In 12 Schritten zur Verkehrswende: - Toni Hofreiter
In 12 Schritten zur Verkehrswende: - Toni Hofreiter
In 12 Schritten zur Verkehrswende: - Toni Hofreiter
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<strong>In</strong> <strong>12</strong> <strong>Schritten</strong> <strong>zur</strong> <strong>Verkehrswende</strong>:<br />
Weniger Verkehr – mehr Mobilität für alle<br />
CO 2 -freier Verkehr<br />
Attraktive Fuß- und Radwege<br />
Vernetzte Mobilität<br />
Bezahlbare Mobilität<br />
bedarfsgerechter ÖPNV<br />
Energiewende im Verkehr<br />
Erreichbarkeit
Impressum:<br />
Herausgeber: Dr. <strong>Toni</strong> <strong>Hofreiter</strong> MdB<br />
Autorinnen: Steffi Leisenheimer<br />
Rosi Steinberger<br />
Layout, Satz: slius GmbH,<br />
Vicky Heinzl<br />
Druck: Die Umweltdruckerei<br />
gedruckt auf 100 % Recyclingpapier<br />
Bildnachweise:<br />
Titelbild: © Vicky Heinzl<br />
S.3 © Michaela Runge<br />
S.4 © Fionn Große<br />
S.6 © Jim Pfeffer<br />
S.8 © Sergiy Serdyuk<br />
S.9 © VRD@fotolia.de<br />
S.10 © Rosi Steinberger<br />
S.<strong>12</strong> © Antje Wagner<br />
S.13 © fefufoto@fotolia.de<br />
S.14, S.15 © Rosi Steinberger<br />
Juni 2013<br />
Shortlinks<br />
http://gruenlink.de/jss = http://www.toni-hofreiter.de/dateien/130418_Eckpunktepapier_Verkehrslaerm-wirksam-reduzieren.pdf<br />
http://gruenlink.de/jst = http://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/<br />
gruenebundestag_de/fraktion/beschluesse/Beschluss_Bahnkonzept.pdf<br />
http://gruenlink.de/jsu = http://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/<br />
gruenebundestag_de/fraktion/beschluesse/Reader_Vision_Zero_2007.pdf<br />
http://gruenlink.de/gdh = http://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/<br />
gruenebundestag_de/fraktion/beschluesse/Beschluss_Buergerbeteiligung.pdf<br />
http://gruenlink.de/jsv = http://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/<br />
gruenebundestag_de/fraktion/beschluesse/bundesmobilitaetsplan.pdf<br />
http://gruenlink.de/jsw = http://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/<br />
gruenebundestag_de/fraktion/beschluesse/schifffahrt.pdf<br />
2
<strong>In</strong> <strong>12</strong> <strong>Schritten</strong> <strong>zur</strong> <strong>Verkehrswende</strong>:<br />
weniger Verkehr – mehr Mobilität für alle!<br />
<strong>In</strong> dieser Broschüre habe ich zusammengestellt, was<br />
wir GRÜNE in der nächsten Legislaturperiode anstreben,<br />
um den nötigen Paradigmenwechsel in der Verkehrspolitik,<br />
die <strong>Verkehrswende</strong>, zu schaffen.<br />
Diese Wende ist aus vielen Gründen notwendig:<br />
• der Klimawandel muss gebremst werden,<br />
• unsere fossilen Rohstoffe, die immer noch den größten<br />
Teil der Energieversorgung im Verkehrsbereich<br />
stellen, sind endlich,<br />
• der demografische Wandel fordert neue Mobilitätskonzepte<br />
(gerade im ländlichen Raum),<br />
• verkehrsbedingter Flächenverbrauch und weitere<br />
Biotopzerschneidung sind unverantwortlich,<br />
• Menschen werden durch unsicheren und lauten<br />
Verkehr krank und wir brauchen wieder mehr Raum<br />
für lebenswertes Leben in unseren Städten.<br />
Höchste Zeit also um eine nachhaltige Mobilität für alle<br />
einzufordern und aufzubauen.<br />
Die vorgeschlagenen <strong>12</strong> Schritte fassen die verkehrspolitischen<br />
Forderungen des Bundestagswahlprogramms<br />
