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wp 11-2004 raimund val mora.pdf - IDHEAP - Université de Lausanne

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Raimund Ro<strong>de</strong>wald<br />

Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s institutionellen<br />

Ressourcenregimes <strong>de</strong>r Landschaft<br />

Der Fall Val Mora/Müstair(GR)<br />

Working paper <strong>de</strong> l’<strong>IDHEAP</strong> <strong>11</strong>/<strong>2004</strong><br />

UER: Politiques publiques et durabilité


VERÄNDERUNG DES INSTITUTIONELLEN<br />

RESSOURCENREGIMES DER LANDSCHAFT<br />

DER FALL VAL MORA/MÜSTAIR (GR)<br />

Raimund Ro<strong>de</strong>wald<br />

UER: Politiques publiques et durabilité<br />

Working paper <strong>de</strong> l'<strong>IDHEAP</strong> no <strong>11</strong>/<strong>2004</strong><br />

octobre <strong>2004</strong><br />

Ce document se trouve sur notre site Internet: http://www.idheap.ch/<br />

© <strong>2004</strong> <strong>IDHEAP</strong>, Chavannes-près-Renens


EINLEITUNG<br />

Die vorliegen<strong>de</strong> Studie ist Teil eines grösseren Forschungsprojektes, das das <strong>IDHEAP</strong> in <strong>de</strong>n<br />

Jahren 2002-<strong>2004</strong> mit finanzieller Unterstützung durch <strong>de</strong>n Schweizerischen Nationalfonds<br />

durchführte. Darin sollte anhand von sechs Fallstudien untersucht wer<strong>de</strong>n, inwiefern sich<br />

Verän<strong>de</strong>rungen institutioneller Landschaftsregime auf die Nachhaltigkeit <strong>de</strong>r Landschaftsentwicklung<br />

auswirken. Die sechs Studien dokumentieren und diskutieren die zur Beantwortung<br />

dieser Fragen notwendigen empirischen Befun<strong>de</strong> und zeigen ein facettenreiches Bild <strong>de</strong>r<br />

landschaftlichen Entwicklungen, ihrer Akteure und <strong>de</strong>r für <strong>de</strong>ren Entscheidungen massgeblichen<br />

Regeln auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r landschaftsrelevanten Eigentumsverhältnisse und <strong>de</strong>r öffentlichen<br />

Politiken. Eine zusammenfassen<strong>de</strong> Darstellung und Diskussion dieser in einem fünfköpfigen<br />

Team 1 erarbeiteten Forschung fin<strong>de</strong>t sich in Buchform (Ro<strong>de</strong>wald et al. 2005).<br />

Diese Untersuchung stellt ihrerseits ein Teilprojekt eines umfassen<strong>de</strong>n Forschungsprogrammes<br />

<strong>de</strong>s <strong>IDHEAP</strong> zu institutionellen Regimen natürlicher Ressourcen – IRNR dar, in <strong>de</strong>ssen<br />

Rahmen seit 1999 auch empirische Untersuchungen zu <strong>de</strong>n Ressourcen Bo<strong>de</strong>n, Wasser und<br />

Wald durchgeführt wur<strong>de</strong>n (Knoepfel et al. 2001a; Knoepfel et al. 2003).<br />

Im Interesse einer konzeptionellen Kohärenz soll in diesem gemeinsamen Einleitungstext<br />

zunächst <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>r institutionellen Regime vorgestellt wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n wir unverän<strong>de</strong>rt für<br />

die Landschaftsstudien übernommen haben (1). Daraufhin wer<strong>de</strong>n teilweise unter Rückgriff<br />

auf Auszügen aus <strong>de</strong>r erwähnten Gesamtpublikation die Fragestellung (2), das für die Fallstudien<br />

gewählte Forschungs<strong>de</strong>sign und die Forschungshypothesen (3) dargestellt. Anschliessend<br />

fügen wir einige Anmerkungen zum Landschaftsbegriff und seiner (ressourcenökonomischen)<br />

Operationalisierung ("Güter und Dienstleistungen" von Landschaften) an (4) und begrün<strong>de</strong>n<br />

die Auswahl <strong>de</strong>r Fallstudien (5). Am Schluss skizzieren wir das allen sechs Untersuchungen<br />

zugrun<strong>de</strong> gelegte Vorgehen (6).<br />

1. DAS KONZEPT DER INSTITUTIONELLEN REGIME (IR)<br />

"Institutionelle Regime bestehen gemäss <strong>de</strong>m IR-Ansatz zum einen aus <strong>de</strong>r eigentumsrechtlichen<br />

Grundordnung (= regulatives System), die bestimmte Verfügungs- o<strong>de</strong>r Nutzungsrechte<br />

am Stock, an <strong>de</strong>n Erträgen o<strong>de</strong>r an (einzelnen) Gütern und Dienstleistungen einer Ressource<br />

umschreibt und diese berechtigten Einzelpersonen, Personengruppen o<strong>de</strong>r öffentlichen Körperschaften<br />

zuweist o<strong>de</strong>r als Gemeinschaftsgüter (res communes) <strong>de</strong>finiert. Hinzu kommen<br />

als zweite <strong>de</strong>finitorische Komponente ressourcen- o<strong>de</strong>r aktivitätsspezifische öffentliche<br />

Schutz- o<strong>de</strong>r Nutzungspolitiken, die <strong>de</strong>n durch die Eigentumsordnung konstituierten Rechtssubjekten<br />

o<strong>de</strong>r von diesen Politiken selbst neu <strong>de</strong>finierten Zielgruppen bestimmte Nutzungsrechte,<br />

Schutzpflichten o<strong>de</strong>r Nutzungsbeschränkungen zuteilen o<strong>de</strong>r auferlegen. Diese bezwecken<br />

die Reproduktionsfähigkeit <strong>de</strong>s Ressourcenstockes zu erhalten, <strong>de</strong>n Ertrag dieser Reproduktion<br />

für eine bestimmte (meist wirtschaftliche) Aktivität zu sichern und/o<strong>de</strong>r die Gesamtmenge<br />

<strong>de</strong>r entnommenen Güter und Dienstleistungen nach Massgabe bestimmter politischer<br />

Zielsetzungen zu begrenzen o<strong>de</strong>r in an<strong>de</strong>rer Weise zu verteilen (Knoepfel et al. 2001a).<br />

In <strong>de</strong>r Praxis lassen sich institutionelle Regime natürlicher Ressourcen zusammenfassend<br />

durch folgen<strong>de</strong> vier Merkmale charakterisieren:<br />

1<br />

Raimund Ro<strong>de</strong>wald, Peter Knoepfel, Améli <strong>de</strong> Fossey (Nachfolgerin von Isabelle Kummli Gonzalez), Jean-<br />

David Gerber und Corine Mauch.<br />

1


• Regionaler Perimeter: Dieser wird durch physische Flüsse von Gütern und Dienstleistungen<br />

zwischen Stock und aneignen<strong>de</strong>n, produzieren<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r endnutzen<strong>de</strong>n Akteuren<br />

geographisch <strong>de</strong>terminiert. Im Zentrum fin<strong>de</strong>t die Entnahme <strong>de</strong>r wichtigsten Güter und<br />

Dienstleistungen statt; an <strong>de</strong>ren Peripherie fin<strong>de</strong>n sich die Ressourcennutzer 2 . Dieser Perimeter<br />

bil<strong>de</strong>t damit in <strong>de</strong>r Regel <strong>de</strong>n Lebens- und Wirkungsraum <strong>de</strong>r hauptsächlichsten<br />

Ressourcennutzer. Allerdings wird diese geographische Determinante in vielen Fällen<br />

durch eine gesellschaftliche o<strong>de</strong>r politische Konstruktion relativiert, modifiziert o<strong>de</strong>r gar<br />

ersetzt. So fin<strong>de</strong>n sich im Zeitalter einer quasi totalen Überbauung im schweizerischen<br />

Mittelland vielfach keine soziogeographischen Grün<strong>de</strong> für Gemein<strong>de</strong>-, Regions- o<strong>de</strong>r<br />

Kantonsgrenzen (Ressource Bo<strong>de</strong>n). Ähnliches gilt für geomorphologisch nicht begrün<strong>de</strong>te,<br />

lediglich durch än<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Namensgebungen ersichtliche Wald- o<strong>de</strong>r Gewässerperimeter.<br />

• Der Bestand expliziter, für die ganze Ressource gültiger (und damit regional wirksamer)<br />

Regulierungen für einzelne o<strong>de</strong>r alle Güter und Dienstleistungen einer Ressource, für die<br />

lokal Nutzungsri<strong>val</strong>itäten auftreten können 3 : Solche Ri<strong>val</strong>itäten und entsprechen<strong>de</strong> Regulierungen<br />

sind allerdings für <strong>de</strong>n Bestand <strong>de</strong>r Gesamtressource nur dann von Be<strong>de</strong>utung,<br />

wenn <strong>de</strong>ren Lösung eine Modifikation an<strong>de</strong>rer Nutzungen <strong>de</strong>rselben Ressource im gleichen<br />

Perimeter erfor<strong>de</strong>rt. Von einer solchen Ri<strong>val</strong>ität kann bei örtlich vollständig isolierbaren<br />

Nutzungskonflikten nicht gesprochen wer<strong>de</strong>n, weil sie für die Erneuerbarkeit <strong>de</strong>r<br />

Gesamtressource be<strong>de</strong>utungslos sind. Das ist etwa <strong>de</strong>r Fall bei sporadisch wie<strong>de</strong>rkehren<strong>de</strong>n<br />

örtlich begrenzten Wassernutzungskonflikten in Gebieten, die grossflächig über Wasser<br />

im Überfluss verfügen 4 . Umgekehrt lassen sich echte Ri<strong>val</strong>itäten in <strong>de</strong>r Praxis nicht<br />

dadurch lösen, dass die Regulierungen <strong>de</strong>n Perimeter <strong>de</strong>r Ressource ad libitum aus<strong>de</strong>hnen.<br />

Denn Perimeterverschiebungen schaffen oft neue Ri<strong>val</strong>itäten rund um neu angezapfte (an<strong>de</strong>re)<br />

Ressourcen 5 .<br />

Der Bestand akuter Ri<strong>val</strong>itäten ist kein Garant für die empirische Existenz eines Regimes.<br />

Dies gilt selbst dann, wenn die nationale Gesetzgebung <strong>de</strong>n Aufbau eines solchen<br />

Regimes for<strong>de</strong>rt. Umgekehrt kann <strong>de</strong>r Nichtbestand von konfliktreichen Ri<strong>val</strong>itäten auch<br />

auf das befriedigen<strong>de</strong> Funktionieren eines tatsächlich bestehen<strong>de</strong>n Regimes hinweisen.<br />

• Der Bestand empirisch beobachtbarer Umsetzungsaktivitäten politisch-administrativer<br />

Akteure von Programmen öffentlicher Schutz- und Nutzungspolitiken gegenüber i<strong>de</strong>ntifizierten<br />

Zielgruppen: Diese treten meist in Gestalt von Aktionsplänen und konkreten Policy-Outputs<br />

(Bewilligungen, Konzessionen, Nutzungsbeschränkungen) auf, die sich auf<br />

ein und dieselbe Ressource beziehen. Solche Politikumsetzungsaktivitäten sind bestrebt,<br />

nach Massgabe einer bestimmten Schutz- o<strong>de</strong>r Nutzungszielsetzung Verhaltensän<strong>de</strong>rungen<br />

durchzusetzen. Dabei <strong>de</strong>finieren sie oft auch Eigentums-, Verfügungs- o<strong>de</strong>r Nutzungsrechte<br />

<strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>r eigentumsrechtlichen Grundordnung berechtigten Akteure an <strong>de</strong>n regulierten<br />

Gütern und Dienstleistungen inhaltlich und/o<strong>de</strong>r mengenmässig neu. Dies geschieht<br />

dadurch, dass die zuständigen behördlichen Akteure im Ressourcenperimeter<br />

punktuell o<strong>de</strong>r flächen<strong>de</strong>ckend<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

Produzenten und mitunter auch die Endnutzer.<br />

Das können sowohl tatsächlich angewandte eidgenössische, als auch kantonale o<strong>de</strong>r (inter)kommunale Regulierungen<br />

sein.<br />

Vgl. dazu unten: Subcases, Abschnitt 4.<br />

(Ergänzung Version <strong>2004</strong>). Bei Landschaften muss unterschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n zwischen Nutzungsri<strong>val</strong>itäten unter<br />

Gütern und Dienstleistungen von Landschaften und solchen unter Gütern und Dienstleistungen <strong>de</strong>r sich in solchen<br />

Territorien befindlichen Primärressourcen (Bo<strong>de</strong>n, Wasser, Wald etc.). Diese Letzteren sind für die<br />

Landschaft nur relevant, wenn sie gleichzeitig landschaftsprägen<strong>de</strong> Konstellationen charakteristischer Komponenten<br />

solcher Primärressourcen beeinträchtigen, auf <strong>de</strong>ren Interaktion landschaftliche Leistungen beruhen.<br />

2


- selbst Eigentumstitel erwerben, um von <strong>de</strong>n betroffenen Gütern und Dienstleistungen<br />

einen an<strong>de</strong>ren Gebrauch zu machen o<strong>de</strong>r diese an<strong>de</strong>ren Akteuren zuzuführen (Ankauf<br />

o<strong>de</strong>r formelle Expropriation) 6 ;<br />

- Verfügungs- und Nutzungsrechte qualitativ o<strong>de</strong>r quantitativ im Interesse <strong>de</strong>r Zielsetzungen<br />

<strong>de</strong>r öffentlichen Schutz- und Nutzungspolitiken modifizieren (materielle Enteignung<br />

mit Entschädigungsfolgen infolge be<strong>de</strong>utsamen Beschränkungen <strong>de</strong>r Handlungsspielräume<br />

<strong>de</strong>r vorhan<strong>de</strong>nen Nutzer; Beispiel: Rückzonung baureifen Lan<strong>de</strong>s<br />

zum Zweck <strong>de</strong>s Landschaftsschutzes);<br />

- solche Rechte im Interessen <strong>de</strong>r öffentlichen Schutz- und Nutzungspolitiken marginal<br />

beschränken, ohne dabei entschädigungspflichtig zu wer<strong>de</strong>n. (Beispiel: Zonenplanrevision);<br />

- Eigentums-, Verfügungs- o<strong>de</strong>r Nutzungsrechte im Interesse konfliktfreierer Beziehungen<br />

unter <strong>de</strong>n Berechtigten mit <strong>de</strong>n Mitteln <strong>de</strong>s Privatrechts präziser <strong>de</strong>finieren (ohne<br />

dadurch notwendigerweise die Handlungsspielräume <strong>de</strong>r berechtigten Nutzer wesentlich<br />

einzuschränken; Beispiel: Festlegung von Grenzabstän<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n kantonalen Einführungsgesetzen<br />

zum Zivilgesetzrecht).<br />

Der damit angestrebte Abbau von Konflikten, die auf Ri<strong>val</strong>itäten zurückgehen, erfolgt<br />

entwe<strong>de</strong>r durch Klärungen bzw. Modifizierungen <strong>de</strong>r Rechte in <strong>de</strong>r eigentumsrechtlichen<br />

Grundordnung ("regulatives System") und/o<strong>de</strong>r durch eine parallel dazu erfolgen<strong>de</strong> neue<br />

Regulierung für bestimmte Güter und Dienstleistungen im Rahmen öffentlicher Politiken.<br />

Auf diese Weise präsentiert sich die <strong>de</strong>m IR-Ansatz zugrun<strong>de</strong> gelegte Formel, wonach<br />

sich Regime aus <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n interagieren<strong>de</strong>n Komponenten "Policy-Design" und "regulatives<br />

System" zusammensetzen, im konkreten Feld sehr anschaulich.<br />

• Das Vorhan<strong>de</strong>nsein i<strong>de</strong>ntifizierbarer Akteurgemeinschaften rund um die relevanten (ri<strong>val</strong>isieren<strong>de</strong>n<br />

o<strong>de</strong>r ehemals ri<strong>val</strong>isieren<strong>de</strong>n) Güter und Dienstleistungen. Darin fin<strong>de</strong>n sich<br />

min<strong>de</strong>stens die zwei Koalitionen <strong>de</strong>r Nutzungsberechtigten und <strong>de</strong>r Nicht-<br />

Nutzungsberechtigten." (Knoepfel et al. 2003a).<br />

Bereits für das Screening <strong>de</strong>r IR-Ressourcen Bo<strong>de</strong>n, Wasser, Wald, Luft und Landschaft im<br />

ersten Projektteil (Knoepfel et al. 2001a) und die dort vorgenommene Festlegung <strong>de</strong>r letzten<br />

grossen Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r nationalen Regime<strong>de</strong>terminanten verwen<strong>de</strong>n wir folgen<strong>de</strong> vier<br />

Regimetypen:<br />

• Kein Regime: Es fehlen für Stock, jährliche Ernte und für die meisten <strong>de</strong>r heute <strong>de</strong>nkbaren<br />

Güter und Dienstleistungen eigentumsrechtliche Bestimmungen und jedwelche öffentliche<br />

Politiken.<br />

• Einfaches Regime: Für Stock, Ernte und einige (wenige) <strong>de</strong>r heute <strong>de</strong>nkbaren Güter und<br />

Dienstleistungen besteht ein und dieselbe eigentumsrechtliche Grundordnung; öffentliche<br />

Politiken fehlen weitgehend. Als einfaches Regime gilt auch die Situation, in <strong>de</strong>r nur ganz<br />

wenige <strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen eigentumsrechtlich und/o<strong>de</strong>r durch eine öffentliche<br />

Politik reguliert wer<strong>de</strong>n.<br />

• Komplexes Regime: Für ein und dieselbe Ressource besteht ein relativ differenziertes regulatives<br />

System (unterschiedliche Eigentumstitel, Verfügungs- und Nutzungsrechte für<br />

<strong>de</strong>n Stock o<strong>de</strong>r für die Güter und Dienstleistungen bzw. nur für diese Letzteren) und/o<strong>de</strong>r<br />

diese Letzteren wer<strong>de</strong>n (z.B. je Aktivitätsbereich) von einer Vielzahl öffentlicher Sekt-<br />

6<br />

(Ergänzung Version <strong>2004</strong>). Beispiel: Ankauf einer landschaftsprägen<strong>de</strong>n Parzelle, um eine Überbauung zu<br />

verhin<strong>de</strong>rn.<br />

3


oralpolitiken reguliert, die insbeson<strong>de</strong>re auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r einschlägigen Policy-Designs,<br />

<strong>de</strong>r dazugehörigen (mehr o<strong>de</strong>r weniger zentralisierten) institutionellen Akteurarrangements<br />

o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Politikoutputs weitgehend unkoordiniert nebeneinan<strong>de</strong>r existieren.<br />

• Integriertes Regime: Solche nach <strong>de</strong>r zentralen Projekthypothese für die Nachhaltigkeit<br />

i<strong>de</strong>ale Regime zeichnen sich durch ein hohes Ausmass <strong>de</strong>r abge<strong>de</strong>ckten Güter und Dienstleistungen,<br />

durch ein kohärentes regulatives System, durch starke Interpolicy-<br />

Koordination auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r öffentlichen Politiken und durch hohe Kompatibilität von<br />

Policy-Designs und regulativem System aus. Diese hohe Kohärenz wird wesentlich mitbestimmt<br />

durch eine intensive Koordination <strong>de</strong>r beteiligten Akteure.<br />

Diese vier Regimetypen lassen sich nach Massgabe ihres variieren<strong>de</strong>n Ausmasses (Anzahl <strong>de</strong>r<br />

einbezogenen Güter und Dienstleistungen und Modalität ihrer Verknüpfung) und ihrer Kohärenz<br />

(Koordination unter <strong>de</strong>n Akteuren durch Regeln im Policy-Design, im regulativen System<br />

und zur wechselseitigen Beziehung zwischen diesen bei<strong>de</strong>n Regimekomponenten) im<br />

Rahmen einer Vierfel<strong>de</strong>rmatrix wie<strong>de</strong>rgeben (Abb.1).<br />

Abbildung 1: IR - Typen<br />

Kohärenz (Akteurkoordination)<br />

tief<br />

hoch<br />

Ausmass ("étendue", klein Kein Regime Einfaches Regime<br />

"extent") <strong>de</strong>r einbezogenen<br />

Güter und<br />

Dienstleistungen<br />

gross Komplexes Regime Integriertes Regime<br />

Die für die Analyse <strong>de</strong>s regulativen Systems und <strong>de</strong>s Policy-Designs gleichermassen verwen<strong>de</strong>te<br />

Dimension <strong>de</strong>s Ausmasses <strong>de</strong>r Regime ("Anzahl <strong>de</strong>r einbezogenen Güter und Dienstleistungen")<br />

hat sich als robust erwiesen. Im Hinblick auf eine genaue Bestimmung <strong>de</strong>r Kohärenz<br />

<strong>de</strong>r Regime mussten <strong>de</strong>mgegenüber die Akteure stärker gewichtet wer<strong>de</strong>n. Denn entgegen<br />

unserer ursprünglichen Annahme ist ein institutionelles Regime nicht schon dann als kohärent<br />

zu betrachten, wenn sein Policy-Design aufgrund seiner Kausal- und Interventionshypothesen<br />

in sich stimmig ist. Kohärenz verlangt ausser<strong>de</strong>m, dass die darin i<strong>de</strong>ntifizierten Zielgruppen<br />

mit <strong>de</strong>n im regulativen System ausgewiesenen nutzungs- bzw. verfügungsberechtigten<br />

Rechtssubjekten (auf <strong>de</strong>n Ebenen <strong>de</strong>r Eigentümer, <strong>de</strong>r Nutzungsberechtigten und <strong>de</strong>r Endnutzer)<br />

übereinstimmen o<strong>de</strong>r im Falle ihrer Nichti<strong>de</strong>ntität durch wirksame Mechanismen zwingend<br />

miteinan<strong>de</strong>r koordiniert wer<strong>de</strong>n. Diese Bedingung erfüllen einfache und integrierte Regime,<br />

die sich allerdings bezüglich ihres Ausmasses <strong>de</strong>utlich unterschei<strong>de</strong>n.<br />

"Keine Regime" und "komplexe Regime" unterschei<strong>de</strong>n sich ebenfalls bezüglich <strong>de</strong>s Ausmasses<br />

<strong>de</strong>r einbezogenen Güter und Dienstleistungen. Sie gleichen sich in<strong>de</strong>ssen bezüglich ihrer<br />

mangeln<strong>de</strong>n Kohärenz. Dadurch unterschei<strong>de</strong>n sie sich bei<strong>de</strong> von integrierten Regimen. Denn<br />

bei ihnen stellen we<strong>de</strong>r die eigentumsrechtliche Grundordnung (in <strong>de</strong>r heutigen Schweiz vornehmlich<br />

das Zivilrecht; im Mittelalter: das System <strong>de</strong>r plura dominia), noch die Policy-<br />

Designs (etwa auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r (zielgruppenspezifischen) Interventionsinstrumente o<strong>de</strong>r<br />

ihrer administrativen Arrangements) hinlängliche Mechanismen für eine zwingen<strong>de</strong> Koordination<br />

unter <strong>de</strong>n Akteuren sicher. Die Konsequenz daraus sind abgeschottete Akteurarenen<br />

und sich wi<strong>de</strong>rsprechen<strong>de</strong> Aktionspläne bzw. Politikoutputs (etwa <strong>de</strong>r Wassernutzungs- und<br />

<strong>de</strong>r Wasserschutzpolitik)." Knoepfel et al. 2002.<br />

4


Wegen <strong>de</strong>s Fehlens eigentlicher Eigentumsrechte an Landschaften vermitteln institutionelle<br />

Landschaftsregime Nutzungsansprüche o<strong>de</strong>r -rechte an Landschaften in vielen Fällen über<br />

Eigentumsrechte an <strong>de</strong>n landschaftskonstitutiven Primärressourcen Bo<strong>de</strong>n, Wasser, Wald,<br />

Flora o<strong>de</strong>r Fauna. Im Zentrum steht dabei das Grun<strong>de</strong>igentum, <strong>de</strong>ssen Ausübung durch landschaftsgestalterische<br />

öffentliche Politiken beschränkt wird.<br />

In diesem Sinne tangiert nachhaltige Raumentwicklung stets die Verwendung von/o<strong>de</strong>r die<br />

Verfügung über Primärressourcen. Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r herrschen<strong>de</strong>n "Systemgrundlagen" wie<br />

Privateigentum, Investitions- und Standortentschei<strong>de</strong> usw. sind daher be<strong>de</strong>utsam für die Steuerung<br />

<strong>de</strong>r Räume in Richtung einer mehr o<strong>de</strong>r weniger nachhaltigen Entwicklung. Nachhaltige<br />

