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Ghorfa Newsletter 08/2013

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Analyse<br />

Diversifizierungspolitik zeigt Erfolg: Der Nicht-Ölsektor<br />

hält die arabischen Golfstaaten auf Wachstumskurs<br />

Die Staaten des Golfkooperationsrates (GCC) werden nicht<br />

von ungefähr hierzulande vor allem wegen ihres Ressourcenreichtums<br />

wahrgenommen. Denn die sechs Länder der Staatengemeinschaft<br />

vereinigen neuesten Berechnungen zufolge 32<br />

Prozent der globalen Ölvorräte und 20 Prozent der weltweiten<br />

Erdgasvorkommen auf sich. Das Geschäft mit den Kohlenwasserstoffen<br />

hat insbesondere Katar, Kuwait, Saudi-Arabien und<br />

den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) in den Jahren 2011<br />

und 2012 hohe Etat- und Leistungsbilanzüberschüsse beschert<br />

und das Wirtschaftswachstum befeuert.<br />

Gleichwohl sind die GCC-Staaten längst keine reinen Öl-Ökonomien<br />

mehr. Das belegen die Statistiken des Internationalen<br />

Währungsfonds (IWF) eindeutig. So wuchs der Nicht-Öl-Sektor<br />

in den sechs Ländern in den Jahren 2010 bis 2012 jeweils um<br />

mehr als sechs Prozent (siehe Tabelle). Und auch für <strong>2013</strong> und<br />

2014 sagt der IWF beachtliche Wachstumsraten des Nicht-Ölsektors<br />

von 5,9 und 5,5 Prozent voraus.<br />

Die Branchen außerhalb der Öl- und Gaswirtschaft halten damit<br />

die GCC-Volkswirtschaften auf Wachstumskurs. Denn der Ölsektor<br />

der Golfstaaten wird laut IWF-Prognose in diesem Jahr schrumpfen<br />

(minus 1,2 Prozent) und 2014 nur geringfügig wachsen (plus<br />

0,4 Prozent). Trotzdem sagt der Währungsfonds für die beiden Jahre<br />

jeweils ein gesamtwirtschaftliches Wachstum der GCC-Staaten<br />

von vier Prozent voraus. Mit anderen Worten: Der Nicht-Ölsektor<br />

gleicht die temporäre Wachstumsschwäche bei den Kohlenwasserstoffen<br />

aus und stabilisiert die wirtschaftliche Entwicklung.<br />

Möglich ist dies, weil die Golfstaaten seit Jahren die Einnahmen<br />

aus dem Öl- und Gassektor gezielt nutzen, um ihre Volkswirtschaften<br />

auf ein breiteres Fundament zu stellen. Inzwischen<br />

verfolgen die Länder dabei eine generell vorsichtigere Investitions-<br />

und Entwicklungsstrategie als früher, um alte Fehler zu<br />

vermeiden. Insbesondere nach der zweiten Ölkrise zu Anfang<br />

der achtziger Jahre waren viele Mittel in den Ausbau einer überdimensionierten<br />

Infrastruktur und in Wirtschaftssektoren mit<br />

einer für die Region geringen Profitabilität geflossen.<br />

Mittlerweile sind die Regierungen dazu übergegangen, Produktionen<br />

auf der Basis der vorhandenen Ressourcen aufzubauen.<br />

Darunter fallen insbesondere energieintensive Sektoren des<br />

verarbeitenden Gewerbes – allen voran die Petrochemie. So hat<br />

Saudi-Arabien in der jüngeren Vergangenheit enorme Summe<br />

in diesen Industriezweig investiert und eine Reihe großer integrierter<br />

Komplexe geschaffen. Auch in den VAE wurde und wird<br />

massiv in die Petrochemie investiert.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt der Diversifizierungsstrategie in den<br />