zusammen. Zitate aus dem Programm sind dabei der<br />
Übersichtlichkeit halber grün hervorgehoben.<br />
Wo es Beschlüsse der Fraktion in der letzten Legislaturperiode<br />
gegeben hat, wird auf diese verwiesen.<br />
Euer <strong>Toni</strong><br />
3
So gelingt die <strong>Verkehrswende</strong>:<br />
in <strong>12</strong> <strong>Schritten</strong> vom Verkehrschaos <strong>zur</strong> Mobilität<br />
Verkehrsprobleme beschäftigen uns landauf, landab.<br />
Doch wie soll eine <strong>Verkehrswende</strong>, die weniger Verkehrsbelastung<br />
aber mehr Mobilität ermöglicht, gelingen?<br />
Uns GRÜNEN wird oft vorgehalten, den Verkehr<br />
behindern zu wollen, durch Tempolimit oder Flugbenzinbesteuerung.<br />
Doch genau das Gegenteil ist der Fall:<br />
Wir wissen, wie wichtig die Mobilität für unsere Gesellschaft<br />
ist. Wir wollen allerdings weg von Geschwindigkeitsrekorden<br />
für Einzelne hin zu einer nachhaltigen<br />
Mobilität; und das unter Berücksichtigung von<br />
Klimaschutz, demografischem Wandel, schwindenden<br />
Ressourcen und Flächenverbrauch. Nicht zuletzt müssen<br />
dabei die knappen Mittel möglichst effizient für Bau und<br />
Unterhalt der <strong>In</strong>frastruktur eingesetzt werden.<br />
Lärm, Stau und verkehrlich bedingte Umweltschädigungen<br />
belasten außerdem unser aller Gesundheit. Wir<br />
verzeichnen immer noch zu viele Verletzte und Tote<br />
durch den Verkehr.<br />
Modernes Leben heißt mobiles Leben. Dabei wird allerdings<br />
zu oft übersehen, dass – durch den Fokus auf den<br />
motorisierten <strong>In</strong>dividualverkehr – für viele Menschen<br />
ein mobiles Leben immer schwieriger wird. Wir dagegen<br />
wollen Mobilität, nämlich Mobilität für ALLE.<br />
So heißt es auch ganz treffend im Bundestagswahlprogramm<br />
der GRÜNEN:<br />
Mobilität ist Bewegungsfreiheit. Sie ist ein unverzichtbarer<br />
Bestandteil unseres Lebens, Voraussetzung für<br />
gesellschaftliche Teilhabe und Ausdruck von Freiheit<br />
und Selbstverwirklichung.<br />
4
Verkehrsvermeidung und<br />
Verkehrsverlagerung<br />
Wichtigster und erster Schritt bei einer ökologischen<br />
<strong>Verkehrswende</strong> ist die Überlegung, welche Verkehre<br />
vermieden oder verlagert werden können.<br />
Verkehrsvermeidung: hierbei ist nicht nur an die<br />
Stadt der kurzen Wege zu denken und an neue Wohngebiete<br />
ohne Auto. Auch viele Gütertransporte können<br />
durch die Unterstützung von regionalen Wirtschaftskreisläufen<br />
und durch Einbeziehung aller Kosten bei<br />
der Berechnung der Maut für Lkw eingespart werden.<br />
<strong>In</strong>nerstädtisch ist hier auch daran zu denken, lieber bauliche<br />
Lücken zu schließen als neue Gebiete zu bebauen.<br />
Verkehrsverlagerung: Mehr Verkehr auf die Schiene,<br />
das kann nur gelingen mit einem besseren Angebot der<br />
Bahn (siehe hierzu „die Grüne Bahn“) und mehr Kostengerechtigkeit<br />
im Verkehr.<br />
Alle hier aufgezählten Schritte sind diesen Zielen untergeordnet,<br />
um damit letztlich auch durch eine Reduzierung<br />
des individuellen Straßenverkehrs wieder mehr<br />
Raum zu schaffen für nachhaltige Mobilität und für<br />
mehr Leben in den Städten.<br />
1. Bedarfsgerechter ÖPNV<br />
„<strong>In</strong> Deutschland werden pro Tag rund 280 Mio. Wege<br />
mit über drei Mrd. Personenkilometern <strong>zur</strong>ückgelegt.<br />
Rund 58 % dieser Wege werden mit dem Pkw <strong>zur</strong>ückgelegt,<br />