Landschaftsentwicklung setzt eine Betrachtung <strong>de</strong>s Raumes nicht nur als Standort ökonomischer<br />

Tätigkeiten mit isolierten Parzellen und entsprechen<strong>de</strong>n Nutzungen <strong>de</strong>r Primärressource<br />

Bo<strong>de</strong>n voraus, von <strong>de</strong>m bestenfalls einzelne Areale als Grünflächen ausgespart wer<strong>de</strong>n.<br />

Vielmehr betrachten solche Entwicklungskonzepte Landschaft als integrativ zu schonen<strong>de</strong>n<br />

und zu entwickeln<strong>de</strong>n Raum, <strong>de</strong>r im Zusammenspiel natürlicher, ökonomischer, sozialer,<br />

politischer und kultureller Prozesse entsteht. Nachhaltige Landschaftsentwicklung zielt auf<br />

die Erhaltung <strong>de</strong>r Lebensgrundlagen für heutige und kommen<strong>de</strong> Generationen. Sie orientiert<br />

sich an Handlungsleitsätzen wie Partizipation, Subsidiarität, Transparenz, Kooperation sowie<br />

am Vorsorge- und am Verursacherprinzip (Stremlow et al. 1998).<br />

2. FRAGESTELLUNG<br />

Die in diesen fünf Working papers (Nummern 9 bis 13/<strong>2004</strong>) referierten Fallstudien sollen<br />

folgen<strong>de</strong> vier Fragen gemeinsamen Projektfragen beantworten:<br />

1. Welche Be<strong>de</strong>utung hatten unterschiedliche institutionelle Landschaftsregime für die<br />

Landschaftsentwicklung in <strong>de</strong>r jüngeren Vergangenheit? Unter Landschaftsregimen verstehen<br />

wir spezifische Kombinationen von Nutzungsrechten an von Landschaften bereitgestellten<br />

Leistungen mit darauf bezogenen Schutz- und Nutzungspolitiken.<br />

2. Welcher Zusammenhang besteht zwischen Verän<strong>de</strong>rungen dieser Regime und landschaftsbeeinträchtigen<strong>de</strong>n<br />

bzw. -aufwerten<strong>de</strong>n Prozessen?<br />

3. Wie können Allmend-Regelwerke o<strong>de</strong>r ähnliche Formen <strong>de</strong>s Gemeinschaftseigentums mit<br />

kollektiven Akteuren in die heutigen institutionellen Regime von Landschaften integriert<br />

wer<strong>de</strong>n?<br />

4. Wie wür<strong>de</strong> ein i<strong>de</strong>ales Mo<strong>de</strong>ll für ein institutionelles Ressourcenregime für die Landschaft,<br />

insbeson<strong>de</strong>re für die heute aufgrund <strong>de</strong>r verän<strong>de</strong>rten ökonomischen Prozesse bedrohten<br />

Kulturlandschaften (Bsp. Terrassenlandschaften) aussehen?<br />

Gleichermassen wie im Falle <strong>de</strong>r Vorgängerstudien haben wir aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Verfügbarkeit<br />

empirischer Daten beschlossen, die Untersuchungsperio<strong>de</strong> im Zeitraum <strong>de</strong>r letzten, durch<br />

Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r nationalen Regime<strong>de</strong>terminanten indizierten Regimeverän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Ressource<br />

Landschaft anzusie<strong>de</strong>ln. Diese lässt sich in <strong>de</strong>n Jahren zwischen ca. 1980 und 2003<br />

ansie<strong>de</strong>ln. Diese Verän<strong>de</strong>rung fin<strong>de</strong>t simultan auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r Nutzungsansprüche bzw. <strong>de</strong>r<br />

Nutzungsrechte und <strong>de</strong>r öffentlichen Politiken statt. Sie besteht in einer ausdrücklich immer<br />

mehr Dienstleistungen von Landschaften umfassen<strong>de</strong>n Regulierungskompetenz <strong>de</strong>s Staates<br />

und in einer Zunahme <strong>de</strong>r Wahrnehmung dieser Kompetenz durch Anordnungen öffentlicher<br />

Politiken, die inhaltliche Anfor<strong>de</strong>rungen an diese gestiegene Leistungspalette stellen. Sie fin<strong>de</strong>t<br />

für die untersuchten alpinen Landschaften ihren konkreten Nie<strong>de</strong>rschlag in <strong>de</strong>n Bereichen<br />

Melioration, landwirtschaftliche Nutzung, Besie<strong>de</strong>lung (insbeson<strong>de</strong>re Bauen ausserhalb Bau-<br />

5


gebiet), energetische und touristische Infrastrukturanlagen (insbeson<strong>de</strong>re: UVP-Pflicht) und<br />

(infrastrukturunabhängige) Freizeitnutzung sowie Schutznutzungen aller Art.<br />

In <strong>de</strong>r gewählten Untersuchungsperio<strong>de</strong> lassen sich in allen Testgebieten mehr o<strong>de</strong>r weniger<br />

lang dauern<strong>de</strong> Verän<strong>de</strong>rungsprozesse feststellen. Diese erlauben es, <strong>de</strong>n empirischen Zustand<br />

von Regimen und Landschaft (Zeitpunkt: t- 1 ) und nach <strong>de</strong>r Regimeverän<strong>de</strong>rung (t 0 : in <strong>de</strong>r<br />

Regel: 2003) zu unterschei<strong>de</strong>n. Bezüglich <strong>de</strong>r Regime bestehen diese Unterschie<strong>de</strong> entwe<strong>de</strong>r<br />

in neuen o<strong>de</strong>r verän<strong>de</strong>rten Regulierungen betreffend Zulässigkeit, Art und Ausmass <strong>de</strong>r Nutzung<br />

(neu-)genutzter Dienstleistungen <strong>de</strong>r analysierten Landschaften. Diese bestehen in substantiellen<br />

Anfor<strong>de</strong>rungen und /o<strong>de</strong>r in (vielfach damit einhergehen<strong>de</strong>n) institutionellen Regeln<br />

über Modalitäten <strong>de</strong>r Kooperation <strong>de</strong>r Behör<strong>de</strong>n bzw. <strong>de</strong>r privaten o<strong>de</strong>r korporativen<br />

Nutzungsakteure 7 .<br />

3. FORSCHUNGSDESIGN UND HYPOTHESEN 8<br />

Abbildung 1 gibt das <strong>de</strong>r Untersuchung zugrun<strong>de</strong> gelegte Forschungs<strong>de</strong>sign wie<strong>de</strong>r. Die Abbildung<br />

illustriert gleichzeitig die zwei zentralen Forschungshypothesen.<br />

7<br />

8<br />

Z. B. Schaffung neuer Verwaltungsstrukturen, (Meliorations-)Genossenschaften, Regulierungsträger (Stiftungen,<br />

Vereine etc.).<br />

Auszug aus Ro<strong>de</strong>wald et al. 2005: Kap. 1.7.<br />

6


Abbildung 1: Forschungs<strong>de</strong>sign für die Fallstudien<br />

t -1<br />

t o<br />

t +1<br />

Institutionen<br />

IR<br />

öffentliche<br />

Politiken<br />

regulatives<br />

System<br />

Institutionen<br />

IR<br />

öffentliche<br />

Politiken<br />

regulatives<br />

System<br />

Institutionen<br />

IR<br />

öffentliche<br />

Politiken<br />

regulatives<br />

System<br />

R = (nicht regulierte)<br />

Ri<strong>val</strong>ität<br />

Institutionelle Regime<br />

(A=Ausmass, K=Kohärenz)<br />

-<br />

A<br />

+<br />

-<br />

A<br />

A<br />

+<br />

K<br />

K<br />

K<br />

Verhalten <strong>de</strong>r landschaftsnutzen<strong>de</strong>n<br />

Akteure ( =Akteur)<br />

Genutzte<br />

Interaktionsleistungen<br />

R<br />

R<br />

R<br />

R<br />

Nachhaltigkeit <strong>de</strong>r<br />

Landschaftsqualität<br />

ökologische<br />

Indikatoren<br />

soziale<br />

Indikatoren<br />

ökologische<br />

Indikatoren<br />

soziale<br />

Indikatoren<br />

ökologische<br />

Indikatoren<br />

soziale<br />

Indikatoren<br />

ökonomische<br />

Indikatoren<br />

kulturelle<br />

Indikatoren<br />

ökonomische<br />

Indikatoren<br />

kulturelle<br />

Indikatoren<br />

ökonomische<br />

Indikatoren<br />

kulturelle<br />

Indikatoren<br />

Hypothese<br />

Tiefe Kohärenz<br />

(K) und niedriges<br />

Ausmass <strong>de</strong>r<br />

Regime führt zu<br />

nicht regulierten<br />

Ri<strong>val</strong>itäten<br />

zwischen genutzten<br />

Interaktionsleistungen,<br />

die von<br />

t- 1<br />

zu t o<br />

infolge<br />

eines ansteigen<strong>de</strong>n<br />

Regulierungsausmasses<br />

ansteigen.<br />

Das<br />

Regime von t o<br />

ist<br />

noch weniger<br />

nachhaltig als jenes<br />

von t- 1<br />

I<strong>de</strong>altyp<br />

Zunehmen<strong>de</strong> Koordinations-<br />

und Integrationsmechanismen<br />

unter <strong>de</strong>n Akteuren<br />

bewirken<br />

ein Ansteigen <strong>de</strong>r<br />

Kohärenz (K), ein<br />

Wegfallen unregulierter<br />

Ri<strong>val</strong>itäten<br />

und eine nachhaltigere<br />

Landschaftsentwicklung<br />

(trotz<br />

eines Anstiegs <strong>de</strong>r<br />

Landschaftsnutzungen)<br />

7


Wir unterschei<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n sechs Fallstudien drei Zeitpunkte: t- 1 bezeichnet die Zeit vor <strong>de</strong>m für das<br />

Testgebiet massgeblichen Regimewan<strong>de</strong>l. Dieser fällt im Prinzip zusammen mit <strong>de</strong>r Zeitperio<strong>de</strong> vor<br />

<strong>de</strong>m Wan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r eidgenössischen Regime<strong>de</strong>terminanten, <strong>de</strong>n wir im Screening in <strong>de</strong>r ersten Hälfte<br />

<strong>de</strong>r 80er Jahre verortet haben. Allerdings wird dieser Zeitpunkt in <strong>de</strong>n regionalen Regimen variieren.<br />

Dies hängt namentlich damit zusammen, dass <strong>de</strong>r massgebliche Wan<strong>de</strong>l auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r öffentlichen<br />

Politiken je nach Fokus- o<strong>de</strong>r Testgebiet zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt eintraf.<br />

So haben etwa landwirtschaftsgeprägte Gebiete <strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r für sie einschlägigen eidgenössischen<br />

Landwirtschaftspolitik (Direktzahlungssysteme ab Mitte <strong>de</strong>r 90er Jahre) später erfahren, als<br />

etwa Landschaftsschutz- o<strong>de</strong>r Meliorationsgebiete (Inkrafttreten <strong>de</strong>s USG (1983) mit <strong>de</strong>r Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

und <strong>de</strong>r Revision <strong>de</strong>s NHG (1987). Ein weiterer Grund für diese zeitlichen<br />

Divergenzen liegt darin, dass <strong>de</strong>r für <strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>r Regime nach <strong>de</strong>r dritten Forschungshypothese<br />

(vgl. unten) als massgeblich bezeichnete Wan<strong>de</strong>l durch die (Re-)Aktivierung kollektiver Eigentumsformen<br />

je nach Landschaft variiert. Der Zeitpunkt t 0 bezeichnet die heutige und t +1 die (je nach<br />

unterschiedlichen Szenarien) vermutete Situation im Jahre 2020.<br />

Die zweite Kolonne schematisiert die bei<strong>de</strong>n wesentlichen Dimensionen <strong>de</strong>r institutionellen Regime<br />

(Ausmass und Kohärenz). Diese wer<strong>de</strong>n hier nach <strong>de</strong>n Befun<strong>de</strong>n zu <strong>de</strong>n eidgenössischen Regime<strong>de</strong>terminanten<br />

im Screening (und nicht nach Massgabe <strong>de</strong>r Empirie in unseren Fallstudiengebieten)<br />

bemessen. Dieser weist für <strong>de</strong>n Zeitpunkt t- 1 für bei<strong>de</strong> Dimensionen einen niedrigen Stand aus. Für<br />

<strong>de</strong>n Zeitpunkt t 0 (2003) zeigt die Abbildung ein breites Ausmass und eine niedrige Kohärenz<br />

("komplexes Regime"). Für <strong>de</strong>n Zeitraum t +1 (2020) postulieren wir <strong>de</strong>n I<strong>de</strong>altypus mit einem breiten<br />

Ausmass und hoher Kohärenz ("integriertes Regime"). Die schematische Darstellung ist in<strong>de</strong>ssen<br />

nicht empiriegestützt. Sie drückt lediglich eine (für die Primärressourcen Bo<strong>de</strong>n, Wald und<br />

Wasser in an<strong>de</strong>ren Studien (Knoepfel et al. 2003) teilweise belegbare) Richtung <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung<br />

institutioneller Ressourcenregime aus.<br />

Die dritte Kolonne schematisiert die vom institutionellen Regime beeinflussten Verhaltensweisen<br />

<strong>de</strong>r landschaftsnutzen<strong>de</strong>n Akteure. Diese wer<strong>de</strong>n durch institutionelle Regime beeinflusst. Allerdings<br />

wirken auch an<strong>de</strong>re Institutionen (Werthaltungen, Traditionen etc.), aber auch an<strong>de</strong>re nicht<br />

regimegesteuerte Faktoren, die nicht Gegenstand unserer Forschungen waren. Auch diese Darstellung<br />

entbehrt vor<strong>de</strong>rhand einer empirischen Basis. Die Abbildung zeigt wie<strong>de</strong>rum eine vermutete<br />

Bewegung zwischen <strong>de</strong>n Zeiträumen. Diese besteht darin, dass die Zahl <strong>de</strong>r nutzen<strong>de</strong>n Akteure insgesamt<br />

zunimmt und gleichzeitig eine ausgeprägte Heterogenisierung <strong>de</strong>r Landschaftsnutzung eintritt<br />

(Zunahme <strong>de</strong>r Zahl <strong>de</strong>r genutzten Dienstleistungen). Ausser<strong>de</strong>m variieren die Intensitäten <strong>de</strong>r<br />

verschie<strong>de</strong>nen Nutzungen in <strong>de</strong>r Zeitreihe.<br />

Vermutet wird, dass dieses Nutzerverhalten die Nutzungssituation <strong>de</strong>r Ressource Landschaft prägt.<br />

Diese Letztere besteht zum Zeitpunkt t -1 in schwachen und nicht reguliert ri<strong>val</strong>isieren<strong>de</strong>n Nutzungen<br />

sämtlicher, von <strong>de</strong>r betreffen<strong>de</strong>n Landschaft in Anspruch genommener Leistungen. Mit <strong>de</strong>r<br />

vermuteten Zunahme <strong>de</strong>r Zahl dieser Dienstleistungen und <strong>de</strong>r Intensität ihrer Inanspruchnahme<br />

nimmt die Gefahr zu, dass es zu grösseren nicht regulierten Ri<strong>val</strong>itäten (R) kommt, wenn das Regime<br />

zwischen <strong>de</strong>m Zeitpunkt t -1 und t 0 nicht angepasst wird. In <strong>de</strong>r infolge bewusster Regimeanpassungen<br />

im Laufe <strong>de</strong>r nächsten zwanzig Jahre zum Zeitpunkt t +1 prognostizierten Situation sollten<br />

solche Ri<strong>val</strong>itäten ten<strong>de</strong>nziell wie<strong>de</strong>r abgebaut wer<strong>de</strong>n können.<br />

Schliesslich zeigt die letzte Kolonne die vermuteten Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Leistungsfähigkeit <strong>de</strong>r untersuchten<br />

regionalen Ressourcen im Sinne ihres Potentials, die in Anspruch genommenen Dienstleistungen<br />

auch in Zukunft angemessen bereitzustellen (Nachhaltigkeit <strong>de</strong>r Landschaft). Zur Messung<br />

dieser Leistungsfähigkeit ziehen wir klassische Landschaftsqualitätsindikatoren bei. Diese<br />

wer<strong>de</strong>n in ökologische, soziale, kulturelle und ökonomischen Dimensionen aufgeteilt. Wenngleich<br />

sich diese Beobachtungen teilweise mit <strong>de</strong>njenigen überschnei<strong>de</strong>n, die zur Messung <strong>de</strong>r Interaktionsleistungen<br />

selbst herangezogen wer<strong>de</strong>n, erfolgt ihre Interpretation im Zusammenhang mit <strong>de</strong>r<br />

Beurteilung <strong>de</strong>r Landschaftsqualität aus einem an<strong>de</strong>ren, stärker holistischen Dimensionen verpflichteten<br />

Gesichtswinkel. Dieser bezieht sich nicht auf die einzelne Interaktionsleistung bzw. auf <strong>de</strong>ren<br />

8


Vergleich mit (Emissionsgrenzwerten vergleichbaren) Soll-Werten, son<strong>de</strong>rn sie versucht, Immissionsbeobachtungen<br />

vergleichbar, Verän<strong>de</strong>rungen landschaftsrelevanter Kapazitäten <strong>de</strong>r Ressource<br />

zu beobachten, die als Folge <strong>de</strong>r vorgängig beobachteten Inanspruchnahme dieser Leistungen am<br />

Zustand <strong>de</strong>r Ressource selbst feststellbar wer<strong>de</strong>n.<br />

Aus Darstellungsgrün<strong>de</strong>n verzichtet die Abbildung auf eine schematische Wie<strong>de</strong>rgabe <strong>de</strong>r Hypothese,<br />

wonach Regimebewegungen in Richtung integrierter Regime (von t -1 über t 0 bis t +1 ) die Leistungsfähigkeit<br />

<strong>de</strong>r Ressource erhöhen 9 und sich <strong>de</strong>mentsprechend in positiven Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r<br />

vier Dimensionen <strong>de</strong>r Landschaftsqualität nie<strong>de</strong>rschlagen sollten.<br />

Zusammenfassend geht unsere Studie damit von folgen<strong>de</strong>n drei Forschungshypothesen aus:<br />

1. Es besteht ein Zusammenhang zwischen Verän<strong>de</strong>rungen institutioneller Landschaftsregime,<br />

<strong>de</strong>m Verhalten <strong>de</strong>r landschaftsnutzen<strong>de</strong>n Akteure und Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit <strong>de</strong>r<br />

Landschaftsqualität.<br />

2. Institutionelle Regime, die sich durch entsprechen<strong>de</strong> Erweiterung ihres Ausmasses (Zunahme<br />

<strong>de</strong>r Zahl <strong>de</strong>r regulierten Dienstleistungen) und eine Anhebung ihrer (substantiellen und/o<strong>de</strong>r institutionellen)<br />

Kohärenz in Richtung integrierter Regime bewegen, vermögen die Landschaftszerstörungen<br />

als Folgen nicht gelöster Nutzungsri<strong>val</strong>itäten zwischen <strong>de</strong>n betroffenen Dienstleistungen<br />

wirksam und im Sinne ökologischer, ökonomischer und soziokultureller Nachhaltigkeit<br />

zu verhin<strong>de</strong>rn. Umgekehrt tragen Regime mit geringem Ausmass und niedriger Kohärenz (kein<br />

Regime) zu Verhaltensweisen <strong>de</strong>r nutzen<strong>de</strong>n Akteure bei, die zu einer Landschaftszerstörung<br />

führen. Dasselbe gilt in ausgeprägter Weise für Regime mit grossem Ausmass und niedriger<br />

Kohärenz (komplexe Regime).<br />

3. Kollektive Eigentumsformen an Primärressourcen und kollektive Nutzungsrechte an <strong>de</strong>r Landschaft<br />

in <strong>de</strong>r eigentumsrechtlichen Grundordnung regionaler institutioneller Landschaftsregime<br />

("regulatives System") tragen zu einer erhöhten institutionellen Kohärenz bei. Kommt es in solchen<br />

Situationen infolge erhöhter Regelungsintensität und einer Zunahme <strong>de</strong>r regulierten Interaktionsleistungen<br />

auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r einschlägigen öffentlichen Politiken zu einer Aus<strong>de</strong>hnung<br />

<strong>de</strong>s Regimes, so können solche kollektiven Organisationen eine Bewegung in Richtung integrierter<br />

Regime bewirken. In solchen Fällen kann eine Verbesserung <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit <strong>de</strong>r<br />

Landschaftsqualität prognostiziert wer<strong>de</strong>n.<br />

4. LANDSCHAFT UND IHRE GÜTER UND DIENSTLEISTUNGEN 10<br />

Wir gehen in unserer Studie von <strong>de</strong>r Landschafts<strong>de</strong>finition <strong>de</strong>r heutigen schweizerischen Landschaftsschutzpolitik<br />

aus. Diese <strong>de</strong>finiert Landschaft als "<strong>de</strong>n gesamten Raum, innerhalb und ausserhalb<br />

von Siedlungen. Sie ist das Entstan<strong>de</strong>ne und Wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong> natürlicher Faktoren wie Untergrund,<br />

Bo<strong>de</strong>n, Wasser, Luft, Licht, Klima, Fauna und Flora im Zusammenspiel mit kulturellen, gesellschaftlichen<br />

und wirtschaftlichen Faktoren" (BUWAL und Bun<strong>de</strong>samt für Raumplanung 1998). –<br />

Diese Definition steht in Einklang mit <strong>de</strong>rjenigen <strong>de</strong>s Europarates "landscape means an aera as perceived<br />

by people, whose character is the result of the action and interaction of natural and/or human<br />

factors" (Europarat 2000). Landschaft be- und entsteht, laut einer etwas konkreteren Definition, aus<br />

"fünf Dimensionen: Die räumliche Dimension (Ökosystem), die zeitliche Dimension (Wan<strong>de</strong>lbarkeit),<br />

die kulturelle Dimension (<strong>de</strong>r Raum <strong>de</strong>r Wechselbeziehung von Kultur und Natur), die geistige<br />

Dimension (Ort <strong>de</strong>s Reflektierens, <strong>de</strong>r Spiritualität und <strong>de</strong>r Phantasie) und die sinnlichepsychologische<br />

Dimension (Ort <strong>de</strong>r sinnlichen Wahrnehmung, <strong>de</strong>s gefühlsbezogenen Erlebens und<br />

Wohlbefin<strong>de</strong>ns sowie <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntitäts- und Orientierungssuche)" (Ro<strong>de</strong>wald 1999). Landschaft ist<br />

damit überall, wo Menschen Räume nutzen.<br />

9<br />

Allerdings ange<strong>de</strong>utet durch die Vergrösserung <strong>de</strong>s inneren Kreises t -1 zu t +1 .<br />

10 Auszug aus Ro<strong>de</strong>wald et al. 2005: Kap. 2.1.<br />

9


Diese Definitionen sind für eine empirische Studie zu wenig operationalisiert. Sie erlauben insbeson<strong>de</strong>re<br />

keine Qualifizierung <strong>de</strong>ssen, was das "Mehr" <strong>de</strong>r Ressource Landschaft gegenüber <strong>de</strong>n<br />

Primärressourcen Bo<strong>de</strong>n, Wasser, Flora und Fauna o<strong>de</strong>r gegenüber immateriellen Ressourcen (Kultur,<br />

Gedächtnis) ausmacht. Eine politikwissenschaftlich verwendbare Definition muss akteurs- und<br />

handlungsorientiert formuliert sein. Im Folgen<strong>de</strong>n gehen wir von <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n meisten vorliegen<strong>de</strong>n<br />

Umschreibungen implizit o<strong>de</strong>r explizit angesprochenen Fähigkeit von Landschaften aus, wahrgenommene<br />

Aspekte einzelner Güter und Dienstleistungen <strong>de</strong>r in solchen Räumen vorhan<strong>de</strong>nen Primärressourcen<br />

untereinan<strong>de</strong>r in beson<strong>de</strong>rer Weise in sinnstiften<strong>de</strong> Interaktion zu versetzen, dass<br />

daraus für <strong>de</strong>n Beobachter ein Wert entsteht. Dieser besteht vermutlich in einer sinnstiften<strong>de</strong>n, zeitlichen,<br />

örtlichen, mentalen und emotionellen Orientierungshilfe, die Menschen als Nutzen schätzen.<br />

Wir sprechen von Interaktionsleistungen, die kollektiv produzierte und wahrgenommene Landschaften<br />

"herstellen" (Knoepfel 2005; Gerber <strong>2004</strong>a, b, c).<br />

Landschaft als Ressource wird aus dieser Sicht zu einer unteilbaren Entität, die die Fähigkeit besitzt,<br />

teilbare und miteinan<strong>de</strong>r ri<strong>val</strong>isieren<strong>de</strong> Interaktionsleistungen zu produzieren. Wer<strong>de</strong>n solche<br />

