). 2013 liegt <strong>der</strong> Fokus <strong>der</strong> Werbekampagne auf <strong>der</strong><br />

UN-BRK. Konkrete Maßnahmen sind z.B.: Durchführung eines Chancenwettbewerbes<br />

betreffend Ideen zur Umsetzung von Inklusion o<strong>der</strong> Einschaltungen<br />

in den Printmedien und im Radio.<br />

53. Die Nie<strong>der</strong>österreichische Kin<strong>der</strong>- und Jugendanwaltschaft hat im Kin<strong>der</strong> &<br />

Jugend Musiktheater „Kin<strong>der</strong> haben Rechte – o<strong>der</strong> …“ in Kooperation mit <strong>der</strong><br />

Gruppe „Traumfänger – Theater mit Seele“ das Recht auf Schutz vor jeglicher<br />

Diskriminierung zum Thema gemacht. In <strong>der</strong> Steiermark werden im Rahmen<br />

des Aktionsplanes von Menschen mit und ohne Behin<strong>der</strong>ungen im Teamteaching<br />

inklusive Seminare für Landesbedienstete zum Thema Bewusstseinsbildung<br />

durchgeführt. In Wien wurde gemeinsam mit dem Kuratorium für<br />

JournalistInnenausbildung und <strong>der</strong> EU für journalistisch bzw. in <strong>der</strong> Öffentlichkeitsarbeit<br />

tätige MitarbeiterInnen <strong>der</strong> Stadt Wien Diversity-Schulungen durchgeführt.<br />

Ad para 11 – Bauordnungen <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>; barrierefreie öffentliche Gebäude;<br />

Etappenplan Wien<br />

54. Das barrierefreie Planen und Bauen ist in den Bauordnungen <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> verankert.<br />

Diese sehen Mindestanfor<strong>der</strong>ungen für die barrierefreie Gestaltung von<br />

öffentlichen Gebäuden vor, die grundsätzlich auch bei Umbau-, Zubau- und Sanierungsmaßnahmen<br />

einzuhalten sind. Diese Vorgaben beziehen sich dabei<br />

nicht durchgehend auch auf private Gebäude. In Wien ist das barrierefreie Planen<br />

und Bauen seit 1991 in <strong>der</strong> Wiener Bauordnung verankert. Dies gilt seit <strong>der</strong><br />

Bauordnungsnovelle 2004 auch für Zu- und Umbauten, sowie Generalsanierungen.<br />

Im Wiener Antidiskriminierungsgesetz 2010 ist die Verpflichtung zum<br />

Zugang von Leistungen und Angeboten durch öffentliche Einrichtungen ohne<br />

Frist normiert. Für die Umsetzung dieser ambitionierten Vorhaben hat Wien einen<br />

langfristigen Stufenplan vorgesehen, <strong>der</strong> im Jahr 2042 endet.<br />

55. Der Bund hat aufgrund <strong>der</strong> Wirtschafts- und Finanzkrise und <strong>der</strong>en Auswirkungen<br />

auf den Bundeshaushalt im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes 2011 eine<br />

Än<strong>der</strong>ung des Bundes-Behin<strong>der</strong>tengleichstellungsgesetzes dahingehend vorgenommen,<br />

dass beim Etappenplan Bundesbauten die Umsetzung <strong>der</strong> Teiletappenpläne<br />

nicht bis 31.12.2015, son<strong>der</strong>n bis spätestens 31.12.2019 erfolgen<br />

muss. Die einzelnen Bundesministerien setzen ihre Teiletappenpläne aber<br />

unabhängig von dieser Fristverlängerung ohne Aufschub um, sodass in vielen<br />

Fällen keine praktischen Auswirkungen <strong>der</strong> Gesetzesän<strong>der</strong>ung festzustellen<br />

sind.<br />

Ad para 12 – Etappenplan Bundesbauten: lange Übergangsfristen; Prozentsatz<br />

<strong>der</strong> zugänglichen Bundesgebäude<br />

56. Beilage Nr. 3 enthält eine Zusammenstellung betreffend den Umsetzungsstand<br />

des Etappenplanes für Bundesbauten.<br />

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Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

Ad para 13 – Projekt „Barrierefreiheit am Arbeitsplatz“<br />

57. Zu para 113 des Staatenberichtes wird ausgeführt, dass im Rahmen <strong>der</strong> österreichischen<br />

Arbeitsschutzstrategie 2007-2012 ein Projekt zur Barrierefreiheit<br />

am Arbeitsplatz durchgeführt wurde, das Fachleute <strong>der</strong> Prävention in die Lage<br />

versetzen soll, in den Betrieben Barrieren zu erkennen und Maßnahmen zu <strong>der</strong>en<br />

Beseitigung vorzuschlagen. Die Aufgabe <strong>der</strong> Arbeitsinspektion ist es, die<br />

Möglichkeiten in Betrieben zu forcieren, damit Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

eingestellt werden können. Im Zuge des Projekts werden Arbeitsinspektor/innen<br />

geschult, um Arbeitgeber/innen entsprechend beraten zu können.<br />

Durch das Projekt wurde auch die Zusammenarbeit mit dem Bundessozialamt<br />

verstärkt. Im Vorjahr wurden 80 und heuer 20 Arbeitsinspektor/innen entsprechend<br />

ausgebildet. Es wird auch ein Seminar zur vertiefenden Schulung stattfinden.<br />

Eine formelle Evaluierung des Projekts ist nicht geplant.<br />

Ad para 14 – Zugängliche ORF-Programme<br />

58. Es besteht eine gesetzliche Verpflichtung (§ 5 Abs. 2 ORF-G), den Anteil <strong>der</strong> für<br />

hör- und sehbehin<strong>der</strong>te Menschen zugänglich gemachten Sendungen jährlich<br />

gegenüber 2009 durch Maßnahmen wie Gebärdensprache, Untertitelung,<br />

Audiobeschreibung o<strong>der</strong> leicht verständliche Menüführung zu erhöhen. Diese<br />

Verpflichtungen beziehen sich neben dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch<br />

auf den Bereich <strong>der</strong> privaten audiovisuellen Mediendienste (§ 30 Abs. 3 AMD-<br />

G).<br />

59. Im Zuge weiterer Initiativen för<strong>der</strong>t beispielsweise <strong>der</strong> Fernsehfonds Austria<br />

die zusätzliche Herstellung einer Fassung für hör- o<strong>der</strong> sehbehin<strong>der</strong>te Menschen<br />

mit 80 % <strong>der</strong> tatsächlich angefallenen und nachgewiesenen Kosten bzw.<br />

maximal 10.000 €. Weiters sehen die Richtlinien des Privatrundfunkfonds vor,<br />

dass sich <strong>der</strong> För<strong>der</strong>höchstsatz pro Sendung, Sen<strong>der</strong>eihe o<strong>der</strong> Projekt um 5%<br />

erhöht, wenn <strong>der</strong> Fernsehveranstalter nachweist, dass bei <strong>der</strong> Produktion von<br />

Sendungen, Sen<strong>der</strong>eihen o<strong>der</strong> Projekten zusätzliche Kosten für die Untertitelung,<br />

Audiodeskription o<strong>der</strong> Verdolmetschung angefallen sind.<br />

60. Das TELETEXT-Gehörlosenservice wurde weiter ausgebaut (siehe ORF Jahresbericht<br />

2012), und die Ziele des ORF-Etappenplans wurden schrittweise<br />

umgesetzt. Die im Etappenplan für die Untertitelung vorgesehen Erhöhung <strong>der</strong><br />

Quote bis Ende 2012 auf 60% wurde erreicht. Insgesamt wurden in ORF 1 und<br />

ORF 2 mehr als 10.546 Sendestunden untertitelt, das entspricht einer Untertitelungsquote<br />

von 60,03% <strong>der</strong> ausgestrahlten Sendungen und einer Steigerung<br />

um über 8 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr (2011: 51,89%; 9.091<br />

Sendestunden). Monatlich wurden 2012 rund 879 Stunden auf <strong>der</strong> TELETEXT-<br />

Seite 777 mit Untertiteln ausgestrahlt (2011: 757 Stunden).<br />

61. Bei <strong>der</strong> Eigenproduktion hat sich durch den Einsatz <strong>der</strong> Spracherkennung <strong>der</strong><br />

Anteil <strong>der</strong> Live-Untertitelung von 29,4% (2011) auf 30,32% (2012) gesteigert,<br />

z.B. bei Debatten aus dem österreichischen Parlament, wichtigen Sportübertragungen<br />

sowie <strong>der</strong> Übertragung gesellschaftlicher Höhepunkte und Live-Events.<br />

BMASK/IV/A/1 Deutsche Fassung, 18. Juni 2013 12


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Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

62. Der ORF hat im Jahr 2012 insgesamt mehr als 750 Programmstunden audiodeskribiert.<br />

Täglich wurden im Durchschnitt also mehr als zwei Sendestunden<br />

mit speziellem Kommentar für blinde und sehbeeinträchtigte Menschen angeboten.<br />

Der ORF konnte von 2009 bis 2012 das Volumen an audiodeskribierten<br />

Programmen um das mehr als Sechseinhalbfache steigern (2009: 112 Stunden;<br />

2012: 752 Stunden).<br />

Ad para 15 – Internationale Katastrophenhilfe<br />

63. Bei Maßnahmen <strong>der</strong> internationalen Katastrophenhilfe und Entwicklungszusammenarbeit<br />

ist Österreich in die Informations- und Hilfeleistungssysteme auf<br />

bilateraler Ebene mit Nachbarstaaten, <strong>der</strong> Europäischen Union, <strong>der</strong> NATO und<br />

<strong>der</strong> Vereinten Nationen eingebunden. Im Rahmen dieser Hilfeleistungen wird<br />

nicht zwischen Menschen mit o<strong>der</strong> ohne Behin<strong>der</strong>ungen unterschieden. Die bereitgestellten<br />

Hilfen kommen allen Betroffenen gleichermaßen zugute. Alle<br />

Hilfs- und Rettungsmaßnahmen finden immer in enger Abstimmung, insbeson<strong>der</strong>e<br />

mit den anerkannten Hilfs- und Rettungsorganisationen statt, wodurch<br />

zwangsläufig die dort bestehenden „Codes of Conduct“ etc. vollinhaltlich beachtet<br />

und angewandt werden.<br />

64. In Hinblick auf Gefahrensituationen und humanitäre Notlagen ist anzumerken,<br />

dass die Obsorgepflicht für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen dem Österreichischen<br />

Bundesheer seit jeher bei allen Auslandseinsätzen ein Anliegen ist und<br />

diese nicht nur bei Einsätzen zur Katastrophenhilfe wahrgenommen wird.<br />

65. Die humanitäre Hilfe <strong>der</strong> Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit<br />

(OEZA) erfolgt unter <strong>der</strong> Beachtung des Prinzips <strong>der</strong> Nichtdiskriminierung und<br />

richtet sich u.a. fokussiert an kranke und behin<strong>der</strong>te Menschen.<br />

Ad para 16 – Sachwalterschaft bzw. unterstützte Entscheidungsfindung<br />

66. § 268 ABGB bestimmt ausdrücklich, dass die Bestellung eines Sachwalters nur<br />

subsidiär zum Tragen kommt und unzulässig ist, soweit die Angelegenheiten<br />

im Rahmen einer an<strong>der</strong>en Hilfe, z.B. in <strong>der</strong> Familie, in Pflegeeinrichtungen, in<br />

Einrichtungen <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe etc. im erfor<strong>der</strong>lichen Ausmaß besorgt werden<br />

können. Analoges gilt, soweit eine Vorsorgevollmacht o<strong>der</strong> eine Patientenverfügung<br />

vorliegt o<strong>der</strong> nächste Angehörige die betroffene Person in Angelegenheiten<br />

des täglichen Lebens vertreten (§ 284b ABGB).<br />

67. Die Bestellung eines Sachwalters erfolgt immer nur in jenen Angelegenheiten,<br />

in denen die betroffene Person einer Vertretung bedarf. Eine Bestellung für<br />

alle Angelegenheiten soll somit die Ausnahme darstellen und nur dann erfolgen,<br />

wenn dies unvermeidlich ist (§ 268 Abs. 3 ABGB). Ebenso sind die Wünsche<br />

und Bedürfnisse <strong>der</strong> betroffenen Person bei Auswahl des Sachwalters beson<strong>der</strong>s<br />

zu berücksichtigen.<br />

68. Über die bestehenden Unterstützungsangebote hinaus startet 2013 ein auf zwei<br />