weitere 24 % zu Fuß, 10 % mit dem Fahrrad und 8 %<br />
entfallen auf den Öffentlichen Verkehr (Busse, Straßenbahnen<br />
etc.)“, so das Umweltbundesamt Ende 20<strong>12</strong>.<br />
„375 Euro monatlich zahlt ein durchschnittlicher Arbeitnehmerhaushalt<br />
für sein Auto (Betrieb und Fixkosten),<br />
ohne das für besonders teuer zu halten. Der durchschnittliche<br />
Betrag von 23 Euro im Monat für den öffentlichen<br />
Verkehr gilt dagegen als sehr teuer!“ (Ergebnisse<br />
des Mikrozensus).<br />
Da liegt es nahe, eine Steigerung des ÖPNV über eine<br />
bezahlbare Preispolitik zu erreichen. Andere Länder<br />
zeigen: Die Preispolitik und das Angebot haben enorme<br />
Auswirkungen auf die Akzeptanz des ÖPNV. So gibt<br />
es beispielsweise in Wien seit einem guten Jahr die<br />
einfache Formel „Ein Tag „Öffis“ kostet im Jahr (täglich)<br />
einen Euro“, d.h. eine Jahreskarte kostet 365 Euro - und<br />
der Modal Split-Anteil liegt in Wien bei über 37 Prozent,<br />
in Berlin hingegen nur bei 26 bis 27 Prozent (Angaben<br />
hierzu schwanken!)<br />
5
Erste Grüne Forderung ist daher die nach bezahlbaren<br />
und fairen Preisen, sowie nach einer angemessenen<br />
öffentlichen Finanzierung:<br />
Länder und Kommunen brauchen zudem eine gesicherte<br />
Finanzierungsgrundlage für eine ambitionierte ÖPNV-<br />
Offensive, bis hin zu Modellprojekten für einen ticketfreien<br />
Nahverkehr. Es muss darüber hinaus eine bedarfsgerechte<br />
Anschlussfinanzierung für das entfallene<br />
Bundes-GVFG (also für die Subventionierung großer<br />
ÖPNV-Projekte) über 2019 hinaus geben.<br />
Im Bayerischen Landtagswahlprogramm wird konkret<br />
eine freie Fahrt unter 18 und ein Semesterticket für<br />
Studierende eingefordert.<br />
Gerade für den ländlichen Raum sind jedoch zusätzlich<br />
<strong>zur</strong> Preispolitik noch verstärkte alternative Angebote,<br />
wie Sammeltaxis, Rufbusse, Bürgerbusse etc. nötig.<br />
Durch grüne <strong>In</strong>itiative sind bereits in dieser Legislaturperiode<br />
die rechtlichen Voraussetzungen mit der<br />
Novelle des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG)<br />
geschaffen worden.<br />
Mobilität ist allerdings für alle wichtig, daher ist eine<br />
der Kernforderungen auch: Wir wollen in den nächsten<br />
zehn Jahren den öffentlichen Personennahverkehr<br />
durchgehend barrierefrei gestalten.<br />
6<br />
Und Mobilität muss besser verknüpft und einfacher<br />
werden:<br />
Kombinierte Mobilität aus Fuß- und Radverkehr, Bus<br />
und Bahn, Taxi und Car bzw. Bikesharing mit einer einzigen<br />
Mobilitätskarte und Mobilitäts-Apps machen den<br />
Nahverkehr einfach, schnell und flexibel.<br />
Auch gute Fahrradabstellmöglichkeiten sind wichtig für<br />
einen gut funktionierenden ÖPNV
2. Lärm<br />
Lärm gefährdet die Gesundheit und kann zu schweren<br />
Erkrankungen führen. Neben Baustellenlärm wird vor<br />
allem Verkehrslärm von den meisten Menschen als<br />
besonders störend empfunden. Entgegen der landläufigen<br />
Meinung, ist es NICHT möglich, sich an Lärm zu<br />
gewöhnen. Selbst, wenn man ihn nicht mehr bewusst<br />
wahrnimmt, (was als Gewöhnung empfunden wird),<br />
wirkt Lärm weiterhin auf die Seele und den Körper.<br />
Die Weltgesundheitsorganisation benennt Lärm als<br />
zweitstärkstes Gesundheitsrisiko und geht davon aus,<br />
dass in Europa jeder dritte Mensch durch Verkehrslärm<br />