Ri<strong>val</strong>itäten aufgrund rechtlicher o<strong>de</strong>r faktischer Machtpositionen einzelner Akteure radikal zugunsten<br />

<strong>de</strong>r einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren ihrer wertgeschätzten Leistungen gelöst, wer<strong>de</strong>n für an<strong>de</strong>re Akteure<br />

wichtige Interaktionsleistungen unmöglich. Für diese Letzteren "verschwin<strong>de</strong>t" Landschaft, sie<br />

"verlieren" die Orientierung und sprechen von Landschaftszerstörung. Sie meinen damit, dass die<br />

Ressource als Ganzes ihre Fähigkeit verloren habe, Interaktionsleistungen zu erbringen, weil die<br />

erzwungene Teilung das "Unteilbare" geteilt habe.<br />

Innerhalb dieser – immateriellen <strong>11</strong> - Landschaftsleistung lassen sich etwa folgen<strong>de</strong> Bereiche anführen:<br />

Mobilität (Landschaften stiften Sinn für Ortswechsel 12 ), raumzeitliche I<strong>de</strong>ntifikation (Festhalten<br />

von Momenten dynamischer Erlebnis- und Kulturprozesse) o<strong>de</strong>r die Schaffung von Kohärenz<br />

durch Sinnstiftung (gefähr<strong>de</strong>t etwa durch Grenzen, Mauern, gera<strong>de</strong> Linien, Zerschneidungen). Das<br />

"Mehr", das Landschaften gegenüber <strong>de</strong>n Primärressource produzieren, bezeichnen wir als ökologische,<br />

soziokulturelle und ästhetische 13 Landschaftsqualitäten, welche sich aus Wertschätzungen<br />

bestimmter Interaktionen und Kombinationen <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Güter und Dienstleistungen <strong>de</strong>r<br />

erwähnten Primärressource ergeben (vgl. auch van Mansvelt und van <strong>de</strong>r Lubbe 1999).<br />

Damit ziehen wir für die Bewertung <strong>de</strong>r Nutzungssituation von Landschaften <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Ressourcenökonomie<br />

geläufigen Ansatz <strong>de</strong>r Bestimmung von "Gütern und Dienstleistungen" heran, welche<br />

die Ressource Landschaft gleichermassen wie an<strong>de</strong>re Ressourcen bereitstellt (Wiesmann 1995; Siebert<br />

1983; Grima und Berkers 1989; Endres und Querner 1993; Knoepfel et al. 2001a). Diese Konzeptualisierung<br />

erweist sich für die – immaterielle – Sekundärressource Landschaft in doppeltem<br />

Sinne als interessant: Zum einen zeigt sie die auch bei Primärressourcen feststellbare Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r<br />

(perzeptionsabhängigen) Wertschätzung <strong>de</strong>r Ressourcennutzer für die schiere "Existenz" <strong>de</strong>r Ressource<br />

und vor allem <strong>de</strong>r genutzten Güter und Dienstleistungen auf, die nach kognitivistischer Auffassung<br />

in je<strong>de</strong>m Falle ein soziales Konstrukt darstellen. Bei Landschaften ist dieser Aspekt <strong>de</strong>r<br />

gesellschaftlichen Produktion <strong>de</strong>r Ressource und ihrer Leistungen sehr stark ausgeprägt und "sichtbar";<br />

die Beobachtung gilt aber auch für Primärressourcen. So vertreten wir die Auffassung, dass<br />

Wasser als solches erst dann als "Ressource" zu bezeichnen ist, wenn es nutzenstiftend gebraucht<br />

wird. Die unserer Arbeit zugrun<strong>de</strong> gelegte ressourcenökonomische Definition von Landschaft hat<br />

zum zweiten auch <strong>de</strong>n Vorteil, die unzulässige Reduktion <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Landschaftsfunktionen<br />

auf ökologische Schutzgüter zu überwin<strong>de</strong>n, wie dies im Falle traditioneller Betrachtungsweisen oft<br />

geschieht. Ihre Konzentration auf (immaterielle) Interaktionsleistungen erlaubt eine angemessene<br />

Berücksichtigung <strong>de</strong>r zentralen ästhetischen und <strong>de</strong>r damit eng verknüpften umweltethischen Leistungen<br />

von Landschaften, ohne in<strong>de</strong>ssen die messbaren Landschaftsressourcen auszublen<strong>de</strong>n. Denn<br />

<strong>11</strong> Wir sprechen im Interesse <strong>de</strong>r Vergleichbarkeit <strong>de</strong>r Ressource Landschaft mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren untersuchten Ressourcen<br />

von "Gütern und Dienstleistungen", obwohl Landschaften selbst keine Güter produzieren.<br />

12 Dies bringt <strong>de</strong>r franzöosische Begriff <strong>de</strong>s "dépaysements" sehr gut zum Ausdruck (= "Ortswechsel")<br />

13 Darunter fallen nach unserer Terminologie auch sozioökonomische Interaktionsleistungen.<br />

10


diese Letzteren fin<strong>de</strong>n ihren angemessenen Platz auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren Qualifizierung <strong>de</strong>r<br />

Interaktionsleistungen.<br />

Aufgrund <strong>de</strong>s heutigen Wissens i<strong>de</strong>ntifizieren wir 20 Dienstleistungen, die wir in drei Gruppen aufteilen<br />

(ökologische, soziokulturelle sowie ästhetische Interaktionsleistungen o<strong>de</strong>r "Landschaftsqualitäten").<br />

Konzeptionell betrachten wir diese Leistungen untereinan<strong>de</strong>r grundsätzlich als gleichrangig. Sie<br />

wer<strong>de</strong>n entwe<strong>de</strong>r von einzelnen Personen, vom Staat, von Gemeinschaften o<strong>de</strong>r von allen beansprucht,<br />

ggf. "besessen", gehalten, be- und genutzt (Bromley 1997/98). Verdrängt die Nutzung einer<br />

Leistung die Möglichkeit <strong>de</strong>r Nutzung einer an<strong>de</strong>ren, so kann nach <strong>de</strong>m auch für Landschaft plausiblen<br />

ressourcenökonomischen Ansatz auch die Leistungsfähigkeit <strong>de</strong>r betroffenen Ressource<br />

Landschaft insgesamt in Mitlei<strong>de</strong>nschaft gezogen wer<strong>de</strong>n.<br />

Die in Tabelle 1 aufgeführten Interaktionsleistungen, die wir nach Massgabe <strong>de</strong>r herkömmlichen<br />

drei zentralen Landschaftsqualitäten einteilen, knüpfen an beson<strong>de</strong>rs wertgeschätzten Konfigurationen<br />

spezifischer Ausprägungen <strong>de</strong>r Primärressourcen Bo<strong>de</strong>n, Wasser, Luft, Biomasse, Wald etc.,<br />

aber auch Kultur etc. an, welche sich auf <strong>de</strong>m Territorium einer Landschaft fin<strong>de</strong>n. Die Tabelle<br />

führt in ihrer rechten Spalte die für <strong>de</strong>n Bestand <strong>de</strong>r Dienstleistungen (potentiell) verantwortlichen<br />

Akteure auf (meistens Eigentümer / Nutzer <strong>de</strong>r Primärressourcen).<br />

Tabelle 1:<br />

Die Güter und Dienstleistungen ("Interaktionsleistungen") 14 von Landschaften<br />

Landschaftsqualitäten<br />

1) Ökologische Landschaftsqualität<br />

Landschaftsproduzierte Dienstleistungen<br />

= Interaktionsleistungen<br />

1a) Bereitstellung <strong>de</strong>r (a-) biotischen<br />

Raumfaktoren<br />

1b) Bereitstellung von vernetzten<br />

Naturvorrangflächen<br />

1c) Speicher genetischer Vielfalt<br />

(Biodiversität)<br />

1d) Regulation <strong>de</strong>s Wasserkreislaufes<br />

1e) Regulation dynamischer<br />

Prozesse (Naturereignisse)<br />

1f) Regulation <strong>de</strong>r Populationsdynamik<br />

1g) Raum <strong>de</strong>r Naturgeschichte<br />

und <strong>de</strong>r Naturwissenschaft<br />

(Potentiell) verantwortliche<br />

Akteure 15<br />

1a) Gesamtbevölkerung<br />

1b) Landwirte<br />

1c) NGO, Wissenschafter<br />

1d) Kraftwerkbetreiber<br />

1e) Gemeinwesen<br />

1f) Jäger, Pilzsammler, Naturwissenschafter<br />

1g) Historiker, Pro Natura<br />

14 In <strong>de</strong>n Working papers wird durchgehend <strong>de</strong>r – generelle – Begriff "Güter und Dienstleistungenen" / "biens et services"<br />

verwen<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>n wir für die zusammenfassen<strong>de</strong> Schlusspublikation (Ro<strong>de</strong>wald et al. 2005) zugunsten <strong>de</strong>s "griffigeren"<br />

und <strong>de</strong>n Beson<strong>de</strong>rheiten landschaftlicher Ressourcen besser entsprechen<strong>de</strong>n Begriffs <strong>de</strong>r (landschaftlichen) Interaktionsleistungen<br />

aufgeben.<br />

15 Gerber (<strong>2004</strong>a, b) bezeichnet diese Gruppe richtigerweise als "Produzenten" <strong>de</strong>r erwähnten Ausprägungen <strong>de</strong>r Primärressourcen.<br />

Im Gegensatz zu früheren Fassungen ist zu unterstreichen, dass es sich hier nicht nur um die Nutzer<br />

<strong>de</strong>r 20 Interaktionsleistungen geht.<br />

<strong>11</strong>


2) Soziokulturelle<br />

Landschaftsqualität<br />

3) Ästhetische Landschaftsqualität<br />

2a) Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen<br />

Nutzung<br />

2b) Raum <strong>de</strong>r forstwirtschaftlichen<br />

Nutzung<br />

2c) Raum <strong>de</strong>r Siedlungstätigkeit<br />

2d) Räumliche Strukturierung<br />

<strong>de</strong>r Mobilität und <strong>de</strong>s Transportes<br />

2e) Raum <strong>de</strong>r Kulturgeschichte<br />

und <strong>de</strong>s baulichen Erbes<br />

2f) Raum <strong>de</strong>r kulturellen Diversität<br />

2g) Ort <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheit und<br />

<strong>de</strong>s Wohlbefin<strong>de</strong>ns<br />

3a) Raum mit Erholungsfunktion<br />

(inkl. Tourismus, Freizeit,<br />

Naturerlebnis)<br />

3b) Raum grösstmöglicher freier<br />

Zugänglichkeit<br />

3c) Lieferant von Geschichten<br />

und Heimatbil<strong>de</strong>rn<br />

3d) Ort ästhetischer Landschaftswahrnehmung<br />

3e) Träger von Wertschöpfungen<br />

(Werbung, Regionalmarketing,<br />

Tourismus)<br />

3f) Raum <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität und Lieferant<br />

von I<strong>de</strong>ntifikationsstrukturen<br />

2a) Landwirte<br />

2b) Waldbesitzer<br />

2c) Baulandbesitzer<br />

2d) Verkehrsverbän<strong>de</strong>,<br />

Landbesitzer<br />

2e) Touristiker, Denkmalpflege<br />

2f) Regionalwirtschafter,<br />

Marketingstellen<br />

2g) Städteplaner, Radfahrer<br />

3a) Golfplatzbauer, Seilbahnbetreiber,<br />

Touristiker, Naturschutzvertreter<br />

3b) Privatbesitzer, Erholungssuchen<strong>de</strong>r<br />

3c) Buchverleger, Kulturschaffen<strong>de</strong><br />

3d) Feriengäste, Anwohner<br />

3e) Postkartenhersteller,<br />

Fotografen, Regionalplaner,<br />

Naturschutzverbän<strong>de</strong><br />

3f) Gemein<strong>de</strong>behör<strong>de</strong>n,<br />

Landwirte, Bürgerforen,<br />

Bauwillige, Tourismuspromotoren<br />

Diese I<strong>de</strong>ntifikation <strong>de</strong>r von Landschaften nachgefragten und tatsächlich genutzten Dienstleistungen<br />

ging aus von einem (in <strong>de</strong>r Landschaftsschutzpraxis verwen<strong>de</strong>ten) objektbezogenen Eingriffsinventar,<br />

das folgen<strong>de</strong> Bereiche umfasste:<br />

• Touristische Einflüsse<br />

• Bauliche Einflüsse nicht-landwirtschaftlicher Art (Neubauten, Anlagen, Aus<strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>r Baugebiete<br />

seit ca. 1970)<br />

• Umnutzungen und Umbauten bestehen<strong>de</strong>r Gebäu<strong>de</strong><br />

• Verrohrungen von Fliessgewässern<br />

• Überlandleitungen<br />

• Materialabbaustellen, Deponien<br />

12


• Einzäunungen<br />

• Besucherdruck, Lärm<br />

• Naturereignisse<br />

• Sozio<strong>de</strong>mografische Aspekte<br />

• Geschichtliche Dimension<br />

Bei <strong>de</strong>r empirischen Erfassung konkret beanspruchter (und in <strong>de</strong>n Fokusgebieten o<strong>de</strong>r Fokusthemen<br />

konfligieren<strong>de</strong>r) Landschaftsleistungen sollten sowohl die Nutzergruppe und allfällige zeitliche<br />

(temporär versus permanent?) o<strong>de</strong>r räumliche Varianzen <strong>de</strong>r Nutzungsintensität abgeschätzt wer<strong>de</strong>n<br />

(räumlich ausgreifend o<strong>de</strong>r lokal?). Die Angabe <strong>de</strong>r Ausprägung erfolgte vor <strong>de</strong>m Hintergrund eines<br />

Vergleichs unter <strong>de</strong>n Fokusgebieten o<strong>de</strong>r Themenbereichen und auch mit Blick auf die umliegen<strong>de</strong>n<br />

Landschaftsräume 16 . Die Einstufung wur<strong>de</strong> durch Fachleute und durch Akteure vor Ort vorgenommen,<br />

welche über regionale Kenntnisse verfügen.<br />

5. AUSWAHL DER FALLSTUDIENGEBIETE 17<br />

Die Fallgebiete wur<strong>de</strong>n auf Grund folgen<strong>de</strong>r Kriterien ausgewählt:<br />

• Situierung im Alpenraum<br />

• Repräsentativität für einen bestimmten Landschaftstypus<br />

• anhand <strong>de</strong>r Landschaftsentwicklung leicht erkennbare und markante Verän<strong>de</strong>rungen prägen<strong>de</strong>r<br />

Landschaftselemente<br />

• Akteurvielfalt (lokal bis global) und landschaftsbedingte Konflikte<br />

• Vorhan<strong>de</strong>nsein <strong>de</strong>r vier wichtigsten landschaftlichen Entwicklungsten<strong>de</strong>nzen "Ressourcenübernutzung,<br />

Ressourcenunternutzung (Nutzungsaufgabe), Dichotomie o<strong>de</strong>r Segregation (harte<br />

räumliche Trennung zwischen intensiver und extensiver Bo<strong>de</strong>nnutzung) und nachhaltige Entwicklung"<br />

(nach Bastian und Schreiber 1994, Ro<strong>de</strong>wald et al. 2001, Ro<strong>de</strong>wald und Neff 2001)<br />

• hoher rechtlicher Schutzgrad o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st hohe Schutzwürdigkeit <strong>de</strong>r betroffenen Landschaften<br />

• Vorhan<strong>de</strong>nsein spezifischer Mo<strong>de</strong>lle <strong>de</strong>r kollektiven Landschaftspflege basierend auf institutionellen<br />

Arrangements (Gemeinwerk, lokale Projektkommissionen etc.)<br />

Als Fallgebiete wur<strong>de</strong>n schliesslich ausgewählt:<br />

1. das Gebiet Aletsch – Bettmeralp - Rie<strong>de</strong>ralp (VS, z. T. BLN-Gebiet; UNESCO Weltnaturerbe) 18<br />

2. das Baltschie<strong>de</strong>rtal (VS) 19<br />

3. <strong>de</strong>r Lavaux (VD, BLN-Gebiet, als Vergleichsgebiet ausserhalb <strong>de</strong>s Alpenraumes) 20<br />

4. das Gebiet Sent-Ramosch-Tschlin (GR; BLN-Gebiet) 21<br />

5. das Val Bavona (TI; Nationalparkkandidat und BLN-Gebiet) 22<br />

16 Baltschie<strong>de</strong>rtal im Kontext zu <strong>de</strong>r Lötschbergregion und zu <strong>de</strong>n Regionen Brig-westlich Raron, Goms; Valle Bavona<br />

im Kontext zum Val Lavizzara und Maggiatal; Sent-Ramosch-Tschlin im Kontext zum ganzen Unterengadin.<br />

17 Auszug aus Ro<strong>de</strong>wald et al <strong>2004</strong>: Kap.: 2.7<br />

18 Gerber <strong>2004</strong>a.<br />

19 Gerber <strong>2004</strong>b.<br />

20 <strong>de</strong> Fossey <strong>2004</strong>.<br />

21 Mauch <strong>2004</strong>.<br />

13


6. das Val Mora/Münstertal (GR, Kandidat Biosphärenreservat) 23<br />

Für die Rekonstruktion <strong>de</strong>r institutionellen Regime und <strong>de</strong>s Landschaftszustan<strong>de</strong>s wur<strong>de</strong> eine Unterteilung<br />

in Fokusgebiete (Subcases: z. B. Alpstufe, Siedlungsraum, Uferregion, Strassenräume,<br />

Gewässersysteme etc.) bzw. in Fokusthemen vorgenommen. Fokusgebiete weisen eine gewisse<br />

landschaftliche Homogenität und nutzungsbezogene Beson<strong>de</strong>rheiten (z. B. Nutzungskonflikte) auf.<br />

Diese stehen in einem direkten Bezug zur Gesamtlandschaft und prägen daher die Landschaftsentwicklung<br />

wesentlich mit. Dasselbe gilt für Themenbereiche, die bestimmte Ri<strong>val</strong>itäten im gesamten<br />

Untersuchungsraum ab<strong>de</strong>cken. Die Auswahl dieser Untereinheiten richtete sich einerseits nach <strong>de</strong>m<br />

Vorhan<strong>de</strong>nsein und <strong>de</strong>m Grad von Nutzungsri<strong>val</strong>itäten, an<strong>de</strong>rerseits nach <strong>de</strong>r Repräsentativität für<br />

<strong>de</strong>n gesamten Landschaftsraum. Innerhalb <strong>de</strong>r Fokusgebiete wur<strong>de</strong>n mitunter verschie<strong>de</strong>ne Teilaspekte<br />

geson<strong>de</strong>rt analysiert.<br />

6. VORGEHEN UND STRUKTUR DER BERICHTE 24<br />

Die Forschungsarbeiten verliefen insgesamt planmässig. Nach bewährtem Mo<strong>de</strong>ll wur<strong>de</strong>n die Feldstudien<br />

anlässlich von insgesamt zehn ganztätigen Teamsitzungen vorbereitet, begleitet und kommentiert.<br />

Die Ergebnisse dieser Teamveranstaltungen wur<strong>de</strong>n ausführlich protokolliert. Sie waren<br />

<strong>de</strong>r Konzept- und Metho<strong>de</strong>nentwicklung 25 , <strong>de</strong>r Begleitung <strong>de</strong>r von Herbst 2002 bis Herbst 2003 26<br />

durchgeführten empirischen Erhebungen in <strong>de</strong>n Fallstudiengebieten 27 sowie <strong>de</strong>r Kommentierung<br />

<strong>de</strong>r Ergebnisse 28 gewidmet. Die konzeptionellen Grundlagen wur<strong>de</strong>n zu Beginn in einem Papier 29<br />

erarbeitet. Dieses enthält auch das Protokoll zu <strong>de</strong>n Kriterien und zum Indikatorensystem für die<br />

Beurteilung <strong>de</strong>r Landschaftsentwicklung. Anlässlich <strong>de</strong>r feldbegleiten<strong>de</strong>n Teamsitzungen wur<strong>de</strong>n<br />

immer wie<strong>de</strong>r Probleme diskutiert, die sich bei <strong>de</strong>r Anwendung in konkreten Situationen ergaben.<br />

Daraus resultierten mitunter kleinere Modifikationen, die im gemeinsamen Projektprotokoll im<br />

Hinblick auf <strong>de</strong>ren Nachvollziehbarkeit durch Dritte festgehalten wur<strong>de</strong>n. Diese betrafen insbeson<strong>de</strong>re<br />

die (in Fussnote 15 angesprochenenen) konzeptionellen Modifikationen auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r von<br />

Landschaften produzierten "Güter und Dienstleistungen", die wir heute "Interaktionsleistungen"<br />

nennen, und die ebenfalls leicht modifizierte Dimension <strong>de</strong>r Regimekohärenz. Wie dies auch in<br />

an<strong>de</strong>ren sozialwissenschaftlichen Forschungsprojekten <strong>de</strong>r Fall ist, han<strong>de</strong>lt es sich bei diesen Korrekturen<br />

um – kleinere - Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Forschungsprotokolls, die teilweise allerdings erst nach<br />

Abschluss <strong>de</strong>r empirischen Arbeiten anlässlich <strong>de</strong>r Diskussion <strong>de</strong>r Ergebnisse vorgenommen wur<strong>de</strong>n<br />

30 .<br />

Das erwähnte Metho<strong>de</strong>npapier beschreibt die insgesamt zwölf in je<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r sechs Testgebiete<br />

durchgeführten Forschungsschritte im Detail. Diese lassen sich in sechs Hauptphasen unterglie<strong>de</strong>rn.<br />

Sie sehen nach <strong>de</strong>r Erstellung einer Übersicht über die gegenwärtigen Nutzungen, die Akteure und<br />

die Ressourcenperimeter fünf Schritte zur Beschreibung <strong>de</strong>r Ressource Landschaft und ihrer Nutzungen<br />

31 und sechs Schritte zur Beschreibung <strong>de</strong>r institutionellen Regime vor 32 . Die Resultate die-<br />

22 Für diese Fallstudie besteht keine Publikation (ausser Kap. 3.5 in Ro<strong>de</strong>wald et al. 2005).<br />

23 Ro<strong>de</strong>wald <strong>2004</strong>.<br />

24 Auszug aus Ro<strong>de</strong>wald et al. <strong>2004</strong>: Kap. 1.6.<br />

25 Drei Sitzungen: 17. April, 5. Juli und 22. August 2002.<br />

26 Ausnahme: Lavaux, wo die Fel<strong>de</strong>rhebungen erst im Dezember 2003 begannen und bis April <strong>2004</strong> dauerten.<br />

27 Fünf Sitzungen vom 9. September 2002, 6. und 21. März, 19. Mai und 27. Juni 2003.<br />

28 Zwei Sitzungen vom 29. August 2003, 12. Januar <strong>2004</strong>.<br />

29 (Internes) Metho<strong>de</strong>npapier von September 2002.<br />

30 Insbeson<strong>de</strong>re: Workshop vom 29. August 2003, an <strong>de</strong>m neue verdankenswerte Anregungen seitens von Frédéric<br />

Varone, Régis Ambroise und Stéphane Nahrath aufgenommen wur<strong>de</strong>n.<br />

31 1. Erhebung <strong>de</strong>s gegenwärtigen Raumzustan<strong>de</strong>s, 2. Visualisierung <strong>de</strong>r räumlichen sozio-politischen und institutionellen<br />

Zuständigkeiten, 3. chronologische Raumbeschreibung (vorher-nachher), 4. Beschreibung <strong>de</strong>r möglichen Trends<br />

<strong>de</strong>r Raumentwicklung 2020, 5. Synthese: vergleichen<strong>de</strong> Raumbewertung gemäss Nachhaltigkeitskriterien.<br />

32 1.Inventar <strong>de</strong>r privaten Eigentums- und Nutzungsrechte sowie –regeln, 2. Inventar <strong>de</strong>r relevanten öffentlichen Politiken<br />

(Outputanalyse), 3. Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Nutzung <strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen zwischen t -1 (ca. 1980), t 0 (2003)<br />

14


ser empirischen Forschungen wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n vorliegen<strong>de</strong>n Working papers veröffentlicht, die einen<br />

weitgehend gemeinsamen Aufbau aufweisen 33 . Diese von unseren Intervie<strong>wp</strong>artnern gegengelesenen<br />

Berichte bil<strong>de</strong>n die empirische Grundlage für die parallel erscheinen<strong>de</strong> Gesamtpublikation<br />

