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Zar Einleitung. - DigiBern

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<strong>Zar</strong> <strong>Einleitung</strong>.<br />

Als im Jahre 1879 die Einladung zur Subscription<br />

auf eine neue Ausgabe der Chronik Anshelm's ausgegeben<br />

wurde, glaubte man das Erscheinen eines ersten<br />

Bandes auf Mitte des Jahres 1880, und die Beendigung<br />

des ganzen Werkes auf Ende 1882 ankündigen zu<br />

dürfen. Diese Voraussetzung hat sich nicht erfüllt.<br />

Verschiedene Umstände haben dazu beigetragen, den<br />

Fortschritt der Arbeit zu verzögern, so dass Band I.<br />

erst heute abgeschlossen und in die Hände der Freunde<br />

und Leser gelegt werden kann. Auf die Zeit erscheinend,<br />

da die Berner Universität das 50ste Jahr ihres<br />

Bestehens und Wirkens festlich begeht, möchte dieser<br />

Band nun zugleich als ein Festgruss angesehen werden,<br />

welcher vom historischen Verein des Kantons<br />

Bern der wissenschaftlichen Leuchte unseres Landes<br />

dankend und glückwünschend dargebracht wird.


IV<br />

Eine eigentliche historisch-kritische <strong>Einleitung</strong> kann<br />

diesem Bande nicht beigegeben werden. Eine solche<br />

kann erst das Ergebniss des vollständigen Ueberblicks<br />

über die Arbeit im Ganzen und Einzelnen sein, und<br />

wird desshalb erst am Schlüsse folgen können. Sie soll<br />

alsdann auch begleitet werden von einem Verzeichnisse<br />

der seltenen Ausdrücke und deren sprachlichen Erklärung<br />

durch einen Fachmann. Es bringt die Verlegung<br />

dieser Worterklärung an das Ende freilich den<br />

unbequemen Nachtheil, dass die in den ersten Bänden<br />

unverstanden gebliebenen Stellen ihre Deutung erst<br />

finden, wenn auch der Druck des letzten vollendet sein<br />

wird, während in der früheren Ausgabe der Leser<br />

diese Deutung gleich am Fusse jeder Seite traf. Dennoch<br />

glaubten wir diesem letzteren Verfahren ein zusammenstellendes<br />

und übersichtliches Verzeichniss vorziehen<br />

zu sollen, weil dadurch allein wissenschaftliche<br />

Genauigkeit und Vollständigkeit, bei Vermeidung aller<br />

Wiederholungen oder gar Widersprüche, ermöglicht wird.<br />

Unter Verweisung auf diese später zu erwartende<br />

<strong>Einleitung</strong> begnügen wir uns mit der vorläufigen Erklärung<br />

einiger Punkte.<br />

Die Herstellung des Textes stiess, da wir<br />

die eigenhändige Urschrift des Chronisten direkt zum<br />

Grunde legen konnten, auf keine grossen Schwierigkeiten<br />

; eine vollständige Collationirung der verschiedenen<br />

vorhandenen Copien und ein Abdruck dieser Abweichungen<br />

schien unter diesen Umständen nutzlos. Die


auf den Text bezüglichen Anmerkungen beschränkten<br />

sich daher auf die verhältnissmässig wenigen Fälle, wo<br />

sich Zusätze, Einschiebungen oder Gorrekturen zeigten,<br />

sei es vom Verfasser selbst oder von einer anderen<br />

späteren Hand. Eine Ausnahme machte in diesem ersten<br />

Band nur derjenige Theil, welcher von Anshelm selbst<br />

zweimal in wesentlich abweichender Gestalt niedergeschrieben<br />

worden ist. Die Differenz betrifft freilich mehr<br />

nur die Form und die Anordnung der Gedanken, als<br />

den Inhalt selbst; immerhin schien es hier geboten,<br />

bei Wiedergabe der einen Fassung, die andere wenigstens<br />

theilweise ebenfalls anzumerken.<br />

Ueber die in Bezug auf die Rechtschreibung beobachteten<br />

Grundsätze wird ebenfalls erst am Schlüsse<br />

Rechenschaft gegeben werden können; hier bemerken<br />

wir nur, dass im Allgemeinen die bei der Herausgabe<br />

der Basler Chroniken angenommenen Regeln als massgebend<br />

betrachtet worden sind, und dass wir uns Abweichungen<br />

von der im Ganzen noch sehr einfachen und<br />

von den späteren orthographischen Ausartungen frei<br />

gebliebenen Schreibung Anshelm's nur dann gestattet<br />

haben, wenn entweder die allgemeinen Lautgesetze diess<br />

erforderten, oder wenn es der Regellosigkeit des Schreibers<br />

gegenüber zur Herstellung der Gleichmässigkeit<br />

nothwendig war. Einige Inconsequenzen und Schwankungen<br />

werden freilich, besonders auf den ersten Bogen,<br />

immer noch zu bemerken sein und bedürfen der Entschuldigung.<br />

V


VI<br />

Die geschichtlichen und sachlichen Anmerkungen<br />

wurden auf das Nothwendigste beschränkt und so knapp<br />

als irgend möglich gehalten. Dass damit für die Einen<br />

zu wenig, für die Anderen aber schon zu viel geschehen<br />

ist, müssen wir gewärtigen. Die Rücksicht auf ausländische<br />

Leser — und dass wir auch auf solche zählen<br />

dürfen, beweisen neuerdings die zahlreichen Citate aus<br />

unserer Chronik in der eben erschienenen Geschichte<br />

Maximilians I. von Ulmann — hat manche Erläuterungen<br />

veranlasst, welche für Berner überflüssig sein mögen,<br />

so wie umgekehrt einige Nachweise da unvermeidlich<br />

schienen, wo Anshelm, wenn auch nur beiläufig, auf<br />

die Vorgänge in den Nachbarstaaten seine Blicke wirft;<br />

diess um so mehr, da er gerade in diesen Gapiteln am<br />

allermeisten es liebt, in schwer verständlichen, gehäuften<br />

Sätzen und in blossen Anspielungen zu schreiben.<br />

Immerhin hoffen wir die Anerkennung zu finden,<br />

dass diese Erklärungen wesentlich mehr — häufig auch<br />

Richtigeres — zum Verständniss des Textes bieten, als<br />

diess in der älteren Ausgabe der Fall war.<br />

Die Möglichkeit der Verweisung auf die seither<br />

gedruckte Sammlung der Eidgenössischen Abschiede hat<br />

hier vieles erleichtert. Nicht weniger erwünscht soll, wie<br />

wir hoffen, die freilich für den Commentirenden äusserst<br />

mühsame Vergleichung mit den ungedruckten Quellen,<br />

den Raths-Manualen, Missivenbüchern u. s. w. des Berner<br />

Staatsarchivs sein.<br />

Beides diente zugleich als Controle für die Ge-


VII<br />

nauigkeit des in der Chronik Berichteten; sie hat im<br />

Allgemeinen herausgestellt, dass Anshelm, trotz seiner<br />

scharf gezeichneten Individualität und seines sarkastischen<br />

Freimuthes, doch mit ausserordentlicher Gewissenhaftigkeit<br />

sich an die vorliegenden Dokumente der<br />

Archive gehalten und unmittelbar aus denselben geschöpft<br />

hat. Der Werth seiner Darstellung ist damit<br />

ausser Zweifel gesetzt. Was die übrigen von Anshelm<br />

benutzten Quellen betrifft, so kann auch darüber später<br />

erstvon einer abschliessenden Untersuchung die Rede sein.<br />

Die Vorarbeiten sind nun soweit gediehen, dass<br />

die Fortsetzungen etwas rascher sollen folgen können.<br />

Der Text selbst ist in Abschrift fast vollständig hergestellt;<br />

und bereits können wir die Mittheilung machen,<br />

dass der letzte, bisher ungedruckt gebliebene Theil über<br />

die merkwürdigen Jahre 1526 — 1536 sich als inhaltlich<br />

viel reicher und zugleich als viel weniger lückenhaft<br />

erweist, als man nach den dürren Auszügen im Geschichtsforscher<br />

(Bd. X) bisher angenommen hat.<br />

Wenn diese Beobachtung das Unternehmen einer<br />

neuen und vollständigen Ausgabe rechtfertigt, so ist<br />

diess in anderer Weise nicht minder der Fall mit den<br />

bereits gedruckten Theilen. Die Benutzung des Originals<br />

gestattete die Berichtigung mancher bedenklichen Irrthümer,<br />

mancher argen Missverständnisse, die bei der<br />

ersten Ausgabe aus den späten Copien, mitunter auch<br />

durch die etwas leichtfertige Arbeit der dabei verwen-


VIII<br />

deten Abschreiber, sich eingeschlichen und den Text<br />

entstellt haben.<br />

Zum Verständniss unseres Druckes fügen wir<br />

schliesslich Folgendes bei:<br />

Die Seitenzahlen des Originals stehen in eckigen<br />

Klammern [—] innerhalb der Zeilen; am Rande haben<br />

wir in Parenthesen die Seitenzahlen der altern Ausgabe<br />

angebracht, um das Aufsuchen früherer Citate zu<br />

erleichtern. Die Zählung der Zeilen soll ein bequemes<br />

und zugleich genaues Anführen der Stellen möglich<br />

machen. Die im Texte stehenden Tagesdaten sind der<br />

raschen Uebersicht wegen am Rande wiederholt. Kleine<br />

Einschiebungen, welche — obwohl äusserst selten —<br />

unvermeidlich schienen, haben wir durch Parenthesen<br />

als solche kenntlich gemacht. Worte, welche umgekehrt<br />

sich als störende Wiederholungen oder sonst als<br />

Versehen des Schreibers darstellten, sind durch eckige<br />

Klammern herausgehoben worden.<br />

Bern, Juli 1884.<br />

Namens der mit der Herausgabe<br />

beauftragten Kommission:<br />

E. Blösch.


JHS<br />

Ein gemeine vorred von nutz und not kronicken ze<br />

schriben und von guets und bess regiments art und<br />

Verwandlung, i<br />

In und zu lob dem nammen, in welchem einig aller userweiten<br />

heil stat, und in im alles unser tuon und lassen in 5<br />

worten und werken sol beschehen, nämlich in dem allerheiligesten<br />

nammen Jhesu.<br />

Der alten fliss kronick ze machen, und welche die<br />

s<br />

glowwirdigesten.<br />

Als dan von weit an aller wolgeschafnen herschaften so nissig 10<br />

anseheifi (ist), ir, irer vordren und umligenden landen, luet, personen<br />

, zit, stat, rat, tat und zuoväll, nach rechter kronick art<br />

ufzesöhriben, dass semlichs ampt allein [2] den aeltsten und<br />

obristen priestern vertruwt und bevolen ist worden, — wie das<br />

klarlich bi denen erfunden, deren zitbiecher, kronick oder historienis<br />

(2) unss uf disen tag die glowbaristen sind in | aller weit, als da sind<br />

der Juden, Babillonier, Indier, Egypter und Römer; aber der<br />

Kriechen, wie wol über al beredt und schoen, um mutwilliger<br />

dichtung willen, niena den gemelten an glowen und warheit zuo<br />

i>0<br />

verglichen —<br />

Billich und notwendig Ursachen, kronicken ze schriben.<br />

— sind doch al kronicken ze schriben us billichen, ja vast<br />

notwendigen Ursachen bewegt; zuvor: sitmal der mensch, von<br />

dem Got, der das leben und die wisheit selbs ist, löblich und<br />

wis erschaffen, us eigenem guotdunken durch \der listigen25<br />

schlangen rat verraten, doetlich und toi worden, allem sich, sine<br />

lieb und sinen nutz und er us nachangeborner untrüVen art<br />

l


2<br />

sucht; und so er nun on Sicherung eincher zit von hinnen<br />

enden und sterben muoss, ist im kein ander mittel, ewig hie, [3]<br />

— wie er von eigner natur begert, als dem, wie der h%vA sagt,<br />

der tod das grusamest, — ze bliben und ze leben, vorhanden,<br />

swan in gedaechtnues der nach und nach kommenden menschen,<br />

durch die blibende gschrift.<br />

Dass, ewige gedaechtnues ze haben, etlich guets und<br />

etlich boess tuend.<br />

Dahar, da mit ir ie nit vergessen werd, etlich gutartig<br />

lofuernem fugenden, etlich aber boesaertig fuerneme | laster zuo ver- (3)<br />

bringen ir zitlich leben kecklich dran waugend, wie der Persisch<br />

keiser Darius Okus •), des grossen Aswerus sun, Hess sin muoter<br />

lebendig vergraben und achtzig brieder wuergen; vermeint nach<br />

gwon der menschen, so guottat bald vergessen, mit unmenschi5licher<br />

boesheit sin ewig gedaechtnues zuo behalten. Hargegen de:<br />

Kriechisch keiser Alexander, von sinen grossen taten gdient<br />

der gross, mit Verachtung zitlichs lebens, kart alle macht an,<br />

von redlichen taten ewigen ruom und nammen zuo erlangen.<br />

Nutz und lofo der gschrift.<br />

i>o [4] Deshalb letzt gemelter keiser und al insunders tugentrichen<br />

zum teil hoeher hond geachtet die unvergesslich gschrift<br />

und derohalb den dichter, wan die vergessliche tat und taeter<br />

Dan wo gschrift nit waere, brächte die hinloufende zit alle<br />

zitliche ding in Vergessenheit und absterben. Hiemit der mensch<br />

25 kleinen vorteil vor andren unvernueftigen tieren haette, weder vergangens<br />

noch kunftigs wissend. So der frommen löblich zu dank<br />

und volg, der boesen schmählich zuo | warnung und flucht ge- (4)<br />

daechtnues sol ufgeschxiben und behalten werden; deshalb ouch<br />

die kronick- und g,eschichtenschriber ie weit bi den erhaften und<br />

30 lobwirdigen höh und wol vereret und bezalt sind worden.<br />

') Darius, mit dem Zunamen Ochus oder auch Nothus, der Sohn des<br />

Artaxerxes L^ngimanus (Aswerus, Ahasverus), König von Persien, gelangte<br />

durch Ermordung seiner Brüder zum Throne (423—401 a. Chr.).<br />

Ueber die Angabe A's vgl. Valerius Maximus 1. IX. 7.


Gschrift ersaetzt die vergesslikeit.<br />

Ouch und fuernemlich so menschlicher rat und fuersichtikeit<br />

us vergangner dingen erfarung ermessen und erlernt wirt, istz<br />

not, [5] was des abgenden, vergesslichen menschen gedaechtnues<br />

abgat, durch die blibende gedaechtliche gschrift zuo erstatten. %<br />

Rechter kronick inhalt, not, nutz und art.<br />

Die wil ouch der mensch, us verkerter art, sin selbs lieb,<br />

eigennützig und ergitig, zuo gmeiner lieb, er und nutz untoeglich,<br />

ist zum höchsten not, menschliche biwonung und fridliche<br />

gmeinsame ze pflanzen und zuo erhalten, gebot und verbot, w<br />

belonung und straf, tugent und laster, und deren vorgoend und<br />

nachgoend exempel, personen, stat, zit, rat und tat, zuo aller<br />

nachkommenden 1er, warnung, volg oder flucht, in geschrift<br />

flissig und ordenlich zuo verfassen, empsig und ernstlich, insunders<br />

so zum regiment gehoerent, für- und inzebilden. 15<br />

Der guten art.<br />

Dannenhar die frommen und redlichen us lob, er und nutz<br />

der tugent zuo tugent, und harwider us scheltung, schand und<br />

schaden der laster gezogen, irer frommen, redlichen vordren [6]<br />

lobliche raet und taet nit allein zuo behalten und verglichen, w<br />

sunder ouch die zuo meren und höheren understandid — Hiebi<br />

der wis Socrates beniegt sich nit, dass der sun sinem edlen<br />

vater glich sie, sunder wil, dass er sines vaters tugent zevor habe,<br />

und dieselben adelicher mit eigner tugent mache; und das sie<br />

beder lob und er, so der sun in tugent den vater überwände.') 25<br />

Der bösen art.<br />

— ouch 2 ) hiemit die lasterlichen mit den lastren zuobeschmaehen<br />

und zuo vernüten, an welchen exempel und warnung verloren,<br />

allein mit schmäh und straf gezuechtiget, oder gar abgesuendret<br />

werdend. Und das ist rechter kronick inhalt, art und nutz, in so<br />

!) In Piatons Dialog Menon.<br />

2) Der Satz hängt noch vom obigen «understandid» ab. (Z. 21.)<br />

3


4<br />

kurzen worten von dem heiligen Job anzeigt, sprechend: frag<br />

die alten gschlecht, und ersuch flissig der vaeter gedächtnues, si<br />

werdent dich underwisen; denn wier sind uebernaechtigund erkennend<br />

nit, dass unsere tag [7] sind wie der schat uf erden.•)<br />

5So sagt Jeremias: stond uf die weg und lugend, und fragend<br />

nach den alten fuosswegen, welches der guot weg ste, denselben<br />

gond, so werdend ir | uweren seelen ruow tuenden. 2 ) Diss fragen (6)<br />

und lögen muoss im buoch geschehen.<br />

Wis und wol angesehen, die kronick zuevolstrecken.<br />

w Hierum ein wiser, drsamer rat diser loblichen stat Bern hat<br />

wislich, nach ir wisen eiteren vorbild, angesehen, ir und ire vergangnen<br />

zit, rat und tat, — etliche jar zuo verzeichnen underlassen<br />

— zuo volstrecken; und diss miegsame arbeit, us ir gnaden,<br />

mir ungnuogsamen vertruewt und bevolen, uf welches ir gnädig<br />

lsvertruewen und bevelh ich mir hab fuergenommen, nach minem, so<br />

Got gibt, vermögen, iedoch die fuernemsten und kuntlichsten<br />

stuck, so zuo nutz, rat und tat, ze volgen oder ze fluehen, ze<br />

riemen oder zuo schelten, den ietzt wesenden und nachkommenden<br />

dienlich, [8] in geschrift zuosamen vergriffen, darnach, mit<br />

20 der hilf Gots, so diss volendt, die ganze kronick in ein ordenlich<br />

register verkürzen, und wo not, besseren, da mit iedesse fuernemen<br />

lichtlich zuo handen kom, und kurz begriffen, was nach<br />

länge in den biecheren ist beschriben.<br />

Fiirnemen des dichters und zit diss anfangs. (7<br />

25 Nun zu einem ingang fuergenomner arbeit hat mich für<br />

guot angesehen, vor an anzuzeigen etliche menschlicher vernuft<br />

gmeine mittel, da durch ein lobliche stat Bern und alle regiment<br />

ufwachsend und bstond, oder abnemend und zergond.<br />

darnach, mit vorgönder besserung des anfangs bschribner kronick><br />

»einen gmeinen summierten durchgang tuon, von anhab der<br />

|) Hiob. 8, 8—10.<br />

2) Jerem. 6, 16.


stat Bern bis uf die underlassnen jar'); und zfi letst, nach<br />

etlicher namhaftiger sachen efferung, von jar zuo jar in beschribung<br />

ergangner gschichten fuervaren. Harzuo mir unser gnädigster<br />

Got durch Jhesum sinen sun, unsern [9] aller gnädigsten<br />

herren und Got (helfe), im zuo lob und zuo kuendigung siner uner-5<br />

gruentlichen gericht, so er on underlass wunderbarlieh in aller<br />

menschlicher sachen Verwaltung verhängt und wuerkt, ouch hiemit<br />

zuo nutz dem menschen, so us geschächnen dingen aller dingen<br />

schoepfern erkent, gegenwärtige ding ermuesst und künftige fuersicht.<br />

Und das ist aller Historien und kronicken einige und nutz- w<br />

(8) lichste frucht, welche | doch allein Got gibt. Im sie lob und er in<br />

ewikeit! Durch mich ValeriumRyd gnemt 8 ) Anshelm von Rotwyl,<br />

einer löblichen stat Bern 36 jar b ) ingesaessnen diener, den teil ir<br />

kronick angefangen im jar Cristi Jhesu, unsers einigen, ewigen<br />

heilands, 1529, der stat Bern im 338., des babsts Clementis VII. n<br />

im 6., keisers Caroli V. im 11. und kuengs Francisci von Frankrich<br />

im 15. c )<br />

5<br />

Dass wisheit und starke sind fuernaeme gmeine mittel<br />

zuenemung und bestands oller guten regiment.<br />

[10] Es ist offenbar, und us vergangner zit kronick kuntlich,äo<br />

dass ein lobliche stat Bern, in mitten under iren vigenden, us<br />


6<br />

kleinem anfang in ein soelliche grosse erwachsen, deren glich<br />

möchtig under den frien des Roemschen richs statten eine kum<br />

wirt erfunden, und in ir friheit bishar unueberwuentlich in grossen<br />

eren | bestanden, muoss warlich sin entsprossen zuo vor us des (9)<br />

5 almaechtigen Gots gab, und mit an gotzfoerchtiger, wiser, einhelliger<br />

und manhafter oberkeit und burgerschaft. Dan gwislich, wo wol<br />

geregiert wirt oder werden sol, da müssend fuernemlich zwo<br />

fugenden bienander unzertrent ordenlich ston, nämlich vor an<br />

wisheit, [11] nit ergittige, eigennutzige listikeit; und hierzu<br />

iostärke, nit der muren, gweren und hufens, sunder der einmueetigen<br />

herzhaftikeit; welche zuo pflanzen, liess der Lacedemonier<br />

kueng Lygurgus mit gebnen Satzungen die muren brechen,<br />

da mit die stärke in der manheit belibe, liess die kuender beder<br />

gschlecht ruch an spis und kleidung erziehen, hunger und durst,<br />

«kälte und hitz liden, mit den wilden thieren im gjägt vaechten,<br />

da mit si herzhaftige stärke, ob nit von art, ie doch von zucht,<br />

welche die natur ueberwindt, ueberkämid.<br />

Wisheit und starke yervahend nit onenander.<br />

So vervahend ouch gemelte tagenden nit vil onenander,<br />

2odan wisheit on stärke bi den bösartigen, widerspenigen nuet<br />

scharte, ja me veracht wurde, als wibisch und kindisch, wie man<br />

spricht: witz in des armen däschen und der wiber [12] giltet<br />

nuet. Des glich stärke on wisheit von guoten und bösen als tyrannisch<br />

und tierisch gehasst und geflohen wirt, wie der low vom<br />

25fuchs. Fuersichtige wisheit betrachtet £r und nutz, | welche (10)<br />

herzmietige stärke gewint und schirmt. Und darum alle guote,<br />

bständige rieh, wie der wis Plato lert, sind durch dis tugend<br />

ufgebracht und erhalten, und zuo glich, wie die zuonemend oder<br />

abnemend, bstond oder zergond, also ouch die rieh; wie dan<br />

so das von ie weit an harkomne und täglich erfarung gnuogsam bezögt,<br />

us welcher ouch, nach vernueftiger rechnung ufgangs und<br />

abgangs, erbuwung und Zerstörung gegenwechsel ermessen und<br />

erlernt mag lichtlich werden; nämlich uf volgend wis:


7<br />

[13] Art und wis ufgangs und afogangs aller zitlichen<br />

regimenten.<br />

Die wisheit, so da ist, wie der wis spricht, ein muoter aller<br />

guoten dingen, gebirt gerechtikeit, die') glichmaessikeit, die gmeinsame,<br />

die liebe, die ghorsame, die Ordnung, die einmietikeit,s<br />

die staerke, die arbeit, die richtuom, er und ruow. und diss ist<br />

das end und hoehe aller herschung, ouch im himmel, da si von<br />

der goetlichen, ewigen wisheit und macht unwandelbaren, ewigen<br />

bstand hat. Uf erden aber, wo dise fruecht nit mit stifen, wisen<br />

Satzungen, erhalten werden, oder Got wils umkeren, als damo<br />

alle zitliche ding, wen si ufs höchst kommen, wider abstigend;<br />

anvahend, ufwachsend, stond, widerum endend, abnemend,<br />

zergond; so gebaerend richtuom, 6r und ruow hochmietikeit,<br />

die ungrechtikeit, die vorteilikeit, die eigennuetzikeit, die<br />

(11) nid, der unghorsame, | die Unordnung, die zwitracht, die«<br />

swaeche, die miessige, die armuot, schand und verderben. [14]<br />

Wo aber Got wider helfen und ufrichten wil, so gebaerend armuot,<br />

schand und verderben demietikeit, die gotzforcht, die wisheit<br />

und die, wie si deren wurzel ist, alle gute ding, also, so spricht<br />

der wis: mit iren sind mir alle gute ding zuo kommen 5 ); der wisen %><br />

herschaft wirt bstaendig sin, und die staet werdend behalten durch<br />

die witz der fuersichtigen. Und widerum der unwis kueng verderbt<br />

sin volk, und der Hergot wirt hernider rissen die stiel der<br />

hochfaertigen, dan in siner band ist aller gwalt des erdrichs und<br />

des menschen, gibtz und nimptz wem und wan er wil, erhoecht25<br />

und ernidret waen und wen er wil 3 ). Und das ists gliickrad, darin<br />

der ganzen weit unbeständiger stand stetz umgat, welches nit,<br />

wie doch vil witziger narren meinend, das gestirn, sunder die<br />

gwaltige hand Götz tribt [15] alle sine weit, nach sinem almaechtigen,<br />

frien willen, durch gebuerliche mittel verwaltend undm<br />

verschaffend.<br />

i) seil: «die gerechtikeit gebirt». So auch im Folgenden: die = diese.<br />

2 ) Weish. Sal. 7. 11.<br />

3) Nach Jes. Sirach. 10.


8<br />

Von Got werdend zu erbuwung gut, und zii Zerstörung<br />

boes regenten geben.<br />

Der schaff nämlich, wie der prophet') sagt, us zorn regenten<br />

zuo verderbung, als da sind kindisch, wibisch, löwisch, iglisch,<br />

sfuechsisch; oder us gnaden zuo erbuwung, wis, manlich, demietig,<br />

milt, trüw, die da zuo gegen den regenten des zorns, nach allem<br />

irem ] vermoegen, ouch mit ir selbs schaden, gmein er und nutz, (12)<br />

als harzü verordnete knecht, auch hiemit an alle frommen<br />

trungenlich suchend, fuerdrend und beschirmend; was aber denen<br />

10 widrig, als insunders ßrgitikeit und eigennuetzikeit, ouch mit an<br />

alle laster und laestrer, on ansehen eincher person, gstrax [16}<br />

nach Ordnung rechtgschafner Satzung, verwerfen, hindren und<br />

nidertrucken, welche Satzung in guotem regiment zuoglich über<br />

obren und underthanen herschen sol und muoss; dan wo die<br />

15 menschen über die gesaetzt herschend, da wirt selten Satzung<br />

gehalten; hierus den, wie on gsaetz, tyrannische, mutwillige<br />

herschung zuo verderbung entspringt.<br />

Das ein lobliche stat Bern durch gemelte tugentsame<br />

mittel erwachsen und erhalten.<br />

Dannenhar nun kuntlich muoss sin, dass ein so lobliche, maech-<br />

20 tige stat Bern durch semliche tugentsame regierung angefangen,<br />

zugenommen, erhalten und so hoch gebracht, dass, nach dem si<br />

ire mur beschirmt, und ir umsaessen eintweders mit [17] williger<br />

früntschaft, oder mit genoetiger vigentschaft, hat beherschet, vor<br />

und nach Kiburgschen, Habschburgschen, Oesterrichschen herren<br />

25 und keisern, der Burgunschen, Meilandschen, Franzesischen und<br />

Schwaebschen krieglich anfechtungen Bit allein Bighaft sich erwert,<br />

sunder ouch baebst, bischof, keiser, kueng, herzogen, grafen,<br />

edlen, laender | und staet, Tuetsch und Waelsch, in fruentlich vereinung (13)<br />

gewunnen, denen vil truewer und nuetzlicher hilf und dienst getan,<br />

ie allein, und ie, wie wol mit andren ir verwanten Eidi)<br />

Hoseas 13, 11. Die weitere Charakteristik: als da sind etc. gehört<br />

nicht mehr der Prophetenstelle an.


gnossen, so ist si doch an rat, e"r und macht ie und ie bis uf<br />

disen tag ob allen Eidgnossen die fuernemst von mengklichem<br />

geacht und gehalten. Si welle und sol ir 6r wol bedencken,<br />

und Got siner richlichen [18] gaben andächtig danken, der<br />

si welle gnaediklich und glücklich zu sinem lob und zuo irem i<br />

heil ufnen, beschuetzen und beschirmen, amen.<br />

9<br />

[19] Besserung des anfangs geschribner kronick löblicher<br />

stat Bern, vor irem anhab 159 jar begriffend.')<br />

Des ander mines fuernemens, nämlich der besserung halb,<br />

halt sich also, dass, nach dem ich den anfang diser loblichen to<br />

stat Bern kronick, so bloss und in etlichen, nit den mindsten<br />

stucken, nämlich der jaren, landen, keisern und stiftherren halben,<br />

bresthaftig und gloubhaften der zit historien ungmaess erfunden,<br />

semlichen mangel in künftigem fuergenomnen register zuo besseren<br />

gedacht; so aber wir keiner stund laebens sicher sind, hat micli u<br />

fuer [20] guot und nuetz angesehen, hie zetuon einen gmeinen<br />

anfang, welcher zuo notwendikeit fuergenomner besserung inhalt<br />

vil lustiger gschichten, das land Burgun, die Roemschen keiser,<br />

(14) ouch baebst, | und die herren von Zeringen betreffend, in hundert<br />

und nuen und fünfzig jaren, vor und in anhab der stat Bern»<br />

ergangen.<br />

i) Anshelm beginnt nämlich die « Besserung» der bereits bestehenden<br />

Chronik Justinger's und seiner nächsten Fortsetzer mit einer historischen<br />

<strong>Einleitung</strong> über die Zeit vor Gründung der Stadt, welche von 1032 bis<br />

1191 gerechnet, 159 Jahre umfasst.


1032.<br />

Wie und wen das kuengrich Burgun abgangen und ans (15)<br />

Roemsch rieh kommen ist.<br />

Im jar Cristi Jhesu 1032, babst Benedicts IX. im ersten,<br />

keiser Cuonrads IL von Franken im achtenden, kueng Heinrichs<br />

0 von Frankrich im andren, und kueng Ruodolfs IL von Burgun,<br />

Franzesischs, und von der muoter Swebischs stammens, im 38.')<br />

Als ietzt genenter [21] kueng Ruodolf ein milter, schlechter,<br />

unkriegbarer man was, ward er von sinen undertanen und von<br />

den Franzesischen herren so hart veracht, beschwert und traengt,<br />

lodass er, on libserben sterbend, sine krön und rieh obgemelts<br />

keiser Cuonrads sun, Heinrichen, Roemschem kueng, von siner<br />

basen keiserin Gyssla gebornen, fri testiert und über gab. 2 ) (16)<br />

Hat ouch vor die grafschaft Waut der kilchen von Losan<br />

') Statt Rudolf IL soll es vielmehr heissen: Rudolf III., König von<br />

Burgund seit 993. Dieser aber war der Sohn Conrad's und einer Tochter des<br />

Königs Ludwig (Ultramarinus) von Frankreich. Siehe Hugo Floriac. a. a-<br />

955. (Fontes rerum Bernensium I. 272). «Von der Mutter schwäbischen<br />

Stamms» war dagegen sein Vater Conrad, der Sohn Rudolfs II. und der<br />

alemannischen Herzogstochter Bertha.<br />

2) Die freiwillige Uebergabe des Nachfolgerrechts im Burgundischen<br />

Reiche durch den schwachen Rudolf III. an den Kaiser Heinrich IL (den<br />

Heiligen), den Sohn seiner Schwester Gisela (der altern), geschah schon 101&<br />

und 1018. Heinrich IL starb aber (1024) vor seinem Oheim Rudolf III., und<br />

es folgte ihm Conrad IL der Salier als deutscher König. Dieser war verehelicht<br />

mit (der Jüngern) Gisela, einer Tochter der Gerberga, der jüngsten<br />

Schwester Rudolfs von Burgund und Wittwe des Herzogs Ernst I. von<br />

Schwaben. Conrad machte nun, theila als Gemahl von dessen Nichte, theilsals<br />

Inhaber der deutschen Königskrone und Erbe Heinrich's IL, seinerseits<br />

Anspruch auf das dem letztern angefallene Recht, und nahm, nachdem Rudolf<br />

III. kinderlos gestorben war, 1032 und 1033 Burgund gewaltsam<br />

in Besitz zu Händen seines von Gisela stammenden Sohnes, Heinrich III.<br />

(des Schwarzen). Anshelm hat sowohl die beiden Heinrich, als die beiden<br />

Gisela mit einander verwechselt. — Sowohl Graf Odo von Champagne, der<br />

Sohn einer altern Schwester Rudolfs, Bertha, als auch Herzog Ernst von


1032. 11<br />

gäbet'). Des glichen so hat sin anfrow, kuengin Bertha, geborne<br />

herzogin von Schwaben, vil und gross kilchen Stiftungen in disem<br />

land Buerginen geton. Und also so ist das Burgundisch kuengrich<br />

abermals, nachdem es uf 30 und 100 jar gwert 2 ), abgangen<br />

und ans Roemsch rieh in gemelter jarzal [22] abermals kommen. s<br />

Anfang der grafen von Saffoy, und beherschung Hochburguns<br />

von Frankrich.<br />

944. Wie wol nun keiser Ott I. von Saxen obgenants kuengrich<br />

vorlangest 3 ) uss der Franzosen haenden hat genommen, als<br />

dem Roemschen rieh zuständig, darus ein provinz des Roemschenio<br />

richs gemacht, von Franzosen des teils noch imperial proventza<br />

(17) gnent, darin das Deltinat 4 ), von Lyon am Rotten 5 ) ] hinab, und<br />

da graf Gerolten, sinem gsipten 6 ), einen teil darvon zuo lehen geben<br />

Schwaben, der Sohn der (Jüngern) Gisela aus erster Ehe, wurden von Conrad<br />

aus ihren nähern Anrechten mit Gewalt verdrängt. (Vergl. Wursteniberger<br />

Geschichte d. a. Landsch. Bern IL, 70—110 und Fontes rer. Bern. I. 307 ff.)<br />

') Die wahrscheinlich unächte Urkunde dieser Schenkung der Grafschaft<br />

Wadt, comitatus Waldensis, durch König Rudolf III. an den Bischof<br />

Hugo von Lausanne und seine jeweiligen Nachfolger ist abgedruckt und in<br />

Facsimile dargestellt in Mem. et Doc. S. R. VII. (Fontes r. B. I. p. 293).<br />

2) Das Königreich Burgund entstand schon 888 mit der Wahl Rudolfs I.<br />

zum König, dauerte also genauer 144 Jahre.<br />

s ) Otto I. hatte schon nach dem Tode Rudolf II. seine Gewalt über<br />

das Burgundische Reich auszudehnen versucht; er nahm den noch unmündigen<br />

Thronerben Conrad, den Bruder seiner spätem Gattin Adelheid, mit<br />

sich an seinen Hof und beanspruchte, wie es scheint, auch nach dessen<br />

Rückkehr (943) eine Art von Oberherrlichkeit. Zugleich bekriegte er 940<br />

und 946 den König von Frankreich, um Hochburgund zu behaupten. Siehe<br />

Flodoard und Richerus (Fontes r. B. I. 267 und 269. Dümmler, Otto der<br />

Gr. Jahrb. d. dtsch. Geschichte).<br />

4 ) Das Delphinat oder die Dauphine erstreckte sich von Lyon längs<br />

der Rhone hinab bis an die Provence.<br />

5 ) Rotten ist der Rhodan, die Rhone.<br />

6) Die Person dieses Grafen Gerold von Genf und dessen Zusammenhang<br />

mit Otto dem Grossen, sowie mit der Burgundischen Königsfamilie<br />

bildet eine viel besprochene Frage. Fr soll der Vater des Humbert Weisshand,<br />

des Anfängers des Savoyischen Hauses, gewesen sein. Vergl. Secretan,<br />

Me'm. et Doc. de Geneve XVI. Meyer von Knonau, Forschungen z. d.<br />

Gesch. VIII. Wurstemberger a. a. O. IL 87.


12 1032.<br />

dannenhar die grafen, jetzt herzogen, von Saffoy iren anfang<br />

hond, des Roemschen richs fuersten, die iren teil des küngrichs<br />

Arles, item und am Alpgebuerg vom mer haruf und harus bis<br />

gon Guemina 1 ), beherschet haben; den dritten teil, nämlich die<br />

»Helvetier, hond sich selbs fuer und fuer in ir alte friheit durch<br />

ire Eidgnossen puend gebracht, bi den usseren das Switzer land<br />

gnemt, desse ein lobliche stat Bern den grösseren teil zuo unserer<br />

zit besitzt. So haftend doch den meren teil den unmiessigen<br />

keisern die unlidigen Franzosen wider abzogen, unss dass obgewmelte<br />

Übergebung beschach; dennocht so wards dem keiser nit<br />

ganz, sunder das Hochburgun, ennert dem Bisanzer bürg 2 ) bis<br />

gon Orlienz 3 ), behielt obgenenter kueng Heinrich von Frankrich,<br />

mit keiser Heinrichen zuo Metz vertragen 4 ), [23] zuo leben, und gabs<br />

sinem sun Robert in herzogthuoms nammen. 5 ) Ist ouch also an<br />

i5 der krön von Frankrich stammen hernach beliben, welche us<br />

hinlaessikeit der keiseren den merteil des nidren Burguns abermal<br />

hat wider nah und nah zuo im gezogen, und das so hoch bracht,<br />

dass der letst ires stammens, herzog Carle, in siner person das<br />

Burgunsch küngrich | vermeint mit keiser Fridrichs gunst und (18)<br />

20gab wider ufzerichten, und sich von Frankrich frien, und einen<br />

frien kueng von Burgun ze nemmen und ze halten.<br />

Beherschung und zertrennung des nideren Burguns, und<br />

doch alles von Roemschen keisern lehen beliben.<br />

Den andren teil des kuengrichs Burgun, gnemt Nider oder<br />

25 Minder, und Usser Burgun, von Bisanz, zuvor ein richs stat, an<br />

dem gebuerg ab der Sonen 6 ) und dem Rotten nach biss gon [24]<br />

i) Gümminen an der Saane; bis dahin erstreckte sich zu Zeiten die<br />

Macht der Grafen von Savoien.<br />

2j Das Bysanzer-Bürg ist der Theil des Jura in der Gegend von Besancon.<br />

3) Orlienz = Orleans.<br />

4) Von einer Zusammenkunft Heinrichs III. mit König Heinrich von<br />

Frankreich in Metz ist in den Quellen nirgends die Rede. Vielleicht liegt<br />

eine Verwechslung vor mit den Zusammenkünften zu Ivois, 1043 und 1048,<br />

wo aber über Burgund nicht verhandelt wurde (vgl. Steindorff. Heinrich III.<br />

Bd. I. 176 und II. 43).<br />

5) Robert L, Sohn des Königs Robert von Frankreich erhielt 1032<br />

von seinem Bruder, König Heinrich, das Herzogthum Burgund.<br />

•) Die Saone, welche sich bei Lyon in die Rhone (Rotten) ergiesst.


1032. 1045. 1048. 1052. 13<br />

Arie •), dises ganzen kuengrichs houptstat, dannenhar keiserOttIV.<br />

herzog von Brunswig sich namt Roemscher keiser und ein kueng<br />

von Arie 2 ); und harusser zwischend dem Leber- 3 ) und Alpgebuergen<br />

gon Zuerich, die ein anfang und ein edel, alt houpt des<br />

maechtigen kuengrichs Swaben 4 ), und unss gon Chuur hinuf, hond &•<br />

obgemelter keiser Cuonrat und sine nachkommen mit gewerter<br />

band den Franzosen und den Burgunschen grafen anbehalten.<br />

(19) Nämlich so bezwang | keiser Conrads sun, keiser Heinrich III.,<br />

der zum andren mal selbs personlich zuo Solaturn 5 ) gewesen<br />

[1045, 1048, 1052], die zwen grafen, Reinolten von Bisanz undw<br />

Gerolten von Saffoy 6 ), und macht aber, wie vor besehenen 7 ), ein<br />

provinz oder land des Roemschen richs darus; das ouch also<br />

beliben, unss dass es, wie vor gesagt, us hinlaessikeit und<br />

i) Arles oder Arelate war die Hauptstadt des von Boao im Jahr 879<br />

gestifteten Königreichs Burgund, das daher das Königreich Arelat hiess.<br />

Zum Unterschied von Hochburgund wnrde es Niederburgund genannt.<br />

Hochburgund begriff die Gegenden nördlich vom Jura, die spätere Freigrafschaft,<br />

Niederburgund die Länder zwischen der Saone, Rhone, dem<br />

mittelländischen Meere und den Alpen. Rudolf II. vereinigte das Reich<br />

Arelat durch Uebereinkunft mit dem König Hugo von Italien 933 mit<br />

seinem transjuranisch-burgundischen Reiche. Luitprand Antapod. III. 47.<br />

(Fontes r. B. und I. 265).<br />

a ) Schon Rud. von Rheinfelden wurde so genannt, und Friedrich I.,<br />

der Rothbart Hess sich 1157 zum König von Arelat krönen.<br />

3 ) Der Leberberg ist der Jura. Das Land zwischen Jura und Alpen<br />

hiess Transj uranien, und es soll dieser Name zur Zeit Dagobert's I. allerdings<br />

über die ganze innere Schweiz bis zum Bodensee ausgedehnt worden<br />

sein. (Vergl. die Urkunde Friedrich's 1. vom 27. Nov. 1155, Fontes I, 205.)<br />

4 ) Warum Anshelm Schwaben als ein Königreich bezeichnet, ist nicht<br />

erklärlich.<br />

5) Solothurn galt als eine Hauptstadt des Burgundischen Reichs, wo<br />

öfters die Grossen sich in den Angelegenheiten des Landes versammelten.<br />

Heinrich III. hielt selbst dort zwei Reichstage, wie A. richtig angibt, 1045<br />

und 1048 und dann wieder 1052; aber schon 1038 (September) war er dort<br />

feierlich als König von Burgund proklamirt worden. Wipo, vita Chunradi.<br />

Herrn. Aiig. chron. (Fontes I. 317 u. ff., vergl. Wurstemberger IL, 109. 158,<br />

Giesebrecht, Kaiserzeit, II. S. 339, Steindorff, Jahrb. Heinrich's III. Bd. I. 219.<br />

II. 39. 169.)<br />

6 ) Zu Solothurn 1045 huldigten die beiden Burgundischen Grossen,<br />

Reinald, Graf von Hochburgund, und Gerold, Graf von Genf, dem König<br />

Heinrich III. Herrn. Aug. chron. (Fontes I, 319). Heinrich hatte sich<br />

1043 mit Agnes von Poitou, einer Nichte Reinald's vermählt.<br />

7 ) Nämlich, wie oben angeführt, zur Zeit Otto's I.