Jahre angelegtes Modellprojekt „Unterstützte Entscheidungsfindung“. Mit<br />

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Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

dem Instrument <strong>der</strong> „Sozialen Gruppenkonferenz“ und unter Mithilfe eines Koordinators<br />

soll für betroffene Personen ein Unterstützerkreis gefunden werden,<br />

<strong>der</strong> sie in die Lage versetzt, in bestimmten Angelegenheiten selbständig eine<br />

Entscheidung zu treffen. Bei <strong>der</strong> Erarbeitung werden betroffene Personen<br />

(Selbstvertreter) in die Verhandlungen (mit <strong>der</strong> entsprechenden Unterstützung)<br />

einbezogen.<br />

69. Grundsätzlich wird darüber hinaus 2013/2014 das Institut <strong>der</strong> Sachwalterschaft<br />

eingehen<strong>der</strong> beleuchtet und allenfalls überarbeitet.<br />

Ad para 17 – Patientenanwälte/innen<br />

70. Die Rolle <strong>der</strong> Patientenanwälte/innen hat sich seit dem österreichischen Staatenbericht<br />

nicht geän<strong>der</strong>t. Der Rechtsschutz für Patientinnen und Patienten im<br />

Vollzug <strong>der</strong> Unterbringung wurde durch die Unterbringungs- und Heimaufenthaltsnovelle<br />

2010 erweitert. Inhaltlich geht es dabei um über die Beschränkung<br />

<strong>der</strong> Bewegungsfreiheit hinausgehende Rechtsbeschränkungen. Es wurde eine<br />

neue Generalklausel über die „Beschränkung sonstiger Rechte“ aufgenommen.<br />

71. Als Beispiele solcher Rechtsbeschränkungen werden die Rechte auf Tragen<br />

von Privatkleidung, Gebrauch persönlicher Gegenstände und Ausgang ins Freie<br />

demonstrativ aufgezählt. Eingriffe in solche "sonstigen Rechte" sind nur zulässig,<br />

wenn sie entwe<strong>der</strong> zur Abwehr einer Gefahr im Sinn des § 3 Z 1 UbG<br />

o<strong>der</strong> zum Schutz <strong>der</strong> Rechte an<strong>der</strong>er Personen in <strong>der</strong> psychiatrischen Abteilung<br />

unerlässlich sind und zu ihrem Zweck nicht außer Verhältnis stehen. Das Unterbringungsgericht<br />

hat unverzüglich über die Zulässigkeit von Beschränkungen<br />

zu entscheiden.<br />

72. Die Rechtfertigungsgründe für Beschränkungen sonstiger Rechte wurden<br />

durch eine Än<strong>der</strong>ung des § 34 Abs. 2 UbG auch in die Regelung von Beschränkungen<br />

des Verkehrs mit <strong>der</strong> Außenwelt (Besuchs- und Telefonverkehr) übernommen.<br />

Im Eigeninteresse des Patienten dürfen diese Beschränkungen künftig<br />

nur mehr stattfinden, wenn dadurch eine ernste und erhebliche Selbstgefährdung<br />

abgewehrt wird; an<strong>der</strong>erseits können diese Rechte aber künftig auch<br />

zum Schutz <strong>der</strong> Rechte an<strong>der</strong>er Personen (und zur Abwehr einer Fremdgefährdung)<br />

eingeschränkt werden. Zu denken ist dabei z.B. daran, dass das Telefonieren<br />

während <strong>der</strong> Nachtzeit untersagt wird, um die Nachtruhe <strong>der</strong> Mitpatienten<br />

zu schützen, o<strong>der</strong> dass einem Patienten sein Handy abgenommen wird,<br />

weil dieser damit die Intimsphäre an<strong>der</strong>er Patienten verletzende Fotos anfertigt.<br />

Der Eingriff wird auf diese Weise aber nur zu rechtfertigen sein, wenn die beeinträchtigten<br />

Rechte an<strong>der</strong>er Personen in einer Interessenabwägung überwiegen<br />

und nicht auf an<strong>der</strong>e Weise geschützt werden können. Zur Wahrung <strong>der</strong><br />

Verhältnismäßigkeit muss stets <strong>der</strong> geringstmögliche Eingriff gewählt werden.<br />

73. In den Bundeslän<strong>der</strong>n sind eigene unabhängige und weisungsfreie Patientenund<br />

Pflegevertretungen eingerichtet. Mit einer Novelle zum Nie<strong>der</strong>österreichischen<br />

Sozialhilfegesetz 2000 im Jahre 2012 wurde <strong>der</strong> Aufgabenbereich <strong>der</strong><br />

Nie<strong>der</strong>österreichischen Pflege- und Patientenanwaltschaft erweitert und ein Be-<br />

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Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

schwerdemanagement installiert, um auf Beschwerden über jede Form von<br />

Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch in Einrichtungen für Menschen mit beson<strong>der</strong>en<br />

Bedürfnissen reagieren zu können. Regelmäßige Berichtslegung an die<br />

Landesregierungen- und Landtage sowie <strong>der</strong> durch die Volksanwaltschaft des<br />

Bundes sichergestellte Präventionsmechanismus nach Artikel 16 Absatz 3 UN-<br />

BRK stellen auf regionaler Ebene ein hohes Rechtsschutzniveau für die betroffenen<br />

Menschen in Krankenanstalten und Heimen sicher.<br />

Ad para 18 – Menschenrechtstraining; Schutz Min<strong>der</strong>jähriger in zivilgerichtlichen<br />

Verfahren<br />

74. Die Ausbildung von Richter/-innen und Staatsanwält/innen umfasst auch<br />

Fortbildungen zu den Themen Grund- und Menschenrechte, einschließlich<br />

Gleichbehandlungs- und Antidiskriminierungsrecht. Zudem veranstaltet die Justiz<br />

laufend Fortbildungsveranstaltungen, wie beispielsweise das Seminar<br />

„Gleichbehandlungsrecht“, das unter an<strong>der</strong>em auch Diskriminierungen von<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen behandelt. Schließlich besteht zur weiteren Sensibilisierung<br />

die Möglichkeit, an einschlägigen Fortbildungsprogrammen ausländischer<br />

Veranstalter (z.B. ERA u.a.) teilzunehmen, um so das Thema auch aus<br />

einem internationalen Blickwinkel betrachten und erörtern zu können.<br />

75. Zur Aus- und Fortbildung <strong>der</strong> Bediensteten des Strafvollzuges wird angemerkt,<br />

dass bei Vorliegen von Behin<strong>der</strong>ungen o<strong>der</strong> altersbedingten körperlichen Einschränkungen<br />

von den Gerichten individuell geprüft wird, wie eine bestmögliche<br />

Versorgung gewährleistet werden kann. In dem Zusammenhang sind die Son<strong>der</strong>krankenanstalten<br />

<strong>der</strong> Justizanstalten Stein (Nie<strong>der</strong>österreich) und Wien-<br />

Josefstadt anzuführen. Im Rahmen <strong>der</strong> Aus- und Fortbildung werden Menschenrechte<br />

grundsätzlich als Querschnittsmaterie aufgefasst. Im Jahr 2010<br />

wurde im Rahmen <strong>der</strong> Fortbildung eine größere Gruppe von Strafvollzugsbediensteten<br />

zu Menschenrechtstrainer/-innen ausgebildet.<br />

76. Zur Kritik betreffend para 155 des CRPD-Staatenberichtes wird darauf hingewiesen,<br />

dass § 289b ZPO die Vernehmung von Min<strong>der</strong>jährigen im Zivilverfahren<br />

regelt. Eine Untersuchung (auf die <strong>der</strong> Begriff „examination“ in Abs. 155<br />

des Berichts möglicherweise auch hindeutet) des Min<strong>der</strong>jährigen findet im Zusammenhang<br />

mit dieser Bestimmung nicht statt. Die Bestimmung ist grundsätzlich<br />

außerdem auf alle min<strong>der</strong>jährigen Parteien im Zivilverfahren anwendbar,<br />

unabhängig ob es sich um Min<strong>der</strong>jährige mit Behin<strong>der</strong>ungen handelt o<strong>der</strong> nicht.<br />

77. § 289b ZPO sieht ein abgestuftes Instrumentarium vor, um Min<strong>der</strong>jährige vor<br />

belastenden Vernehmungssituationen zu schützen. Bei <strong>der</strong> Beurteilung dieser<br />

Frage sind die geistige Reife, <strong>der</strong> Gegenstand <strong>der</strong> Vernehmung und ihr Naheverhältnis<br />

zu den Prozessparteien als maßgebliche Kriterien heranzuziehen.<br />

Zum Schutz Min<strong>der</strong>jähriger sieht das Gesetz das teilweise o<strong>der</strong> gänzliche Absehen<br />

von <strong>der</strong> Vernehmung o<strong>der</strong> die Möglichkeit <strong>der</strong> abgeson<strong>der</strong>ten Vernehmung<br />

(Wort- und Bildübertragung) sowie die Beiziehung eines geeigneten<br />

Sachverständigen vor, bei dem es sich um einen fachlich einschlägig ausgebildeten<br />

Experten handelt, <strong>der</strong> die Vernehmungssituation möglichst schonend gestalten<br />

soll und dabei auch die Aufgabe übernimmt, die Fragen des Gerichts<br />

BMASK/IV/A/1 Deutsche Fassung, 18. Juni 2013 15


UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention: Staatenprüfung Österreichs;<br />

Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Parteien kindgerecht und den beson<strong>der</strong>en Bedürfnissen angepasst an<br />

den Min<strong>der</strong>jährigen zu richten. Gründe, weshalb diese Aufgabe durch mehr als<br />

einen Sachverständigen (besser) bewältigt werden könnte, sind nicht ersichtlich.<br />

78. § 289 Abs. 3 ZPO sieht überdies vor, dass bei <strong>der</strong> Vernehmung Min<strong>der</strong>jähriger<br />

immer dann, wenn es in ihrem Interesse gelegen ist, eine Vertrauensperson<br />

beizuziehen ist, unabhängig davon, ob die Öffentlichkeit im Verfahren ausgeschlossen<br />

ist und ob <strong>der</strong> Min<strong>der</strong>jährige als Partei o<strong>der</strong> als Zeuge befragt wird.<br />

Diese Bestimmung will dem Min<strong>der</strong>jährigen in <strong>der</strong> Vernehmungssituation eine<br />

psychologische Stütze verschaffen und auf diese Weise dazu beitragen, eine<br />

allenfalls dabei auftretende psychische Belastung zu reduzieren.<br />

79. Nach dem Unterbringungsgesetz - und in Hinblick auf para 143 - 145 des<br />

Staatenberichtes - ist im Falle einer Unterbringung unverzüglich ein Patientenanwalt<br />

zu verständigen. VertreterInnen nach dem Vereinssachwalter-, Patientenanwalts-<br />

und Bewohnervertretergesetz werden für die ohne Verlangen untergebrachten<br />

Kranken kraft Gesetzes Vertreter und haben insbeson<strong>der</strong>e auf<br />

die Wahrung <strong>der</strong> verankerten Rechte, z.B. <strong>der</strong> Bewegungsfreiheit, auf den<br />

Verkehr mit <strong>der</strong> Außenwelt und die ärztliche Behandlung zu achten. Dadurch<br />

wird die Geschäftsfähigkeit des Kranken jedoch nicht beschränkt. Die Person ist<br />

über beabsichtigte Vertretungshandlungen und wichtige Angelegenheiten o<strong>der</strong><br />

Maßnahmen zu unterrichten und den Wünschen des Kranken ist zu entsprechen,<br />

soweit dies dessen Wohl nicht offenbar abträglich und dem Patientenanwalt<br />

zumutbar ist.<br />

80. Zu para 160 des Staatenberichtes ist auszuführen, dass die Seminarreihe „A<br />

World of Difference“ für alle Exekutivbediensteten verpflichtend ist. Sie beschäftigt<br />

sich mit den unterschiedlichen Formen von personeller und institutioneller<br />

Diskriminierung und soll den vorurteilsfreien Umgang mit Angehörigen<br />

diskriminierungsgefährdeter Gruppen, auch Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen, för<strong>der</strong>n.<br />