(Ro<strong>de</strong>wald et al. 2005).<br />

Für die Datenerhebung wur<strong>de</strong>n zahlreiche Interviews mit ortskundigen Akteuren geführt. Dies war<br />

insbeson<strong>de</strong>re für die Bewertung <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r ökologischen, kulturellen, sozialen und ökonomischen<br />

Indikatoren für die Nachhaltigkeit <strong>de</strong>r Landschaft im Laufe <strong>de</strong>r ungefähr 20-jährigen<br />

Untersuchungsperio<strong>de</strong> unabdingbar, in <strong>de</strong>r sich <strong>de</strong>r letzte Regimewan<strong>de</strong>l vollzogen hatte. Daneben<br />

wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n vorliegen<strong>de</strong>n Working papers zahlreiche Bild-, Karten- und Textdokumente analysiert,<br />

die die Rekonstruktion landschaftlicher und institutioneller Verän<strong>de</strong>rungen ermöglichten.<br />

Peter Knoepfel, Raimund Ro<strong>de</strong>wald<br />

10. Oktober <strong>2004</strong><br />

und t +1 (2020), 4. interne Kohärenz <strong>de</strong>r Eigentumsrechte und öffentlichen Politiken, 5. zusammenfassen<strong>de</strong> Beschreibung<br />

<strong>de</strong>r Regimeän<strong>de</strong>rungen, 6. Formulierung eines optimierten Regimes zur För<strong>de</strong>rung nachhaltiger Raumentwicklung<br />

und <strong>de</strong>ssen Anwendung auf ein Zukunftsszenario (2020).<br />

33 1. Einleitung (Fallstudienauswahl und Perimeter, Vorgehen), 2. Beschreibung <strong>de</strong>s Untersuchungsgebietes und <strong>de</strong>r<br />

Nutzungen (geographische und sozioökonomische Merkmale, Überblick über die Güter und Dienstleistungen <strong>de</strong>r<br />

Landschaft, I<strong>de</strong>ntifikation <strong>de</strong>r Fokusgebiete /-themen, Beschreibung von Fokusgebiet /-thema, Relevanz <strong>de</strong>r Fokusgebiete<br />

/ -themen), 3. Landschaftsentwicklung (Ziele <strong>de</strong>r Landschaftsentwicklung und Kriterien, Landschaftszustand<br />

zum Zeitpunkt t -1 (ca. 1980), Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Landschaftszustan<strong>de</strong>s zwischen 1980 und 2003), 4. Situation nach<br />

<strong>de</strong>m Regimewan<strong>de</strong>l (Fokusgebiete 1-x, Zusammenfassung), 5. Verän<strong>de</strong>rungen seit 1980 (Fokusgebiete 1-x), 6. Analyse<br />

<strong>de</strong>s lokal-regionalen Regimewan<strong>de</strong>ls (Ausmass, Kohärenz, Regimeverän<strong>de</strong>rung), 7. Wirkungen <strong>de</strong>s lokalregionalen<br />

Regimewan<strong>de</strong>ls (auf <strong>de</strong>n Landschaftszustand, auf die Interaktionsleistungen, externe Einflussfaktoren auf<br />

die Landschaftsnutzungen), 8. Trends <strong>de</strong>r Raumentwicklung, 9. Schlussfolgerungen, 10. Anhänge.<br />

15


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Knoepfel, Peter, Larrue, Corinne, Varone, Frédéric 2001b. Analyse et pilotage <strong>de</strong>s politiques<br />

publiques. Basel: Helbing & Lichtenhahn (Serie Analyse <strong>de</strong>s politiques publiques /<br />

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Knoepfel, Peter, Kissling-Näf, Ingrid, Varone, Frédéric 2002: Einleitung, in: Thorens, Adèle 2002,<br />

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Knoepfel, Peter, Kissling-Näf, Ingrid, Varone, Frédéric (éds), avec la collaboration <strong>de</strong> Bisang,<br />

Kurt., Mauch, Corine, Nahrath, Stéphane, Reynard, Emmanuel, Thorens, Adèle 2003.<br />

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16


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<strong>de</strong>s Lebens- und Nutzungsraumes mittels institutioneller Ressourcenregime<br />

auf <strong>de</strong>r Basis von Gemeinwerken, Allmendregeln und an<strong>de</strong>rer kollektiver Zusammenarbeitsformen,<br />

Antrag an <strong>de</strong>n Schweizerischen Nationalfonds. Bern.<br />

Ro<strong>de</strong>wald, Raimund, Knoepfel, Peter (Hrsg.), in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong> Fossey, Améli, Gerber,<br />

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17


VERÄNDERUNG DES<br />

INSTITUTIONELLEN<br />

RESSOURCENREGIMES<br />

DER LANDSCHAFT<br />

DER FALL VAL MORA/MÜSTAIR (GR)<br />

RAIMUND RODEWALD


0. Inhaltsverzeichnis<br />

0. Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................2<br />

1. Einleitung.........................................................................................................................1<br />

1.1. Auswahl <strong>de</strong>r Fallstudie und Perimeter.......................................................................3<br />

1.2. Leitfrage, Hypothesen und Vorgehen........................................................................4<br />

2. Beschreibung <strong>de</strong>s Untersuchungsgebietes und <strong>de</strong>r Nutzungen ......................................5<br />

2.1. Geographische und geschichtliche Merkmale <strong>de</strong>s Val Müstair und <strong>de</strong>s Val Mora im<br />

beson<strong>de</strong>ren ......................................................................................................................5<br />

2.1.1. Geographische Lage ..........................................................................................5<br />

2.1.2. Die Wassersysteme............................................................................................6<br />

2.1.3. Geologische Situation.........................................................................................6<br />

2.1.4. Naturkundliche und landschaftliche Aspekte ......................................................8<br />

2.1.5. Geschichte..........................................................................................................9<br />

2.2. Bevölkerung und Kultur...........................................................................................13<br />

2.3. Allgemeine Bo<strong>de</strong>nnutzung ......................................................................................13<br />

2.4. Land- und forstwirtschaftliche Nutzung ...................................................................14<br />

2.5. Fokusthema 1: Die Alpwirtschaft im Val Mora/Döss Radond (Enklave Müstair) .....16<br />

2.5.1. Der Alpbetrieb auf <strong>de</strong>r Klosteralp und Gemein<strong>de</strong>alp Mora ...............................16<br />

2.5.2. Gebäu<strong>de</strong>...........................................................................................................17<br />

2.5.3. Forstliche Nutzung............................................................................................17<br />

2.5.4. Produktion und -verwertung..............................................................................17<br />

2.5.5. Schafalpung......................................................................................................18<br />

2.5.6. Militärische Nutzung .........................................................................................20<br />

2.5.7. Wildnutzung......................................................................................................20<br />

2.5.8. Nutzungskonflikte und Zeitpunkt <strong>de</strong>s Regimewechsel......................................20<br />

2.6. Fokusthema 2: Tourismus im Val Mora...................................................................22<br />

2.6.1. Allgemeine Entwicklung....................................................................................22<br />

2.6.2. Nutzungskonflikte und Zeitpunkt <strong>de</strong>s Regimewechsel......................................24<br />

2.7. Fokusthema 3: Biosphärenreservat Val Müstair – ein Szenario..............................26<br />

2.7.1. Das Projekt Nationalparkerweiterung ...............................................................26<br />

2.7.2. Das Konzept <strong>de</strong>r Biosphärenreservate (BSR) <strong>de</strong>r UNESCO............................28<br />

2.7.3. Nutzungskonflikte und Regimewechsel ............................................................29<br />

3. Rechtliche Grundlagen und Zustand <strong>de</strong>r Landschaft.....................................................29<br />

3.1. Rechtliche Grundlagen............................................................................................29<br />

3.2. Zustand <strong>de</strong>r Landschaft 1966-2000 aufgrund von kartografischen und terrestrischen<br />

Aufnahmen (Signaturvergleich)......................................................................................31<br />

3.3. Landschaftsbewertung aufgrund von Kriterien und Indikatoren <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit.32<br />

3.3.1. Die Kriterien/Indikatoren <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit für die Landschaft ........................32<br />

3.3.2. Zustand <strong>de</strong>r Landschaft ausgehend von Einzelelementbewertung gemäss<br />

Indikatormetho<strong>de</strong>........................................................................................................33<br />

3.4. Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Landschaftsqualitäten zwischen 1970 (t -1 ) und 2003 (t 0 ) aufgrund<br />

<strong>de</strong>r indikatorgestützten Bewertung <strong>de</strong>r vorhan<strong>de</strong>nen Güter und Dienstleistungen <strong>de</strong>r<br />

Landschaft im Val Mora..................................................................................................36<br />

3.4.1. Die Güter und Dienstleistungen <strong>de</strong>r Landschaft und ihre Be<strong>de</strong>utung für Val<br />

Mora ...........................................................................................................................36<br />

3.4.2. Beurteilung <strong>de</strong>r ökologischen, sozio-kulturellen und ästhetischen Qualitäten <strong>de</strong>r<br />

Landschaft ..................................................................................................................39<br />

4. Situation vor <strong>de</strong>m Regimewan<strong>de</strong>l (Zeitpunkt t -1 1970)....................................................41<br />

4.1. Fokusthema 1: Alpwirtschaft ...................................................................................41<br />

4.1.1. Akteurnetz.........................................................................................................41<br />

4.1.2. Eigentumsrechte...............................................................................................41<br />

I


4.1.3. Nutzungsrechte und genutzte Güter und Dienstleistungen...............................42<br />

4.1.4. Öffentliche Politiken ..........................................................................................43<br />

4.2. Fokusthema 2: Tourismus.......................................................................................44<br />

4.2.1. Akteurnetz.........................................................................................................44<br />

4.2.2. Eigentumsrechte...............................................................................................44<br />

4.2.3. Nutzungsrechte und genutzte Güter und Dienstleistungen...............................44<br />

4.2.4. Öffentliche Politiken ..........................................................................................46<br />

4.3. Analyse <strong>de</strong>s institutionellen Regimes aufgrund von Ausmass und Kohärenz .........46<br />

5. Situation nach <strong>de</strong>m Regimewan<strong>de</strong>l (Zeitpunkt 2003 t 0 ) .................................................47<br />

5.1. Fokusthema Alpwirtschaft .......................................................................................47<br />

5.1.1. Akteurnetz.........................................................................................................47<br />

5.1.2 Eigentumsrechte................................................................................................48<br />

5.1.3. Nutzungsrechte und genutzte Güter und Dienstleistungen...............................49<br />

5.1.4. Öffentliche Politiken ..........................................................................................52<br />

5.1.5. Einflussfaktoren <strong>de</strong>r Landschaftsnutzung im Bereich Alpwirtschaft..................53<br />

5.2. Fokusthema Tourismus...........................................................................................55<br />

5.2.1. Akteurnetz.........................................................................................................55<br />

5.2.2. Eigentumsrechte...............................................................................................56<br />

5.2.3. Nutzungsrechte und genutzte Güter und Dienstleistungen...............................56<br />

5.2.4. Öffentliche Politiken ..........................................................................................59<br />

5.2.5. Einflussfaktoren <strong>de</strong>r Landschaftsnutzung im Bereich Tourismus......................60<br />

5.3. Akteurverän<strong>de</strong>rung 1970-2003................................................................................61<br />

5.4. Analyse <strong>de</strong>s institutionellen Regimes aufgrund von Ausmass und Kohärenz .........63<br />

6. Effekt <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s institutionellen Regimes auf <strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>r Ressource<br />

Landschaft .........................................................................................................................66<br />

6.1. Regime-begrün<strong>de</strong>te Einflussfaktoren ......................................................................66<br />

6.2. Nicht-Regime-begrün<strong>de</strong>te Einflussfaktoren auf die Landschaftsnutzer...................67<br />

7. Szenarien für die Entwicklung bis 2020 sowie <strong>de</strong>r Regimevoraussetzungen und <strong>de</strong>r<br />

Nachhaltigkeit ....................................................................................................................68<br />

7.1. Fokusthema 1 Alpwirtschaft ....................................................................................68<br />

7.1.1. Szenarienbildung und -bewertung aufgrund <strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen...68<br />

7.1.2. Beurteilung <strong>de</strong>r Szenarien hinsichtlich Interaktionsleistungen ..........................70<br />

7.1.3. Effekte <strong>de</strong>r Szenarien auf das institutionelle Regime in Bezug auf Ausmass <strong>de</strong>r<br />

Regulierungen und auf Kohärenz ...............................................................................72<br />

7.1.4. Beurteilung <strong>de</strong>r Regimeän<strong>de</strong>rungen und <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit für das Fokusthema<br />

Alpwirtschaft ...............................................................................................................72<br />

7.2. Fokusthema Tourismus...........................................................................................73<br />

7.2.1. Szenarienbildung und -bewertung aufgrund <strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen...73<br />

7.2.2. Beurteilung <strong>de</strong>r Szenarien hinsichtlich Interaktionsleistungen ..........................75<br />

7.2.3. Effekte <strong>de</strong>r Szenarien auf das institutionelle Regime in Bezug auf Ausmass <strong>de</strong>r<br />

Regulierungen und <strong>de</strong>r Kohärenz...............................................................................76<br />

7.2.4. Beurteilung <strong>de</strong>r Regimeän<strong>de</strong>rungen und <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit für das Fokusthema<br />

Tourismus...................................................................................................................76<br />

7.3. Fokusthema 3: Biosphärenreservat Val Müstair......................................................77<br />

7.3.1. Akteurnetz.........................................................................................................77<br />

7.3.2. Eigentumsrechte...............................................................................................78<br />

7.3.3. Nutzungsrechte und genutzte Güter und Dienstleistungen...............................78<br />

7.3.4. Öffentliche Politiken ..........................................................................................79<br />

7.3.5. Einflussfaktoren <strong>de</strong>r Landschaftsnutzung im Kontext Biosphärenreservat (BSR)<br />

....................................................................................................................................79<br />

7.3.6. Szenarienbildung und -bewertung aufgrund <strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen...80<br />

7.3.7. Beurteilung <strong>de</strong>s Szenarios hinsichtlich Interaktionsleistungen..........................81<br />

II


7.3.8. Effekt <strong>de</strong>s Szenarios auf das institutionelle Regime in Bezug auf Ausmass <strong>de</strong>r<br />

Regulierung und auf Kohärenz ...................................................................................82<br />

7.3.9. Beurteilung <strong>de</strong>r Regimeän<strong>de</strong>rungen und <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit für das Fokusthema<br />

Biosphärenreservat (BSR)..........................................................................................82<br />

8. Zusammenhang zwischen Regime und Landschaftsentwicklung ..................................83<br />

9. Zusammenfassen<strong>de</strong> Ergebnisse ...................................................................................84<br />

ANHANG ...........................................................................................................................87<br />

Anhang 1: Kriterien-/Indikatorenliste ..............................................................................87<br />

Anhang 2: Qualitätsziele für die Landschaft in Bezug auf nutzbare Güter und<br />

Dienstleistungen.............................................................................................................89<br />

Anhang 3: Befragte Akteure ...........................................................................................91<br />

Anhang 4: Literaturliste ..................................................................................................92<br />

III


1. Einleitung<br />

Institutionelle Ressourcenregime beschreiben die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r rechtlichen und politischen<br />

Voraussetzungen für die Nutzung von Gütern und Dienstleistungen, die beson<strong>de</strong>rs bei natürlichen<br />

Ressourcen wie Wasser, Bo<strong>de</strong>n, Wald o<strong>de</strong>r Biodiversität nur in begrenztem Umfang<br />

überhaupt nutzbar sind. Angesichts <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n vergangenen 50 Jahren fortgeschrittenen Umweltzerstörung<br />

und <strong>de</strong>r nach wie vor diffizilen Konfliktsituation zwischen Schützen und Nutzen<br />

sind neue Konzepte nötig, um diese begrenzten Güter und Dienstleistungen vor einer gänzlichen<br />

Verkonsumierung zu bewahren. Aus <strong>de</strong>r umweltökonomischen Diskussion <strong>de</strong>r vergangenen<br />

15 Jahre ergab sich die Schlussfolgerung, dass begrenzte Naturressourcen nur dann<br />

nachhaltig bewirtschaftet und erhalten wer<strong>de</strong>n können, wenn die Eigentums- und Nutzungsrechte<br />

<strong>de</strong>r betroffenen Akteure wohl <strong>de</strong>finiert und kohärent zueinan<strong>de</strong>r sind und die<br />

Güter und Dienstleistungen auch in genügen<strong>de</strong>r Weise reguliert sind. Dabei meint Kohärenz<br />

die Übereinstimmung <strong>de</strong>r Interessen <strong>de</strong>r Akteure, bzw. ihrer über das private (z.B. ZGB) o<strong>de</strong>r<br />

öffentliche Recht (z.B. Landwirtschaftsgesetz) vermittelten Eigentums- und Nutzungsrechte.<br />

Die Nutzung von Gütern und Dienstleistungen, die nicht reguliert sind, drohen quasi als freies<br />

Gut <strong>de</strong>mjenigen anheimzufallen, <strong>de</strong>r sich dieses in ausschliesslicher Weise aneignet (z.B.<br />

touristische Erschliessung <strong>de</strong>s Hochgebirges).<br />

Die vorliegen<strong>de</strong> Studie im Rahmen <strong>de</strong>s im Jahr 2001 gestarteten schweizerischen Nationalfondsprogramms<br />

„Landschaften und Lebensräume <strong>de</strong>r Alpen“ (kurz: NFP 48) befasst sich mit<br />

<strong>de</strong>r Analyse <strong>de</strong>s institutionellen Ressourcenregimes für die Landschaft, die eine sowohl natürliche<br />

wie auch kulturelle und ästhetische Ressource darstellt und in ihren Eigenschaften<br />

ebenfalls verknappt o<strong>de</strong>r gar verkonsumiert wer<strong>de</strong>n kann. In insgesamt 6 Fallstudien Val Mora<br />

GR, Sent-Ramosch-Tschlin GR, Valle Bavona TI, Baltschie<strong>de</strong>rtal VS, Rie<strong>de</strong>ralp-Aletsch<br />

VS und Lavaux VD wer<strong>de</strong>n die Einflüsse <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Ressourcenregime innerhalb<br />

zweier Zeiträume (t -1 und t 0 [heute]) und ihre entsprechen<strong>de</strong>n Auswirkungen auf die Landschaft<br />

untersucht. Kennen wir diese Regimeeinflüsse auf die Nutzung <strong>de</strong>r Ressource Landschaft,<br />

so wird es möglich wer<strong>de</strong>n —so das Ziel dieser Studie—, die Regulierung <strong>de</strong>r genutzten<br />

Güter und Dienstleistungen (d.h. <strong>de</strong>n Qualitäten) <strong>de</strong>r Landschaft sowie die Kohärenz <strong>de</strong>r<br />

über unterschiedliche Nutzungsrechte verfügen<strong>de</strong>n Akteure so zu optimieren, dass eine möglichst<br />

nachhaltig genutzte Landschaft resultieren kann. Hierfür wer<strong>de</strong>n mit beson<strong>de</strong>rem Augenmerk<br />

die kollektiven Eigentums- und Nutzungsformen sowie institutionelle Formen <strong>de</strong>r<br />

Kohärenzsteigerung (z.B. durch die Bildung von geeigneten regionalen Gebietskörperschaften<br />

wie Stiftungen, Vereinigungen, Gemein<strong>de</strong>netzwerke u.a.) untersucht.<br />

Die Wahrung von hohen landschaftlichen Qualitäten eröffnen heute zusätzliche Mehrwerte<br />

touristischer und auch landwirtschaftlicher Art. So bestehen zusätzliche Vermarktungschancen<br />

für natur- und kulturbezogene Tourismus- und Erlebnisangebote (outdoor-Sportmöglichkeiten,<br />

Kulturpässe u.a.), die heute vermehrt nachgefragt wer<strong>de</strong>n. Auch im Bereich <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen<br />

Absatzför<strong>de</strong>rung bieten sich dank einer stärkeren Sensibilisierung <strong>de</strong>r Konsumentinnen<br />

und Konsumenten für gesun<strong>de</strong> und herkunfts<strong>de</strong>klarierte Produkte neue Möglichkeiten.<br />

Ähnliches gilt auch für <strong>de</strong>n Sektor Holz. Um diese Möglichkeiten nutzen zu können,<br />

sind hohe Anfor<strong>de</strong>rungen an die Logistik, Trägerschaft und die Nutzung von Synergien<br />

zu stellen („Governance“-Struktur). Die heute verfügbaren Programme vieler öffentlicher Politiken<br />

im Bereich Regionalwirtschaft (Regio-Plus, Interreg und IHG), Forstwirtschaft, landwirtschaftliche<br />

Absatzför<strong>de</strong>rung und Natur- und Landschaftsschutz (Naturparks, Biosphärenreservate)<br />

setzen die Bildung einer Projektträgerschaft bzw. Gebietskörperschaft voraus, die<br />

neben <strong>de</strong>n politischen Instanzen auch weitere Kreise umfasst, und über entsprechen<strong>de</strong> rechtliche<br />

Kompetenzen und operationelle Kapazitäten verfügt.<br />

1


Das Fallbeispiel Val Mora im bündnerischen Val Müstair ist ein wenig bekanntes, abgelegenes<br />

Hochtal im äussersten Südosten <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s. Es besticht heute durch Ruhe, Naturnähe<br />

und Abgeschie<strong>de</strong>nheit. Zivilisatorische Einflüsse sind auf die alpwirtschaftliche Nutzung und<br />

<strong>de</strong>n Erholungstourismus (Mountain Bike, Wan<strong>de</strong>rn, Pfer<strong>de</strong>trekking und Tourenskifahren) beschränkt.<br />

Der Weg über <strong>de</strong>n Cruschetta ins veltlinische Fraele ist wohl seit <strong>de</strong>r Bronzezeit bekannt.<br />

Seine Geschichte hängt eng mit <strong>de</strong>rjenigen <strong>de</strong>s Val Müstair zusammen. Das enge Nebeneinan<strong>de</strong>r<br />

von Natur (Val Mora) und Kultur (Kloster Müstair, Taldörfer, historische Gebäu<strong>de</strong>)<br />

eröffnen neue Perspektiven <strong>de</strong>r nachhaltigen Landschaftsentwicklung, die heute auch<br />

genutzt wer<strong>de</strong>n. Es wird daher zu untersuchen sein, inwieweit <strong>de</strong>r hohe landschaftliche Wert<br />

<strong>de</strong>s Val Mora mit einer hohen Qualität <strong>de</strong>r dahinter stehen<strong>de</strong>n institutionellen Ressourcenregime<br />

einhergeht.<br />

Die im folgen<strong>de</strong>n durchgeführte Analyse <strong>de</strong>s institutionellen Ressourcenregimes für das Val<br />

Mora/Müstair soll die Türen öffnen für eine künftige Optimierung <strong>de</strong>r rechtlichen und kooperativen<br />

Strukturen als Voraussetzung für <strong>de</strong>n Nachhaltigkeitserfolg <strong>de</strong>r Bemühungen <strong>de</strong>r Bewohner/innen<br />

<strong>de</strong>s Val Müstair für ihren Lebensraum und ihre Landschaft heute und in Zukunft.<br />

2


1.1. Auswahl <strong>de</strong>r Fallstudie und Perimeter<br />

3


Blick nach Sta. Maria und zum Piz Turettas. Links befin<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>r Eingang ins Val Vau<br />

Der Perimeter <strong>de</strong>s Betrachtungsraumes umfasst die gesamte Enklave <strong>de</strong>r politischen Gemein<strong>de</strong><br />

Müstair GR von Jufplaun bis zur Brücke im Vau. Im Val Mora umfasst das Gebiet die<br />

gesamte orografischen Umrandung bis zur Wasserschei<strong>de</strong> Döss Radond sowie auf <strong>de</strong>r östlichen<br />

Seite die Landschaftskammer <strong>de</strong>s Lai da Rims vom Piz Umbrail (3033 m ü.M.) bis zur<br />

Vaubrücke auf 1762 m ü.M.). Um eine geographisch einheitliche Abgrenzung zu erhalten wird<br />

auch das Val Vau in <strong>de</strong>r Betrachtung miteinbezogen. Territorial gehört <strong>de</strong>r untere Teil <strong>de</strong>s Val<br />

Vau <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Sta. Maria, wobei nach Eintritt <strong>de</strong>s Val Mot, die Gemein<strong>de</strong>grenze zu Valchava<br />

entlang <strong>de</strong>s Flusses bis zur Querung <strong>de</strong>r Kantonsstrasse verläuft. Der Untersuchungsraum<br />

wird im folgen<strong>de</strong>n als "Val Mora" bezeichnet.<br />

1.2. Leitfrage, Hypothesen und Vorgehen<br />

Die Leitfrage <strong>de</strong>r Studie lautet wie folgt:<br />

Wie wirken sich unterschiedliche institutionelle Ressourcenregime 34 auf die Nutzer <strong>de</strong>r Landschaft<br />

und auf <strong>de</strong>n landschaftlichen Zustand aus und welchen Einfluss haben gemeinschaftliche<br />

