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Utopien zeichnen ein Bild von der Zukunft, dass als Abbild ...

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paternalistischer Sippen für <strong>ein</strong>e flächendeckende Einbeziehung aller Bewohner in<br />

gesellschaftsbildenden Bereichen (Politik, <strong>Bild</strong>ung, Wirtschaft) sorgt. Die Kehrseite<br />

<strong>der</strong> Uniformiertheit, die aus dem egalitaristischen Gerechtigkeitsbegriff erwächst, ist<br />

<strong>ein</strong> starrer Anti-Individualismus, <strong>der</strong> – wie schon in Platons Stände-Staat – k<strong>ein</strong>en<br />

Raum bietet für <strong>ein</strong> An<strong>der</strong>s-S<strong>ein</strong>.<br />

1.2 Tommaso Campanella (La Città del Sole, 1602)<br />

Mit dem Sonnenstaat entwickelt Campanella <strong>ein</strong> idealisiertes Programm <strong>der</strong> eigenen<br />

politischen Aktionen (Abdruck in H<strong>ein</strong>isch 1968, 111-169). Wie bei Morus ist die<br />

Macht des Staates <strong>ein</strong>e totale, die k<strong>ein</strong>en Platz für Abweichler duldet und bis ins<br />

Privateste hin<strong>ein</strong>ragt. So wird etwa die Familienplanung nach eugenischen Prinzipien<br />

organisiert. Das Privateigentum ist wie in Utopia abgeschafft und damit – so<br />

Campanellas Vorstellung – auch Todsünden wie Neid, Habsucht und Missgunst.<br />

Staatstragend sind bei Campanella priesterliche Philosophen und Wissenschaftler,<br />

die absolute Vollmachten innehaben.<br />

Campanella, <strong>der</strong> <strong>als</strong> Mönch und dann v. a. <strong>als</strong> Kerkerinsasse mit <strong>ein</strong>er strengen<br />

Reglementierung aller Lebensbereiche hinlänglich vertraut war, versucht mit<br />

Nachdruck, Morus’ Gesellschaftsentwurf hinsichtlich <strong>der</strong> Tiefe und Breite staatlicher<br />

Eingriffe in das Leben <strong>der</strong> Menschen zu vervollkommnen. Die Lückenlosigkeit<br />

staatlicher Kompetenz und <strong>der</strong> fehlende Spielraum für Individualität wird durch<br />

gezielte <strong>Bild</strong>ungsarbeit flankiert. Das theologisch aufgeladene <strong>Bild</strong>ungsideal<br />

durchzieht den Staat <strong>von</strong> den organisationalen Aspekten bis hin zu städtebaulichen<br />

Maßnahmen. Letztes Ziel des Sonnenstaats ist es, die Eigenliebe ganz<br />

verschwinden zu lassen, damit nur noch Liebe zur Gem<strong>ein</strong>schaft besteht.<br />

Morus und Campanella konstruieren Negationen <strong>der</strong> erfahrenen Wirklichkeit, d. h.<br />

„[d]ie <strong>von</strong> Morus und Campanella festgehaltenen <strong>Bild</strong>er <strong>ein</strong>er guten, gerechten und<br />

glücklichen Vergesellschaftungspraxis sind nur plausibel <strong>als</strong> Gegenbil<strong>der</strong> zu den<br />

unmenschlichen, ungerechten und unglücklich machenden Entwicklungen in <strong>der</strong><br />

realen konkreten Gesellschaft, die sie kritisieren.“ (Gil 1997, 32). Bacon hingegen will<br />

nicht die Negation, son<strong>der</strong>n die Perfektion des Realen.<br />

1.3 Francis Bacon (Nova Atlantis, 1624)<br />

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