Der Menschenrechtsbericht der Stadt Graz 2012 - ETC Graz
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4. Soziale und wirtschaftliche Menschenrechte<br />
41<br />
Menschenrechtsbeirat empfohlene „Gesundheitsfolgenabschätzung“<br />
(Empfehlung 20) und die Einrichtung<br />
eines Menschenrechtsbildungsfonds (Empfehlung 23)<br />
fanden bislang gar keine Berücksichtigung seitens <strong>der</strong><br />
<strong>Graz</strong>er <strong>Stadt</strong>regierung.<br />
Die fundierten Diskussionen in allen drei Fokusgruppengesprächen<br />
ließen mehrere „rote Fäden“ zum Thema<br />
„soziale und wirtschaftliche Menschenrechte“ erkennen:<br />
Obwohl erfreulicher Weise bei den Empfehlungen 18,<br />
19, 21 und 22 konkrete und für verschiedene Zielgruppen<br />
wichtige Schritte <strong>der</strong> Umsetzung beschrieben worden<br />
sind, so muss dennoch festgehalten werden, dass<br />
die <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> trotz erzielter Etappenerfolge von einer<br />
bedarfs- und nachfragegerechten Realisierung <strong>der</strong> sozialen<br />
Menschenrechte noch weit entfernt ist. Die TeilnehmerInnen<br />
gaben mit hoher Übereinstimmung zu<br />
Protokoll, dass die jeweiligen Angebote in keinem Fall<br />
den vorhandenen Bedarf abdecken, also nicht ausreichend<br />
finanziert bzw. in keinem Fall für alle Personen<br />
<strong>der</strong> jeweiligen Zielgruppe verfügbar sind. Dieses Missverhältnis<br />
zwischen Angeboten und vorhandenem Bedarf<br />
nach sozialen Leistungen sei jedoch nicht nur ein<br />
Problem <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong>, son<strong>der</strong>n bilde eine generelle<br />
Defizitsituation im Bereich <strong>der</strong> Sozialpolitik ab. Dennoch<br />
fanden die gesetzten Umsetzungsschritte mehrheitlich<br />
eine (kritische) Würdigung durch die TeilnehmerInnen.<br />
Die TeilnehmerInnen betonten bei allen Empfehlungen,<br />
dass die <strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> zwar viele Initiativen setze, dass<br />
sie jedoch dem Anspruch zufolge, eine Menschenrechtsstadt<br />
zu sein, weitaus mehr in die Umsetzung<br />
<strong>der</strong> Empfehlungen investieren müsse, um österreichweit<br />
eine Vorreiterrolle übernehmen zu können, die<br />
aktuell nicht gegeben ist. Politischer Anspruch und<br />
politische Wirklichkeit zum Thema „soziale Menschenrechte“<br />
müssten in den kommenden Jahren durch verstärkte<br />
Investitionen näher zusammengeführt werden,<br />
um dem Anspruch einer Menschenrechtsstadt mehr<br />
Glaubwürdigkeit zu verleihen.<br />
Die TeilnehmerInnen betonten bei allen diskutierten<br />
Empfehlungen, dass im weitesten Sinne benachteiligte<br />
Personengruppen es zunehmend schwerer haben,<br />
sich auf dem Arbeits-, Bildungs- o<strong>der</strong> Wohnungsmarkt<br />
erfolgreich zu behaupten. Dazu zählen u.a. Menschen<br />
mit Defiziten in <strong>der</strong> Basisbildung, Personen ohne formale<br />
Bildungsabschlüsse, psychisch o<strong>der</strong> körperlich<br />
beeinträchtigte Personen, Menschen mit Migrationsgeschichte<br />
o<strong>der</strong> Menschen mit Alkohol- o<strong>der</strong> Suchtproblemen.<br />
Vor allem wenn mehrere Merkmale von<br />
„Benachteiligtsein“ auf eine Person zutreffen, erhöhen<br />
sich die Lebensrisiken für die Betroffenen erheblich.<br />
Die TeilnehmerInnen gaben in unaufgeregt-sachlichem<br />
Ton zu Protokoll, dass sie eine Zunahme dieser<br />
sozial benachteiligten Personen(gruppen) beobachten,<br />
mit <strong>der</strong> die vorhandene Angebotsstruktur we<strong>der</strong> qualitativ,<br />
noch quantitativ mithält. Diese Beobachtung <strong>der</strong><br />
29 ExpertInnen sollte in den kommenden Jahren von<br />
<strong>der</strong> <strong>Graz</strong>er <strong>Stadt</strong>regierung jedenfalls überaus ernst genommen<br />
werden, um eine „Menschenrechtsstadt für<br />
alle <strong>Graz</strong>erInnen“ bleiben zu können und nicht Segregation<br />
und Exklusion zu verstärken.<br />
In vielen Fel<strong>der</strong>n konnten herzeigbare Etappenerfolge<br />
erzielt werden, doch in keinem Handlungsfeld <strong>der</strong> Empfehlungen<br />
17 bis 23 besteht auch nur annähernd eine<br />
ausreichende Bedarfs- und Nachfragedeckung. Die<br />
<strong>Stadt</strong> <strong>Graz</strong> wird also in den kommenden Jahren ressortund<br />
parteiübergreifend sowie unter Einbezug <strong>der</strong> Landes-<br />
und Bundesregierung sowie <strong>der</strong> Sozialpartner, <strong>der</strong><br />
Medien und <strong>der</strong> Wirtschaft verstärkte Anstrengungen<br />
zeigen müssen, um die sozialen und wirtschaftlichen<br />
Menschenrechte weiterentwickeln zu können.