Eigentums-, Nutzungs- und Organisationsformen (Korporationen, Gemeinwerk, Stiftungen<br />

etc) für die künftige nachhaltige Landschaftsentwicklung?<br />

Hinter dieser Leitfrage steht die Hypothese, dass die Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Landschaft in hohem<br />

Masse von <strong>de</strong>r Definition und Ausgestaltung <strong>de</strong>r Eigentums- und Nutzungsrechte an Landschaft<br />

und ihren Elementen abhängig ist und dass eine nachhaltige Entwicklung umso wahr-<br />

34 Institutionelle Ressourcenregime umfassen alle eigentumsbezogenen und öffentlich- und privatrechtlichen Regeln,<br />

welche die Nutzung von Gütern und Dienstleistungen durch die betroffenen Akteure beeinflussen. Unter<br />

Gütern und Dienstleistungen <strong>de</strong>r Landschaft verstehen wir die vom Menschen nutzbaren Aspekte (im materiellen<br />

und immateriellen Sinne) in einem bestimmten Raum. Das Regime ergibt sich aus <strong>de</strong>m Ausmass <strong>de</strong>r Regulierung<br />

<strong>de</strong>r genutzten Güter und <strong>de</strong>r Kohärenz (Übereinstimmung) <strong>de</strong>r Eigentums- und Nutzungsrechte <strong>de</strong>r nutzen<strong>de</strong>n<br />

Akteure. Man unterschei<strong>de</strong>t vier Zustän<strong>de</strong> „kein Regime“ (Ausmass und Kohärenz gering), „einfaches<br />

Regime“ (Ausmass gering, Kohärenz hoch), „komplexes Regime“ (Ausmass hoch, Kohärenz gering) und „integriertes<br />

Regime“ (Ausmass und Kohhärenz hoch)<br />

4


scheinlicher wird, <strong>de</strong>sto integrierter das institutionelle Ressourcenregime ist. Die Gefahr von<br />

regimelosen Zustän<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r einfachen Regimen liegt in <strong>de</strong>r Über- o<strong>de</strong>r Unternutzung <strong>de</strong>r<br />

Ressource, während in einem komplexen Regime die Akteure bei hoher Regulierung wenig<br />

Übereinstimmung in ihren Rechten aufweisen. In einem integrierten System sind die heterogenen,<br />

vielfältigen Nutzungen verschie<strong>de</strong>ner Nutzergruppen untereinan<strong>de</strong>r optimal abgestimmt<br />

und im Einklang mit <strong>de</strong>r Tragfähigkeit <strong>de</strong>r Landschaft. Dieser methodische Ansatz hat<br />

sich bereits für die Ressourcen Bo<strong>de</strong>n, Wasser und Wald bewährt (Knoepfel et al. 2001). Das<br />

methodische Vorgehen beinhaltet die Analyse <strong>de</strong>r Akteure und ihrer Eigentums- und Nutzungsrechte<br />

sowie <strong>de</strong>r das Akteurverhalten beeinflussen<strong>de</strong>n öffentlichen Politiken <strong>de</strong>r im Val<br />

Mora betroffenen Akteure sowie die Beschreibung <strong>de</strong>s Zustan<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r Landschaft mit Hilfe<br />

einer indikatorgestützten Beurteilung <strong>de</strong>r Nutzung von Gütern und Dienstleistungen, die in<br />

einem bestimmten Landschaftsraum (hier das Val Mora) vorhan<strong>de</strong>n sind (gemäss <strong>de</strong>r Metho<strong>de</strong>nbescheibungen<br />

von Ro<strong>de</strong>wald et al. 2002 bzw. 2003). Aufgrund von ausgewählten konflikthaften<br />

Fokusthemen wird <strong>de</strong>r Zeitpunkt einer markanten Regimeän<strong>de</strong>rung (Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r<br />

Eigentums- und Nutzungsrechte und/o<strong>de</strong>r Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r öffentlichen Politiken) festgelegt und<br />

die genaue Analyse <strong>de</strong>r Nutzungsverhältnisse und <strong>de</strong>r Konflikte einer zeitgleichen Beschreibung<br />

<strong>de</strong>s Landschaftszustan<strong>de</strong>s gegenübergestellt.<br />

Mit dieser Analyse <strong>de</strong>r institutionellen Ressourcenregime für die Landschaft sollen folgen<strong>de</strong><br />

Hypothesen geprüft wer<strong>de</strong>n:<br />

• Es besteht ein Zusammenhang zwischen <strong>de</strong>m institutionellen Ressourcenregime und <strong>de</strong>m<br />

Zustand <strong>de</strong>r Landschaft bestehe, und<br />

• die Landschaft entwickelt sich umso nachhaltiger, je höher das Ausmass <strong>de</strong>r Regulierung<br />

<strong>de</strong>r genutzten Güter und Dienstleistungen durch die öffentlichen Politiken und je höher<br />

gleichzeitig die Kohärenz <strong>de</strong>r über Eigentums- und Nutzungsrechte verfügen<strong>de</strong>n Akteure<br />

ist. Man spricht dann von einem integrierten Ressourcenregime.<br />

2. Beschreibung <strong>de</strong>s Untersuchungsgebietes und <strong>de</strong>r Nutzungen<br />

2.1. Geographische und geschichtliche Merkmale <strong>de</strong>s Val Müstair und <strong>de</strong>s Val Mora im<br />

beson<strong>de</strong>ren<br />

2.1.1. Geographische Lage<br />

Das westöstlich verlaufen<strong>de</strong> Val Müstair <strong>de</strong>r inneren rätischen Alpen liegt in einer ausgesprochenen<br />

Trockenzone. Es reicht vom Ofenpass bis zu seiner Mündung ins Vinschgau bei Chalavaina<br />

(Latsch), wobei aufgrund geschichtlicher Ereignisse die unterste Talgemein<strong>de</strong> Taufers<br />

ausserhalb <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sgrenze liegt. Die mittlere Nie<strong>de</strong>rschlagsmenge pro Monat beträgt<br />

zum Beispiel in Sta. Maria lediglich 64 cm und in Valchava 67 cm (Bundi 2000; gemäss Durchschnittswerten<br />

anfangs 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong> Sta. Maria mit 77 cm registriert, Gutersohn<br />

1961). Das Val Mora ist ein rund 5 km südlich <strong>de</strong>s Val Müstair gelegenes, von zivilisatorischen<br />

Einflüssen weitgehend unberührtes Hängetal, das vom Döss Radond (2234 m ü.M.)<br />

in nordwestliche Richtung parallel zum Haupttal abfällt. An seinem nordwestlichen Endpunkt,<br />

<strong>de</strong>r Alpe Mora, bei ca. 2084 m ü.M. zweigt das sich zu schroffen Steilhängen verengen<strong>de</strong> Tal<br />

nach Sü<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r via Cruschetta (1934 m ü.M.) nach San Giacomo di Fraele ab. Von dort aus<br />

bestan<strong>de</strong>n schon seit langen Zeiten wichtige Han<strong>de</strong>lswege ins Veltlin nach Bormio o<strong>de</strong>r über<br />

<strong>de</strong>n Alpisellapass nach Livigno (Nolfi 1958). Von Livigno aus gelangte man über <strong>de</strong>n Casannapass<br />

nach S-chanf und über die Forcola zum Berninapass und ins Puschlav. Folgt man<br />

<strong>de</strong>m Weg von <strong>de</strong>r Alpe Mora weiter in nordwestlicher Richtung, so gelangt man via Jufplaun<br />

5


2335 m ü.M. zur Alpe Buffalora am Ran<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Nationalparkes und letztlich zur Ofenpasshöhe.<br />

Zusammen mit Jufplaun umfasst das Alpgebiet <strong>de</strong>s Val Mora insgesamt rund 50 km 2 .<br />

2.1.2. Die Wassersysteme<br />

Das südöstliche Talen<strong>de</strong> wird von <strong>de</strong>r Erhebung Döss Radond (auf <strong>de</strong>utsch Rundhöcker) geprägt,<br />

die nordseits steil ins Val Vau und nach Sta. Maria ins Haupttal abfällt. Der Döss Radond<br />

wirkt als kontinentale Wasserschei<strong>de</strong>. Das Wasser vom Val Mora fliesst ins italienische<br />

Val <strong>de</strong>l Gallo (und in <strong>de</strong>n Livigno-Stausee), danach wie<strong>de</strong>r ins schweizerische Val da Spöl<br />

und schliesslich in <strong>de</strong>n Inn und die Donau, während jenseits <strong>de</strong>s Döss Radond das Aua da<br />

Vau <strong>de</strong>m Rombach und <strong>de</strong>r Etsch (Adige) zufliesst. Am Monte Forcola am Südrand <strong>de</strong>s Val<br />

Mora verläuft zu<strong>de</strong>m die Adda (die im Valle Alpisella entspringt), welche via Comer See letztlich<br />

in <strong>de</strong>n Po mün<strong>de</strong>t. Ein Regentropfen an diesem Punkt wan<strong>de</strong>rt entwe<strong>de</strong>r hinaus ins Val<br />

Müstair und mit <strong>de</strong>r Etsch ins Adriatische Meer o<strong>de</strong>r stürzt in die enge Talschlucht von Cruschetta<br />

mit <strong>de</strong>n Wassern <strong>de</strong>s Spöls zum Inn, die Donau und schliesslich in das Schwarze<br />

Meer.<br />

Das Val Mora sowie sein direktes veltlinisches Umfeld enthält somit 3 Flusssysteme. Der hydrographisch<br />

ausgezeichnete Punkt ist <strong>de</strong>r Monte Forcola am Südrand <strong>de</strong>s Val Mora, <strong>de</strong>nn<br />

seine Flanken geben ihr Wasser an die drei Stromgebiete Etsch, Donau und Po ab.<br />

2.1.3. Geologische Situation<br />

In geologischer Hinsicht liegt das Val Müstair im ostalpinen Deckensystem und ist in die altkristalline<br />

Scarl-Decke eingelassen (Gutersohn 1961). So ist die südliche Kette Piz Murtaröl-<br />

Piz Umbrail aus Elementen <strong>de</strong>r Ortler- und <strong>de</strong>r Umbrail-Quater<strong>val</strong>s-Decken aufgebaut. Nach<br />

Nor<strong>de</strong>n sind die karbonatische Trias und <strong>de</strong>r Verrucano <strong>de</strong>r oberostalpinen S-charl-Decke<br />

gebirgsbil<strong>de</strong>nd (Lenz 1990). Aus ihnen besteht <strong>de</strong>r Turettas-Grat bis zum Piz Daint (nördliche<br />

Abgrenzung <strong>de</strong>s Val Mora). Die über <strong>de</strong>m Kristallin folgen<strong>de</strong>n Sedimente sind insbeson<strong>de</strong>re<br />

Verrucano-Schiefer und -Sandstein und Dolomit. Grosse Pakete dieser Sedimente sind<br />

schiefrig, zermürbt und leicht abtragbar. Es erstaunt daher nicht, dass die Seitenbäche viel<br />

Material abführten und in <strong>de</strong>r Sohle <strong>de</strong>s Val Müstair in Form von Schuttkegeln <strong>de</strong>ponierten.<br />

Diese <strong>de</strong>cken <strong>de</strong>n Talbo<strong>de</strong>n fast vollständig zu und stellen für die Landwirtschaft günstige<br />

Lagen dar (z.B. befin<strong>de</strong>t sich ein Grossteil <strong>de</strong>s klostereigenen Lan<strong>de</strong>s auf <strong>de</strong>m Schuttfächer<br />

<strong>de</strong>s Val Avigna). Im Würmeiszeit-Maximum floss Eis vom Ofenpass/Il Jalet hinüberschwappend<br />

in <strong>de</strong>r Val Mora "aufwärts" über <strong>de</strong>n Döss Radond, wo Rundhöckerfluren diese Transfleuzen<br />

belegen, in die Val Vau. Der Rom-Gletscher hing zwischen Piz Daint und Piz Dora bis<br />

nach Tschierv hinab, parallel dazu auch beim Turettasgrat in Richtung Ful<strong>de</strong>ra. Diese Gletscher<br />

führten zur Bildung <strong>de</strong>r grossen Schuttfächer (San<strong>de</strong>r), die durch Sackungen verstärkt<br />

wur<strong>de</strong>n. Die orografisch rechte Hangseite <strong>de</strong>s Val Müstair kann als eine <strong>de</strong>r grössten Sackungsmassen<br />

<strong>de</strong>r Schweizer Alpen betrachtet wer<strong>de</strong>n (Gutersohn 1961). Auch <strong>de</strong>r auf 2400<br />

Metern Höhe gelegene Karsee Rims (ein “wahres Wun<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bergwelt”, Nolfi 1958) mit <strong>de</strong>n<br />

zahlreichen Rundhöckern und <strong>de</strong>m abgeschliffenen Gletscherriegel präsentiert einen reichen<br />

glazialen Formenschatz.<br />

Schneeschmelze und an<strong>de</strong>re Witterungseinflüsse hinterliessen im Val Mora im Laufe <strong>de</strong>r Zeit<br />

zahlreiche eindrucksvolle Erosionserscheinungen. Die schotterreichen Berghänge sind gera<strong>de</strong><br />

auch in Folge <strong>de</strong>r sommerlichen Starknie<strong>de</strong>rschläge stets in Bewegung und Runsen, Rüfen<br />

und Schuttströme sind nicht selten. Der stark schwanken<strong>de</strong> Wasserstand <strong>de</strong>s Aua da Val<br />

Mora führt zu einer hohen Flusslaufdynamik mit zahlreichen Mäan<strong>de</strong>rn. Dies trifft auch für<br />

<strong>de</strong>n Rombach zu, <strong>de</strong>r immer wie<strong>de</strong>r "gebändigt" wer<strong>de</strong>n musste. Die nördliche Talseite wird<br />

von <strong>de</strong>r Kette Piz Daint-Piz Dora-Piz Turettas und die südliche Flanke von Piz Murtaröl, <strong>de</strong>m<br />

höchsten Berg <strong>de</strong>s Val Müstair (3184 Meter), <strong>de</strong>m Piz Tea Fondada und <strong>de</strong>m Piz Umbrail<br />

dominiert. Auf <strong>de</strong>n kalk- und dolomitreichen Bö<strong>de</strong>n stocken vornehmlich Leg- und Bergföhren<br />

(Campell 1956). Das Val Mora mit seinen parkähnlichen Baumbestän<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>m weitgehend<br />

unberührten “Aua da Val Mora” und vor allem mit <strong>de</strong>r rauhen Bergwelt am Döss Radond und<br />

6


<strong>de</strong>r Karkessel <strong>de</strong>s Lai da Rims kann als gleichsam einsame wie faszinieren<strong>de</strong> Hochgebirgslandschaft<br />

bezeichnet wer<strong>de</strong>n.<br />

Blick auf <strong>de</strong>n Lai da Rims und <strong>de</strong>n Piz Lad (2881,9 m ü.M.)<br />

Vor <strong>de</strong>m Ausbau <strong>de</strong>r Umbrail-Passtrasse (1900) führte ein wichtiger Säumerweg über <strong>de</strong>n<br />

verhältnismässig niedrig gelegenen Döss Radond via Val Mora und Cruschetta als Alternative<br />

zum Umbrail (Wormser Joch), <strong>de</strong>r rund 300 m höher gelegen ist, ins Veltlin. Auf diesem<br />

Weg wur<strong>de</strong> auch das in <strong>de</strong>n Öfen von Bormio verfeuerte Holz transportiert (Nolfi 1980), auch<br />

für die Salztransporte aus Hall/Nordtirol in die Lombar<strong>de</strong>i und die Weinlieferungen aus <strong>de</strong>m<br />

Veltlin war diese Wegverbindung sehr wichtig und selbst im Winter offen (Pinösch 1982). Mit<br />

<strong>de</strong>r Aufgabe <strong>de</strong>s Säumerweges vereinsamte auch das Val Mora. Die Wege im Raum Livigno-<br />

Stausee und Val Fraele sind zwischen <strong>de</strong>m ersten und zweiten Weltkrieg ausgebaut wor<strong>de</strong>n<br />

und dienten dannzumal als wichtige Han<strong>de</strong>ls-, Emigranten- und als Schmugglerpfa<strong>de</strong>.<br />

Siedlung, Flur und Erzabbau im Val Müstair<br />

Die Dörfer <strong>de</strong>s Val Müstair sind ursprünglich in erster Linie Agrarsiedlungen. Das traditionelle Haus ist ein Engadiner<br />

Haus mit Vinschgauer Einfluss, mit einem gemauerten Wohngebäu<strong>de</strong> und <strong>de</strong>n angebauten aus Holz erstellen<br />

Stallteil unter <strong>de</strong>mselben Giebel, mit vereinzelt auch Bauelementen aus <strong>de</strong>m Tirol (Giebel und die ausla<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Dachkonstruktion). Die Fassa<strong>de</strong>n sind oft recht bunt bemalt, auch neuere Malereien wie in Valchava sind<br />

zu fin<strong>de</strong>n. Die traditionelle Dachbe<strong>de</strong>ckung aus groben Holzschin<strong>de</strong>ln o<strong>de</strong>r Brettern ist seit Mitte <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />

aus feuerversicherungstechnischen Grün<strong>de</strong>n (zu hohe Prämienlast und Subventionierung harter Bedachungsformen)<br />

weitgehend verschwun<strong>de</strong>n (Campell 1956). Die Siedlungen sind noch heute relativ geschlossenen<br />

Charakters, wobei insbeson<strong>de</strong>re Müstair eine grössere Bauentwicklung erfahren hat. Es dominieren neben<br />

handwerklich-gewerblichen Bauten (traditionellerweise bereits verbreitet), auch vermehrt Hotels und Zweitwohnungen.<br />

Die isolierte Bauzone mit Einfamilienhäusern nördlich und östlich von Tschierv geht in einem gewissen<br />

Masse auf die Melioration Val Müstair zurück und ist raumplanerisch aus heutiger Sicht als fragwürdig<br />

anzusehen.<br />

Die landwirtschaftlich genutzten Talterrassen liegen auf 1200 bis 1700 m. Die Bö<strong>de</strong>n sind nicht o<strong>de</strong>r nur selten<br />

mit Sickerwasser durchwaschen und weisen ein gutes Wasserspeichervermögen auf, weshalb sie für eine Wiesenbewässerung<br />

geeignet sind (Bundi 2000). Die künstliche Bewässerung erfolgt durch Kanäle, mit <strong>de</strong>nen das<br />

Wasser aus <strong>de</strong>m Rom und <strong>de</strong>n Seitenbächen abgezweigt wur<strong>de</strong>. Dieses Bewässerungssystem ist ähnlich wie<br />

im Wallis sehr alt und dürfte entstehungsgeschichtlich auf die Urbarisierung <strong>de</strong>s Val Müstair (in <strong>de</strong>r Folge <strong>de</strong>r<br />

Klostergründung vor 800) zurückgehen. Mit <strong>de</strong>r Bewässerung sind zahlreiche noch heute auffindbare romanische<br />

Flurnamen, die sich in <strong>de</strong>r Terminologie auffallend stark von <strong>de</strong>rjenigen <strong>de</strong>s Unterengadins unterschei<strong>de</strong>n<br />

(Bundi 2000), verbun<strong>de</strong>n. Im Mittelalter tauchte in Taufers <strong>de</strong>r Name "Wal" für <strong>de</strong>n Hauptbewässerungsgraben<br />

auf. Eine wichtige Rolle für die Bewässerung spielte im Mittelalter das Avignawasser, <strong>de</strong>ssen Wasser zu einer<br />

7


Hälfte für die Bewässerung <strong>de</strong>r klostereigenen Flächen und <strong>de</strong>r Nachbarschaft Taufers abgezweigt wur<strong>de</strong> und<br />

oft Gegenstand von Grenzstreitigkeiten und Differenzen mit Taufers war. Seit 1463 erhielt das Kloster nur noch<br />

einen Drittel <strong>de</strong>s Wassers. In <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s Schuttkegels <strong>de</strong>s Avignatales verläuft heute die Lan<strong>de</strong>sgrenze. Ursprünglich<br />

diente <strong>de</strong>r untere bewässerte Teil <strong>de</strong>r Schuttkegel <strong>de</strong>r Gewinnung von Heu und Emd. Die Mittelpartie<br />

<strong>de</strong>s Fächers ist Ackerland, das obere Drittel war Magerwiese, auf <strong>de</strong>r Heu gewonnen wur<strong>de</strong>. Die Flur war vor<br />

<strong>de</strong>r Güterzusammenlegung stark parzelliert und bot landschaftlich gesehen ein überaus vielfältiges Bild. Mit <strong>de</strong>r<br />

Melioration wur<strong>de</strong>n die Güter zusammengelegt und die Bewässerungskanäle durch ein Hydrantensystem ersetzt.<br />

Das Kloster trat sein Recht an die Meliorationsgesnossenschaft Val Müstair ab (Aussage von Urs Darnuzer).<br />

Der Erzabbau (Bergregalien), <strong>de</strong>r jahrhun<strong>de</strong>rtelang Gegenstand rechtlicher Streitigkeiten zwischen <strong>de</strong>m Bischof<br />

von Chur und <strong>de</strong>m Grafen von Tirol und <strong>de</strong>n Herrschern <strong>de</strong>s habsburgischen Reiches war, fand auch im Raum<br />

Val Mora statt, so zum Beispiel am Piz Lad und im Val Bella.<br />

2.1.4. Naturkundliche und landschaftliche Aspekte<br />

Das Val Mora zu spätnachmittäglicher Stun<strong>de</strong> im Juli 2003.<br />

Naturkundlich lässt sich <strong>de</strong>r Untersuchungsraum unterteilen in <strong>de</strong>n zentralen Talbereich <strong>de</strong>s<br />

Val Mora mit seinen Leg- und Bergföhren sowie Arven-Bestän<strong>de</strong>n, in einen hochalpinen Bereich<br />

mit zahlreichen Tälchen und <strong>de</strong>m Karsee Lai da Rims sowie in <strong>de</strong>n östlichen feuchteren<br />

Val Vau-Bereich mit geschlossenen Lärchenwäl<strong>de</strong>rn und Lärchen-Fichtenbestän<strong>de</strong>n. Erwähnenswert<br />

unter <strong>de</strong>n Florenelementen ist die en<strong>de</strong>misch rätisch-alpine Inntaler o<strong>de</strong>r Val Daone-Primel<br />

(Primula daonensis). Sie wächst an Silikatfelswän<strong>de</strong>n und in felsigen o<strong>de</strong>r schuttdurchsetzten<br />

Rasen und Wei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Hochalpen und bevorzugt Feiner<strong>de</strong>ansammlungen auf<br />

Felsabsätzen o<strong>de</strong>r im Grenzbereich gegen Rasenflächen. Ihr Vorkommen im Val Müstair und<br />

am Piz Rims und Piz Umbrail ist nachgewiesen. Ob sie auch noch an weiteren Stellen <strong>de</strong>r<br />

nördlichen und südlichen Gebirgskämme <strong>de</strong>s Val Mora vorkommt, ist ungewiss (Merkblätter<br />

Artenschutz 1999). Unter <strong>de</strong>m Schalenwild sind Gämse und Rothirsch verbreitet, Rehe sind<br />

eher selten, Schnee- und Birkhühner sowie Schneehasen sind ebenfalls recht häufig. Auch<br />

das Vorkommen von Auerhühnern ist im Val Vau nachgewiesen. Insgesamt gilt das Val Mora<br />

als ausgezeichnetes Wild- und Jagdgebiet. Aufgrund <strong>de</strong>r klimatischen Verhältnisse liegt die<br />

Baumgrenze bei rund 2300 m ü.M. Das Val Mora ist aufgrund seiner Abgeschie<strong>de</strong>nheit und<br />

seines Naturreichtums eine landschaftliche Perle Graubün<strong>de</strong>ns, ja <strong>de</strong>r Schweiz. Grossraubtiere<br />

dürften in einigen Jahren eventuell ein Thema wer<strong>de</strong>n (Bären, Wölfe, Luchs). Eine regionale<br />

Gruppe <strong>de</strong>r Pro Natura wirkt seit über 20 Jahren im Tal und betreut unter an<strong>de</strong>rem die<br />

Servitutsverträge im Zusammenhang mit <strong>de</strong>n Meliorations-bedingten Schutzobjekten im<br />

8


Haupttal. Dies war auch <strong>de</strong>r Gründungsanlass, so Pio Pitsch, Mitbegrün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Pro Natura<br />