beeinträchtigt wird.<br />
Grüne Forderungen:<br />
• Die Verkehrslärmbelastung senken,<br />
• Rechte von Betroffenen stärken,<br />
• 10-Jahres-Programm mit jeweils 400 Mio. Euro pro<br />
Jahr,<br />
• 1 Milliarde Euro zusätzlich für den Ausbau des Schienennetzes<br />
mit Lärmschutz,<br />
• Fluglärmgesetz.<br />
Siehe hierzu auch das Eckpunktepapier zum Thema<br />
Lärm von <strong>Toni</strong>: http://gruenlink.de/jss<br />
3. Die „grüne“ Bahn<br />
Vorfahrt für die Schiene: Die Bahn soll ihren Anteil am<br />
Verkehr verdoppeln! Das erfordert einige Anstrengungen<br />
und vor allem Geld. Wir GRÜNEN schlagen daher<br />
vor, die Milliardengewinne der <strong>In</strong>frastruktursparten<br />
nicht an den Konzern abzuführen, sondern direkt in die<br />
<strong>In</strong>frastruktur zu reinvestieren. Gleichzeitig soll durch die<br />
stärkere Konkurrenz auf der Schiene der Wettbewerb<br />
angekurbelt werden, allerdings immer unter der Prämisse,<br />
dass das Netz im Eigentum des Bundes bleibt.<br />
Bei der Schiene soll ein langfristiges Zielnetz 2050 entwickelt<br />
werden, das auf einen deutschlandweiten Taktfahrplan<br />
mit einem verbesserten Personenverkehr ausgelegt<br />
ist und mehr Kapazität für den Güterverkehr schafft.<br />
Weitere grüne Maßnahmen:<br />
• Reaktivierung von stillgelegten Strecken,<br />
• Sicherung eines attraktiven Fernverkehrs durch ein<br />
Fernverkehrssicherstellungsgesetz,<br />
• Trennung von Netz und Betrieb,<br />
• Unterstützung der Vollendung eines einheitlichen<br />
europäischen Eisenbahnraumes,<br />
Siehe hierzu auch das Bahnkonzept der grünen Bundestagsfraktion:<br />
http://gruenlink.de/jst<br />
7
4. Absenkung der CO 2 -Werte<br />
mit Hilfe neuer gesetzlicher<br />
Regelungen<br />
Der Autoverkehr ist in Deutschland noch immer für<br />
20 % der Treibhausemissionen zuständig.<br />
Der Verkehr insgesamt ist Deutschlands Energiefresser<br />
Nr.1: Er verbraucht 50 % mehr Energie als die Stromerzeugung.<br />
Während in anderen Bereichen der Verbrauch<br />
bereits deutlich reduziert werden konnte, ist im Verkehrssektor<br />
so gut wie kein Rückgang erreicht worden.<br />
„Im Jahr 2010 wurden<br />
im Straßenverkehr in<br />
Deutschland 1.903 Mio.<br />
Liter Kraftstoff mehr<br />
verbraucht als 1993. Der<br />
Verbrauch im Personenverkehr<br />
lag im Jahr 2010<br />
um 5,5 % niedriger als<br />
im Jahr 1993. (…) Der<br />
Kraftstoffverbrauch im<br />
Straßengüterverkehr<br />
stieg hingegen von 1993<br />
bis 2010 um 27,6 %.<br />
Ursache hierfür ist ein deutlich gestiegenes Transportaufkommen“,<br />
so die Zahlen des Umweltbundesamtes.<br />
Um eine Verminderung der CO 2 -Emissionen zu erreichen,<br />
muss also vor allem eine Reduzierung des Kraftstoffverbrauches<br />
erfolgen.<br />
Unser Ziel ist es, bis 2020 die Treibhausgasemissionen<br />
des Verkehrs um 20% zu senken. Die Vision 2040 lautet,<br />
den Verkehr nahezu komplett auf Erneuerbare Energien<br />
umzustellen.<br />
GRÜNE Forderungen, um dieses Ziel zu erreichen:<br />
• 2020: Dreiliterauto (80g CO / km),<br />
2<br />
2025: Zweiliter auto (60g CO / km),<br />
2<br />
• Dienstwagenprivileg streichen.<br />
Um das zu erreichen, werden wir einen Technologiewandel<br />
vorantreiben: von effizienten Antrieben über<br />
Leichtbautechnik bis hin <strong>zur</strong> Elektromobilität mit Strom<br />
aus Erneuerbaren Energien.<br />
