Magazin 196310
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Verpflichtung<br />
zum Bau von Schutzräumen<br />
in Altbauten?<br />
Oben : Bauberater des Bundesluftschutzverbandes erteilen Auskunft<br />
und beraten in ollen Schul:lbauangelegenheiten. Unten :<br />
Bei dieser Methode des nachträglichen Einbaus von Schutzröumen<br />
aus Fertigteilen entfallen sonst übl iche Verschalungen.<br />
Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines<br />
Schutzbaugesetzes wird von vielen Seiten mit unterschiedlichen<br />
Begründungen kritisiert. Damit war zu rechnen, denn<br />
es handelt sich um ein Programm, das tiefe Eingriffe in die<br />
Interessensphäre des einzelnen wie in das gesamte Wirtschaftsgeschehen<br />
vorsieht,. über Umfang und Verteilung der<br />
nicht unerheblichen Opfer, die gebracht werden müssen, gehen<br />
die Meinungen verständlicherwcise auseinander. Auf der<br />
'-lnderen Seite herrscht bei den Kritikern durchaus keine einheitliche<br />
Auffassung über die Schutzraumkonzeption, die vom<br />
Bild eines möglichen künftigen Krieges, insbesondere von den<br />
zu erwartenden Waffenwirkungen auszugehen hat.<br />
Am deutlichsten kommt die Unsicherheit darüber, was zu geschehen<br />
hat, in der Stellungnahme des Bundesrats zur Regierungsvorlage<br />
zum Ausdruck: In den Entschließungen unter<br />
II 1-3 werden drei Alternativen zu den Grundentscheidungen<br />
zur Diskussion gestellt, die sich gegenseitig ausschließen.<br />
Die Kritik an den Grundentscheidungen des Entwurfs betrifft<br />
außer der Differenzierung Grundschutz - verstärkter<br />
Schutz und der Kostenverteilung in erster Linie den Verzicht<br />
auf eine Bauverpflichtung für bestehende Gebäude.<br />
Wenn die Errichtung von Schutzräumen in Altbauten in das<br />
Belieben der Eigentümer gestellt würde, so sagen die Kritiker,<br />
dann würden sie nicht in ausreichender Zahl gebaut<br />
werden. In den Stadtkernen, die am dichtesten besiedelt sind<br />
und wo infolgedessen die größten Verluste zu erwarten wären,<br />
würden am wenigsten Schutzmöglichkeiten geschaffen<br />
werden. Insbesondere käme für die einkommensschwachen<br />
Bevölkerungskreise ein freiwilliger Schutzraumbau wohl<br />
kaum in F rage. Es müsse daher auch für Altbauten die Errichtung<br />
von Schutzräumen zur Pflicht gemacht werden.<br />
Die Kritiker haben sicher insoweit recht, als auch in Altbauten<br />
Schutzräume notwendig sind. Das Ziel kann daher nur<br />
sein, zu erreichen, daß möglichst bald auch in allen Altbauten<br />
Schutzräume entstehen. Meinungsverschiedenheiten bestehen<br />
nur über den Weg, auf dem dieses Ziel am leichtesten erreicht<br />
werden kann, und evtl. noch über den Zeitraum, in dem er<br />
zurückgelegt sein muß.<br />
Abgesehen von den Bedenken mehr praktischer Art, die unten<br />
zu erörtern sind, bestehen doch gewisse Zweifel, ob durch<br />
eine Verpflichtung zum Schutzraumbau in bestehenden Gebäuden<br />
nicht die Fürsorge des Staates für seine Bürger überspannt<br />
wird. Der Eigentümer eines einsturzgefährdeten Hauses<br />
beispielsweise muß es wohl entweder abreißen oder instand<br />
setzen lassen, wenn eine unmittelbare Gefahr für Nachbarn,<br />
Passanten oder auch für die Bewohner besteht. In Neubauten<br />
werden seit eh und je bestimmte Auflagen erteilt, um<br />
die Sicherheit der Bewohner und der Nachbarn insbesondere<br />
vor Einsturz- und Brandgefahl'en zu erhöhen. Niemand würde<br />
aber auf den Gedanken kommen, den Umbau von Häusern zu<br />
verlangen, weil sie etwa den heutigen Brandschutzbestimmungen<br />
in keiner Weise mehr entsprechen, auch wenn Nachbarhäuser<br />
dadurch gefährdet sind.<br />
Es soll keineswegs behauptet werden, die Schutzbauverpflichtung<br />
für Altbauten widerspreche der Verfassung oder anderen<br />
Normen, wenngleich der Eingriff in die Privatsphäre hier<br />
durchweg fühlbarer wäre als bei der Miterrichtung von<br />
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