Val Müstair und Hauptfischereiaufseher.<br />

Als landschaftliches Ziel für das Val Mora wird von Georg Ragaz, Leiter <strong>de</strong>s Amtes für Natur<br />

und Landschaft <strong>de</strong>s Kantons Graubün<strong>de</strong>n eine ungeschmälerte Erhaltung und die Aufrechterhaltung<br />

<strong>de</strong>r alpwirtschaftlichen Nutzung ohne weitere Intensivierung genannt.<br />

2.1.5. Geschichte<br />

Rückblickend kann festgestellt wer<strong>de</strong>n, dass eigentlich zwei Umstän<strong>de</strong> die urkundlich belegte<br />

tausendjährige Geschichte <strong>de</strong>s Val Müstair zur Hauptsache geprägt haben:<br />

– die beson<strong>de</strong>re Verkehrslage zwischen Tirol-Engadin und Tirol-Veltlin-Lombar<strong>de</strong>i<br />

– die Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen und Machtkämpfe zwischen A<strong>de</strong>lshäusern und in Glaubensfragen<br />

Die be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Verkehrsverbindungen brachten <strong>de</strong>m Tal wirtschaftlichen Aufschwung und<br />

Wohlstand, versetzten es aber immer wie<strong>de</strong>r auch in Not und Elend. Das Val Müstair war oft<br />

Kampfplatz frem<strong>de</strong>r Truppen, worunter die einheimische Bevölkerung schwer zu lei<strong>de</strong>n hatte.<br />

Die Zugehörigkeit <strong>de</strong>s Val Müstair zum Bistum Chur und die starke Bindung an das Kloster<br />

St. Johann in Müstair haben die Entwicklung <strong>de</strong>s Tales während <strong>de</strong>s ganzen Mittelalters stark<br />

beeinflusst. Reformation und Gegenreformation haben die Talbevölkerung in zwei Gruppen<br />

getrennt. Die konfessionellen Zwistigkeiten sind oft böse ausgeartet und haben Neid, Missgunst<br />

und Intoleranz bewirkt.<br />

Die archäologischen Grabungen auf <strong>de</strong>m Areal <strong>de</strong>r Klosteranlage St. Johann in Müstair<br />

(1260 m ü.M.) haben in <strong>de</strong>n letzten Jahrzehnten <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts neue Erkenntnisse<br />

über die Frühgeschichte <strong>de</strong>s Val Müstair gebracht. Man nimmt heute an, dass es in Müstair<br />

bereits in <strong>de</strong>r frühen Bronzezeit (etwa seit 2000 v. Chr.) eine Dauersiedlung gab. Zahlreiche<br />

Fun<strong>de</strong> belegen auch für die Hallstattepoche und für die Römerzeit eine Besie<strong>de</strong>lung <strong>de</strong>s unteren<br />

Val Müstair. Es wird heute angenommen, dass es damals vom Val Müstair aus auch<br />

Verbindungen zu <strong>de</strong>n Kulturen im Raum Vinschgau-Engadin-Veltlin gab. Einzelfun<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>r<br />

Bronzezeit am Umbrail, im Val Mora, im Val S-charl und am Ofenberg lassen vermuten, dass<br />

die Bergübergänge in die benachbarten Talschaften bereits sehr früh bekannt waren (Nolfi<br />

1980). Das Kloster soll gemäss Legen<strong>de</strong> auf eine Gründung Karl <strong>de</strong>s Grossen zurückgehen.<br />

In <strong>de</strong>r karolingischen Zeit gehörte das Val Müstair mit <strong>de</strong>m Unterengadin und <strong>de</strong>m Vinschgau<br />

zum Ministerium En<strong>de</strong>na (Nolfi 1958). Das Val Müstair und Vinschgau gehörte im Mittelalter<br />

zu <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Gerichtsgemein<strong>de</strong>n Ob-Calven (Val Müstair mit Taufers) und Untercalven<br />

(Vinschgau). Politisch gesehen verläuft die Lan<strong>de</strong>sgrenze seit 1665 durch <strong>de</strong>n unteren Teil<br />

<strong>de</strong>s Val Müstair. Das letzte Taldorf Taufers gehört heute zu Italien. Ebenfalls im 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

wur<strong>de</strong> das Vinschgau gänzlich aus <strong>de</strong>n bischöflichen Gerichtsbefugnissen herausgelöst.<br />

Tab. 1: Einige historische Angaben über die Herrschafts- und Eigentumsverhältnisse im Val<br />

Müstair und Val Mora (gemäss Pinösch 1982, Schorta 1983 und Sennhauser 1999)<br />

Jahr Hauptakteure Eigentums- und nutzungsrechtliche Verhältnisse<br />

vor 800 ev. erste Siedler im<br />

Val Müstair, durchziehen<strong>de</strong><br />

Menschen<br />

durchs Val Mora<br />

um 800<br />

Benediktiner unter<br />

Initiative <strong>de</strong>s Fürstbischofes<br />

von Chur<br />

und <strong>de</strong>r Abtei Pfäfers<br />

bis 900 Frankenkaiser und -<br />

könige<br />

freies Aneignung, freies Rodungsrecht (?), freies Durchreiserecht, Klosterbau<br />

um 780<br />

freie Aneignung, vermuteter Beginn <strong>de</strong>r Urbarisierung<br />

fränkisch-staatliches Eigenkloster, Schaffung einer Gerichtszuständigkeit<br />

für <strong>de</strong>n Bischof; seit 881 Tausch <strong>de</strong>s Klosters zwischen König und Bischof;<br />

die Klosterherrschaft <strong>de</strong>hnte sich aufs Tal aus und es entstand eine Vogtei.<br />

9


<strong>11</strong>. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

12. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

13. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

14. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

Herren von Hohenstaufen;<br />

Herren von<br />

Tarasp<br />

Bischof Egino I.;<br />

Grafen von Tirol;<br />

Vögte von Matsch<br />

Bischof und Grafen<br />

von Tirol<br />

Bischof-Gotteshaus-<br />

bund-Habsburg-<br />

Oesterreich<br />

15. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

Bischof-Gotteshaus-<br />

bund-Habsburg-<br />

Oesterreich<br />

1499 Bischof-Gotteshaus-<br />

bund-Habsburg-<br />

Oesterreich<br />

16. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

Drei Bün<strong>de</strong>-Bischof<br />

Von <strong>de</strong>n Franken ging die Herrschaft an die Hohenstaufen. Die Herren von<br />

Tarasp erwarben Güter im Val Müstair und auch die Schirmherrschaft über<br />

das Kloster. Das Bergbaurecht wur<strong>de</strong> in ein kaiserlich nutzbares Hoheitsrecht<br />

überführt.<br />

Der Bischof vermachte Eigengüter ans Kloster, u.a. die “Alpe Major”. Das<br />

Vinschgau, zu <strong>de</strong>m Ob- und Untercalven und das Unterengadin gehörte,<br />

ging an die Grafen von Tirol. Der Bischof nach seiner Sicht hatte Grun<strong>de</strong>igentum<br />

und Territorialherrschaft inklusive <strong>de</strong>r Regalien (inkl. Zollrecht),<br />

die Grafen von Tirol beanspruchten aber die Regalien (Streit). Die Herren<br />

von Matsch erwarben seit <strong>11</strong>70 durch Erbschaft von <strong>de</strong>n Taraspern die<br />

Schirmherrschaft und wirkten in skrupelloser Weise als bischöfliche Verwalter<br />

(Vögte) und gleichzeitig als Vögte <strong>de</strong>r Grafen von Tirol.<br />

rechtliche Auseinan<strong>de</strong>rsetzung um Regalien (Bergrechte, Waldnutzungen,<br />

Wasser, Jagd)<br />

Das Vinschgau als Teil <strong>de</strong>r Grafschaft Tirol wur<strong>de</strong> Teil von Habsburg-Österreich<br />

(1363); es blieb aber Teil <strong>de</strong>r Diözese <strong>de</strong>s Bistums Chur. Der Bischof<br />

hatte eine Immunitätsgerichtsbarkeit über seine weit zerstreuten grundhörigen<br />

Bauern; 1367 konstituierte sich <strong>de</strong>r Gotteshausbund, womit <strong>de</strong>r Bischof<br />

seine politische Selbstständigkeit verlor; in einer Urkun<strong>de</strong> von 1389 wur<strong>de</strong><br />

das Eigentum <strong>de</strong>s Klosters umschrieben; neues Urbar von 1394 aufgrund<br />

von Unstimmigkeiten (Lai da Rims darin erstmals aufgeführt)<br />

Auflösung <strong>de</strong>r Lehensrechte <strong>de</strong>r Herren von Matsch und Umwandlung <strong>de</strong>r<br />

erblichen Lehensrechte in Amtsvogtei <strong>de</strong>s Bischofs (1421); Ablösung <strong>de</strong>r<br />

Feudallasten und Stärkung <strong>de</strong>r Autonomie durch Zivil- und Kriminalstatut<br />

von 1427 als erste verbindliche Weisungen für das Tal (Übertrag <strong>de</strong>r Waldund<br />

Wei<strong>de</strong>nutzungsrechte an Gemein<strong>de</strong>n, freies Verfügungsrecht über Eigentum<br />

für Private), aus diesem Statut ergab sich die Bildung von 4 Terzalen<br />

<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Gerichtsgemein<strong>de</strong>n Ob-Calven und Unter-Calven (Müstair<br />

bil<strong>de</strong>te das Äussere Terzal), Terzal-Vorstand war ein Surcumün; die Gerichtsgemein<strong>de</strong>n<br />

wur<strong>de</strong>n Teil <strong>de</strong>s <strong>11</strong>. Hochgerichts <strong>de</strong>s Gotteshausbun<strong>de</strong>s,<br />

das Kloster hatte seine eigenen Richter inne, <strong>de</strong>r Landammann (Richter)<br />

wur<strong>de</strong> vom Bischof gewählt und hatte <strong>de</strong>n Vorsitz vor <strong>de</strong>m Kriminal- und<br />

Zivilgericht; Aufnahme <strong>de</strong>s Klosters in Schirmvogtei <strong>de</strong>s Grafen von Tirol<br />

(Grundlage für spätere Konflikte); die Herrschaftsgewalt Oesterreichs im<br />

Val Müstair beschränkt sich im folgen<strong>de</strong>n auf die Belehnung <strong>de</strong>r Regalien<br />

und <strong>de</strong>ren Nutzung sowie auf die militärische Lan<strong>de</strong>shoheit; 1. Alpteilung im<br />

Val Müstair 1466 aufgrund von Streitigkeiten (Müstair erhielt zwei Alpen in<br />

“Val Mayor”, die von Bormesern zugekauft wur<strong>de</strong>n (ev. früher im Besitz <strong>de</strong>s<br />

Klosters?), ebenfalls eine von Bormesern erkaufte Alp in Alp Mayor ging an<br />

Valchava. Bestätigt wur<strong>de</strong> die klösterliche Alp Clastra, sofern bei Ermangelung<br />

eigenen Viehs Schafe und Kühe aus Müstair aufgenommen wür<strong>de</strong>n.<br />

Auch wur<strong>de</strong> die Alpzeit festgelegt).<br />

Schlacht an <strong>de</strong>r Calven (Schwabenkrieg) mit Sieg <strong>de</strong>r Drei Bün<strong>de</strong> und <strong>de</strong>n<br />

seit 1498 verbün<strong>de</strong>ten 7 Alten Orte über die Truppen von Kaiser Maximilian<br />

I; anschliessen<strong>de</strong>r Rachefeldzug <strong>de</strong>r oesterreichischen Truppen (Marsch<br />

führte angeblich via Val Mora und Livigno ins Oberengadin); Frie<strong>de</strong> von<br />

Dornach und weitgehen<strong>de</strong> Loslösung vom Reich.<br />

Veltlin und Bormio wur<strong>de</strong>n 1512 Untertanenlan<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Drei Bün<strong>de</strong> (bis<br />

1797); die Drei Bün<strong>de</strong> erstellen Ilanzer-Artikel im Zuge <strong>de</strong>r Reformation<br />

(1524), ausser Müstair übernahmen alle an<strong>de</strong>ren Gemein<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Val Müstair<br />

<strong>de</strong>n Protestantismus; 2. Alpteilung 1556 (bereits ohne das 4. Terzal,<br />

Taufers): "<strong>de</strong>nen von Müstair" erhielten "die drei Alpen genannt Val Majur<br />

zugestellt (Pinösch 1982)", <strong>de</strong>r Klosteralp wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n 3 Terzalen"ihre<br />

Gerechtigkeit vorbehalten"; umstrittene Territorialabgrenzung zwischen<br />

Taufers und Müstair, die hohe Gerichtsbarkeit hatte in Taufers die Lan<strong>de</strong>sfürsten<br />

von Tirol inne. Die Teilnahme an nie<strong>de</strong>ren Gerichtsangelegenheiten<br />

durch <strong>de</strong>n bischöflichen Hauptmann wur<strong>de</strong> in Untercalven und in Taufers<br />

erschwert; Gerichtsentscheid in Sachen Besitztum <strong>de</strong>r Alp Buffalora 1577:<br />

im 15. Jahrhun<strong>de</strong>rt war diese vermutlich im Besitz von einigen Familien von<br />

Tschierv, welche diese an Vinschgauer Bauern verpachteten und<br />

verkauften. Mit Entscheid von 1577 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Kauf rückgängig gemacht<br />

und die Alp ging in <strong>de</strong>n Besitz <strong>de</strong>r Zernezer über, welche diese von <strong>de</strong>n<br />

10


17. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

Taufers-Tirol; Öste-<br />

reich/Spanien-<br />

Frankreich/Venedig<br />

18. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

Gemein<strong>de</strong>n-Bischof-<br />

Gotteshausbund<br />

1798-1800 Napoleon-Österreich-Habsburg<br />

19. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

Kanton Graubün<strong>de</strong>n-politische<br />

Gemein<strong>de</strong>n-<br />

Bayern-<br />

Österreich<br />

1900-1960 Bund-Kanton-Gemein<strong>de</strong>n-Konsortien-Pro<br />

Natura<br />

Tschierver erworben hatten; 1. Revision <strong>de</strong>r Kriminalstatuten 1592 und<br />

"Malser Abschied" (territoriale Abgrenzung zu Österreich, das das Recht auf<br />

Regalien im Val Müstair behielt).<br />

Besitznahme <strong>de</strong>r bischöflichen Fürstenburg bei Taufers durch Tiroler und<br />

Verlust <strong>de</strong>s Gerichtes Untercalven (endgültiger Übertritt <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschsprachigen<br />

Taufers 1665); Bündner Wirren infolge <strong>de</strong>r Glaubensspaltung; das<br />

Val Müstair erfuhr Invasion und Durchzug österreichisch/spanischer Truppen<br />

und Gegenreformation durch Kapuziner (1620-22); Armut und Pest,<br />

Verpachtung eines Grossteils <strong>de</strong>r klösterlichen Rechte an drei Gemein <strong>de</strong>bürger<br />

von Müstair; erneuter Einmarsch österreichischer Truppen ins Val<br />

Müstair (1635) und Weiterzug via Val Vau-Mora-Fraele zum Kampf gegen<br />

die Truppen von Kardinal Richelieu unter Duc <strong>de</strong> Rohan, <strong>de</strong>r die Pässe be<br />

setzt hielt. Kämpfe bei San Giacomo di Fraele und Rückzug <strong>de</strong>r geschlagenen<br />

österreichischen Truppen durch das Val Mora, <strong>de</strong>nnoch später Dominanz<br />

von Österreich; 1662 besass das Kloster neben Eigentum im<br />

Vinschgau, Nordtirol und Unterengadin allein im Val Müstair 442 zinspflichtige<br />

Güter in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n von 184 Familien (<strong>de</strong>r klösterliche Besitz betrug<br />

mehr als die Hälfte <strong>de</strong>s Gesamteigentums im Tal), die Schirmherrschaft <strong>de</strong>s<br />

Klosters lag bei Österreich; 1671 kauften sich die Bewohner/inne <strong>de</strong>s Val<br />

Müstair von <strong>de</strong>n grundherrschaftlichen Lasten und Beschränkungen durch<br />

<strong>de</strong>n Bischof frei, vorbehältlich <strong>de</strong>ssen hoheitlichen Rechte.<br />

2. Revision <strong>de</strong>r Zivil- und Kriminalstatuten (1707): Taufers war noch als 4.<br />

Terzal aufgeführt, das Sechzehnergericht löste sich mehr und mehr vom<br />

bischöflichen (tirolischen) Hauptmann auf <strong>de</strong>r Fürstenburg ab; löste Retorsionsmassnahmen<br />

<strong>de</strong>s (katholischen) Bischof aus; Parteibildung zwischen<br />

Protestanten/Gotteshausbund und Katholiken/Bischof/Österreich, Veräusserung<br />

<strong>de</strong>s Val Müstair durch <strong>de</strong>n Bischof an Österreich (1728-34) sowie<br />

Abtretung seiner restlichen Hoheitsrechte (1738), später Rückkauf durch<br />

die Talbewohner und Aufhebung aller bischöflichen und österreichischen<br />

Herrschaftsansprüche (1762), Taufers wur<strong>de</strong> nicht zurückgekauft; Vereinbarung<br />

zwischen <strong>de</strong>n 3 Terzalen und <strong>de</strong>n "rotters" (für die Passweg-Freihaltung<br />

verantwortlichen Perso nen) für die Offenhaltung im Winter <strong>de</strong>s damals<br />

wichtigen Han<strong>de</strong>lsweges nach Bormio durchs Val Mora, Festlegung von<br />

Taxen und Saumlasten; Kartoffelanbau im Val Müstair erst nach 1771/72;<br />

Alpteilung von 1782, Vereinbarung zwischen <strong>de</strong>n Terzalen betreffend Wegverbindung<br />

Val Vau-Val Mora-San Giacomo di Fraele (1795), wodurch sich<br />

die Talbewohner verpflichteten zur Instandsetzung und zum Unterhalt <strong>de</strong>s<br />

Weges Val Vau-Cruschetta, zur Errichtung eines Gasthauses Plazzeta zwischen<br />

Alp Sprella und La Stretta und <strong>de</strong>n Weg zum Gasthaus auch im Winter<br />

frei zu halten. Bormio (Untertanenland) verpflichtete sich <strong>de</strong>n Aufstieg<br />

zur Cruschetta instand zu stellen und <strong>de</strong>n Weg von Bormio bis zur Wirtschaft<br />

auch im Winter offen zu halten.<br />

Einmarsch österreichischer Truppen ins Val Müstair in Abmachung mit<br />

Bündner Regierung und Kampfhandlungen mit Franzosen bei Taufers. Vertreibung<br />

<strong>de</strong>r Österreicher aus <strong>de</strong>n Drei Bün<strong>de</strong>n nach Waffenstillstand von<br />

Steyr.<br />

Südtirol kam zwischenzeitlich zu Bayern (1805-15) Ausbaupläne von Bayern<br />

und Veltlin für die Passtrecke Vinschgau-Val Mora-Bormio (1812); Beschluss<br />

Österreichs für Bau <strong>de</strong>r Stilfserjochstrasse (1815); neue Kantonsverfassung<br />

von 1854 sieht Bezirke, Kreise und politische Gemein<strong>de</strong>n vor,<br />

das Val Müstair wur<strong>de</strong> ein Bezirk und gleichzeitig auch ein Kreis mit Sta.<br />

Maria als Hauptort, die Terzale verloren ihre Be<strong>de</strong>utung; Abtretung <strong>de</strong>r<br />

Lombar<strong>de</strong>i von Österreich an Napoleon III bzw. das Haus Savoyen und<br />

später an das vereinigte Italien; nochmalige Grenzregulierung zwischen<br />

Taufers und Müstair 1861/62.<br />

Eröffnung <strong>de</strong>r ausgebauten Umbrailstrasse mit Anschluss an die Stelviostrasse<br />

(1901); Gründung <strong>de</strong>s Schweizer Nationalparkes 1909 durch <strong>de</strong>n<br />

Schweizerischen Bund für Naturschutz (heute Pro Natura), Übernahme <strong>de</strong>r<br />

Trägerschaft durch Eidgenossenschaft 1914; militärische Bewachung <strong>de</strong>r<br />

Grenzübergänge Müstair/Taufers und am Umbrailpass wie bereits 1866<br />

(österreichisch-italienische Frontlinie 1914-18); Abtretung <strong>de</strong>s ganzen<br />

<strong>11</strong>


1960-2003 Meliorationsgenossenschaft,<br />

Vereine-<br />

Stiftung Landschaftsschutz<br />

Schweiz<br />

Südtirols an Italien (1919); Gründung <strong>de</strong>s "Consorzi forestal Val Müstair"<br />

(1941) zur För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Holzabsatzes; Sta. Maria erhielt 1942 die Bewilligung<br />

für ein Kraftwerk an <strong>de</strong>r Muranzina, was einen Streit zur künftigen<br />

Stromversorgung im Tal auslöste (Rombach-Projekt o<strong>de</strong>r Ausbau Muranzina?;<br />

1953/54 wur<strong>de</strong> auf das bereits konzessionierte Werk am Rombach<br />

verzichtet); Gross<strong>de</strong>utschland wur<strong>de</strong> 1943-45 faktischer Nachbarstaat vom<br />

Val Müstair; Projekt eines Wasserkraftwerkes am Inn bei S-chanf, einer<br />

Wasserführung zu einem Staubecken im Valle Bruna und Weiterleitung mit<br />

Werkstufe im unteren Val Müstair (1954), was aber im Gegensatz zum<br />

Spölprojekt nicht realisiert wur<strong>de</strong>; Gründung <strong>de</strong>r öffentlich-rechtlichen Corporaziun<br />

Provedimaint Electric Val Müstair (PEM) 1954 mit Ziel <strong>de</strong>s Ausbaus<br />

<strong>de</strong>s Muranzina-Werkes (1958 fertiggestellt, Verbindung zum EKW-<br />

Netz via Kabelleitung Il Fuorn-Buffalora und Freileitung nach Tschierv nach<br />

langen Disputen erst 1968 in Betrieb).; Neukonstituierung <strong>de</strong>s Verkehrsvereins<br />

Val Müstair 1956.<br />

Gründung eines "Wildfonds Val Müstair" (1960) zur Deckung <strong>de</strong>r Kosten für<br />

die Winterfütterung und die Hege; Annahme <strong>de</strong>r Güterzusammenlegung Val<br />

Müstair und Gründung <strong>de</strong>r Genossenschaft "Meglioraziun Val Müstair" 1968<br />

(Statutengenehmigung 1970); das Kloster wur<strong>de</strong> 1969 unter Denkmalschutz<br />

gestellt; Unterschutzstellung <strong>de</strong>s Lai da Rims und seiner Umgebung<br />

durch Beschluss <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>versammlung Müstair im Einverständnis mit<br />

Klosterverwaltung sowie durch Genehmigung <strong>de</strong>r Kantonsregierung (1969),<br />

Gründung <strong>de</strong>r "Corporaziun regiunala Val Müstair" 1971; 1972 entstand<br />

I<strong>de</strong>e zur Unterschutzstellung <strong>de</strong>s Val Mora; Genehmigung <strong>de</strong>s Übersichtsplans<br />

1:10'000 zu <strong>de</strong>n Bau- und Reservebauzonen im Val Müstair<br />

durch Regierung 1973; Konzept für Tourismusausbau (Projekte Minschuns,<br />

die Sportanlagen AG wur<strong>de</strong> 1975 gegrün<strong>de</strong>t) wur<strong>de</strong> 1975 in einer Volksabstimmung<br />

verworfen; 1976 Gründung <strong>de</strong>s Vereins "Salvain la Val Müstair"<br />

zur Verhin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r spekulativen Verschan<strong>de</strong>lung <strong>de</strong>s Tales; Eröffnung<br />

<strong>de</strong>s kleiner dimensionierten Skigebietes Minschuns 1976/77; Die Stiftung<br />

Landschaftsschutz Schweiz (SL) vermittelte 1977 Beiträge von Fr. 350'000.-<br />

für die Melioration mit <strong>de</strong>r Gegenleistung <strong>de</strong>r Kartierung <strong>de</strong>r schützenswerten<br />

Landschaftselemente im Haupttal; Publikation eines Entwicklungskonzeptes<br />

durch die Corporaziun regiunala 1977 im Rahmen <strong>de</strong>s IHG (überarbeitet<br />

1999); Projekt für Wasserkraftnutzung <strong>de</strong>s Rombaches und <strong>de</strong>r Aua<br />

da Vau 1978; Ausbau <strong>de</strong>r Zufahrt ins Val Mora durch die Meliorationsgenossenschaft<br />

1978; Unterschutzstellung <strong>de</strong>s Val Mora als Gegenleistung<br />

als Landschaftsschutzzone gemäss revidiertem Zonenplan von 1979 (kantonale<br />

Genehmigung 1980); Einweihung <strong>de</strong>r Talkäserei "Chascharia Val<br />