Ad para 19 – Anhaltepraktiken nach dem Unterbringungsgesetz und dem Heimaufenthaltsgesetz<br />

81. Zur Kritik des CPT an freiheitsbeschränkenden Maßnahmen und den diesbezüglichen<br />

starken Unterschieden bei <strong>der</strong> „Rechtsanwendungskultur“ ist primär<br />

auf die Unabhängigkeit <strong>der</strong> Rechtsprechungsorgane zu verweisen. Die Verabreichung<br />

sedieren<strong>der</strong> Arzneimittel an Bewohner ohne <strong>der</strong>en gültige Zustimmung<br />

kann jedoch eine Freiheitsbeschränkung nach § 3 Abs. 1 Heimaufenthaltsgesetz<br />

(HeimAufG) darstellen. Eine Freiheitsbeschränkung durch medikamentöse<br />

Maßnahmen liegt dann vor, wenn die Behandlung die Dämpfung o<strong>der</strong> Unterbindung<br />

des Bewegungsdrangs bezweckt, und zwar auch dann, wenn sie dies<br />

nur mitbezweckt. Auch die therapeutische Indikation einer Medikamentenverabreichung<br />

kann <strong>der</strong>en Qualifikation als Freiheitsbeschränkung nicht ausschließen.<br />

Nur wenn die Unterbindung des Bewegungsbedürfnisses eine unvermeidliche<br />

Nebenwirkung eines an<strong>der</strong>en therapeutischen Zwecks darstellt, sind Medikamente<br />

nicht als physische Mittel zur Freiheitsbeschränkung zu betrachten.<br />

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Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

82. In einem mehrjährigen Arbeits- und Verhandlungsprozess haben sich Bewohnervertreter/-innen,<br />

Heimleiter/-innen, Mediziner/-innen, Angehörige des gehobenen<br />

Dienstes <strong>der</strong> Gesundheits- und Krankenpflege sowie Mitarbeiter/-innen<br />

<strong>der</strong> Ärztekammer mit dem Thema „Umgang mit medikamentösen Freiheitsbeschränkungen“<br />

beschäftigt. Ergebnis dieses Prozesses ist ein veröffentlichtes<br />

"Manual - Erläuterungen zur medikamentösen Freiheitsbeschränkung" (abgedruckt<br />

in FamZ 2011, 319) welches in <strong>der</strong> Praxis gut aufgenommen wurde.<br />

Damit wurde auch <strong>der</strong> Empfehlung des Europäischen Komitees zur Verhütung<br />

von Folter und unmenschlicher o<strong>der</strong> erniedrigen<strong>der</strong> Behandlung o<strong>der</strong> Strafe<br />

(Committee for the Prevention of Torture – CPT) nachgekommen (siehe CPT-<br />

Bericht 2010).<br />

83. Der Verwendung von Netzbetten wird von Seiten <strong>der</strong> Patientenanwälte, <strong>der</strong><br />

Bewohnervertreter/innen und <strong>der</strong> Volksanwaltschaft vehement entgegengetreten<br />

und auf <strong>der</strong>en Vermeidung gedrängt. Der Sachwalter kann nach § 283 Abs.<br />

2 ABGB einer Behandlung, die mit einer schweren o<strong>der</strong> nachhaltigen Beeinträchtigung<br />

<strong>der</strong> körperlichen Unversehrtheit o<strong>der</strong> Persönlichkeit verbunden ist,<br />

nur dann zustimmen, wenn ein vom behandelnden Arzt unabhängiger Arzt in<br />

einem ärztlichen Zeugnis bestätigt, dass <strong>der</strong> Betroffene nicht über die erfor<strong>der</strong>liche<br />

Einsichts- und Urteilsfähigkeit verfügt und die Vornahme zur Wahrung des<br />

Wohles <strong>der</strong> betroffenen Person erfor<strong>der</strong>lich ist. Wenn ein solches Zeugnis nicht<br />

vorliegt, bedarf die Zustimmung des Sachwalters <strong>der</strong> Genehmigung des Gerichts.<br />

Der Sachwalter muss jedenfalls zur Besorgung dieser Angelegenheiten<br />

bestellt sein. Unter diese Bestimmung kann auch die Einnahme von Medikamenten<br />

(wenn sie etwa mit einer Hemmung <strong>der</strong> geistigen o<strong>der</strong> intellektuellen<br />

Fähigkeit einhergehen) fallen.<br />

84. Die Empfehlungen des CPT betreffend zweier Anstalten in <strong>der</strong> Steiermark<br />

nehmen die österreichischen Behörden, einschließlich <strong>der</strong> Volksanwaltschaft,<br />

sehr ernst, und sie dienen als Grundlage für weitere konkrete Schritte.<br />

Ad para 20 – Gewaltprävention in Großeinrichtungen<br />

85. Es besteht eine Befugnis <strong>der</strong> Bewohnervertreter (§ 9 Abs. 3 HeimAufG), den<br />

zuständigen Behörden die von ihr in Ausübung ihrer Tätigkeit gemachten<br />

Wahrnehmungen mitzuteilen. Mit § 281 Abs. 4 ABGB wird sichergestellt, dass<br />

das Gericht je<strong>der</strong>zeit, bei Gefährdung des Wohls <strong>der</strong> betroffenen Person, die<br />

zur Sicherung des Wohles nötigen Verfügungen zu treffen hat.<br />

86. Im Zuge <strong>der</strong> Betreuung von Insassinnen und Insassen in Justizanstalten wie in<br />

<strong>der</strong> Nachbetreuung von bedingt, mit Bewährungsauflage entlassenen Insassinnen<br />

und Insassen werden Anti-Gewalt-Trainings (AGT) von <strong>der</strong> Justiz finanziert.<br />

Dabei kommen u.a. folgende Methoden zur Anwendung: Sexualtherapeutische<br />

Programme für Sexualtäter, Einzelpsychotherapie, themenzentrierte Gruppentherapie<br />

und Gruppenarbeit, Trainingsprogramm gegen gewalttätiges Verhalten<br />

in Beziehungen o<strong>der</strong> psycho-dynamisch orientierte Therapiemodelle.<br />

87. Die Volksanwaltschaft verfügt über mehrere Instrumente zum Schutz vor Ausbeutung,<br />

Gewalt und Missbrauch. Seit Juli 2012 besteht ein verfassungsgesetz-<br />

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Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

liches Mandat zum Schutz und zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Menschenrechte, insbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>der</strong> physischen und psychischen Integrität. Übertragen wurden ihr damit<br />

gleichzeitig die Aufgabe <strong>der</strong> unabhängigen Behörde gemäß Art. 16/3 UN-BRK<br />

sowie des Nationalen Präventionsmechanismus gemäß Art. 3 und Art. 4 OP-<br />

CAT.<br />

88. Danach kann die Volksanwaltschaft im Unterschied zu an<strong>der</strong>en Kontrollinstitutionen,<br />

wie Patientenanwälten o<strong>der</strong> Bewohnervertretern, je<strong>der</strong>zeit unabhängige<br />

und unangekündigte Kontrollen, also präventive menschenrechtliche Kontrollen<br />

in Einrichtungen und Programmen, die für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

bestimmt sind sowie an Orten <strong>der</strong> Freiheitsentziehung durchführen.<br />

89. Der Prüfbereich umfasst neben <strong>der</strong> Verhin<strong>der</strong>ung von Folter, grausamer, unmenschlicher,<br />

erniedrigen<strong>der</strong> Behandlung o<strong>der</strong> Strafe die Vorbeugung von<br />

Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch von bzw. an Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

und ist deshalb weit gefasst. Für die Beurteilung ist von Bedeutung, ob<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung als Träger von Rechten wahrgenommen werden<br />

und ob es gelingt, Segregation und Diskriminierungen zu verhin<strong>der</strong>n und Barrieren<br />

abzubauen.<br />

90. Zur Ausübung des neuen Mandats hat die Volksanwaltschaft sechs Kommissionen<br />

eingerichtet, die den Volksanwältinnen bzw. Volksanwälten Bericht erstatten<br />

und Verbesserungsvorschläge bezüglich <strong>der</strong> Durchsetzung menschenrechtlicher<br />

Garantien einbringen. Aus über 700 Bewerbungen wurden 48 Mitglie<strong>der</strong><br />

in die Kommissionen berufen, die ein breites berufliches Spektrum repräsentieren.<br />

Lei<strong>der</strong> haben sich nur wenige Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen beworben.<br />

Die Volksanwaltschaft hat deshalb aber Peer Counseling in den Kommissionen<br />

etabliert. Grundgedanke ist es, Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung zu animieren,<br />

eigene Sichtweisen und Problemlösungen zu entwickeln und sie in ihrem<br />

Selbstwertgefühl zu stärken („Betroffene beraten Betroffene“) und gleichzeitig<br />

die Kommissionen <strong>der</strong> Volksanwaltschaft bei <strong>der</strong> Wahrnehmung von<br />

Problemen aus Sicht <strong>der</strong> Betroffenen zu sensibilisieren. Weiters wird darauf geachtet,<br />

dass bei Bedarf Personen, die Erfahrung in nonverbaler bzw. gestützter<br />

Kommunikation haben, die Kommissionsmitglie<strong>der</strong> begleiten. Zusätzlich haben<br />

die Kommissionen die Möglichkeit, Dolmetscher zu Besuchen mitzunehmen.<br />

91. Die objektive Einschätzung <strong>der</strong> Lebensbedingungen von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Kommissionen basiert auf Standards, die sich an den Leitideen<br />

Normalisierung, Integration, Selbstbestimmung, Partizipation und Inklusion sowie<br />

den Rechten behin<strong>der</strong>ter Menschen orientieren.<br />

92. Für die Erfüllung ihrer Aufgaben wird die Volksanwaltschaft auch durch den neu<br />

eingerichteten Menschenrechtsbeirat unterstützt. Dieser berät die Mitglie<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Volksanwaltschaft bei <strong>der</strong> Festlegung genereller Prüfschwerpunkte und vor<br />

<strong>der</strong> Erstattung von Missstandsfeststellungen und Empfehlungen. Der Beirat<br />

macht Vorschläge, wie einheitliche Vorgehensweisen und Prüfstandards gewährleistet<br />

werden können und er hat ein Anhörungsrecht bei <strong>der</strong> Bestellung<br />

<strong>der</strong> Kommissionsmitglie<strong>der</strong>. Die Zivilgesellschaft wurde bei <strong>der</strong> Besetzung intensiv<br />

einbezogen, um dadurch eine möglichst hohe Ausgewogenheit des Menschenrechtsbeirats<br />

zu gewährleisten. Die Mitglie<strong>der</strong> sind Menschenrechtsexper-<br />

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ten, von Bundesministerien und NGOs vorgeschlagen und von <strong>der</strong> Volksanwaltschaft<br />

bestellt.<br />

93. Der Menschenrechtsbeirat hat <strong>der</strong> Volksanwaltschaft nahegelegt, in <strong>der</strong> ersten<br />

Phase <strong>der</strong> präventiven Kontrolltätigkeit gem. Art. 16/3 UN-BRK den Fokus<br />

auf Einrichtungen und Programme zu richten, die speziell für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

vorgesehen sind (Wohnheime, Werkstätten, Son<strong>der</strong>kin<strong>der</strong>gärten,<br />

Son<strong>der</strong>schulen, Horte und Internate, therapeutische Einrichtungen speziell für<br />

behin<strong>der</strong>te Menschen, Projekte und Maßnahmen <strong>der</strong> Berufsqualifizierung, Beschäftigungstherapie,<br />

Behin<strong>der</strong>tenfahrtendienste etc.), weil in solchen Institutionen<br />

ein erhöhtes Gewalt- und Missbrauchsrisiko besteht. Alle sechs Kommissionen<br />

untersuchen in solchen Einrichtungstypen im Jahr 2013 speziell, inwieweit<br />

Gewaltschutz und Gewaltprävention in Leitkonzepten implementiert und Gewaltschutzbeauftragte<br />

eingerichtet wurden bzw. in welchem Maße Partizipation<br />

gelebt und Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung in Entscheidungen einbezogen werden.<br />

