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Unsere Wirtschaft - IHK Lüneburg-Wolfsburg

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Schwerpunkt<br />

Trotz exzellenter Ausbildung und Leistung: Frauen besetzen nur drei von 100<br />

Spitzenpositionen in den größten deutschen Unternehmen. Das will Andrea Och<br />

ändern. Die Unternehmensberaterin und Markenexpertin aus Hamburg erklärt<br />

in Seminaren und in ihrem Buch „Lust auf Macht“, warum eine gute Leistung nur<br />

die Eintrittskarte in die Chefetagen ist – und worauf es wirklich ankommt.<br />

Mit ihr sprach Sandra Bengsch.<br />

Die Spielregeln der Macht<br />

Frau Och, ihr Buch trägt den Titel „Lust auf<br />

Macht“. Haben Frauen denn Lust auf Macht?<br />

Sagen wir mal so: Ich habe dieses Buch<br />

geschrieben, um Frauen Lust auf Macht<br />

zu machen. Denn das Riesenproblem ist,<br />

dass Frauen mit Macht vor allem negative<br />

Aspekte assoziieren. Machtmissbrauch<br />

oder die dunkle Seite der Macht. Sie verkennen,<br />

dass Macht Gestaltungsspielraum<br />

und Handlungsfreiheit bedeutet. Und es<br />

bedeutet, Verantwortung für sich und andere<br />

zu übernehmen, über den eigenen<br />

Vorteil hinaus. Wenn ich Macht so definiere,<br />

ist es etwas sehr positives – und etwas,<br />

worauf Frauen durchaus Lust haben.<br />

Aber noch sitzen fast ausschließlich Männer auf<br />

den Chefsesseln deutscher Unternehmen. Woran<br />

scheitern Frauen?<br />

Frauen tragen selbst einen großen Anteil<br />

daran, dass sie nicht aufsteigen. Das klingt<br />

erst einmal hart. Aber das Schöne daran<br />

ist, wenn es an uns liegt, können wir es<br />

auch ändern. Ein Anfang wäre, dass Frauen<br />

ein Bewusstsein für Machtdimensionen<br />

entwickeln. Denn meist sind sie auf diesem<br />

Auge blind und verstoßen deshalb unbewusst<br />

gegen die Spielregeln der Macht.<br />

Die da wären?<br />

Da gibt es viele. Sie dürfen zum Beispiel<br />

niemals an der Machtbasis ihres Vorgesetzten<br />

kratzen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel:<br />

Sie sitzen mit Ihrem Chef in einem<br />

Meeting, weil er Sie als Expertin dazu gerufen<br />

hat. Außer Ihnen sitzen ausschließlich<br />

Kollegen auf der Hierarchieebene<br />

ihres Chefs am Tisch. In diesem Moment<br />

hat keiner offiziell die Macht. Doch wenn<br />

dort gute Strategen versammelt sind, werden<br />

diese alles daran setzen, die eigene<br />

Machtbasis auszuloten und gegebenenfalls<br />

zu erweitern. Wenn ihr Vorgesetzter<br />

jetzt ihr Thema vorstellt und dabei einen<br />

gravierenden Fehler macht, dürfen Sie ihn<br />

unter keinen Umständen vor allen anderen<br />

korrigieren. Denn dann untergraben<br />

Sie seine Machtbasis und das wird er<br />

ahnden. Aber Frauen verstehen das nicht,<br />

weil sie gar nicht in diesen Machtdimensionen<br />

denken.<br />

Und wie denken Frauen?<br />

Frauen denken ergebnisorientiert. Sie wollen<br />

die beste Lösung und haben deshalb<br />

auch gar keine Skrupel, den Fehler des<br />

Chefs sofort zu korrigieren. Sie glauben,<br />

dass Leistung der einzige Aufstiegsfaktor<br />

ist und versuchen, ständig perfekt zu sein.<br />

Aber Perfektionismus ist ein Klotz am Bein,<br />

der das Gegenteil von Effektivität bedeutet.<br />

Warum das?<br />

Kein Mensch kann heutzutage mehr perfekt<br />

sein. Durch diesen Anspruch, geraten<br />

wir in eine Negativspirale: Das Selbstbewusstsein<br />

sinkt, wir trauen uns weniger zu<br />

und schaffen so selbst die Voraussetzungen<br />

dafür, dass andere uns überholen, obwohl<br />

sie viel weniger leisten. Eine Top-Leistung<br />

ist nur die Eintrittskarte. Aber um<br />

aufzusteigen, braucht es wesentlich mehr.<br />

Und worauf kommt es stattdessen an?<br />

Frauen, die es an die Spitze schaffen wollen,<br />

empfehle ich, sich als allererstes ihre<br />

Stärken bewusst zu machen. Sie müssen<br />

sich fragen: Worin bin ich besser als alle<br />

anderen? Und wo kann ich diese Stärken<br />

besonders gut einsetzen. Danach sollten<br />

sie ihre Karriere ausrichten, dann wird der<br />

Aufstieg plötzlich ganz leicht. Aber Frauen<br />

fällt das schwer. Sie denken zu sehr in Defiziten,<br />

Männer dagegen in Chancen. Der<br />

Vorstand eines großen Finanzkonzerns<br />

hat mir dafür einmal ein gutes Beispiel<br />

erzählt. Er sagte, wenn er die Leitung für<br />

ein Projekt zu vergeben hat, das für den<br />

Unternehmenserfolg sehr wichtig ist, sieht<br />

er sich in seinem Unternehmen um und<br />

findet zehn geeignete Männer und zehn<br />

geeignete Frauen. Die Männer erfüllen die<br />

erforderlichen Qualifikationen zu durchschnittlich<br />

50 Prozent, die Frauen zu 80<br />

Prozent. Wenn er aber frage, wer die Leitung<br />

übernehmen will, sagen alle Männer<br />

ausnahmslos: Ich mache das. Und die<br />

Frauen winken ab: Ich bin ja noch nicht<br />

soweit, mir fehlen noch 20 Prozent, ich<br />

brauche noch eine Schulung und so weiter.<br />

Frauen trauen sich also zu wenig zu?<br />

Genau. Frauen sind zu selten mutig. Sie<br />

wollen kein Risiko eingehen. Wenn ich<br />

aber etwas Neues lernen will, muss ich<br />

unbekanntes Gebiet betreten. Sonst kann<br />

ich nicht weiterkommen. Männer haben<br />

einen unglaublichen Vorteil, weil sie diesen<br />

Mut zur Lücke haben. Das erklärt<br />

allerdings auch, warum so viele Fehlbesetzungen<br />

unterwegs sind. Manche sind<br />

auch zu mutig.<br />

Halten Sie die Quote für ein geeignetes Mittel, um<br />

mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen?<br />

Seit elf Jahren gibt es die Selbstverpflichtung<br />

der Unternehmen, Frauen stärker<br />

an Führung zu beteiligen. In dieser Zeit<br />

hat sich kaum etwas geändert. In den 200<br />

größten deutschen Unternehmen gibt es<br />

keine einzige Frau als Vorstandsvorsitzende.<br />

Auch auf Vorstandsebene bewegt sich<br />

der Frauenanteil im einstelligen Prozentbereich.<br />

Insofern wäre die Quote ein guter<br />

Türöffner. Dabei geht es nicht darum, die<br />

Männer zu vertreiben. Es geht darum, die<br />

26 <strong>Unsere</strong> <strong>Wirtschaft</strong> 6/2013

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