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Leitfaden geschlechtssensible Pädagogik. MA57 Wien

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Modul C<br />

Raumgestaltung<br />

Raumnutzung im Kindergarten<br />

(Textauszug, Quelle s.u.)<br />

"In vielen Kindertageseinrichtungen gibt es spezifische Spiel- und Aktivitätsbereiche wie<br />

die Bauecke, die Puppenecke, den Werktisch oder den Bilderbuchbereich. Beobachtungen<br />

zeigen, dass lange Zeit nach der ,Öffnung' der Bau­ ecken für Mädchen und der<br />

Puppenecken für Buben noch immer Bauen und Konstruieren eine weitgehend<br />

bubendominierte Tätigkeit ist und versorgendes Spiel in der Puppenwohnung oft den<br />

Mädchen vorbehalten bleibt. Um das Handlungsspektrum der Kinder zu erweitern ist es<br />

wichtig, diese, Vorbestimmtheit' zu vermeiden.<br />

Bei der Beobachtung von Alltagssituationen in Kinderbetreuungseinrichtungen ist häufig zu<br />

bemerken,<br />

▪ dass meist Buben den Großteil des zur Verfügung stehenden Raumes in Anspruch<br />

nehmen, indem sie z.B. mit Fahrzeugen durch den Raum sausen oder großflächig<br />

den Boden mit Eisenbahnschienen verbauen;<br />

▪<br />

dass Mädchen vorwiegend am Tisch sitzen und zeichnen, Bücher betrachten oder<br />

sich mit, Schachtelspielen' beschäftigen.<br />

Beide Geschlechter, Mädchen und Buben, nutzen dadurch jedoch lediglich ein sehr<br />

eingeschränktes Spielbereichsangebot Viele Mädchen spielen den Großteil der Zeit, die<br />

sie im Kindergarten verbringen, in der Puppenecke. Die meisten Buben verbringen<br />

überdurchschnittlich viel Zeit in der Bauecke.<br />

Die Ursachen dafür liegen einerseits in den an die Kinder gesetzten Erwartungen geschlechtstypischen<br />

Verhaltens, andererseits aber auch in den fehlenden Möglichkeiten:<br />

Wann sollen Mädchen denn bauen und konstruieren, wenn die Bauecke immer von, den<br />

Buben' besetzt ist? Wie sollen die Buben denn das Puppenkind wickeln, wenn die<br />

Puppenecke immer von, den Mädchen' besetzt ist" (Orner u.a. 2003, 31ff.)?<br />

Die Reflexion des eigenen Rollenvorbildes in der Kindergruppe kann aufschlussreich<br />

sein:<br />

Wo sind meine beliebtesten Spiel- und Aufenthaltsorte im Gruppenraum?<br />

Womit beschäftige ich mich am Liebsten?<br />

Und wo halte ich mich am häufigsten auf?<br />

Quelle: Frauenabteilung Stadt <strong>Wien</strong>, MA 57 (Hrsg.): <strong>Leitfaden</strong> für <strong>geschlechtssensible</strong> Pädagogik.<br />

<strong>Wien</strong>, 3. Auflage 2011, S.23-24<br />

1


Modul C<br />

Raumgestaltung<br />

Vergleichen Sie Ihre Antworten mit Beobachtungen des Spielverhaltens der Kinder:<br />

Welche Spielbereiche werden bevorzugt von Buben frequentiert?<br />

Welche von Mädchen?<br />

Welche Kinder halten sich im Baubereich auf, wie lange, was spielen sie dort?<br />

Welche Plätze werden im Garten von Mädchen benützt, welche von Buben?<br />

Welche Kinder verwenden die Fahrzeuge, wie lange?<br />

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<br />

In welchen Farben sind die jeweiligen Bereiche gestaltet (kräftige Grundfarben,<br />

Pastellfarben)?<br />

Welche Spielbereiche sind aus dem Gruppenraum ausgelagert? Weshalb?<br />

Wie oft im Laufe eines Tages beschäftigen sich Mädchen/Buben im jeweiligen<br />

Bereich? Ist eine Tendenz bemerkbar (mehr Mädchen, mehr Buben)?<br />

Gibt es Unterschiede im Spielverhalten?<br />

Wie kann die Bereichefrequenz gesteigert werden?<br />

Welche Ideen haben Sie, um Bereiche und Materialien für Mädchen und Buben<br />

leichter zugänglich bzw. interessanter zu machen? (Orner u.a. 2003, 34)<br />

Raumgestaltung<br />

Um eine gleichberechtigte Nutzung der unterschiedlichen Spiel- und Erfahrungsbereiche zu<br />

ermöglichen, müssen traditionelle Raumkonzepte überdacht und aktiv umgestaltet werden.<br />