94. Begleitet wird die Volksanwaltschaft durch Expertinnen und Experten des Europarates,<br />

die als Trainerinnen und Trainer zur Verfügung standen. Erste Ergebnisse<br />

dieser Schwerpunktprüfungen werden im September 2013 vorliegen.<br />

95. Neben den präventiven Kontrollen wird <strong>der</strong> Schutz vor Ausbeutung, Gewalt und<br />

Missbrauch durch die klassischen, nachprüfenden Kompetenzen <strong>der</strong> Volksanwaltschaft<br />

geför<strong>der</strong>t. Betroffene– Staatsbürger und Fremde – können sich über<br />

Missstände beschweren. Diese kann daraufhin Prüfungsverfahren einleiten<br />

und als Resultat Missstände feststellen, Empfehlungen an oberste Organe <strong>der</strong><br />

Verwaltung formulieren sowie in Berichten an den Nationalrat und die meisten<br />

Landtage Missstände und Rechtsverletzungen öffentlich kritisieren.<br />

96. Nach dem Verbrechensopfergesetz liegen keine Daten über Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ungen vor, die Opfer eines Verbrechens werden.<br />

97. Die Län<strong>der</strong> achten im Rahmen ihrer Fachaufsicht beson<strong>der</strong>s auf Rahmenbedingungen,<br />

die das Risiko von (sexuellen) Übergriffen minimieren können und<br />

treffen verschiedene Maßnahmen. Beispielsweise wird in Tirol und Oberösterreich<br />

an einem Stufenplan zur Dislozierung von Großeinrichtungen in kleine, an<br />

unterschiedlichen Orten angesiedelte Einheiten gearbeitet. In Oberösterreich<br />

wurde zur Qualitätssicherung das Gütesiegel "Sexualität und Beeinträchtigung"<br />

entwickelt. Die Fach- und Beratungsstelle Senia widmet sich dem Thema Sexualität<br />

und Beeinträchtigung. In Nie<strong>der</strong>österreich wurde 2010 das „Handbuch<br />

für den Umgang mit Gefährdungseinschätzung bei Verdacht auf Gewalt o<strong>der</strong><br />

Vernachlässigung bei Menschen mit geistiger und/o<strong>der</strong> mehrfacher Behin<strong>der</strong>ung“<br />

erstellt. Die Steiermark hat im Rahmen des Aktionsplans einen „Verhaltenskodex<br />

für Mitarbeiterinnen aller Einrichtungen <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe“ entwickelt<br />

und bietet Schulungen zum Thema Gewaltschutz für Personal im Behin<strong>der</strong>tenbereich<br />

an.<br />

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Ad para 21 – Sachwalterbewilligungen für medizinische Eingriffe<br />

98. Eine Person, die einsichts- und urteilsfähig ist, kann nur selbst in medizinische<br />

Behandlungen einwilligen (§ 283 Abs. 1 ABGB). Ist ein Sachwalter bestellt,<br />

kann dieser nur unter den oben zu para 19 dargelegten Voraussetzungen zustimmen.<br />

Unabhängig von <strong>der</strong> Schwere <strong>der</strong> Behandlung braucht die Zustimmung<br />

des Sachwalters eine gerichtliche Genehmigung, wenn die Person zu<br />

erkennen gibt, dass sie die Behandlung ablehnt. Das Gericht kann sich nur<br />

dann über diese Haltung hinwegsetzen, wenn das Unterbleiben <strong>der</strong> Behandlung<br />

mit gewichtigen gesundheitlichen Nachteilen verbunden ist.<br />

99. Von diesen Voraussetzungen kann nur abgesehen werden, wenn die Behandlung<br />

so dringend notwendig ist, dass <strong>der</strong> mit Einholung <strong>der</strong> Einwilligung verbundene<br />

Aufschub das Leben <strong>der</strong> betroffenen Person gefährden würde o<strong>der</strong><br />

mit <strong>der</strong> Gefahr einer schweren Schädigung <strong>der</strong> Gesundheit verbunden wäre.<br />

100. Für den Bereich des Straf- und Maßnahmenvollzuges ist zu erwähnen, dass die<br />

Möglichkeit einer medizinischen Zwangsuntersuchung und Zwangsbehandlung<br />

auf Untersuchungshäftlinge und Strafgefangene beschränkt ist.<br />

Zwangsuntersuchungen und zwangsweise medizinische Heilbehandlungen<br />

müssen aus medizinischer Sicht unbedingt erfor<strong>der</strong>lich sein, sie dürfen nicht mit<br />

Lebensgefahr verbunden sein und sie müssen dem Strafgefangenen auch<br />

sonst zumutbar sein. Vor je<strong>der</strong> zwangsweisen Behandlungsmaßnahme ist - außer<br />

bei Gefahr im Verzug – die Zustimmung des Bundesministeriums für Justiz<br />

einzuholen. In <strong>der</strong> Praxis liegt <strong>der</strong> ausschließliche Anwendungsbereich für<br />

zwangsweise medizinische Behandlungen in <strong>der</strong> Verabreichung von Depotinjektionen<br />

von Psychopharmaka.<br />

Ad para 22 – Sterilisationen und Abtreibung ohne Einwilligung <strong>der</strong> Betroffenen<br />

101. Seit <strong>der</strong> Erstellung des ersten Staatenberichts Österreichs zur Umsetzung <strong>der</strong><br />

UN-BRK im Jahr 2010 wurde durch die organisatorischen Vorkehrungen für den<br />

Nationalen Präventionsmechanismus (NPM) nach Artikel 16 Abs. 3 UN-BRK<br />

(siehe para 20) eine Kontrolle von Missbrauchsfällen geschaffen: In jenen<br />

seltenen Fällen, in denen eine Sterilisation rechtlich zulässig ist, muss <strong>der</strong><br />

Sachwalter zustimmen, und zusätzlich muss das Gericht den Eingriff genehmigen.<br />

Die Volksanwaltschaft kann je<strong>der</strong>zeit den Fall kontrollierend prüfen. Den<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n sind in den letzten drei Jahren keine Fälle von Zwangssterilisationen<br />

bekannt.<br />

Ad para 23 – Budgetmäßige Vorkehrungen für Pflege und soziale Sicherheit<br />

102. Zur Frage <strong>der</strong> Budgetausgaben für stationäre und ambulante Dienste geben<br />

die Län<strong>der</strong> folgende Daten bekannt:<br />

103. Burgenland gab 2012 € 37.595.943 für Maßnahmen <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe aus.<br />

Aufgeglie<strong>der</strong>t sind das für 2012 Einglie<strong>der</strong>ungsmaßnahmen in Höhe von €<br />

7.503.713, für Geschützte Arbeit € 641.780, für Beschäftigungstherapie und<br />

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Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

Wohnen € 26.900.294, für Lebensunterhalt und persönliche Hilfen € 2.501.155<br />

und für Sonstiges € 49.000.<br />

104. Nie<strong>der</strong>österreich stellte 2012 € 158 Mio. für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen bereit,<br />

davon ca. 140 Mio. für institutionalisierte Einrichtungen.<br />

105. Oberösterreich hatte 2012 Leistungen für Persönliche Assistenz (214 Personen)<br />

in Höhe von € 5.874.539, für Mobile Betreuung und Hilfe (1.300 Personen)<br />

in Höhe von € 8.613.645 und für voll- o<strong>der</strong> teilzeitbetreutes Wohnen in Einrichtungen<br />

(4.135 Personen) in Höhe von € 177.030.725 aufgebracht.<br />

106. Tirol stellte 2012 € 130.897.488 bereit. Der Großteil des Betrages wurde für<br />

Leistungen gezahlt, die von Institutionen erbracht wurden. Etwa 1,25 % erhielten<br />

Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen direkt in Form von Geldzuschüssen.<br />

107. Ziel des Mitte 2011 in Kraft getretenen Pflegefondsgesetzes war die Errichtung<br />

eines Pflegefonds, um Län<strong>der</strong> und Gemeinden bei <strong>der</strong> Finanzierung sozialer<br />

Dienstleistungen für ältere und pflegebedürftige Menschen zu unterstützen.<br />

Der Fonds gewährt Zweckzuschüsse im Ausmaß von insgesamt € 685 Mio. an<br />

die Län<strong>der</strong> zur teilweisen Abdeckung des Aufwands für die Sicherung sowie<br />

den bedarfsgerechten Aus- und Aufbau des Betreuungs- und Pflegedienstleistungsangebotes<br />

in <strong>der</strong> Langzeitpflege für die Jahre 2012 bis 2014. Noch im<br />

Jahr 2013 ist die Novellierung des Pflegefondsgesetzes geplant, wodurch <strong>der</strong><br />

Fonds in den Jahren 2015 und 2016 in Summe mit € 650 Mio. gespeist wird<br />

und die Finanzierung von innovativen Modellen und Projekten in <strong>der</strong> Pflege und<br />

Betreuung geför<strong>der</strong>t wird, wie zum Beispiel mobile (Kin<strong>der</strong>-) Hospiz- und Palliativversorgung,<br />

Angebote zur Alltagsbegleitung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Einsatz von Ambient<br />

Assistant Living Systemen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Ausbau von<br />

Case- und Care-Management. Bereits 2013 wurde das so genannte „Fachkräftestipendium“<br />

eingeführt. Dieses ermöglicht es gering und mittel qualifizierten<br />

ArbeitnehmerInnen und Personen, die sich nicht in Beschäftigungsverhältnissen<br />

befinden, sich zu Facharbeitskräften in Mangelberufen und zu Pflegekräften<br />

ausbilden zu lassen.<br />

108. Als Beitrag zur Abdeckung jener Kosten, die für notwendige Ersatzpflege entstehen,<br />

können nahe Angehörige von pflegebedürftigen Menschen Zuwendungen<br />

im Ausmaß von 1.200 € bis 2.200 € pro Kalen<strong>der</strong>jahr erhalten, wenn sie die<br />

zu pflegende Person seit mindestens einem Jahr überwiegend pflegen und wegen<br />

Krankheit, Urlaub o<strong>der</strong> aus sonstigen wichtigen Gründen an <strong>der</strong> Erbringung<br />

<strong>der</strong> Pflege verhin<strong>der</strong>t sind. Im Jahr 2012 wurden 8.265 Anträge vom Bundessozialamt<br />

bewilligt und rd. 9,6 Mio. € an Zuwendungen gewährt. (s. Beilage Nr.<br />

4).Im Rahmen <strong>der</strong> „Qualitätssicherung in <strong>der</strong> häuslichen Pflege“ erfolgten seit<br />

<strong>der</strong> Einführung dieser Qualitätssicherungsmaßnahme im Jahr 2001 insgesamt<br />

bereits mehr als 120.000 Hausbesuche, rund 20.300 davon im Jahr 2012. Ob<br />

<strong>der</strong> positiven Erfahrungen wird daran auch 2013 festgehalten. Mit den seitens<br />

des Forschungsinstitutes für Altersökonomie <strong>der</strong> Wirtschaftsuniversität Wien<br />

entwickelten neuen Qualitätsindikatoren wird die Qualität <strong>der</strong> häuslichen Pflege<br />

anhand objektiver und intersubjektiv nachvollziehbarer Parameter beurteilt.<br />

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109. Zur besseren Vereinbarkeit von beruflichen und familiären Verpflichtungen ist<br />

mit 1. Jänner 2014 die Einführung einer Pflegekarenz und Pflegeteilzeit<br />

geplant. Aufgrund des aus <strong>der</strong> Pflegekarenz und Pflegeteilzeit resultierenden<br />

Entfalls des Erwerbseinkommens wird neben arbeitsrechtlichen Absicherungen<br />

zur finanziellen Unterstützung ein Pflegekarenzgeld als Einkommensersatz<br />

normiert. Als sozialversicherungsrechtliche Begleitmaßnahme zur<br />

Sicherstellung <strong>der</strong> Betreuung und Pflege von nahen Angehörigen sollen alle<br />

Bezieher/innen von Pflegekarenzgeld in den Schutzbereich <strong>der</strong><br />