Es muss auf Käuferseite Anreize geben, besonders sparsame<br />
Autos zu kaufen.<br />
Auch über die Finanzierung gibt es bereits Klarheit:<br />
Wir werden dies gegenfinanzieren durch eine Reform<br />
der Kfz-Steuer.<br />
8
5. Verkehrssicherheit<br />
Eine weitere Möglichkeit CO2 einzusparen ist die Einführung<br />
eines Tempolimits. Das spart Energie, senkt<br />
den Lärm und erhöht die Verkehrssicherheit. Es gab auf<br />
Autobahnabschnitten ohne Geschwindigkeitsbeschränkungen<br />
im Jahr 2007 über 400 Tote. Die Anzahl der<br />
Toten und Schwerverletzten ging zwar seit dem Höhepunkt<br />
in den 70er-Jahren deutlich <strong>zur</strong>ück, doch jeder<br />
Tote ist einer zu viel. Ein sinnvolles Tempolimit ermöglicht<br />
uns, noch weitaus bessere Ergebnisse zu erzielen.<br />
Autobahnabschnitte ohne Geschwindigkeitsbegrenzung<br />
sind im Vergleich zu Abschnitten mit Geschwindigkeitsbegrenzungen<br />
sehr viel unfallträchtiger. Langfristiges<br />
Ziel ist, jeden einzelnen Toten und Schwerverletzten im<br />
Straßenverkehr zu vermeiden.<br />
Abgesehen davon belaufen sich die gesellschaftlichen<br />
Kosten von Pkw-Verkehrsunfällen in Deutschland (inkl.<br />
Gesundheitskosten) auf ca. 30 Mrd. € jährlich. Dieses<br />
Geld könnte also gut in verschiedene Aktionen für<br />
mehr Verkehrssicherheit investiert werden.<br />
Mit dem Programm „Vision Zero“ wollen wir den Straßenverkehr<br />
sicherer machen… Wir wollen ein generelles<br />
Tempolimit auf Autobahnen von <strong>12</strong>0 km/h und 80 km/h<br />
auf zweispurigen Landstraßen!<br />
Weiterhin sollen die rechtlichen Voraussetzungen dafür<br />
geschaffen werden, dass Kommunen überall dort, wo<br />
sie es nötig finden, Tempo 30 ausweisen können, auch<br />
auf Staats- und Bundesstraßen in ihrem Gebiet.<br />
Siehe hierzu den Reader „Vision Zero: http://gruenlink.<br />
de/jsu<br />
9
6. Mobilität in der Kommune<br />
Auch innerorts soll der Verkehr sicherer werden. Mit<br />
Tempo 30 werden alle Verkehrsteilnehmer_innen besser<br />
geschützt: Ältere Menschen, Kinder, Fahrradfahrer_<br />
innen sowie mobilitätseingeschränkte Menschen und<br />
Blinde. Für eine nachhaltige Mobilität in der Kommune<br />
ist das Tempolimit ein wichtiger Punkt, aber nicht der<br />
Einzige. Wir wollen:<br />
• intelligente Mobilitätskonzepte unter dem Motto<br />
„Nutzen statt Besitzen“,<br />
• einen stärker geförderten Umweltverbund mit guten<br />
Carsharing Angeboten,<br />
• eine Steigerung des Anteils des Radverkehrs bis 2020<br />
auf über 20 %, z.B. durch Radschnellwege, verbesserte<br />
Angebote der Fahrradmitnahme im ÖPNV,<br />
• Begegnungszonen und Shared Space Angebote.<br />
Die Kommunen müssen mit ausreichenden finanziellen<br />
Mitteln und rechtlichen Möglichkeiten ausgestattet werden,<br />
um die <strong>Verkehrswende</strong> in der Stadt durchzusetzen:<br />
Wir wollen den Kommunen ermöglichen, die Voraussetzungen<br />
für Car-Sharing-Parkflächen im öffentlichen<br />
Raum, für City-Maut-Modelle, autofreie <strong>In</strong>nenstadtbereiche<br />
und Shared-Space-Zonen zu schaffen.<br />
7. Maut<br />
Seit langem sucht der Bund nach neuen Einnahmequellen<br />
für Straßenbau und den immer kostspieligeren<br />
Straßenunterhalt, die aus den öffentlichen Haushalten<br />
kaum noch finanziert werden können. Bei den bisherigen<br />
Modellen geht es nicht um eine Umstellung des<br />
Verkehrs auf eine umweltfreundliche oder sozial abgesicherte<br />