Müstair" 1981 (Ausbau 1992); Anerkennung <strong>de</strong>s Übersichtsplans 1:10'000<br />

für das ganze Tal als Teil <strong>de</strong>r Grundbuchvermessung 1981; Konzessionserteilung<br />

für die Wasserkraftnutzung <strong>de</strong>s Rom, <strong>de</strong>r Aua da Vau und <strong>de</strong>r Muranzina<br />

für 80 Jahre (Bun<strong>de</strong>sgerichtsentscheid 1986 nach Beschwer<strong>de</strong> von<br />

WWF/Pro Natura/Fischereiverein Graubün<strong>de</strong>n: Korrektur <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>stabflussmenge<br />

bei <strong>de</strong>r Wasserfassung <strong>de</strong>r Aua da Vau), Nachtragskredit in<br />

Volksabstimmung 1987 abgelehnt, Verzicht auf Rombach-Nutzung 1988<br />

und Erneuerungsprojekt für Muranzina-Kraftwerk, 1990 Inbetriebnahme <strong>de</strong>s<br />

Kraftwerkes Chasseras, 1995 Inbetriebnahme <strong>de</strong>s neuen Kraftwerkes Muranzina<br />

ohne Restwasserverpflichtung; neue Grundbuchvermessung 1995;<br />

Wal<strong>de</strong>ntwicklungsplan 1995; Konzept für die Erweiterung <strong>de</strong>s Schweizerischen<br />

Nationalparks unter Einbezug <strong>de</strong>s Val Mora als Umgebungszone<br />

1998 (Ablehnung in Zernez 2002); regionaler Richtplan 1999; <strong>de</strong>r kantonale<br />

Richtplan stammt von 2002 (Genehmigung durch Bun<strong>de</strong>srat im September<br />

2003; <strong>de</strong>r Zonenplan Müstair wur<strong>de</strong> 2000 geneh-migt; seit 2000 Interreg-<br />

Projekte und Regio-Plus Projekt "Die Nationalparkre gion"; Genehmigung<br />

<strong>de</strong>r Schutz- und Nutzungsplanung Val Müstair 2001 durch <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>srat<br />

als rechtliche Grundlage für <strong>de</strong>n Verzicht <strong>de</strong>r Wasserkraftnutzung <strong>de</strong>s Rom-<br />

Bachs und weiterer Eingriffe in Gewässer innerhalb <strong>de</strong>s Perimeterplanes;<br />

Beschluss 2002 <strong>de</strong>r Region, das Konzept Biosphärenreservat zu verfolgen;<br />

2002 I<strong>de</strong>e eines Golfplatzes auf Klosterland in Müstair (abgelehnt von Stiftungsrat<br />

<strong>de</strong>s Klosters 2003); Neukonstitution <strong>de</strong>s Tourismus Val Müstair<br />

2003.<br />

12


2.2. Bevölkerung und Kultur<br />

Abb. 1: Bevölkerungsentwicklung 1850-2000 im Kreis Val Müstair und in Müstair (Quelle Bun<strong>de</strong>samt<br />

für Statistik 2002)<br />

2000<br />

1800<br />

1600<br />

1400<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

1850 1990 1910 1920 1930 1941 1950 1960 1970 1980 1990 2000<br />

Bevölkerung Müstair 475 599 613 602 656 739 776 717 645 707 752 745<br />

Bevölkerung Val Müstair 1483 1505 1583 1575 1554 1770 1787 1547 1468 1599 1632 1605<br />

Jahr<br />

Die einheimische Sprache <strong>de</strong>s Val Müstair ist das Rätoromanische, das zusammen mit <strong>de</strong>m<br />

Engadinischen zum ladinischen Sprachstamm gehört. Einst wur<strong>de</strong> auch im benachbarten<br />

Etschtal romanisch gesprochen (Nolfi 1980). Durch die relativ abgeschlossene Lage hat sich<br />

eine starke kulturelle I<strong>de</strong>ntität bis heute erhalten. Zahlreiche Sagen, Geschichten, Gedichte<br />

und Erzählungen haben sich bis heute erhalten. Von unbekannten Volksdichtern zeugen<br />

auch die zahlreichen Häuserinschriften. Auch über das Val Mora sind Geschichten und<br />

Sagen bis in die heutige Zeit überliefert (Büchli 1990).<br />

2.3. Allgemeine Bo<strong>de</strong>nnutzung<br />

Es fällt aufgrund <strong>de</strong>r statistischen Daten (Tabelle 2) auf, dass im Val Müstair das Siedlungswachstum<br />

zwischen 1985 und 1997 markant zugenommen hat. Grössere flächige Bauentwicklungen<br />

erfuhr namentlich Tschierv (+ 9 ha), wo auch eine im Zuge <strong>de</strong>r Güterzusammenlegung<br />

entstan<strong>de</strong>ne isolierte Bauzone nördlich <strong>de</strong>r Kirche auffällt. Dennoch ist <strong>de</strong>r Flächenanteil<br />

<strong>de</strong>r Siedlungsgebiete im ganzen Val Müstair mit 1% sehr klein. Zur Ausscheidung <strong>de</strong>r Reservebaugebiete<br />

kam es zur Gründung von Baulandgenossenschaften, die gegenüber <strong>de</strong>r<br />

Meliorationsgenossenschaft als ein Grun<strong>de</strong>igentümer auftraten. In Tschierv und Ful<strong>de</strong>ra wur<strong>de</strong>n<br />

aus <strong>de</strong>m Reservebauland auch effektiv Bauzonen (Hinweis von U. Darnuzer).<br />

Die grossen unproduktiven Flächen von Müstair beziehen sich im Wesentlichen auf <strong>de</strong>n<br />

Raum Lai da Rims/Umbrail und Val Mora. Von <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Nutzfläche <strong>de</strong>s Tales<br />

entfallen 82% auf die Alpwirtschaft, in Müstair liegt <strong>de</strong>r Anteil bei 85%. Dieser Anteil hat sich<br />

seit 1985 nicht wesentlich verän<strong>de</strong>rt. Die Ortsplanungen <strong>de</strong>r Talgemein<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n jüngst revidiert.<br />

Der Zonenplan von Müstair muss nach <strong>de</strong>r Genehmigung <strong>de</strong>r Regierung im Jahr 2000<br />

noch in einzelnen Punkten (Gefahrenzonen) überarbeitet wer<strong>de</strong>n und soll noch 2003 fertiggestellt<br />

sein (Stand November 2003).<br />

13


Tab. 2: Arealstatistik im Val Müstair und in <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Müstair (gemäss Bun<strong>de</strong>samt für<br />

Statistik 2001, <strong>de</strong>tailliertere Arealstatistiken wer<strong>de</strong>n vom Ing. Büro Darnuzer geführt)<br />

Bo<strong>de</strong>nnutzung (in ha) 1985 1997 Verän<strong>de</strong>rung<br />

(in %)<br />

Val Müstair Müstair Val Müstair Müstair Val Müstair/<br />

Müstair<br />

Bestockte Flächen 4946 1568 5105 1639 3,2/4,5<br />

Landwirtschaftliche Nutzfläche* 5850 1941 5714 1876 -2,3/-3,3<br />

Siedlungsflächen 172 46 198 50 15,1/8,7<br />

Unproduktive Flächen 8895 4216 8846 4206 -0,6/-0,2<br />

*inkl. Alpen<br />

2.4. Land- und forstwirtschaftliche Nutzung<br />

Im Val Müstair diente die landwirtschaftliche Nutzung in alter Zeit <strong>de</strong>r Subsistenzwirtschaft.<br />

Es prägte sich daher ein agropastorales Betriebssystem aus, das neben <strong>de</strong>r Alpwirtschaft mit<br />

Kühen, Rin<strong>de</strong>rn, Kälbern, Schafen, Schweinen und (wenigen) Ziegen einen kleinparzelligen<br />

Ackerbau mit Roggen, Gerste, Hanf, Flachs (zum Teil gemischt mit Kartoffeln) kannte. Letzterer<br />

erfolgt auf <strong>de</strong>n ebenen Erosionskegeln. Infolge <strong>de</strong>s trockenen Klimas (die jährliche<br />

Nie<strong>de</strong>rschlagsmenge in Müstair liegt zwischen 750 und 1000 mm) und <strong>de</strong>r sommerlichen<br />

Starknie<strong>de</strong>rschläge, welche oft zu einem raschen oberirdischen Abfluss, verbun<strong>de</strong>n mit einem<br />

Anschwellen <strong>de</strong>r Gewässer führt, war seit Jahrhun<strong>de</strong>rten ein spezielles Bewässerungssystem<br />

nötig (Bundi 2001), das <strong>de</strong>mjenigen <strong>de</strong>r Walliser Suonen ähnelte. Der Unterhalt <strong>de</strong>r<br />

Wasserfassungen aus <strong>de</strong>m Rombach und <strong>de</strong>n Nebenbächen erfolgte im Gemeinwerk, während<br />

die Nebengräben und Gräblein von <strong>de</strong>n Angrenzern unterhalten wer<strong>de</strong>n mussten. In<br />

sogenannten Wasserbüchern (cu<strong>de</strong>sch da las auas d’rouda) wur<strong>de</strong>n Wasserrö<strong>de</strong>l festgeschrieben,<br />

welche je<strong>de</strong>r Parzelle in Abhängigkeit <strong>de</strong>r Grösse ein Wasserquantum zuteilten<br />

(Nolfi 1980). Aus <strong>de</strong>m Wasserro<strong>de</strong>l von St. Maria von 1882 geht beispielsweise hervor, dass<br />

10 Feldklafter Wiesland Anrecht auf Wasser während einer Stun<strong>de</strong> hatten. Das Netz <strong>de</strong>r<br />

Wasserleitungen bestan<strong>de</strong>n aus Gräben, in steilem Gelän<strong>de</strong> aber auch aus ausgehöhlten<br />

Baumstämmen. In Taufers und im Vinschgau hiessen diese Leitungen “Wa(a)le”. Spätestens<br />

mit <strong>de</strong>r Melioration Val Müstair seit 1968 verschwand das Feinverteilnetz in <strong>de</strong>n Wiesen und<br />

wur<strong>de</strong>n durch ein Hydrantennetz ersetzt.<br />

Auf <strong>de</strong>r linken Seite <strong>de</strong>s Val Müstair hoch über Sta. Maria befin<strong>de</strong>n sich die noch heute teilweise<br />

ganzjährig bewohnten Weiler Terza, Craistas und Valpaschun. An <strong>de</strong>r Sonnenhal<strong>de</strong><br />

von Craistas auf 1833 m ü.M. lagen früher die höchsten Getrei<strong>de</strong>äcker <strong>de</strong>r Schweiz, wohl<br />

auch <strong>de</strong>s gesamten Alpenbogens (Heimatwerk 1946).<br />

Die Alpwirtschaft im Val Müstair war seit jeher sehr be<strong>de</strong>utsam. Die 13 Alpen (im Schweizerischen<br />

Alpkataster 1973 waren noch 19 Alpen registriert) sind in <strong>de</strong>r Mehrzahl Gemein<strong>de</strong>alpen,<br />

daneben gibt es 4 Korporationsalpen und die Klosteralp Prave<strong>de</strong>r. Die gemein<strong>de</strong>eigenen<br />

Alpen wer<strong>de</strong>n meistens von Korporationen (Zusammenschluss <strong>de</strong>r bewirtschaften<strong>de</strong>n<br />

Bauern) genutzt, während die Korporationsalpen im Eigentum von Korporationen sind. Die<br />

Klosteralp kann als Privatalp angesehen wer<strong>de</strong>n.<br />

Manchmal sind die Alpen mit verschie<strong>de</strong>nen alten Servituten belegt, welche die Alpsömmerung<br />

<strong>de</strong>r jeweiligen Gemein<strong>de</strong>n regelten (Lentz 1990). Das Val Mora ist geprägt von einer<br />

jahrhun<strong>de</strong>rtealten extensiven Berglandwirtschaft. Die Alpwirtschaft <strong>de</strong>s Tales ist auf die Alp<br />

Mora (zusammengelegt mit <strong>de</strong>r Alp Sprella) sowie auf die Alpen Prave<strong>de</strong>r (2090 m ü.M.) und<br />

Clastras (1943 m ü.M., zusammengelegt mit Prave<strong>de</strong>r) auf Döss Radond konzentriert, die<br />

bei<strong>de</strong> zum rund 42 ha grossen bäuerlichen Betrieb <strong>de</strong>s Klosters Müstair gehören. Die obere<br />

Jufplaun (Gemein<strong>de</strong> Tschierv) wird von <strong>de</strong>r Alp Buffalora/Zernez bewirtschaftet. Die Schafalpung<br />

hatte seit jeher eine gewisse Be<strong>de</strong>utung. Die Alpen im Gebiet Umbrail (Territorium von<br />

Sta. Maria) dienen als Rindvieh- und Schafalpen. Die Voralpenstufen im Val Vau (auf Gebiet<br />

von Sta. Maria) waren früher Galtviehalpen, heute sind sie mit Mutterkühen und Pfer<strong>de</strong>n be-<br />

14


stossen. Die Erschliessung ins Val Mora erfolgt heute über zwei Äste (Valchava-Tschuccai,<br />

neue Forststrasse seit 1981, und Sta. Maria-Prà da Vau, altes Wegtrasse, ausgebessert<br />

2000). Die wertvollen Mäh<strong>de</strong>r sind bereits vor langer Zeit aufgegeben wor<strong>de</strong>n.<br />

Tab. 3: Landwirtschaftliche Betriebe im Val Müstair und Müstair (Anzahl; aus Atlas <strong>de</strong>r Schweiz<br />

2000)<br />

Val Müstair<br />

1939 321* (4,1 ha pro Betrieb) ?<br />

1985 90 36<br />

1990 85 (13,1 ha pro Betrieb*) 33<br />

1996 68 (15 ha pro Betrieb) 27<br />

*Daten stammen aus Lentz 1990<br />

Müstair<br />

Im Jahr 2002 betrieben im Val Müstair noch 23 Bauern Milchwirtschaft, 4 Kälbermast und 21<br />

Betriebe haben auf Mutterkuhhaltung umgestellt. Fünf Bauernbetriebe sind reine Schafhalter<br />

und vier Ziegenhalter (Foffa 2003).<br />

Die alpwirtschaftlichen Flächen betragen rund 82% <strong>de</strong>r gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche!<br />

Der durchschnittliche Landwirtschaftsbetrieb im Val Müstair ist heute ein Milchwirtschaftsbetrieb<br />

mit rund 15 ha LN, wobei die Fleischproduktion (Ammenkuhhaltung) und auch<br />

die Schaf- und Pfer<strong>de</strong>haltung wie<strong>de</strong>r zunehmen. Die Geissenzucht ist gegenüber früher weitgehend<br />

unbe<strong>de</strong>utend gewor<strong>de</strong>n.<br />

Tab. 4: Die Alpbestossung im Val Müstair (nach Lentz 1990; die Erhebungen sind nicht in<br />

Stoss- o<strong>de</strong>r Normalbesatzzahlen umrechenbar; unter Kühen wer<strong>de</strong>n auch Galt- und Zeitkühe<br />

eingerechnet) und <strong>de</strong>r Viehbestand insgesamt im Val Müstair (gemäss Entwicklungskonzept I<br />

1999)<br />

Pfer<strong>de</strong>, Esel Kühe Rin<strong>de</strong>r Kälber Schafe Schweine<br />

1909 15 491 373 275 1678 94<br />

1917/20 7 548 229 358 ? 25<br />

1971 - 380 764 285 1020 20<br />

1979 - 466 634 313 860 -<br />

1985 - 480 642 284 663 (-)<br />

Viehbestand insgesamt<br />

1951 1597<br />

1978 1909<br />

1997 1742<br />

Photo von Müstair von 1926 mit <strong>de</strong>n Getrei<strong>de</strong>flächen im Hintergrund sowie mit Piz Lad<br />

15


Der früher wichtige Ackerbau (105 ha 1919, 146 ha 1944, 93 ha 1969 (Lentz 1990) und 59 ha<br />

1985, Wanner 1990) und damit <strong>de</strong>r agro-pastorale Betriebstyp ist aufgrund <strong>de</strong>r ausgefallenen<br />

Subventionen und im Zuge <strong>de</strong>r Güterzusammenlegung auf grosse Flächeneinheiten im unteen<br />

Tal konzentriert wor<strong>de</strong>n. In Tschierv, Lü und Ful<strong>de</strong>ra wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Getrei<strong>de</strong>anbau 1976 nach<br />

einem frühen Wintereinbruch aufgegeben. Kleinste Flächen in Tschierv verblieben bis ca.<br />

1995. In Müstair konnte sich <strong>de</strong>r Ackerbau auch dank <strong>de</strong>s Klosterbetriebes (10 ha unter<br />

Pflug, davon 2003 auch etwas Brauereigerste) bis vor kurzem halten. In jüngster Zeit ist auch<br />

dort <strong>de</strong>r (Futter-)Getrei<strong>de</strong>anbau stark zurückgegangen. Grund hierfür ist unter an<strong>de</strong>rem die<br />

Nicht-Anrechenbarkeit <strong>de</strong>r Ackerflächen als Rauhfutterfläche, was sich auf <strong>de</strong>n maximal möglichen<br />

Tierbestand auswirkt. Auch ist <strong>de</strong>r Absatz trotz <strong>de</strong>r Beteiligung <strong>de</strong>r Genossenschaft<br />

Gran Alpin nicht gesichert.<br />

Der Wald im Val Müstair ist zu 98% im Besitz <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n, wobei die Bürgergemein<strong>de</strong><br />

das Eigentumsrecht hat, und die politische Gemein<strong>de</strong> gestützt auf Verträge die Nutzung ausführt.<br />

Das Kloster St. Johann besitzt 120 ha Wald. Die privaten Wäl<strong>de</strong>r beschränken sich auf<br />

Waldrandgebiete (parzellentechnisch bedingt). Ein grosser Privatwaldbesitzer gibt es am<br />

Ofenpass. Die jährliche Holznutzung liegt nahe beim natürlichen Holzzuwachs und <strong>de</strong>r Absatz<br />

stellt nach Auskunft <strong>de</strong>s Regionalforstingenieurs heute keine grosse Sorge dar, nicht zuletzt<br />

dank <strong>de</strong>r Vermarktungstätigkeiten <strong>de</strong>s Consorzi forestal Val Müstair.<br />

2.5. Fokusthema 1: Die Alpwirtschaft im Val Mora/Döss Radond (Enklave Müstair)<br />

2.5.1. Der Alpbetrieb auf <strong>de</strong>r Klosteralp und Gemein<strong>de</strong>alp Mora<br />

Die gemein<strong>de</strong>eigene Alp Mora, die bereits per Vertrag im März 1970 mit <strong>de</strong>r Alp Sprella zusammengelegt<br />

wur<strong>de</strong>, wird heute von rund 130 Kühen bestossen, dazu kommt noch etwas<br />

Jung- und Galtvieh. Im Jahr 2003 waren es 137 Kühe und 52 Stück Galtvieh (darunter 36<br />

Rin<strong>de</strong>r) und Kälber, was nach Aussage <strong>de</strong>r Alphirtin Carmen Delser „schon etwas viel" sei,<br />

da beson<strong>de</strong>rs im trockenen Jahr 2003 die Futtergrundlage gering war. Die trockenen Kühe<br />

wer<strong>de</strong>n auf Jufplaun geführt. Die Kälber sömmern auf Munt Grond, während die Rin<strong>de</strong>r im<br />

oberen Teil <strong>de</strong>s Val Mora gesömmert wer<strong>de</strong>n. Berechnet ist die Alp auf rund 130 Normalstösse.<br />

Eine strenge Wald-Wei<strong>de</strong>trennung gibt es nicht. Die Alpauffahrt erfolgte 2003 am 21.<br />

Juni. Vor 1970 wur<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Alp Mora 80 und auf Sprella 60 Kühe gesömmert. Vor 1996<br />

wur<strong>de</strong> auch Kunstdünger auf <strong>de</strong>n Alpen ausgebracht (Information von Gilbert Ruinatscha).<br />

Die heute für knapp 90 Normalstösse (79,28 davon 28 Kühe sowie 6,66 für die Schafe) ausgelegte<br />

höher gelegene Klosteralp wird ebenfalls gemischt bestossen. Früher waren es 109<br />

Stösse (die Zahlen sind allerdings aufgrund <strong>de</strong>r unterschiedlichen Stoss<strong>de</strong>finition nicht direkt<br />

zu vergleichen). Die Alpauffahrt erfolgt gestaffelt. Die Tiere wei<strong>de</strong>n En<strong>de</strong> Juni in <strong>de</strong>n Waldwei<strong>de</strong>gebieten<br />

<strong>de</strong>s Val Vau.<br />

Die Betriebe Klosteralp und Val Mora sind Biobetriebe und liefern die Milch an die zentrale<br />

Talkäserei in Müstair. Die Alpwirtschaft ist gemäss Pater Columban, Spiritual und Administrator<br />

<strong>de</strong>s Klosterbetriebes, und <strong>de</strong>m Pächter Johannes Fallet ökonomisch für <strong>de</strong>n Klosterbetrieb<br />

sehr wichtig. Man spart einerseits die Futterbeschaffung für knapp 3 Monate (auf<br />

Val Mora nur etwa 80 Tage), an<strong>de</strong>rseits sind die Sömmerungsbeiträge eine willkommene<br />

Einnahme. Zu<strong>de</strong>m reduziert sich mit <strong>de</strong>r Sömmerung die massgeben<strong>de</strong> maximale Zahl <strong>de</strong>r<br />

DGVE für die einzelnen Betriebe. Da die Klosteralp sich schon seit <strong>de</strong>r 1. Alpteilung 1466 verpflichtet<br />

hat, Vieh aus an<strong>de</strong>ren Betrieben <strong>de</strong>s Val Müstair aufzunehmen, ergeben sich damit<br />

einerseits zusätzliche Einkünfte (Wei<strong>de</strong>taxen und Sömmerungsbeiträge) und die Möglichkeit<br />

<strong>de</strong>r besseren Alpnutzung. 2003 wirkte ein Ehepaar aus Valchava als Alphirten.<br />

Im Val Vau wer<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r rechten Flussseite (Gemein<strong>de</strong> Sta. Maria) heute Mutterkühe gesömmert.<br />

Im unteren Val Vau-Bereich wer<strong>de</strong>n im Sommer Pfer<strong>de</strong> zusammen mit Mutterkühen<br />

auf Waldwei<strong>de</strong>n gehalten.<br />

16


2.5.2. Gebäu<strong>de</strong><br />

Die Gebäu<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>r Alp Mora wur<strong>de</strong>n Mitte <strong>de</strong>r 70er Jahre letztmals baulich erweitert, auf<br />

<strong>de</strong>r Klosteralp 1993/94. Gewisse kleinere Erneuerungsarbeiten wie <strong>de</strong>r Einbau einer neuen<br />

Milchkühlung auf <strong>de</strong>r Alp Mora wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n letzten Jahren getätigt. Ein grösserer Baubedarf<br />

besteht bei bei<strong>de</strong>n Alpen nicht. Das Alpgebäu<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Alp Sprella wird von <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong><br />

einerseits verpachtet (an eine Jägergruppe), an<strong>de</strong>rerseits vermietet. Es bestehe gemäss Gemein<strong>de</strong>präsi<strong>de</strong>nt<br />

Gilbert Ruinatscha eine gewisse Nachfrage für einen Beherbergungsbetrieb<br />

im Val Mora. Die Gemein<strong>de</strong> sieht künftig hierfür im leerstehen<strong>de</strong>n Stall auf la Sprella eventuell<br />

eine Möglichkeit (vielleicht zusammen mit <strong>de</strong>m SAC). Gemäss revidiertem Zonenplan<br />

(Entwurf 2003) liegen die Gebäu<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Alp Sprella zwar in <strong>de</strong>r Gefahrenzone mit geringer<br />

Gefahr, die unmittelbare Umgebung befin<strong>de</strong>t sich aber in <strong>de</strong>rjenigen mit grosser Gefahr.<br />

2.5.3. Forstliche Nutzung<br />

Forstwirtschaftliche Aktivitäten im Val Mora sind heute weitgehend aufgegeben wor<strong>de</strong>n, die<br />

dortigen Wäl<strong>de</strong>r sind im Wal<strong>de</strong>ntwicklungsplan 1995 auch nicht als Schutzwäl<strong>de</strong>r aufgeführt.<br />

Eine geringfügige Holznutzung und vor allem die Schutzwaldpflege beschränken sich auf die<br />