Sozialversicherung aufgenommen werden, wobei die Beiträge zu diesen<br />

Versicherungen zur Gänze aus Mitteln <strong>der</strong> öffentlichen Hand getragen werden<br />

sollen. Des Weiteren sollen Zeiträume des Bezuges von Pflegekarenzgeld die<br />

Rahmenfrist für die Beurteilung <strong>der</strong> Anwartschaft auf Arbeitslosengeld<br />

erstrecken, damit niemand wegen <strong>der</strong> Pflegekarenz einen Anspruch auf<br />

Arbeitslosengeld verlieren kann. Mit diesen Maßnahmen soll insbeson<strong>der</strong>e die<br />

Organisation <strong>der</strong> Pflegesituation bei einem plötzlich auftretenden Pflegebedarf<br />

einer/eines nahen Angehörigen erleichtert werden.<br />

Ad para 24 – Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz<br />

110. Die Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz ist eine Maßnahme des BMASK,<br />

umgesetzt durch das Bundessozialamt, die eine qualitative und quantitative<br />

Steigerung <strong>der</strong> Teilhabe von jenen Frauen und Männern mit Behin<strong>der</strong>ung am<br />

allgemeinen Arbeitsmarkt o<strong>der</strong> zur Absolvierung einer Ausbildung sicherstellen<br />

soll, welche auf Grund ihrer Beeinträchtigung personelle Unterstützung zur<br />

selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Gestaltung ihres Arbeitslebens<br />

bzw. ihrer Ausbildung benötigen. Im Jahr 2012 gab es 442 För<strong>der</strong>fälle. Der jährliche<br />

Aufwand für 2012 beläuft sich auf ca. 5,6 Mio. €, gegenüber dem Vorjahr<br />

konnte eine Steigerung von 13 % verzeichnet werden.<br />

Ad para 25 – Umfassende persönliche Assistenz<br />

111. Auf Bundesebene gibt es einheitliche Kriterien für eine För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Persönlichen<br />

Assistenz am Arbeitsplatz. Außerhalb <strong>der</strong> Arbeitswelt fallen die Regelungen<br />

in die Kompetenz <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> und sind unterschiedlich ausgestaltet. Am<br />

meisten ausgebaut ist die Persönliche Assistenz in den Län<strong>der</strong>n Wien, Oberösterreich<br />

und Tirol, in <strong>der</strong> Steiermark gibt es seit 2012 ein „persönliches Budget“.<br />

112. Seit 2011 ist eine Arbeitsgruppe unter Einbeziehung <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> und von Vertretern<br />

<strong>der</strong> Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen eingerichtet, die an Vorschlägen für<br />

eine bundesweit einheitliche Regelung <strong>der</strong> Persönlichen Assistenz in allen Lebensbereichen<br />

arbeitet. Zielsetzung ist, entsprechend <strong>der</strong> Entschließung des<br />

Nationalrates vom 15. März 2011 sowie zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplanes<br />

Behin<strong>der</strong>ung 2012 – 2020 (Maßnahmen 192 und 193) bis zum Jahr<br />

2014 ein Konzept zu erstellen und ein System <strong>der</strong> Persönlichen Assistenz für<br />

alle Gruppen von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen zu schaffen. Die Leistung soll<br />

einkommensunabhängig gestaltet werden und die Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

sollen die freie Wahl <strong>der</strong> Organisationsform haben.<br />

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Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

Ad para 26 – Pläne zur De-Institutionalisierung<br />

113. Grundsatz <strong>der</strong> Unterstützungen in den Bundeslän<strong>der</strong>n ist <strong>der</strong> Verbleib <strong>der</strong> Betroffenen<br />

in <strong>der</strong> bisherigen Wohnumgebung. Dies wird z.B. in Oberösterreich,<br />

Nie<strong>der</strong>österreich, Wien und Vorarlberg durch Mobile Dienste (Wohnassistenz,<br />

psychosoziale Dienste, Mobile Betreuung und Hilfe), aber auch umfangreiche<br />

Assessments und Beratungen im Vorfeld einer möglichen Unterbringung gewährleistet.<br />

In Oberösterreich und Wien werden zusätzlich Schritte unternommen,<br />

Großeinrichtungen zu verkleinern und für Menschen mit Beeinträchtigungen<br />

gemeindenahe und kleinstrukturierte Wohnangebote bereit zu stellen bzw.<br />

neue Wohnformen zu entwickeln. In Vorarlberg werden stationäre Angebote<br />

zugunsten <strong>der</strong> ambulanten Dienste reduziert. Dort existieren auch eigene Trainingsprogramme<br />

zur Vorbereitung von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung auf ein Leben<br />

in Eigenständigkeit. In Wien unterstützen drei Peer Beratungsstellen vom<br />

Fonds Soziales Wien (FSW) Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung in ihren Bestrebungen,<br />

selbstbestimmt zu leben.<br />

114. Im Aktionsplan des Landes Steiermark zur Umsetzung <strong>der</strong> UN-BRK ist eine<br />

Maßnahme „Weiterentwicklung <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenhilfe in <strong>der</strong> Steiermark“ enthalten.<br />

Dieser Maßnahme entsprechend soll ein Plan erstellt werden, wie das Leben<br />

und Arbeiten von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung so wenig wie möglich in Institutionen<br />

und so gut wie möglich in ihrem jeweiligen Sozial- und Lebensraum<br />

stattfinden kann.<br />

115. Das BMASK verweist auf das Pflegegeld: es hat den Zweck, pflegebedürftigen<br />

Personen soweit wie möglich die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern,<br />

sodass sie ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können. Es stellt einen<br />

Beitrag zur Abgeltung <strong>der</strong> pflegebedingten Mehraufwendungen dar und ist<br />

somit eine zweckgebundene Leistung zur Abgeltung von Mehraufwendungen<br />

für eine behin<strong>der</strong>ungsbedingte Pflege. Die Ursache für die Behin<strong>der</strong>ung, die<br />

den Pflegebedarf auslöst, ist für den Anspruch auf Pflegegeld nach dem Bundespflegegeldgesetz<br />

unerheblich.<br />

116. Für Menschen mit mentalen Beeinträchtigungen ist anzumerken, dass durch<br />

die Einstufungsverordnung 1999 das Motivationsgespräch als neue eigenständige<br />

übergreifende Betreuungsleistung definiert wurde. Psychisch o<strong>der</strong> intellektuell<br />

behin<strong>der</strong>te Menschen wären auf Grund ihrer motorischen Fähigkeiten zwar<br />

häufig in <strong>der</strong> Lage, lebensnotwendige Verrichtungen ganz o<strong>der</strong> teilweise selbst<br />

auszuführen, können jedoch oft nicht die Notwendigkeit solcher Handlungen erkennen<br />

bzw. sinnvoll umsetzen. Ohne Hilfe einer Pflegeperson würden alltägliche<br />

Verrichtungen wie die Körperpflege unterbleiben und in <strong>der</strong> Folge eine<br />

Verwahrlosung eintreten. Daher ist für psychisch o<strong>der</strong> intellektuell behin<strong>der</strong>te<br />

Menschen die Führung eines regelmäßigen Motivationsgespräches zum Aufbau<br />

und <strong>der</strong> Erhaltung einer kontinuierlichen Beziehung zwischen ihnen und <strong>der</strong><br />

Pflegeperson unerlässlich.<br />

117. Bei <strong>der</strong> Pflegegeldeinstufung von schwer intellektuell o<strong>der</strong> psychisch behin<strong>der</strong>ten,<br />

insbeson<strong>der</strong>e demenziell erkrankten Personen ab dem vollendeten 15. Lebensjahr<br />

sowie von schwerst behin<strong>der</strong>ten Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen bis zum<br />

BMASK/IV/A/1 Deutsche Fassung, 18. Juni 2013 23


UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention: Staatenprüfung Österreichs;<br />

Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

vollendeten 15. Lebensjahr werden Erschwerniszuschläge als zusätzlicher<br />

pauschaler Zeitwert berücksichtigt. Mit diesem Zuschlag werden - zusätzlich zu<br />

den Einstufungskriterien - pflegeerschwerende Faktoren berücksichtigt. Damit<br />

soll auf die Intensität <strong>der</strong> Pflege in diesen Fällen Bedacht genommen und eine<br />

Einstufung in höhere Pflegegeldstufen ermöglicht werden. Mit Stichtag<br />

31.3.2013 wurde in 33.714 Fällen ein Erschwerniszuschlag berücksichtigt, wobei<br />

dieser in 15.182 Fällen eine höhere Pflegegeldstufe zur Folge hatte.<br />

Ad para 27 – Pläne zur Steigerung des barrierefreien Verkehrs<br />

118. Seit dem Staatenbericht sind auch die EU-Fahrgastrechte-Verordnungen für<br />

Schiffs- und Busreisende in Kraft getreten. Es gelten nun auf Flug-, Bahn-,<br />

Schiffs- und Busreisen EU-weite wesentliche Vorgaben betreffend die erfor<strong>der</strong>lichen<br />

Dienstleistungen für behin<strong>der</strong>te sowie mobilitätseingeschränkte Personen<br />

bzw. entsprechende Anfor<strong>der</strong>ungen an das Ausmaß <strong>der</strong> Barrierefreiheit (EU-<br />

Verordnungen Nr. 1107/2006, 1371/2007, 1177/2010, 181/2011).<br />

119. Ab 2014 wird <strong>der</strong> Ausweis für dauernd stark Gehbehin<strong>der</strong>te gem. § 29b<br />

StVO vom Bundessozialamt, das auch für die Ausstellung von Behin<strong>der</strong>tenpässen<br />

nach dem BBG zuständig ist, ausgestellt. Personen, die beide Ausweise<br />

benötigen, müssen daher in Zukunft nur noch bei einer Behörde einen Antrag<br />

stellen. Im Rahmen des strategischen Forschungsför<strong>der</strong>ungsprogramms „Intelligente<br />

Verkehrssysteme und Services plus“, wurden für mobilitätseingeschränkte<br />

Personen Broschüren betreffend die Themen Inklusion, Chancengleichheit<br />

und Barrierefreiheit hergestellt.<br />

120. Die Län<strong>der</strong> bieten teilweise finanzielle Unterstützung bei <strong>der</strong> behin<strong>der</strong>tengerechten<br />

Adaptierung eines PKWs o<strong>der</strong> beim Kauf von Kraftfahrzeugen. Im<br />

Rahmen <strong>der</strong> sozialen Rehabilitation werden Leistungen für Orientierungs- und<br />

Mobilitätstraining sowie für Training zur Erlangung von kommunikations- und<br />

lebenspraktischen Fähigkeiten gewährt. Für Blinde gibt es teilweise För<strong>der</strong>ungen<br />

zur Anschaffung eines Blindenführhundes. In vielen Bundeslän<strong>der</strong>n sind<br />

zumindest in Großstädten Nie<strong>der</strong>flurbusse im Einsatz. Die Bauordnungen <strong>der</strong><br />

Län<strong>der</strong> sehen Barrierefreiheit für den öffentlichen Straßenraum vor. Die Steiermark<br />

hat im Rahmen <strong>der</strong> Umsetzung des Aktionsplanes die Maßnahme „Verstärkte<br />

Umsetzung des Planungsgrundsatzes Barrierefreie Mobilität“ vorgesehen.<br />

Ad para 28 – Sexual-, Schwangerschafts- und Kin<strong>der</strong>betreuungs-Erziehung<br />

121. Die geltenden Regelungen zur Sexualerziehung an Schulen enthalten zwar<br />

keine ausdrücklichen Aussagen betreffend Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen, wohl<br />

aber werden Aspekte dieser Thematik behandelt, z.B. in dem von <strong>der</strong> Pädagogischen<br />

Hochschule Salzburg entwickelten Pilotmodul „Special LoveTalks“,<br />

das aus dem von Österr. Institut für Familienforschung konzipierten Modell „LoveTalks“<br />

hervorgegangen ist und in <strong>der</strong> Folge auch zu Kurzformen in Modulform<br />

weiterentwickelt wurde. Dieses Pilotmodell wurde auch wissenschaftlich evaluiert.<br />