14 1045. 1048. 1052.<br />

gschaeften der keiseren, vilen herren, heimschen und fremden, in<br />

lehens [25] oder amptz wis geteilt, und nah und nach vil der<br />

teilen fri und eigen worden. Noch dennocht unsshar das ganz<br />

Burgun, was die kueng oder herzogen, von Frankrich geborn 1 ),<br />

5 die bischof von Bisanz, Basel, Jenf, Losan, Sitten, Costenz und<br />

Chuur, item die herren von Kiburg und Buochegk, bede gnemt<br />

landgrafen in Bürgenden, von Saffoy, Nuewenburg, Wyssenburg,<br />

Zeringen, Inderlacken 2 ), Habsburg, Oesterrich und zuoletst Bern,<br />

dar von ingehept, oder noch, so nit geeignet oder gefrigt, in hond,<br />

io ist alwegen vom Roemschen rieh und keisern nach lehens recht<br />

enpfangen und bestaet worden.<br />

Dass ein stat Bern alwegen in des Roemschen richs land (20)<br />

und hand ist gwesen.<br />

Us oberzaeltem grund ist kuntlich, dass dis loblich stat<br />

i5 Bern im nidren, usseren Burgun, Buerginen oder Buergental 3 ), nach<br />

oberzaelter zit [26] erbuwen, in des Roemschen richs, und deshalb<br />

in des Roemschen keisers eigenschaft ie und ie gwesen,<br />

dem herzogen von Zeringen, irem stiftherren, nit witer verpflicht,<br />

dan so wit im als belehneten Stifter oder gesetztem lantvogt<br />

so von sinem herren, dem Roemschen keiser, mocht gebueren, welchem<br />

er ouch, als erblos, mit verkoster oder erkoufter eigenschaft,<br />

der stat und lands lehen hat uebergeben oder heim lassen vallen.<br />

Das alles us der stat Bern guldinen hantveste mag erlernt<br />

werden, die nit der herzog, sunder schultes, raet und burger<br />

25 vom keiser erworben haben.')<br />

i) Von Frankrich geborn, aus französischem Stamme. Die Herzoge<br />

von Burgund waren vom Gebinte der Könige in Frankreich, wurden aber<br />

stets als Lehensträger des deutschen Reiches betrachtet.<br />

! ) Auch das Kloster Interlaken gehörte zu den bedeutenden Landesherren<br />

in Helvetien, denn ihm hatten die Kaiser all' ihr Gut an den<br />

Gletschern des Grindelwalds und der lseltwalder-Wüste gegeben. (1146).<br />

Zeerleder, Urkunden. I. Nr. 42.<br />

3 ) Schon bei Orosius (hist. Rom. VIL, 32) findet sich die sonderbare<br />

Erklärung des Namens der Burgunder von ihren Burgen: gentem ita nomen<br />

ex opere praesumsisse, quia crebra per limitem habitacula burgos vulgo<br />

vocant. Dieser Ableitung entspricht die öfter wiederkehrende populäre<br />

Verdeutschung Bürgenthal für Burgund.<br />

4 ) Ueber die Handveste siehe hernach.


1056. 15<br />

Dass die herren Ton Zeringen iren stammen von Habsburg<br />

und iren zunammen von irer herschaft Zeringen<br />

hond. Berchtold der erst.<br />

Wer aber die herren von Zeringen sigid, vindt sich zum<br />

gloublichsten also: dass in obergangnen jaren gwesen sigid g<br />

(21) grafen von Habsburg'), Schwaebscher | nation, gebrueeder, herren<br />

im Suntgoew und Brysgoew, mit nammen Gebiso, Ber[27]thilo<br />

und Betzolin, desse sun Rapot, keiser Heinrichs truewer diener,<br />

mit hilf sines bruders Beringers 2 ), bischoffen zu Strassburg, gebuwen<br />

hat das schloss Habsburg bi Brück im Argoew, und ge-io<br />

stift das kloster Mure an der Rüss, da er begraben ligt. Und<br />

von dem Berthilo sol geborn sin graf Berthold, der da die herschaft<br />

Zeringen am Schwarzwald, ietz bi Friburg im Brysgoew,<br />

hab besessen, dannen har er und sine nachkommen iren zuonamen<br />

hond behalten von Zeringen. «<br />

Wie das herzogtüm-Swaben dem ersten Berchtold, grafen<br />

von Zeringen, verheissen, aber dem graf Rudolfen<br />

von Rinfelden, ouch das herzogtiim Burgun geben<br />

ward.<br />

Dis erster Berthold von Zeringen dient keiser Heinrichen III., 20<br />

keiser Cuonrats sun, so wol, dass er [28] im das herzogtuom<br />

Swaben, nach abgang herzog Otten von Swinfurt, der alt und on<br />

lib erben was, ze geben verhiess, im ouch desse zuo Wortzeichen<br />

sinen finger ring [1056] gab. 3 ) In dem starb 4 ) der from, milt,<br />

(22) herlich | keiser, verliess einen achtjaerigen sun 5 ), jetzt Roemschen 25<br />

küng, keiser Heinrichen IV., under der Verwaltung siner herlichen,<br />

wisen muoter, keiserin Agnes, us Verordnung ires herren<br />

') Der verwandtschaftliche Zusammenhang der Zähringischen Familie<br />

mit dem Habsburgischen Stamm ist viel besprochen, aber noch nicht<br />

zweifellos hergestellt. Vergl. die Werke von Schcepflin, Guillimann,<br />

Herrgott, Eccard, Leichtlen, Roepell u. A.<br />

2) Sonst gewöhnlich Werner genannt.<br />

3 ) Ekkehardi chron. universale. (Mon. Germ. VIII.)<br />

4) 1056 den 5. October zu Botfelden.<br />

5 ) Heinrich IV. war beim Tode seines Vaters nicht acht, sondern erst<br />

sechs, nach Lambert Hersf. sogar erst fünf Jahre alt.


16 1056. 1057. 1060.<br />

seligen, herzogin zuo Beyern i); ward den Roemschen baebsten so<br />

ganz undertan, dass si inen ze willen, wider menschliche art<br />

und vernuft, iren einigen sun den keiser verliess, ja vervolgt,<br />

und zuo Rom im kloster ire zwenzigjaerige witwenschaft endet. 2 )<br />

5 Also nun hienach im nächsten jar, nämlich Cristi Jhesu im<br />

1057, obgenaemter herzog von Swaben ouch von diser zit abgescheiden<br />

was, er- [29] vordret graf Berchtold von Zeringen, uf im<br />

beschechne zuosag, das herzogtuom Swaben. Welches do die<br />

keiserin regentin gab dem wisen, herlichen graf Rudolfen von<br />

loRynvelden, als etlich achtend Habsburgs, ich aber Burgunschs<br />

geschlechtz, iedoch den Swaebschen und Burgunschen fuersten gesipt.<br />

3 ) Und da mit er das möchte behoupten, und dem jungen<br />

keiser dester beholfner und truewer solte sin, durch mittel des<br />

bischofs von Costenz, ward im vermählet des keisers swester,<br />

, 5 Mechthikl, und des nidren Burguns herzogtuom darzuo gelehnet,<br />

und also ward diser graf Rudolf herzog zuo Swaben und<br />

Burgun.<br />

Wie graf Berthold von Zeringen, zn Kernten herzog (23)<br />

gnemt, allein den nammen im und sinen nachkommen<br />

20 hat behalten.<br />

[30] Da mit aber der von Zeringen siner ansprach, Unwillen<br />

und gsuochs gestillet soelte sin, ward im [1060] das herzogtuom<br />

Kernthen geben 4 ), desse doch weder er, noch sin sun Berchtold<br />

ze ruowen (kam), sunder, mit anhang der Sachsen und Beyeren,<br />

25wider den keiser und herzog Ruodolfen so wit handlet, dass im<br />

der keiser Kernthen nam, und gabs sinem gesipten, margraf<br />

i) Das erledigte Herzogthum Baiern hatte Heinrich III. sonstiger<br />

Uebung zuwider seiner Gemahlin Agnes gegeben.<br />

2) In dem Kampfe zwischen Heinrich IV. und Papst Gregor VII.<br />

stellte sich bekanntlich des erstem Mutter, die Kaiserin Agnes, durchaus<br />

auf Seite des Papste3.<br />

3) Die Vermuthung einer Abstammung Rudolfs von Rheinfelden von<br />

dem erloschenen und verdrängten Burgundischen Königshause kehrt bei<br />

manchen Geschichtsforschern wieder. Rudolf war zuerst mit einer Schwester<br />

Heinrich's IV., (Ekkeh. chron. univ. 1057.) dann mit einer Schwester von<br />

dessen Gattin vermählt. (Vergl. auch Giesebrecht, III, S. 58. — F. 0. Grund,<br />

die Wahl Rud. v. Rh. Leipzig. 1870.)<br />

4 ) Ekkeh. chron. univ. 10G1. (Mon. Germ. VIII., 198.)


1060. 1076. 17<br />

Lupoiden von Oesterrich 1 ), und also ist denen von Zeringen<br />

bliben der nam herzog, on eigenschaft einches herzogtuoms.<br />

Urhab der schwaecherung und zertrennung des tntsehen<br />

keisertüms mit staerkung und einung des Roemschen<br />

babsttiuns.<br />

B<br />

Do nun keiser Heinrich zuo sinen tagen kommen, das regiment<br />

von siner baebstischen muoter zuo sich genommen, nach siner<br />

lob[31]lichen vorfaren keiserlichen gwalt und frien gnaden, die<br />

leientuom und priestertuom vergäbet und belenet, kam er in<br />

grossen Ungunst etlicher fuersten, bischoffen, und besunder in die w<br />

allerungnaedigste Verbannung der Roemschen baebsten, sunderlich<br />

Gregor VII., Benedictiner ordens, zuo Ruegisperg ein prior ge-<br />

(24) wesen 2 ), welcher zum fuertrefliebsten des | entcrists warfen, nämlich<br />

die bermentinen und bliginen pfil 3 ), so kräftig und so<br />

gwaltig gmacht hat, dass sid der zit, nämlich vom jar Cristiis<br />

Jesu 1076, biss uf den fuerschiessenden Luther von Saxen 4 ),<br />

in fierhundert und sechs und vierzig jaren, kein keiser, kein<br />

kueng, kein fuerst, kein land, kein stat uetzet darwider hat vermögen;<br />

so schädlich und vergift, dass in allem Roemschen rieh,<br />

Tuetschs und Welschs lands, zevor und hernach, in allen crist-20<br />

liehen nationen, in beden ständen, kein glouw, kein frid, kein<br />

ghorsame, [32] sunder uncristlich meineid, unmenschlich krieg<br />

und unzaelich bluotvergiessen vom Bin und Rom bis gon Jherusalem,<br />

Cristi selbs und der cristen maetze, und biss zuo unsern<br />

i) Ekkeh. a. 1073.<br />

Die beigefügte Bemerkung findet sich bei Bernold (Mon. Germ. VII.<br />

454) auf Berchtold IL bezüglich: Qui nondum aliquem ducatum habuit,<br />

etsi iam dudum nomen ducis habere consuevit.<br />

2) Woher A. letztere Angabe hat, ist nicht nachzuweisen. Im Leben<br />

Hildebrands findet sich keinerlei Anhaltspunkt. Vergl. Studer, Gesch. d.<br />

Kl. Rüeggisberg, im Berner Taschenbuch 1880.<br />

3 ) Die päpstlichen Bullen auf Pergament und mit bleiernen Siegeln<br />

werden als Waffen des Papsts mit Pfeilen verglichen.<br />

4 ) Luther wird als «feuerschiessend » bezeichnet, ohne Zweifel weil er<br />

im Gegensatz zu den pergamentenen und bleiernen Pfeilen des Papsts mit<br />

andern, geistigen oder feurigen Waffen den Antichrist bekämpfte.<br />

2


18 1076.<br />

erst gar tyrannischen ziten, on zal, on mass, ouch ander denen<br />

heiligsten nammen Gots, Cristi Jesu, Petri, Pauli und der kilchen,<br />

hond inueessen gwaltigen, unverhinderlichen fuergang haben. Und<br />

wo unser almaechtiger vater Got, um liebe und er willen sines<br />

ssuns, unsers war gnädigsten herren Cristi Jesu, zuo siner glori<br />

und der gleubigen heil, dem entcrist sin hand nit verkürzeret,<br />

raftss noch grimmer wieteri, dan ie vor, fuergon. Es ist on<br />

zwifel von Got recht angesehen zuo unsern ziten, durch die des<br />

entcrists waffen ze stumpfen, durch welche ers zuo siner zit hat<br />

logespitzt, nämlich die Saxen, welche da fuernemlich gemelten babst<br />

schirmtend, und irem herren, dem keiser, widerstrebten. •)<br />

[33] Tat und gebot des entcrists mordax, babsts (25)<br />

Gregorii des nammens des suebenden.<br />

Obgemelter babst Gregorius, billich von den Roemschen hochisgeriemt,<br />

und von den Tuetschen noch billicher hochgescholten,<br />

gebot: man soelte keins huorers mess hoeren; nit mit laeren haenden<br />

zur mess kommen; fleisch und bluot da glouwen; dass gewichte<br />

und onlensprofesspersonen kein öh mechtid noch soeltid bezielien;<br />

klosterluet kein fleisch essen; dass kein lei zehenden haette; dass<br />

20 als ketzerisch verbant wäre, welcher lei, ouch der keiser, so uf<br />

pfruonden und prelaturen bestetigung gebe, und die, so si von<br />

im bekantid. Von wegen des nächst gemelten gebots, und um<br />

andre herlikeiten, den keisern rechtlich zuostaendigen, nämlich ums<br />

kuengrich Napols 2 ) und andre fuerstentuoui in Italien, Saut Peters<br />

2:, Erb 3 ) genemt, zum teil mit gwalt von bäbsten den hinlaessigen<br />

oder verhindreten keiseren abgelogen oder abgezogen, und von<br />

diss keiser [34] Heinrichs basen, Mechthilden, mit geistlicher list<br />

ererbt 4 ); bi acht | keiseren, redlicher forsten, nachenander, zuo (26)<br />

') Der Aufstand der Sachsen war es gewesen, der Heinrich IV. den<br />

Kampf mit dem Papstthum erschwerte.<br />

2) Der Papst behauptete, dass dieses Königreich ein Lehen des römischen<br />

Stuhles sei.<br />

3) Patrimonium Petri, der spätere Kirchenstaat.<br />

4) Mathilde, Markgräfin von Thuscien, die eifrige Anhängerin Papsts<br />

Gregor VII., vermachte bei ihrem Tode einen grossen Theil ihrer Güter


1076. 19<br />

grossem, unsoeglichem schaden und ewiger schand aller Tuetschen<br />

nation, ja ganzer cristenheit, mit dem bann jaemerlich verberget,<br />

oder mitan ins Türken maetze gschickt sind. Und mit den nachgoenden<br />

des entcrists gwaltigste houpt buechsen, nämlich: dass<br />

der Roemsch babst us goetlichem gwalt ueber concilia, über evan-s<br />

gelia, ueber die keiser wäre, annemen oder verwerfen moechte;<br />

dass man dem babst und baebstlichem bann, bi ewiger straf, zuo<br />

glich cristo, soelte und mueesste ghorsam sin, bracht er und sine<br />

nachkomen, insunders Tuetsche land, dahin, dass semliche ufruoren<br />

und zwitracht in geistlichem und weltlichem regiment ward, 10<br />

der glichen nie gehoert; also dass ouch die nächst angebornen,<br />

muoter, [35] suenen, veter, basen, swaeger und andre gesipten und<br />

eidsverwanten, Saxen, Beier, Swaben und Walhen, den keiser,<br />

so in fünfzig jaren sines keisertuoms wider sin unghorsamen und<br />

vigend mit ufgerichter paner zwei und sechszig vaeldstrit er- 1 »<br />

harret, Rom mit gwalt ingnommen, wider er und eid, uf a ) sin,<br />

des babsts absoluz •), unss in sinen erbärmlichen tocl vervolgtend,<br />

und der babst Pascalis, fuenf jar nach sinem tod, im cristliche,<br />

gebuerliche begraebnues vorhielt, in ouch vor im leben dahin zogen,<br />

(27) dass er hie anzognem j Gregorio, 1076, gan Canuss 2 ) ruchsso<br />

winters zit uss Tuetschlanden entgegen reit, vor der stat, wullin,<br />

barhoupt und barfuoss, in drien tagen, mit sinen und aller biwesenden<br />

weineder pit kum von dem entcrist baebstliche gnad und<br />

absoluz erwarb. [36] Und das alles hiess cristlich in cristus und<br />

der heiligen kilchen nammen: wäre doch bi heiden und tuerken25<br />

unmenschlich gehandlet. Dass aber die keiserischen verbanneten,<br />

und von der gmeinsame ums babsts und siner pfaffheit selbs erdichten<br />

friheit willen usgeschlossen, den babst und sine anhaenger<br />

mit irem mutwilligen bann nuet schätzten, ouch verjagten,<br />

wuergten, klester zerissen, mess hielten, pfaffen, insunders pfarrer, 30<br />

a ) Im Mskr. vffs.<br />

(einen Theil von Mantua, Parma, Modena, Ferrara) dem päpstlichen Stuhle,<br />

über welche Mathildische Erbschaft nachher häufige Streitigkeiten ausbrachen.<br />

Vergl. Giesebrecht. Gesch. d. Kaiserzeit. III. 187 ff. G22 ff.<br />

i) Der Papst hatte den Kaiser in den Bann gethan und Jedermann<br />

des Eides und der Pflicht gegen ihn entlassen.<br />

2) Canossa, im Januar 1077.


20 1077.<br />

sich verelicheten, muench und nonnen ire klester verliessend, die<br />

leien prediten und touftend, das Messend den baebstischen so<br />

grusam gruewel, wie wol ab inen verursacht, dass si die ze dämmen,<br />

ouch mit noch nie widerbrachter zertrennung und ver-<br />

5 wirrung des ganzen Roemschen richs, ja ganzer cristenheit, keines<br />

grusamen gruewels anzerichten verschonten, ban, laestrung, verraeteri,<br />

fir und isen on erbaermd bruchtend: diss, diser zit geschichten,<br />

[37] sind hie unseren ziten zuo einem exempel in<br />

gmeiner sum angezogen; da mit (die) so die warheit des waren<br />

io evangeliums Cristi Jesu | erkennend, sich des entcrists list, hoch- (28)<br />

muot und grim dester minder verwundrid, und dester gedultiger<br />

tragid, so doch iezt und vil jaren bar die keiser mit allerlei künstlichen<br />

sägen uebergweltiget, in siner hand ballet, aller weit trutzt,<br />

und doch nuet dan zuo sinem nuz mit fremdem schaden usricht.<br />

15 Wer weisst doch nit, dass in fünfhundert jaren das grest und<br />

unzaellichst bluotvergiessen, bi Cristen und Türken ergangen, von<br />

der Roemschen allerheiligste heilikeit angericht und gefuoret; in<br />

allem Roemschen rieh Tuetscher und Waelscher landen, kein einikeit<br />

noch ghorsame gewesen. Welcher keiser den babst hat kuesst,<br />

20 hat mueessen sich siner herlikeit verzuehen, friheit, land und luet<br />

vergaben und fuossknecht bliben. [38] Welcher aber den babst<br />

nit hat wellen kuessen, hat mueessen den Tuerken kuessen. Welcher<br />

aber entwedern hat wellen kuessen, hat mueessen verachtet sin.<br />

Und also , so sind der babst und der Tuerk der blinden weit zuo<br />

25billicher straf unbilliche herren worden.<br />

Wie herzog Rudolf von Rinvelden wider sinen herren<br />

und swager, den keiser, zu Roemschem kung ward<br />

erwoelt.<br />

Im jar Cristi Jesu 1077, nach dem und obgenamter babst<br />

soGregorius hat keiser Heinrichen und alle sine bistaender, als<br />

der Roemschen kilchen widerspennige kaetzer, in höchsten<br />

ban vertuet und verschossen, im all sin undertanen und geschwornen<br />

von schuldiger ghorsame und eiden absolviert, im<br />

ghorsame und | eid ze leisten bim ban verboten, und den kur- (29)<br />

35forsten geboten, einen Roemschen kueng [39] wider den tyrannen


1077. 1073. •21<br />

Heinrichen zuo erwellen •); erwaeltend die Saxen, Swaben und ir<br />

Anhaenger, mit nammen herzog Gwelf von Beiern und herzog<br />

Berthold von Zeringen, von Keratinen vertriben, des keisers<br />

swager *) und zweier herzogtuomen gswornen lehenman, herzog<br />

Ruodolfen von Rinvelden 3 ), gekrönt zuo Mentz mits babsts be- 5<br />

stetigling, sagende: Roma dedit Petro, Petrus diadema Rodolpho.<br />

Rom hat Sant Petern und Peter die Krön Ruodolfen geben.<br />

Wie der jung herzog Berthold von Zeringen kueng Rudolfs<br />

dochterman und herzog in Swaben worden, und wie<br />

der alt Berthold gestorben.<br />

io<br />

Do nun diser herzog Ruodolf, von den baebstischen beredt,<br />

römscher kueng was worden, gab er herzog Bertholds von Zeringen<br />

sun, dem jungen Bertholten, [40] sine einige erbdochter 4 )<br />

satzt in und den vater in die herzogtuom Swaben und Burgun.<br />

Und zuo hand greif keiser Heinrich dise land, als siner abtrinnigen2o<br />

und meineidigen fienden herberg, an, schleifts und verbrants,<br />

gab bischof Burchaten von Losan die landschaft zwischen Sant<br />

Bernharz berg und dem Lebrer 5 ). Ward diser bischof hernach<br />

[1089] bim keiser in einer ufruor vom margrafen Egbert von<br />

Thüringen in Thüringen erstochen, als er des tags dem keiser25<br />

(30) die | lanzen Cristi vortragen hat, uf ein sontag des winacht<br />

abends 6 ). Derglichen so handlet ouch graf Fridrich von Stouffen<br />

in Swaben. Und do nun herzog Berthold der alt des keisers<br />

glueck sach, floh er in sin vest schloss Lintperg, ward vor leid<br />

unsinnig, und starb in acht tagen, im jar Cristi Jesu 1078 7 ).30<br />

') Die Excommnnication gegen Heinrich IV. wurde im Februar 1177<br />

ausgesprochen.<br />

2 ) Siehe oben Seite 16, Anm. 3.<br />

3 ) Den 15. März 1077 zu Forchheim. Die Krönung fand am 26. März<br />

in Mainz statt.<br />

4 ) Agnes genannt. Die Vermählung fand bald nach Ostern 1079 statt,<br />

s. Bertholdi Ann.<br />

5 ) Lebrer = Jura. Die Urkunde, datirt Speyer, 1080 (1079) s. Zeerl. I. 45.<br />

Fontes r. B. I. 340.<br />

6 ) Vergl. Cart. von Lausanne, fol. 7. (Font. r. B. I. 350.) Annales<br />

Disibodenb. (Mon. G. vol. XVII.)<br />

7 ) Berchtold 1. von Zähringen starb den 6. November 1078 auf seinem<br />

Schlosse Limburg (Ekkehard nennt 1077 als dessen Todesjahr).


22 1079.<br />

Wie küng Rudolf, vom keiser umkommen, geendt hat.<br />

Darnach im jar Cristi Jesu [41] 1079, in Saxen, an der<br />

dritten schlacht, so si bed personlich gegenenander nit mit<br />

wenig bluots geton, ward kueng Rudolfen sin rechte band abge-<br />

5 howen, der wunden er zu Moersburg •) starb, und daselbs kuenglich<br />

begraben. Bekant an sinem end die verdiente straf sines<br />

meineids, vom babst erwegt, sprach zuo den umstoenden: Nemend<br />

war! das ist die hand, da mit ich minem herren geschworne<br />

truew geben hat! Iezt verlass ich sin rieh und min leben; luogent<br />

ioir, die mich uf sinen stuol gesetzt hond, dass ir recht gehandlet<br />

habid! Do nu der keiser zuo kueng Rudolfs grab kam, und im<br />

einer sagt: worum er sinem meineidigen, toetlichen vigend kuengliche<br />

begräbt gestattete? antwort: er weite, dass j alle sine vigend (31)<br />

so herlich vergraben waerid; er gönne im totne ruow und er.<br />

15(42) Wie das Herzogtum Swafoen an die frigrafen von<br />

Stoufa kommen, und den von Zeringen enzogeu ist.<br />

In obgezaeltem jar 1079, nach dem nun keiser Heinrich<br />

sinen undankbaren widerkeiser Rudolfen hat ueberwunden und<br />

umbracht, und im der frigraf Fridrich, alts, edels, Swaebschs<br />

2ostammens von Hohenstoufa, wol und erlich gedient, an truew,<br />

wisheit und manheit bewert, vermehlet er im sine tochter<br />

Agnesen, und gab im zuo estuer das alt, edel Herzogtum Swaben.<br />

Und also hond die herren von Stoufa dis herzogtuem hundert<br />

und siben und nuenzig jar fürstlich besessen, und sechs herlich<br />

25keiser geben; alle und der ganz edel stam von baebsten, als irem<br />

gewachst untrüglich, usgeruetet.<br />

Beder") herzogen von Swafoen und Zeringen stam, krieg<br />

und foericht.<br />

[43] Und als nun dise vergabung in ob gemelter zit 1079<br />

30 beschall, erhiib sich von stund an ein krieg zwischen denen<br />

") Im Mscr. Bäder.<br />

i) Rud. v. Rh. starb zu Merseburg an einer Wunde, die er am 15.<br />

October 1080 bei Mölsen erhalten hatte.


1079. 1126. 1167. 23<br />

nuewen herzogen, dem aber der von geringen, — so Swaben zum<br />

teil ingehaebt, us ansprach, als sinem vater vor verheissen, und<br />

iezt von sinem schwaeher, kueng Rudolfen selig, mit samt Burgun<br />

geben und ererbt, — von wegen des keisers ze schwach, alle sine<br />

(32) land, on das hant-|vest houpt Zürich, hat verloren, begert eins 5<br />

Vertrags, welchen der keiser, angesehen die grechtsame und<br />

glueckvaell deren von Zeringen, also macht, dass sich der von<br />

Zeringen soelte verzuehen aller ansprach an das herzogtiim<br />

Swaben, und aber sine erbland, darein eigen die stat Zürich und<br />

den schirm oder landvogti Burgun zuo kaiserlichen lehen be-w<br />

halten'). Und also muosst er sich lassen beniegen und zefriden<br />

sin; desse weder er noch sine nachkommen zefriden, sunder alwegen,<br />

[44] wie wol geboren Swaben, als vertrungen, den Swaebschen<br />

herzogen widerwertig beliben,<br />

Von herzog Cunrat von Zeringen. «<br />

also dass sin sun herzog Cuonrat von Zeringen, nach sinem<br />

und siner dochter sun, graf Wilhelms von Burgun, tod 2 ), — mit<br />

Belehnung, gunst und hilf [1126] des Roemschen keisers Lotharii<br />

von Saxen, (denen) zuo wider, die er als unghorsam bekriegt, den<br />

Schwaebschen herzogen Fridrichen und Cünraten, Roemschen kueng 20<br />

gnemt 3 ), des ersten Fridrichs sun, — sine erbland, darinen er<br />

underm keiser Heinrich V. im Brisgoew, [1112]') nah bim schloss<br />

Zeringen, die stat Friburg gebuwen hatt, errett und Burgun<br />

behielt,<br />

i ) Erst im Jahr 1097, nach langen Kämpfen, ward diese Uebereinkunft<br />

geschlossen. Vergl. Otto Frising. de gest. Frid. I lib. I, cap. 8.<br />

2 ) Graf Wilhelm IV. (puer), der Sohn Wilhelm III. und der Agnes von<br />

Zähringen, wurde 9. Febr. 1127 zu Peterlingen ermordet und auf der St.<br />

Petersinsel begraben; (Wurstemberger IL 229.) Lothar, König seit 30. Aug.<br />

1125, sprach Burgund dem Erben, Grafen Rainold, ab und übergab es<br />

Conrad von Z. als Herzogthum. Otto Fris. a. a. 0. cap 29. (Vgl. Bernhardi.<br />

Lothar von Supplinburg. Jahrb. d. d. Geschichte. S. 132—130.)<br />

3 ) Conrad III. von Stauffen wurde am 22. Februar 1138 König.<br />

4 ) Die Gründung von Freiburg i. Br. wird gewölmlieh in das Jahr<br />

1120 getetzt. (Gaupp, Deutsche Stadtrechte.)


24 1167.<br />

Von herzog Bertholt III. und IV. von Zeringen.')<br />

desglichen desse sun Bertholt, des nammens der drit, nach<br />

dem im keiser Fridrich der erst, nächst genents herzog Fridrich<br />

von Swaben sun, alle sine land angewunnen hat, 1167 2 ), gnad<br />

5 begert, ward | ein bericht gmacht, dass der keiser im alle sine<br />

erbland in Swaben fri, und in [45] Burgund drier bistuom kastvogtlgen,<br />

nämlich Jenf, Sitten undLosan 3 ), da sin bruoder Ruodolf<br />

bischof was 4 ), item den kuenglichen sitz Arie, und die lantschaft<br />

Jenf bis gon Zürich 5 ), in welcher er in Oechtland Friburg buwt 6 ),<br />

iozu leben wider gab"). Welche land alle an sinen sun, herzog<br />

Bertholten, dess namens und dess gschlechts den letsten 7 ) kommen<br />

sind, darin er diss loblich stat Bern gestift hat b ). Diss<br />

alle von Zeringen, wie wol in drien herzogtuomen geherschet,<br />

nämlich in Kernthen, Swaben und Burgun, und herzogen gnemt r<br />

15 sind si doch on eigenschaft einiches herzogtuoms abgestorben, an<br />

adel, nammen und gelt vast rieh, und dahar, mit iren keisern<br />

gefridet, vil fürstlicher Stiftungen, kloester, schloss und staet erbuwen,<br />

geufnet oder gebessert hond 8 ).<br />

*) Am Rande steht roth, d. h. als Ueberschrift, dann aber durchgestrichen:<br />

«Vom letsten herzog Berthold von Zeringen».<br />

b ) Am Rande, viel später hinzugesetzt, aber wieder gestrichen: «und<br />

Nuchtland, bede nit von bürgen und öde, sunder von Burgunschen Volkeren<br />

genempt». Siehe hienach.<br />

i) Nach jetzt üblicher Zählung Berchtold IV. und V. genannt.<br />

2) Otto Sanblasianus; nach Otto Frising, d. g. Frid. imp. II, 29, dagegen<br />

schon 1157.<br />

3) Otto Frising, Gesta Frid. Imp. IL 29.<br />

4 ) Irrig. Rudolf von Zähringen, Bruder Berchtold IV., war Bischof von<br />

Lüttich 1167 —1191. In Lausanne war in jenen Jahren überhaupt kein<br />

Bischof Rudolf.<br />

5 ) Ueber diese Verhandlungen siehe Otto Sanblasian. a. a. 1167. Otto<br />

Frising, Gesta Frid. I. imp. IL 29 (1157). (Vergl. Wurstemberger IL 261).<br />

e ) Die Gründling von Freiburg im Uechtland wird in das Jahr 1177<br />

oder 1178 gesetzt.<br />

Oechtand, gewöhnlicher Uechtland, ist der alte Name eines Theiles<br />

der Kantone Freiburg und Bern; die Ableitung ist zweifelhaft. Siehe hienach.<br />

') Berchtold V. starb den 18. Febr. 1218 kinderlos.<br />

») Als Gründungen der Zähringer werden durch Sage oder Geschichte<br />

bezeichnet die Städte Villingen im Schwarzwald, Herten, Morges, Milden,<br />

Märten, Burgdorf, beide Freiburg und Bern, und die Klöster St. Peter im<br />

Schwarzwalde und Thennebach.


1140. 25<br />

[46] Von einem strit vor Winsberg, da die bluetigen<br />

nammen Gibel und Weif sind entstanden, in biweseu<br />

herzog Bertholds III. von Zeringen.<br />

Wie wol nun hie diss lands und der von Zeringen halb gnüg<br />

anzeigt möchte sin, doch von wegen etlicher gschichten, nit un-s<br />

(34) lustig noch unnuetzlich ze wissen, ouch die Zeringer berierend,<br />

ist witer zuo verneinen, dass der ander Bertholt von Zeringen<br />

ein so herzhafter fuerst was, dass, wan man im guote maer bracht,<br />

sagt er: es wirt bald eine fuenstre wölk komen. Bracht man im<br />

bese, sagt er: es wirt bald die Hechte sonn schinen. Liess sich»<br />

kein zuovall entsetzen •). Der clrit Bertholt hat bistand ton sinem<br />

swager, herzog Weifen 2 ) von obern Beiern, Schwaben und Riess 3 ),<br />

ouch vast alt und edel gebornen Swa[47]ben von Altorf 4 ), uss<br />

anwisung des bafosts Innocentii II. zuo verhindren den keiser,<br />

Napols und Sicilien, ouch Mechthilts erb 5 ), iezt durch in, den«<br />

(35) babst, Sant Peteren ingezogen, wider, als dem Roemi-1 sehen rieh<br />

ghoerend, abzeziehen, wider keiser Cuonrat III., herzogen von<br />

Swaben und Franken, im von siner muoter bruoder, keiser Heinrichen<br />

V., geben 6 ); kamend 1140 mitenander vor Winsberg ze<br />

strit 7 ). Was da der keiserschen krid: hie Gibel! und ders»<br />

baebstischen: hie Weif! Und als die Gibel den sig behielten,<br />

i) Nach Otto Erising. Gesta Frid. I. imp. I. 8.<br />

2) Berchtold III. war verehelicht mit Sophie, einer Tochter Herzog<br />

Heinrichs des Schwarzen von Baiern und Schwester des Herzogs Weif.<br />

3 ) Ries, alter Name eines Theils von Schwaben, der Gegend um<br />

Augsburg.<br />

4 ) Die Stammgüter des Geschlechts der Weifen lagen in Schwaben,<br />

ihr Erbbegräbniss hatten sie im Kloster Weingarten, unweit Ravensburg.<br />

5 ) Siehe oben S. 18, Anmerk. 4.<br />

Der Kaiser machte Namens des Reiches Anspruch auf die Mathildische<br />

Erbschaft dem Papste gegenüber. Vergl. darüber auch Raumer, Geschichte<br />

der Hohenstaufen I. 295 u. ff.<br />

Berchtold III. kam schon 1122 um, und es folgte ihm sein Bruder Conrad<br />

1122—1152.<br />

6 ) Kaiser Konrad III. von Hohenstaufen war der Sohn des Herzogs<br />

Friedrich I. von Schwaben und der Agnes, einer Tochter Kaiser Heinrich'sIVund<br />

Schwester Heinrich's V.<br />

') Am 21. Dezember 1140. Dass die beiden Parteinamen gerade damals<br />

entstanden seien, wird von Giesebrecht (IV. 190) bezweifelt.


26 1140. 1153.<br />

Ein redliche frowen tat.<br />

gewan der keiser das schloss und stat, hiess die frowen<br />

und kuend mit hab, so si einer burdin ertragen moechtid, abziehen;<br />

wolt die mannen erwürgt han. Do namend die fromen<br />

s wiber [48] ire mann uf ir ruggen und truogens hinuss. Sagt der<br />

keiser: das were nit sin meinung gsin; doch so sollte der<br />

frommen frowen erlicher rat und redliche tat fuergang und lob<br />

haben'). Berowt den herzog Weifen um Verletzung keiserlicher<br />

maiestat des nidren Beiern, und gabs sinem veter 2 ), margrafen<br />

io Heinrichen von Oesterrich 3 ). Dahar zwischen dem Weifen und<br />

dem margrafen ein harter span und krieg erwuchs, harnach<br />

über 13 jar von keiser Fridrichen dem ersten, beder fuersten<br />

gesipten, vom vater ein Gibel und von der muoter ein Weif, die<br />

herzog Bertholts frowen und des Weifen swester gsin was 4 ),<br />

15 also verricht, dass der herzog Weif sin land wider naem, und<br />

der margraf herzog hiesse, 1153. Und also ist uss der margrafschaft<br />

Oesterrich ein herzogtuom worden 5 ).<br />

Geschäft der blutigen uamnien Gibel und Weif in<br />

Waelschen landen.<br />

[49] Es wurdend ouch hie mitan Gibel und Weif die<br />

äoboessten ufrfierischen nammen, von den edlisten Tuetscher nation<br />

stammen geboren, vereint, sagend mitenander mit irem herren<br />

!) Die Geschichtlichkeit dieser Frauenthat hält Giesebrecht für sehr<br />

zweifelhaft. (IV. 190.)<br />

2) Oheim, nach jetzt noch vorkommendem Sprachgebrauch.<br />

3 j Schon im Mai 1139 war das Herzogthum Baiern dem geächteten<br />

Heinrich dem Stolzen genommen und dem Markgrafen Leopold von Oesterreich.<br />

Halbbruder Konrad's, gegeben worden. Nach beider Tod erhielt es<br />

1143 Markgraf Heinrich (Jasomirgott), der Gatte der Wittwe Heinrich's des<br />

Stolzen. (Giesebrecht, IV. 207.)<br />

4) Kaiser Friedrich's I. Mutter war Judith, Tochter des Herzogs Heinrich<br />

von Baiern, Schwester des Grafen Weif und der Sophie, der Gattin<br />

Herzog Berchtold's III. von Zähringen.<br />

5 ) Heinrich der Löwe erhielt im October 1156 zu Regensburg das Herzogthum<br />

Baiern zurück. Gleichzeitig wurde die Markgrafschaft Oesterreich<br />

zu einem selbständigen Herzogthum gemacht. (Giesebrecht, V. 92. ff.)


1153. 27<br />

dem keiser uss Tuetschen in Waelsche land, zuo irem allerheiligsten<br />

vater dem babst, da von ihm gsegnet, ingsessen, gwurzlet, brosset,<br />

und darnach under keiser Fridrichen dem andren, des ersten<br />

naeffeni), von erst zuo Pistoja 2 ), und nach und nach in allem<br />

Italien so grusam usbrochen, dass grössere Plag und schaedlichers<br />

vigend in diss edel land Italia nie und noch nit kommen ist.<br />

YVan da niemands, weder burt noch mag, man noch wib, her<br />

noch knaecht, gsel noch burger, des andren verschont, sundre<br />

zeichen haben, enandren doetlich hassend, schmehend, ubervallend,<br />

verratend und wuergend; [50] hond das land, das mitio<br />

wisheit und manheit einmal gar nach die ganzen weit bezwungen,<br />

da hin bracht, dass es sider des unsinnigen, omoechtigen vigends<br />

ankunft, als unsinnig und kraftlos, keinen friden hon, noch<br />

keinem krieg widerston mag. Damit aber doch nuet so schaedlichs<br />

sie, das nit etwo nütze, so honds irem heiligen vater, 15<br />

(37) so sich us der j rarsten und landen zwitracht naert, mert und<br />

erhalt, so wol gedient, dass er, die wil si lebend, nit ein betel,<br />

wie Petrus, sunder ein welt-fuerst, wie Dioclitianus, ist, und so<br />

laug der langmietig got dem entcrist kraft verlicht, belibt. Diss<br />

einig exempel, dera doch die weit, unbesint, vol ist, wäre gnuog-so<br />

sam, all herschaften ze warnen, sich mit aller fursichtikeit und<br />

macht vor partten [51] und partischen namen und zeichen zuo<br />

verhieten. Obgemelte mortliche nammen hattend sich 1516 in<br />

unsueberlichem, wie inen ouch zimt, rimen, hie zuo Bern zum<br />

narren 3 ) lassen ufschriben : 25<br />

Wir Gwelfen,<br />

Wend uns der ducaten und krönen beheben;<br />

So ir Gibel<br />

Essent kat und draeck ussem kibel.<br />

So bald ich der gewaret, sagt ich niinem herren schulthessen 30<br />

Jacoben von Wattenwyl: Hietent; diss sind die nammen, welche<br />

') Enkel (nepos); Friedrich II. war Grosssohn Friedrich's I.<br />

2) Davon findet sich keine Spur. In Pistoja sollen später die Partheinamen<br />

«Schwarze» und «Weisse» aufgekommen sein. Eine Verwechslung<br />

damit ist möglich.<br />

3 ) Auf dem Zunfthause zum Distelzwang, welche Gesellschaft sonst<br />

«zum Narren » hiess.


28 1147. 1152.<br />

das ganz Italien verderbend! Wurdend von stund an abgewischt<br />

und verboten. Wen aber, und wie das besehenen, wirt sich in<br />

sinem jar fuenden.<br />

Keiser Cüurats und kueng Ludwigs von Frankrich<br />

5<br />

schädliche reis zum heiligen grab.<br />

In obanzeigter blutiger zwitracht der edlisten hoch Tuetschen, (38)<br />

der Gibel oder Gibelin, kuenglichs und kei-| serlichs stammens,<br />

[52] der Heinricher von Gweiblingen oder Giblingen, dahar der<br />

nam Gibelin; und der Weifen oder Gwelfen, grosser forsten<br />

logschlechts von Altorf; — als der Türkisch houptman Sagwin') die<br />

grosse stat Edessa gewunnen, ein grosse zal Cristen gemetzget<br />

hat, schuof der babst Eugenius durch die heilikeit S. Bernharts,<br />

abts zuo Clarewall 2 ), fuer einen profeten gehalten, dass keiser<br />

Cuonrat Napols underliess und mit grossem hör, on das uberisfluessig<br />

fuossvolks, uf 70,000 reissiger pferde 3 ), dess glich kueng<br />

Ludwig von Frankrich, in das heilig land, des Türken maetze,<br />

mit grossem schaden zugend, 1147, und eins jars, ungeschaft und<br />

mit grösserem schaden und schänden, kum dennocht wider heim<br />

kamend 4 ). Und da der keiser verlassne zwitracht biss in sinen<br />

sotod vervolget und doch nit endet, verliess er die mit der krön<br />

sines bruoders sun, herzog Fridrichen von Swaben, welcher die<br />

zwitracht stilt und die krön erlangt.<br />

[53] Ton keiser Fridrichen, des nammens dem ersten,<br />

und foabst Alexandern III.<br />

25 Im jar Cristi Jesu 1152 5 ), ist mit willen der fuersten Roemscher<br />

keiser worden herzog Fridrichs sun von Swaben, Fridrich,<br />

i) Emadeddin Zanki oder Sanguin, seit 1126 Herrscher von Mosul und<br />

Aleppo, hatte 1144, der Sage nach am Weihnachtstage, die Stadt Edessa<br />

nach einer langen Belagerung durch Untergrabung der Mauern erobert.<br />

(Otto v. Friesing, Chr. VII. 20.)<br />

2) Der heilige Bernhard von Clairvaux.<br />

3) Diese Zahl wird auch von Giesebrecht als die wahrscheinlichste genannt<br />

(IV. 263). Mitte Mai 1147 zog Konrad von Regensburg aus. Am<br />

20. Juni brach sodann Ludwig von Frankreich von Metz auf.<br />

4) Konrad betrat am 1. Mai 1149 bei Aquileja wieder sein Reich. Er<br />

starb am 15. Febr. 1152.<br />

5) Den 4. März.


