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„Von Idioten umzingelt“? - Akademie für Leseförderung ...

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„Von <strong>Idioten</strong> umzingelt“?<br />

Was uns Greg, Ben und andere Buchhelden<br />

über die Leseförderung verraten<br />

Oldenburg, 26. November 2013<br />

Karola Penz


<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

www.akademiefuerleseforderung.de<br />

Foto: K. Penz<br />

2<br />

<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013


Jungen und Lesen<br />

„Gibt es etwas Langweiligeres als<br />

Lesen? Ich habe es ja versucht,<br />

aber es dauert immer ewig, bis<br />

man so ein Buch durch hat und<br />

dann gefällt einem das Ende<br />

vielleicht noch nicht mal und dann<br />

war alles umsonst….<br />

….reine Zeitverschwendung!“<br />

Zitat aus: Till, Jochen: Bauchlandung. Ravensburg.<br />

Ravensburger Buchverl., 2004, S.28


Leseförderung laut Kerncurriculum (Gymnasium Nds)<br />

den Umgang mit Texten und Medien<br />

erlernen<br />

Lesetechniken und Lesestrategien<br />

anwenden lernen<br />

Sachtexte, literarische Texte und<br />

Medien verstehen und nutzen<br />

Foto: K. Penz<br />

4<br />

<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013


Was zeigen Unterrichtserfahrungen?<br />

Jungen lesen, wenn es<br />

spannend wird, sie lesen<br />

auch gern um die Wette<br />

Jungen lesen, wenn sie einen<br />

Nutzen darin sehen<br />

Foto: K. Penz<br />

Jungen lesen gern<br />

nichtlineare Texte,<br />

multimedial<br />

5<br />

<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013


Zahlreiche Studien belegen empirisch:<br />

In der Mediennutzung unterscheiden sich die<br />

Geschlechter in der Auswahl des Lesestoffs/der Medienangebote<br />

sowie der Art und Dauer des Lesens.<br />

Will man von den Jungen sprechen, so könnte man sagen, sie lesen anders und<br />

anderes als Mädchen<br />

Mädchen: Mediale Angebote zu Alltags- und Beziehungsthemen, Romane,<br />

Erzählungen, Gedichte<br />

Jungen: Mediale Angebote mit Spannung und Action und informativem<br />

Gehalt, zu Zeitgeschichte und Politik<br />

Belegen Studien mit ihren Ergebnissen Genderdifferenzen,<br />

die sie selbst in ihrem Design zugrunde legen?<br />

6<br />

<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013


Prozessebene<br />

Subjektebene<br />

Soziale Ebene<br />

• Wort- und Satzidentifikation<br />

• Lokale Kohärenz<br />

• Globale Kohärenz<br />

• Superstrukturen erkennen<br />

• Darstellungsstrategien identifizieren<br />

• Wissen – Beteiligung – Motivation -<br />

Reflexion<br />

• Selbstkonzept als (Nicht-) Leser/in<br />

• Familie – Schule – Peers – kulturelles<br />

Leben<br />

• Anschlusskommunikation<br />

Rosebrock, Cornelia/ Nix, Daniel: Grundlagen der Lesedidaktik und der systematischen schulischen Leseförderung, 2008.<br />

7


Geschlechterdifferenzierende Leseförderung<br />

nach C. Garbe (2007)<br />

„Die Defizite der Jungen im Bereich Lesekompetenz und<br />

Textverstehen werden erst in den letzten Jahren als eine der<br />

zentralen Herausforderungen für jede integrierte Leseförderung<br />

gesehen: (…) Hier besteht ein erheblicher Handlungsbedarf für<br />

die Zukunft.“<br />

C. Garbe: Lesen-Sozialisation-Geschlecht. Geschlechterdifferenzierende<br />

Leseforschung und –förderung. In: A. Bertschi-Kaufmann (Hrsg.):<br />

Lesekompetenz Leseleistung Leseförderung (2007)<br />

Ob es eine Lese-Gen gibt, das Mädchen mehr und besser lesen lässt als<br />

Jungen?<br />

„Nach all unseren Erkenntnissen liegt das nicht an einem<br />

angeborenen Gen, das gibt es nicht. Genauere Untersuchungen<br />

zeigen, dass die Lesekompetenz sehr stark zusammenhängt mit<br />

der Lesemotivation oder mit dem Leseengagement, wie wir das<br />

nennen, und darüber vermittelt natürlich mit der Lesepraxis.“<br />

C. Garbe in: BUB 64 (2012), S. 432ff<br />

8<br />

<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013


Zum Beispiel: Ben aus „Pampa Blues“<br />

Ben lebt in einem verschlafenen Nest namens WINGRODEN.<br />

„Ich hasse mein Leben. In drei Jahren werde ich zwanzig, das ist die Hälfte von vierzig. In<br />

acht Jahren ist Karl neunzig, und ich bin fünfundzwanzig und vielleicht noch immer hier.<br />