GCC-Staaten ist die Aluminiumindustrie. Sie profitiert ebenfalls<br />

von den günstigen Energiepreisen in der Region. Außer Kuwait<br />

haben daher alle Golfstaaten bedeutende Aluminiumkapazitäten<br />

geschaffen und investieren vielfach weiter in diesen Sektor. Dabei<br />

richtet sich der Blick ebenso wie in der Petrochemie Richtung<br />

Downstream. Das heißt: Die Regierung setzen auf die Erzeugung<br />

höher veredelter Produkte und hoffen darauf, dass sich in diesem<br />

Bereich verstärkt ausländische Investoren engagieren. Auch dies ist<br />

ein Kennzeichnen der erfolgreichen Diversifizierungsstrategie: Für<br />

ausländische Firmen, die überall willkommen sind, wurden in den<br />

GCC-Staaten hervorragende Investitionsbedingungen geschaffen.<br />

Die Vorreiterrolle bei der wirtschaftlichen Diversifizierung am<br />

Arabischen Golf nehmen die VAE ein. Der Anteil der Öl- und<br />

Gasproduktion am nominalen Bruttoinlandsprodukt lag in dem<br />

Land 2010 bei lediglich 30 Prozent und war damit – abgesehen<br />

von Bahrain, das über keine umfangreichen Öl- und Gasvorräte<br />

verfügt – so niedrig wie in keinem anderen Land des Golfkooperationsrates.<br />

Infolge des Ölpreisanstiegs nahm der BIP-Anteil des VAE-Ölsektors<br />

zwar zwischenzeitlich wieder deutlich zu. Doch kann<br />

diese Momentaufnahme nicht darüber hinwegtäuschen, dass<br />

die VAE bei der Diversifizierung der Volkswirtschaft erhebliche<br />

Fortschritte gemacht haben, die sich keinesfalls auf die Petrochemie<br />

und die Aluminiumindustrie beschränken.<br />

So hat sich das Emirat Dubai zu einer global bedeutsamen Logistikdrehscheibe<br />

entwickelt. Der Tiefseehafen in Jebel Ali bedient<br />

zentralasiatische Republiken, Pakistan, Indien sowie Länder in<br />

Fernost und in Afrika. Angegliedert ist eine riesige Freihandelszone,<br />

in der sich mehr als 6.400 Unternehmen aus aller Welt<br />

angesiedelt haben. In Abu Dhabi wurde mit dem Khalifa Port<br />

ebenfalls ein großer Hafen mit einer Industriezone in Betrieb genommen.<br />

Auch im Flugverkehr ist Dubai mittlerweile eines der<br />

weltweit bedeutendsten Drehkreuze und wird langfristig zur<br />

Nummer eins im internationalen Flugverkehr aufsteigen (siehe<br />

Seite 1 dieses <strong>Newsletter</strong>s). Dies ist zugleich die Grundlage<br />

für einen fortgesetzten Boom des Tourismus in den Emiraten.<br />

Reales BIP-Wachstum des Nicht-Ölsektors in den GCC-Staaten 2010 bis 2014 (in Prozent)<br />

2010 2011 2012 <strong>2013</strong>* 2014*<br />

Bahrain 5,2 1,9 5,3 3,3 3,4<br />

Katar 8,6 10,8 9,0 9,0 9,5<br />

Kuwait -4,1 1,3 2,7 4,4 5,0<br />

Oman 6,2 5,8 5,7 5,5 5,4<br />

Saudi-Arabien 9,5 8,0 7,1 6,3 5,1<br />

VAE 1,4 3,0 3,6 3,8 4,5<br />

GCC gesamt 6,4 6,6 6,3 5,9 5,5<br />

BIP-Wachstum GCC<br />

Ölsektor<br />

BIP-Wachstum GCC<br />

alle Sektoren<br />

Quelle: IWF Mai <strong>2013</strong><br />

3,8 10,6 5,1 -1,2 0,4<br />

6,3 7,9 6,0 4,0 4,0<br />

*Prognose<br />

2 Ghor fa-<strong>Newsletter</strong> 8-<strong>2013</strong>

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