Unsere Wirtschaft - IHK Lüneburg-Wolfsburg
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Schwerpunkt<br />
Männer dominieren die Chef-Etagen deutscher<br />
Unternehmen. Doch immer mehr Frauen rücken nach.<br />
Frauke Betz, Aline Henke und Edith Bischof zeigen,<br />
dass beruflicher Erfolg keine Frage des Geschlechts ist.<br />
Die Unternehmerinnen überzeugen als selbstbewusste<br />
Führungspersönlichkeiten – und bringen Beruf und<br />
Familie problemlos unter einen Hut. Von Grit Preibisch<br />
Pilsener oder Bock: Sechs Biersorten stellt<br />
die Brauerei in Celle her - und beliefert<br />
damit Kunden in ganz Norddeutschland.<br />
Die Erfahrene:<br />
Frauke Betz<br />
Gelbe Buchstaben auf dunkelgrünem<br />
Grund: „Celler Bier“ steht<br />
in großen Lettern auf Bierkästen,<br />
die sich vor Frauke Betz auftürmen. Eine<br />
Maschine stapelt die Kunststoffbehälter mit<br />
dem alkoholhaltigen Inhalt übereinander.<br />
Die Geschäftsführerin der Betz Brauerei<br />
schaut dabei zu. Ihr Blick folgt den Bewegungen<br />
des Maschinenarms, der fünf neue<br />
Boxen vom Laufband auf den Turm hebt.<br />
Einer der Kästen steht etwas schiefer als die<br />
anderen. Er ruckelt und wackelt auf dem<br />
Laufband. Kurzerhand greift Frauke Betz<br />
zu einem Metallstab und rückt den Kasten<br />
durch ein Absperrgitter hindurch zurück in<br />
die Reihe. Ein Blick, ein Entschluss. Frauke<br />
Betz trifft schnelle Entscheidungen – im<br />
Kleinen und im Großen. Sei es ein Kasten,<br />
der umzufallen droht oder ein Geschäftspartner,<br />
der über Preise verhandeln will.<br />
Die 46-Jährige ist immer aufmerksam, immer<br />
Chefin. Gemeinsam mit ihrem Cousin<br />
Stephan Betz leitet die zierliche Frau seit<br />
sieben Jahren die Celler Brauerei und Fabrik<br />
für Getränkerohstoffe. Die <strong>Wirtschaft</strong>swissenschaftlerin<br />
und der Diplombrauer<br />
teilen sich die Aufgaben in dem Familienunternehmen.<br />
Er ist für die Produktion und<br />
die Technik zuständig. Sie übernimmt die<br />
Vermarktung und den Verkauf. Die Rollen<br />
waren von Anfang an klar verteilt. „Dabei<br />
gab es nie Rangeleien um Kompetenzen“,<br />
sagt Frauke Betz: „Wir ergänzen uns einfach<br />
sehr gut.“ Die Celler Brauerei war seit<br />
ihrer Gründung vor 120 Jahren immer in<br />
Männerhand. Eine Frau im Chefsessel ist<br />
neu. „Aber inzwischen selbstverständlich“,<br />
sagt Betz: „Im Mittelpunkt steht immer die<br />
Sache, nicht Mann oder Frau.“<br />
In Deutschland ist knapp jede dritte<br />
Führungskraft weiblich. Ein recht guter<br />
Schnitt. Doch wenn es um Toppositionen<br />
geht, bleiben Frauen meist auf der Strecke<br />
und Männer unter sich. Rund 90 Prozent<br />
der Aufsichtsrats- und Vorstandsposten in<br />
börsennotierten Unternehmen sind mit<br />
Männern besetzt. „Dieses Bild ist in Zukunft<br />
sicher ein anderes“, sagt Frauke Betz:<br />
„Mit jeder neuen Generation übernehmen<br />
immer mehr Frauen Führungsaufgaben.“<br />
Hätte die Cellerin vor einhundert Jahren<br />
eine Brauerei leiten wollen, wäre der Aufschrei<br />
groß gewesen. Heute ist eine Frau<br />
in dieser Branche zwar nicht mehr aufsehenerregend,<br />
aber zumindest selten. Bei<br />
Verbandstreffen sitzt Frauke Betz oft allein<br />
zwischen Männern. Kein Problem für die<br />
wortgewandte Unternehmerin. Im Gegenteil.<br />
„Eine Frau weckt in diesem Geschäft<br />
Neugier“, sagt Betz: „So komme ich mit<br />
Menschen manchmal schneller und unkomplizierter<br />
ins Gespräch.“<br />
Aus Celle nach Frankreich und wieder<br />
zurück: Als Frauke Betz ihren Studienabschluss<br />
in der Tasche hatte, suchte sie ihr<br />
Glück in der Ferne. „Ich wollte einfach<br />
etwas anderes sehen und erleben und meinen<br />
eigenen Weg machen.“ Deshalb ging<br />
die junge Frau kurzentschlossen nach<br />
Frankreich. In Reims und Paris arbeitete<br />
sie zehn Jahre lang als Vertriebsleiterin in<br />
der internationalen Lebensmittelindustrie.<br />
Sie sammelte Erfahrungen im Umgang mit<br />
Kunden und Kollegen, mit Lebensmitteln<br />
und deren Grundstoffen. Nebenbei verbesserte<br />
sie ihre Aufstiegschancen. Ein<br />
französisches Unternehmen bot Frauke<br />
Betz an, eine Niederlassung in Italien zu<br />
führen. Sie war kurz vor dem Absprung in<br />
das Land an der Adria. „Doch mein Vater<br />
kam dazwischen“, sagt Betz mit einem<br />
Augenzwinkern. Er fragte seine Tochter,<br />
ob sie ihm auf seinen Stuhl in der Celler<br />
Brauerei folgen wolle. Frauke Betz überlegte<br />
lang – und folgte schließlich dem Ruf<br />
der Familie. „Ich habe Frankreich mit einem<br />
tränenden Auge verlassen“, sagt Betz:<br />
„Aber letztendlich ist dieser Schritt genau<br />
der Richtige gewesen.“<br />
Von heute auf morgen war Frauke<br />
Betz Geschäftsführerin einer Brauerei<br />
und Fabrik für Getränkerohstoffe<br />
mit zehn Mitarbeitern. Sie arbeitete sich<br />
Schritt für Schritt ein. Erfahren genug war<br />
sie dank der Arbeit in Frankreich. „Mein<br />
Vater schenkte mir von Anfang an sein volles<br />
Vertrauen“, sagt Betz. Bis heute tauscht<br />
sie sich mit Dieter Betz über die Geschäfte<br />
aus. Der 76-Jährige schaut ab und zu im<br />
Betrieb vorbei. „Mein Cousin und ich geben<br />
die Richtung vor“, sagt Betz: „Aber von<br />
unseren Vätern nehmen wir gern noch den<br />
ein oder anderen Ratschlag an.“<br />
<strong>Unsere</strong> <strong>Wirtschaft</strong> 6/2013<br />
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