Mit ihm. Das will ich mir gar nicht erst vorstellen. Die Realität reicht mir völlig.“ (S.9)<br />

Er lebt mit seinem Großvater. Karl ist krank und immer da.<br />

„(…) Manchmal versteht Karl alles, sogar schlüpfrige Sprüche. Dann ist sein Kopf ein<br />

altes Radio, in dem die verstaubten Röhren noch einmal aufglühen und auf Empfang<br />

gehen. Aber meistens reicht es nicht für die einfachsten Sätze, an schlechten Tagen bloß<br />

für einzelne Wörter wie essen oder schlafen oder Kuchen. Mit Karl geht es bergab.<br />

Wenn sein Gehirn den Betrieb irgendwann völlig aufgibt, können wir uns überhaupt<br />

nicht mehr unterhalten. Ich weiß nicht, ob ich es vermissen werde.“ (S.9/10)<br />

Bens Mutter ist Musikerin und fast immer unterwegs.<br />

„Ich weiß, dass man seine Mutter nicht hassen darf, aber im Moment fällt es mir schwer,<br />

es nicht zu tun. Sie denkt mal wieder nur an sich und ihre Karriere.“ (S.99)<br />

Ben träumt davon, irgendwann nach Afrika abzuhauen.<br />

aus: Rolf Lappert (2012): Pampa Blues<br />

9<br />

<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013


Zum Beispiel: Greg aus „Gregs Tagebuch“<br />

„Greg ist ein klassischer Antiheld, weshalb sich viele Kinder mit ihm<br />

identifizieren und über sich und ihre Probleme lachen können.“<br />

(Welt am Sonntag)<br />

"... trifft den Nerv der Heranwachsenden. Und, oh Wunder - sie<br />

lesen!" (Stern)<br />

http://www.gregstagebuch.de/index.cfm<br />

10<br />

<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013


Was sagt uns Greg über die Leseförderung?<br />

Ein Held muss nicht immer stark sein!<br />

Ein Held muss nicht nur sympathische Eigenschaften<br />

haben!<br />

Ein Held kann lernfähig sein!<br />

Jungen lesen, wenn sie Eigenschaften von sich und<br />

Erfahrungen in denen des Protagonisten wiederfinden.<br />

Jungen lesen, wenn der Lesestoff ihrer Rezeptionsweise<br />

entspricht.<br />

Jungen lesen, wenn der Lesestoff nicht zu umfangreich ist.<br />

11<br />

<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013


Wie wirkt gendersensible Leseförderung?<br />

Die Unterscheidung von weiblichem und männlichem<br />

Lesen oder gar weiblichen und männlichen (Lese-)Medien<br />

unterstützt das Differenzmodell. Gegen die eigentliche<br />

Intention wird die Auffassung genährt, dass Unterschiede,<br />

die mit dem natürlichen Geschlecht zusammenhängen<br />

auch natürlich begründet sein müssen.<br />

Pädagogische Folge/Gefahr: Akzeptanz des Desinteresses<br />

der Jungen am Lesen aus emotional-sozialer Motivation<br />

oder auch Akzeptanz des Desinteresses der Mädchen an<br />

sachorientiertem Lesen.<br />

12<br />

<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013


Dilemma<br />

„Das, was empirisch valide und übereinstimmend<br />

nachgewiesen wurde – der Zusammenhang zwischen<br />

Mediennutzung und biologischem Geschlecht (sex)-, lässt<br />

sich theoretisch nicht befriedigend erklären.<br />

Das, was theoretisch befriedigen würde – der<br />

Zusammenhang zwischen Mediennutzung und sozialem<br />

Geschlecht (Gender) -, lässt sich bislang empirisch nicht<br />

befriedigend sichern.“<br />

B. Hurrelmann, N. Groeben: Geschlecht und Mediensozialisation – ein immer noch unaufgeklärtes Verhältnis.<br />

In: P. Josting, H. Hoppe: Mädchen, Jungen und ihre Medienkompetenzen. Koepaed, München 2006, S. 52<br />