1152. 1155. 29<br />

(39) des nammens der erst, von | Walhen gnemt Barbaross, Rotbart,<br />

ein so keiserlicher fugenden ein keiser, als ongeverd undern<br />

Tuetschen ie gesin, uf welchen das ganz Roemisch rieh, gross guots<br />

zeschaffen, grosse hofnung satzt; wie ouch on zwifel ervolgt, wo<br />

sine wisheit und stärke durch die baebst nit verzert wäre. Dan,s<br />

nach dem er die Tuetschen Gibelin und Weifen, sine gesipten,<br />

vereint 1 ), vom babst Adriano riewig zuo Rom kroent 2 ), 1155, und<br />

zuo Wirzburg im graf Reinolds von Bisanz einige erb-dochter<br />

Beatrix, ein fürstlich wib, vermählet 3 ), da, der Burgunschen<br />

landen halb, [54] den von Zeringen gtridet und gfruendet 4 ), under- io<br />

stuoncl das ganz Italisch rieh im in einikeit und ghorsame ze<br />

bringen. Das so dem babst, dem kueug von Sicilien und etlich<br />

moechtigen steten widrig was, kartend si den babst Adrianum<br />

ouch mit gelt höh an, welcher ein Engenlaender was 5 ), und wider<br />

keiserlichen gwalt und friheit einen kueng in Sicilien gmacht 8 ),»<br />

dass er in den keiser soelte in hohen ban tuen, keinen cardinal<br />

oder bischof, im anhangend, machen oder annemen. Verbunden<br />

ouch sich, keinen babst ze haben, dan im widerwertigen. Und<br />

also ward der herlich keiser um ervorderung siner grechtsame<br />

unschuldig verbant, und hie mit ein zwenzigjaeriger grimmer 2 »<br />

(40) krieg 7 ) angfangen, in welchem obgenanter babst, | von einer<br />

muggen getrunken 8 ), schnei nach geschossnem bann umkam,<br />

i) Vergl. oben S. 26. Anm. 4 und 5.<br />

2j Am 18. Juni 1155, von Hadrian IV.<br />

3 j Friedrich war seit 1153 von seiner ersten Gattin Adelheid von Vohburg<br />

geschieden. Beatrix war die einzige Tochter des Grafen Reiuold III.<br />

von Hochburgund. Otto Frising. Gesta Frid. II. Cap. 29.<br />

4) Herzog Berchtold IV. von Zähringen musste in Folge der Heirath<br />

des Kaisers seine Ansprüche auf Burgund aufgeben und wurde durch Verleihung<br />

der drei Kastvogteien Genf, Sitten und Lausanne entschädigt. Vergl.<br />

oben S. 24. Anmerk. 5.<br />

5 ) Hadrian IV. hiess vordem Nicolaus Breakspeare.<br />

6 ) Im Juni 1150 übergab Hadrian IV. dem Normannen-König Wilhelm<br />

Sicilien und ITnteritalien als päpstliches Lehen und schloss mit demselben<br />

einen gegen den Kaiser gerichteten Vertrag. (Giesebrecht, V. 100.)<br />

') Von 1156—1177.<br />

8 ) Hadrian IV. starb am 1. Sept. 1159, eben im Begriff, den Bann<br />

gegen Friedrich zu erklären. Ausgesprochen wurde die päpstliche Excommunication<br />

erst von seinem am 18. Sept. erwählten Nachfolger Alexander III.<br />

(24. März 1160). Ueber Hadrian's Tod vergl. Giesbrecht V. 227.


30 1159. 1162. 1176. 1177. 11S4.<br />

1159; aber der redlich keiser fünf gwaltiger reisen in Italia tat,<br />

1162 die stat Meiland zerschleift, ackeret und salz drin seiet 1 ).<br />

Liess iren herzogen Gualfagan mit sinen hunden underm disch<br />

essen und geislen 2 ), bezwang [55] das ganz Italien und Rom,<br />

5 vermaugt im das kuengrich Sicilien, macht vier baebst wider einen<br />

Alexander 3 ), welcher 20 jar den krieg erhielt, in dessen nammen<br />

in Lamparten die stat Alexandria gebuwen 4 ), zuoletst verjagt, in<br />

kochs wis gon Venedig entran, und da erkant wol gehalten;<br />

darum der keiser sinen sun Otten, herzogen in Burgun, wider<br />

wdie Venedier schickt, ward der von inen gvangen 5 ), und do<br />

durch inzwischend sinem vater, dem keiser, und dem höh- und<br />

hartmietigen babst 1176 ein frid beschlossen, und der keiser<br />

vom Roemschen bann absolviert und ufs Türken metzbank buoss<br />

ze tun gewisen 0 ). Uf das, nach dem der keiser des richs staend<br />

iöin Italien in eid genommen, mit amptlueten besetzt, zoch er in<br />

Tuetschland gon Costenz, da hin die Lamparter beruoft 1177 und<br />

ein gmeinen richsfriden ufgericht 7 ), und den [56] 1184 hernach<br />

gebesseret und bestet uf gmeinem richstag zuo Nurenberg B ).<br />

So zoch der babst Alexander, des nammens der drit, von Senis 9 )<br />

20wider mit triumph gon Rom, muosten im die raet ghorsame<br />

swaeren, | hielt 1182 '") ein gross Concilium zuo S. Johans Lateran,<br />

bestetiget da der Roemschen kilchen gwalt und friheiten; was<br />

i) In der Woche vom 26. März bis 1. April 1162.<br />

2) Diese Nachricht findet sich in keiner der zugänglichen Erzählungen<br />

von der Zerstörung von Mailand. Der Namen Gualfagan kommt nirgends<br />

vor, und Herzoge hatte Mailand damals überhaupt nicht.<br />

3 ) Die kaiserlichen Gegenpäpste waren: Victor IV. 1159—1164. Paschalis<br />

III. 1164—1168. CalixtusIII. 1168-1178. Innocenz III. 1178-^1180-<br />

4) Im Jahr 1168.<br />

5 ) Ueber diese Geschichtsausschmückungen vergl. Bünau, Friedr. Lp. 285.<br />

6) Im Friedensschluss zu Venedig, 1. Aug. 1177.<br />

7 ) 25. Juni 1183. Die Acten des Tages, siehe Mon. Germ. Leg. IL 175.<br />

") Böhmer's Kaiserregesten verzeigen zwar einen Reichstag zu Nürnberg<br />

am 14. März 1184, aber ohne kirchenpolitische Bedeutung.<br />

9 ) Am 12. März 1178 hielt Alexander III. seinen Triumpheinzug in<br />

Rom, doch nicht von Siena aus, wie A anzunehmen scheint; vielleicht hegt<br />

auch eine Verwechslung mit Sens an der Yonne zum Grunde, wo Alexander<br />

fast zwei Jahre lang von 1163—65 sich aufgehalten hatte.<br />

i°) Vielmehr 1179 im März; 1182 war Alexander nicht mehr am Leben.<br />

Er starb 30. August 1181.


1182. 31<br />

23 jar babst, so lang nit über zwen nach S. Peter im babstuom<br />

gelebt •), zuo grosser plag der ganzen Cristenheit, und in sunder<br />

sinem Rom und Lamparten, und denen kuengen zuo Jherusalem,<br />

denen der herlich keiser wol haette mögen beholfen sin und<br />

rettung ton haben, wan er nit von dem entcrist 2 ) verhindrets<br />

und geschwächt wäre worden. Noch dennocht ward er bewoegt uf<br />

sin absoluz bim Tuerken buoss zuo reichen. Er hat uss dem herzogtuom<br />

Behem 1155 ein kuengrich 3 ), und uss der grafschaft<br />

Oesterich 1153 ein herzogtuom gmacht 4 ) a ).<br />

Nun so ist diss land genempt in Buerginen und in Nücht-io<br />

land, nit von vili wegen der bürgen 5 ) und oedi des lands, sunder<br />

von den germanischen Burgunder, deren ein teil Nuithoner")<br />

oder Nuechtlaender von Tuetschen geheissen, umb Avenza 7 ), der<br />

alten Helvecier houptstat, beliben, iren nammen da hand gelassen.<br />

Wan diss volk mit gwalt uss Tuetschen landen ueber Rin 1 »<br />

gezogen, daniden ob Luttringen an Sonen, und hiroben den Alpen,<br />

dem Rotten und der Sonen noch biss ans mer, disen zirk allen<br />

) ingenommen, beherrschet und von sich | Burgund gnempt, unz so<br />

das Arelatisch kuengrich zerteilt, wider vil nammen geben hat,<br />

wie oben gehört. 20<br />

*) Unten an der Seite, von A.'s Hand, aber offenbar in spätem Jahren<br />

gesehrieben, stehen die Worte:<br />

Weif, Im 1165.<br />

Turnier.<br />

Krieg, Behem.<br />

') Genauer 22 Jahre, von 1109—1181.<br />

2) Entchrist oder Antichrist heisst bekanntlich in der Sprache der<br />

Reformation der Papst.<br />

3) Vielmehr 1158. Ragewinus, Gesta Frid. III. 13. (Mon. Germ. XX. 424.)<br />

4) Siehe oben S. 26.<br />

5 ) Vergl. S. 14. Aninerk. 3.<br />

6 J Tacitus Germania, Cap. 40. — B. Rhenanus (Rer. Germ. C. I.) hat<br />

die Nuithoner zuerst hierher bezogen und dieser Ableitung zu liebe den<br />

Namen Cechtland in Nuchtland umgewandelt, (vergl. darüber Jahn, Geschichte<br />

der Burg. IL £95. Anmerk.)<br />

7 ) Aventicum, jetzt Wiflisburg.


32<br />

a ) Uass aber diss usser Helvetisch Burguii vil Burgen hab,<br />

und nit nüdt oder od Land sie, zeig volgend register an, von<br />

einer stat Bern seckelmeister, Bernhart Tillmann •), mir von<br />

Zürich inzeschriben zugebracht. Und zu dem ersten, so sind dis,<br />

5nach den Burgunschen klingen und herzogen, von den Tuetschen<br />

genempter landen herren gesin: nämlich die herzogen von Oesterrich,<br />

die da sind houpt- und landsfürsten ob allen gsin der<br />

landen. Item, die herzogen von Zeringen, ein kurze zit. Item,<br />

die edlen grafen von Habspurg im Argöuw, landgrafen im Elsass.<br />

10 Item, die fürstlichen landgrafen von Lenzburg. Item, die kiinen<br />

grafen von Kiburg, landgrafen in Burginen. Item, die edlen<br />

grafen von Froburg, Nmvenburg, Sternenberg, Altenburg, Wissen -<br />

bürg, Strassperg, Arberg, von Valendis, Tierstein, Falkenstein,<br />

Buchegg, landgrafen im Burgental, Gryers, Homberg, Wangen im<br />

15Waggenthal, Wangen im Burgental, Toggenburg, Rapperschwyl,j<br />

Wandelberg, Oelgge, Werdenberg, von Sanagans, Wasserstelzen,<br />

Spitzenberg, Sunnenburg, Wetz, Willisouw, Varwangen, Wintertur,<br />

Baden, Sant Gyselfluh, Oberfrouwenfeld, Seedorf, Zygenheim, Rotenburg,<br />

Zygenberg, Schenisch, Eichelberg, Regensperg, Granson, sind<br />

20 gesessen bi Sant Urban auf dem schloss Haggenberg.<br />

Hienach volgen die Frien Herren der landen :<br />

Schnabelburg, sunst von Rieden und Oberhofen, Signouw, Bgre,<br />

Spiez, Ringgenberg, Schweissberg, Kramburg, Bechburg, sunst<br />

Falkenstein, landgrafen im Syssgouw, Kien, End, Münsingen, Diessen-<br />

Böberg, Stouffen uss dem Argouw, Raron uss Wallis, Tusis, Mannenberg,<br />

Wyngarten uss Wallis, Balm, Sehnabel von Gruenenberg, Ligerz,<br />

Sträflingen, Freyenstein , Blauenstein, Brandis, Valkenstein, Gutenbürg,<br />

Frydauw, Obergossgen, Eppenstein, Wart, Arwangen, Loupen,<br />

Langenstein, Kapfenberg, Stifter zu Sant Urban, Wolhusen, Rotenso<br />

bürg, Schwanden, Wetzikon, Kempten, Thoufen, Arburg, Eschibach,<br />

*) Das folgende ist im Original von fremder Hand geschrieben, doch<br />

mit Correcturen von der Hand Anshelm's und, wie die ersten Worte zeigen,<br />

in seinem Auftrage. In der Pergamentabschrift von Paul A. fehlt das<br />

Stück ganz. Eine kritische Erklärung zu den einzelnen Namen würde zu<br />

weit führen, um so mehr, da das Verzeichniss voll lrrthümer ist.<br />

i) Seckelmeister seit 1528, vergl. über ihn: Leu, helv. Lex. 18. S. 180.


Harnstein, Utzingen, Wessenberg, Bonstetten, Schwarzenberg, Regensperg,<br />

Riisseck, Wysch, Tengen, Thorberg, Hasenburg, Rüw, Messen,<br />

Buerglen, Sax, von Hohen-Sax zu Burgion, Bussnang von Wynfelden,<br />

(44) Muntal, Seidenburen, Uster, j Matzingen, Joch, von Kry, Thiersperg,<br />

Prankingen, Wyssenburg, Bumberg, Hockenwyl, Plingen, Regen- 5<br />

storf, Wyningen ob Wettingen, Biichegk, Grunach, Dalmissfingen,<br />

Lierheim, Keyserstuel, Grünenberg, Wildenstein, Klingen, Ougspurg,<br />

Lagran, Pfaffnacht, Mülenen, Herren in der March, W Urningen,<br />

Vorkilchen, Balm, Sümiswald, Baldenwyl, Ramstein, Hagberg, Befermund,<br />

Schenken, Yfenthal, Hatstatt von Schottland, Wyssenburg 10<br />

uss dem Sibental, Blauenstein in dem Lor.<br />

33<br />

Hienach volgend ritter und edelknecht:<br />

Bild, Trossberg, Baldegk, Halwyl, Lo, Rynach, Hettlingen,<br />

Heidegk, Duttigkon, Liebegk, Klingstein, Hiinenberg, Kuessenberg,<br />

Kienberg, Ifental, Heidegk, Lielen, Urslikon, Estenz, Hurrhusen, 15<br />

Schönouw, Bottenstein, Scharrenberg, Wartenstein, Wartenfels,<br />

Bubendorf, Kriechen von Arburg, Hackburg, Rore, Hassle am<br />

Brienzersee Pannerherren, Gerenstein, Schönenfels, Romeos im Entlibuch,<br />

Wartenberg, Schofftlen, Wildenstein, Mulinen von der Muli,<br />

Gryffensee, Beinwyler, Birrwyl, Gilnnenschwyl, Triengen, Sursee, 20<br />

Tannenfels, Schenken, Sempach, Luternouw, Wolhusen, Trucksassen<br />

von Wolhusen, Schwertschwenden, Hächingen, Krienz, Seinren,<br />

Sehern, Sequen, Weggis, Mulistein von Wangen, Rychensee, Armensee,<br />

Hitzkilch, Mos, Groggenmos, Wyle, Tagerfeld, Wellenberg,<br />

Klingenberg uss dem Thurgouw, Crontal, Sengen, Hertenstein, 25<br />

(45) Hunwyl, Mecken, Blackenberg, Grimlmenstein, Friesenberg, Aergouw,<br />

Burgenstein, Wattenwyl, Brächtal, Halten, Altnacht, Softigen,<br />

Schupfen, Stein, Gouwenstein, Biberstein, Tamersellen, Kappelberg,<br />

Heiden, Biirren, Heidelberg, Duttwyl, Schlierbach, Rogwyl, Rüdischwyl,<br />

Pfaffnacht, Stemmenberg, Niderhofen, Steinbrunn, Bubenberg, 30<br />

Dunstetten, Erlach, Yberg, Scharnatal, Kluss, Hochrein, Meyenberg,<br />

Grueningen, Hilffiken, Langenberg, Schenken von Bonenschwyl, Vorkilchen,<br />

Sylinen, Ospenthal, Schenken von Schenkenberg, Nidergosgen,<br />

Besserstein, Wildenstein, Eriswyl, Hasle, Undersewen,<br />

Biimplitz, Landshut, Wald, Glaris, Liebegk, Windegk, Grasburg,35<br />

Schwarzenburg, Bumegk von ünderwalden, Landenberg von Gryffensee,<br />

3


34<br />

Landenberg von Hohen-Landenberg, Landenberg von Wellenberg, Landenberg<br />

von Werdegk, Rürnlang, Wildberg, Munchwyl, Vyschan, Hmnbrechtikon,<br />

Gachnang, Schenken von Liebenberg, Grynauw, Vrynen,<br />

Meyer von Muri, Nerniken, Valkensehwyl, Abersperg, Hunwyl, Schellensberg,<br />

von Altisshofen, Helmenstorf, Osenburg, Schenken von Büren,<br />

Schenken von Landegk, Blydegk, Walter, Adlikon, Einwyl, Roscliach,<br />

Soldenberg, Singensperg, Schwygensperg, Spiegelberg, Buechelsee,<br />

Rechberg von Entlibuch, Stuelingen, Sur, Ort Küchen, Walterscliwyl,<br />

Wetzwyl, Wangen, Erelzwyl, Rubischwyl, Trueksassen von Fron-<br />

10 bürg, Mutzwyl, Spins, Wildenburg bi Zug, Ringoltingen uss Sibental,<br />

Ergsingen, Kriegstetten, Griesenberg, Hurus von Lielen, Hogonie,<br />

Wellenberg, Usstren, Lindach, Ruetlingen, Ostren, Riimsingen, Arx,<br />

Ingwyl, Riitnlingen, Kalnach, Racheunach, Waidenburg, Gernouw,<br />

Wilden Aeptingen, Fridouw, Fryenwyl, Wettingen, SchSnegk,<br />

isSchönouw, Meyer von Merjsperg, Luttenberg, Winterberg von Ury, (46)<br />

Meyenheim, Altingen, Duernach, Schlaft, Meyer von Altstetten, Altenfar,<br />

Trueksassen von Waldegk, Falvenstein, Wichsei, Steinach, Bärenfels,<br />

Morgen, Steinegk, Rycbenbach, Schenken von Keyserstü.1,<br />

Trueksassen von Rapperschwyl, Castlen im Wyerthal, Busingen,<br />

so Bogenhofen, Lunghofen, Buchenstem, Graben, Wartensee, Schouwensee<br />

'stifter zu Rathusen, Gryffenstein , Blochingen , Strus, Zwingenstein<br />

, Sternegk Fryen, Rosenberg Fryen, Sutzberg, Heidelberg.<br />

Ryffenberg, Meyer von Appenberg, Auch, Ruch, Liebenfels, Eberhartschwyler,<br />

Mandach, Gessler, Manassen, Müller, SchäfFlin, Truck-<br />

25sässen von Diessenhofen, Trueksassen von Ringingen im Waggeutal,<br />

Hegnouw, Gundischwyler, Bosswyl, Hopler von Hettlingen, Sehonenwerdt,<br />

Rappenstein, Altiken, Mowensee, Soppensee, Ruebegk, Ersamen<br />

von Wyningen, Bouer, Ruchenstein, Grulen, Barr, Aeberburg, Rysenstein,<br />

Mannenberg, Rychenstein, Hedingen, Rychenburg in der March,<br />

soMannenbach, Pfeffigken, Sehollenberg, Wyer, Rogenwyl, Rynouw,<br />

Kalnach, Korberg, Zyniken, Boumgarten, Mittenwyl, Elsas, Louffen<br />

am Blauwen, Guenstelrein am Niiwenburgersee, Gelterkingen, Roglyschwyl,<br />

Schouwenburg, Däschli zu. St. Urban, vast gut Luet, Samen,<br />

Sehalar, Blaunberg bi Biberstein, Entz, Ebersingen, üdlingens5schwyler,<br />

Meyer von Knunouw, Schattdorf, Mulwyl, Trachsehvald,<br />

Stein, Demptingen, Gaverzingen, St. German.<br />

Die summ obgemelter geschleckten ist vierhundert sechs und<br />

vierzig, und dennoeht noch mehr, dann im Buergenthal bi sechs und


1165. 35<br />

drissig gschlecht, allein von graten und fryen, on die edling<br />

gedacht worden; den | merenteil vom hantvesten Bern mit dappen<br />

und geld eroberet.<br />

[58] Von herlichem duraler herzog Waelfen zu Zürich.<br />

Item und von einem krieg wider den pfalzgrafenc<br />

von Tübingen gehalten, da die Behem ein rnche<br />

streift durch diss land getan haben.<br />

Im jar Christi Jesu 1165, als herzog Waelf') vom keiser, sinem<br />

veter, uss Italien komen, hat er in siner houptstat Zürich ein<br />

turnier gehalten; da ingeriten mit sampt siner husfrouwen, Anna, io<br />

herzogin von Spolet, mit 480 pfaerden, 78 turner helmen, und<br />

34 fuersten vom Beierischen stammen 2 ); so sind da gewesen uss<br />

disen landen die grafen von Liinzburg, Kyburg, Buchegk, Wangen,<br />

Nidouw, Nuwenburg, Obern-Baden, Winterthuor, Alt-Frouwenfaeld,<br />

Tockenburg, Fuorwangen, Spiegelberg, Muosax, Sanggans,ir><br />

Vaeldkirch. Von frien herren: Stretlingen, Signouw. Ringenberg,<br />

Brandis, Arwangen, Witlispach, Obergessgen, Arburg, Bechburg,<br />

Falkenstein, Willendingen, Torberg, Waedischwyl, Aeschenbach.<br />

Von rittern: Halwyl, zwen; Rinach, Surse, Simpach, Christoff<br />

von | Erlach, zwen von Bubenberg, Etiswyl, Gluris, Entli- 2«<br />

buch, Schwaertschwanden, Luternouw, Landenberg. Vierzaechen<br />

fuersten, 91 grafen, 84 friherren, 133 riter, 102 edling. Aller<br />

624 heim.<br />

Das turnier was vom ersten keiser Heinrichen angesechen,<br />

den Tutschen adel bi adellichem harkomen und wesen zuo be-2-<br />

halten. Ist zu unsern ziten abgangen, so die fuersten uss schribern,<br />

schinderen und kouflueten [59] edling machen, und aber<br />

dabi der alt geborn adel verderbend, sich mit richer burgern<br />

und kouflueten verhuerung erhalten muss. Als zu unsern tagen<br />

i) Gewöhnlich Heinrich der Löwe genannt.<br />

2) Diese Nachricht scheint A. dem «Thurnierbuch» von Rixner<br />

entnommen zu haben, das im Jahr 1530 erschienen war, und auf welches<br />

auch Stumpf sich beruft. Dort sind die hier folgenden Herren als Theilnehmer<br />

am Turnier von 1165 aufgeführt. Das Thurnierbuch gibt keine<br />

Quelle. Das Verzeichniss hat natürlich keinerlei Werth. Die von Krlach<br />

und Bubenberg kommen urkundlich erst im 13. Jahrhundert vor.


36 1166. 1187.<br />

hat der waelsch scharb Fucker ') von Ougspurg, so ein waeber<br />

gesin, den alten edlen grafen von Helfenstein, item den tueren<br />

riter von Bubenhofen, durch siner doechtern verhörung müssen<br />

erhalten. Desglich in unseren | landen getan hat der rieh (49)<br />

skoufman Metteli den alten edlen friherreu von Mossax und von<br />

Bosteten 3 ). Und also wie vor ziten die tugend, also macht ietzan<br />

das gut edel; darumb auch die, so sich edelluet und edel<br />

knecht nemmen, ietzan koufluet und koufknecht werden. Ouch<br />

so ver, dass den mächtigsten, Römischen keiser und babst, dise<br />

loiiammen ietzund zugelegt werden; dan der keiser haltet koufmer<br />

uf; so hat der babst Paulus mit sinem kornkouf ganz Italien<br />

in doetliche tuere gebracht a ).<br />

Im nächsten jar, nämlich im 1166., hat obgenanter Wälf,<br />

mit hilf sines Schwagers von Zaeringen 4 ), sich wellen rechen am<br />

i5pfalzgrafen von Tübingen, mit nammenHans; deshalb die ruchen<br />

Behem, durch herzog Fridrichen von Schwaben bewegt, vom<br />

Bechamer wald an, durch Beiern, Schwaben und Burgun havuss<br />

biss an Jaenfersee, ein grime wuestung getan haben; durch den<br />

keiser, so beiden teilen gesipt, schnei uss Lamparten komen,<br />

'o und zu Ulm gefridet worden ä ).<br />

[61]") Wie Jherusalem vom Türken wider gewonen und (50)<br />

keiser Fridrich uf der fart umkomen.<br />

Im jar Cristi Jesu 1187, als der zit der fuertreff liehst, mächtigst<br />

fuerst, Türkischer keiser und soldan, Saladin, so die Cristen<br />

a ) Seite 60 des Manuscripts ist weiss gelassen.<br />

i) Ueber die berühmte Familie Fugger in Augsburg vergl. Allgem.<br />

deutsche Biogr. Bd. 8. S. 179.<br />

2) Andreas Rollo von Bonstetten, Ritter und Herr zu Uster und Hohensax,<br />

hatte seine Tochter Justina, eine Schwester Alberts v. B, des bekannten<br />

Decans zu Einsiedeln, dem Jacob Mötteli von Rappenstein zur Ehe gegeben.<br />

3 ) Ohne Zweifel ist Paul II. gemeint (1464—71), der im Interesse des<br />

Fiscns die Lebensmittel besteuerte. (Vergl. Gregorovius, Geschichte der<br />

Stadt Rom, VII. 219.)<br />

4) Der Weife Heinrich der Löwe war zuerst verheirathet mit dementia,<br />

Berchtold's IV. von Zähriugen Schwester.<br />

5 ) Nach Chron. abb. Urspergensis (ed. Basilese 1569) p. 293. Der Pfalzgraf<br />

von Tübingen hiess aber Hugo, nicht Johann.


1187. 1189. 37<br />

den verstand, zwischen dem kuengrich Jherusalem und dem Türken<br />

gemacht, gebrochen — nach dem's die Cristen in kuenglichem nammen<br />

under 8 kuengen, von Gotfrid an von Bulion bis uf den<br />

gevangnen Gwido von Lussinien •), acht und achtzig jar mit unzaelichem<br />

bluot beherschet, — Jherusalem die stat gewunnen, und 5<br />

die Cristen uss allem kuengrich ine mit giete, dan mit streichen<br />

vertriben, oder im underton gemacht, unss an Tyro, welche graf<br />

Cuonrat von Montferrar erhielt und riterlich beschirmt 2 ), do<br />

gabend abermals die baefost ir kruez us, die Cristen uf des [62]<br />

Türken maetzbank, wie ouch beschah, ze kruezgen, wie si dan ieio<br />

und ie geton, so inen gelt, oder land gebrast; hats der glueckhaftig<br />

Tuerk, des entcrists 3 ) rentmeister und houptman, miessen<br />

inziehen und gewinnen. Das kruez ouch der keiser, vor mit<br />

sinem veter seligen, keiser Cuonraten, getragen, wider uf sich<br />

nam 1189, zoch mit grossem hoer und gwaltigem sig biss in 15<br />

(51) Armenia, wolt sich da in einem fluss baden, | darin er im acht<br />

und drissigsten jar sines richs 1190, allem rieh kläglich, ertrank 4 ).<br />

Do fürt den toten keiser sin sun, herzog Fridrich von Swaben,<br />

des keiserlichen hoers houptman, gon Tyro, da er ligt vergraben.<br />

Bald hernach 5 ) starb der herzog Fridrich vor der stat Achon, 20<br />

von den Cristen belaegret. So lept dessen bruder, des enthoupteten<br />

hoers heimfuerer, herzog Ott von Burgun, hienacher ouch nit<br />

lang 6 ).<br />

i) Guido von Lusignan, König von Jerusalem, wurde 1187 den 4. Juli<br />

in der Schlacht bei Tiberias gefangen; am 3. October zog Saladin in<br />

Jerusalem ein.<br />

2) Vergl. Raumer, Hohenstaufen. IL 439 u. ff.<br />

3 ) Der Entchrist ist der Pap9t (siehe oben): «der Türke» heisst des<br />

Papstes «Rentmeister» desshalb, weil der Krieg gegen die Türken schon<br />

damals, wie später zur Zeit Aushelm's, den Vorwand bieten musste für Geldsammlungen<br />

in die päpstliche Kasse.<br />

4 ) Den 10. Juni 1190, beim Uebergang über den Fluss Saleph. (Vergl.<br />

Raumer, Hohenst. IL, 436. Annierk.)<br />

5) Den 20. Januar 1191.<br />

6) Pfalzgraf oder Herzog Otto von Burgund, der nach dem Tode des<br />

Vaters und Bruders das Kreuzheer nach Deutschland zurückführte, starb<br />

schon 1200 ebenfalls.


•<br />

38 1160. 1175. 1185. 1189.<br />

Von dem von Zeringen.<br />

Aber herzog Bertholt von Zeringen, der letst, do er gon<br />

Tyro sinen herren beleit hat •), zog er [63] wislich vom maetzbank<br />

wider heim, huob sich an in Burgun stärken und Bern<br />

sbuwen. Sin vater, herzog Bertholt der drit 2 ), 1160 was des<br />

keisers venner gsin, an einer schlacht vor Meiland erobret, und<br />

am harten stürm, do der keiser Crem 3 ) gewan, vor fuenf jaren,<br />

acht jar nach dem er Friburg in Oechtland gebuwen hat 1175 4 ),<br />

gestorben, und zuo S. Peter, von Zeringen gestift, im Swarziowald<br />

vergraben 1185 5 ). Dessen bruoder Ruodolf, bischof zuo Losen 6 ),<br />

was im 1190 gestorben.<br />

Von haudlung der klingen Frankrich und Engenland in<br />

disem kruezzug.<br />

In obgemeltem kruezzug, 1189, sind dem keiser nachzogen<br />

15 kueng Philip von Frankrich und kueng Richart von Engenlant,<br />

Loewenherz gnemt. Und als si vor Achon. vor Ptholomais geheissen,<br />

zuosamen kamend, gfiel entwedrem des andren rat, [64] und<br />

doch, nach dem si ein jar davor geloegen und die muren zerrissen,<br />

namend si die stat uf, also dass alle gvangen zuo beden siten ledig,<br />

20 und das heilig kruez, von Jherusalem entfiert, herus geben<br />

wurdid. Hiemit zoch der Franzesisch kueng heim. So bleib der<br />

Engelsch ins fierd jar. Und als der soldan nit hielt, Hess er<br />

6000 ufgebner Saracenen enthoupten 7 ), gwan die lantschaft,<br />

') Die Theilnahme Berchtold's V. von Zähringen am Kreuzzuge von<br />

1189 ist sehr zweifelhaft. (Vergl. darüber Wurstb. II. 295.)<br />

2) Nach der gewöhnlichen Bezeichnung Berchtold IV. (1152—86.)<br />

3 ) Ueber die Betheiligung Berchtold's IV. an dem Kampfe gegen Mailand<br />

und an der Eroberung von Crema, 27. Jan. 1160, siehe Chr. Ursperg.<br />

p. 288. (Vergl. Wurstemb. II. 209.)<br />

4) Vielmehr 1177 oder 1178; vergl. oben S. 24. Anm. 6. Die Jahrzahl<br />

ist wohl nur verschrieben, da die Angabe: «acht jar nach etc.» ebenfalls<br />

auf 1178 führt.<br />

5 ) Berchtold IV starb 1186 den 8. December oder (nach dem Jahrzeitbuch<br />

von St. Peter) am 8. September. Berchtold IL hatte das Kloster am<br />

1. Juli 1093 gestiftet. «Vor fünf iaren», nämlich auf 1190 bezogen.<br />

6 ) Vielmehr zu Lüttich, vergl. oben S. 24. Anmerk. 4.<br />

7 ) Vergl. Raumer, Hohenst. II. 479, wo die Zahl auf 2500 angegeben<br />

wird.


1191. 39<br />

buwt Joppe und Ascalon, gab das kuengrich Cypren, so er dem<br />

Constantinopolischen keiser um untruew genommen und entpluendret<br />

hat, dem vertribnen kueng Guido um sinen titel Jherusalem,<br />

danhar die kuenge von Engenland ouch sich kuenge Jherusalem<br />

nemend. Und von dises Guidons stammen ist nach zwei 5<br />

hundert jaren ein titel diss kuengrichs Cypren 1458 an die von<br />

Saffoy kommen; doch so bleibs den Venediern. [65] Darnach als<br />

im der Franzesisch kueng hat daheim die Normandi angriffen,<br />

macht er mit dem soldan ein fuenfjärigen bstand und fuor hin •).<br />

Und do er in Oesterrich kam, ward er vom herzog Lupoiden, 10<br />

dem er sine paner vor Achon zuo schmäh undergschlagen hat,<br />

(53) gevangen und | keiser Heinrichen übergeben, von dem er sich<br />

um 200,000 mark silbers lost. Zoch heim und kriegt grim<br />

wider geistlich, weltlich, wie ouch der Franzos tat, biss er vor<br />

Lemon 2 ) erschossen ward. So gewan keiser Heinrich mit denii 5<br />

silber bede Sicilien, im von siner husfrowen wegen, kuenginn<br />

Constantia, zuogherend 8 ).<br />

An ob beschribnem keiser Fridrichen hat der dichter diser<br />

loblichen stat Bern kronik angehaebt nach 268 jaren 4 ). Ist zu<br />

achten, er hab mangel gehaben an vergangner zit kroniken. w<br />

[66] Wie durch keiser Heinrich VI. der Swaefosch staut,<br />

in Napols und Sicilien komeu, darin geendt hat.<br />

Im jar Cristi Jesu 1191, nach dem keiser Fridrich hat einige<br />

unruow alles sines lebens diser zit fiberwunden, bevor sinen sun<br />

Heinrichen, mit willen der fuersten, lassen zuo Roemschem kueng25<br />

krönen, ist genamter Heinrich, diss nammens der sechst, herzog<br />

von Swaben, keiser worden. Welcher, nach dem er die von<br />

•) Am 9. October 1193 verliess Richard Löwenherz Syrien.<br />

2 ) Vor dem Schlosse Chaluz bei Limoges, im Jahr 1199.<br />

3) Die als Lösegeld für Richard Löwenherz aus England empfangene<br />

Summe diente Heinrich VI. zur Bestreitung des glänzenden Feldzugs gegen<br />

das Normannenreich im Sommer 1194.<br />

4) Justinger fing seine Berner Chronik mit dem Jahr 1152 an. Die<br />

Abfassung begann er 1420, also nach 268 Jahren.


40 1195. 1267.<br />

Coeln, Luetich, deren bischof im ufruor erstochen'), die Burgunner<br />

und den von Zeringen, so des jars Bern anfieng, in ghorsame<br />

bracht 2 ), darnach zuo Rom 1195 vom babst Celestino bekrönt 3),<br />

zoch mit macht in Napols und Sicilien, behouptet boede kuengrich,<br />

s welche die Normander, den Kriechen und Saracenen angewonen,<br />

hundert und fier und nuenzig jar riter[67]lich hattend beherschet 4 ).<br />

Und blibend also die rieh underm | Swaebschen stammen dri und (54)<br />

sibenzig jar. Ist do nämlich im jar Gristi 1267, mit hilf und<br />

rat, gar nah verrat, des Franzesischen babst dementen 5 ), durch<br />

»die Franzosen, so den letsten des stammens, den unbarteten<br />

Conradin, zuo Rom keiser griesst 6 ), zuo Napols uufuerstlich enthouptet<br />

hond'), diss edler stam abgangen, das herzogtuom zerteilt,<br />

und bede Sicilien kueng Ludwigs von Frankrich briider,<br />

Carln, grafen in Provantza, im von Conradins grossvater, keiser<br />

lsFridrich IL zuo östuer vergäbet 8 ), nit ungerochen, ouch nit ganz<br />

beliben; dan unsshar in unserer zit das swoert nie geruowet, ouch<br />

ein grosse zal starker Eidgnossen und Berner in der Franzosen<br />

dienst verzoert hat.<br />

Von einer reis wider den von Zeringen, vom pfalzgrafen<br />

20 fuergenomen.<br />

Diewil nun der keiser in Sicilien [68] sine gschaeft verordnet,<br />

beval er sinen briederen, Philippen die innere waelsche.<br />

i) Bischof Albert von Lüttich, der Nachfolger Rudolfs von Zähringen,<br />

wurde am 24. November 1192 zu Rheims ermordet.<br />

2) Berchtold V. als Rektor von Burgund soll 1190 und 1191 die aufständischen<br />

Burgunder besiegt haben; von einem Aufstand seinerseits gegen<br />

den Kaiser ist nirgends die Rede. (Wurstemb. IL 297.) A. hat ohne Zweifel<br />

den verunglückten Zug des Pfalzgrafen Conrad im Sinne, von dem er annimmt,<br />

dass er «auf Geheiss des Kaisers» unternommen worden sei.<br />

(Siehe das folgende Capitel.)<br />

3) Die Kaiserkrönung fand den 15. April 1191 statt.<br />

4 ) A. setzt somit, sehr approximativ, den Beginn der Normannischen<br />

Herrschaft in Süditalien in das Jahr 1000.<br />

5 ) Clemens IV., seit 1265 Papst, war aus der Provence gebürtig.<br />

6) Im Juli 1268 war Conradin im Triumph in Rom eingezogen.<br />

•>) Den 29. October 1268.<br />

8 ) Karl von Anjou gründete seinen Anspruch auf Sicilien auf den 1263<br />

mit Papst Urban IV. abgeschlossenen Vertrag. Von einer anderen Herleitung<br />

seines Rechtes ist nirgends die Rede. (Vergl. Raumer, Hohenst. IV. 482.)


1191. 1199. 41<br />

und Cuoraten dem pfalzgrafen die obertuetsche und Burgunsche<br />

land ze bewaren. Und also, uf geheiss des keisers, understuond<br />

der pfalzgraf ein zug wider herzog Bertholden von Zeringen, so<br />

Bern buwt 1191; ward er underwegen zuo Durlach, wie geacht<br />

(56) bi eim wib | oder vom wib selbs, erstochen'). Also für der vons<br />

Zeringen an sinem buw fuer; und fuerzefaren erwarb er vom keiser<br />

gunst, friheit und bestetigung 2 ).<br />

Von drien erweiten Roemschen klingen, Zeringen, Saxen<br />

und Swafoen.<br />

Im jar Cristi Jesu 1199, als keiser Heinrich, im achtdenen jano<br />

sines richs in Sicilia zuo Messan 3 ) gestorben, und zuo Panorm 4 ) vergraben,<br />

verlassen hat in der waglen [einen] einigen sun, Fridrichen 5 ),<br />

[69] von forsten erweiten und verschribnen Roemschen kueng;<br />

dennocht uss bewegnues des babsts, so den Swaebischen stammen,<br />

als im ze moechtig, schuecht, erwalt ein teil der fuersten, zuo Coelnis<br />

versamten 6 ), herzogen Bertholden von Zeringen, so an gelt,<br />

muot und list rieh, ouch mit bäbstlichen briefen harzuo ernstlicli<br />

ermant was. So erwalt aber der ander teil der fuersten, zuo<br />

Milhusen versamten 7 ), herzog Philippen von Swaben, stathaltern<br />

in Italien, doch bannigen. Welchem der von Zeringen, als ze so<br />

schwach und sines gelts verschonend, ouch mit gaben und friheiten<br />

bewegt, listiklich sich vereint und ghorsame swuor 8 ). Liess<br />

•) Am 15. August 1196.<br />

2) Nach dem Eingang der Handveste von Bern. (Fontes II. p. 2) und<br />

Justinger's Chronik (ed. Studer, cap. 13).<br />

3 ) Messina (alt Messana); den 28. September 1197.<br />

4 ) Palermo (alt Panormus).<br />

5 ) Friedrich (IL) war beim Tode seines Vaters erst 4 Jahre alt, «in der<br />

Waglen » (Wiege).<br />

6) Den 1. März 1198.<br />

7 ) Den 8. März 1198.<br />

») Der Abrede zuwider unterstützte Berchtold selbst die Wahl seines<br />

Gegners, wie es hiess aus Habsucht, indem er von Philipp für seinen Verzicht<br />

eine grosse Summe Geldes empfangen haben soll.<br />

A. folgt auch hier dem Bericht der Ursperger Chronik (p. 306 u. 307).<br />

Ueber alle diese Verhandlungen ist zu vergleichen Winkelmann, Phil,<br />

v. Schwaben, (Jahrb. d. d. Gesch.) S. 59 ff. u. Erläut. IL u. IV.


42 1199. 1206. 1209.<br />

zuo Coeln zwen siner swester suen, grafen von Urach, iezt Wirtenberg,<br />

um gehoepten kosten verston, dass si bed | uss armuot und (56)<br />

gluebt rieh muench, Cnnrat ein cardinal und Berthold ein abt<br />

warcli). Und als nun [70] der von Zeringen siner erwellung absgstanden<br />

was, erwoelt sin partl zuo Coeln den mer edlen, ergittigen<br />

und frefnen, wan glueckhaftigen und wisen herzog Otten,<br />

des namens den fierden, von Brunswig, kueng Richarts von Engenlant<br />

Swestersun 2 ), ilends zuo Aach krönten, vom babst uss entcristlichem<br />

gwalt iezt angenomnen und bestaeteten, und hernach<br />

io wider verworfnen und verbanten 3 ). Nach dem nun dis gesipten<br />

zwen kueng mit zertrennung, schand und schaden des ganzen<br />

richs einandren jagten, also dass bed teil der fuersten, mied, keiser<br />

Philippen, so gwonlich oblag, mit dem babst Innocentio, der<br />

gschworen hat, er weite disem oder diser mieste im sine krön<br />

isnemen, versientend. Und hienach machtend 1206 des babst<br />

legaten zwischen denen kuengen einen vertrag, dass Philipp<br />

richsnete, und [71] Ott mit baebstlicher dispensaz dises dochterman<br />

sin, und nach im richsnen soelte 4 ).<br />

20 Von keiser Philips tod, Ottons regiment und Fridrichs II.<br />

ingang.<br />

Im jar Cristi Jesu 1209, unlang nach gemeltem vertrag,<br />

als der from keiser Philip, on | baebstliche krön 5 ), zuo Bamberg (57)<br />

i) Berchtold hatte seine beiden Neffen seinen Freunden als Geiseln für<br />

die Erfüllung seiner Versprechen gestellt. Er Hess dieselben jedoch im<br />

Stich. Nach der unerwiesnen Vermuthung des Chron. Ursp., dem A folgt,<br />

hätten sie später ihre Freiheit nur durch den Eintritt in den geistlichen<br />

Stand («Armut und G'lübd») wieder erlangt. Vergl. Winkelmann, Philipp<br />

von Schwaben, S. 73. Note 2, und Roth von Schreckenstein, Forschungen<br />

zur deutschen Geschichte, VII. 319. 326.<br />

2) Den 12. Juli 1198. Otto von Braunschweig war der Sohn Heinrich's<br />

des Löwen und einer englischen Prinzessin.<br />

3 ) Otto IV. wurde von der weifischen Partei auf Anstiftung des<br />

Papstes den Hohenstaufen entgegengestellt, den 4. October 1209 zu Rom<br />

von Innocenz III. gekrönt, aber schon am 21. März 1211 wieder excommunicirt.<br />

(Winkelmann, Otto von Braunschweig, p. 200.)<br />

*) Chronik Ursp. a. a. p. 310. Der Friede wurde erst 1208 hergestellt.<br />

5) Philipp hat nie vom Papst die Kaiserkrone erhalten.