Folgende Anregungen zum Raumkonzept und ergänzende Maßnahmen haben sich bewährt:<br />

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<br />

Auflösen des traditionellen Rollen- und Familienspielbereiches (früher "Puppenecke")<br />

und des Bau- und Konstruktionsbereiches (früher "Bauecke"), statt dessen freie<br />

Spielflächen ohne spezifische Bestimmungen<br />

Spielgut in Rollcontainern<br />

flexible Teppiche, die Spielflächen klar abgrenzen (positive Verstärkung erfahren<br />

dadurch vor allem Mädchen, die dadurch überhaupt erst ein Gefühl für den ihnen<br />

zustehenden Raum bekommen und diesen Raum besser verteidigen können)<br />

Spielimpulse setzen, mitspielen<br />

anderes Material ergänzend anbieten<br />

Einführung von Mädchen- und Bubentagen<br />

Einrichten von Mädchen- und Bubenbereichen<br />

Auswahl an Verkleidungsstücken erweitern (Männergewand)<br />

Gartengewand für den Freibereich<br />

Mädchen- und Bubendreirad, Mädchen- und Bubenauto<br />

Für eine allgemeine Bestandsaufnahme einer Einrichtung eignen sich zusammenfassend<br />

diese Analysefragen (vgl. Herincs/Policzer 2003):<br />

<br />

<br />

Ermöglicht die Raumgestaltung allen Kindern - Mädchen und Buben - gleichermaßen<br />

die gleichberechtigte Nutzung (des Raumes, der darin enthaltenen Spielmaterialien<br />

und Erfahrungen)?<br />

Motiviert die Raumgestaltung alle Kinder gleichermaßen, selbständig zu agieren<br />

und kreativ eigene Strukturen zu entwickeln?<br />

Quelle: Frauenabteilung Stadt <strong>Wien</strong>, MA 57 (Hrsg.): <strong>Leitfaden</strong> für <strong>geschlechtssensible</strong> Pädagogik.<br />

<strong>Wien</strong>, 3. Auflage 2011, S.23-24<br />

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Modul C<br />

Raumgestaltung<br />

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<br />

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<br />

Vermeidet die Raumgestaltung Rollenstereotype?<br />

Macht sie Kinder neugierig darauf, den Raum zu erforschen?<br />

Haben Kinder die Möglichkeit, zeitweise in geschlechtshomogenen Gruppen zu sein?<br />

Nehmen Pädagoglnnen ihre Vorbildfunktion wahr, indem sie sich relativ ausgewogen<br />

in allen Bereichen aufhalten, besonders jedoch in den für ihr Geschlecht untypischen<br />

Bereichen (Männer in der Kuschelecke mit dem Bilderbuch, Frauen beim<br />

Bäumeklettern?)<br />

Werden Bereiche ohne geschlechtstypisierende Bezeichnungen benannt (Wohnung<br />

statt Puppenecke, "grüne Ecke" statt Bauecke, ...)?<br />

Wird bei der Materialauswahl beachtet, dass unterschiedliche Interessen<br />

ansprechende Materialien besonderen Einladungscharakter haben (Handy im<br />

Rollenspielbereich, Naturmaterialien im Baubereich, ...)?<br />

Werden Elemente des "Spielzeugfreien Kindergartens" eingesetzt, um kreatives<br />

Spielverhalten ohne vorgegebene geschlechtstypische Zuschreibung zu<br />

unterstützen?<br />

Dieser Text ist, mit freundlicher Genehmigung der Stadt <strong>Wien</strong>, entnommen aus:<br />

„<strong>Leitfaden</strong> für <strong>geschlechtssensible</strong> Pädagogik für Betreuungs- und Bildungseinrichtungen<br />

für Kinder im Alter von 0 bis 10 Jahren“.<br />

Quelle: Frauenabteilung Stadt <strong>Wien</strong>, MA 57 (Hrsg.): <strong>Leitfaden</strong> für <strong>geschlechtssensible</strong> Pädagogik.<br />

<strong>Wien</strong>, 3. Auflage 2011, S.23-24<br />

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