13<br />

<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013


Konsequenzen für die Leseförderung<br />

„Sex segregation increases gender divisions.“<br />

Leseförderung als Herausforderung:<br />

Eine gendersensible Leseförderung verfestigt die<br />

Geschlechterunterschiede nicht, sondern hinterfragt sie.<br />

Ausgangsfrage:<br />

Welches Rollenbild vermittele ich als Lehrkraft? Wie<br />

gestalte ich die Leseförderung unter Genderaspekten?<br />

14<br />

<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013


Den Leseinteressen gerecht werdendie<br />

Vielfalt der Lesemedien und Genre nutzen<br />

Rollenbilder thematisierenstereotype<br />

Rollenbilder karikieren,<br />

hinterfragen, überwinden…<br />

…Schülerinnen und Schülern ermöglichen, sich<br />

mit der eigenen Geschlechterrolle<br />

auseinanderzusetzen<br />

Medienintegrative Leseförderung<br />

Zum Beispiel: Erstellen eines Trailers<br />

15<br />

<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013


Kooperative Lernformen<br />

Zum Beispiel: Lesekonferenzen, Lesetheater,<br />

Lautleseverfahren<br />

http://www.mopkaratz.com/8.html<br />

16<br />

<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013


Partnerlesen als sportliche Übung<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Prinzipien<br />

Lesetrainer und Lesesportler sind ein Team.<br />

Der Trainer lobt den Lesesportler.<br />

Gleichwertigkeit der Rollen wird betont.<br />

Einmal im Monat werden die Lesetandems neu<br />

zusammengesetzt.<br />

Vgl. C. Rosebrock, D. Nix u.a.: Leseflüssigkeit fördern.<br />

Lautleseverfahren für die Primar- und Sekundarstufe. Friedrich<br />

Verlag: Seelze 2011<br />

17<br />

Karola Penz - <strong>Akademie</strong> für Leseförderung<br />

Hannover<br />

02.12.2013


Ablauf des Partnerlesens<br />

1. Lesetrainer und Lesesportler lesen auf vereinbartes Zeichen<br />

(halb)laut. Der Trainer führt den Finger, es gibt nur ein<br />

Exemplar des Textes.<br />

2. Der Trainer korrigiert den Lesefehler, wenn der Sportler sich<br />

nicht selbst korrigiert. Das Fehlerwort wird markiert, es<br />

wird ab Satzanfang weiter gelesen.<br />

3. Unbekannte Wörter werden geklärt, dann wird wieder am<br />

Satzanfang weiter gelesen.<br />

4. Auf ein Zeichen kann der Sportler alleine weiter lesen, bis er<br />

sich verliest.<br />

5. Ein Text wird viermal im Tandem gelesen.<br />

18<br />

Karola Penz| <strong>Akademie</strong> für Leseförderung<br />

02.12.2013


Buchhelden jeder Couleur<br />

19<br />

<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013


Leseförderung handlungs- und<br />

bewegungsorientiert<br />

Foto: K. Penz<br />

20<br />

<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013


Lesementoren, Lesescouts und Leseclubs<br />

Foto: <strong>Akademie</strong> für Leseförderung<br />

Foto: C. Costard<br />

21<br />

<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013


Männer in der Lesefördeung…<br />

…als Lehrkräfte<br />

…als Lesepaten<br />

…als Lesevorbilder<br />

Foto: K. Penz<br />

22<br />

<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013


Leitlinien für die Praxis<br />

Gender und Sex sind keine Parameter, an denen allein<br />

sich die Leseförderung grundsätzlich orientieren sollte.<br />

denn:<br />

Innerhalb der Gruppe der Jungen und innerhalb der der<br />

Mädchen gibt es größere Unterschiede in Bezug auf das<br />

Lesen als zwischen Jungen und Mädchen<br />

23<br />

<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013


Leitlinien für die Praxis<br />

- Die Förderung der<br />

Lesekompetenzen auf der<br />

Prozessebene kann<br />

genderübergreifend erfolgen<br />

- In der Förderung der<br />

Lesemotivation (subjektive Ebene)<br />

sollte eine Vielfalt von Lesestoffen,<br />

Methoden und Medien angeboten<br />

werden<br />

- Auf der sozialen Ebene des Lesens<br />

(z.B. Anschlusskommunikation)<br />

gewinnt nach der Grundschulzeit<br />

die Peergroup an Bedeutung: Hier<br />

können genderorientierte<br />

Angebote die gendersensible<br />

Leseförderung sinnvoll ergänzen<br />

Prozessebene<br />

• Wort- und Satzidentifikation<br />

• Lokale Kohärenz<br />

• Globale Kohärenz<br />

• Superstrukturen erkennen<br />

• Darstellungsstrategien identifizieren<br />

Subjektebene<br />

Soziale Ebene<br />

• Wissen – Beteiligung –<br />

Motivation - Reflexion<br />

• Selbstkonzept als<br />

(Nicht-) Leser/in<br />

• Familie – Schule Peers –<br />

kulturelles Leben<br />

• Anschlusskommunikation<br />

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<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013


25<br />

<strong>Akademie</strong> für Leseförderung Niedersachsen<br />

02.12.2013

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