1203. 1209. 1210. 1212. 43<br />

in siner aderlaesse ruowend, vom Beierischen Otten von Witlispach,<br />

uss keiser Fridrichen I. erung pfalzgrafen, schantlich ermoert was<br />

1208'), zoch keiser Ott gon Rom 1209, ward da vom babst<br />

kroent 2 ), mit geswornem eid, S.Peters erb und der Roemschen<br />

kilchen guot und friheit ze schirmen, keinen krieg wider die kueng s<br />

Sicilien und Fraukrich anzevahen; hielt er von stund an nit, vermeint,<br />

dem [72] Roemschen rieh zustande land und fiiheiten ze<br />

beziehen, greif des babst und kuengs von Napols land an, nam<br />

ouch Arie, des Burgunschen richs houptstat und land in 3 ), 1210,<br />

namt sich ein Roemscher keiser und kueng von Arie, so die vomo<br />

Zeringen lang haftend ingehaept. Und also, da in der babst<br />

verbant, schiktend die kuriursten, so im vor in der waglen gelopt,<br />

mit willen des babsts, nach kueng Fridrichen von Sicilien,<br />

einigen herzogen zu Swaben, welcher von stund an hinder im<br />

liess sine Arragunische kuengin mit einem kuend Heinrichen, und20<br />

zoch heruss in Tuetsche land 4 ). Und als im keiser Ott zuo Ueberlingen<br />

engegen lag, zoch er mit hilf des bischofs von Chur, des<br />

abts von S. Gallen, und des friherren von Sack herab [73] gon<br />

Costenz, und da dannen, mit geleit deren von Kyburg und andrer,<br />

von kueng Fridrichen mit lehen, friheiten und des richs pfant-25<br />

schaften ßrlich begabten, gon Basel 5 ) 1212, und da dannen hinab<br />

(58) bis gon Aach, ward da kroent 6 ). So zoch aber keiser Ott jensit |<br />

Rins ouch hinab, dorft si nit angrifen, fuor in Flandern 1214,<br />

>) Am 12. Juni 1208. — Friedrich I. hatte 1180 den Bruder seines<br />

Vaters, Otto von Witteisbach, zum Pfalzgrafen von Baiern erhoben.<br />

2) Am 4. October 1209. Siehe hievor S. 42. Anm. 3.<br />

3 ) Otto IV. hat nie einen Zug nach Burgund gemacht, sich auch nie<br />

König von Arie genannt. Wie A. auf diesen Irrthum kam, ist unerklärlich.<br />

(Vergl. Winkelmann, Otto von Braunschweig.)<br />

4 ) Die Excommunication gegen Otto IV. wurde den 31. März 1211<br />

proklamirt, worauf Friedrich von Hohenstaufen im März 1212 von Sicilien<br />

aufbrach.<br />

5 ) Der Hülfe des Bischofs von Chur, Arnold von Matsch, und des<br />

Freiherrn Heinrich von Sax, denen ein grosser Theil der Ostschweiz und<br />

die Bischöfe von Constanz und Basel folgten, verdankte Friedrich das Gelingen<br />

jenes abenteuerlichen Zuges. (Winkelmann, Otto v. Br. p. 324 ff.)<br />

6) Friedrich IL wurde am 9. December 1212, aber nicht in Aachen,<br />

sondern zu Mainz gekrönt.


44 1218. 1198.<br />

meint, der kueng von Frankrich het in gehindret, ouch bewegt<br />

von sinem veter, dem kueng von Engenlant, Johansen'), und von<br />

den grafen von Flandern und Bolonien 2 ), zugend fuenfzigtusent<br />

stark wider kueng Philippen von Frankrich, der inen mit soelicher<br />

5 geschicklikeit begegnet, dass er, von Tuetschen gvelt, errett, aber<br />

die bed grafen gvangen wurden, der Engelsch kueng und der<br />

keiser sinen adler, höh uf eim dracken ufgericht, sampt grossem<br />

volk dahinden Hess, mit flucht kum, und nit on schaden und<br />

schand, entrannen 3 j. [74] Hernach ruowt er, von keiser Fridrichen<br />

io uberherschet. Starb 1218, im 20. jar sines richs, in welchem er<br />

allein fier jar fri gerichsnet hat 4 ).<br />

Vom foabst Innocentio III., des Entcrists erhoehung.<br />

In oberzelter fierer Boemscher keiseren sachen angezogner<br />

babst ist gwesen Innocentius der drit, von Anania 5 ), ein hoher<br />

lödoctor, sunderlich geistlich gmeinter rechten. Des billich ze<br />

gedenken, wan er ins entcrists stuol, durch den suebenden Gregorium<br />

bevestnet, am höchsten gsessen, keiser, kueng und fuersten,<br />

geistlich und weltlich, nach sinem gvallen wie ein ballen in siner<br />

hand ballet. Darzii im half und dient der Tuerk, der kueng von<br />

20Frankrich und | Engenland, item und der Tuetschen krieglich [75] (59)<br />

harte vigentschaft; item und wol des kuengs Fridrichs von Sicilien<br />

unbeholfne jugend, im mit siner alten muoter undertan;<br />

berowt die irer friheit, macht bede Sicilien von Roemscher kilchen<br />

lehen, die grafschaft Fund eigen, vertreib die keiserschen an-<br />

25waelt, und nam die fuerstentuom Bononia, Raven, Ancon etc., undergabs<br />

sinem briider Richart, in S. Peters erb zum grafen gmacht 0 ).<br />

i) König Johann (ohne Land) von England war Otto's IV. Oheim.<br />

2) Die Grafen Ferrand von Flandern und Reginald von Boulogne<br />

waren mit den Engländern verbündet.<br />

3) In der grossen Schlacht bei Bouvines, 27. Juli 1214. (Vergl. Winkelmann,<br />

Otto v. Br. 371 ff.) Otto soll als Panier einen über einem Drachenbild<br />

stehenden Adler geführt haben. (Chron. Ursperg.)<br />

4) Er starb am 19. Mai 1218.<br />

5 ) Lothar, Sohn des Grafen Trasmund von Segni aus der Stadt Anagni.<br />

6 ) Innocenz benutzte die Lage des Kaiserthums zur Vergrösserung des<br />

Kirchenstaates durch die Grafschaft Fondi und die Gebiete von Bologna,<br />

Ravenna und Ancona etc. (Vergl. Winkelmann, Otto v. Br. p. 318.)


1216. 45<br />

So übergab sich im Engenlant'), von kueng Philips von Frankrich<br />

sun, Ludwigen, ingnommen, und glich um 15,000 mark Silbers<br />

kueng Heinrichen, des vertribnen Johansen sun, gelassen, mit<br />

Hibernia 2 ), in der Roemschen kilchen schirm, iren jaerlich 100 mark<br />

silbers ze gaben, und die kuenftigen kueng von ir ze erkennen, s<br />

Lobt den baebstischen Berthold von Zeringen, begnadet keiser<br />

Philippen, so sine dochter sinem bruoder [76] ze vermeiden 3 )<br />

und nuet von S. Peters erb anzesprechen verheissen Hess; verbant<br />

keiser Otten, so wider gheiss sine, des Roemschen keisers, grechtsame<br />

hiesch; fuerdret kueng Fridrichen, sinen eigenman 4 ); ver- w<br />

flucht, so die Engeischen sine kinder anruerten 5 ).<br />

Concilhim zu Rom.<br />

Hat im achzehenden und letsten jar sines babsttuoms 1216°)<br />

(60) fuernemlich ze erobrung des heiligen grabs, | ein so herlich concilium<br />

in siner kilchen zu S. Johans im Lateran gehalten, als ie is<br />

gsin mocht. Darin nämlich zwen patriarchen von Constantinopel<br />

und Jerusalem, erzbischof 71, bischof 412, aebt, prior und probst<br />

ob 800, on zal der abwesenden praelaten boten, und on zal uss<br />

aller Cristenheit, der keiseren, klingen, fuersten, landen und<br />

staeten botschaften, dri jar lang mit gebot und ban [77] zuosamenä)<br />

berieft. Beschloss da uss goetlichem gwalt, S. Petern, sinen nachkommen,<br />

und der Roemschen kilchen Satzungen, bi heil der seien,<br />

zuo gehorsamen; hat geben ein ganz buoch geistlich gnemter<br />

Satzungen, under welchen die, dass der Römisch babst ein houpt<br />

der Cristen, ubern keiser gwalt anzenemen oder ze verwerfen»<br />

') Am 15. Mai 1213 erklärte sich König Johann von England als<br />

Vasall des Papstes.<br />

2) Irland wurde mit England dem Papst unterworfen.<br />

3) Es war vielmehr im Jahr 1208 von einer Heirath einer Tochter<br />

Philipps mit einem Neffen des Papstes, dem Sohne Richard's von Segni, die<br />

Rede. (Winkelmann, Philipp von Schwaben, pag. 458 und Erläuterungen<br />

XIV. pag. 540.)<br />

4) Fridrich war damals so vollständig in der Hand des Papstes, dass<br />

A. ihn füglich als dessen «Eigenmann», d. h. Leibeigenen, bezeichnen kann.<br />

5 ) Worauf sich diess beziehen mag, ist nicht erklärlich.<br />

6 ) Das grosse Lateran-Concil fand nicht 1210, sondern schon Ende<br />

1215 statt.


46 1216. 1206.<br />

hätte; dass, so die kurfuersten in der kur zwitraechtig, oder nit<br />

waelen, im einen keiser ze geben zustand; dass er ins keisers, aller<br />

klingen und fuersten spaenen richter si; all uf in gestelt appellatzen<br />

kraft haben; all wirdikeiten und friheiten, von im geben,<br />

s unverhindret bston soellid; welcher hand an gwichte und ordens<br />

person frevelich leg, ir guot angriff, über si rieht, Schätzung<br />

von inen zwingt, item und welcher leig zehenden besizt, [78]<br />

im höchsten ban si, allein vom babst absolviert muege werden;<br />

dass alle Cristen beder gschlecht, zuo iren tagen kommen, all<br />

io ir suend im jar einmal irem priester bichten und sacrament<br />

nemen soellid'). Wer nun Roemscher keiser? Wer Cristus? Wie<br />

möchte doch | der hochfertig Entcrist höher stigen und den (61)<br />

demietigen Cristum nidrer setzen, ja entsetzen! Zu diser zit hat<br />

gelebt und dis gschichten geschriben ein fuernemer abt von Urslsberg<br />

2 ), schribende: froew dich, unsere muoter Rom, dan dir werdend<br />

alle schloss der schätzen im ertrich ufton, dass dir zusammen<br />

fliessid baech und ufgehufet hufen der pfennigen! Fröw dich<br />

über die bosheit der kuender des menschen; wan, zuo Vergeltung<br />

irer grossen bosheit, wirt dir kostlicher Ion geben! Fröw dich<br />

20 diner hel[79]ferin, der zwitracht, welche uss dem abgrund der<br />

hellen ufbrochen, gross hufen gelts dir zuo hufen! Du hast nun,<br />

wornach dich alwegen duerst hat! Sing ein lied, dass du nit<br />

durch din geistlicheit, sunder durch der menschen bosheit hast<br />

die weit überwunden! Zuo dir zuecht die menschen nit ir andacht<br />

25 oder guot gwissen, sunder die menge irer lasterlichen Übertretung<br />

und zangs entscheidung tuer erkouft. Dis sige zuo unserer zit<br />

betrachtung nit unnuezlich erzaelt!<br />

Dominicus, Frauciscns, baettel-oerden-stifter.<br />

1206. Under disem babst hat Dominicus, ein Spanier von<br />

Calagur 3 ), den prediger-, und Franciscus, ein | Italian von Assiss, (62)<br />

den barfuoss-bettel-orden angfangen 4 ). Des babsts leithund.<br />

!) Ein Bericht über die Verhandlungen dieses Concils findet sich in<br />

einer noch aus dem 13. Jahrhundert stammenden Handschrift der Berner<br />

Stadtbibliothek (Cod. 22.)<br />

2) Conrad von Lichtenau, in der mehr erwähnten Ursperger Chronik.<br />

(Basel, 1569. p. 307 )<br />

3 ) Calahorra oder Caloroga in Castilien.<br />

4 ) Der Franciskanerorden wurde 1208 gestiftet.


1218. 1277. 47<br />

(66) [80] Von des letsten von Zeringen abgang und foeder<br />

Frlburg und Bern foeherschung a ).<br />

Der letst herzog, Bertholt von Zeringen, ist gwesen ein so<br />

grossmueetiger fuerst, dass er sich weder ab glueck noch unglueck<br />

entsazt, sprach alwegen: nach sonen komt regen, nach regen 5<br />

sonen 1 ); und ouch so listig, karg, hert, dass er an gelt vast rieh,<br />

aber an fruentschaft so arm, dass all, ouch sine landsgebornen<br />

edlen, under im in Buerginen gsessen, sines namens und stammens<br />

abgang begerten, ouch, wie einer stat Bern kronik sagt 2 )<br />

zum end hulfend; starb, nach anfaug der stat Bern im 27. jar, w<br />

on sines stammens und nammens lib-erben, zuo Friburg im Brisgow<br />

vergraben, im jar Cristi Jesu 1218 3 ), in welchem jar keiser<br />

Ott gestorben, koenig Ruodolf von Habsburg geborn was, und<br />

einer stat Bern von keiser Fridrichen zuo Frankfurt ir gülden<br />

handveste geben 4 ). Es ist gloublich, [81] dass nach abgang desis<br />

von Zeringen die stat Friburg im Brisgow sinem swager, graf<br />

Egen von Fuerstenberg, sie gevallen, und Friburg im Oechtland<br />

durch sine husfrowen, so ein lantgraefin von Kyburg was, an<br />

die grafen von Kyburg, lantgrafen in Buerginen kommen, von<br />

graf Eberharten, von Kyburg gnemten, von Habsburg gebornen>2o<br />

durch sine husfrowen, des letsten gebornen von Kyburg einige<br />

erbdochter, mit des stammens namen ererbt, sinem veteri<br />

kueng Ruodolfen von Habsburg, um 3000 mark silbers verkouft<br />

hat, im jar Cristi Jesu 1277 5 ), So ist ein stat Bern irein herreu<br />

(67) dem keiser beliben, der sie ouch hat be | vogtet, ins Roemschen »<br />

richs schirm genomen und höh gefriet.<br />

*) Die ältere Ausgabe hatte, spätem Abschriften entsprechend, diesen<br />

und den nächsten Abschnitt iu umgekehrter Reihenfolge; beide weichen auch<br />

in ihrem Wortlaut vielfach ab von unserin Original.<br />

') Vergl. oben S. 25, wo das Nämliche von Berchtold II. erzählt ist.<br />

2) Justinger's Chronik, Cap. 12.<br />

3 ) Den 18. Februar (Chr. St. Georgii in Nigra Silva), nach der von<br />

Scluepflin mitgetheilten Grabschrift dagegen am 14. Februar. •<br />

4) Ueber die Handfeste vergl. oben Seite.<br />

5 ) Die Urkunde über diesen Verkauf siehe Fontes r. B. 111. 216. Der<br />

Kaufpreis betrug 3040 Mark Silbers. Das Orignal liegtjn Wien.


48 1191. 1112.<br />

Dass ein stat Bern elters harkominens, (lau gedacht.<br />

Es ist ouch uss vil anzeigungen [82] gloublich, dass ein<br />

lobliche stat Bern aelters harkominens sie, dan von disem letsten<br />

vonZeringen; wan nit wol zuo ermessen, dass si in 27 jaren soelte<br />

sso stark sin worden, dass si sich in mitten iren so starken und<br />

vil vigenden, on schirm des abwesenden a ) keisers haette moegen<br />

erbuwen und enthalten; sunder dass der Zeringer Nideck, zuo<br />

der zit ein stark gelegene veste und staetle under dem nuewen<br />

nammen Bern gemert und gestärkt hab, nit ans rieh geben,<br />

io sunder lassen heim vallen'). Dahar die bürg Bern und ire<br />

burger ir schirm und friheit nit von irem landsfuersten von Zeringen,<br />

sunder von iren oberherren, keiseren Heinrichen 2 ) und<br />

Fridrichen hond enpfangen, von allen nachkommen Roemscher<br />

keiseren und klingen bestaet, und ie nach notturft gebessert.<br />

ir, [83] Von keiser Fridrichs, des uammens des andren,<br />

regiment.<br />

[1212] Keiser Fridrich, des nammens der ander, keiser Heinrichs<br />

sun, herzog von Swaben, kueng zuo Napols, Sicilien und<br />

Jherusalem, in der waglen Roemscher kueng und ein weis worden,<br />

20von siner muoter Constantia, kueng Rieggers 3 ) von Sicilien dochter.<br />

in des Roemschen babsts schirm geben; und als er, zuo sinen tagen<br />

kommen, regieren solt, hat der babst Innocentius III. wider in<br />

keiser Otten, und darnach, wider den selben Otten, in wider angenommen:<br />

und also nach keiser Otten tod, und nach befridung<br />

iöTuetscher landen ist er gon Rom zogen, da vom babst Honorio III.<br />

gekroent 4 ), schikt sinen sun Heinrichen in Tuetsche land, gab<br />

im herzog Luepolds von Oesterrich dochter, beval si bede hera<br />

) Das Pergamentmscr. liest statt dessen: wytlandischen, unmüssigen.<br />

1} Vergl. über das Alter der Stadt: v. Wattenwyl, Geschichte der<br />

Stadt Bern, I., 12.<br />

2) Die Handfeste Friedrich's II. von 1218 spricht von einem frühein<br />

Freiheitsbrief Heinrich's VI.<br />

3) Roger, deutsch Rudiger, Rüeger.<br />

4) Der Zug nach Rom fand im Herbst 1220, die Kaiserkrönung in der<br />

Peterskirche am 22. November statt.


1212 — 1242. 49<br />

zog Ludwigen von Beiern, und hftb an wider inziehen"), was<br />

im als weisen') sine untruewen voegt, [84] die baebst, haftend oucli<br />

sines erbs und dem rieh abzogen und veraendret. Do verbantend<br />

in die baebst Honorius und Gregorius, als so sinem, vom babst<br />

Innocentio ufgelegten kruez zum Türken, wie täglich hufen tatend, s<br />

ze tragen nit nachvolgte. Vermalet im, zuo guot dem kruezgang, Jola*),<br />

(63)des kuengs Johannes von Jherusalem | dochter, und zoch im jar<br />

Cristi Jesu 1228 ins heilig land 3 ). Da zeigtend im des Tatschen<br />

ordens brueder vil truew, aber die baebstischen tempelherren vil<br />

untruew; ward iedem, wie billich, nach verdienst wol vergolten. Und w<br />

als im diewil der babst Gregorius die kruezer, so gon Jherusalem<br />

soltend, in Napols schickt, macht er mit dem soldan ein zehenjaerigen<br />

bstand, nam Jherusalem, Joppe und Nazeret, buwts und<br />

gabs den Cristen in, hielt herliche Ostren zuo Jherusalem, liess sich<br />

da [85] krönen, danhar die küng Napols und Sicilien sich kuengis<br />

Jherusalem schribend, kart ilends wider gon Rom 4 ) zuo, brach<br />

gwaltig hinin, zerhuew undern toren kruezwis all pfaffen und<br />

leien, so's kruez wider in truogend, und ungeacht des Römschen<br />

babsts isnem und bermentem 5 ) gschuez, nam er Rom gwaltig in,<br />

verjagt den babst, fieng die cardinael, behouptet sine kuengrich, 20<br />

bekriegt und beschädiget hart in ganzem Italia die Guelfen,<br />

schirmt und belont wol die Gibellin, liess sinen sun, Roemschen<br />

kfing Heinrichen, als Guelfischen, wuergen"), macht an sine stat<br />

*) Darüber geschrieben: an sich.<br />

i) Die Königin Constanze hatte bei ihrem Tode, Nov. 1198, den Papst<br />

Innozenz III. als Vormund ihres Sohnes bezeichnet.<br />

2) Gewöhnlich Jolantha genannt. Die Vermählung fand im Jahr 1225<br />

statt. Die Kaiserin starb aber schon 1228.<br />

3 ) Am 28. Juni schiffte Friedrich sich ein zu dem längst versprochenen,<br />

vom Papst unter Androhung des Bannes geforderten Kreuzzug.<br />

4) Schon 1229 kehrte Friedrich zurück, brach in Apulien ein und<br />

zwang den Papst zum Frieden von S. Germano, 1. September 1230. (Vergl.<br />

Raumer, Hohenst. III. 455 ff. und Schirrmacher, Friedrich IL Bd. II. S. 225<br />

u. ff.). Das «kreuzweis zerhauen» ist nur bildlich zu verstehen.<br />

ä ) Das «bermentne gschüz» nennt A. die wider den Kaiser geschleuderten<br />

pergamentenen Bannbullen.<br />

6 ) Da König Heinrich sich gegen seinen Vater empörte, so sah sich<br />

Friedrich 1235 zu einem Zuge gegen ihn gezwungen. Heinrich wurde gefangen<br />

genommen, nach Italien gebracht, und starb dort im Kerker am<br />

12. Februar 1242. 4


50 1243-1250.<br />

zuo Roemschem kueng sinen sun Cuonraten. Do nun der babst<br />

Gregorius, so wider den keiser bline und isne kruez, Ave Maria,<br />

und salveglbcken angericht hat, im 14. jar sines babstuoms, und<br />

Coelestinus IV. im achtzehenden tag ge[86]sturben, a ) bleib 's babst-<br />

5tuom zwenzg | monat ledig, unss durch erwerbung des keisers (64)<br />

swoeher die cardinael und bischof, zuo Melfi) ussgelassen, zuo Rom<br />

erwaltend und kroentend Innocentium IV., der Flysca gschlecht,<br />

von Jennow 2 ); was ein herlicher, wiser, gelerter man, absolvirt<br />

den keiser um hundertundzwenzg unz golds, verbant in doch<br />

10 bald von der Guelfen wegen widerum, und floch gon Lyon ins<br />

kuengs von Frankrich schirm, beruft da ein concilium, kundt dem<br />

verbanneten keiser keiserlichen gwalt und nammen ab, macht vil<br />

cardinael, und begabt die mit roten hieten und deckten pferden,<br />

im jar Cristi Jesu 1246 3 ). So dorst doch bi des keisers leben kein<br />

lsfuerst sich des richs unterziehen; bleib in zweispalt 28 jar, biss<br />

uf keiser Rudolfen von [87] Habsburg, der da wislich weder<br />

zum babst noch zum Tuerken ziehen, e" im ban sin wolt; verantworts<br />

wie der fuchs dem kranken loewen 4 ). — So starb der hoch<br />

tuer keiser im ban und krieg zuo Panorm in Sicilien, durch sinen<br />

20basthart Manfred, wolgeachten herzog zuo Tarent, wie gemeint<br />

dem babst ze lieb vergilt 5 ); sines richs im 38. jar. Do muost<br />

sin sun Entius, kueng zuo Sardinien und | gubernator in Lam- (65)<br />

parten und Romania, zuo Bononia im kercher verderben 8 ). So<br />

zoch aber der babst gon Rom, half sinen undertruckten Gwelfen,<br />

*) ge stürben (als Partiz. unmögliche Form), Versehen beim üebergang<br />

auf die neue Seite.<br />

') Die Wahl Innoeenz IV. kam erst nach einem Interregnum von<br />

1 Jahr und 9 Monaten zu Stande, am 25. Juni 1243, nachdem der Kaiser<br />

einen Theil der von ihm zu Melfi gefangen gehaltenen Cardinäle freigelassen.<br />

*) Sinibald Fiesco, Graf von Lavagna, aus Genua.<br />

3) Das allgemeine Concil von Lyon begann am 28. Juni 1245.<br />

4) «Vestigia me terrent» (Aesops Fabeln). Siehe Nauclerus, Memorabilia,<br />

ed. Nicol. Basellius, Tubingae 1516. fol. 237 a.<br />

5 ) Friedrich IL starb zu Fiorentino am 13. December 1250 an der Ruhr.<br />

Die Sage von seiner Vergiftung, speciell durch Manfred, wird als unglaubwürdig<br />

betrachtet. (Vergl. Schirrmacher, Friedrich IL Bd. IV. S. 335 und 487.)<br />

6 ) König Enzio, der schöne Lieblingssohn Friedrichs, wurde am 26. Mai<br />

1249 im Gefecht bei Fossalto von den Bolognesen gefangen und starb nach<br />

23jähriger Haft 1272.


1191—1298. 51<br />

dempt die Gibelin, fuor gon Napols, den Swaebschen stammen usszetilgen.<br />

Do tilget in der tod uss, sines babstuoms im 12. jar')").<br />

[88] Dass ein löbliche stat Bern in 107 jaren sich<br />

erbüwen und hernach in 179 alle ire land hat<br />

überkommen. 5<br />

Im jar Cristi 1191, des babsts Clementis III. im vierden,<br />

keiser Heinrichs VI. im ersten, kueng Philips von Frankrich im<br />

IL, ist nach anzeig ir kronik dis lobliche stat Bern, vom<br />

letsten von Zeringen ze buwen angevangen, hat hernach in<br />

hundert und siben jaren, unss uf den glücklichen sig, im Jamer-10<br />

tal gewunnen, mit fuersichtigem, wisem rat, mit grosser gedult,<br />

mit recht und schirm suochung, und fruentschaft ze bekomen*),<br />

niemand veracht, mit emsiger, manhafter hand, sich ir vigenden<br />

von Kyburg, Wissenburg, Friburg, Habsburg, Oesterrich, und<br />

andrer vilen erwert, über die Aren gebrugget, an muren, bhusung, a<br />

burgern, kloestern gemert und gestärkt, [89] des Roemschen<br />

keisers hof, das schloss Nidek, abgeschlissen 3 ), e gemelten sig<br />

wider die Burgunschen oben anstossenden herren erobret, nam-<br />

*) Der frühere Druck, der hier in Ausdruck und Wortstellung eine<br />

wesentlich vom Original abweichende Fassung gibt, hat noch (Seite 65)<br />

folgende bei A. fehlende Sätze:<br />

Doch so liessent sin nachkommen nit nach, unss dass hienacher in<br />

fünfzehen jaren diss edler stamm und nam, in tütschen und wälschen landen,<br />

mit verräterey, gift und isen gar ussgetilket, und durch französische bäbst<br />

das verlassen wälsch rieh dem franzosen ingeben ward, mit semlichem Geding:<br />

dass sie den heiligen römischen stul ewig erkanntint, mit järlicher<br />

vierzigtusend Dukaten pension und g'horsame, und auch by gebnem eyd<br />

nit keiser wurdint. Was aber d'Franzosen hie gewunnen habint, ist inen<br />

und den Spaniern, ja ganz Italia und Rom, hie an in unsern tagen auch<br />

einer eidgnossschaft, nit unwissend beliben. So ist das edel Swebsch Herzogtum<br />

zertrent, ein teil am Römschen rieh fri, und ein teil sondern herren<br />

geeignet worden; wiewol der Römisch Rudolf von Habspurg das sinem sun<br />

Rudolfen, wie Oesterrich Albrechten, hat zugeschriben.<br />

!) Innocenz IV. starb in Neapel am 7. December 1254.<br />

2 ) Als regierendes Wort ist «suchung» zu ergänzen: «und indem sie<br />

suchte Freundschaft zu bekommen». Oder Zwecksatz zum Folgenden?<br />

3) Während des Zwischenreichs. (Fontes III. S. 547.) v. Wattenwyl<br />

(I. 127) nimmt an, dass es zwischen 1266 und 1268 möchte geschehen sein.


52 1298 -1477.<br />

lieh im jar Cristi Jesu 1298'), des babsts Bonifacii VIII. im vierden,<br />

— Der babst gieng in wie ein fuchs, regiert wie ein low, starb<br />

wie ein hund 2 ); lert, ob ein Roemscher babst die seien bim hufen<br />

zum tuefel hinab schickte, soelt und möcht in doch niemand hierum<br />

5rechtvertigen, so keinen richter uf erden, und alle menschen ze<br />

richten hab. Verbant kueng Philip, gnemt der huebsch von Frankrich<br />

3 ), verwarf und nam uf keiser Albrechten, keiser Rudolfs von<br />

Habsburg sun, ersten sines geschlechts herzogen von Oesterrich,<br />

welcher sinen herren keiser Adolfen von Nassow vor Wurms in<br />

io halben tag gewertem strit umbracht 4 ); ward um siner untruewen<br />

gitikeit willen zuo Windisch von sines bruoders Rudolfen sun, herzog<br />

Hansen von Swaben, ermoert 5 ). Hat Lucern um 2000 mark<br />

Silbers kouft vom abt von Murbach, sines Römschen [90] richs<br />

im ersten 6 ), — unss 7 ) uf das jar des sighaften todschlags herzog<br />

i5Carlis von Burgun, nämlich Cristi Jesu 1477, in hundert und<br />

nuen und sibenzig 8 ) jaren all ire land und herschaften mit wissem<br />

silber oder, und den meren teil, mit rotem isen überkommen<br />

und die biss har unüberwunden besessen, beschirmt und gebessert,<br />

ouch hiemitan ir undertanen mit harter, tuerer mieg uss<br />

20 hartem joch der harten herren gelediget und gefrigt, in giete,<br />

milte und gnad also verwalten und erhalten, dass, welcher der<br />

iren das nit erkent, zum undank und unerkantnues, keiner<br />

gnaden wert, under tyrannische beherschung soelte sin gebunden,<br />

und zuo glich irer altvordren gezwängt und gedrängt werden.<br />

25 So vil vom durchgang beschribner kronik, inhaltend zweihundert<br />

sechs und achzig jar.<br />

!) Das Gefecht im Jammerthal (Donnerbühl) fand statt am 2. März<br />

1298. Chronicon de Berno.<br />

2) Sprichwörtlich von diesem Papst; vergl. Kortüm, Geschichte des<br />

Mittelalters. II. 194.<br />

3) Der Streit Bonifacius VIII. mit Philipp dem Schönen von Frankreich<br />

ist bekannt.<br />

4) Kaiser Adolf kam in der Schlacht bei Göllheim am 2. Juli 1298 um.<br />

5) Am 1. Mai 1308.<br />

6) Vielmehr schon 1291. April 16. und Mai 12. Die Urkunden vergl.<br />

Geschichtsfreund der V Orte. Bd. I. S. 208 ff.<br />

7 I Schliesst an den oben unterbrochenen Satz (Zeile 1) an.<br />

") Nämlich vom Jahr 1298 an gerechnet, welches A. als den Anfangspunkt<br />

der Machtausbreitung der Stadt betrachtet.


Zu einer inleitung in volgende kronik einer loeblichen<br />

stat Bern, an den glueckhaften baeren anmanung, mit<br />

anzeig der grossen gfar, von unser untiiren weit kronik<br />

ze schriben").<br />

[91] Als nun der glückhaftig baer in sinem loch anfangss<br />

jung, schimpfig und hanzelbar gewesen, nach erwachnen zaenen<br />

und naeglen hat mueessen haben umsichtige ougen, wachende b )<br />

oren, scharpfe zaene und unverzagte dapen, und die nach siner<br />

art geschwind und truzlich bruchen; derhalb im der vigenden<br />

iebung bass denn fule ruow erscliossen, in von eim sig zum andren w<br />

gereizt, und der gwin lustig macht, also dass er in den Buerginen<br />

(85) die stolzen ochsen hat | vertriben, ein riewig, stark loch hat gemacht<br />

und wol erbuwen. So ist im nun nuet anders vorhanden,<br />

wan wo ers nit mag besseren und meren. nach siner althargebrachten<br />

wis und fuersichtigen loblichen anwisung, dass er nit is<br />

von wegen gewunner ruow und miedem alter, zag, treg und<br />

schlaeferig selich gewunnens, oder uss hochmiit, verachte und in<br />

verlust lasse kommen. Dann bi dem wisen es nit ein mindere<br />

tugent ist gewunnes behalten, denn gwinnen. Und wiewol er<br />

nun [92] von iezt oberzaelter zit an unsshar noch des sinen von 20<br />

sundrer gnad Gots und durch sine fuersichtikeit und stärke nuet<br />

verloren, sunder alles gebessert hat, so ist doch von siner jungen<br />

muotwillikeit, ergit und eigennuetzikeit, uss froemder gelt c ) erwachsen,<br />

vil hernach ergangen und gehandlet, das dem redlichen<br />

alten ganz ungemess und unlidlich wäre gewesen, iezt aber ganz 20<br />

recht und ungescholten wil sin. Das alles, so Got, den man<br />

*) Statt dieses Capitels enthält die von St. und W. benutzte Handschrift<br />

einen längern Abschnitt, Seite 67—84, unter dem Titel: «Ein verkürzter<br />

durchgang und vergriff einer löblichen stat Bern kronik, vom anfang<br />

bis zum end des Burgundischen Kriegs, haltend 280 Jahre». Da derselbe<br />

nichts anderes ist, als ein sehr gedrängter Auszug aus Justinger und<br />

Tschachtlan, so ist das Stück hier weggelassen. Am Schlüsse steht wenig<br />

verändert die obige Ueberschrift, welche auch im Original in mehrfacher<br />

Fassung sich findet.<br />

b ) In der ersten nachher erweiterten Fassung hatte A. «wachmündige»<br />

geschrieben.<br />

•) Das Manuscript hat übergeschrieben: «M«d»gelt; der ältere Druck<br />

ergänzte noch weiter und las: us fremder weit und gelt.<br />

53


54<br />

hierum bitten sol und muos, gnad verluecht durch sine, sines ewigen<br />

worts und liechts vilvaltige warnung, und durch eigens Schadens<br />

erfarung, nun hin mit einhelligem wisen rat zuo ernuewerung und<br />

besserung mag kommen. Got gebs!<br />

5 Dass von wegen diser untueren weit kronik schriben<br />

ganz gfaerlich.<br />

Wie es nun und was nach ob[93]gelassner zit ergangen<br />

und gehandlet sie, ze beschriben, wird so vil sorglicher und uss<br />

gfar der warheit gfarlicher sin, wie vil me in volgender zit, nuet<br />

10minder dann zevor, gross, schwaer, seltzam und gfarlich Sachen,<br />

durch und in gfarlicher untuerer weit begegnet und verloffen<br />

sind. Nachdem und ouch die weit für und für sich in aller<br />

gschwindikeit iebt, schaerpft, erhoecht und täglich zuonimt an art<br />

und tugent, und doch leider, | als sich ougenschinlich erfuendt, vil<br />

15 me an list und laster, die wiewol si von weit an mit dem hochfaertigen<br />

tuefel, und glich hernach mit dem ergitigen menschen<br />

ingerissen, sind si doch für und für so unverschämt und so<br />

gwaltig worden, dass si schäm und gwalt hond überwunden, ouch<br />

so wit, dass kein art oder tugent so guot nit ist, sie hat ein [94]<br />

üolaesterhietle, und kein list oder laster nit so boes, es hat ein<br />

schanddeckele überkommen. Niemand wil unrecht haben und<br />

schelten liden. Iederman wil guot geachtet und gelobt sin. Der<br />

weit, so betrogen wil sin, groest vigend ist die warheit. Dahar<br />

fliessend die, und derglichen spruechwort: Wiltu etwas sin, so daerst<br />

25 etwas gfarlichs und kercherwirdigs. — 's glueck hilft den daerstigen,<br />

lasst die zagen. — Die straf ergrift die duben, lasst die rappen<br />

fliegen. — Sags nit, so schadts nit. — D'warheit bringt hass; ja, ja,<br />

nein, nein bringt gunst. — Ich näm anhang und gunst, für brief,<br />

sigel und kunst. — Kanstu liegen und flaueren, so gat dir uf<br />

30 die gross tueren; wilt du aber der warheit nachgon, so muostu<br />

dick harusser ston 8 ). — Kanstu den herren flaueren und der frowen<br />

•) «dick harusser ston» fehlt im Manuscript und ist aus P. ergänzt.<br />

Dort heisst es noch weiter: Gunst, Ungunst, gwalt und gelt regieret<br />

dise weit.


wol hofieren, so bedarfstu nit vil sach, wo du habist gelt<br />

(87) darnach. Dahar komt, dass die ganz weit | voll fraefler, ligner<br />

und Schmeichler ist, und die zettln minder gfarlich, dann zebereden,<br />

also dass sich kluoge fromkeit wirs foerchten muos, dann<br />

kiene bosheit. Dahar komt, dass alle die, so da wisheit, erber- s<br />

keit, fromkeit, frid und ruow suochend, oder diser weit zarte hut<br />

weder mit mund noch mit feder anrieren, und all iren pracht,<br />

gwalt und 6ren schuehend und fluehend a )... Uss dem allem volgt<br />

gwiss, dass der merteil diser weit regenten boes, und inen ir<br />

undertanen glich mueessend sin, und hiemit un[95]lidigkeit, jaio<br />

vervolgung der warheit, und alle boesheit so lang oberhand nemen<br />

und herschen, so lang's die langmietikeit Gots duldet, unss zuo der<br />

weit verderbung oder widerbringung, so gwiss nit on harte straf<br />

zergon mag; deren wir ouch so gwiss erwarten, so gwiss von ie<br />

weit an der almaechtig, grecht Got und her, nach usgesaentenis<br />

siner warheit boten und propheten, — die doch geredt und<br />

geschriben, ab welchen sich die weit ie und ie geärgert, wie dann<br />

iezt zuo unsern ziten ganz frech und verrucht beschicht, —<br />

die weit nie ungestraft, und Verachtung sines heilsamen heiligen<br />

worts ungerochen nie hat underlassen. Was der predig Adam, 20<br />

Noe, Abraham, Mose, David, Helie, Jesaje, Jeremie, und aller<br />

propheten, und zuoletst des sun Gots selbs, Jesu Cristi, und<br />

aller siner nachkommen truewen boten nachgevolgt, [96] was ouch<br />

inen den predigern Cristi hierum begegnet sie, ist aller weit<br />

kund, mit plagen und bluot uberschitt, und dennocht wie der25<br />

(88) Pharon | verstopft! Got behiet uns vor dem roten mer, lasse<br />

uns sin heilsam wort nit zum urteil, sunder zuo gnaden erschiessen!<br />

So aber der vergangnen weit leben, der gegenwertigen wiz, und<br />

der künftigen fuersichtikeit, allein in muntlicher und gschriftlicher<br />

kronik stat, und behalten, und ouch, um der guten und bösen30<br />

*) Die ganze Stelle ist stark corrigirt, so dass A. die Construction verloren<br />

zu haben scheint. Am Rande ist noch beigefügt, aber ohne dass ersichtlich<br />

wäre, an welcher Stelle die Worte eingesetzt werden sollten:<br />

«ouch gfar und hass zu vermiden ires mutwilligen wesens mit mund und<br />

feder geschwigen, dan si so untur und unlidig, dass on gfar libs und gute<br />

niemand verner ir darf weder reden noch schribcn; die warheit iren von ir<br />

anfang har verhasst.»<br />

55


56 1474.<br />

willen, guots und boess geprediget und ufgeschriben muoss werden,<br />

wer wirt dann truzlich und nutzliche kronik predigen oder<br />

schriben? Warlich niemand, dann der, dem Got gnad verlicht,<br />

der warheit kruez nit ze schuehen, noch ze fluehen. Amen.<br />

ö Eferung. a )<br />

Nun zu einem grund und anzeig urhab der merteil nachvolgender<br />

gschichten und kronik ists nit ungebuerlich etlicher<br />

stuecken eferung tuen, us welchen der kroniken, so zum teil nach<br />

ander kroniken fluesst und urhab nimpt, so fuernemlich sind: der<br />

io ewig bericht zwischen dem hus Oesterrich und gmeinen Eidgnossen<br />

mit nachvolgenden pttnden, insunders zwischen der krön<br />

Frankrich und gmeinen Eidgnossen ufgericht und beschlossen,<br />

uss welchem ein stat Bern und gmein Eidgnossen [97] in den<br />

Burgunschen, und hernach in vil ander krieg und unruowen sind<br />

lögfiert und verwicklet worden. Ist, Got sie lob, wol geraten, aber<br />

am zit ufzehoeren und flissig fuerzesechen b ).<br />

*) Die folgende «Eferung», in welcher A. über die Geschichte der<br />

Jahre 1474—1477 seine Ergänzungen, Berichtigungen und Betrachtungen<br />

bringt, ist in einer kürzern und, mit Ausnahme des Eingangs, in einer<br />

zweiten ausführlichem und auch augenscheinlich besser geordneten Fassung<br />

vorhanden, beide eigenhändig geschrieben. Die eine, A. 1, steht Mspt-<br />

Bd. I S. 96—106 und 1«—32" (in Bd. II am Schlüsse eingeheftet), die andere,<br />

A.2, in Bd. II S. 33*-80" und Bd. I S. 107-127. Wir geben, wie St. und<br />

W., die letztere und fügen aus der erstem (A. 1) nur den Eingang bei und<br />

diejenigen Stellen, in welchen eine bemerkenswerthe Differenz sich zeigt.<br />

b ) Der im altern Abdruck (S. 88) gegebene Text dieses Einganges, der aber<br />

in der Handschrift A.'s nicht erhalten ist, fügte bei Erwähnung der frühern<br />

Chroniken bei: «von Schilling nit sunders flyssig oder gar nit beschriben »,<br />

und nannte noch als Gegenstände der Ergänzung: «Die vereinung mit<br />

den nidren statten und Lotringen .... item und hiuzugetan des Romischen<br />

babsts und des Ungrischen küngs bund und händel» und schloss mit den<br />

Worten: «Harzü der her aller herren sine gnad und hilf verliehe, dass<br />

semliches zu siner Wunderwerken erkanntnus und lob, ouch zu einer loblichen<br />

statt Bern er und nutz ewig diene und glücklich vollendet werde.<br />

Amen.»


1474. 57<br />

T33a] 1474.<br />

Babst: Sixtus IV. 3 1 ). Roemscher keiser: Fridrich III. 35 ä ).<br />

Franzesischer kling: Ludwig XL 14 3 ). Schultes: Niclaus von<br />

Diesbach, ritter.<br />

Wie der ewig frid zwischen dem hus Oesterrich undgmeiner<br />

Eidguoschaft, ouch mitan der nider puud<br />

wider Burguu gemacht ward. a )<br />

Im jar Cristi Jesu 1474, nachdem und das hus Oesterrich,<br />

Hapschburg stammens, von sinem ankommen har biss uf dise zit<br />

wenig fridens mit einer Eidgnoschaft, uss und under im ent-io<br />

Sprüngen, hat gehaept, und iez der loblich fuerst, herzog Sigmund<br />

4 ), ouch vor sin vater, herzog Fridrich der aelter, mit hilf<br />

drier gesipten keiseren, Sigmunden, Albrechten und Friedrichen,<br />

und desse kriegbaren bruoder, herzog Albrechten 5 ), uf 60jarane-<br />

(90) nandren von wegen der landen, so | d'Eidgnossen vom concilio zfus<br />

Costens dem verbanten und veraechten obgemelten herzog Fritlrichen<br />

ingenommen, besizend 8 ), sich also abgefochten hattend,<br />

dass er, der obge[34a]melt herzog Sigmund, die Tuetschen und<br />

Waelschen fuersten, zuo schuz und schirm sin und siner landen,<br />

um hilf wider d'Eidgnossen anruft und heimsucht, aber keine20<br />

fand'); zu letst aber, damit sine Rinstaet s ) und anstossende land<br />

») Der Abschnitt fehlt in A. 1. ganz.<br />

i) Sixtus IV. war Papst seit 9. Aug. (23. Aug.) 1471, das Jahr 1471<br />

war also das dritte seiner Regierung.<br />

2) Seit 2. Februar 1440.<br />

3) Seit 15. August 1461.<br />

4) Herzog Sigismund, Landgraf von Ober-Elsass seit 1439, zuerst unter<br />

Vormundschaft seiner beiden Oheime, Friedrich's, des spätem Kaisers, und<br />

Herzog Albrecht's.<br />

5 ) Der oben genannte Vormund Sigmund's, er starb 14Ö3, 3. December.<br />

6 ) Die eidgen. Orte hatten 1414 dem geächteten Herzog Friedrich von<br />

Oesterreich den Aargau abgenommen.<br />

7 ) Einen Aufruf des Kaisers Friedrich III. an die Fürsten des deutschen<br />

Reichs, 9. Aug. 1408, siehe bei Zellweger, Versuch die wahren Gründe des<br />

burgundischen Krieges darzustellen. Archiv f. Schweiz. Geschichte V. S. 79.<br />

• 8 ) Rheinfelden, Laufenburg, Waldshut und Säckingen, zu den Vorderösterreichischen<br />

Landen gehörig.


