Mai/Juni 2013 - Haflinger aktuell

Gesundheit
R E P O R T
Die Akupressur sorgt vor allem dafür, dass
kleinere Leiden erkannt und gemildert werden
können, dass diese teilweise auch gar
nicht erst entstehen, da aufgrund der Diagnostik
etliche potenzielle Erkrankungen
schon in beginnendem Stadium erkannt
werden können.
Viele Reiter, die Akupressur anwenden, berichten
auch davon, dass die Psyche ihres
Pferdes stabiler wurde und dass sie selbst
eine engere Beziehung zum Pferd entwickeln
konnten. Man arbeitet bei der Akupressur
mit den sogenannten Akupunkturpunkten.
Bis man diese jedoch als Reiter
genau kennt, können einige Jahre ins Land
gehen. Wie alle chinesischen Heilmethoden
basiert die Akupressur vor allem auf langer
Erfahrung…
Das Yin und das Yang
Wer einmal einen Yoga-Kurs besucht hat,
kennt die Bedeutung von Yin und Yang, den
beiden zentralen Begriffe der chinesischen
Philosophie. Sie stehen für zwei einander
entgegengesetzte Kräfte, die sich aber dennoch
aufeinander beziehen und zu einem
runden Ganzen zusammengesetzt werden
können. Nicht umsonst werden sie als Kreis
mit einer schwarzen und einer weißen Seite
symbolisiert. Yin steht für das weibliche,
Yang für das männliche Prinzip.
Jedoch haben das Yin und das Yang in der
chinesischen Medizin zusätzliche Bedeutungen.
Sie lassen sich beispielsweise unterschiedlichen
Körperteilen zuordnen.
Man arbeitet bei der Akupressur mit den
sogenannten Akupunkturpunkten
Am Pferdekörper ist Yin der Bauchseite
zuzuordnen, Yang dagegen entspricht dem
Rücken.
So werden viele Krankheiten in der chinesischen
Heilkunst dem Yin oder dem Yang
zugeordnet. Krankheiten des Yin-Prinzips
sind beispielsweise Krankheitsbilder wie
Erschöpfungserscheinungen, Alterserscheinungen,
chronische Erkrankungen oder
Fertilitätsprobleme bei Stuten. Sie alle symbolisieren
eine „energetische Leere“. Der
Ein ruhiger Ort sollte für die Akupressur gefunden werden
Herd von Yang-Krankheiten liegt außen,
beispielsweise können hier Hufkrankheiten
wie Hufrehe angeführt werden.
Das „Qi“ und die Leitbahnen
des Körpers
Auch das „Qi“ gehört zu den zentralen
Begriffen der Philosophie Chinas. Hierbei
handelt es sich um die (Lebens-)Energie,
die auch durch die Körper der Lebewesen
fließt. Allerdings tut sie dies nicht kreuz und
quer und schon gar nicht wirr, sondern auf
zwölf bekannten Leitbahnen. Sie verlaufen
an der Körperoberfläche, haben aber obendrein
eine Verbindung zu einem inneren
Organ. Sie spielen bei der Akupressur die
wichtigste Rolle, da sich deren Druckpunkte
an genau jenen Bahnen befinden. Es gibt
beispielsweise einen Lungen-Meridian, einen
Dickdarm-Meridian, einen Magen-Meridian,
einen Herz-Meridian, einen Nieren-
Meridian oder aber den Pericard-Meridian.
„Qi“ flutet all diese Meridiane in einem
24-Stunden-Zyklus jeweils einmal, heißt es
in der chinesischen Medizin.
Pferdetypen in der Akupressur
Laut Dr. Ina Gösmeier ist es bei der Akupressur
zunächst unerlässlich, den Pferdetyp
des zu behandelnden Pferdes herauszufinden.
Jedes Pferd hat einen anderen Charakter
– und eben jene Beobachtung des
Verhaltens ist bei der Anwendung enorm
wichtig. Auch der Körperbau und – ganz
wichtig – der „Zungentyp“ bestimmen das
Pferd. Nach Frau Dr. Gösmeier gibt es fünf
unterschiedliche Typen:
• Den Fei-/Lungen-Typ
• Den Xin-/Herz-Typ
• Den Shen-/Nieren-Typ
• Den Gan-/Leber-Typ
• Den Pi-/Milz-Typ
Fotos: Heüveldop
Von der Rasse oder dem Geschlecht des
Pferdes sind diese Typen unabhängig, lediglich
Interieur und Exterieur spielen hier eine
Rolle.
Als Beispiel sei der Leber-Typ genannt: Dieser
ist sehr dominant, ausdrucksstark und
überaus leistungsfähig. Allerdings wird er
auch schnell ärgerlich und nutzt die Fehler
seines Reiters aus. Muskelverspannungen
kommen bei diesen Pferden besonders
häufig vor. Ein Pferd vom Leber-Typ ist eine
Herausforderung für den Reiter, da es sich
schwer unterordnet und widerborstig reagieren
kann. Auch seine Unerschrockenheit
ist nicht immer nur positiv zu werten,
doch sie sorgt zusammen mit dem Mut dafür,
dass er ein sehr gutes Sportpferd ist.
Sozusagen das Gegenteil davon sind Pferde
des Nieren-Typs, sie ordnen sich unter,
sind ängstlich und in ihrem schnellen Lernen
auch oft übereifrig. Selbstbewusstsein
müssen sie häufig erst erlernen. Ihr Puls ist
eher schwach, ihre Zunge kaum zu fassen.
Bei ihnen sind Atemwegserkrankungen im
Winter sehr häufig, da sie schnell frieren
und dadurch anfällig werden.
Akupressurpunkte
und deren Nutzen
Bevor mit der Behandlung von Disharmonien
beim jeweiligen Pferdetypen begonnen
wird, muss natürlich abgeklärt werden, ob
es überhaupt ein Problem in diesem Bereich
gibt. Es gibt zahllose Punkte wie „Leber 3“,
der die Muskulatur entspannt, und Pferde,
die schnell „ärgerlich“ werden, ruhiger werden
lässt. Um die Punkte genauer kennenzulernen,
ist jedoch ausgiebige und längere
Lektüre von Fachliteratur nötig. Auch kann
es hilfreich sein, die Punkte mit einem Fachmann
an der Seite auszuprobieren.
16 Haflinger aktuell
05-06/2013