(Schlick, A. (2008): Special LoveTalks, Evaluierung und Implementierung<br />

BMASK/IV/A/1 Deutsche Fassung, 18. Juni 2013 24


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Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

eines Modells zur sexualpädagogischen Begleitung für den Lebensbereich von<br />

Menschen mit geistiger Behin<strong>der</strong>ung, Verlag Dr. Müller, Saarbrücken)“.<br />

122. In Nie<strong>der</strong>österreich und Oberösterreich existieren eigene, geför<strong>der</strong>te Beratungsstellen<br />

für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung, die Einzelberatungen, sexualpädagogische<br />

Workshops und Veranstaltungen zum Thema Sexualität und Beeinträchtigung<br />

anbieten.<br />

Ad para 29 – Anzahl <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> in Regelschulen und in Son<strong>der</strong>schulen<br />

123. Die Beilage Nr. 4 enthält für die Schuljahre 2006/07 bis 2011/2012 die Zahl <strong>der</strong><br />

Schülerinnen und Schüler in Primar- und Sekundarstufe I, differenziert nach allgemeiner<br />

Schule und Son<strong>der</strong>schule sowie nach dem Son<strong>der</strong>pädagogischen<br />

För<strong>der</strong>bedarf (SPF). Daraus ergibt sich, dass an allgemeinen Schulen im genannten<br />

Zeitraum <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler mit SPF leicht gestiegen<br />

ist, und zwar in <strong>der</strong> Primärstufe von etwa 1,8 auf 2,2 %, in <strong>der</strong> Sekundärstufe<br />

von etwa 2,3 auf 3,3 %. Für die Interpretation dieser Zahlen ist es<br />

wichtig, dass das Vorliegen eines SPF nicht automatisch mit einer „Behin<strong>der</strong>ung“<br />

gleichzusetzen ist. Ferner wird an allgemeinen Schulen ein sehr geringer<br />

Anteil von Schülerinnen und Schülern mit SPF nicht – wie in diesen Fällen<br />

sonst üblich – in mindestens 80 % <strong>der</strong> Unterrichtszeit gemeinsam mit Gleichaltrigen<br />

unterrichtet, son<strong>der</strong>n in Son<strong>der</strong>schulklassen („separate special classes“);<br />

die Zahl <strong>der</strong> <strong>der</strong>art unterrichteten Schülerinnen und Schüler mit SPF an allgemeinen<br />

Schulen beträgt z.B. für das in <strong>der</strong> Tabelle zuletzt ausgewiesene Schuljahr<br />

2011/12 in <strong>der</strong> Primarstufe 169 (von insgesamt 7154), in <strong>der</strong> Sekundarstufe<br />

I 333 (von insgesamt 10085). Hinzuweisen ist, dass in den letzten Jahren praktisch<br />

jedes Kind mit Behin<strong>der</strong>ung, sofern gewünscht, in das öffentliche<br />

Schulwesen aufgenommen worden ist.<br />

124. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> an den Volks- und Mittelschulen<br />

integrativ beschulten SPF-Kin<strong>der</strong> zugenommen, <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> an Son<strong>der</strong>schulen<br />

beschulten Kin<strong>der</strong> abgenommen hat. Aufglie<strong>der</strong>ungen nach Geschlecht<br />

bestehen nicht. Im Schuljahr 2012/2013 haben in <strong>der</strong> Steiermark<br />

3.787 SchülerInnen einen son<strong>der</strong>pädagogischen För<strong>der</strong>bedarf (85,4 % in Integrationsklassen),<br />

in Tirol 2.174 (966 davon besuchten eine Regelschule, 1.208<br />

eine Son<strong>der</strong>schule), in Vorarlberg werden 470 integrativ in Volksschulen, 605<br />

integrativ in Mittelschulen und 734 in Son<strong>der</strong>schulen unterrichtet. In Wien bestehen<br />

einige hoch spezialisierte Schul-Angebote für Kin<strong>der</strong>/Jugendliche mit<br />

Behin<strong>der</strong>ung, im Jahr 2012 haben 131 Wiener Kin<strong>der</strong> diese Schulen besucht.<br />

Das Integrationsklassensystem wurde um Formen <strong>der</strong> Einzelintegration erweitert.<br />

2013 wurde in Wien erstmals eine Position eines Landesschulinspektors<br />

für Inklusion geschaffen.<br />

Ad para 30 – Beratung und Unterstützung <strong>der</strong> Eltern bei <strong>der</strong> Schulwahl<br />

125. Im Bereich des Schulwesens ist eine schrittweise Öffnung zum Lernen in gemeinsamen<br />

Einrichtungen vorgesehen. Dies bedeutet insbeson<strong>der</strong>e die Weiterentwicklung<br />

des freien Zugangs (im Sinne umfassen<strong>der</strong> Barrierefreiheit) zu al-<br />

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Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

len Schularten und ein flächendeckendes Angebot an entwicklungs- und kompetenzorientiertem,<br />

individualisierendem Unterricht für alle Schülerinnen und<br />

Schüler. Nur dann, wenn die bestmögliche Qualität <strong>der</strong> schulischen För<strong>der</strong>ung<br />

an den einzelnen Schulstandorten generell und für alle gegeben ist, werden –<br />

wie schon jetzt die Mehrheit <strong>der</strong> Erziehungsberechtigten – auch die <strong>der</strong> Inklusion<br />

kritisch gegenüberstehenden Erziehungsberechtigten eine inklusive Form<br />

<strong>der</strong> Beschulung für ihre Kin<strong>der</strong> wählen. In Zusammenhang mit dem Paradigmenwechsel<br />

hin zur inklusiven Bildung wird eine partizipative Meinungsbildung<br />

(z.B. in Form von Runden Tischen) zur Umsetzung <strong>der</strong> Konvention im schulischen<br />

Bereich gestaltet. In diesen wissenschaftlich begleiteten Diskussionsprozess<br />

wurden Expertinnen und Experten von Behin<strong>der</strong>tenorganisationen, Vereinen,<br />

Dachverbänden und Interessensvertretungen einbezogen. Dieser Prozess<br />

hat Ergebnisse gebracht, welche eine wichtige Grundlage für die Erarbeitung<br />

von konkreten Umsetzungsmaßnahmen bilden. So konnte mit dem Ansatz <strong>der</strong><br />

„Inklusiven Modellregion“ (z.B. in <strong>der</strong> Steiermark) auch ein von allen Seiten<br />

begrüßter Weg zur Realisierung in <strong>der</strong> Praxis gefunden und bereits im Nationalen<br />

Aktionsplan Behin<strong>der</strong>ung 2012-2020 (Maßnahme Nr. 125) verankert werden.<br />

126. Ergänzend zu para 244 des Staatenberichts (Barrier-free teaching materials)<br />

ist darauf hinzuweisen, dass blinde und sehbehin<strong>der</strong>te Schülerinnen und Schüler<br />

in <strong>der</strong> Schulbuchaktion unentgeltlich Lernmaterialien in Brailleschrift, in<br />

Vergrößerung o<strong>der</strong> in elektronischer und digitaler Form erhalten.<br />

127. In Wien bestehen Beratungsmöglichkeiten für Erziehungsberechtigte durch die<br />

Leiterinnen Son<strong>der</strong>pädagogischer Zentren und die Mitarbeiterinnen <strong>der</strong> Integrationsberatungsstelle<br />

des Stadtschulrates.<br />

Ad para 31 – Niedrige Abschlussraten bei <strong>der</strong> Sekundär- und Tertiär-<br />

Ausbildung<br />

128. Neuere Daten als die 2007 aus dem Mikrozensus speziell festgestellten liegen<br />

<strong>der</strong>zeit noch nicht vor, eine vergleichbare Erhebung ist aber für 2013 vorgesehen.<br />

Was den erfolgreichen Schulabschluss von Schülerinnen und Schülern mit<br />

Son<strong>der</strong>pädagogischem För<strong>der</strong>bedarf (SPF) betrifft, so sind diese gem. § 32<br />

Abs.2 des Schulunterrichtsgesetzes berechtigt, nach Beendigung <strong>der</strong> Schulpflicht<br />

noch zwei Jahre eine Son<strong>der</strong>schule zu besuchen.<br />

129. Im Rahmen <strong>der</strong> alle drei Jahre durchgeführten Studierenden-Sozialerhebung<br />

wird die soziale Situation behin<strong>der</strong>ter, chronisch kranker und gesundheitlich beeinträchtigter<br />

Studierenden quantitativ erfasst und analysiert. 2011 gaben 12%<br />

<strong>der</strong> befragten 44.000 Studierenden an, eine Behin<strong>der</strong>ung/Erkrankung zu haben,<br />

die sie im Studium stark bis sehr stark beeinträchtigt (von rund 300.000 befragten<br />

Studierenden konnten 44.000 vollständig ausgefüllte Online-Fragebögen<br />

ausgewertet werden.). Unverän<strong>der</strong>t zu 2009 gaben 0,9% <strong>der</strong> Studierenden an,<br />

eine Behin<strong>der</strong>ung zu haben – das sind 2.700 Personen. Von diesen haben<br />

2.100 eine Einstufung des Grades <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung von mehr als 50%; das sind<br />

0,7% aller Studierenden. Ein Großteil nicht „eingestufter“ behin<strong>der</strong>ter o<strong>der</strong><br />

chronisch kranker Studieren<strong>der</strong> gibt seine Bedürfnisse nicht bekannt. Über 30<br />

BMASK/IV/A/1 Deutsche Fassung, 18. Juni 2013 26


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Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

% <strong>der</strong> betroffenen Studierenden geben eine psychische Beeinträchtigung an. In<br />

einer parallel dazu durchgeführten qualitativen Studie wurden 2011 36 Tiefeninterviews<br />

zum Thema behin<strong>der</strong>te Akademiker/innen am Arbeitsmarkt durchgeführt.<br />

Demnach erleichtert die Absolvierung eines Studiums die Arbeitsplatzsuche.<br />

Die behin<strong>der</strong>ten Akademiker/innen werden jedoch nicht ausbildungsadäquat<br />

angestellt. Eine eigene Vermittlungsstelle für behin<strong>der</strong>te Akademiker/innen<br />

könnte zu Verbesserungen führen. Seit <strong>der</strong> Implementierung <strong>der</strong> Servicestelle<br />

GESTU konnten 3 von 13 gehörlosen Studierenden ihr Studium abschließen.<br />

Ad para 32 – Regionale Gesundheitsforen für Frauen und Mädchen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

130. Ausgangslage für das erste Wiener Frauengesundheitsforum war die Tatsache,<br />

dass es damals keine Lobby für diese Zielgruppe gegeben hat. 2006 fand<br />

die erste Vernetzungsplattform für Frauen mit Behin<strong>der</strong>ungen mit dem Schwerpunktthema<br />

„Prävention“ statt. In dieser nun dreimal jährlich in Wien stattfindenden<br />

Gesprächsplattform kommt es zu einem Austausch über Erfahrungen<br />

und Bedürfnisse bezüglich Gesundheitsför<strong>der</strong>ung von Frauen mit Behin<strong>der</strong>ungen.<br />

Themen sind Sexualität, Empfängnisverhütung, Schwangerschaft und Mutterschaft,<br />

Prävention, Gewalt und Übergriffe gegen Frauen und Mädchen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ungen, Betreuungsstandards im Spital sowie die Erstellung eines Fol<strong>der</strong>s<br />

mit Informationen über psychosoziale Krankheiten für Frauen mit Behin<strong>der</strong>ungen.<br />

131. In den Bundeslän<strong>der</strong>n gibt es Frauengesundheitszentren in Wien, Graz,<br />

Salzburg, Wels, Linz, Villach und Feldkirch, welche für Frauen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

Beratungen und Informationen bereitstellen.<br />

132. In Wien besteht eine sehr erfolgreiche Spezialeinrichtung, das Gesundheitszentrum<br />

für Frauen, Eltern und Mädchen „FEM Süd-Frauenassistenz“. Im<br />

Auftrag des Bundessozialamtes wurde dort eine Beratungsstelle für Frauen<br />

mit Behin<strong>der</strong>ung mit und ohne Migrationshintergrund eingerichtet. Seit 2009 ist<br />

ein Team von Beraterinnen mit psychosozialer Grundausbildung sowie frauenspezifischer<br />

und Fremdsprachenkompetenz in einem barrierefreien Setting für<br />

die Zielgruppe tätig. Die Frauenassistenz unterstützt, berät und begleitet arbeitsmarktferne<br />

bzw. arbeitslose Frauen mit Behin<strong>der</strong>ung und/o<strong>der</strong> chronischer<br />