58 1474.<br />

nit in der Eidgnossen haend kaemid, ouch si mächtigern widerstand<br />

hättid, versazt er die selbigen dem Burgunschen herzogen,<br />

zu der zit dem kriegsgwaltigesten fuersten'). Do nun der Burgunsch<br />

herzog die verpfänte land und stät wolt nach sinem<br />

5willen streng in zwang und huot halten, aber d'Eidgnossen nit<br />

anfachten, kams darzuo, dass die verpfänte land trowten: wenn si<br />

ir fuerst nit woelte wider lösen, so woeltids eintweders gar zun Eidgnossen<br />

vallen, oder ganz Burgundisch werden. Und wie nun<br />

der Burgunsch herzog fuernaemlich sinem hern, dem Franzesischen<br />

w kueng, item dem Roemschen keiser, dem Lutringschen herzogen<br />

und dem hus Oesterrich wolt uberlaegen sin, und ouch was, zuo<br />

end nächst verschinen jars, do truog der Roemsch keiser Fridrich,<br />

durch her Ad[35a]rian von Buobenberg, schultessen zuo Bern,<br />

dozmal zuo keiserlicher majestat von der stat gschäften wegen<br />

lsgesänt 2 ), an, einen friden zwischen dem hus Oesterrich und<br />

gmeiner Eidgnosschaft ze machen. Deshalb schnei zuo Lucern<br />

und Basel tag geleistet wurden, entlich gon Costens bescheiden 3 ).<br />

In dem ward der Franzesisch küng, fuernämlich durch her Niclausen<br />

von Diesbach, diss jars schultessen zuo Bern, bewegt, an-<br />

20 getragnen | friden mit allem vermoegen heimlich und schnei ze (91)<br />

fuerdren. Harzuo der herzog von Oesterrich und die richstät verwilligeten<br />

und hulfend; also dass diser frid diss jars Merzens<br />

nach mittervasten zuo Costens uf den kueng von Frankrich ze<br />

j";i beschliessen einhellig verabscheidet, und demnach uf den 11. tag<br />

Junii, zuo Sanlis 4 ), von gemeltem kueng ufgericht und versiglet<br />

ward, wie volgt angelassen :<br />

') Durch Vertrag vom 9. Mai 1469, geschlossen zu St. Omer.<br />

2 ) Zellweger, a. a. 0. S. 38 hat diesa Sendung bezweifelt, siehe aber<br />

Bern. Missivenb. C. 76. vom 22. Juli 1473 und Eidg. Abschiede, IL 452.<br />

s ) Ueber diese Conferenzen und Tage vergl. Eidg. Abschiede, Bd. IL,<br />

pag. 452, 455, 471, 473 und die angeführte Abhandlung von Zellweger.<br />

4) Zu Senlis, wo König Ludwig den Vertrag zum Abschluss brachte.


1474. 59<br />

Sum des ewigen fridens zwischen herzog Sigmund von<br />

Oesterrich und gmeiner Eidgnoschaft, durch den<br />

kueng von Frankrich ufgericht. •)<br />

Wir Ludwig, von Gots gnaden kueng zuo Frankrich, tuond<br />

kund aller[36a]mengklichen, und bekennend mit disem brieLs-<br />

Als zwischen dem durchlichten, hochgebornen fuersten und hern,<br />

her Sigmunden, herzogen zuo Oesterrich, Styr, Kernthen und<br />

zuo Crain, grafen zuo Tyrol etc., unsera lieben oehen, an einem,<br />

— und den fuersichtigen, ersamen und wisen, gmeinen Eidgnossen<br />

von staeten und laendren, Zuerich, Bern, Lucern, Ure, w<br />

Swytz, Underwalden, Zug und Glaris, und iren zuogewanten und<br />

gehörigen, unsern besunder guoten fruenden, am andren teil; — und<br />

ir beder teilen vordren, vil ergangner jaren mit enandren in<br />

(92) kriegen, zweiungen, irrungen und stoessen gewesen | sind, und<br />

sich darin mengerlei vergangen hat, und ein gueetlicher tag zuo 15<br />

Costens zwischen beden teilen gehalten worden, und da ein abscheid<br />

begriffen und gestelt ist, wie soellichs hingetan, betragen<br />

und gericht werden moecht, und das darmit zuo entlichem usstrag<br />

und beschluss bracht möchte werden; und demnach wir, als der,<br />

so das gern gericht und betragen gesehen haette, von beder teilen 20<br />

frintschaft und liebe wegen, so wir zusammen haben, haben<br />

wir die edlen und e*rsamen und geistlichen, graf Hansen von<br />

Eberstein 2 ), und her Josen von Silinen, probst zuo Muenster im<br />

Aergoew, unsere rät, zuo den obgenanten partlen geschickt, mit<br />

bevelch, an die beder sit ze werben, uns den obgenanten abscheid, 25<br />

[37a] zuo Costens besehenen, zu überantworten; in dem füg, wie<br />

wir demnach die bericht zwischen den genanten partlen beder<br />

sit beschlussen und begriffen, dass si dabi bliben, und dem also<br />

nachgon woelten; — und si, von semlichs unsers gewerbs wegen,<br />

den begerten abscheid uns zuschicken lassen hond, mit dem 3»<br />

,) Vollständig abgedruckt in Eidg. Abschiede, Bd. IL, S. 913 ff. auch<br />

bei Zellweger, a. a. 0. S. 117.<br />

2) Graf Hans von Eberstein war der Gesandte des Herzogs von Oesterreich,<br />

vergl. Eidg. Abschiede, Bd. IL Hier erscheint er auffallender Weise<br />

zugleich als Beauftragter des Königs von Frankreich. (Vergl. auch Zellweger,<br />

a. a. 0. p. 32. Anm. 51.)


€0 1474.<br />

bescheid: wie wir demnach die bericht begrifen und setzen lassen,<br />

dass Süllichs der obgenant unser oehen, herzog Sigmund, bi sinen<br />

fuerstlichen wirden und eYen, und die vorgenanten Eidgnossen bi<br />

den eiden, so si iren staeten und laendren geschworn, nach sinem<br />

B inhalt gelobt und versprochen hond, war, vest und staet ze halten,<br />

und das gestrax zuo volziehen und zuo volenden, und dem on intrag<br />

redlich und erberlich nachzekom | men, wie das die brief zwischent (93)<br />

inen ufgericht wisend. Und demnach, als uns der berueert abscheid<br />

von Costens ist uberantwort, und wir den eigenlich und<br />

"wol verhoert haben, so setzen wir die bericht und vertrag<br />

zwischen den obgenanten partien also und wie hienach von<br />

eiin ans ander geschoben stat, und das also ist und sin sol;<br />

nämlich:<br />

1. Dass fuerahin die bed obgenanten partien, und al ir underistanen<br />

und zuogehoei enden in staeten und landen, sich er libs und<br />

guots zusammen wandlen, und ufrecht und redlich mittenandren<br />

handien mögen und sollen.<br />

[38 a] 2. Dass si um ir spaen, so die nit gueetlich vertragen<br />

moechtid werden, uf den bischof von Costens und die stat daselbs,<br />

20oder uf den bischof von Basel und die stat daselbs, zuo ustraeglichen<br />

rechten kommen soellen. Doch um erbfael, schulden und<br />

gueeter sol in ordenlichen gerichten gerechtiget werden, an Verzug<br />

und witer appellieren, etc.<br />

3. Dass, so der herzog Sigmund der Eidgnossen zuo sinen<br />

25 gschaeften bedarf, dass si im die, wo inen gepuerlich sin mag, um<br />

zimlichen sold wollen geben.<br />

4. Dass d'Eidgnossen genantem herzogen überantworten soelten<br />

al brief, urber, register, roedel und gschriften, so si hinder inen<br />

hond und der herschaft | Oesterrich zuostond, getruelich und on (94)<br />

.sogeverd; usgenommen die brief, roedel oder gschriften, so die<br />

inhabliche land, staet und schloss der Eidgnoschaft betreffend.<br />

5. Dass bed partien bi allen iren landen, staeten und<br />

schlössen, doerfern und maerkten, die si in vergangnen ziten zuo<br />

iren landen erobret und gebracht haben, soellen bliben hienach<br />

wrüewig und unangesprochen.


1474. 61<br />

6. Dass kein parti der andren die iren in puentnus, burgrecht,<br />

landrecht, schuz oder schirm ufnaemen solt, dem andren<br />

teil zuo schaden und unfuog; es zuge dan einer hushaeblich zum<br />

andern.<br />

[39a] 7. Dass, so iemant etwas gwaltigs und ufrueerischss<br />

handlete, sol von stund an der oder die selbigen angriffen und<br />

förderlich mit recht gestraft werden.<br />

8. Dass kein teil dem andren sine viend, widerwertigen und<br />

beschaediger, wissentlich nit husen, holen, aezen, tränken, noch<br />

underschüb, noch hilf tun, ouch das ze tuond niemand gestaten,


62 1474.<br />

14. Dass d'Eidgnossen nun und hienach soellen ofnung [40a]<br />

haben, zuo allen iren noeten, der gemelten vier staeten.<br />

15. Dass, ob eintwederer teil an dem andren dis frintlich (96)<br />

bericht nit hielte, so sol doch darum kein fecht noch ufruor fuer-<br />

•s genommen, sunder die brüchig parti mit recht angevordret<br />

werden, und dem selben nach getaner gelipt gnuog tuen; und<br />

welcher das nit tun woelte, der sol darzuo gehalten werden, etc.<br />

16. Dass alles das, so sich in kriegs und andren wisen<br />

zwischen beden teilen und iren vordren hat verloffen, biss uf<br />

lodatum diss briefs, sol bestaendeklich hin und ab, vertragen und<br />

bericht sin.<br />

17. Dass dem allen von beden partien und iren zugehörigen<br />

sol gestrax und on intrag nachkommen werden, bi getanen<br />

pflichten.<br />

ls Und zu einer ewigen bestätnus soellicher bericht, und dem<br />

almaechtigen zuo lob, und diser bericht zuo vestem, iemerwaerendem<br />

urkuend, dass dero, wie obstat, also von beden partien und iren<br />

zuogewanten nachgangen werd, so haben wir obgenanter kueng<br />

unser kuengklicher majestat insigel offenlich lassen henken an<br />

M diser brief, zwen glich, und iedwederm teil einen geben.<br />

Wir obgenanter Sigmund, herzog zuo Oesterrich, etc., und<br />

wir vorgenanten Eidgnossen von stäten und laendren, etc., bekennen<br />

und verjehen der obgeschribnen rich^tung, und alles des, (97)<br />

so hierin von uns geschriben stat, und wollen wir obgenanter<br />

25 herzog Sigmund fuer uns und unser erben, die unsern und unser<br />

zügehoerenden; und wir, die genanten Eidgnossen, fuer uns und<br />

unsere nachkommen [41a], die unsern und unser zuogewanten,<br />

dabi gestrax bliben, und dem allen nach sinem inhalt nachgon.<br />

Wir herzog Sigmund bi unsern fürstlichen exen und wirden, und<br />

so wir, die genanten Eidgnossen, bi den eiden, so wir unsern staeten<br />

und laendren geschworn hond. Und des zuo warer guoter zuegnus,<br />

so haben wir, herzog Sigmund, unser insigel, und wir, vorgnanten<br />

Eidgnossen, staet und laender, unsere insigel öffentlich haenken<br />

lassen an der vorgenanten briefen, zwen glich. Geben und be-<br />

35schehen in unser stat Sanlis uf den 11. tag des monats Juny,<br />

anno Domini 1474.


1474 63<br />

Und wie nun d'Eidgnossen disen vast erlichen, loblichen<br />

und nuzlichen friden, wider viler des adels gunst, aber mit<br />

grosser beder landen froeud erobret hatten, und ieztan hie<br />

Oesterrich und hie Swytz die ingewurzlete viendschaft gestillet<br />

und versueent was"), do tratend von stund an disem der Eid-*<br />

gnossen glueck zuo nuewe frind und puntgnossen, nämlich ennet<br />

Ryns die riehen grafen Ulrich und zwen Eberhart von Wirtenberg<br />

mit irer grafschaft Muempelgart •), und die vest richstat<br />

Rottwyl 2 ), — deren venner gon Nuess 3 ) zum keiser und gon<br />

Murten zun Eidgnossen, min grossvatter gewesen, Boley der Ryd b ), w<br />

wirt Anshelm genant — und diset Ryns alle staet und land [42 a],<br />

(98) von Strassburg biss | gon Basel, der nider pund gnemt 4 ), der<br />

herzog von Lutringen 5 ), und zuvor herzog Sigmund mit sinen<br />

anstossenden landen 8 ) 0 ); item und fuernemlich der Franzesisch<br />

kueng 7 ) d ).<br />

is<br />

Und also angends uf verabscheideten bericht und pund zuo<br />

Costens, wie da angesehen, do verkunt herzog Sigmund dem<br />

") A. 1. hat hier noch: Wie nun gluck, als man wol spricht, gsellen<br />

und fründ bringt, also ....<br />

b ) A. 1. nennt ausser Neuss und Murten auch «Nanse», hat aber den<br />

Namen seines Grossvaters nicht angegeben.<br />

°) A. 1. nennt Herzog Sigmund hier nicht, hat dagegen den Satz: Des<br />

pfalzgrafen und markgrafen von Baden beger (um Aufnahme in den « Nidern<br />

Bund ») wurdend angestelt.<br />

d ) A. 1. fügt bei: zum furnemsten er, und al verursacht US hochniietikeit,<br />

macht und kriegischer Übung herzog Carlis von Burgun.<br />

i) Abgeschlossen zu Zürich den 8. November 1469, abgedruckt Eidg.<br />

Absch. IL p. 906, und (mit Datum 1474?) Zellweger a. a. 0. S. 126.<br />

2 ) Der Bund mit Rotwyl wurde am 18. Juni 1463 auf 15 Jahre geschlossen<br />

und 1477 erneuert. Den Vertrag siehe Eidg. Absch. IL 890.<br />

') Ueber die Belagerung von Neuss bei Cöln (Juli 1474 — Juni 1475),<br />

zu dessen Entsetzung das Reichsheer auszog, vergl. J. Müller, Schw. Gesch.<br />

IV. 689. De Barante, hist. des ducs de Bourg. (Paris 1825.) XX. 12—17.<br />

4 ) Strassburg, Bischof und Stadt, Basel, Bischof und Stadt, Colmar,<br />

Schlettstatt und der Markgraf von Baden schlössen am 31. März 1474 zu<br />

Constanz die «Niedere Vereinigung» mit den 8 Orten und Solothurn. Den<br />

Vertrag siehe Eidg. Absch. II, 911.<br />

5 ) Aufgenommen in die Niedere Vereinigung den 16. April 1475.<br />

(Eidg. Absch. IL 537.)<br />

6) Es ist unklar, warum Herzog Sigmund hier noch einmal genannt wird.<br />

7 ) Darüber vergl. nachher.


64 1474.<br />

Burgunschen herzogen losung siner versezten landen, und legt<br />

das losung-gelt, 80,000 Rynsch gülden, vom nuewen pund entlehnet,<br />

und vom Franzesischen kueng zuo bezalen verheissen, gon<br />

Basel, und huob an die land wider in sine pflicht ze nemen. Und<br />

»wie wol der Burgunsch herzog sich hoch erklagt, dass wider<br />

gebne verschribung gehandlet wurde, nuet dester minder fuor der<br />

Oesterrichisch herzog mit dem nuewen punt, uss sunderlichem<br />

triben des Roemschen keisers und Franzesischen kuengs, fuer, wie<br />

das Schilling beschribt'), der ein fuernem ufsehen zur Franiozesischen<br />

a ) pratick und zum Burgunschen krieg hat gehaept. b )<br />

[43 a] Vertrag zwischen Meyland und Ure, zu Bern gemacht.<br />

Item botschaft gon Meyland, frid ze halten. c )<br />

Diss jars Meyen 2 ) hat ein löbliche stat Bern einen vertrag<br />

gemacht von wegen irrung der Meylaendischen capitlen, zwischen<br />

isiren Eidgnossen von Ure und herzog Galeatzen von Meyland,<br />

ouch im dem herzogen ire botschaft zugeschickt, frid zehalten<br />

und dem Burguaschen herzogen nit bizeston; das er zetuon (99)<br />

zusagt, aber sine Lamparter 3 ) nit hielten. Das schuf die<br />

Saffoysche herzogin 4 ) und der kueng Alfons von Napols 5 ), der<br />

a ) «und Oesterrichischen» ist von fremder (Paul's ?) Hand in A. 2.<br />

hinzugefügt.<br />

b ) In A. 2. ist später hinzugefügt und dann wieder (aber schwerlich<br />

von Anshelm selbst) gestrichen : «aber sust der zit und handhing nut sunders<br />

geachtet.» In A. 1. fehlen die letzten Sätze ganz.<br />

=) Das Stück fehlt in A. 1.<br />

') Gedruckte Ausgabe von 1743, S. 116 u. ff.<br />

2 ) Abschied zwischen dem Herzog von Mailand und den Eidgenossen,<br />

zu Bern geschlossen am 6. Juni 1474. (Missiv-Buch C. p. 262.) In der Sammlung<br />

der Eidg. Abschiede fehlt das Aktenstück.<br />

3 ) Die Lombarden waren sehr zahlreich als Söldner im Heere Karls.<br />

4) Jolantha, die geistreiche und thatkräftige Gattin des Herzogs Amadeus,<br />

Ludwigs XI. Schwester, Regentin für ihren Sohn Philibert.<br />

5) Prinz Friedrich von Tarent soll nach J. Müller (V. 1. S. 3.) mit<br />

15000 (?) Mann zum Heere Karls gestossen sein. Sein Vater, der König von<br />

Neapel, hiess aber nicht Alphons, sondern Ferdinand L, 1458—94. Friedrich<br />

folgte ihm 1497, wurde aber von Ludwig XII. 1501 seines Throns beraubt.<br />

Vergl. über den Prinzen: Commines V. III. und Ochsenbein, Urkundenbuch<br />

der Schlacht bei Murten. S. 416.


1474. 65<br />

sinen sun, herzog Fridrichen, mit 400 pferden dem Burgunschen<br />

herzogen züsandt, welcher, zuo Murten entrunnen, nachmals kueng<br />

zuo Napols, von Franzosen und den Eidgnossen ufgenommen, und<br />

dem kueng Ludwig XII. von Frankrich zugebracht ward.<br />

Einer stat Bern botschaft gon Rom um ablas; item und 5<br />

um gwalt das kloster Hinterlappen') ze reformieren.<br />

Diss jars Jenner 2 ) hat ein stat Bern iren wol[44a]gelerten<br />

statschriber, meister Thuering Frickern 8 ), gon Rom zuo baebstlicher<br />

heilikeit geschickt, deren andächtige ghorsame zu erpieten, und<br />

(100) von ira | vollen ablas, item und sunderlich gwalt und friung zuio<br />

erwerben, die ungeistlichen korhern zuo Hinderlappen ze begwaltigen<br />

und ze reformieren 4 ). Da ward der bot wol, doch nit<br />

on gelt, enpfangen, doctor der geistlosen rechten geheissen, und<br />

mit ablas und gwalt heimgevertiget. Do wurden die Hinterlapper<br />

korhern, die sich geistlich lebens heftig sperten, mit irem probst, u<br />

Heinrich Bluomen, dahin gebracht, dass ir etlich gfangen, uss<br />

Wyssnow 5 ) mit den ledigen gon Bern gefueert, muostend schweren<br />

und verschriben, ein lobliche stat Bern für iren kastenvogt, und<br />

ouch einen vogt von ira ze haben 6 ); item und die reformation<br />

!) Das Kloster Interlappen oder Interlachen, gestiftet 1131 (?) durch<br />

Seliger von Oberhofen, hatte Chorherren des regulirten Augustiner-Ordens.<br />

Die Stadt Bern war seit 1224 Kastvogt desselben. (Stettier, Regesten der<br />

Bern. Klöster, S. 44. — Fontes r. B. II. S. 43).<br />

2) Aber nicht 1474, sondern schon 1473 (Miss.-Buch C. 33).<br />

3) Thüring Fricker aus Brugg, geboren 1429, gestorben 1519, Stadtschreiber<br />

von 1465—94. Siehe über ihn: Quellen zur Schweizergeschichte<br />

Bd. I. Th. Fr. Twingherrenstreit, hgg. von G. Studer, im Vorwort p. V-IX.<br />

4) Bern verlangte päpstliche Vollmacht zur Abstellung der im Kloster<br />

eingerissenen Missbräuche und zur Wiedereinführung der bei Seite gesetzten<br />

Ordensregeln.<br />

5 ) Weissenau, ein jetzt zerstörtes Schloss bei Interlaken, am Einfluss<br />

der Aare in den Thunersee.<br />

6) Propst H. Blum von I. war auf Anordnung des Propstes Stör von<br />

Amsoldingen, des bischöflichen Verwesers, kurze Zeit verhaftet, 1473, und<br />

wurde entsetzt. Die Erklärung vom Juli 1474, in welcher das Kloster sich<br />

seiner Souveränetät zu Gunsten der Stadt begab und in die Annahme eines<br />

Vogtes einwilligte, siehe R. Man. 16, S. 236.


66 1474- 1476.<br />

anzenemen und ze halten, nach anwisung der geistlichen korhern<br />

S. Augustins orden, inen von S. Lienhart von Basel zuoverordnet').<br />

Bestund nit lang, ward loser dan vor ie gwesen, ouch hiemit vil<br />

mueeg und kostens verloren.<br />

5[45a] Vom wesen kueng Ludwigs XI. von Frankrich, und<br />

dem pund, so er mit gmeiner Eidgnoschaft ufgericht<br />

hat 2 ).<br />

Wie dann in kurz vergangnen jaren der eigensinnig, listig,<br />

frefel Delfin, Ludwig von Frankrich, nachdem er zuo dienst dein<br />

loRoemschen babst und keiser das Baseisch concilium hat zertrent 3 ),<br />

und d'Eidgnossen da geschlagen 4 ) und dem nach bald von sinem<br />

muten, gueetigen und wisen vatter, kueng Carlin VIL, — der sich und (101)<br />

die krön von Frankrich uss der Engeischen hand wunderbarlich<br />

hat errettet und widerbracht 5 ), ouch mit gmeinen Eidgnossen<br />

i5 vast frintlich vereint und verpunden was, — als ein unghorsamer<br />

und ufrueerischer sun, vor einst ist versient, ietz zum Burgunschen<br />

herzogen Philippen geflohen, bi dem sich 10 jar 6 ), unss nach<br />

sines lobwirdigen vatters tod, hat enthalten, 6 an Türken ze ziehen,<br />

dann sines herlichen vatters angesicht ze sehen vermeinende; und<br />

20 als er nun sine kröne solt enpfahen 7 ), beleitet in sin schirmer,<br />

[46a] herzog Philipp, heim gon Paris, mit ernstlicher bit und<br />

ermanung, dass er keinen nid noch räch an sines richs fuersten<br />

und amptluet soelte legen, ouch sunderlich sinen wolgeachten bruoder<br />

Carlin erlich und lieb halten, und in alweg sines richs einung<br />

i) Zwei Brüder der Stift St. Leonhard in Basel, gleichen Ordens, erhielten<br />

den Auftrag die Klosterreform durchzuführen.<br />

! ) Ueber den ganzen Abschnitt ist zu vergleichen: Zellweger's « Versuch,<br />

die wahren Gründe des burgund. Krieges darzustellen». Archiv für Schweiz.<br />

Geschichte, Bd. V., sowie Eidg. Absch. Bd. IL 482 ff.<br />

3 ) Der Anzug des Dauphins Ludwig mit den Armagnaken gegen Basel,<br />

1444, hatte die Auflösung des dort noch versammelten Kirchen-Concils zur<br />

Folge.<br />

4) Bei St. Jakob an der Birs, 26. Aug. 1444.<br />

5 ) Mit Hülfe der Jungfrau von Orleans, und endlich im Jahre 1444.<br />

6 ) Der Aufenthalt Ludwigs am Burgundischen Hofe dauerte v. 1456—61.<br />

7 ) Karl VII. starb am 22. Juli 1461.


1474-1476. 67<br />

suchen und fuerdren. Des truwen rats, ouch schuldigen danks<br />

ungeacht, huob disev kueng Ludwig XL von stund an, nach eignem<br />

sin, einem unadelichen tyrannen glich (an), ze herschen, unachtpar,<br />

lichtvertig, ouch froemd luet lieben, ufwerfen und rieh machen;<br />

aber die fuersten, ouch sinen bruoder, die edlen und die gelerten.s<br />

mit nuewen aendrungen, ufsaetzen und verbotten also vast traengen<br />

und verachten, dass sines richs die fuernemsten fuersten und sin<br />

bruoder in mit fr macht zuo Paris belaegreteni), anzeigend und<br />

hoch erklagende, wie der kueng das land und die fuersten ungwonlicher<br />

mauss beschwaere und trucke, allen adel verachte, alle w<br />

ding on parlament, on rat, on gsatz, on recht, allein nach sinem<br />

(102) willen handlete, | sinen stat uf kriegsluet [47 a] und unedel<br />

Schmeichler sezte, die den gebornen fuersten und edlen glich<br />

machte; also dass den fuersten kein friheit noch achtung me über<br />

sie, alles vol verraetteri und betrug, und niemand sin leben sicher w<br />

sin; um lichten argwon oder verleidung vil getoet oder vertriben<br />

werdid; dass fich und gwild me friheit haben, wan die menschen;<br />

den kuengklichen a ) und die jaerlichen pensionen den fuersten abgebrochen,<br />

unnuezen und unverdienten lueten ussgeschuet werden<br />

woelle, und werde dahin kommen, dass allein uf einem, on mauss 20<br />

und Ordnung, alle ding standid. Und hierum zuo schirm ir friheit<br />

und eren, so waerids b ) versampt, dass den sacken geraten wurde;<br />

also dass alle staend, hoch und nider, bi altem harkommen und<br />

in guter Ordnung wesen und beliben moechtid. Si bekennid den<br />

kueng iren hern; aber dabi so stand inen zuo, in zuo ermanen25<br />

und ze wisen, dass er nach loblichem harkommen sines richs,<br />

mit rat, recht, mauss und Ordnung regiere.<br />

Und als nun der kueng mit siner fuersten krieg und klag<br />

überladen was, schickt er sinen canzler zuo inen hinuss, iedem,<br />

[48 a] wass er zu friden begerte, zuo verschriben; als aber der canzler 30<br />

sagt: ir vermoegends nit zuo halten, antwurt er: magstu s' von en-<br />

") Hier scheint ein Wort ausgefallen zu sein.<br />

b ) Corrigirt aus «sigids».<br />

») Der Aufstand der Liga, welche Ludwig dem XL seinen Jüngern<br />

Bruder Karl, Herzog von Berry, entgegenstellte, fand im Jahre 1465 statt.


68 1474-1476.<br />

andren uss dem veld schriben, so hastu genüg getan, und demnach<br />

wird minem halten ouch rat gefunden. Wie dann fuer und<br />

für beschach, mit vil hoher köpfen bluot, und mit grossem schaden<br />

an land und lueten, insunders zwischen dem kueng und dem Burä<br />

gunschen Carlin ergangen; ouch mit so grimmem hass, dass wass<br />

mit isen nit mocht gerochen werden, mit gift j understanden wurde. (103)<br />

Der gstalt des kuengs frommen bruoder, dem ouch sin vatter, wo<br />

fuogklich gwesen, die krön geben hätte, todi), item und der kueng<br />

und der Burgunsch herzog") beid gegenenandren verluemdet waren.<br />

io Und wie wol zwischen inen oft vertraeg und anstand gemacht<br />

wurden, so vertruwt doch keiner dem andren nuet; sunder ouch<br />

wo und wie si enandren mochtend vientschaft anrichten, das<br />

beschach on kostens beduren b ). Also ze diser [49 a] zit richtet<br />

der Burgunner die Engeischen ubern kueng 2 ); so richtet der kueng<br />

ishargegen ubern Burgunner die Tuetschen, und insunders d' Eidgnossen,<br />

durch die dem kueng geholfen und der Burgunner getaempt<br />

ward.<br />

„. Deshalb der vilgemelt kueng Ludwig hat zuvor im 70. jar,<br />

".'• uf den 13. tag Ougst zuo Bern, in gmeiner Eidgnossen namen,<br />

2osines vatters seligen vereinung uf sich volstreckt, mit sundrem<br />

usstruck, dass kein teil wider den andren soelte dem Burgunschen<br />

herzogen zuoston 3 ). Dann vor d'Eidgnossen bim kueng und bim<br />

a ) In A. 1 ist die Charakteristik Karl's (siehe nachher) mit derjenigen<br />

Ludwig's in ein Capitel zusammengezogen [S. 105 und 106].<br />

b ) A. 1 hat hier: so vertruwt er (Ludwig) doch dem Burgunner mit,<br />

hierum [1 a] er kostens on alles beduren sucht mit heimlicher hilf und rat,<br />

wis und weg, in allenthalben gschaft und vigend zu machen und zu enthalten,<br />

als: an dem keiser, herzogen von Lutringen und Oesterrich, an den<br />

Eidgnossen; und doch den punt mit inen nit e beschloss, dan er befridet<br />

und si mit dem Burgunner in ofhem krieg waren — vom keiser angfangen,<br />

aber dem herzog von Lutringen, den Eidgnossen und iren pundgnossen zu<br />

volfüren gelassen. Mitten in diesem Gedanken bricht A. 1 am Ende des<br />

Blattes 106 ab und hat seine Fortsetzung am Schlüsse von Band II der<br />

Handschrift auf Seite 1 a — 32 *.<br />

') Karl, Herzog v. Berry, Ludwig's XL Bruder, starb 1472 den 18. Mai.<br />

2) Im Juli 1475 schloss Herzog Karl einen gegen Frankreich gerichteten<br />

Bund mit den Engländern.<br />

3) Eidg. Absch. IL 413 u. 908.


1474 - 1476. 69<br />

herzogen redlich gedient hatten und dienten, biss si in ofne<br />

vientschaft mit dem herzogen kamend.<br />

Und ieztan, in fuergenommenem 74. jar, do bracht der kueng<br />

zu wegen, dass der Oesterrichisch bericht gefuerdret, und uf in<br />

zuo bevestnen gestelt ward, welchen er zuo end Ougstens, ufgericht 5<br />

und versiglet, mit siner treffenlichen botschaft durch Lutringen<br />

H04)haruss gon Bern | schickt 1 ) [50 a] und demnach uf den 3. tag «1.<br />

Octobrer gon Veldkilch, zum fuersten von Oesterrich zuo gmeiner ""<br />

Eidgnossen und der nidren statten botten 2 ), mit ernstlicher und<br />

illender Werbung, einen hilftragenden pund mit ime ze machen,io<br />

und angends wider den Burgunschen herzogen den krieg anzevahen,<br />

harzuo er sine macht geruest hätte, ouch sin lib und guot<br />

inen trostlich zuosaezen woelte, dem fuersten, sinem oehenn, das<br />

losgelt'), ouch im und sinen sundren fruenden, den Eidgnossen,<br />

ßrliche pensionen geben 4 ). Da ward im, uf sin vertröste zuosagis<br />

und erpietung, begerter pund zuogesagt, zuo Lucern vergriffen,<br />

und von Bern schnei zuogesaent 5 ), und ouch mitan der krieg<br />

angehaben"). Uf dise handhaben, wider alle hofnung, trost und<br />

manung der Eidgenossen, machet er drimoenigen bestand mit dem<br />

a ) Der ganze Abschnitt lautet in A. 1, S. 1*:<br />

Wie der Franzesisch punt, ilends von der stat Bern versiglet,<br />

sich noch fünf jar zu bestaten verzoch.<br />

Also ward diser Franzesischer pund mit semlicher il gepratticiert, dass<br />

ein stat Bern, als von inen gwalt habend, für alle ort der Eidgnossen allein<br />

den versiglet, begerte hilf der 6000 knechten vertröst, illends durch iren<br />

schultheissen, her Niclausen von Diessbach, dem küng zuschickt; daruss sich<br />

etwas Unwillens bi den undertanen erhüb, darzü etliche ort sich oucli<br />

sperten.<br />

Dann folgt sofort die Erzählung der Vermittlungsversuche.<br />

i) Die Verhandlungen fanden meistens zu Luzern statt, 6. u. 17. Sept.<br />

(Eidg. Absch. II. S. 496 ff.) Die Leitung lag dagegen ganz in der Hand<br />

der Berner.<br />

«) 2.—12. October. Eidg. Absch. II. 505 ff.<br />

3 ) Das Geld zur Wiederlösung der verpfändeten Gebiete wurde dem<br />

Herzog Sigmund von König Ludwig vorgeschossen.<br />

4 ) Das Verzeichniss dieser ersten Pensionen siehe Eidg. Absch. 11. 521<br />

und 533.<br />

5 ) 26. Oktober 1474 zu Luzern. (Eidg. Absch. IL 516.)


70 1474-1476.<br />

Burgunner, so ietz von Eidgnossen viendlich angriffen 1 ), und<br />

schickt erst in kuenftigs 75. jars Merzen sinen pund versiglet<br />

durch Bern gon Lucern, da derselb aber mit vil verheissens<br />

ward verknüpft 2 ). — Indes do hat der Burgunsch herzog sinen<br />

5schwager, [51a] kueng Edoard von Engenland, in Frankrich<br />

ze ziehen bewegt, zuo dem sich er, der Franzesisch kueng, personlich<br />

verlfueegt, und machet einen 7jaerigen bericht mit 75,000(105)<br />

krönen schenke, und fünfzig tusent jaerlicher pension. Schankt<br />

darzuo gross gaben den Engeischen hern, und besunder dem<br />

io herzog von Klarentz, der nachmals von sinem bruoder, egenanten<br />

kueng, in Malvasier ertränkt und enthoptet ward 3 ). Und glich<br />

uf disen bericht machten der Engelsch kueng und der Brittenisch<br />

herzog einen nuenjaerigen bestand zwischen im und dem Burguner<br />

4 ). Nuet desterminder wist er 5 ) nach siner listikeit, d'Eidlö<br />

gnossen staets an, vom krieg nit abzeston , ouch keinen friden<br />

noch bestand ze losen ; sunder uf sin macht trostlich ze beharren.<br />

Und also, wie wol er zuo allen noetten der Eidgnossen zum<br />

höchsten um zustand gemanet ward, dennocht, durch kunst und<br />

glueck siner verpensionierten jägermeistren 6 ), enthielt er sich den<br />

»0 ganzen krieg uss, dass er um halb gelt, zuoluogend wie der fuchs<br />

uf den roub, stil sass, und liess si uf ire weg und glueck angehoezt<br />

jagen. Hiess [52 a] dennocht der heilig aette, kueng Ludwig<br />

von Frankrich 7 ).<br />

i) Am 25. October 1474 erliessen die Stände den Absagebrief an Karl.<br />

Am 15. Juni hatte Ludwig seinen Waffenstillstand mit demselben bis zum<br />

Mai 1475 verlängert. (Eidg. Absch. II. 498.)<br />

2) Luzern. 20. März 1475. (Eidg. Absch. IL 521-533.)<br />

3 ) Der Herzog von Clarence, Eduard's IV. von England Bruder, wurde<br />

aus Argwohn von seinem Bruder 1478 zum Tode verurtheilt. Nach eigener<br />

Wahl soll er in einem Fasse Malvasier ertränkt worden sein. Die Todesart<br />

ist zweifelhaft. (Vergl. Pauli, Engl. Geschichte V. 436.)<br />

4) Bezieht sich wahrscheinlich auf den vom Herzog Franz von Bretagne<br />

vermittelten Waffenstillstand vom 4. April 1473 zwischen Ludwig XI.<br />

und Herzog Karl. (Vergl. Eidg. Absch. II. 443.)<br />

5 ) Nämlich Ludwig XL Anschliessend an Z. 4.<br />

6 ) Trifft ohne Zweifel die französisch gesinnten Führer in der Eidgenossenschaft.<br />

r ) Unter Ludwig XI. ist der Titel «allerchristlichster König» für den<br />

Monarchen Frankreichs Uebung geworden.


1474-1476. 71<br />

Nun so haftend sine anwaelt und fuerminder den friden, pund<br />

(106) und krieg so mit grossem gelt erworben, | dass si darum von im<br />

ungnad entsassen. Do sagt er zu inen: si haettids wol geschaft,<br />

wenn nun d'Eidgnossen sin gelt genommen und nemen woeltid;<br />

dann so das beschaehe, so werde einer krön von Frankrich von 5<br />

inen niemerme kein baerlicher schaden zuogefueegt werden"). Es<br />

war vil waeger gelt, dann land und luet verloren.<br />

[53a] Von wesen herzog Karlis von Burgun, wie er ouch<br />

gern gmeiner Eidguossen fruend war gsyn; aber um<br />

hochmftts willen von inen und iren puntgnossen w<br />

muesst gedoemueetiget werden.<br />

Zuoglich wie der kueng von Frankrich gegen sinen tugentrichen<br />

vatter ein tyrann geachtet, also ward geachtet der herzog<br />

Karlin von Burgun gegen sinem tugentrichen vatter Philippen'),<br />

welcher zuo sinen ziten über al köstliche fuersten so hoch geachtet«<br />

was, dass in ouch die Asianischen kueng und fuersten, gloebig und<br />

ungloebig, durch ire treffenliche hotten, under denen der patriarch<br />

von Anthiochia selbs person, widern grossen Machmet um rat<br />

und hilf heimsuochten 2 ). Er hat von sines vatters, herzog Johansen,<br />

todschlags 3 ) wegen, dahar der hopt-nid zwischen Frankrich und 20<br />

Burgun entsprungen, die krön Frankrich mit irem kueng und der<br />

stat Parys in des Engenlaendischen kuengs hand übergeben, darnach<br />

versueent, geholfen widernaemen ; hat d'Eidgnossen, und<br />

insunders ein stat Bern geliept, da er personlich unlang vor<br />

») Hier fügt A. I [104] bei: Sind da gegenwärtig gsin her Wilhelm<br />

von Diessbach und her Heinrich Matter, von welchen beden ich dise red<br />

gehört hab.<br />

•) Philipp der Gute, Herzog von Burgund von 1419—1467.<br />

2) Vergl. Dunod, hist. du comte de Bourg., tome III. p. 346.<br />

3 ) Philipp's Vater, Herzog Johann, war am 10. Sept. 1419 zu Montereau<br />

in Gegenwart des französischen Dauphins ermordet worden. Diess bewog<br />

schon Philipp, wie nach ihm Karl, zu dem Bündniss mit England.


72 1474—1476.<br />

sinem tbd sine nachpur | liehe verstaentnus hat bevestneti), ouch(107)<br />

eigenlich sinem sun bevolhen, die selben truewlich ze behalten;<br />

mit vil andren vätterlichen wisheit-leren. Aber der sun, zuoglich<br />

sinem mit erzognen kueng Ludwig, dem er doch sin leben lang<br />

5ungünstig was gsin, huob an, ouch bi sines alten vatters leben,<br />

tyranni und hochmuot ze triben, wie das die stat Luetich fuer eins<br />

bezueget, die er, zuo räch ires bischofs, mit luet und guot on underscheid<br />

und verschonen, me dann Tuerkisch, zu boden zerschlissen 2 ),<br />

ouch vil ander staet und plaetz wueest gelegt hat. Wolt niemand<br />

io achten, noch voerchten, also dass er, zusamt andren fuersten<br />

der krön Frankrich, und ouch fuer sich selbs, sinen hern kueng<br />

dahin bracht, dass er sich muosst mit inen ires gefallens vertragen,<br />

und gegen im demueetigen 3 ); zuo dem dass er im an der<br />

schlacht vor Monleherik 4 ) kum entrunnen was a ); hat sinen<br />

15 swager, kueng Edoard von Engenland, von dem grafen von<br />

Varvick mit hilf [55 a] der Franzesischen vertribnen, wider ingesezt<br />

5 ). Er was in alweg wie sin swarzer loew und fuerschlag 6 )<br />

bedütten, gneigt fyr anzeschlahen, räch, sig, macht und er ze<br />

suchen. Benueegt sich nit sines kuengklichen harkommens, und<br />

wdass er under den 12 glichen fuersten 7 ) der krön von Frankrich<br />

der obrist was b ), sunder zalt sich mit dem guljdinen widers-(108)<br />

*) A. 1 fügt hier [106] bei: Dabi gwesen der von Bübenberg und mit<br />

im Wilhelm Alwan, der mir diss erzält hat.<br />

b ) A. 1 hat [105]: under den zwelf Glichen, einer krön von Frankrich<br />

zu hanthab vom grossen Carle verordneten, der obrist.<br />

') Am 22. Mai 1467 wurde zwischen Herzog Philipp dem Guten und<br />

den Ständen Zürich, Bern, Solothurn und Freiburg ein «Verständniss» abgeschlossen.<br />

(Eidg. Absch. IL 366 u. 899 und Zellweger a. a. 0. S. 77.)<br />

2) Am 30. October 1468.<br />

3 ) Im Frieden von St. Maur vom 29. October 1465.<br />

4 ) Montlhe'ri, in der Nähe von Paris, den 16. Juli 1465.<br />

s ) Eduard IV. (von York), 1470 von dem «Königsmacher» Warwick<br />

vertrieben, nahm 1471 mit Hülfe Karls sein Reich wieder ein (14. April<br />

Schlacht bei Barnet).<br />

6 ) Herzog Karl führte als Wappen einen von Flammen umgebenen<br />

Feuerstahl (Feuerschlag).<br />

7 ) Die « Pairs» der französischen Krone.