Nutzerfinanzierung. Wir wollen mit der Maut<br />
Kostenwahrheit und gleichzeitig eine Steuerungsfunktion,<br />
um den Verkehr entweder zu vermeiden oder zu<br />
verlagern. Dabei gibt es drei Stellschrauben, an denen<br />
prinzipiell gedreht werden kann:<br />
Wir wollen die Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen<br />
ausweiten. Die Mautpflicht soll bereits ab 3,5 Tonnen<br />
10
eginnen, wie es z.B. in der Schweiz und in Österreich<br />
der Fall ist. Außerdem setzen wir uns für eine weitere<br />
Spreizung der Lkw-Maut nach Abgasnormen ein, um<br />
finanzielle Anreize <strong>zur</strong> Umrüstung auf umweltfreundliche<br />
Fahrzeuge zu setzen. Die externen Umweltkosten<br />
müssen bei der Ermittlung der Mautsätze eingerechnet<br />
werden. Auch wollen wir die Fernbusse in die Mautpflicht<br />
aufnehmen.<br />
Eine Pkw-Maut kann man prinzipiell zeitbezogen oder<br />
streckenbezogen erheben. Eine zeitbezogene Maut ist<br />
unsozial und unökologisch! Unsozial, da sie Vielfahrer<br />
belohnt und Gelegenheitsfahrer bestraft, unökologisch,<br />
da sie keinen Unterschied macht zwischen Spritschluckern<br />
und sparsamen Autos bzw. sparsamer Fahrweise.<br />
Die streckenbezogene Maut ist zumindest im Moment<br />
noch keine Option, da der Aufwand in keinem Verhältnis<br />
<strong>zur</strong> Wirkung steht. Außerdem gibt es große datenschutzrechtliche<br />
Bedenken.<br />
Für City-Maut-Modelle wollen wir die rechtlichen Voraussetzungen<br />
schaffen, so dass jede Kommune selber<br />
entscheiden kann, ob das für sie Sinn macht oder nicht.<br />
Siehe hierzu unsere Hintergrundinfo zu Maut: www.<br />
toni-hofreiter.de/dateien/hintergrundinfo_maut.pdf<br />
8. Bürgerbeteiligung<br />
Verkehr zieht immer auch <strong>In</strong>teressenskonflikte nach<br />
sich. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger mischen sich<br />
deswegen selbst in die Verkehrspolitik ein und wollen<br />
diese mitgestalten.<br />
Bürgerbeteiligung ist ein Markenzeichen GRÜNER<br />
Politik. Gerade bei Verkehrsprojekten dürfen heute<br />
Bürger_innen und Kommunen erst dann Stellung nehmen,<br />
wenn die Planung bereits fertig ist. Änderungen<br />
sind dann nur noch im kleinen Rahmen möglich. Deshalb<br />
wollen wir Transparenz über alle Planungsstufen<br />
hinweg.<br />
Wichtig ist dabei auch ein ehrlicher Umgang mit den<br />
Kosten und Risiken. Zahlen und Berechnungen müssen<br />
öffentlich gemacht werden, nur dann können die Betroffenen<br />
auf Augenhöhe mitreden.<br />
GRÜNE Bürgerbeteiligung heißt:<br />
• Transparenz und ein umfangreiches <strong>In</strong>formationsrecht<br />
in allen Planungsstufen,<br />
• Zugang zu allen planungsrelevanten Unterlagen im<br />
<strong>In</strong>ternet,<br />
• ggf. professionelles Konfliktmanagement,<br />
11
• frühzeitige Beteiligung, bereits bei der Entscheidung<br />
über das Ob und Wie einer Planung,<br />
• verbesserte rechtliche Überprüfungsmöglichkeiten.<br />
GRÜNE Bürgerbeteiligung schafft:<br />
• bessere Akzeptanz von Projekten vor Ort,<br />
• kreative Ideen und Lösungsmöglichkeiten,<br />
• moderne <strong>In</strong>frastruktur,<br />
• bedarfsgerechte <strong>In</strong>frastruktur statt Prestigeobjekte.<br />
Siehe hierzu auch das Positionspapier der grünen Bundestagsfraktion:<br />
http://gruenlink.de/gdh<br />
9. Bundesmobilitätsplan<br />
Zurzeit wird der neue Bundesverkehrswegeplan (BVWP)<br />