Krankheit auf dem Weg in den Arbeitsmarkt, siehe Link:<br />

http://www.frauenassistenz.at/.<br />

Ad para 33 – Inklusive Bildung und individuelle Unterstützung<br />

133. Zum Stand <strong>der</strong> Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften wird bemerkt, dass<br />

Bundeslän<strong>der</strong> übergreifende Weiterbildungsmaßnahmen für spezielle Themen<br />

<strong>der</strong> Son<strong>der</strong>pädagogik zentral koordiniert und finanziert werden. Die Umsetzung<br />

erfolgt über die Pädagogischen Hochschulen (PH). Regionale Abstimmungen<br />

erfolgen mit den Landeschulräten. Für die PH wurden Schwerpunkte, z.B.<br />

.„Individualisierung, Differenzierung, personalisiertes Lernen, inklusive Pädagogik“<br />

basierend auf dem gültigen Regierungsprogramm definiert. Sollte bei Lehr-<br />

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Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

erbildungsangeboten <strong>der</strong> Bedarf an Gebärdendolmetschern entstehen, so<br />

sind die PH verpflichtet, diese zur Verfügung zu stellen und auch zu finanzieren.<br />

134. Was die künftige „PädagogInnenbildung NEU“ betrifft, soll die <strong>der</strong>zeit im parlamentarischen<br />

Prozess befindliche Novelle zum Hochschulgesetz 2005 auf die<br />

UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention in § 38 Abs. 3a explizit hinweisen: „Die Curricula<br />

<strong>der</strong> Bachelor- und Masterstudien haben die Zielsetzungen von Art. 24 <strong>der</strong><br />

UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention zu beachten und Inklusive Pädagogik in einem<br />

angemessenen Ausmaß zu berücksichtigen.“<br />

135. Zur Frage <strong>der</strong> persönlichen Assistenzen für Schülerinnen bzw. Schüler, die<br />

wegen einer körperlichen Behin<strong>der</strong>ung eine mittlere o<strong>der</strong> höhere Schule sonst<br />

nicht besuchen könnten, läuft <strong>der</strong>zeit ein Projekt, wonach eine Betreuungsperson<br />

im persönlichen Bereich Hilfestellung geben soll (z.B. beim Ankleiden,<br />

Essen usw.); und für die Dauer <strong>der</strong> Schullaufbahn finanziert wird. Im Budgetjahr<br />

2011 wurden € 237.465.- für 25 Schüler, 2012 € 563.000.- für 30 Schülern ausgegeben<br />

und 2013 sind € 794.730 für ca. 40 Schüler vorgesehen.<br />

136. Zu den Assistenzen für den tertiären Bildungsbereich siehe Beantwortung<br />

zu Frage 3.<br />

Ad para 34 – Behin<strong>der</strong>tenspezifische Ausbildung bei Gesundheitsberufen<br />

137. Die allgemeinärztliche wie die fachärztliche Ausbildung sehen die Betreuung<br />

von Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen explizit vor, ebenso die Verordnung <strong>der</strong> Österreichischen<br />

Ärztekammer über Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in<br />

<strong>der</strong> Ausbildung zum Allgemeinarzt bzw. Facharzt. Auch in den Rasterzeugnissen<br />

und Prüfungszertifikaten wird im Rahmen <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>fächer die „fachspezifische<br />

Betreuung behin<strong>der</strong>ter Menschen“ unter „Kenntnisse“ normiert.<br />

138. Im Curriculum <strong>der</strong> Medizinischen Universitäten Wien und Graz ist geplant,<br />

Wahlfach-Lehrveranstaltungen zur Bewusstseinsbildung und Schulung angehen<strong>der</strong><br />

Ärztinnen zur „Begegnung und Behandlung behin<strong>der</strong>ter Patient/innen“<br />

aufzunehmen.<br />

139. Im Rahmen einer Bund - Län<strong>der</strong> Vereinbarung über Sozialbetreuungsberufe,<br />

BGBl. I Nr. 55/2005, wurden für den Bereich <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenbetreuung bundeseinheitliche<br />

Berufsbil<strong>der</strong> auf Fach- und Diplomniveau im Fach Sozialbetreuer<br />

mit dem Schwerpunkt Behin<strong>der</strong>tenarbeit o<strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>tenbegleitung geschaffen.<br />

Diese Berufsausbildungen, die teilweise auch die Qualifikation eines/einer<br />

Pflegehelfers/-in vermitteln, sind für die Tätigkeit in den zentralen Lebenswelten<br />

von behin<strong>der</strong>ten Menschen (Wohnen, Arbeit, Freizeit) geschaffen<br />

worden.<br />

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Ad para 35 – Zugängliche Gesundheitsdienstleistungen und Informationen für<br />

Frauen und Mädchen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

140. Im Rahmen des Wiener Frauengesundheitsprogramms wurde ein Gyn-Fol<strong>der</strong><br />

für Frauen mit Behin<strong>der</strong>ungen erstellt, in welchem allgemeine Tipps im Umgang<br />

mit Frauen mit Behin<strong>der</strong>ungen im Rahmen einer gynäkologischen Untersuchung<br />

enthalten sind. Eine eigene Beratungsstelle wurde in Wien mit dem<br />

Namen „Zeitlupe“ im Jahr 2012 gegründet, welche eine Peer-Beratung anbietet.<br />

Darüber hinaus sind die österreichischen Frauengesundheitszentren (siehe<br />

para 32) zu nennen, die sich im Sinne des Empowerments und <strong>der</strong> Chancengleichheit<br />

den Bedürfnissen von Frauen und Mädchen mit Behin<strong>der</strong>ungen widmen<br />

und Beratungen und Informationen zur sexuellen Aufklärung und Erziehung,<br />

zu Gesundheit, HIV und STIs anbieten.<br />

Ad para 36 – Berufsausbildung und inklusive Beschäftigungsstrategie<br />

141. Die Entwicklung von Strategien und Modellen für eine inklusive Arbeitswelt ist<br />

im NAP Behin<strong>der</strong>ung verankert (Maßnahme Nr. 166). In dem gerade in Erstellung<br />

befindlichen Bundesweiten Arbeitsmarktpolitischen Behin<strong>der</strong>tenprogramm<br />

2014-2017 wird nun die Gestaltung eines dementsprechenden Pilotprojektes<br />

zusammen mit einem Bundesland geplant. Auf Beilage Nr. 5 „Erwerbstätigkeit –<br />

Begünstigte Behin<strong>der</strong>te“ wird verwiesen.<br />

142. Ziel <strong>der</strong> Maßnahmen <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> ist die Unterstützung bei <strong>der</strong> Integration in<br />

den ersten Arbeitsmarkt in Kooperation mit Bundessozialamt und Arbeitsmarktservice.<br />

Projekte in Nie<strong>der</strong>österreich und <strong>der</strong> Steiermark sind die Arbeitserprobung,<br />

Transitarbeitsplätze o<strong>der</strong> die Anlehre. In Tirol findet kein Ausbau <strong>der</strong><br />

„klassischen Behin<strong>der</strong>tenwerkstätten“ mehr statt. Das Augenmerk richtet sich<br />

auf neue tagesstrukurelle Angebote, wobei die Empfehlungen des Monitoringausschusses<br />

des Bundes in puncto Sozialversicherung und Entlohnung betont<br />

werden. Weitere Projekte sind neben <strong>der</strong> Persönlichen Assistenz das Casemanagement<br />

und die Mentorenzuschüsse. Mentoren sind Personen, die bereits im<br />

Betrieb arbeiten und den behin<strong>der</strong>ten Menschen in <strong>der</strong> täglichen Arbeit unterstützen.<br />

Ad para 37 – Behin<strong>der</strong>tenbeschäftigungsquote und Ausgleichszahlung<br />

143. Rechtsgrundlage für die Beschäftigungspflicht (s. Beilage Nr. 6) sind die §§ 1,<br />

4, 5 und 9 BEinstG. Generell gilt, dass DienstgeberInnen mindestens einen begünstigten<br />

Behin<strong>der</strong>ten pro 25 DienstnehmerInnen einstellen müssen (Pflichtstelle).<br />

Kommen sie <strong>der</strong> Verpflichtung nicht nach, müssen sie für jede nicht besetzte<br />

Pflichtstelle abhängig von <strong>der</strong> Anzahl ihrer MitarbeiterInnen eine Ausgleichstaxe,<br />

die jedes Jahr unter Heranziehung des im ASVG festgesetzten Anpassungsfaktors<br />

valorisiert wird, bezahlen. Für 2013 beträgt die Ausgleichstaxe<br />

monatlich (BGBl. II Nr. 407/2012): 238 € bei 25-99 DienstnehmerInnen, 334 €<br />

bei 100-399 DienstnehmerInnen und 355 € bei 400 o<strong>der</strong> mehr DienstnehmerInnen.<br />

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144. Die Staffelung <strong>der</strong> Ausgleichstaxe nach Unternehmensgröße wurde mit <strong>der</strong><br />

letzten Novellierung des BEinstG, die mit 2011 in Kraft trat, eingeführt. Die<br />

Auswirkungen dieser Novelle auf die Arbeitsmarktsituation werden <strong>der</strong>zeit evaluiert.<br />

Ad para 38 – Barrierefreie Wahlen<br />

145. The Austrian legislator has paid particular attention to the situation of persons<br />

with disabilities so that everybody of proper voting age – regardless of the degree<br />

of disability or a possible legal guardianship – is entitled to vote. While<br />

the right to vote is always personal (see § 66 of the National Council Elections<br />

Acts), i.e. no proxy voting is allowed, the law provides for the possibility of an<br />

accompanying person assisting the elector. No assistance is permitted when<br />

the disabled person cannot express the wish to be helped or when no election<br />

commission is present. This means that no aided voting is possible in case of<br />

postal voting. Blind electors can ask for templates which are meant to help them<br />

fill in the ballot sheet without assistance of another person. These templates<br />

were first introduced in 1992. Further provisions meeting the needs of disabled<br />

persons include the above-mentioned "flying election commission" (e.g. for persons<br />

with difficulty to leave their homes), special electoral precincts in hospitals,<br />

and the rule that at least one polling station per municipality (approx. 2,350 in<br />

total) should be accessible without architectural barriers on election day. In<br />

2010, the possibility of a subscription of voting cards for persons with special<br />

needs was laid down in the law since voting cards are needed for “flying commissions”<br />

and the use of postal voting, respectively. The Disability Report of the<br />

Austrian Government 2008, , stated that "(…) due to the different possibilities<br />

provided by legislation (in particular postal voting, voting card, special precincts,<br />

flying commissions, accompanying persons, templates) even seriously handicapped<br />

persons are able to cast the vote in practically any given case“.<br />

146. In Nie<strong>der</strong>österreich, Oberösterreich und Vorarlberg ist für blinde und schwer<br />

sehbehin<strong>der</strong>te Personen eine Blindenschablone aufzulegen. Es wird beson<strong>der</strong>es<br />

Augenmerk darauf gelegt, dass die Wahllokale <strong>der</strong> Gemeinden barrierefrei<br />

sind. Diese sind in Tirol im Internet aufgelistet, so dass es möglich ist, sich über<br />

die Zugangsmöglichkeiten zu informieren. In Wien wurde an Hand von Kriterien,<br />

die mit Behin<strong>der</strong>ten-Interessenvertretungen erarbeitet wurden, <strong>der</strong> Anteil<br />

an barrierefreien Wahllokalen in den letzten Jahren stetig erhöht. Bei <strong>der</strong> bundesweiten<br />

Volksbefragung 2013 war rund ein Drittel <strong>der</strong> Wiener Wahllokale barrierefrei<br />

erreichbar. Körperbehin<strong>der</strong>te Personen dürfen sich auch, wenn gewünscht,<br />

einer Begleitperson in <strong>der</strong> Wahlzelle bedienen. Für bettlägerige Personen<br />

besteht die Möglichkeit <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ung einer mobilen/fliegenden Wahlbehörde<br />

am Wahltag. Ergänzend besteht die Briefwahlmöglichkeit von zu Hause<br />

aus bzw. die Ausstellung einer Wahlkarte.<br />

147. Bei den Wahlen für die Österreichische Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft<br />

(ÖH-Wahlen) sind Vorkehrungen für die Wahlteilnahme behin<strong>der</strong>ter<br />