1474-1476. 73<br />

fael •) in des Kriechischen Jasons halbgoettische bruoderschaft; vermeinende<br />

selbs ein edler frier kueng ze werden, und das edel<br />

kuengrich von Burgun wider ufzerichten; hat ouch hierum den Roemschen<br />

keiser zuo Trier mit uberschwenklichem pracht angesucht 2 ).<br />

Als aber der keiser im anmutet, ime und dem Roemschen rich 3<br />

ghorsam ze tuon, das hus Oesterrich fri ze lassen, und angends<br />

widern Türken ze ziehen, wolts im nit vor dem Franzesischen kueng<br />

gelegen sin, und nam andre unruow zur hand, und schlug ein fyr<br />

wider dem stift und bischof von Koeln, desse kastenvogt er vermeint<br />

ze sin, so aber dem Roemschen rieh zuogehort, und zoch mitio<br />

gwalt [56 a] fuer die stat Nuess 3 ). Do bewoegt der kurfuerst von<br />

Koeln den Roemschen keiser und das rieh wider in zuo vaeld, dass<br />

da gescheiden ward. Indes aber hat im der Roemsch keiser und<br />

der Franzesisch kueng einen andren herten fyrstein zuogericht,<br />

dass ein ewiger bericht zwischen dem hus Oesterrich und einer«<br />

Eidgnoschaft, item der nider und ouch der Franzesisch pund<br />

gemacht was worden, und der Oesterrichisch herzog Sigmund<br />

sine verpfänte land zum pfandschilling wider zuo sinen handen<br />

nam, und d'Eidgnossen uf des Roemschen keisers und irer nuewen<br />

pundgnossen manung in an sinen landen angriffend. 20<br />

So hat aber er sinen puntgnossen, den vast jungen herzogen<br />

(109) Reinharten von Lutringen 4 ) angriffen, von | wegen schulden, und<br />

dass er zuo ghorsame des Roemschen keisers wider in gezogen<br />

was. Vertreib ouch den von allem sinem land, dass er allein<br />

mit 12 pferden zuo sinen truewen Eidgnossen kum entran. 25<br />

Und wie sich nun dise sacken in obren [57 a] Tuetschen<br />

landen unversehenlich und gaechlingen erhept hatten, do was im<br />

vast leid einer Eidgnoschaft und besunder Bern vientschaft; war<br />

vast gern mit ir in friden und fruentschaft, wie von altem har,<br />

gestanden und beliben, dann er von irem kriegs volk me, wenn der 30<br />

•) Anspielung auf den von Karl's Vater gestifteten Orden vom goldenen<br />

Vliess.<br />

2 ) Die Zusammenkunft der beiden Fürsten zu Trier fand statt 1473,<br />

Ende Novembers.<br />

3) Neuss. Siehe oben.<br />

4 ) Renatus, geb. 1451, trat sein Herzogthum am 4. August 1473 an,<br />

wurde aber schon 1475 von Karl vertrieben.


74 1474-1476.<br />

kueng, bi welchem me vernaempter zuo hof waren, zuoloufs hat gehept.<br />

Desshalb im ersten gemuormel diser haendlen sant er sine<br />

treffenliche botschaft zuo gmeinen Eidgnossen gon Zürich *); da hievolgender<br />

artikel verabscheidet ward.<br />

5 Item so hat der herzog von Burgun sin treffenliche botschaft<br />

mit einem hohen glowirdigen credenz bi unsern Eidgnossen zuo<br />

Zürich gehept, die da geret hat: sin her verneme, dass in der<br />

Eidgnoschaft ein red ussgang, dass er wider uns Eidgnossen sin,<br />

und darum sine krieg woelle anstellen oder gestelt hab. Dess sie<br />

io er unschuldig; dann er welle die alten guten fruentschaft, die sine<br />

vordren und ein Eidgnoschaft mittenandren hargebracht, und nie<br />

wider enandren kriegt hond, in guter frintschaft halten, als im<br />

das von sinem hern und vatter seligen in bevelchnus geben sie.<br />

Und | dass wir Eidgnossen dess sicher slen, wellen wir dann die(no)<br />

iöverstaentnus, so zwischen im und etlichen uns Eidgnossen, die<br />

schlecht sie, [58a] besseren, und in die ewikeit machen, dass<br />

wir beder sit enandren wider mengklich hilflich sigid; so solle<br />

das an im nit erwinden.<br />

Und ob siner gnaden lantvogt und amptlüt uns Eidgnossen<br />

20 keinerlei 2) taetid, daran wir missvallen haettid, oder das uns nit<br />

eben waer, dass wir sinen gnaden das kund tuon soelten, so woelle<br />

er das wenden, und si darum also strafen, dass wir dabi bericht<br />

werden, dass im das leid und missvaellig sie.<br />

Demnach a ) wurden zuo Basel uf bestimpten tag 3 ) mancherlei<br />

25 klagen gestillet, also dass er verhoft, in obren landen kein unruow<br />

ze haben, und sich in die nidre land hinab taet, grosse gschaeft<br />

zuo verwalten. Als aber indes zum stillesten egemelte Sachen<br />

waren volzogen, schickt er abermals sine treffenliche botschaft<br />

*) Das folgende bis Fürhaltung fehlt in A. I. Die Rede des Gesandten<br />

selbst dagegen ist mit der vorhergehenden verbunden.<br />

•) Bezieht sich vermuthlich auf die Sendung des Abts von Casanova<br />

nach Zürich und an die Tagsatzung zu Luzern, 5. Mai 1473. (Eidg. Absch.<br />

II. 446 ff. 452.)<br />

2) Keinerlei = irgend etwas.<br />

3) Davon findet sich nichts in der gedruckten Sammlung der Eidg.<br />

Absch.


1474—1476. 75<br />

gon Zürich, Bern und Lucern'), mit ernstlicher fuerhaltung: dass<br />

ein from, loblich Eidgnoschaft wol woelte bedenken, warum si<br />

ein alten erb viend um einen alten erb fruend, item einen gezwungnen<br />

nuewen fruend, um einen unwilligen [59 a] nuewen viend,<br />

ungegruendter ursach, allein um besundrer löten eignen nutzes s<br />

willen, vertuschete und übergäbe. Ira wäre wol ze wissen, dass<br />

si von keinem Burgunseken hern nie kein leid enpfangen hätte,<br />

als eines lands luet 2 ), dass ire edlen am hof, item ire burger<br />

(111) und koufluet, | im land Burgun erlich und wol gehalten, ouch ira<br />

nuet, so zuo gmeinem handel und wandel dienete, verhalten"). io<br />

Daneben iren unvergessen mag sin, was uebels si von anfang ires<br />

loblichen punds har, unss uf dise zit, vom hus Oesterrich, item<br />

unlang hievor von disem Franzesischen kueng hab enpfangen.<br />

Warum si sich froemder sachen woellid annaemen, insunders die im<br />

von sinem vetter, herzog Sigmunden, unredlich und unbillich zuo- a<br />

gefueegt werdid, und nämlich der landen halb, so der im versezt,<br />

uss Ursachen ira wol ze gedenken; welchen, so er hätte wollen<br />

volgen, als er aber nie hab wollen, noch fuergenommen ze tuen,<br />

so stueende es minimalen anders. Sin meinung und will in annemung<br />

der pfantschaft, deren er nie begert habe, sie beden»<br />

teilen zuo friden beschehen, uf [60 a] dass sin vetter, herzog Sigmund,<br />

dem Waltzhuotischen vertrag möchte nachkommen, damit<br />

er und ein Eidgnoschaft zuo ruowen käme und blibe. Das aber<br />

er nit getan, sunder das gelt anders wohin, und villicht im uss<br />

fruenden viend zemachen, verbracht habe. In dem, so habe er25<br />

sich, als so nuet uebels verschult, alwegen guots zuo einer frommen<br />

*) A. 1 verweist noch [100] speziell auf die burgundisehen Salzlieferungen<br />

und fügt bei: und inen alwäg zu guter nachbarschaft gneigt, so doch<br />

ein kimg von Frankrich, ungelegen, inen wenig guts mochte tun, und der<br />

küng Ludwig inen vor Basel einen grossen schaden zügeßegt hätte. Ouch<br />

so gienge si kein not an, sich der span, so er mit andern handlete, ze<br />

beladen.<br />

i) Betrifft wahrscheinlich die Sendung von Heinrich von Colombier<br />

und Jean Allart, den 6. März 1474. (Eidg. Absch. IL 482.)<br />

2) Hinweis auf den alten Zusammenhang der burgundisehen Lande<br />

diesseits und jenseits des Jura.


76 1474-1476.<br />

Eidgnoschaft versehen, und insunders zuo den vier stäten Zürich,<br />

Bern, Friburg und Solaturn, die mit im durch margraf Rudolfen<br />

von Nuewenburg ein verschribne nachpurliche verstaentnus habid ');<br />

das sich nun anders durch list und betrug des Franzesischen<br />

skuengs und des Oesterrichischen herzogen woelle befinden. Und<br />

so dann ein from Eidgnoschaft ie weit har den namen habe gehaept,<br />

dass si glowen und recht liebe und schirme, und hierum<br />

bi aller weit hohen ruom er | langt, warum si nun [61 a] irem erb-(112)<br />

viend, dem Oesterrichischen herzog, wider in, iren erbfruend, zuoloston<br />

koennid, so der wider sin fürstlich wort und er, und wider<br />

sin brief und sigel, gegen im handle und ouch der gstalt einer<br />

Eidgnoschaft fuergebe: nämlich für eins, wie er gelegten pfandschilling<br />

nit woelle nemen; das aber nit sie, wie wol er den selben<br />

nit an das ort, das die verschribung wist, sunder da (hin, wo)<br />

15 der selbig wider zuo sinen handen komme, gelegt habe. Darzuo so<br />

sien die verpfante land nit so nuzbar, dass er einichen verzig<br />

um die selbige ton woelte haben. Wenn der Oesterrichisch herzog,<br />

wo im wolgelegen, nun durch botschaft in um die losung ankert<br />

und abgerechnet hätte, des glichen wo billichkeit und ruow,<br />

soso vast als betrug und krieg, gesucht war und wurde, so wärid<br />

al ansprachen, ouch Hagenbachs halb, den er im zum lantvogt<br />

angeben hab, wol mit gueete vertragen worden. Nun, so es ie nit<br />

anders moege sin, mueesse er got lassen [62a] walten und des<br />

glucks erwarten.<br />

25 Und wie wol nun dis treffenliche und uss heftiger Instruction<br />

gekürzte, ouch vil andre fürhaltungen und ermanungen, zuosampt<br />

des fyrschlags guldnen flammen 2 ), vast stark und schinbar waren,<br />

noch so | ward's alles vom gilgechten sunnenglanz 3 ) und vom vil-(113)<br />

farbigen pfawenschwanz 4 ) so gar geschwecht und vertunklet, dass<br />

i) Vergl. oben S. 72, Anm. 1. Markgraf Rudolf von Neuenburg hatte<br />

damals vermittelt.<br />

•) Anspielung auf das Wappen des Herzogs, dessen sprühende Flammen<br />

als goldene, die Augen blendende Schenkungen gedacht sind.<br />

3) Der Glanz der französischen Sonnenkronen mit der Wappenlilie.<br />

4) Der Pfauenschweif war bekanntlich Helmkleinod und daher Abzeichen<br />

Oesterreicbs.


1474—1476. 77<br />

Schilling vom loewen 1 ), ouch nach sinem tod, nuet denn Übermut<br />

und Verachtung weist ze schriben, und es sich doch befindt,<br />

dass er in semlichem val keinem fuersten noch hern, noch keiner<br />

natura, nie so tugentlich begegnet sie, als einer Eidgnoschaft;<br />

wie ein stat Bern selbs zum Franzesischen kueng schribt, sin ufs<br />

ire botschaft sittiklich erzoegnen, und ßrber mitlen, und dass es<br />

muost gewagt und gekriegt sin"). Dann wie in disen ziten diser<br />

herzog und d' Eidgnossen allein über al Tuetsch und Waelsche<br />

[63 a] nationen kriegs halb hoch geachtet und gevoerchtet waren;<br />

also ward von Tuetschen und Waelschen flissig gesucht, si, nämlich w<br />

den schwarzen loewen und schwarzen stier'), anenandren ze<br />

hetzen. Do aber der loew, als gschider, nit wolt anbissen, do ward<br />

gefunden, dass der stier, als einvaeltiger, mit 's baeren vorpiss 3 ),<br />

anbeiss, ouch der maussen, dass er den loewen um sin gross gut,<br />

hohen muot und edel bluot bracht.<br />

is<br />

(114) Ein Missiv b ) des herzogen von burgun an den herzogen<br />

von Oesterrich, von wegen der ablosung 4 ), welche vom<br />

herzogen, von Eidgnossen und iren bundsgnossen<br />

als ein absagbrief verstanden ward.<br />

Dem durchluechtigen, unserm allerliebsten vetern, herren2o<br />

Sigmund, herzogen zu Oesterrich etc. Karolus, von gotes gnaden<br />

») Die Stelle ist unverständlich, wohl in Folge eines Schreibfehlers.<br />

St. und W. lasen: (dass er) sich uf ire botschaft sittiklich erzogen und erber<br />

mittlen (anerbotten), und doch musst es . .<br />

b ) Das Schreiben fehlt sowohl in der ersten als der zweiten Fassung,<br />

wurde aber wohl aus einer besondern Copie A's. in die spätem Abschriften<br />

aufgenommen und wird hier als Beilage gegeben. Bei Chmel., Mon. habsb.<br />

I. S. 105 ist dasselbe lat. abgedruckt nach dem im k. k. Archiv in Wien<br />

liegenden Original. Bei Lichnowsky, Oesch. des Hauses Habsburg, Bd. 7,<br />

S. CCCCXXIX ist das Document nur zitirt. Woher A. seinen etwas gekürzten<br />

deutschen Text hat, ist unbekannt.<br />

!) So nennt A. den Herzog Karl seines Wappenthiers wegen.<br />

2 ) Der schwarze Stier soll natürlich die Eidgenossen bezeichnen.<br />

3 ) Der Bär (Bern) biss zuerst an und riss die Eidgenossen mit sich.<br />

4) D. h. Wiedereinlösung der verpfändeten Lande Herzog Sigmunds.


TS 1474-1476.<br />

herzog zuo Burgund etc. In den briefen, so ir uns in uewerem<br />

namen uf datum zuo Costenz, des sechsten tags diss monats,<br />

und durch Caspern ueweren erhalten!),<br />

hat uns beducht, dass ir uns verkiindent, dass ir die landgraf-<br />

5 schaff im Elsass und die grafschaft zuo Pfirt, so ir uns in pfantschaft<br />

wis übergeben habent, wider meinent zuo uewerenhanden<br />

zuo bringen, und darum das geld, darum die versazt gewesen<br />

sient, der stat zu Basel meinent zuo legen, wiewol ir meinent des<br />

nit verbunden ze sin. Darnach ir ouch (meinent), von etlicher<br />

10 redlichen Ursachen wegen uechdenselben schlössen und undertanen<br />

zuo naecheren, und so erst ir moegent die zuo uewerenhanden ze<br />

bringen, und darnach in aller buerlikeit darin zuo handien. —<br />

Solcher uewer dunklen gschaeften wir uns nit gnuog verwunderen<br />

koennen; denn die vorgenampte landgrafschaft im Elsass, die grafjsschaft<br />

zuo Pfirt, mit anderen herlichkeiten, ouch | nie von uns an (115)<br />

uech begert ist zuo versetzen, sunder von uech, der dasselb land<br />

vor macht der Swyzeren nit beschirmen möchten, uns das ufgeboten<br />

worden ist, mit soelichen gedingen, dass soelich summ guldin,<br />

die ein teil den Swyzeren, wir ouch uech ussgricht haben, ouch<br />

20 ander geld, so wir durch unser amptluet bi iren gschwornen eklen<br />

on ander bewisung bibringen wurden, in unser stat Bisanz durch<br />

uech geleit werden soelten, als ir uech des hoch und tuer verschriben<br />

habent. Darum wir dieselbe land und riterschaft und<br />

gemeine darin in gehorsame nemen lassen hand und sie in guoter<br />

25gewarsame und guotem friden gehalten hand. Darum ir nuet<br />

dester minder sit dem letsten monat februarii, als uewerbotschaft<br />

bi uns zuo Dision 2 ) gwesen sind, habent ir understanden zuo suchen,<br />

das ir gfunden hand. Wir versechen uns ouch uss soelichen<br />

üweren gschriften, das ir doch vor nit gloubt hattent; danne ir<br />

so von dem sechsten tag dis monats uech denselben ueweren landen<br />

und lueten zuo naecheren, und zuo ueweren handen ze bringen so<br />

erst ir mochtent. Wiewol uns das wider alle gerechtikeit und<br />

den bschluss der pfantbriefen begegnet ist, und wiewol ir die<br />

i) Im lat. Text, siehe oben Anmerk. a, lautet die Stelle: nobis per<br />

Casparum regem, armorum heraldum vestrum . .<br />

«) Dijon.


1474—1476. 79<br />

stat Basel bestirnt band, dass ir das geld der losung da geleit<br />

habent, so ist doch die stat Bisanz bestirnt, dasselb geld darin<br />

zuo legen. Harum so verkuendent wir uech: ob die ueweren zuo<br />

der vorgenamten stat Bisanz, die mit gleit nach notdurft<br />

versorgt werden sol, uf einen bstimten tag nach inhalt derr.<br />

(116) pfantbriefen schicken wellent; so wellent | wir unser rät oucli<br />

dahin schicken, mit den uewern zuo verkomen, und die herschaft,<br />

schloss, land und luet wider zuo ueweren handen zuo geben, wie uns<br />

das gebueret; waere aber sach, dass ir, als ir in ueweren briefen<br />

troewen gsechen werden, die vorgnamten lande zuo ueweren handen io<br />

bracht oder zuo künftigen ziten bringen wurdent, so dann uewerer<br />

gluepd, bi uewerem fuerstlichen wort und eren getan, nit glebt<br />

(wäre), wurde uech nit minder widerstand begegnen, dann uech<br />

die Swyzer vor ziten getan hand. Und als ir fuerrer mit ueweren<br />

dunklen worten in ueweren briefen meldent, dass ir meinet in«<br />

den Sachen gebuerlichen ze handien, das wir doch nit eigentlich<br />

verstan koennent: so tund wir uech eins zuo wuessen, dass, wie ir<br />

die sachen anfachen werdent, also wellent wir gedenken die<br />

fuerrer ouch zuo volzien. — Geben in unserm schloss Luetzelburg,<br />

am 22. Aprilis, anno 1474. 20<br />

[64 a] Vom wesen und handlung einer löblichen stat Bern,<br />

und der Iren in diser zit grossen Sachen, durch si<br />

fuernemlich verschaffet.<br />

Als ein stat Bern in disen vast fuernemer gschaeften jaren einen<br />

vast fuernemen wisen rat hat, besunder vom adel, burgers-ge-25<br />

schlechten und hantwerken, deren etlich bim Franzesischen kueng,<br />

(117)ietlich aber bim | Burgunschen herzogen zuo hof oder zuo reis waren<br />

gesin, und deshalb für ander Eidgnossen bi beden fuersten, und<br />

dise fuersten bi inen, kuntschaft und gunst hatten; do nun der<br />

Roemsch keiser zuo Basel zwischen dem hus Oesterrich und gmeiner M<br />

Eidgnoschaft einen friden, aber heimlich widern Burgunschen<br />

herzogen einen krieg, hat angetragen!), do gefiel ira diser antrag<br />

i) Friedrich III. war in Basel vom 3. bis 9. September 1473. Ueber<br />

die Unterhandlungen vgl. Eidg. Absch. IL 455 ff.


80 1474-1476.<br />

so wol, [65 a] dass si, zuo fuerderung desse, der orten boten, so zuo<br />

Basel waren gsin, har beschreib '), sich mit inen witer zuo beraten,<br />

und nämlich von Zürich her Heinrich Roesten, burgermeistern;<br />

von Lucern Heinrich Hasfurtern, schultheissen; von Ure bed<br />

s amman, in der Gassen und Wollaeb; von Swytz amman Dietrich<br />

in der Halden; von Underwalden amman Hentzlin und sinen<br />

bruoder, seckelmeistern; und von Solaturn her Hansen vom Stall,<br />

statschribern. Dise bi den iren und in einer Eidgnoschaft fürnem<br />

und wolgeachtet waren 2 ). Wie a ) nun hie des Franzesischen küngs<br />

«infierung bedacht ward, do erzeigten sich zuo Bern sunderlich<br />

zwei edle geschlecht, eins alt und abgond, und das ander nuw<br />

und ufgond. Und wie sichs dann gwonlich begibt, dass sich die<br />

alten und nüwen geschlecht nit wol lassend verglichen, und aber<br />

die alten, stenden oder abgonden, sich ires alten guoten harkommens<br />

15und bekomner eren [66a] und glowens vertrösten, und ouch hinlaesslich<br />

| benüegen, ouch deshalb ungmeinsam wesen fueeren: so (118)<br />

aber, diewil die nuewen für- und ufgonden mit frintlicher gmeinsame<br />

allen iren fliss emsig und unverdrossen darstrecken, iren<br />

anfang hoch und wit ze bringen, über die alten sich zu erheben,<br />

2o oder ie glich ze machen, darzuo do, und iezt noch me, richtuom,<br />

wie vor ziten tugent, zum adel, er und gwalt förderlich und<br />

hilf lieh sin mocht, was und ist, deshalb ouch die abgoetische<br />

gitikeit, mit al irem untruewen anhang, dis unbständige hochfaertige<br />

weit regiert und regieren muoss. Und also hat sich's hie<br />

25 begeben in diser zit grossen und nüwen gwerben, darin grosses<br />

») Das Folgende erzählt A. 1 [101] in einem eigenen Capitel mit<br />

der Ueberschrift: «Handlung zweier edlen gschlechten zu Bern, in der<br />

fftrsten Werbung vervasset, darin das küngsch obligt» und mit den Eingangsworten:<br />

«In disem werben beder fftrsten, nämlich des küngs von<br />

Frankrich und des Burgunschen herzogs, welches sunderlich zu Bern und<br />

durch die iren erhoben und gehandlet ist, ffirnemlich durch zwei gschlecht..»<br />

') Nämlich nach Bern; 3. Oktober 1473 (R. M. 13, S. 118). Die Berathung<br />

sollte Mittwoch vor Galli stattfinden. Von der Verhandlung steht<br />

jedoch nichts im R. M.<br />

2) Die Genannten waren alle in jenen Jahren die ständigen Vertreter<br />

ihrer Orte an den Tagsatzungen.


1474-1476. 81<br />

an nammen, gunst und guot ze gwinnen was; dan ieztan mit<br />

einmueetikeit und fridens vergiftesten gift, nämlich mit gelt, ist<br />

angfangen in einer frommen Eidgnoschaft [67 a] und voran zuo<br />

Bern, durch partiische pratick ires gwaltigen adels, um der kuengen<br />

und fuersten, landen und litten, gunst und Ungunst, frintschaft s<br />

und vientschaft, frid und krieg, ja ouch um ir eigen tuer bluot<br />

und edle friheit ze markten und gwerb ze triben.<br />

Da was zuo Bern der alt, edel, wis, tapfer und streng riter,<br />

her Adrian von Buobenberg, her zuo Spietz, mit kleinem anhang<br />

Burgunsch. Der haette gern zum Oesterrichischen bericht ouch w<br />

die Burgundische verstaentnus, frintschaft und friden erhalten"),<br />

(119) aber die Fran | zesische kriegspratick hinderhalten. Aber des fyrschlags<br />

guldne flammen warend so schwach, und der gelen gilgen<br />

gschmack so stark, dass im, wiewol von allem sinen geschlecht<br />

vor und von anfang der stat Bern har wolgeacht und verdient, w<br />

nach beschlossnem Franzesischen pund, in ofnem Burgunschen<br />

krieg, uf den tag, do her Niclaus von Diesbach, houptman, gon<br />

Blamond usszoch, ward bi [68 a] gloertem eid hoch verboten, so<br />

lang dise loeuf weretid, in keinen rat ze gon, ouch keine Sachen<br />

und heimlikeiten, den kuong oder anders berueerende, so ze ver-ao<br />

schwigen geschworen, in keinen weg ofnen, noch uetzetze handien').<br />

Im ward ouch antwort und beruf fuer gtnein burger, item und<br />

der Waelschen wandel abgeschlagen 2 ), und bleib ouch also mueessig<br />

zuo Spietz, unso dass in sine stubengsellen in zuosatz gon Murten<br />

gaben 8 ); daselbs er sich so riterlich hielt, dass im mit Sr undss<br />

lob sin alte stat ward wider geben 4 ).<br />

a ) A. 1 [103] hatte hier noch den Zusatz: harzü im der from markgraf<br />

Rudolf von Nüburg und stathalter herren von Columbier und etliche<br />

gekirnte Berner hulfend.<br />

i) Am 10. Juli 1475 (Raths M. 18, S. 6). Ueber A. v. B. siehe Bern.<br />

Neujahrsblatt 1859.<br />

2) Bubenberg wollte gegen diesen Beschluss an die Gemeinde appelliren;<br />

aber diess ward ihm verweigert. 29. Dez. 1475 (Raths M. 18, S. 216).<br />

3) Die Mannschaft wurde nach der militärischen Organisation Berns<br />

durch die Zünfte (Stuben) gestellt und theilweise auch ausgerüstet (vergl.<br />

Rodt, Gesch. d. bern. Kriegswesens).<br />

4) Am 16. August 1476 erschien A. v. B. wieder im Rathe, und zwar<br />

sogleich als Statthalter des Schultheissen.<br />

«


82 1474—1476.<br />

So was aber der nuew edel, wis, wolerfaren und beredt,<br />

gmeinsam und gastfri riter, her Niclaus von Diesbach, her zuo<br />

Signow, und der zit des 74. jars uf den von Bäbenberg zuo Bern<br />

Schultheis, mit starkem anhang franzesisch, und in disen haendlen<br />

5so tätig und | gschwind, dass im der fuernemer teil des rats und ('20)<br />

22 -adels zustund, mit volgendem beschluss"), uf den 22. tag Sep-<br />

Hit teinber, [69 a] nach verhör der Franzesischen botschaft im kleinen<br />

rat mit 22 burgern beschlossen, nämlich: die ding mit dem kueng<br />

von Frankrich, von der pension und aller andrer Sachen wegen,<br />

loufzenemen und ze beschliessen, wie dan das die brief, darum<br />

gemacht zuo beden teilen, wisend; sol man an d'Eidgnossen bringen<br />

und mit den selben mit vollem gwalt uf dem tag zuo Zürich,<br />

dahin ouch der fuerst von Oesterrich kommen wirt, beschliessen;<br />

doch dass am ersten der ewig frid besiglet und die staet am Ryn<br />

i5 in eid gnommen werdid, und sol man ouch die boten mit vollem<br />

gwalt uf den selben tag vertigen, die sachen also zu vorziehen.<br />

Und man hat ouch dabi geraten und ganz beschlossen, bi er<br />

und eid wie am hohen Donstag, dass niemant nüt von disen<br />

dingen reden noch offenbaren, sunder in gheimd bliben lassen<br />

20sol, ouch niemand dem andren das verwissen noch in argem<br />

fuerhalten sol; dann wer das täte, den woellen min hern on gnad<br />

darum strafen'). Und haben min hern dem schultheissen vollen<br />

gwalt geben, dise ding ze handien.<br />

Nun was im vor, im anfang diser dingen, ze raten und ze<br />

sä handien gwalt geben, den er dermaussen brucht, dass er al furnem<br />

tag verstund J ), die | fuernemsten der Eidgnossisch boten an(121)<br />

sich zoch, den osterrichischen bericht von Costens zum Franzesischen<br />

kueng, item den Franzesischen pund an d'Eidgnossen. und<br />

*) Das Folgende fehlt in A. 1, dagegen findet sich an dieser Stelle<br />

die Schilderung Ludwigs XL angehängt.<br />

') Fast wörtlich nach dem Raths Man. (18 S. 82). Der Donnerstag vor<br />

Ostern war der Tag der Regimentsbesetzung.<br />

») Nicl. v. D. leitete die ganze diplomatische Verhandlung der Tagsatzungen.<br />

(Eidg. Absch. IL 516, 524.)


1474 - 1476. 83<br />

von denen durch Bern dem kueng [70 a] selbs person bracht 1 ),<br />

ouch mitan den Burgunschen krieg gefuerdret und angericht hat.<br />

Und als er nun dem Franzesischen kueng, und ouch dem<br />

oesterrichischen herzogen, ire gefallen wol, item und sin selbs<br />

grossen namen, er und gut hat verschaffet, und ieztan in froeli-5<br />

eher wolvertroester begird sines glueklichen ufgangs ganz oben<br />

schwebet, do traf in unversehen ein pestilenz-pfil, das im schnei<br />

allen sinen mit vil sorg und grosser mueeg erobreten gwin abzoch<br />

undhinnam 2 ). Allein so ward im, wider das gedaechtlich Arthmy<br />

Zelitis exempel 3 ), in Themistocle von Plutarcho beschriben, zuow<br />

lob und ewiger gedaechtnus zuo S. Vincenzen in sine kappel an<br />

d'wand geschriben, dass er, der tuer, edel riter, erster anfaenger<br />

sie gsin des loblichen punds und der riehen pension von Frankrich<br />

4 ). Ein gedieht der tat würdig. Es ward angends an sine<br />

stat in rat gesaezt sin veter und erb, her Wilhelm von Diesbach 8 ), IS<br />

(122)so mit im zuo Jherusalem was riter worlden, welcher [71a]<br />

ouch geflissen und wolgeschickt dis angerichte Sachen half fuerbringen<br />

und beharren.<br />

Als aber der Franzesisch pund mit semlicher 11 ufgericht<br />

ward, dass in ein stat Bern in gmeiner Eidgnossen namen unter 20<br />

irem sigel vervasset, durch iren schultheissen dem kueng, item<br />

und mitan dem Burgunschen herzogen, ouch in gmeiner Eidgnossen<br />

namen, durch iren riter den absagbrief hat zuogeschikt 6 ),<br />

') Die Instruktion für die Sendung Niki. v. D. an Ludwig XI. ist vom<br />

29. Okt. 1474. (Eidg. Absch. II, 516). Am 4. Jan. 1475 gab derselbe der<br />

Tagsatzung zu Luzern seinen Bericht. (Eidg. Absch. II, 522.)<br />

2) Nicl. v. Diesbach starb im Juli oder August 1475 zu Pruntrut an<br />

der Pest; der genaue Todestag ist nicht bekannt.<br />

3 ) Arthmius von Zela (Zelite3) wurde durch einen Beschluss des Athenischen<br />

Volkes als ehrlos erklärt, weil er vom König Xerxes Geld nach<br />

Griechenland gebracht hatte, um dem Perserkönig Anhänger zu erkaufen.<br />

Siehe Plutarchs Themistocles (ed. Coray 1, 210).<br />

4 ) Die Grabstätte N. v. Diesbachs in der noch bestehenden Familienkapelle<br />

ist verdeckt, und der Wortlaut der Inschrift nicht bekannt.<br />

ä ) Wilhelm v. D. erscheint am 13. Oct. 1475 zum ersten Mal im täglichen<br />

Rathe.<br />

•) Wiederholt kam Bern bei diesen Verhandlungen in die Lage, Namens<br />

der übrigen Stände 7.11 handeln (Eidg. Absch. II, 504, 505, 509, 514.)


84 1474—1476.<br />

erwuchs ira gegen iren undertanen in stat und land und bi Eidgnossen<br />

nit kleine sorg, hinderred und unruow daruss, durch<br />

ghiklichen fuergang und guotes end diser sachen gestillet. Dan<br />

zuo einem, so wolten etliche ort nit siglen'); so waren vil Eid-<br />

»gnossen, item der Römisch babst und keiser und andre staend,<br />

die vi] lieber den Burgunschen friden, wen den Franzesischen<br />

pund, haettid gehaben. Zuom andren, so hat der Franzesisch kueng,<br />

und Bern von sinetwegen, den Eidgnossen alwegen zuogesagt, bi<br />

inen ze gnesen uud ze sterben, ouch sine gerueste macht on hinderwnus<br />

und on verzug darzestrecken, und aber er sinen pund nit<br />

e versicheret, denn do d'Eidgnossen uf sine manung in ofnem<br />

krieg waren 2 ), und er mit gmeinem viend einen bestand [72a]<br />

hat gemachet, zuoluoget und anwiset, ouch harzuo das verschriben<br />

hilfgelt unrichtig bezalt, aber mit richtiger, sundrer und heimülicher<br />

pension sine Sachen fuerdret und | ufenthielt, und zuo dem (123)<br />

allem, wiewol oft und dick durch brief und eigne ratsboten<br />

hierum ernstlich angelangt, dass er dem baeren, der im sinen<br />

pund gemachet und versiglet, und nit allein 6000, sunder gnuogsame<br />

hilf vertroest hat 3 ), nit wolt harussgeben und ledig lassen<br />

M bis nach sinem tod 4 ) a ); muost den sorglichen pund und krieg<br />

mitan fuerdren, anlieben und beharren. Geriet desmals wol; dan<br />

der almaechtig Got wolt des hochmuetigen fuersten hochmuot durch<br />

ein nider volk demütigen und hinnemen.<br />

*) Statt dessen steht in A. 1 [2*]i Ward ouch noch fünf jar verzogen<br />

bis dass nach berichtung des Meylandischen kriegs, durch den küng gemacht,<br />

alle ort versigleten und verschribne hilf mit ofnen zeichen gon<br />

4'schalon dem küng zügschikten und hie mit erst ein stat Bern, wie si oft<br />

darum geworben, ward irer sorg, doch nit gar, entlediget, wan si iren<br />

baren, durch eigen ratsboten oft vom küng ervordret, nit kont wider<br />

heim bringen, Brost in lassen bi im sterben.<br />

'<br />

•) So namentlich ünterwalden. (Eidg. Absch. IL 528, 531, 532.)<br />

2) Der Absagebrief der Eidg. an Burgund ist vom 25. October 1474<br />

(Eidg. Absch. II, 516). Der Bund mit Frankreich wurde erst am 2. Jan.<br />

1475 von Seiten des Königs ratifizirt. (Eidg. Absch. II, 521 u. 918)<br />

3) Vergl. den Text (Eidg. Absch. IL 921.)<br />

4) Die Versprechungen Ludwig's XI, betreffend die Zahlung der Pensionsgelder,<br />

waren, trotz wiederholter Reclamationen, zum grossen Theil<br />

noch unerfüllt, als der König am 30. August 1483 starb.


1474- 1476. 85<br />

Dass des Burgunschen kriegs bericht am Bnrgunschen<br />

herzogen erwand.<br />

Und darum, so halfs gar nuet, dass vor und von anfang bis<br />

zum end [73 a] des kriegs friden gesucht ward vom Burgunschen<br />

herzogen selbs, desse treffenliche boten, der apt von Kluny, her 5<br />

Gwido von Rochefort und her Simon von Kleron, durch mittel<br />

margraf Rudolfs von Nuowenburg und sines stathalters, her Anthonis<br />

von Columbier, mit her Wilhelm Heitern von Hertnegk,<br />

in Oesterrichs namen; her Peter von Wabren und doctor<br />

Thuering von Bern in gmeiner Eidgnossen namen zuo Nuewenburgi»<br />

tag leisten, friden ze machen'). Daselbs ist egenamter her<br />

Simon mit einem treffenlichen doctor erschinen, noch uf den<br />

3. tag Jenners 2 ), demnach uf den andren tag ir fürst ward er-<br />

(124)schlagen 3 ), vermeinende, ouch | wider sines fuersten willen einen<br />

bestand gegen der frien grafschaft Burgun ze erwerben, wan«<br />

diser krieg den Burgunern und Flemmingen so widrig was,<br />

dass si sich nach der Gransonschlacht widreten reisscliatzung<br />

ze geben 4 ), sagten dem canzler: da waer kein ursach wider d'Eidgnossen<br />

ze kriegen, und si um Hb und guot ze bringen; woelte aber<br />

ir fuerst sich heim [74 a] und in ruow setzen, darzii woeltids im willig so<br />

helfen. Warum er sich Hesse die zwifachen Saffoyer, die Herzogin<br />

und den von Remont verfüren? So") hat der Römsch babst<br />

*) Der folgende Abschnitt lautet in A. 1 wesentlich abweichend und<br />

vollständiger [2»]: Dan noch bis uf die Zit des Burgunners lezten lägers für<br />

Nanse ward frid gsdchet von den Burgunschen selber, vom babst, vom<br />

') Den 26. November 1475 (Eidg. Absch. II, 572 nach Schilling). Ein<br />

schriftlicher Abschied scheint nicht vorhanden zu sein. Neben dem Markgrafen<br />

Rudolf von Baden (Röthein), Herrn von Neuenburg, werden Simon von<br />

Cle'ron und Heinrich (nicht Anton) von Colombier und Wilhelm Herter von<br />

Herteneck aus Strassburg mehrfach in den Eidg. Absch. als Vermittler<br />

genannt; dagegen ist weder von dem Abt von Cluny noch von Guido<br />

von Rochefort je die Rede. (Vergl. Eidg. Absch. Register.)<br />

*) Am 2. Januar kam derselbe vor den Rath zu Bern (R. M. 18. 218).<br />

Der Doctor ist wahrscheinlich Dr. Philipp Häsler.<br />

3 ) Die Schlacht bei Nancy fand am 5. Januar 1477 statt.<br />

•) Vergl. Job. v. Müller, V. 1, S. 44.


86 1474-1476.<br />

einen cardinal legaten zuo Metz •), welcher zwischen dem Roemschen<br />

keiser, item dem kueng von Frankrich und dem Burgunschen<br />

herzogen hat geholfen friden machen, ouch ieztan mit<br />

sampt des Roemschen keisers botschaft, graf Hugen von Montfort<br />

5 und her Heinrichen von Roechberg, an herzog von Oesterrich und<br />

gmein Eidgnossen um friden liess werben. Des glichen taet<br />

ouch der Ungerisch kueng Mathias, durch her Joergen vom Stein 5 ),<br />

wan in denen jaren der gross Machmet den kristen grossen<br />

schaden zuofueegt 3 ). So reit der kueng von Portugal, Alfons, des<br />

io Burgunschen herzogen muoter bruoder, von Paris im vast kalten<br />

Kristmonat ins letst laeger gon Nanse, friden ze machen 4 ). | Er-(125)<br />

wand aber allenthalb an im, allein darum dass er sich schampt<br />

einen einmal ueberwund[75a]nen und mintuoren fuersten 5 ) vorzegeben<br />

und abzeston. So woltend aber d'Eidgnossen und ire puntlsgnossen,<br />

kontend ouch nit mit keinen eren, iren puntgnossen, den<br />

Lutringischen herzogen, verlassen, und also muost diser krieg,<br />

wie aller tyrannen, mit des hochmuetigen, unbeweglichen fuersten<br />

tod ein end nemen und haben.<br />

keiser, vom kung von Ungern und andern, denen der Burgunsch frid lieber<br />

wäre gsin, denn die franzesische verpundung, sunderlich und mit nammen<br />

dem babst Sixto und keiser Fridrich, wan der babst verklagt den kung<br />

Ludwig von Frankrich vor gemeinen Eidgnossen als ein offenlichen durechter<br />

und vind sin und der heiligen Römschen kilchen. So gebot der<br />

keiser gmeinen Eidgnossen bi verlust ir friheit eid und er, so si dem Römschen<br />

rieh verpflicht wand, von disem pund zu ston, denn der küng ein be­<br />

Schädiger sin und des R&nschen riches wäre.<br />

,) Von dem Vermittlungsantrage des Bischofs von Metz war am<br />

ii. September 1476 zu Luzern die Rede (Eidg. Absch. II, 618). Die eigentliche<br />

Verhandlung fand dann am 2.—10. November 1476 zu Basel statt.<br />

(Eidg. Absch. II, 625). Sie wurde im Namen des Kaisers und des Papstes<br />

von Dr. Philipp Häsler und Graf Heinrich von Rechberg geführt. Graf<br />

Hugo von Montfort war früher, 5. März 1475, zu Zürich und 20. März gl. J.<br />

in Luzern, als Gesandter des Kaisers erschienen, als es galt, die Eidgenossen<br />

zum Zuzug zum Reichsheere nach Neuss zu bewegen.<br />

2) Tagsatzung zu Luzern, 23. Sept. 1476 (Eidg. Absch.II,617).Missb.D.p.7.<br />

») Unter dem gewaltigen Sultan Mohammed II kamen die Türken<br />

damals schon bis Temesvar.<br />

4) Alphons V., vergl. Commines (Lenglet) I. p. 284.<br />

5 ) Nämlich den Herzog Renat von Lothringen.


1474-1476. 87<br />

[76 a] Inpflanzung und frucht der pension, zu diser zit uss<br />

Frankrich in ein fromme Eidgnoschaft ankommen.<br />

Mit obgemeltem Frankrichischen punt ist ein nuewer gwerb<br />

durch nuewe und keiser Julio •) unbekante koufluet in ein fromme<br />

Eidgnoschaft ankommen, dises punds und kriegs ouch aller 5<br />

nachkomnen puenden und kriegen die fuernemste ursach und urliab,<br />

mit nammen die grossmaechtige, huldriche pension, einfach<br />

gmeine und ofne, aber zwifach sundre und heimliche, und so stark<br />

ingesessen, dass weder babsts noch keisers, noch einicher gwalt,<br />

(126) denn geltsmangel, nuet wider si hat vermögen. Unangesehen und | w<br />

ganz unbedacht oder veracht a ), dass die ewige fuersichtikeit Moysi<br />

gebuet, er solle fuerstaender saetzen, die da gotsfuerchtig, wis, warhaftig<br />

und froms [77 a] wandeis sien, den git hassid und nit<br />

gaben naemid 2 ), wan die gaben verblendid die äugen der wisen,<br />

und verkerid die wort der gerechten 3 ) Wass tuonds dan bi den«<br />

weltlistigen und ungerechten?") So beschilt Got der Juden forsten<br />

um der gaben willen als untruew und gsellen der dieben 4 ). So<br />

sagt David: in welcher haenden die ungerechtikeit, der selben<br />

rechte band sie vol gaben 5 ) 0 ). So ist, wie der gross Paulus bezögt,<br />

gittigkeit ein abgoeteri und ein wurzel aller laster 6 ). Sow<br />

bald der Machabeisch fuerst, Jonathas, fromden gaben vertruwt,<br />

*) Das folgende ist in A. 1, [5"—7 a ] weiter ausgeführt in zwei besondern<br />

Capiteln: Verwerfung der gitigen pension von gotlicher gschrift, —<br />

und: Verwerfung der gitigen pension von heidnischer 1er und tat, nainlich<br />

durch Rom anzeigt.<br />

b ) Von Paul Anshelm's Hand ist am Rande beigefügt: Darumb ouch<br />

Moysis die gabnemer verbaut und verflucht. (V. Mos. 27, 25.)<br />

°) A. 1 fügt noch bei [5*]: Christus Jesus unser hergot sagt: Ir mögt<br />

nit got und dem mammon dienen. (Matth. 6, 24.)<br />

!) Julius Caesar, vergl. hienach.<br />

2) II. Mos. 18, 21.<br />

3) IL Mos. 23, 8.<br />

4) Jes. 1, 23.<br />

5) Psalm 20, 10.<br />

6) Ephes. 5, 5. — 1. Tim. 0, 10.