erarbeitet. Dieser soll 2015 fertig sein und von 2016<br />
bis 2030 gelten. Es handelt sich allerdings voraussichtlich<br />
wieder nur um eine reine „Wünsch-dir-was-Liste“.<br />
Anforderungen des Klima-, Umwelt- und Lärmschutzes<br />
werden lediglich am Rande berücksichtigt.<br />
Wir wollen einen Gesamtverkehrsplan oder Bundesmobilitätsplan,<br />
der nicht nur isoliert den <strong>In</strong>frastrukturbereich<br />
betrachtet, sondern verkehrspolitische Leitlinien,<br />
Ziele und Maßnahmen für eine ganzheitliche, Verkehrsträger<br />
übergreifende Verkehrspolitik festlegt.<br />
Dafür brauchen wir messbare Ziele und Größen (z.B.<br />
Absenkung des CO 2 Ausstoßes, Taktung des Bahnverkehrs,<br />
Abwicklung des Güterverkehrs auf der Schiene<br />
etc.). Dieser Bundesmobilitätsplan soll die Grundlage<br />
für den künftigen <strong>In</strong>frastrukturplan (bislang Bundesverkehrswegeplan)<br />
sein.<br />
Ein GRÜNER Bundesmobilitätsplan beinhaltet:<br />
<strong>12</strong><br />
• Einberechnung der Folgekosten (z.B. für Brücken und<br />
Tunnel),<br />
• Erhalt vor Neubau,<br />
• Konzentration auf ein Autobahnkernnetz,
10. Flugverkehr<br />
Wir sehen das Wachstum des Flugverkehrs sehr kritisch,<br />
da der Flugverkehr mit Abstand der klimaschädlichste<br />
Verkehrsbereich ist und die Menschen vor Ort durch<br />
den Lärm stark beeinträchtigt. Wir wollen ein nationales<br />
Flughafenkonzept für mehr Lärmschutz entwickeln, das<br />
die Möglichkeit von Ausbaustopps beinhaltet.<br />
• umfassendes <strong>In</strong>formationsrecht bei allen Planungsschritten<br />
und Mitgestaltung der Bürgerinnen und<br />
Bürger von Anfang an,<br />
• Ausbau der Bundesverkehrswegeplanung zu einer<br />
verkehrsträgerübergreifenden Netzplanung,<br />
• Schaffung von Grünbrücken,<br />
• Verzicht auf die sog. „Planungsreserve“,<br />
• realistische und ehrliche Kostenberechnungen.<br />
Ein Bundesmobilitätsplan setzt entlang von verkehrspolitischen<br />
Leitlinien, Ziele der Verkehrspolitik bis 2030 und<br />
darüber hinaus bis 2050 fest. Dabei werden die Ziele des<br />
Weißbuchs Verkehr der EU von 2011 berücksichtigt.<br />
Siehe hierzu auch das Positionspapier „Vom Bundesverkehrswegeplan<br />
zum Bundesmobilitätsplan“:<br />
http://gruenlink.de/jsv<br />
Das Wachstum des Flugverkehrs wird wesentlich durch<br />
kommunale Beihilfen für Regionalflughäfen sowie durch<br />
Subventionierung in Form von Steuerprivilegien bei<br />
der Energiebesteuerung und der Mehrwertsteuer bei<br />
Auslandsflügen begünstigt. Diese Subventionierung in<br />
Milliardenhöhe muss beendet werden. Wir wissen wie<br />
schwer es im Flugverkehr ist, aufgrund internationaler<br />
Verpflichtungen, nationale Regelungen durchzusetzen.<br />
Wir werden hier aber langfristig nicht aufgeben.<br />
Die Luftverkehrssteuer und den<br />
Emissionshandel wollen wir<br />
ökologischer ausgestalten und<br />
die Kurzstreckenflüge möglichst<br />
auf die Schiene verlagern.<br />
Viele Anwohner_innen werden<br />
stark belastet durch Fluglärm.<br />
13
Wir wollen daher gesetzliche Regelungen, um dies<br />
einzudämmen, nämlich ein Fluglärmgesetz und ein<br />
Nachtflugverbot. Die Flugroutenplanung muss in enger<br />
Absprache mit den Bürger_innen erfolgen.<br />
11. Binnenschifffahrt<br />
Die Binnenschifffahrt spielt in Deutschland nur an<br />
wenigen Wasserstraßen eine gewichtige Rolle. Unter<br />
bestimmten Umständen kann sie sogar eines der<br />