Studieren<strong>der</strong> getroffen.<br />

BMASK/IV/A/1 Deutsche Fassung, 18. Juni 2013 30


UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention: Staatenprüfung Österreichs;<br />

Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

Ad para 39 – Gewalt gegen Frauen und Mädchen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

148. Alle Frauen- und Mädchenberatungseinrichtungen (FMBE) sind auch Anlaufstellen<br />

für Frauen und Mädchen mit Behin<strong>der</strong>ung. Frauenprojekte erhalten<br />

finanzielle Unterstützungen für Schulungen zur Gewährleistung von Barrierefreiheit<br />

sowie den Ersatz anteiliger Umzugskosten in barrierefreie Beratungsräumlichkeiten<br />

o<strong>der</strong> für die Gestaltung barrierefreier Webseiten. 2013 nehmen<br />

rund 40 FMBE ein kostenfreies Beratungspaket zur baulichen Barrierefreiheit in<br />

Anspruch. Zusätzlich gibt es ein Weiterbildungsangebot in Form eines Seminares<br />

(„Barrierefreiheit für alle! Spezifische Anfor<strong>der</strong>ungen an FMBE“), bei dem<br />

Mitarbeiterinnen auf unterschiedliche Barrieren sensibilisiert werden, mit denen<br />

sich spezifische Zielgruppen konfrontiert sehen, wenn sie Beratungseinrichtungen<br />

aufsuchen.<br />

149. Der Bundesregierung ist die verstärkte Zusammenarbeit mit NGO’s insbeson<strong>der</strong>e<br />

im Gewaltbereich ein beson<strong>der</strong>es Anliegen. Insoferne bestehen auch eine<br />

Reihe von Beratungsangeboten, Projekten und Initiativen zu den Themenbereichen<br />

Gewalt und Behin<strong>der</strong>ung (Gewaltschutzzentren/Interventionsstellen,<br />

Opferschutzeinrichtungen, die „Frauenhelpline“ sowie<br />

Notwohnungen des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser, Frauenservicestellen<br />

o<strong>der</strong> Notrufeinrichtungen). Verstärkt werden auch Beratungen in<br />

Regionalstellen und vor Ort, insbeson<strong>der</strong>e für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung,<br />

durchgeführt.<br />

150. Beson<strong>der</strong>s hervorzuheben ist <strong>der</strong> Verein Hazissa, eine Fachstelle für Prävention<br />

in Graz. Konkret bestehen Präventionsprojekte gegen sexualisierte Gewalt<br />

an Kin<strong>der</strong>n, Jugendlichen und Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung (seit 2008) und gegen<br />

Frauen- und Mädchenarbeit (seit 2010). Seit 1998 besteht <strong>der</strong> Verein NIN-<br />

LIL gegen sexuelle Gewalt an Frauen mit Lernschwierigkeiten o<strong>der</strong> Mehrfachbehin<strong>der</strong>ung<br />

in Wien. Die Bundesregierung hat auch eine Studie <strong>der</strong> Ludwig<br />

Boltzmann-Gesellschaft über den Zugang von Frauen mit Behin<strong>der</strong>ung, die<br />

Gewalt erlebt haben, zu Opferschutzeinrichtungen finanziert.<br />

151. Im Hinblick auf Webauftritte und Öffentlichkeitsarbeit ist festzuhalten, dass seit<br />

2009 Inhalte auch in Gebärdensprachvideos angeboten werden. Internetauftritte<br />

müssen gemäß <strong>der</strong> internationalen Richtlinie (aktuell WCAG 2.0 von<br />

WAI/W3C) barrierefrei gestaltet sein. Mit dem E-Government-Gesetz sind öffentliche<br />

Einrichtungen in Österreich verpflichtet, ihre Internetangebote barrierefrei<br />

zu realisieren. Ebenso existieren viele Broschüren, darunter „Frauen haben<br />

Recht“ barrierefrei. Sie informiert über rechtliche Regelungen, die zum<br />

Schutz vor Gewalt bestehen und Möglichkeiten, sich gegen Gewalt zu wehren<br />

und enthält auch Adressen von Einrichtungen, die umfassende Unterstützung<br />

anbieten.<br />

152. In Hinblick auf interne Statistiken zum Thema Frauen und Mädchen mit Behin<strong>der</strong>ung<br />

wurde vom Bundeskanzleramt ein ab 2013 verpflichtendes Standardisiertes<br />

Tätigkeitsberichtsformular<br />

http://www.frauen.bka.gv.at/site/5509/default.aspx#a8 (TBF) für geför<strong>der</strong>te<br />

Frauenservicestellen, Notrufe, FMBE gemeinsam mit den NGO‘s entwickelt, mit<br />

dem Ziel eines einheitlichen Berichtswesens. Mit dem TBF sollen künftig auch<br />

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Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

behin<strong>der</strong>tenspezifische Daten erhoben werden, sowohl auf <strong>der</strong> Beratungswie<br />

auf <strong>der</strong> Nachfrageseite.<br />

Ad para 40 – Teilhabe von Frauen mit Behin<strong>der</strong>ungen am Arbeitsmarkt<br />

153. Zur Situation von Frauen mit Behin<strong>der</strong>ungen am Arbeitsmarkt lässt sich anmerken,<br />

dass hier die Arbeitsmarktpolitik vor einer beson<strong>der</strong>en Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

steht. Frauen mit Behin<strong>der</strong>ungen tendieren dazu, sich weniger häufig als behin<strong>der</strong>t<br />

zu deklarieren. So gehören etwa dem Personenkreis <strong>der</strong> „Begünstigten<br />

Behin<strong>der</strong>ten“ (registrierte Menschen mit schweren Beeinträchtigungen nach<br />

dem Behin<strong>der</strong>teneinstellungsgesetz) nur 41,31% Frauen an, wovon 60,31% erwerbstätig<br />

und 39,69% nichterwerbstätig sind (Stichtag 1.1.2013).<br />

154. Dass Menschen mit speziellen arbeitsmarktpolitischen Programmen für Menschen<br />

mit Behin<strong>der</strong>ungen in Berührung kommen, basiert ausschließlich auf<br />

Freiwilligkeit. Im Sinn des Datenschutzes werden personenbezogene Daten<br />

über Behin<strong>der</strong>ungen nur dann erfasst und verarbeitet, wenn es ausdrücklichen<br />

gesetzlichen Zwecken dient (z.B. die Überwachung <strong>der</strong> Beschäftigungspflicht).<br />

Dort, wo Daten über Geschlechterverteilung vorliegen (z.B. in den Schulen), ist<br />

es durch gezielte Maßnahmen gelungen, die Situation von Mädchen und<br />

Frauen mit Behin<strong>der</strong>ungen beim Zugang zu arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen<br />

zu verbessern.<br />

155. Das BMASK plant durch verbessertes qualitatives Monitoring und eine prozessbegleitende<br />

Arbeitsgruppe die Voraussetzungen für den noch gezielteren<br />

Einsatz von Maßnahmen zur Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit zu<br />

schaffen.<br />

Ad para 41 – Inklusive Kin<strong>der</strong>betreuung<br />

156. Der Bund stellt für den Zeitraum 2008 bis 2014 insgesamt 100 Mio. € zur Verfügung,<br />

um das Angebot an Kin<strong>der</strong>betreuungsplätzen zu erweitern. Aufgrund<br />

des erhöhten individuellen Betreuungsaufwandes profitieren Kin<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

von diesem Angebot im beson<strong>der</strong>en Ausmaß. Für erheblich behin<strong>der</strong>te<br />

Kin<strong>der</strong> wird ein monatlicher Zuschlag in Höhe von € 138,30 zur Familienbeihilfe<br />

geleistet (Aufwendungen in Höhe von ca. € 125 Mio für 75.000 Fälle).<br />

157. Das Land Burgenland kooperiert eng mit dem Bundessozialamt (interdisziplinäre<br />

Beratungsteams) und dem jeweiligen Rechtsträger von Kin<strong>der</strong>krippen,<br />

Kin<strong>der</strong>gärten und Horten. In Nie<strong>der</strong>österreich wird <strong>der</strong> Ausbau von Unterstützungsdiensten<br />

bei <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>erziehung geför<strong>der</strong>t (Ambulatorien, mobile<br />

Frühför<strong>der</strong>ung und mobile Kin<strong>der</strong>krankenpflege, Programme <strong>der</strong> Früherkennung<br />

sowie Beratungsstellen). Der „Masterplan Kin<strong>der</strong>gesundheitsversorgung<br />

2011-2015“ in Wien sieht den Ausbau von Therapieplätzen für insgesamt 1.700<br />

Kin<strong>der</strong> vor.<br />

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Fragenliste des UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtsausschusses (Genf) vom 19. April 2013 (Dok. Nr. CRPD/C/AUT/Q/1);<br />

Beantwortung durch die Republik Österreich<br />

Ad para 42 – Bekämpfung von Gewalt gegen Kin<strong>der</strong> mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />

158. Aufgrund <strong>der</strong> Concluding Observations des Kin<strong>der</strong>rechteausschusses wurde<br />

ein Kin<strong>der</strong>rechte-Monitoring-Prozess in die Wege geleitet. Eine Projektgruppe<br />

beschäftigt sich mit <strong>der</strong> Problematik <strong>der</strong> Prävention und Bekämpfung von<br />

Gewalt gegen Kin<strong>der</strong>. Dabei wird auch die Forcierung <strong>der</strong> Möglichkeit von Kin<strong>der</strong>n<br />

mit Behin<strong>der</strong>ungen, Fälle von Gewalt zu melden, behandelt.<br />

159. Die Kin<strong>der</strong>- und Jugendanwaltschaften <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> bieten Beratungen in<br />

Form von Sprechtagen an. In Nie<strong>der</strong>österreich bietet zusätzlich die Fachstelle<br />

für Gewaltprävention Rat und Hilfe zum Thema „Gewaltprävention für Menschen<br />

mit beson<strong>der</strong>en Bedürfnissen“ an und leistet Öffentlichkeitsarbeit. In <strong>der</strong><br />

Steiermark ist die Antidiskriminierungsstelle eine Erstanlauf-, Clearing-, Beratungs-<br />

und Monitoringstelle, die bei Bedarf an weitere Beratungseinrichtungen<br />

weiter verweist. In Vorarlberg ist die Landesvolksanwaltschaft zur Kontrolle von<br />

Einrichtungen und Programmen für Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung zuständig. In<br />

Wien steht Kin<strong>der</strong>n in Einrichtungen im Fall von Gewalt und Vernachlässigung<br />

neben <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendanwaltschaft ein eigener Ombudsmann für Kin<strong>der</strong><br />

zur Verfügung. Die Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen werden bei persönlichen Besuchen<br />

durch den Ombudsmann auf die Beratungsmöglichkeiten aufmerksam<br />

gemacht.<br />

Ad para 43 – Stärkung des unabhängigen Monitoringausschusses<br />

160. Die Unabhängigkeit des Monitoringausschusses ist gewährleistet, da er inhaltlich<br />

vollkommen unabhängig agieren kann. Der Bund unterstützt den Ausschuss<br />

auch finanziell, indem er dem Büro im Regierungsgebäude des BMASK<br />

Räumlichkeiten zur Verfügung stellt und auch unentgeltliche personelle Unterstützung<br />

leistet, alle Aufwendungen für den Monitoringausschuss ohne Einschränkungen<br />

übernimmt und <strong>der</strong> Ausschussvorsitzenden eine angemessene<br />

Vergütung für ihre Tätigkeit leistet.<br />

Ad para 44 – Monitoring-Ausschüsse <strong>der</strong> Län<strong>der</strong><br />

161. Hinsichtlich <strong>der</strong> Umsetzung von Art. 33 UN-BRK durch die Län<strong>der</strong> wird auf Beilage<br />

Nr. 7 verwiesen.<br />

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