*s 1474-1476.<br />

do was er verraten'). So bald der Kriechen frie pundsstaet<br />

des Macedonischen kuengs Philippi pund und gaben annamend,<br />

wurdends zertrent und verlurend ire lobriche friheit und herlikeit.<br />

So bald zuo Rom, aller weit regimenten spiegel, gaben<br />

5 und gastungen ufgiengen, do gieng ire aller weit verwundrete<br />

herlikeit ab, und ward der gmein nuz zerstört. Do der erst<br />

Roemsch burgermeister, Brutus, 6 wolt sine siin wuergen [78a],<br />

dan si lassen kuengisch sin, und der stat Satzung brechen 2 ); do<br />

Marcus Curius lieber wolt uss hilziner schuesslen und praten<br />

lorueeben essen, wen der Samniter gold oder kriegsguot, oder me<br />

ackers denn ander burger haben 3 ); do Fabritius lieber wolt in<br />

siner frien stat arm sin, dan bim kueng ein vierteil des kuengrichs<br />

besitzen 4 ); do der blind alt Claudius zuo | siner blintheit e wolt(127)<br />

oucli tum sin, wen den gidigen kueng hoeren um friden markten 5 );<br />

i5 do in allem Rom niemand, oucli weder wib noch kind, wolt dem<br />

kluogen kuengschen boten einiche gab abnemen 6 ); — do ward Rom<br />

in aller weit gepruest und ungwinlich geschaezt, ire hueser für<br />

goettertempel, und ire burger für itel kueng gehalten").<br />

b ) On zwifel so sind in einer ersamen, frommen, wisen stat<br />

20 Bern oberzaelte goetliche leren und exempel ouch vor ougen gwesen,<br />

do si von irem schirmhern, dem grafen von Saffoy, um ira<br />

verdienst nit mueet, sunder friheit hiesch und erlangt; do si iren<br />

alten [79 a] edlen burger und schultheissen, den herlichen riter,<br />

her Hansen von Buobenberg, mit etlichen andren, um verargter<br />

20mueet willen usstiess 7 ), und ire fromme Satzung wider mueet und<br />

») In A. 1 folgt noch ein eigenes Capitel [7*]: Pontii wünsch und<br />

Jugurthae trennung der stat Rom.<br />

h ) In A. 1 Ueberschrift [8*]: Die alten Berner hond ouch pension nit<br />

regieren lassen, sunder als schädlich usstriben.<br />

i) I. Makk., cap. 10.<br />

') Livius II, cap. 5.<br />

3) Valer. Max. IV. m, 5.<br />

4) Valer. Max. IV. m, 6 u. Plutarch, Pyrrhus, cap. 20.<br />

5 ) Appius Claudius, siehe Plutarch. Pyrrhus, Cap. 19.<br />

6 ) Plutarch, Pyrrhus, Cap. 18.<br />

7 ) Im Jahr 1350. Nach Justinger (ed. Studer, S. 114).


1474—1476. 89<br />

gaben 3 ) — dan pension ward erst hiernach ueber 170 jar Tuetsch, —<br />

jaerlich uf den Ostermentag gelesen und geschworen, unss zuo dises<br />

nuewen gwerbs ingang', und von weichesse wegen der heilig Eidgnoss,<br />

bruoder Klaus von Fluee, angefragt, ernstlich und treffenlich<br />

riet und ermant, dass d'Eidgnossen soeltid der froemden hern und<br />

ires gelts muessig gon, irer landen und friheiten truwlich und<br />

einhellig warten, und der gereclitikeit fromklich anhangen. Und b )<br />

also ward in Pfingsten, zuo Swytz uf gmeinem tag, vor dem volzug<br />

dises iezt werbenden gwerbs, eine alt fromme Satzung wider<br />

(128)mueet, gaben, leben, dienst und jargelt bi hoher biiss angesehen |io<br />

zuo 10 jaren mit den gmeinen puenden ze schweren!). Und wiewol<br />

ein stat Bern, iezt durch ire nuewen werber beredt, ouch den<br />

gwerb anzenemen iren truewen Eidgnossen und ireu lieben mitburgeren<br />

von Friburg flissig riet, so gaben doch die von Friburg<br />

dis alte fromme antwort, die nit zuo vergessen, aber bald ver-io<br />

30. Sept.gessen ward, im rat zuo Bern, uf letsten tag September 2 ), wie<br />

volgt verzeichnet:<br />

Es haben die boten von Friburg, der von Wippingen und<br />

ir seckelmeister, von der pension wegen des kuengs, minen hern<br />

geantwort in namen irer hern: nach dem und dan ir seckel-20<br />

meister das vorhin ouch abgeseit hat, dass si da ire raet und<br />

sechszig bi enandren gehept haben, und ganz einhellig sind, damit<br />

nuet ze tuen haben, und desse muessig ze gon, dan si wenig<br />

volks habid, die woellid si nit also ums gelt hinweg senden, noch<br />

sich mit dem kueng noch keinem andren fuersten niemerme ver-*><br />

binden, sunder mine hern und ire Eidgnossen fuer ir fruend be-<br />

*) A. 1 hat an der entsprechenden Stelle [4»]: Und ist also die vilmächtig<br />

huldrich pension zu Bern von erst und in aller Eidgnoschaft ietzan Tutsch<br />

worden und als gmeinem nuz erlich und flissig geriemt und gsücht, also<br />

die vor ewig zit Welsch was und als gmeinem nuz schmählich und schädlich<br />

flissig gescholten und verboten. — Das Nächstfolgende fehlt dagegen.<br />

b ) Fehlt in A. 1 ganz bis S. 90, Z. 19: «Es ist ie war....»<br />

') Ein solches Verbot gegen Mieth und Gaben ist in der Abschiedesammlung<br />

nur vom 6. September 1474 erwähnt, von einer Tagsatzung zu<br />

Luzern. (Eidg. Absch. IL 487 u. 498.)<br />

2) 30. Sept. (Freitag nach Michaelis) 1474. Das Folgende ist wörtlich<br />

ans R.-M. N. 15, S. 93.


90 1474-1476.<br />

halten, und sich des ewiglich benuegen lassen; und wen si des<br />

herzogen von Burgun brief und vereinung ouch wider') und<br />

sich mit im nit verbunden haettid, so woeltid si das ouch nimme<br />

tuon; mit mer worten.<br />

5 Es ist noch zuo der zit von einem Franzosen, so disen<br />

Burgunschen krieg hat [107] beschriben 2 ), einer frommen Eiclgnoschaft<br />

zuo lob getichtet:<br />

Egregius bellis, terra et jam notus in omni,<br />

Helvetus 3 ); — ardentis quem non trahit anchora lucri 4 );<br />

wSed pietas, et rara fides, sancti et amor sequi 5 ). (129)<br />

Aber von den fuersten:<br />

Sola dat omnipotens et sancta pecunia robur<br />

Principibus, qui si frigent, nee prodigit horum<br />

Dextra, nih'li fiunt, nee habent ad vota sequaces.<br />

i5 Hie meta est, quaerunt haac regem ssecula numum 6 ).<br />

Dan ein tyran muoss anhang koufen und verkoufen, dan er<br />

hat niemand lieb, so liebt in ouch niemand, wan um gaben und<br />

vorcht.<br />

Es ist ie war, dass der vermiett, oder verpensioniert, oder<br />

20 mit gaben verheft zuo verdienst sinem Vermieter oder gaber verpflicht<br />

ist, und deslialben nit frig, wie aber in ufrechtem regiment<br />

einer sol und muoss sin a ); dan ie, so, nach des wisen<br />

spruch, dem pfennig alle ding gehorsamen, so volgt on zwifel,<br />

•) A. 1 [8", 9*]: denn miet ist ein alt verständig Tytsch wort, so etwas<br />

um Ion vermiet oder verdingt wirt, worum, ist ring zu verston, sunderlich<br />

denen, so diser hantierung wissen oder ufsehen hond. So nun der vermiet<br />

oder ufWelsch verpensionirt dem fremden mietgelt müs verheft sin, ist er<br />

deshalb als nit frig, zu heimschem frien regiment untöglich, ja ganz, als<br />

die alten frommen wol verstanden hond, unlidlich.<br />

i) Nämlich: wider hättid.<br />

2) Petri de Blarrorivo Parhisiani insigne Nanceidos opus, in 6 Büchern,<br />

gedruckt 1518, fol. mit Holzschn.<br />

3) Nanceis, lib. IL v. 1, 2.<br />

4) » » IV. v. 100.<br />

5 ) Unauffindbar, entweder ungenau zitirt oder dann von A. ganz hinzugedichtet.<br />

•) Nanceis, lib. V. v. '244—243.


1474-1476. 91<br />

wo der pfennig regiert, dass denen regenten niemands angenein,<br />

dan wer da gibt oder lügt oder schmeichlet, oder dise stuck zuzamen<br />

wol kan, ist meister und kumpt rar; aber der arm und<br />

from gilt nuet und blibt [108] dahinden. Und so dan, ouch nach<br />

des wisen spruch, die undertanen iren fuerstaenderen glich ge-s<br />

(130)sint und | gesitt werden, wass daruss fuer ein regiment, ja ein<br />

gitige, untruewe rotung erwachse, mag der from, fuersichtig wol<br />

verstan. In summa, so wird uss aller weit kroniken bezuegt, dass<br />

bi disem gwerb nie kein 6r, nie kein glow, noch warheit; ouch<br />

kein regiment, wie stark ioch das, hat moegen verharren undw<br />

unzerstoert bliben.<br />

Mit was Pensionen hond die alten redlichen Eidgnossen ein<br />

Eidgnoschaft angefangen, und die über all Tuetsche nationen in<br />

aüe weit erhaept uud erhalten? —<br />

Mit was pension haben die alten redlichen baeren eine fuerst-1»<br />

liehe stat erbuwen und ein fuerstentuom überkommen; den fürstlichen<br />

buw irer kilchen und hof angenomen; item ein reisige<br />

paner gehalten, bi der riehen pension abgangen?<br />

Nun wolan! wie man spricht: andre zit, andre weit, andre<br />

regenten, andre [109] luet, recht und sitten; wie bi'n Gots Juden, w<br />

wie bi den wisen Kriechen, wie ouch zuo Rom, der weit hopt,<br />

besehenen, also hat ein Eidgnoschaft und ein stat Bern") nach<br />

aendrung diser zit, weit, regenten, luet, recht und sitten, uf ir<br />

guot bedunken und gmeins nutzes insehen, an disem ort irer altvordren<br />

hart und tuer erobrete friheit, nämlich tri, ie doch nie- 8 s<br />

mand um gelt verbunden ze sin, wider oberzaelte leren, exempel<br />

und raet veraendret, also dass ein fromme stat Bern, im namen<br />

(131) gmeins nutzes, vom eignen nuz uberfueert, jezunder | nit allein<br />

die gmeine Ordnung, zuo Swiz vergriffen 1 ), nit wolt annemen,<br />

sunder ouch, so der kueng pension gebe, ire eigne alte Satzung M<br />

nimme ze lesen, noch ze schweren, hat abgeraten und beschlossen<br />

5 ). Und also so ist die vilmaechtig pension, so vor alwegen<br />

») A. 1 hat statt dessen [10*]: so hond die jüngeren Eidgnossen und<br />

Berner.<br />

•) Siehe oben S. 89, Zeile 7 u. Anm. 1.<br />

2) Findet sich im Raths-Manual nicht.


92 1474-1476.<br />

Waelsch, und als gmeinem nuz unlidlich gescholten und verboten,<br />

ieztan von ersten zuo Bern und in aller Eidgnoschaft Tuetsch,<br />

und als gmeinem nuz förderlich, geriempt und ingepflanzet, also<br />

dass in einer Eidgnoschaft on si und ire mitgnossen, sold, [110]<br />

5 erung, guotjar, zerpfenning, item hie fuerahin nuet namhaftigs, aber<br />

vi! unnamwirdigs, verhandlet ist worden.<br />

") Was frucht aber si gebracht habe, wirt für und für uss<br />

volgender jaren geschienten erkent werden. Aber in einer summ,<br />

so hat si gebracht, oder ie geufnet und erzogen, under vilen<br />

io andren unpurten, fuernamlich: eigennuz, unghorsam, unglowen,<br />

untruew, hochfart und allerdingen unmuoss, so verruochte, unverschampte<br />

kinder, dass si von wegen irer huldrichen muoter keiner<br />

eren ouch eigens pluots nit verscliont, und irer frommen, redlichen<br />

altvordern Tuetsche tapferkeit, ufrechtikeit, hoch und v#it<br />

isgelopten namen, ouch von ireu liebsten pensionierherren, mit<br />

groben unnamen beflekt und in unachtung verfueert haben. | (131)<br />

b ) Wohar kumpts, dass in einer wol und loblich harkonen<br />

stat Bern, wie in aller Eidgnoschaft, uss einigem rat so vil rat<br />

als pensionierherren? dass statliche und Tuetsche burgerschaft<br />

2ogemindret, aber Waelsche kraemeri und [111] baetlert gemeret?<br />

dass uss zweien, drien, vieren ein hus, und uss sässhueseren<br />

stall und schüren, und doch etliche, von irer muoter uberguelt, den<br />

schuldneren fuergeschlagen? dass uss vil nutzen werkhaenden mueessig<br />

junkeren 0 ) sind worden?<br />

25 Wohar kumpts, dass einer grossmaechtigen stat und land<br />

Bern ersam regiment sich hat on einiche froemder herren pension,<br />

bis zuo ingang derselben hexen, 284 jar so richlich, redlich und<br />

erlich erhalten, ouch mitan oberzaelte grosse ding verwalten,<br />

iezt aber, so sich die hex nun verbirgt, in erobreter, rueewiger,<br />

so ja ouch zwifacher macht und richtüm, sich muoss uss gmeinem<br />

*) Das folgende in A. 1 in späterem Zusammenhang und stark abweichend;<br />

am Schluss [17*]: . . . gitikeit und unbänstige frefne Verachtung<br />

in aller Eidgnoschaft hond also überhand gnommen, dass si ouch von iren<br />

köuferen wit und breit darum übel und schmählich rerlumdet und veracht<br />

wirt.<br />

b ) Fehlt in A. 1, bis: «junkeren worden?»<br />

°) Im Mscr. juckhern. Satire oder Schreibfehler?


1474-1476. 93<br />

seckel erhalten, und kummerlich mag gewunne sachen verwalten ?<br />

Nit dass semliche gmeine besoldung unrecht ste, wan zuo erhaltung<br />

gmeins regiments werden styr, Schätzung, zoel und ander<br />

derglichen beladnuss gebillichet und geben, dass arme wiz und<br />

(133)fromkeit ouch zuo ören kommen | mag. Allein ist hie ganz flissig»<br />

und tapfer inzesehen, dass im versoldeten regiment frie wal bestände,<br />

und nit durch muomerl, gunst, anhang und pratik der<br />

sold- und ergit diss pfruondregiment in korherren-, ja kornherrenwis<br />

vervasse und besitze; uss rat rap, und uss ratherren rapherren<br />

mache a ). 10<br />

[112] Nun uf angezogene wunderfragen mag niemand bass<br />

antworten, wan die eigennuetzig, untruewe pension selber, so dise<br />

ding und on zal andre der glichen hat mit merer hand und<br />

gwalt ingepflanzt und bevestnet, also dass si sich von allem widerstand<br />

hat entschittet und beschirmt; wie wol von iretwegen i><br />

in aller Eidgnoschaft sich vast schädlich partien hond staets erhaet:<br />

dan vor und von irem zuokomen an biss uf unsere tag ist si von<br />

etlichen altkoepfischen frommen Eidgnossen, insunders z'Baeren, item<br />

und vom unbuenstigen kib') nie unangefochten bliben, aber nie<br />

gar und umendum, oder ie nit lang, uberstriten; wan da sind diew<br />

») An Stelle der letztern Sätze hatte A. 1 [19 a , 20»]: sind zins, zehenden,<br />

zöl, styr und Schätzungen verordnet und ouch von Got zugelassen;<br />

aber doch in der frien stat Bern nuw und wunderlich, und dennocht nach<br />

gstalt der zit und Sachen billich und nuzlich, damit die, so fremden seklen<br />

zu eignem nuz flissig und wol gedient hond, iezt irem gemeinen seckel zu<br />

gmeinem nuz alle dienstbarkeit und liebe züwendid; item dass ouch die,<br />

so zum regiment gschikt, uss mangel zitlicher hab dem nit gewarten, gewärtig<br />

mögid sin; item dass ouch das ganz regiment von eigennutzikeit<br />

und von betrug der gaben dester unargweniger blib, ouch in alweg deater<br />

williger und flissiger diene. Und zudem das wol und recht angelegt ist,<br />

so kosts dennocht ein stat niena so vil, als wen si, die ein fürstentum ist,<br />

eins rarsten stalbüben solte verkosten und bishar an unnützen, ja schädlichen<br />

kilchen und kilchenlüten järlich hat verkostet. Allein so ist in der<br />

Ordnung, durch ufrechte gmeine wol flissig zu verkommen, dass nit, von<br />

wegen »der besoldung, untögenlicher personen ergit und eigennutzikeit<br />

durch anhang und pratick das fri, gmein regiment inziehe, vervasse und<br />

besitze.<br />

i) Manche bekämpften die Pensionen nur aus Missgunst und Neid,<br />

weil sie keinen Theil daran empfingen.


94 1474-1476.<br />

gwaltigesten und kriegbaren uf irer siten gstanden, die si nit<br />

allein mit einein oder me, sunder | ouch mit widerwertigen herren,(<br />

als iezt anfangs mit dem Franzesischen kueng und Burgunschen<br />

herzogen, erretteten und beschuezten. Harzuo, wo si nit hin komen<br />

swolt oder mocht, [113] da kam ir frecher knecht, der sold hin,<br />

der iren ie zuo lieb und ie zuo leid dienet*); doch also, dass si<br />

iren stand bis hit so vest hat erhalten, dass si niemand, wen<br />

das ewig, unuberwinlich wort Gots, ouch nit on kämpf, an etlichen<br />

von Got harzuo begnadeten orten hat mögen abtriben und<br />

ioüberwinden. Got verlihe bestand!<br />

Dis hie, von Franzesischem puud und pension getane efrung,<br />

wie wol vil und lang, aber doch nit ze vil, noch ze lang, wan<br />

davon nimer ze vil, noch ze lang geredt noch geschriben mag<br />

werden, da von nimer genüg, als dise ding sind gmein heil, e"r<br />

ir, und nuz berueerend b ), wird niemand frommer — dan den unfrommen<br />

allein sin glich gefalt — verargen, sunder Got zuo lob und<br />

kristlicher gmeinsame zuo lieb wol bedenken und ermessen, und<br />

ouch insunderheit zuo truwer ermanung sin beschehen, dass ein<br />

erenriche, lobriche stat Bern, wie si nun uss sunders gnädiger<br />

20 berueefung unsers wargnaedigsten heren Gots hat fuergenomen, also<br />

nach angeben goet [114] lieber warheit und kristlicher 1er, bi geschworner<br />

reformation und verschworner pension, zuo glich irer<br />

frommen altvordren vesten redlikeit, fromklich und redlich beharre<br />

und bestände, also dass die er Gots und kristliche gmeinschaft<br />

25 in gotsforcht und brüderlicher liebe trungenlich fuergange, des<br />

*) A. 1 [22», 23" | hat noch: Die so nit harheim ins apunetament niochtend<br />

kommen, woltends gon daiussen verdienen. Und wan iren schon ein<br />

teil an ein ort nach manung der vereinung oder pension in besoldung verordnet<br />

ward, so lief der ander teil, der sich ouch solds und kriegs gnoss<br />

achtet, ouch wider pünd und pension um sold an das ander (ort), ouch<br />

(zum) vigend.<br />

b ) A. 1 fährt fort [21», 22"]: Dise sach ist ie die, wie alle der weit kroniken<br />

bezügent, da mit kein er, kein warheit, kein from regiment nie hat<br />

mögen bston. Niemant gibt it vergebens, so gibt man dem mindr'en teil<br />

ouch dem selben nit glich, daruss von stund an verbunst, zweiung, tyranni.<br />

ufrur und zu lezt zersterung, wo Got und fromkeit nit hilft, müss erwachsen.<br />

Wie ouch hie glich mit und nach der bestätigeten pension ingang widerwertig<br />

und unghorsam partien sich in alle Eidgnoschaft hond erhebt und<br />

biss uf unsere teg mit unersäzlichem schaden verharret.


1474—1476 95<br />

gelt-, gwalt-, bluot-duerstigen tuefels macht wo nit zerstört, iedoch<br />

(135) 8' e " I schwaecheret, und der iren pluot, so tuer von unserm erloeser<br />

Cristo Jesu erkouft, nime, wie nun lang, dan kaelber wolfeiler, so<br />

verruochtlicb in d'metze verhängt werde: ouch si, die iren, nach<br />

pflichter, billicher schuld, zuo Gots und irem lob, vor schand, unds<br />

schaden truewlich beware und errette. Das verluehe Got!<br />

[115] Rat und burger, so zu diser treffenlichen zit einer<br />

loblichen stat Bern ersam regiment hond verwalten.<br />

1474-1476.<br />

In angezaeltem jar und nächsten dabi haben einer loblichen io<br />

stat Bern ersam regiment verwalten hie volgende rät und burger,<br />

uss gestuktem manual •) zusammen gelesen:<br />

Vom kleinen rat:<br />

Her Niclaus von Diesbach, her zuo Signow, riter, schultheiss.<br />

Her Adrian von Buobenberg, her zuo Spiez, riter, alt schultheiss. u<br />

Her Niclaus von Scharnental, her zuo Oberhofen, riter, alt schultheiss.<br />

Her Peterman von Wabren, her zuo Belp, riter, alt schultheiss.<br />

Tuering von Ringoltfi'wzJen, her zuo Lanzhuot, alt schultheiss.<br />

Peter Kistler, alt schultheiss. Hans Ruodolf von Erlach. Petermann<br />

vom Stein, riter. Hans Fraenkle, seckelmeister. Gilg Achs- 20<br />

(136)halm, vener von | schmiden. Antoni Archer, vener zuo pfistren.<br />

Ludwig Bruegler, vener von gerberen. Hans Kutler, vener von<br />

mezgeren. Urban von Muolern, erster vogt zuo Murten. Peter<br />

von Balmos. Bendict Tschachtlan. Jörg Friburger. Heinrich<br />

Matter, erster vogt zii Granson, vertaedinget mit dem kueng ums<br />

sinen vater, zuo Basel erschlagen. Peter Schopfer. Peter Bomgartner.<br />

Peter Simon. Peter Irene. Peter Stark. Heinrich<br />

i) Die erst seit 1465 schriftlich geführten Manuale oder Rathsprotokolle<br />

zeigen in den ersten Zeiten noch vielfache Lücken. Die Rathsmitglieder<br />

und höhern Beamten sind übrigens in eigenen Osterbüchern zusammengestellt,<br />

doch erst von 1485 an.


96 1474—1476<br />

Ditlinger. Hans Wanner. Bendict Krummo. Barthlome Huober.<br />

Immer Grafhans. Hans Schlitz. Cuonrat Rietwyl. Heinrich Zimmerman.<br />

Doctor Thuering Fricker, statschriber. Heinrich Cuonrieder,<br />

grossweibel. Da sind bi enandren gsessen in einem rat<br />

•> sechs schultheissen, 12 gnempt junkhern, under denen 5 riter,<br />

mit sampt einem doctor [115] statschribern. Deshalben kein<br />

wunder, dass ein stat Bern allenthalb fuer all Eidgnossen an wisheit,<br />

rat und tat hochgeachtet und gerueemt ward. So sind ouch<br />

da 9 Peter gsin.<br />

'o<br />

Burger des grossen rats.<br />

Her Cuonrat von Scliarnenthal, ein selzam wit erfarner riter •),<br />

Hans Wilhelm, des fromen und unredlich erstochnen Wilhelms<br />

schantlich gelepter und also gestorbner sun 2 ), desse Schwester<br />

Elsbet, do si in anwesen irer aeptissin und probsts zuo Hinderi.läppen<br />

| profess solt tuon, ruoft si Thoman Guentschin, einen huep-(l37)<br />

sehen Hinderlapper ordens-jungling, so zuo wiche solt gon, durch<br />

Gots willen um die heilig e an, die ouch iren gelanget. —<br />

Her Wilhelm von Diesbach, riter. Ruodolf von Erlach, letster<br />

vogt zuo Erlach des grafen Wilhelms von Tschalang, prinzen zuo<br />

2o Orenie, und erster einer stat Bern daselbs a ), schultheiss zuo Burgdorf<br />

und verordneter guberuator in die Waut. Hans Ruodolf von<br />

Erlach, nachmals vogt zuo Nidow, da er mit einem pferd über die<br />

brugk ab viel und ertrank. Jacob Petermann, vogt zuo Lenzburg.<br />

Hans, Jörg, Brandolf vom Stein. Bendict von Roemerstall. Thue-<br />

25 ring, Hans, vogt zuo Arburg; Hans Heinrich, vogt zuo Erlach, von<br />

Balmos. Matheus von Bollingen, schultheiss zuo Bueren. Gilgian<br />

von Rimlingen, vogt zuo Schenkenberg. Hemmann Hetzel, schult-<br />

') Vergl. Sinner im Schw. Geschichtsforscher Bd. III. S. 166—186.<br />

Hienach war aber Conr. v. Seh. schon 1472 gestorben.<br />

«) Vergl. a. a. 0. S. 189 u. 196—204.<br />

3 ) Zur Zeit des Burgunderkrieges gehörte Erlach zwei Linien des<br />

Hauses Chalons. Bern besetzte es 1474. Die eine Hälfte wurde als Eroberung<br />

behalten, die andere nachher gekauft. Die Gemeinde huldigte der<br />

Stadt Bern Donnerstag nach Lucie (14. Dec.) 1475. Rudolf von Erlach, Vogt<br />

daselbst im Namen Wilhelms von Chalons, verwaltete dann dieses Amt<br />

noch einige Zeit im Namen von Bern.


1474—1476 97<br />

heiss zuo Undersoewen; Anthoni, vogt zu Bipp; Hans, vogt zu Arwangen.<br />

Schoeni, Niclaus, tschachtlan •) zuo Obersibenthal; Peter,<br />

(138) tschachtlan zuo Frutingen. Hans zer | Kinden; Niclaus, tschachtlan<br />

zuo Nidersibenthal. Simon Tormann. Peter Steiger, nach Niclaus<br />

Bomer von Sanen erster vogt zuo Aelen, Ormont und Boess 5 )..-,<br />

[117] Joss Steiger, vogt zuo Arberg. Peter Bomgarter, vogt zuo<br />

Nidow. Niclaus Meienberg, vogt zuo Wangen. Hans Schnoew],<br />

vogt zu Loupen.<br />

Sechszechner im 74..jar: Her Wilhelm von Diesbach. Peter<br />

Subinger. Lienhart Huepsche. Cuonrat Ilantz. Barthlome Kueng. io<br />

Peter im Hag. Peter Boner. Lienhart Wysshan. Hans Schoeni.<br />

Hans Berger. Hans Wyler. Gilg Eschler. Bendict Irenei. Ludi<br />

Swinghart. Peter Selzach. Imer Gueder. Anthoni Brfigler. Peter<br />

Ross. Meister Hans, buechsenmacher und Ludwig Tillier. Peter<br />

Wyler. Ludi Archer. Dietrich und Ludi Hüpsche. Niclaus, Wil-is<br />

heim Alwand. Hans im Gfel. Hans von der Grub. Lapo. Rapo.<br />

Ribo. Bischof. Keiser. Schlipfen. Gosteli. Grafenried. Linder.<br />

Truechner. Strub. Stral. Vogt. Vischer. Bickhart. Schindler.<br />

Hoewer. Stuerler. Lombach. Holl. Spiller. Ebischer. Hofman. Zwen<br />

Ditlinger. Duebi. Ster. Kloss. Vint den Tribel. Rotenbiel. Kistler. m<br />

Krochtaler. Frisching. Hans Schaller von Tan, ein gliickhafter<br />

schnider. Spoeting. Gasel. Brunner. Korber. Broesemli. Hubler.<br />

Eigensatz. Peter von Wyngarten. ein glueckhafter schuochmacher.<br />

Rudolf von Küchen, grichtschriber. Diebold Schilling, seckel-<br />

(139) und underschriber. | 2-,<br />

Dis a ) sind die bekantisten namen der bürgeren, so zuo<br />

diser zit moegent zuesamen gelesen werden. Wan diss hinlaessigen,<br />

*) Fehlt in A 1; statt dessen der Zusatz [14 a]: Diser rat, klein und gros,<br />

ist hie nit allein von iezt gehandleter sach wegen, sunder nie von des und<br />

vorgendes jars, darin als namhaftig, redlich geschichten under iezt erzaltem<br />

regiment ergangen sind, als ie vor von anfang der stat Bern, im zu<br />

loblicher gedachtnis. Wisheit und dorheit, schük und unschük vermischend<br />

sich umendum.<br />

') Die Bernischen Amtleute auf einigen Landvogteien behielten bis<br />

1798 den Titel Castellan oder Tschachtlan.<br />

2) Bex.<br />

7


98 1475—1476.<br />

schädlichen verlusts sich groesslich ist zu verwundern, dass einer<br />

fuersichtigen stat Bern statbuecher, vor diser zit gemachet, gar<br />

keines, und zuo diser zit dienende keins oder nit ganzes wirt gefunden,<br />

so doch einer fuersichtigen stat nit allein eigne, sunder<br />

souch fremde, namhaftige brief und gschaeft soeltid ingeschriben,<br />

und wie ein kostlicher schaz wol behalten werden.<br />

[118] Fleischschatzuug b ).<br />

Im 74. jar, um Sanct Johans des toefers tag, ist hie folgende<br />

fleischschatzuug beschehen, unsern ziten zu wunder hie<br />

io verzeichnet. Nämlich guot urferis 1 ) und schwinis, ein pfund um<br />

7 pfennig; guot rinds, heilboecken und wideris, ein pfund um<br />

6 pfennig; boeckis, stieris, kueegis, alt schaefis und kaelberis, ein pfund<br />

um 5 pfennig. Und sind schaetzer gewesen von der mezger stuben:<br />

Peter Kistler, alt schultheiss und venner. Hans Kutler, venner.<br />

16 Peter Simon. Anthoni Schoeni.<br />

1475-76.<br />

Schultheiss: Niclaus von Scharnathal, riter.<br />

[119] Von eroforuug der alten lantmark der uralten Eid-(140)<br />

gnoschaft, und wie von der landen wegen gehaudlet.<br />

In jaren Christi Jesu 76 hat ein gluecksame stat Bern, mit<br />

bistand irer Eidgnossen, pundgnossen und burgern von Friburg<br />

und Solatern, nach dem der grossmaechtig Burgunsch herzog<br />

und aller sin anhang was mit gwaltiger hand uss disen landen<br />

geschlagen, erobret und gewunnen der uralten Eidgnoschalt ur-<br />

») Fehlt in A. 1.<br />

i) Fleisch von einem Urfel, d. i. Hammel oder Schöps.


1475-1476. 99<br />

alte landmark, gegen sunnennidergang reichend!), nämlich das<br />

land zwischen dem Laebrer-gebuerg und dem Rotten, von Erlach<br />

und Murten an bis gon Jenfan die bruk, darin uss keiser Julii 2 )<br />

anzeig das ort Orban 8 ), item und derselben Eidgnossen hoptstat<br />

Aventica, iez genemt Wibelspurg. welche mark, iezund redlicher5<br />

Ursachen ingenomen, der stier wol haette moegen und sollen zii<br />

gmeiner hand, ouch vil bass und fueglicher behalten, dan ussert<br />

(141)siner mark uebers Lampartisch gebuerg uss 4 ) | husen; aber es was<br />

im nit gelegen, wan iezundan der nuewen kouflueten sin stuond<br />

nit wie der alten, so der kouflueten unbekant waren, [120] ufio<br />

gmein land und luet, sunder uf eignem gut und gelt ze gwinnen<br />

und ze haben. Und also, wie wol die stolz witfrow Jolanda,<br />

Saffoysche herzogin und regentin, mit sampt irem swager, graf<br />

Jacoben von Remont, gerueempt hat, durch ufgewiste macht des<br />

Burgunschen herzogen uss Bern und Friburg eine ebne ze ma-is<br />

chen ä ), in ansehen des unschuldigen herzogen 6 ) und alter guoter<br />

frintschaft des huses von Saffoy, so half eine truewe stat Bern uf<br />

dem grossen tag zuo Friburg 7 ), dass die land, so gemeltem hus<br />

waren zugestanden, item und des richs stat Jenf mit einer<br />

Schätzung gelediget wurden; half ouch durch eigne botschaft,2o<br />

dass die egenemt herzogin uss ires bruoders, des Franzesischen<br />

kuengs, hand und ungnad erlöst, und wider in ir regiment gesezt<br />

ward. Aber die herschaften Orban, Etscharlen 8 ), Granson und<br />

Murten behielt si mit Friburg gemein, uss liebe, welche si ouch<br />

(142) hies | vor ankunft der Saffoyschen anwaelten uf den egemeltem>-,<br />

tag [121], das Saftbysch kruez ab iren toren und andren orten<br />

abtun, um fuergenomner friung willen 9 ). Behielt ir selber die heri)<br />

Die natürliche Westgränze Helvetiens.<br />

2) Julius Caesar, vergl. oben.<br />

3) Orbe.<br />

4 ) Die Tessinischen Landvogteien jenseits des Gotthards.<br />

5) Vergl. Schillings Chron. S. 221 u. ff.<br />

6 ) Des jungen Herzogs Philibert I.<br />

7 j Friede zu Freiburg zwischen den Eidgnossen und Savoien 13.—16.<br />

August 1476. (Eidg. Absch. II. 608). Savoien versprach Bezahlung von<br />

50,000 Gld.<br />

B ) Echallens (Tscherliz) in der Waadt.<br />

') Ueber die Befreiung von Freiburg aus Savoiischer Unterthanenschaft,<br />

siehe hienach.


100 1477<br />

schaffen Erlach, Aelen, Ormunt und Baess; hat doch einist verwilliget<br />

Aelen wider zuo geben •). Als aber die Waliser ire gewunne<br />

land, Chables 8 ), Gundis 3 ), St. Mauritzen, nit wolten dem<br />

hus von Saffoy widerkeren, do wolt ein stat Bern iren teil ouch<br />

5nit me von handen lassen, aber hat sich nachmals darum gueetlich<br />

vertragen, und die Walliser mit vil mueeg geholfen in löjärigen<br />

bstand bringen 4 ). Und hat also ein truewe stat Bern, ouch<br />

besunder iezt in disem schweren val, wie dan vor und nachmalen<br />

oft, dem loblichen hus von Saffoy truewe und vast notwendige hilf<br />

io und dienst bewisen.<br />

1477.<br />

Babst: Sixtus IV. 6. Roemscher keiser: Fridrich HI. 38.<br />

Franzesischer kueng: Ludwig XI. 17. Schultheiss: von Bubenberg a ).<br />

[122] Von teilung der verlassnen landen des erschlagnen<br />

io<br />

herzog karlis von Burgun.<br />

Im jar Christi Jesu 1477, als uf den fünften tag 5. h«„<br />

Jenner nämlich, der herzog, 1 der in 10 jaren siner regierung,(143)<br />

und davor 7, garnah nie, oder vast wenig zit, sinen grossmueetigen<br />

herzhaften und kriegsgirigen kueriss hat abgetan, und sich<br />

so selb in semliche achtung gebracht, dass er weder keiser, kuengen,<br />

noch herzogen nuetzit vor, ja ouch nit glichs, vermeint ze lassen<br />

sunder fuer all oben ze Schwaben; was von verachter macht mit<br />

siben schlich ertrichs zuo ruowen gesaezt und vernueegt. Do Hess<br />

er angends hinder im nuewe krieg und unruow, die noch zuo unsern<br />

*) Steht am Rande.<br />

') Vergl. hienach.<br />

2) Chablais, so hiess damals der unterste Theil des Wallis am See.<br />

3) Gundis, jetzt ein Dorf, ehemals ein Städtchen und Schloss mit einer<br />

Herrschaft, im untern Wallis.<br />

4) Am 31. October 1478 wurde zu Luzern durch Vermittlung der Eidgenossen<br />

ein 15jähriger Waffenstillstand zwischen Wallis und Savoien geschlossen<br />

(Eidg. Absch. III. 17).


1477 101<br />

tagen kum gestillet sind: nämlich von beherschung wegen siner<br />

verlassnen landen, in zal sines namens erstem biichstaben [123] C<br />

begriffen'); dan nachdem er on manstams glichen erben, und<br />

nur ein einige tochter Maria, von der engelschen kuengin Margrethen<br />

2 ), hat verlassen, welche im Nuessischen bericht 3 ) des5<br />

Roemschen keisers sun, erzherzogen von Oesterrich, was angesagt,<br />

und ieztan zu leid dem franzesischen kueng, der si, sine<br />

toufgoten, gesipte und siner krön landsfuerstin, understuond sinem<br />

sun, delfin Karlin, zuo verglichen 4 ); do fuoren die Burguner und<br />

Flemming fuer, und namen egenemten Maximilian an, irer fuevstin w<br />

(144) zuo einem | gemahel und inen selb zuo einem fuersten 5 ). Und also<br />

ist der nam und der merteil des Burgunschen edlen herzogtiims<br />

land an das wib-glueckhaftig 6 ), edel hus Oesterrich komen.<br />

Und wie nun die witzigen, ouch listigen herren, der Roemsch<br />

keiser und der Franzesisch kueng, mit zusehen erlustrete pyt ieder u<br />

[124] verhoffet, ouch fuemam ganz ze beziehen: do befunden sich<br />

schnei fünf gerüster partien, die da vermeinten an die land gut<br />

ansprach ze haben, nämlich der Franzesische kueng, als des Burgunschen<br />

herzogtiims oberherr, nam ouch das angends dis monats<br />

in 7 ); so nam herzog Maximilian, im namen sines gemahelsw<br />

als erb, die nidre land, Brabant, Flandern und andre in*). Um<br />

Arthois, Picardi und um die Burgunsche grafschaft kriegtens; die<br />

gewan Maximilian 9 ). So wolten die herzogen, Sigmund von Oesterrich,<br />

als hoptsaecher, und Reinhart von Lutringen, als siger,<br />

ouch am nächsten zuogrifen und teil haben. Desglichen d'Eid-25<br />

i) C, der erste Buchstabe des Namens Carolus, bedeutet 100; so gross<br />

nahm man an, sei die Zahl seiner Herrschaften gewesen.<br />

a ) Carl von Burgund war verheirathet mit Margaretha, Schwester de<br />

Königs Eduard IV. von England.<br />

3 ) Im Lager vor der Stadt Neuss schloss Carl mit dem Kaiser einen<br />

Friedensvertrag, 26. Juni 1475.<br />

4 ) Ueber den Plan der Vermählung der Maria von B. mit dem Dauphin<br />

Carl vergl. Commines I. 299.<br />

5 ) «Joyeuse entree» Maximilians in Gent, am 18. August 1477.<br />

6) «Tu felix Austria mibe!»<br />

7 ) Im Mai 1477.<br />

8 ) Im August 1477 zog Ludwig XL seine Besatzungen zurück.<br />

') In Folge der Schlacht von Guiuegate, am 17. August 1479.


102 1477<br />

gnossen, als die, so des kriegs fuernemste hand und stand, und<br />

noch gegen denen landen in ofner vecht waren. Ein fuersichtig<br />

stat Bern riet ernstlich und wol, die Burgunsch grafschaft inzenemen,<br />

vand aber nit volg 1 ).<br />

5 Nun von stund an, nach dem ir fuerst [125] umkomen, als ir<br />

botschaft noch nit von Nuewenburg abgeschei | den, do huob die( l4 5)<br />

Burgunsch grafschaft an, so trungenlich und treffenlich an gmein<br />

Eidgnossen und ire bundgnossen um gleit, bestand und friden<br />

ze werben 2 ), dass d'Eidgnossen, und fuernemlich ein stat Bern, die<br />

ionun nit mit kleinerer arbeit sich mueegt friden, denn vor krieg<br />

ze machen, die naechstbenemten herzogen abwisten und vermanten,<br />

sich des iren, das si durch hilf einer Eidgnoschaft völlig erobret<br />

hätten, ze benueegen, und ward derhalb in volgendem jar zu Zürich,<br />

uf einem grossen tag, so vil gehandlet, dass gmein Eidgnoschaft,<br />

15 zu sampt iren pundgnossen, der gemelten grafschaft ewigen friden<br />

um anderthalb hunderttusend Rinischer gülden gabend und verschribend<br />

3 ).<br />

Ein wunderbare sach, dass die uralten Eidgnossen so vil uf<br />

dise grafschaft gesaezt hatten, dass e si darvon ston woeltid, e ire<br />

wland, lib und guot gegen Roemschen keiser Julio 4 ) unabwislich<br />

wagten, und verluren mit iren puntgnossen 156,000 erschlagner,<br />

und 130,000 gfangner, und aber ieztan [126], so diss land sich<br />

selbs als ein frie herschaft inen erbuet und bittet, sich einig,<br />

oder ie doch mit Saffoy in gmein ufzenemen 5 ), und da der Francs<br />

zesisch kueng, ir pundgnoss, sinen schirm ouch zusagt, oder mit<br />

i) Vergl. z. B. Eidg. Absch. III. 34, vom 24. Mai 1479.<br />

2) Schon Anfangs 1477 (Eidg. Absch. IL 647. 680.)<br />

3) Durch den Vertrag vom 24. Jan. 1478 versprachen Maximilian und<br />

Maria von Burgund, dem Herzog Sigmund von Öesterreicb, dem Herzog<br />

Renat von Lothringen, der Niedern Vereinigung und den Eidgenossen,<br />

nebst Freiburg und Solothurn, 150,000 Goldgulden zu bezahlen als Ent-<br />

Schädigung, «Friedgelds. (Eidg. Absch. III. S. 12. und Beilagen I. 661. 663.)<br />

4 ) Julius Caesar, vergl. Bell. gall. lib. I.<br />

5 ) Nach einer Zuschrift Berns an die Eidgenossen verlangte der Markgraf<br />

von Baden im Namen der Grafschaft Burgund deren Anschluss an die<br />

Eidgenossen und an Savoyen, 12. Juli 1478 (Missiv. D. 141 *). Im Raths-Manual<br />

ist die bezügliche Verhandlung nicht erwähnt, dagegen ist hier (9. Juli)<br />

von der Absicht Berns die Rede, Salins zu besetzen. (R.-M. 24, S. 169.)