umweltfreundlichsten Verkehrsmittel sein, allerdings<br />
nur, wenn sich die Schiffe den Flussläufen anpassen und<br />
nicht umgekehrt.<br />
Zu den wichtigsten Wasserstraßen in Deutschland<br />
gehören der Rhein und einige Kanäle wie der Nord-<br />
Ostsee-Kanal. Sie sollen nach ihrer Bedeutung und<br />
ihrem Ausbaubedarf in einzelne Kategorien eingeteilt<br />
werden. Dabei muss die Erhaltung der Hauptstrecken<br />
im Vordergrund stehen. Die Reform der Wasser- und<br />
Schifffahrtsverwaltung muss fortgeführt werden. Unter<br />
Beteiligung aller Betroffenen soll der Bedarf geprüft und<br />
die Verwaltung umgestaltet werden.<br />
<strong>In</strong>sbesondere ist zu untersuchen, inwiefern Aufgaben<br />
des Naturschutzes und des Hochwasserschutzes besser<br />
berücksichtigt werden können.<br />
Die Binnenschifffahrt wollen wir fördern, wenn es ökologische<br />
und ökonomische Vorteile gegenüber anderen<br />
Verkehrsträgern gibt und sich die Schiffe den Flüssen<br />
anpassen. Bei den Wasserstraßen geht es um den Erhalt<br />
einer sinnvollen <strong>In</strong>frastruktur anstatt einzigartige Flusslandschaften<br />
wie Elbe und Donau zu ruinieren.<br />
Auch die Binnenschifffahrt muss in Verkehrsträger übergreifende<br />
Konzepte eingebunden werden.<br />
Siehe hierzu und vor allem auch <strong>zur</strong> maritimen Seefahrt<br />
den grünen Fraktionsbeschluss von 2011: http://gruenlink.de/jsw<br />
14
<strong>12</strong>. …und noch viele kleine<br />
Möglichkeiten<br />
Um Verkehr zu vermeiden oder zu verlagern, sind<br />
außerdem eine Menge kleinerer push-and-pull-Maßnahmen<br />
möglich. Hierzu zählt alles, was zum einen<br />
die Menschen und Güter von der Straße weg bringt<br />
und zum anderen das, was sie in den Umweltverbund<br />
„hineinlockt“.<br />
Verschiedene Kommunen, Regionen oder Länder gehen<br />
hier mit guten Beispielen und kreativen Ideen voran;<br />
denkbar sind:<br />
• Angebote in Schulen <strong>zur</strong> umweltbewussten Mobilitätserziehung,<br />
• moderne Verkehrsleitsysteme <strong>zur</strong> Steigerung der<br />
Effizienz bestehender Straßen und bestehender Lkw-<br />
Parkplätze, statt immer mehr Neubau,<br />
• Durchfahrtsperren für Lkw in besonders belasteten<br />
Ortsdurchfahrten,<br />
• Lastenfahrräder für innerstädtische Logistiktransporte,<br />
Und nicht zu vergessen: Die Mobilität der Menschen<br />
ist enorm wichtig, zu viel Verkehr jedoch in den meisten<br />
Fällen überflüssig oder sogar hinderlich!<br />
• Verkehrsverbünde mit umfassender Mobilitätskarte<br />
flächendeckend einführen<br />
• Verbot von Gigalinern,<br />
• kostenlos innerstädtisch parken für besonders sparsame<br />
Autos,<br />
• Gender Mainstreaming bei städtebaulichen Planungen,<br />
• <strong>In</strong>ternetplattformen für Mitfahrgelegenheiten:<br />
Wir wollen eine bundesweite Imagekampagne für<br />
Fahrgemeinschaften, um Verkehrsbelastungen zu<br />
verringern,<br />
15
„Menschen verdanken ihre Fähigkeit zum intelligenten Handeln nicht der Fortbewegung,<br />
zu der sie fähig sind, sondern es kommt auf die geistige Mobilität an!“<br />
von Hermann Knoflacher in „Zurück <strong>zur</strong> Mobilität“<br />
Dr. <strong>Toni</strong> <strong>Hofreiter</strong> MdB<br />
Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN<br />
Platz der Republik 1<br />
11011 Berlin<br />
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