1477 103<br />

im ze teilen, oder gar um 200,000 Rinscher gülden ze lassen'); —<br />

(146) das aber der grafschaft, als den Franjzosen haessig, ganz was<br />

ungemeint, — da namends ein so gring gelt darfuer, dass der<br />

einig salzprun 2 ) um zwifach so vil nit soelte hin gelassen sin<br />

worden. In dem aber, als die grafschaft sich muosst der Fran--,<br />

zosen erweren, do nam si von erst der Eidgnossen frien knecht<br />

zu schirm, und demnach herzog Maximilian zuo irein hern an,<br />

der ouch angends in den gemachten bericht verwilliget, und bestimpte<br />

bezalung ze tuon verhiess 3 ). Als aber das vor verderpt<br />

land, und noch mit schwerem krieg überladen, dis bezalung ver-io<br />

laengeret, und ouch der Bisanzisch erzbischof, wie zugesagt, nit<br />

versiglet; do bracht der Franzesisch kueng ze wegen, dass im<br />

d'Eidgnossen, ouch mit irer pundgnossen [127] missvallen, ire<br />

ansprach uf Burgun um obgedingte sumen golds, nämlich um die<br />

150,000 und 200,000 Rinscher gülden gold, ubergabend 3 ), doch 15<br />

also, dass er das land in sinen kosten erobrete, und in gutem<br />

wesen, insunders die Salzpfannen, hielte, ouch clannen zimlichen<br />

kouf, wie versprochen, inen zuokomen Hesse.<br />

Und wie wol nun die Burguner und ir nüwer fürst ein grosse<br />

beschwerd ab disem vertrag hatten, so dankten si doch vast hoch 20<br />

den Eidgnossen und iren pundgnossen um gebnen friden, durch<br />

welchen si noch bishar, wie wol an gut verderpt, ir friheit errettet<br />

und behalten haettid, und darum, Got gebe wer si behersche,<br />

so woellids, nach Inhalt gemachts fridens, mit ir lib und<br />

gut nimmer von einer Eidgnoschaft abtreten, sunder sich ira 2 .-,<br />

(147)vertrösten und halten; mit hoechster beiger und pit: ein from<br />

loblich Eidgnoschaft wolle si nit verlassen, sunder so wit mueg-<br />

•) Vergl. Tagsatzung zu Luzern, 25. April 1477 (Eidg. Absch. IL 671).<br />

A. fasst hier Anfang und Abschluss der diplomatischen Verhandlungen<br />

öfters zusammen, so dass er nicht immer mit der chronologischen Folge<br />

der amtlichen Abschiede stimmt. Die beiderseitigen Geldangebote standen<br />

sich längere Zeit gegenüber, ohne dass ein Abschluss erfolgte.<br />

2) Bern und der grösste Theil der Schweiz bezog nämlich den Salzbedarf<br />

fast ausschliesslich aus den Werken von Salins.<br />

3) Eidg. Absch. II. 691 u. 702.<br />

4) Eidg. Absch. IL 710 vom December 1477, vergl. auch den Vertragsentwurf<br />

vom 26. April gl. .1. (Eidg. Absch. II. 926).


104 1477<br />

lieh vor unbillichem gwalt helfen schirmen!). Und also kam die<br />

teilung der riehen landen allein uf den kueng Ludwig von Frankrich<br />

und uf herzog") Maximilian, und uf ire nachkomen, die bis<br />

in unsere zit also geteilt hond, dass, was ieder mit gwalt oder<br />

5list innemen mocht, das ward sin erbteil. Darum angends zwischen<br />

disen beiden vil und grosse strit, schlachten und stürm<br />

in obren und nidren landen sind ergangen, darbi alwegen uf<br />

beiden siten ein merkliche zal unghorsamer frier Eidgnossen sind<br />

gewesen. Es wurden ouch und sind vil anstand und vertrag<br />

10 durch fliss einer Eidgnoschaft und andrer herren zwischen inen<br />

gemacht, deren doch keiner keinen bestand nie hat behalten,<br />

und ieder teil dem andren nach siner gelegenheit des brechens<br />

schuld gibt, da zuo beklagen kumt, dass ouch bi den fürnemsten<br />

herren der Cristenheit glow und warheit so arg und boes exeinpel<br />

istragen, dass [129] vom ungloebigen und lugenhaftigen bessers<br />

gcrueem])t wirt. Got, der allein selbs wesens glow und warheit<br />

ist, bessers!<br />

Werbung des Franzesischen kuengs an gniein Eidgnossen,<br />

und gmeiner Eidgnossen an kueng, von wegen gegen-<br />

20 waertiger kriegsloeufen und eigner sachen.<br />

Als nun der franzesisch kueng Ludwig den Burgunschen krieg<br />

uss obgemelten Ursachen hat enpfangen, | do schikt er angends (148)<br />

sine botschaft zuon Eidgnossen 2 ), im sinen pund ganz zuo besiglen<br />

und zuo bestaeten, ouch inhalt derselben 6000 knecht mit iren<br />

2shoptlueten und zeichen ze geben; item die Burgunsch grafschaft,<br />

so on des im gehorte, wie das herzogtuom, das er iezt ingenomen<br />

hätte, [130] einen teil oder gar, um ein summ gelts ze<br />

«) Hier endet A. 1 mit den an A. 2 anschliessenden Worten: Also<br />

bleib der zang zu eim teil dem küng von Frankrich und sinen nachkommen,<br />

und zem aiidren teil herzog . . .<br />

i) Vergl. Eidg. Absch. II. 698. Schreiben der Stände von Burgund,<br />

Salins, 9. Septbr. 1477, also noch vor dem Abschluss des Vertrages mit<br />

Frankreich.<br />

2) Eidg. Absch. IL 691 u. ff.


1477 105<br />

lassen; das einer Eidgnoschaft zuo guot und ruowen dienen werde, so<br />

die kuongliche majestat ir truewer pundgnoss sie, und aber herzog<br />

Maximilian sich verbunden habe, sines schwehers tod ze rächen.<br />

Als aber der Roemsch keiser und sin sun herzog Maximilian<br />

durch den bischof von Metz, grafen Hugen von Montfort und5<br />

her Hansen von Ems, item die Burguner und ir edel froewle selbs<br />

durch den erzbischof Karlin von Bisanz, den probst von Selis'),<br />

her Simon von Kleron und her Wilhelm von Rochefort, ritern<br />

und doctorn, und ander von iren drien lands staeten 2 ), so treffenlich<br />

und ernstlich gmeinen Eidgnossen und iren Tuetschen pund-io<br />

gnossen anhielten, mit dem gwalt-tribenden kueng von Frankrich,<br />

wider des heiligen Roemschen riclis land und fuersten, als dan Burgun<br />

und ir nuewer herzog wäre 3 ), [131] keinen pund ze haben, iedoch<br />

ime bi er und pflicht, so si gemeltem rieh schuldig, in einiche<br />

wis kein hilf ze geben; so doch die Burguner, ir fürst und fürstin,«<br />

nuet dan rechts und fridens und keiner räch begerten. Und ob<br />

{149)joch räch ze [ suchen, so wistids wol, wer an ires zuo vil kriegbaren<br />

fuersten tod me schuld trüge, wen die, so in ufgewiglet.<br />

in*) erschlagen haettid. Do hinderhielten und woerten d'Eidgnossen,<br />

ouch fuertreffenlich ein wise stat Bern mit allem»)<br />

ernst 4 ); damit ie doch die Burgunsche grafschaft nit ubergwaeltiget<br />

und zerstört, sunder ze friden gebracht wurde, verbittend<br />

streng den iren, entwederem teil zuozeloufen, manetend<br />

ire loufenden und gelofnen durch brief und ratsboten ab; ermanetend<br />

ouch mitan beder teil hern und hoptluet 5 ), stil zesr,<br />

•) Am Rande ist beigefügt: « an ofnem strit. »<br />

•) Salins.<br />

2) Ueber diese Verhandlungen mit den Gesandten des Kaisers, des<br />

Herzogs Sigismund, des Herzogs Maximilian und der Hochburgunder, vergl.<br />

Eidg. Absch. IL 680, 681. 702, und ferner III. 11. 34. 36 ff. 57, 58, 59. Statt<br />

Hans von Ems sollte es heissen: Jakob von E. (III. 36.)<br />

3 ) Hochburgund wurde als Reichsland, der neue Herzog, Maximilian,<br />

als Reichsfürst erklärt.<br />

4 ) Bern neigte anfangs, unter dem Einflüsse des Adr. v. Bubenberg,<br />

entschieden zur Behauptung von Hochburgund. (Vergl. Eidg. Absch. IL 671<br />

und oben S. 92, Anm. 1.)<br />

5 ) Bern. Miss. D. p. 62 vom 7. Juni 1477. Vergleiche auch Eidg.<br />

Absch. II. 684.


106 1477<br />

ston, biss ein erlicher vertrag, wie darum bestand geben, mit<br />

güete moecht erfunden werden, damit das grim bluotvergiessen<br />

und der kristlichen landen und lueten verderbung einist in disen<br />

nachburlichen landen ufhoerte und gestillet wurde. Und von diser<br />

Ö[132] und andrer sachen wegen, und nämlich einen vertrag oder<br />

anstand des kriegs ze machen, den hern von Tschattegyon ze<br />

ledigen 1 ) die Jenfer mess ze retten 2 ), item und die usstaendige<br />

schulden und pensionen, da von dem kueng hindernus, inzebringen<br />

und ze furchen; do vertigeten si im Ougsten von Zuerich zuom<br />

10 kueng in Frankrich ire zuo der zit nit die mintueriste boten, nämlich<br />

von Zuerich her Hansen Waldman, | zuo Murten riter geschla-(150)<br />

gen, von Bern her Adrian von Buobenberg, schultheissen, und<br />

von de Hansen Imhof 3 ). Die wurden ans kuengs hof zuo Paris so<br />

lang ufgehalten, dass ein stat Bern iren schultheissen beschreib,<br />

15 geschalt oder ungeschaft heim zekomen 4 ). Und in dem kam er<br />

selb, mit list und sorg dem ufsaz entrunnen, dass er abermals<br />

dem kueng wider Burgun nit wolt raten 5 ). Demnach kamend<br />

die andren boten ouch wolgehalten, brachtend guote wort und vil<br />

verheissens, aber wenig bars und haltens 0 ). Und also so half<br />

•io der Eidgnossen und besunder [133] einer truewen stat Bern geflissne<br />

mueeg etwas, nämlich enthalt und bericht der Burgunschen<br />

grafschaft 7 ), aber doch nit so vil, wen dass si weder froemd noch<br />

die iren vermochten ze meistren, dan die huldrich pension, mit<br />

irem vil ze willigen knecht sold, was zuo gewaltig.<br />

') Chäteauguyon. Davon findet sich nichts in der gedruckten Ausgabe<br />

der Eidg. Abschiede. S. dagegen: Schilling, S. 213 u. 288.<br />

2 ) Der König von Frankreich verbot, um die Lyoner Messe zu begünstigen,<br />

seinen Unterthanen den Besuch derjenigen von Genf. Die Sache gab<br />

zu langen Verhandlungen Anlass. (Vergl. Eidg. Absch. II. Regist.)<br />

3) Eidg. Absch. IL 694.<br />

4) Am 16. Oct. Miss. D. p. 95.-100, 101.<br />

5) Bubenberg fürchtete für seine Sicherheit am französischen Hofe. Er<br />

kam zurück: «in schlechtem stat und mit yl» (Missb. D. p. 101).<br />

6) Die Abfertigung der Gesandten durch Ludwig XL und den Bündniss-<br />

Entwurf siehe Eidg. Absch. IL 705.<br />

') Friedensvertrag vom 24. Jan. 1478. (Eidg. Absch. III. 1 u. 661.)


1477 10T<br />

Wie der pensiongwerb, ze Bern ernueweret und bestaet,<br />

grossen git, zwitracht und ungehorsam gewunnen hat.<br />

Und wie wol nun die meisterlose pension obren gwalt hat<br />

uberkomen, so ward si doch iez, als ob si nur krieg und zwitracht<br />

und nit friden und einmueetikeit machen koente, ja ouchs<br />

(151) den baeren um eigennuetzigs gits | willen versaezt haette, bim gmeinen<br />

man und etlichen gmeinsamen raeten und bürgeren so wit<br />

verluembdet, dass si in semliche sorg und gfar kam, dass si mit<br />

listiger pratik irer ersten gwerbsgnossen muost sich selb und<br />

ires kuengs gschaeft demueetiklich und höflich beschirmen, und be-1*<br />

21.Aug. staetung erwerben; [134] beschach also: Nach dem uf den 21. tag<br />

Ougst, zu Bern vor gmeiner Eidgnossen boten, die Franzesisch<br />

botschaft, fuernemlich her Jos von Silinen von Lucern, probst zuo<br />

Münster im Argow, Verwalter des bischtuoms Granobel •), des<br />

kuengs rat und aller pensionierer advocat, mit verheissner be-is.<br />

zalung der schulden und pensionen, hat obgemelte artikel abermals<br />

angebracht, do vereinbart sich demnach von ersten der<br />

klein rat, darnach am andren tag mit einer gelegnen zal der<br />

burgern, am dritten mit noch me burgern, und am vierden, — was<br />

27. Aug. mitwochen und der 27. tag Ougst — mit gmeinen bürgeren 2 ), ufs*<br />

disen fuertrag des kleinen rats, der kuenglichen gschaeften, vereinung<br />

und pensionen halb, es berueer mine hern in einem oder<br />

andrem, ouch des guoten jars, so der kueng minen hern den raeten<br />

jaerlich gibt: wenn es inen 3 ) gfaellig sie, so woellid si das nemen,<br />

(152)und | dennocht anders niemer raten noch reden, denn from luet;25<br />

angesehen dass si dem kueng nit, weder eids noch e"ren halb,<br />

sien verbunden. Sie es inen aber widrig, so woellid si des mueessig<br />

gon, und [135] ganz in irem willen leben. Also ward inen das<br />

gueetlich vergönnen, und dabi gesagt: si woeltid, dass inen der<br />

i) Grrenoble in Frankreich. Ueber Jost von Silinen, nacher Bischof von<br />

Sitten, siehe G. v. Wyss, in der Allg. deutschen Biographie.<br />

') D. h. der Grosse Rath der Zweihundert.<br />

3) Nämlich den Burgern des Grossen Rathes.


108 1477<br />

kueng noch vil me täte'). Und also ward der huldrichen pension<br />

ir siz in Sicherheit bevestnet, und ouch diser wünsch so<br />

gflissen zuo herzen genommen, dass nah und nah ein einzig hus<br />

sich nit benueegt, daran sich anfangs ein ganze stat wol hat lassen<br />

sbenueegen; dass fuer und fuer, welchem me hat mögen werden, der<br />

hat sin Hb, leben, er und eigen guot dar gewagt; und welcher<br />

am meisten hat geben, der hat bi disen gwerbslueten den stärksten<br />

gunst und anhang gewunnen, so doch ir lobrichen fromen altvordren<br />

über 250 jar über alle Tuetsche nationen gerueemt und<br />

logeachtet sind worden, als die, so einige gerechtigkeit und firbarkeit<br />

ansehid und dieselben ouch mit irem bißt, on iemands verschonen,<br />

vest handhabid und schirmid. Von disem hochtueren ruom<br />

hat der pension erstgeborner sun, mit namen der eigennützig<br />

gwalt- und geltgit, unverschaempt, wie blind, schier gar nuet lassen<br />

i5 uberbliben, und an d'stat desselben in einer fromen Eidgnoschaft<br />

nuet kuentlicheres angericht, dan unversueenliche und unersaezlichs<br />

Schadens zwitracht; wie das zuo ewigen ziten zuo Zürich<br />

Waldmaus handel, und zuo Bern der Kuenitz-krieg | kläglich be-(153)<br />

zögen 1 ); und so verruchte unghorsame, dass iezt angends nach<br />

so des Burgunschen herzogen tod ein Eidgnoschaft, und besunder<br />

ein loblich stat Bern, froemde kriegsgloeuf ze wören, hond grösser<br />

und sorglicher unruow mueessen haben und doch nit vermögen 3 ),<br />

dan vorhin in eignen kriegen, da si mit guoter ghorsame hond er<br />

und guot, land und luet gewunnen und irer redlichen vordren ach-<br />

2stung so hoch und wit erhaept, dass ir schat und nam in aller<br />

weit me hat gölten, dan nachmalen irer nachfaren mit Pensionen<br />

ueberschuettmacht und tat. Da kein hilf noch besserung zu<br />

erwarten, dan so der gnadrich hergot gnad verluehe, dass ein<br />

loblich Eidgnoschaft, in goetlichem wort vereint und verpunden,<br />

so die alte friheit, einmueetigkeit, hantveste und truew wider ernuewerete<br />

und zuo hand naeme. Das gebe Got!<br />

') Raths M. 22, S. 116—117.<br />

2) Vergl. über den Könitzer Auflauf hienach zum Jahr 1513.<br />

3 ) Betrifft den Zug der «Gesellschaft vom Thörrichten Leben» (Sauund<br />

Kolben-Aufstand), den Bern im Februar 1477 nicht zu verhindern vermochte.<br />

Vergl. hienach.


1477 109<br />

[137] Was achtung und kriegsart ein Eidguoschaft zu<br />

disen ziten gehaept habe.<br />

Was achtung und kriegsart eine veste redliche Eidgnoscliaft<br />

in diesen jaren gehaept habe, mag wol ermessen werden uss hie<br />

volgenden versen, uss einem blich gezogen, das ein Pariser, mit 5<br />

namen Petrus de Blarrorivo, vom Burgunschen krieg hat getichtet").<br />

Von der Murtenschlacht. L. 2.<br />

Alpestres clarum excipiunt adamantque Renatum<br />

(154) Helvetii, claro quamvis a sanguine abhorrent. |<br />

*<br />

Pugna diu durum Martern oblectarat, at ipsis<br />

H<br />

Non placet Helvetiis belli dilata cruenti<br />

Gloria, sed geminant animos, mulgentque cruorem,<br />

Non alio quam si peterent convivia vultu.<br />

Quos si respicias, mors posset amica putari<br />

Indulsisse illis, non bella timentibus aspra. 15<br />

Hinc Iseti ad letum, sed nudi, in praelia currunt;<br />

* *<br />

*<br />

Et jam, pro patria fortes, obstantia frangunt<br />

Castra, viros, vexilla, genusque necatur equinum,<br />

Parcitur hie nulli, proceres et vulgus eodem<br />

Nomine censentur. Pius est homieida, tueri<br />

^<br />

Qui patriam ferro valet, et se ostendere morti,<br />

Ut pacem redimat, ars est hie una: ferire,<br />

Et prosternere humo pugilem, jugulare cadentem,<br />

Una est; his validum clarus domat Helvetus hostem.<br />

*<br />

•) Vergl. oben S. 90, Anm. 2. Die Verszeilen des Originals sind oft willkürlieh<br />

zusammengestellt und mehrfach verändert. Da der alte Druck weder<br />

Seiten noch Zeilenzahlen angibt, so ist eine genauere Nachweisung der<br />

Citate unmöglich.


110 1477<br />

Sed genti Helvetica? est mos, plus audere recepta<br />

Vulnera post, fusique solo post damna cruoris,<br />

[138] Laus fuit Helvetiis, nam sanguinolentior iisque<br />

Vis fera, miscendis atque oportunior armis.<br />

h Inde cadaveribus miscere cadavera, mortes<br />

Mortibus, et rubri profundere sanguinis aequor,<br />

More student patrio, et belli monumenta relinquunt<br />

Dira, suosque volunt pro testibus affore campos.<br />

Optimus hie pro re, cui nomen publica, miles<br />

10 Quisque fuit, pro se et pugnans, arisque, focisque.<br />

Im zug gon Nanse.<br />

L. 4. 6 •).<br />

Justitia ac pietas nos nostro ab limite vellunt.<br />

Intrepidi valido sua verbere timpana tundunt, | . (155)<br />

*<br />

Et patrio pro more tonant ad praelia lseti<br />

15 Helvetii, qui tunc velut ad convivia currunt,<br />

Missuri ad manes multos, aut forsan ituri.<br />

*<br />

Et color, et gestus saltantis, et ipse superbus<br />

Gentis gressus, humumque tremor pressam oecupat omnem.<br />

*<br />

Helvetii, postquam sua ventis signa dederunt,<br />

so Ingentem datura metum, quoeunque feruntur,<br />

Tunc fuerant, nisi qua noseuntur adesse saluti.<br />

* *<br />

Et nomen totiens hostes 2 ) umbramque timentes<br />

Helveticas tantum gentis, ne corpora dicam.<br />

Hi dimissa 3 ) domi jurant charissima sese<br />

25 Pignora visuros nunquam, fera donec ad arma<br />

i) Die zwei ersten Zeilen aus L. 6, die nächsten 5 aus L. 5, dann<br />

wieder aus L. 6.<br />

8 ) Nanceis (L. 6): Ni fractos totiens hostes?<br />

s j Nanceis: Hie dimissa.


* -_ . 1477 111<br />

"*""1 •- -»<br />

Ius veniat titubans, patriamque resumere siccis<br />

Ensibus esse nefas credunt, ducuntque pudori.<br />

Dulcius Helvetiis nil strage aut sanguine, justi<br />

Quem belli rabies prtelarge effundit honesta.<br />

* *<br />

*<br />

Helvetica? mos est intranti pralia genti, 5<br />

Non tortis resonare tubis, laetatur at Ura<br />

Se primam in bellis, et pnelia clangere tali<br />

Tamque gravi, et noto per coelum et tartara cornu<br />

Arte cavo'), quod dum hello tonat, hostibus aegrum<br />

Horrorem arrecto solet inspirare capillo.<br />

io<br />

L. 1. Klag der baeren wider die lutringschen jaeger.<br />

En ingrata Deo es, et 2 ) oblita recepti<br />

Obsequii, quo te ditem de paupere fecit<br />

(156) Ursus, agens acies primas, vexillaque belli |<br />

[139] Prima tui, quo tu victrix ex hoste redires. , 5<br />

Anne quod Andreios tibi proculcaverit hostes<br />

Berna, vel ursus, edax nostri, Lotharingia! parvi<br />

Pendis, ebes? . . sie, sie, obliviscendus an ille<br />

Ille dies fuerat, quo nomen et arma Renati<br />

Extulimus crelo, fragili pro principe fortes? %><br />

An den Burgunschen herzogen, sin achtung,<br />

art und end anzeigend.<br />

Te te, ego, dive loco hoc aquike socer! alloquor efflens,<br />

O decus armorum et formidatissime prineeps,<br />

Carole! progenies humani clara Philippi! s»<br />

Die, qua cote novos semper variosque furores<br />

Exacuis, vel qua spirant fornace tot »3stus<br />

Irarum? Quid qua3ris opes perdives, agrosve<br />

Terrarum locuples? Quid Tantale siecus in unda es?<br />

Dii majora tibi debent, hoc forte putasti? 30<br />

i) Nanceis: Arte cavum est.<br />

2 ) In der Nanceis steht: nee non; «et» passt auch nicht in den Vers.


112 1477<br />

Multa sed in tenues vanescunt somnia fumos,<br />

Et voti authores eludunt saepe, vagasque<br />

Spes hominum ridet jucunda curia celi.<br />

Quod loquor hie, audis: amplectitur omnia nemo.<br />

5 Nec de prineipibus, quos clarior efficit ortus,<br />

Terrarum dominos, animosior affuit ullus,<br />

Sed neque vel famse aut 1 ) laudis amantior, immo<br />

Ante omnes vehemens palmar quaesitor et acris.<br />

*<br />

Hunc posses dixisse ducem, regemque vel ipsum<br />

io Gradivum, nempe is solus, ni fata vetarent, | (157)<br />

Mille viros poterat hello terrere potentes.<br />

Fecit is in foites, quic quid fortissimus, audet.<br />

Umbra fuit metuenda viri, metuenda leonis,<br />

Principis et nomen, cujus cum litera centum<br />

15 Prima sonet, totidem dux terras Carolus implet.<br />

*<br />

Armipotens 2 ) olim prineeps, modo perditus atque<br />

Infelix pauca lnec moribundo interrogat ore:<br />

CaroLVs hIC Ianl qVInta sIC VInCo RenatVM? 3 )<br />

* *<br />

Ore locum mortis, mensemque, annumque, diemque,<br />

£0 Vi periens, multa, versu complectitur uno.<br />

') Sollte wohl eher heissen «vel».<br />

') Nanceis: Fata: potens . .<br />

Die Stelle ist aus dem 6., die vorhergehenden aus dem 1. Buch.<br />

3) Ein Chronostichon, dessen grosse Buchstaben als lateinische Ziffern<br />

das Jahr 1470 bezeichnen.


[140] Erniiwerung und bestätung des punds zwischen<br />

Saffoy und den staeten Bern und Friburg, da die<br />

stat Frifourg vom Saffoyschen gwalt ist gelediget<br />

worden.<br />

Dis jars Ougsten hat des heilig geachten herzogs Amedei,.-><br />

im angang des Burgunschen kriegs verscheiden'), hochmueetige,<br />

maennische witfrow, Jolanda, des kuengs von Frankrich swester,<br />

mit sampt den drien staeten 2 ) des loblichen huses von Saffoy, im<br />

(158)namen | ires jungen suns Philiberts, vierden herzogen egenemts<br />

huses, ein treffenliche botschaft gon Bern geschikt, mit einerto<br />

langen credenz, voller und ze vil hoher schmaechlerl, doch mit gebuerlichem<br />

lob: dass ein stat Bern ire puend und glouwen von keines<br />

glueks wegen nie veraendret habe; nämlich: her Urban von Chiveron,<br />

Roemschen protonotari und apt St. Amedei, her Bernhart<br />

von Menton, her Bertrand von Deyra 3 ), doctorn, rat und präsi-15<br />

denten zuo Jenf, Stefan Paccoti, sitzen [141], mit einer loblichen stat<br />

Bern, die alten puend zu ernuewern, wider ufzerichten und ze bestaeten<br />

4 ). Do wurd uss treffenlichem anhalten einer truewen stat<br />

Bern, von wegen irer lieben mitburgeren, diser handel uf den<br />

20. in?. 20. tag obgenemts monats also beschlossen und verbriefet, dass 20<br />

ein stat Friburg von aller oberkeit und pflicht des huses von<br />

Saffoy in d'ewikeit soelte fri und ledig, aber gegen dem gemelten<br />

hus, glich mit Bern, im pund verpflicht und verbunden<br />

sin 5 ). Dabi sind von Friburg boten gsin: Jacob Velg, schultheiss,<br />

her Rudolf von Wippingen, riter, her Peter von Fossyne, riter,25<br />

Wilhelm und Hans Taechterman, venner, Heinrich Larer, al des<br />

•) Herzog Amadeus IX. war am 28. März 1472 gestorben.<br />

a ) Nach St. 11. W. waren es: Chamberi, Evian und Thonon. In den<br />

Akten sind die drei Städte weder genannt noch erwähnt.<br />

3 ) Soll heissen Bertrand de Jvrea (vergl. Eidg. Absch. IL 941). Ebenda<br />

wird auch noch Johannes Lestelley als Gesandter genannt.<br />

4) Vergl. Eidg. Absch. II. 694, 695. Das Bündniss selbst vom 20. Aug.<br />

1477 steht Eidg. Absch. IL 936.<br />

5 ) Die Entlassung von Freiburg aus der Souveränetät Savoiens ist<br />

datirt vom 23. August und 10. September 1477; die Urkunden siehe Eidg.<br />

Absch. IL 941-943.<br />

8


114 1477 } , - '"<br />

rats; und Hans Furer, grossweibel •). Demnach hat ein stat<br />

Friburg das Saffoysch Rodis-kruez 2 ) ab, und des Roemschen richs<br />

adler an{genommen. Der friung si ewig einer truewen stat Bern (159)<br />

truew hat und schuldig ist ze danken und nimmer zuo vergessen.<br />

5 Burgrecht her Hans Ludwigs von Saffoy mit Bern und<br />

Friburg.<br />

[142] Unlang nach obgemeltem Saffoyschen handel ist her<br />

Hans Ludwig von Saffoy, des jungen herzogen vaters Bruder-,<br />

ewiger Verwalter des bischtuoms zuo Jenf, zuo Bern und Friburg<br />

ioburger worden 3 ); half im und der stat Jenf, gegen den ungestindigen<br />

Eidgnossen, schulden halb, vastwol, derenhalb ein truewe<br />

stat Bern 11,000 Rinscher gülden zuo Strassburg und Basel ufbrach<br />

4 ).<br />

Ein stat Bern hiesch zuo Jenf durch Barthlome Meyen etliche<br />

lskleider, so des Burgunschen herzogen solten sin gewesen 5 ).<br />

So begert frow Margret, graefin zuo Wirtenberg, ögenemts<br />

hern von Saffoy Schwester, von einer stat Bern ze koufen des<br />

Burgunschen herzogen wunderbars gemaechts baetbuch. Darum<br />

ward von ir ein eigne botschaft gevordret, gon Bern ze schicken 0 ).<br />

so So hat diser schwester, Bona, herzogin zuo Meiland, sich und iren<br />

Sjaerigen sun, herzog Johan Galeatzen, einer stat Bern ernstlich<br />

bevolhen und die alte verstaentnuss ernueweret 7 ). | (160)<br />

[143] Erste Erbeiuung") zwischen dem hus Oesterrich und<br />

ein teil orten der Eidguoschaft.<br />

25 Diss jars, uf den 13. tag October ist zuo Zürich die erste 13. Od<br />

•) Diese Namen sind im Berner llaths-Man. nicht genannt.<br />

2) Das dem Maltheser- oder Rhodiserkreuz ähnliche Wappen von Savoien.<br />

•) 14. Novb. 1477. Raths-Man. 23, S. 17 u. 34.<br />

4) 13. Februar und 14. März 1478. Raths.-Man. 23, S. 184 ff.<br />

5) Schon im Mai 1477 (vergl. Raths-Man. 21. S. 194. 213, 214.)<br />

6) Missb. D. p. 86 vom 19. Sept. 1477.<br />

') Freundschaftavertrag von Mailand mit den 8 Orten und St. Gallen<br />

vom 10. Juli 1477 (Eidg. Absch. II. 689 u. 930.)<br />

8 ) Erbeinung, so genannt, weil sie nicht nur mit Herzog Sigmund,<br />

sondern auch mit seineu Erben auf ewig gelten sollte.


"""- --^ 1477 115<br />

Erbeinung gemacht worden zwischen herzog Sigmund von Oesterrich<br />

und disen orten der Eidgnoschaft, nämlich Zürich, Bern,<br />

Lucern und Ure, und der stat Solatern, über den erbfriden,<br />

hilf und schirm tragend der anstossenden landen, ins fuersten<br />

sold, wider froemde viend und heimsche ufrueerer'). 5<br />

Burgrecht der fuenf staeten Zuerich, Bern, Lucern, Friburg<br />

und Solatern.<br />

Nach ergangner ufrueerischen süw- und kolbenreis, uss den<br />

ländren und Zug erhaben'), hond die fuenf staet Zuerich, Bern,<br />

Lucern, Friburg und Solatern ein ewig burgrecht, ein andren 10<br />

vor gwalt und ufruor ze schirmen, verbriefet und geschworen 3 ).<br />

Das haben angends die dri laender [144] als ein nuewe ungmein-<br />

(161)same suenderung so lang widerfochten 4 ), bis dass uss ewig j<br />

wenig jar wurden, wie vast joch das als £rlich und niemands<br />

nachteilig man vermeint ze erhalten. Wie es aber zerbrochen sie, 15<br />

wirt an sinem ort erzaelt werden.<br />

Einer wisen stat Bern from, löblich insehen wider allerhand<br />

laster und schaden, mit anrichtung alles desse,<br />

so zue Gots und irer herschaft lob und er dienlich<br />

bedacht a ). 20<br />

Wie dan krieg bi den alten ist manlicher tugent ein semliche<br />

ueebung gwesen, dass haruss die frien und edlen sind er-<br />

») Dieses und das folgende Kapitel findet sich auch in A. 1 [27 * u. ff. ],<br />

aber in wesentlich veränderter Redaktion.<br />

') Die Urkunde ist abgedruckt Eidg. Absch. IL 944.<br />

2) Ein Schwärm ausgelassenen Volkes aus der innern Schweiz hatte<br />

im Februar 1477 wider den Willen ihrer Obrigkeiten einen Zug unternommen,<br />

um die Stadt Genf zu brandschatzen. In ihrem Panner führten sie<br />

einen Eber mit einem Kolben, daher die Benennung. Missb. D. p. 38—43.<br />

(Vgl. darüber Tillier, Gesch. Berns IL 315 ff.)<br />

3) 23. Mai 1477. Die Urk. siehe Eidg. Absch. IL 929.<br />

«) Vergl. namentlich Eidg. Absch. III. 1, S. 5. 8. 9 ff. vom 8. April,<br />

1. Mai und 8. Juli 1478.


116 1476—147&--<br />

wachsen, also dass niemand denn fri, und edelmanszucht ze<br />

lernen und ze bewisen, darzuo gebracht wurden; aber nach und<br />

nach ist dise ueebung dahin [145] verwachsen, dass si ist worden<br />

ein unverschaempte schuol aller untugent und laster, ja ein sunders<br />

5 grime plag, da mit der gerechte Got als suend mit suend plaget, und<br />

erst hiemit witer ze plagen gereizt wirt; wie dan ouch disem<br />

Burgunschen krieg nach fuenf jar vil ungewiter, gross, schädlich<br />

wasserguessen, gross tuere, gross sterben, vil ufrueerischer emboerungen,<br />

rotungen, suendrungen, vil reuberi und mort entstunden;<br />

io das alles von aller Grbarkeit ward wolverdienter straf Gots zugeben,<br />

von wegen grosser und viler misstaten, so, unverschaempt<br />

und unverschont Gots und menschens, in ergangnem und noch<br />

hangendem grimen krieg an vil orten und enden beschehen waren<br />

und noch nit ufhorten, sunder sich fuer und fuer meireten. Darzuo (162)<br />

i5 so waren die bischtuom Costens und Losan mit zwifachen bischofen •)<br />

so ganz verwirret, dass ire priesterschaft auch so ein ganz zomlos<br />

leben fueert, dass der weltlich gwalt drin muost sehen und weren.<br />

[146] Nun diser dingen halb, da vereint sich mit gschwornem<br />

eid einer loblichen stat Bern Örsam, wis regiment, klein<br />

20und gross raet: Ordnungen, gepot und verpot, wider allerhand<br />

laster und missbruech angesehen, unverschont ze hanthaben, die<br />

unghorsamen und frefnen Übertreter ouch mit gwaltiger hand abzewisen<br />

und ungestraft nit hinzelassen; und Hess bi hohen buossen<br />

in stat und land streng verbieten: gotslaesterung, swueer, huorl, boes<br />

25 sitten, schamliche kleidung, fuerkouf, wuocher, ufrueerisch emboerung<br />

rotungen, suendrungen, kriegsgloeuf, und alle ofne laster und missbruech,<br />

und daneben geboten und hoch vermant, gotsforcht, erbarkeit,<br />

frid, liebe, truew, ghorsame, einhellikeit, gmeiner schirm, und<br />

alles, was zuo gmeinem nuz dienlich, fuerzenemen, fuerdren und<br />

') Im Bisthum Constanz stand seit Sept. 1474 der vom Papst erwählte<br />

Ludwig von Freiberg dem vom Capitel ernannten Otto IV., Grafen von<br />

Sonnenberg gegenüber (Stalin, würtemb. Gesch. III., 582 ff.). — Im Bisthum<br />

Lausanne widerstand das Domkapitel der Einsetzung des vom Papste erwählten<br />

Cardinais Julian della Rovere (nachher Papst Julius II). Ueber den<br />

langen Streit vergl. Bern. lat. Missb. ß. und Ruchat, histoire des troubles<br />

arrivez dans le diocese de Lausanne en 1472—74, in Mspt. H. H. III, 70-<br />

Bern. Stadtbibl.


"*"•--J^I6—1478 117<br />

ze halten, item uf die mueessige juffkind, loterbuoben, landstricher<br />

und gutzer acht ze haben und ab weg ze wisen').<br />

[147] Item und in al ire gebiet allen dechan strenge mandat,<br />

von den bischofen rass ervordret und ussgebracht, zugeschickt,<br />

(163) die priesterschaft zuo reformiren und | zuo geflissnem gotsdienst zes<br />

triben"), darzuo dem almaechtigen Got zuo lob und dank um das<br />

gehaepte gluek, ouch das fuerbass ze behalten, frid, gnad, und ergangner<br />

misstaten versueenung ze erwerben, und egemelte strafen<br />

abzepitten, in stat und land ufgesaezt, vil gepet, kruezgaeng, vil<br />

unser frowen, S. Vinzensen, S. Bastians, und insunders vil seien-1„<br />

messen und selentag 2 ), uss angeben ires geleiten, aber zuo aberglouben<br />

gneigten statschribers, der ouch in sinen letsten tagen<br />

liess an sine messtaflen messhaltende toten malen, und dem erdichten<br />

prediergeist 3 ) glowt"). Und") damit nuet underlassen wurd,<br />

so zuo der reisenden seien besserung und heil reichen möchte, i5<br />

volkomne begnadung, ablegung und gnügtieung [148] ir aller suenden<br />

und schuld wuerkte und brächte, zuo Rom tueren ablass durch<br />

eigne boten, nämlich iren statschriber, probst Stoeren von Anseltingen")<br />

und probst Kistlern von Zofingen 4 ), erkouft, und ouch<br />

denselben nach siner heilikeit und kraft hoch ze prisen, tuer, •&<br />

kostlich und koeflich ze machen, den hochgelerten und verrueempten<br />

•) Das Folgende in A. 1 [27*] mit eigner Ueberschrift: Von gotsdiensten<br />

verordnet.<br />

b ) Statt dieses Satzes steht in A. 1 [28 *]... zu denen der rechten hochgelart<br />

doctor Thuring Frieker, der zit zu Bern statschriber, so geneigt was,<br />

dass er in sinen letsten tagen uf siner caplonig altar liess malen döten,<br />

die mess für ire güttäter, für sich und ir mitseien hieltid, deshalb er ouch<br />

recht und gut achtet die meisterliche, gmeinsame luge von einem dötneu<br />

pryel hie zun predigern erdacht.<br />

c ) Das Folgende in A. 1 [28*] mit eigener Ueberschrift: Vom Römschen<br />

ablass.<br />

d ) A. 1 fügt hier bei: die wolverdienten grossen pfründen krümmer,<br />

bäbstlichen prothonotarien und erzdiacone.<br />

') Bezieht sich wahrscheinlich auf das Mandat vom 7. April 1481<br />


118 1476-147£, • "'"<br />

der heiligen gschrift doctor und praedicanten, her Johansen<br />

vom | Stein, pfarhern, zuo Margrafen-Baden, von sinem forsten(164)<br />

erworbnen, haruf und harzuo e"rlich versoldet und bestelt'). Das<br />

doch alles, wie Schilling schribt, nuet oder wenig erschoss, unss<br />

sdass die unrueewigen, verwildeten, unpaendigen mit der Franzesischen<br />

puendnuss uss dem land ze loufen ein loch gewunnen J ); ouch<br />

dasselb hienach so vest behielten, dass hiefuerahin kein zun, kein<br />

mur, kein schloss, kein verpot das mocht verriglen; und [149],<br />

wen die frommen, fridsamen understuonden die pensionischen, krieiogischen<br />

puend abzeraten, dass des amman Redings von Swytz<br />

uebel bedachter, aber vast gebrachter spruch, nämlich: « d'Eidgnossen<br />

mueessen ein loch haben», ouch ein fuergang muost haben.<br />

Nun semlicher miss- und aberglowen pensionischer kriegscher<br />

puenden und mutwilliger kriegsgloeufen missbruch ist sich<br />

lö Bit vast zuo verwundren, noch zuo verargen an ein from, schlechtharkomne<br />

Eidgnoschaft, ouch insunders an ein stat Bern, so ie<br />

und ie den baebsten als Gots stathaltem ghorsam, und den geistlich<br />

gnemten gevelgig und gneigt ist gwesen, so da nit allein<br />

der kristenheit obriste weltfuersten, sunder ouch ira Gots geist-<br />

20 lieh verwoente stathalter, die baebst selber, die bischoef, die geistlichen<br />

und gierten, vor | und von diser zit an biss uf unsere(165)<br />

tag, si mit allem vermögen in semliche Sachen erkouft, gewist,<br />

bracht und bracht hond. Got bessers noch!<br />

[150] Schätzung loeuflger münz.<br />

25 Als zuo disen ziten mancherlei muenz ist gangen, hond rat<br />

und burger zuo Bern volgende beschaetzung angesehen, uf fritag<br />

nach Verene 3 ):<br />

i) Ueber Dr. Joh. von Stein, a Lapide, und seinen Aufenthalt in Bern<br />

siehe Berner Taschenbuch, Jahrg. 1881. Vergl. auch hienach zum Jahr 1480.<br />

2 ) Im März 1480 kam endlich der Bund mit der Krone Frankreich zur<br />

Ausführung, durch welchen die Eidgenossen 6000 Söldner versprochen hatten.<br />

(Eidg. Absch. III. 1. S. 57.)<br />

3) 5. Sept. 1477 (R.-Man. 22, S. 138). Damit ist zu vergleichen die<br />

Eidgenössische Münzschätzung vom 23. Jan. 1487 (Eidg. Absch. III. 1. S. 257).<br />

Dort sind Mailänder Groschen «mit Federn» und solche mit einem F erwähnt.<br />

Der Krähenplappart war eine Züricher, der Karlin eine Italienische<br />

Münze. Spagyrle wurden auch in Luzern geprägt. In weitere Untersuchung<br />

kann hier nicht eingegangen werden.


- H*6—1478 119<br />

Plaphart. Baseler kruezplaphart: 18 pfennig; Bern, Friburg,<br />

Solatern, Frankrich, Meiland mit strussfedren: 15 pfennig; mit<br />

dem p: ein Schilling, pabst und alt plaphart, stiber, Behemsch:<br />

20 pfennig; Saffoyer, Burgunner, alt Züricher: 14 pfennig; kreienplaphart:<br />

16pfemiig; wiss pfennig: 1 Schilling; ruehling: 10pfennig,s<br />

zwen kruezer: ein plaphart; einen guoten karlin: 9 fuenfer; einen<br />

guoten Arragunischen und Senis plaphart: 5 fuenfer; ein spagyrle:<br />

3 pfennig; fuenfer und kart: 5 pfennig; zwen angster: 3 pfennig;<br />

Bern angster: 2 pfennig; Basel Sechser: 5 pfennig: mag nemen<br />

(166) wer da wil. I w<br />

Gold. Einen gülden: 28 plaphart; einen bischlag: 18 plaphart;<br />

einen Uetrischen gülden: 26 plaphart; einen ducaten: 36<br />

plaphart; einen Franchricher schilt: 34 plaphart; einen Saffoyer<br />

schilt mit dem kruez: einen Rinschen gülden.<br />

Von erschrocklichem weter. 15<br />

Diss jars Brachat, als der grusam donderschlag mit sichtbaren<br />

grossen flammen zum dritenmal hat angezint den alten<br />

kilchturn S. Vinzensen, der neben dem kor, schatenhalb, da iezt<br />

unser frowen bruoderschaft kappel, ist gestanden: do ist im turn<br />

am löschen [151] der alt schultheiss, her Niclaus von Scharnental, 20<br />

riter, getroffen, also dass er an einer siten gelaempt, hienach über<br />

etliche jar des schlags ist gestorben'). So bliben da tod her<br />

Hans Willisower, tuetsch ordens, ein priester, und Jacob Lombachs><br />

der zit des richesten und vernantisten wirts, so zwischen Nuerenberg<br />

und Lyon was 2 ), knecht, zwo schenkgelten mit win, ze 25<br />

löschen, uftragende. Morndes kam erst ein grosser hagel.<br />

[152] 1478.<br />

Babst: Sixtus IV. 7. Roemscher keiser: Fridrich III. 39. Fran-<br />

(167)zesischer kueng: Ludwig XL 18. Schultheiss: von Buobenberg 2.|<br />

') Niclaus von Scharnachthal, geb. um 1419, gest. 1488 oder 1489, vergl.<br />

Stettier, Genealog. Mscpt. Stadtbibl. Bern H. H. XII. 10, p. 28 u. ff.<br />

2) Jakob Gurtenfrei, genannt Lonibach, soll Wirth «zur Krone» gewesen<br />

sein; er starb 1501. (Leu. helv. Lex.)

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