Val Vau-Flanke. Durch Rüfen geht vermehrt Wei<strong>de</strong>land verloren, das früher durch das Gemeinwerk<br />

geräumt wur<strong>de</strong> (heute zumeist durch die Bauern <strong>de</strong>r Alpkorporation). 1998/99 fand<br />

im Rahmen <strong>de</strong>s forstlichen Wald-Wei<strong>de</strong>-Ausscheidungsprojekt Müstair nochmals eine grössere<br />

Alpräumung statt, an <strong>de</strong>m sich auch die Jäger beteiligten (gemäss Regionalforstingenieur<br />

Hansjörg Weber). Die regelmässigen Wei<strong>de</strong>säuberungen unternehmen die Bauern<br />

selbst. Diese erhalten für ihre Arbeit Beiträge im Rahmen eines kantonalen Programmes<br />

(Beiträge für Räumungen einwachsen<strong>de</strong>r Wiesen und Wei<strong>de</strong>n; die Beiträge gehen an Eigentümer,<br />

Bewirtschafter, Gemein<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Organisationen). Aktuell sind keine grösseren Wei<strong>de</strong>räumungen<br />

durch <strong>de</strong>n Forstdienst mehr vorgesehen. Als positiv zu vermerken sind die weiterhin<br />

beweidbaren mit Waldungen durchsetzten Flächen im Val Mora. Dadurch erhält das<br />

Val Mora seinen parkähnlichen Landschaftscharakter. Der Wald im Val Mora wur<strong>de</strong> im Wal<strong>de</strong>ntwicklungsplan<br />

1995 (<strong>de</strong>r erste im Kanton Graubün<strong>de</strong>n) zwar als kultivierbar bezeichnet,<br />

aufgrund <strong>de</strong>r ineffizienten Bewirtschaftung jedoch aufgegeben. Kosten-Nutzen-Überlegungen<br />

für <strong>de</strong>n Waldweg Tagliada im Val Vau (Auskunft von Hansjörg Weber) führten bereits zur<br />

Nutzungsaufgabe. Forstliche Wie<strong>de</strong>rinstandstellungsarbeiten fan<strong>de</strong>n zuletzt im November<br />

2002 und im Frühsommer 2003 im oberen Val Vau-Abschnitt statt. Der nicht mehr forstwirtschaftlich<br />

genutzte Wald im Val Mora wür<strong>de</strong> sich gut für ein Waldreservat eignen, so G. Ragaz.<br />

2.5.4. Produktion und -verwertung<br />

Aufgrund <strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>n Reorganisation und Rahmenplanung für sämtliche Alpen im Val Müstair<br />

sind Nutzungsän<strong>de</strong>rungen kaum planbar. Gekäst wird heute im Tal nur noch auf Craistas,<br />

Tabladatsch und Prasüra. Die Alpkäserei wur<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>r Alp Mora 1970, im Prave<strong>de</strong>r<br />

1975 (gemäss Pater Columban) aufgegeben. Die produzierte Milch wird seither per Lastwagen<br />

je<strong>de</strong>n Tag zur Talkäserei in Müstair gefahren. Der Transport erfolgt zusammen mit <strong>de</strong>r<br />

Milch von <strong>de</strong>r Klosteralp. Die Erschliessung erfolgt über eine Forststrasse Valchava bis Prave<strong>de</strong>r<br />

(seit 1981), die übrige Strecke, die in <strong>de</strong>n 70er Jahren von <strong>de</strong>r Meliorationsgenossenschaft<br />

ausgebessert wur<strong>de</strong>, ist ein Gemein<strong>de</strong>weg. Da das alte Benutzungsreglement von<br />

1998 (Verbot von nicht-land- o<strong>de</strong>r nicht-forstwirtschaftlichen Fahrten zwischen 8.30 Uhr und<br />

16.30 Uhr) nicht genügend gut funktionierte (zum Beispiel aufgrund z.B. pilzsuchen<strong>de</strong>r Italiener,<br />

gemäss Gemein<strong>de</strong>präsi<strong>de</strong>nt Gilbert Ruinatscha), wur<strong>de</strong>n die Kosten für <strong>de</strong>n Unterhalt<br />

immer weniger vom regionalen Forstdienst subventioniert. Die Restkosten für Müstair beliefen<br />

sich auf rund 60'000 Franken (bei Totalkosten von 150'000 Franken). 2003 wur<strong>de</strong> ein allgemeines<br />

Fahrverbot verhängt (mit Ausnahme <strong>de</strong>r Bewirtschafter), was zu einer Erhöhung<br />

<strong>de</strong>s Subventionssatzes und damit zu einer Reduktion <strong>de</strong>r Kosten für Müstair um 25'000 Fran-<br />

17


ken führt (im Rahmen <strong>de</strong>s Arbeitsprogrammes 2003-2007 sogar Einsparung um 43'500 Franken).<br />

Die Gemein<strong>de</strong> erteilt Ausnahmefahrbewilligungen gegen Gebühr. Die Tarife erachtet<br />

Pater Columban als hoch.<br />

Bei<strong>de</strong> Alpbetriebe sömmern Vieh aus Biobetrieben, die Alpmilch ist daher Biomilch, die in <strong>de</strong>r<br />

Chascharia Val Müstair zu Biobergkäse (vollfett, Pastmilch) im Rahmen <strong>de</strong>s Labels Bündner<br />

Bergkäse verarbeitet wird. Die Käsereifung fin<strong>de</strong>t im Reifungskeller <strong>de</strong>r Emmi (ehemals<br />

Swiss Dairy Food) in Landquart statt. Je<strong>de</strong>r Genossenschafter hat eine eigene Ortsreserve<br />

(5%) für die Direktvermarktung. Der Milchpreis für die Biomilch liegt mit 77 Rappen (+ temporärer<br />

geschäftsgangabhängiger Zuschlag von 3,5 Rp. für 2002) im Vergleich mit <strong>de</strong>r<br />

Schaukäserei Stein AR (88 Rp., April 2003) tief. Dies ist aber nur zum Teil mit <strong>de</strong>m geringeren<br />

Fett-/Eiweissgehalt <strong>de</strong>r Milch aus <strong>de</strong>m Berggebiet zu erklären. Ein bis zu 10 Rp. besserer<br />

Preis wird mit <strong>de</strong>m sommerlichen Verkauf an die Molkerei in Bever erzielt. Der Direktexport<br />

ins Südtirol ist bislang blockiert, da von italienischer Seite her die Käseeinfuhr nur über Chiasso<br />

möglich ist (es fehlt eine Veterinärprüfungsstelle am Zoll in Müstair/Taufers).<br />

Bei<strong>de</strong> Alpeigentümer befürchten nach <strong>de</strong>r Übernahme <strong>de</strong>s Reifungskellers von <strong>de</strong>r Swiss<br />

Dairy Food an Emmi einen weiteren Preiseinbruch. Zu<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n nach Aussage von Faustin<br />

Ruinatscha die Liefermengen stetig gekürzt und teilweise wird nur 1/3 <strong>de</strong>r gelieferten<br />

Milch über <strong>de</strong>n Biokäsekanal von <strong>de</strong>r Emmi vermarktet. Im Entwicklungskonzept I <strong>de</strong>r Region<br />

Val Müstair 1977 wur<strong>de</strong> die regionale Verarbeitung und die Verbesserung <strong>de</strong>s Milchabsatzes<br />

bereits als Ziel formuliert. Im Entwicklungskonzept II von 1999 wird zu<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Aufbau neuer<br />

Vermarktungsstrukturen als Strategie dargestellt. Erstaunlicherweise wird die Tatsache, dass<br />

<strong>de</strong>r Bioanteil an <strong>de</strong>r Gesamtlandwirtschaft im Val Müstair ca. 99% beträgt (nur ein Betrieb ist<br />

ohne Biolabel), kaum öffentlich präsentiert. Im Marketing für das Val Müstair fehlt dieser Hinweis<br />

fast völlig.<br />

Immer mehr Bauern steigen daher auf Mutterkuhhaltung und Fleischproduktion um, einige<br />

Kälber wer<strong>de</strong>n im Programm Natura-Beef in das Schlachthaus <strong>de</strong>r COOP nach Basel transportiert.<br />

2.5.5. Schafalpung<br />

Im Jahr 2003 wur<strong>de</strong>n insgesamt 363 Schafe im Gebiet Umbrail (Sta. Maria) und Val Mora gesömmert.<br />

Die Tiere teilen sich in drei Her<strong>de</strong>nteile: rund <strong>11</strong>5 Tiere am Umbrail, 196 Tiere im<br />

Gebiet Val Schumbraida, Val Tea Fondada (linksseitig) und Munt Grond (rechtsseitig) sowie<br />

52 Tiere <strong>de</strong>s Klosteralpbetriebes von Johannes Fallet im Gebiet Lai da Rims/Val da Döss Radond.<br />

Seit 2001 besteht eine neue Behirtung durch <strong>de</strong>n Grenztierarzt von Müstair Dr. Toni<br />

Theus. Dieser hatte in <strong>de</strong>n Vorjahren immer wie<strong>de</strong>r die mangeln<strong>de</strong> Behirtung kritisiert, was zu<br />

häufigen Grenzproblemen mit Italien führte, da aus seuchenpolizeilichen Grün<strong>de</strong>n ein freies<br />

Wan<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Schafe über die Grenze hinweg verboten ist. Das Ziel <strong>de</strong>r Behirtung besteht<br />

darin, die Wan<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Schafe so zu lenken, dass sie nicht (zu häufig und zu weit) auf die<br />

italienische Seite (Stelvio Nationalpark) wechseln und zu<strong>de</strong>m nicht in Konkurrenz mit <strong>de</strong>r<br />

Rindviehalpung und vor allem mit <strong>de</strong>n hoch gelegenen Gämswei<strong>de</strong>n gelangen. Pflanzenökologische<br />

Grün<strong>de</strong> (Überweidung) stehen nicht im Vor<strong>de</strong>rgrund. Im Hinblick auf die 2003 in<br />

Kraft getretene Sömmerungsbeitragsregelung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s, wonach eine ständige Behirtung<br />

von Schafen Fr. 300.- und ein Umtriebswei<strong>de</strong>system Fr. 220.- pro Normalstoss auslöst (Art. 4<br />

SöBV), wur<strong>de</strong>n zusammen mit <strong>de</strong>m Landwirtschaftsamt Karten mit <strong>de</strong>n geeigneten Wei<strong>de</strong>gebieten<br />

erstellt. Dabei sollen bis zum 1. August die Tiere pro Fläche maximal 14 Tage verbleiben<br />

und auf die gleiche Fläche erst nach 4 Wochen wie<strong>de</strong>r zurückkehren. Ab 1. August können<br />

die Tiere frei zwischen <strong>de</strong>n vorgesehenen Flächen wan<strong>de</strong>rn.<br />

Der Autor konnte sich selber davon überzeugen, dass die Behirtung von Schafen ein ausgesprochen<br />

schwieriges Unterfangen ist. Die Behirtung <strong>de</strong>r Her<strong>de</strong> am Umbrail war 2003 schwierig<br />

zu bewerkstelligen. Die Schafe hielten sich zwar grösstenteils an ihr vorgesehenes Wei<strong>de</strong>gebiet,<br />

aber gemäss Toni Theus nicht an die gewünschten Perio<strong>de</strong>n. Hingegen konnte ein<br />

18


echt gutes Umtriebswei<strong>de</strong>system für die Val Mora-Her<strong>de</strong> erreicht wer<strong>de</strong>n, da die einzelnen<br />

Wei<strong>de</strong>gebiete dort in abgeschlossenen Talkesseln liegen.<br />

Bis in die 80er Jahre wur<strong>de</strong>n vermutlich in einer Her<strong>de</strong> rund 700-850 Tieren zwischen Umbrail<br />

und Murtaröl behirtet (von Chasper Selm, heute 85jährig). Es gab danach unregelmässige<br />

Behirtungen und auch gewisse Konflikte, da die Hirten oft auch Jäger waren, die von<br />

<strong>de</strong>n Beobachtungen profitieren konnten und die Strasse benutzen durften. Zwischen 1995<br />

und 2000 wur<strong>de</strong>n die Schafe nur im Gebiet Munt Grond gehalten und vom Alphirt <strong>de</strong>r Alp Mora<br />

eher nolens-volens gehütet.<br />

Der Schafhirt Toni Theus<br />

Die Alpen sind reserviert für die Schafbauern aus Sta. Maria und Müstair. Auswärtige Tiere<br />

wer<strong>de</strong>n nicht genommen. Die Tatsache, dass die Val Mora-Her<strong>de</strong> zeitweise auch auf <strong>de</strong>m<br />

Bo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Klosteralp wei<strong>de</strong>t, wird nicht als Problem gesehen. Die Sömmmerungsbeiträge<br />

wer<strong>de</strong>n für alle 3 Alpen an Johannes Fallet ausgerichtet. Er rechnet auch die Kosten ab und<br />

bezahlt <strong>de</strong>n Schafhirten (Fr. 6200.- im Jahr 2002). Ein grösserer Ertrag ist gemäss T. Theus<br />

aus <strong>de</strong>r Schafalpung nicht zu erwirtschaften. Fallet ist Vorsteher <strong>de</strong>r „Schafher<strong>de</strong> Val Müstair“,<br />

einer statutenlosen einfachen Gesellschaft <strong>de</strong>r 8 Schafhalter. Für die gelegentlichen<br />

Grenzüberschreitung <strong>de</strong>r Schafe entschädigt die Schafher<strong>de</strong> Val Müstair <strong>de</strong>n italienischen<br />

Alpbauern mit jährlich 500-550 Euro. Bei <strong>de</strong>r Einwan<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Wolfes müsste nach Ansicht<br />

von Toni Theus die Schafalpung aufgegeben wer<strong>de</strong>n. An<strong>de</strong>re Befragte sähen Lösungen in<br />

<strong>de</strong>r intensiveren Behirtung <strong>de</strong>r Schafe.<br />

Tab. 5: Einige Eckdaten <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>alp und Klosteralp<br />

Gemein<strong>de</strong>alp<br />

Klosteralp<br />

Bestossung 2003<br />

137 Milchkühe und Galtvieh (Alp berechnet<br />

für ca. 130 Normalstösse)<br />

25-30 Milchkühe, Galtvieh, 30 Mesen,<br />

30-40 Mutterkühe (Alp berechnet für<br />

ca. 90 Normalstösse)<br />

Pächter<br />

Alpkorporation von Bauern aus Johannes Fallet<br />

Müstair<br />

Parzellen Nr. und Fläche 1000 und 1001 (3829 ha) 1013 und 1002 (1830 ha)<br />

Einbindung in Regionalplanung<br />

via Kommission <strong>de</strong>r CRVM via Kommission <strong>de</strong>r CRVM<br />

Milchmenge 70‘000 Liter 15‘000 Liter<br />

Milchpreis (fix) 77 Rappen 77 Rappen<br />

Käserei Chascharia Val Müstair Chascharia Val Müstair<br />

Baubedarf Alpgebäu<strong>de</strong> ev. für kleines Bergrestaurant und nein<br />

Unterkunft (auf Sprella)?<br />

Aktuelles Alpnutzungskonzept<br />

nein<br />

nein<br />

Schafalpung 2003 rund 196 Tiere 52 Tiere<br />

19


2.5.6. Militärische Nutzung<br />

Seit vielen Jahren besteht ein Vertragsschiessplatz <strong>de</strong>r Schweizerischen Eidgenossenschaft,<br />

welcher sich im Gebiet Monte Forcola (Döss Radond, Val Schumbraida und Val da Tea Fondada)<br />

befin<strong>de</strong>t. Er wird von Infanterietruppen u.a. mit Minenwerfern und Handgranaten<br />

(Truppenverlegung aus Chur während 3 Wochen im September/Oktober) genutzt. In Zukunft<br />

ist gemäss Auskunft <strong>de</strong>r Schiessplatzstelle <strong>de</strong>s VBS in Chur eher eine weitere Reduktion <strong>de</strong>s<br />

Schiessbetriebes zu erwarten. Wür<strong>de</strong> aber das Val Mora in <strong>de</strong>n Nationalpark o<strong>de</strong>r in das Biosphärenreservat<br />

eingeglie<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n, so wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Vertragsschiessplatz in Frage gestellt<br />

wer<strong>de</strong>n müssen. Als Folge davon entgingen <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> dann die Schiessgel<strong>de</strong>innahmen<br />

und auch die Einnahmen aus <strong>de</strong>r Truppenbelegung. Gemäss Information <strong>de</strong>s Gemein<strong>de</strong>präsi<strong>de</strong>nten<br />

wer<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Schiessbetrieb <strong>2004</strong>-5 eingestellt.<br />

2.5.7. Wildnutzung<br />

In <strong>de</strong>n 60/70er Jahre haben die Huftierbestän<strong>de</strong> im Umkreis <strong>de</strong>s Nationalparkes <strong>de</strong>rart zugenommen,<br />

dass es zu grossen Wintersterben kam (z.B. 1969/70, gemäss <strong>de</strong>m Adjunkten<br />

<strong>de</strong>r kantonalen Amtes für Jagd und Fischerei,, Hannes Jenny). Im Schweizerischen Alpkataster<br />

von 1973 wird noch beklagt, dass „die Wei<strong>de</strong>n im Spöltal [Val Mora] nach <strong>de</strong>r Schneeschmelze<br />

von sehr vielen Hirschen aufgesucht [wer<strong>de</strong>n], die <strong>de</strong>n Ertrag dieser Alp empfindlich<br />

schmälern. Die heutige Regelung, wonach die Bauern die Hirsche abwechslungsweise<br />

gegen Entlöhnung vertreiben müssen, ist unbefriedigend, <strong>de</strong>nn eine grosse Wirkung lässt<br />

sich damit nicht erzielen.“ Im Entwicklungskonzept I von 1977 wird auch eine „unverzügliche<br />

Reduktion <strong>de</strong>s Hirschwildbestan<strong>de</strong>s“ und die Abgeltung <strong>de</strong>r Wildschä<strong>de</strong>n durch <strong>de</strong>n Nationalpark<br />

gefor<strong>de</strong>rt. Mit <strong>de</strong>r neuen Hirschpolitik <strong>de</strong>s Nationalparkes 1986 und <strong>de</strong>r Einführung <strong>de</strong>s<br />

kantonalen Jagdgesetzes 1989 konnte die Bestan<strong>de</strong>sregulierung <strong>de</strong>rart verbessert wer<strong>de</strong>n,<br />

dass heute grundsätzlich kein Wildproblem mehr besteht (gemäss H. Jenny und J. Gross).<br />

Die fragwürdige Winterfütterung wur<strong>de</strong> nach 1991 aufgegeben und in Biotophegeprojekte<br />

investiert. Der Gämsbestand ist nach anfänglichem Rückgang seit <strong>de</strong>n 90er Jahren zunehmend<br />

(Auskunft von Jon Gross). Die Schafalpung be<strong>de</strong>utet da und dort eine gewisse Wei<strong>de</strong>konkurrenz<br />

zu <strong>de</strong>n Gämsen. Die Rechte <strong>de</strong>r Jäger stützen sich auf kantonale Patente. Einige<br />

besitzen Nutzungsrechte an <strong>de</strong>n Hütten im Val Mora und können daher mit <strong>de</strong>r Bewilligung<br />

<strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Zufahrtsweg benutzen.<br />

2.5.8. Nutzungskonflikte und Zeitpunkt <strong>de</strong>s Regimewechsel<br />

Die wichtigsten Nutzungskonflikte bestehen heute zwischen <strong>de</strong>n Alpwirtschaftern <strong>de</strong>r Alp Mora/Klosteralp<br />

und <strong>de</strong>r Emmi AG (Reifungskeller Landquart) betreffend die nicht optimale<br />

Milchvermarktung, zwischen <strong>de</strong>n Alpwirtschaftern, <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> und <strong>de</strong>n Natur- und Landschaftsschutzstellen<br />

betreffend <strong>de</strong>n täglichen Milchtransporten sowie zwischen <strong>de</strong>r Waffenund<br />

Schiessplatzverwaltung in Chur und <strong>de</strong>n Jägern, <strong>de</strong>n Schäfern sowie <strong>de</strong>m Naturschutz<br />

und <strong>de</strong>r Wildhut betreffend <strong>de</strong>m Schiessbetrieb im Val Mora. Die Akteursbeziehungen partieller<br />

Konflikthaftigkeit sind in Tabelle 6 zusammengefasst.<br />

20


Tab. 6: Partiell konflikthafte Beziehungen unter <strong>de</strong>n Akteuren 2003 und ihre Entwicklung seit<br />

1970 (eruiert aufgrund einzelner Ereignisse o<strong>de</strong>r aufgrund von gegenläufigen Aussagen <strong>de</strong>r<br />

befragten Akteure)<br />

Akteure partiell konflikthafte Kommentar<br />

Alpkorporation<br />

Mora-Sprella<br />

Reifungskeller<br />

Landquart/Emmi<br />

AG<br />

Sortenorganisation<br />

Bündner Käse<br />

Gemein<strong>de</strong> Müstair<br />

Einfache Gesellschaft<br />

„Schafher<strong>de</strong><br />

Val Müstair“<br />

Waffen- und<br />

Schiessplatzverwaltung<br />

Jäger<br />

Jäger<br />

Waffen- und Schiessplatzverwaltung<br />

Klosterbetriebsverwaltung<br />

Beziehung zu<br />

Alphirten<br />

Gemein<strong>de</strong> Müstair<br />

Tourismus V. Müstair<br />

Pro Natura V. Müstair<br />

Chascharia V. Müstair<br />

Alpkorporation, Klosterbetrieb<br />

Emmi AG<br />

Alpkorporation Mora-<br />

Sprella<br />

Pro Natura V. Müstair<br />

Amt für Natur und Umwelt<br />

regionaler Forstdienst<br />

Jäger<br />

Wildhüter<br />

Grenztierarzt<br />

Alphirten (Umbrail)<br />

Pro Natura V. Müstair<br />

Amt für Natur und Umwelt<br />

Amt für Natur und Umwelt<br />

Pro Natura V. Müstair<br />

Wildhüter<br />

Touristen<br />

Stiftung Pro Kloster St. Johann<br />

2003: Es bestehen Vorstellungen für die Einrichtung einer<br />

Jause auf <strong>de</strong>r Alp Mora, was aber vom Hirtenehepaar zur<br />

Zeit nicht übernommen wer<strong>de</strong>n kann; auch hin<strong>de</strong>rt das<br />

Fahrverbot <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> die entsprechen<strong>de</strong>n Renditeaussichten;<br />

die Gemein<strong>de</strong> <strong>de</strong>nkt über eventuell neue Ü-<br />

bernachtungsmöglichkeiten für Touristen nach.<br />

1970: Die Aufgabe <strong>de</strong>r Alpkäsereien führte zu <strong>de</strong>n täglichen<br />

Milchtransporten in die 20 km weit gelegene Chascharia.<br />

2003: Die Chascharia muss die Preisanpassungen und die<br />

Mengenbeschränkungen durch die Emmi AG hinnehmen.<br />

1970: Angebot und Absatz hielten sich +/- die Waage<br />

Für die Produktevermarktung ist die gleiche Person zuständig.<br />

2003: Die Gemein<strong>de</strong> führt die Jahresrechnung, für die Bestossung<br />

ist die Alpkorporation zuständig. Es sind eher zu<br />

viele Milchkühe auf <strong>de</strong>r Alp Mora. Die täglichen Milchtransporte<br />

belasten das Tal und <strong>de</strong>n Schutzstatus.<br />

1970: Eigentümer und Nutzer waren i<strong>de</strong>ntisch<br />

2003: Ohne aufwändige Behirtung wie in <strong>de</strong>n letzten zwei<br />

Jahren gäbe es mehr Konflikte mit <strong>de</strong>n Jägern (Gämswei<strong>de</strong>n)<br />

und <strong>de</strong>r Wildhut. Auch die Grenzüberschreitung ist<br />

aus seuchenpolizeilichen Grün<strong>de</strong>n problematisch (Grenztierarzt<br />

ist zur Zeit Schafhirte). Zu<strong>de</strong>m ist eine gewisse<br />

Konkurrenz zu <strong>de</strong>n Rindviehwei<strong>de</strong>n aufgetreten.<br />

1970: Mehr Schafe (rund 850) wur<strong>de</strong>n vermutlich zumeist<br />

in einer einzigen Her<strong>de</strong> ständig behirtet.<br />

2003: Der Schiessbetrieb führt zu einem Schwermetalleintrag<br />

in <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n und zu einer Wildbelastung und zur generellen<br />

Störung im Landschaftsschutzgebiet. Die häufigen<br />

Blindgänger können für <strong>de</strong>n Wei<strong>de</strong>gang, die Wan<strong>de</strong>rtouristen<br />

und die Jagd gefährlich sein.<br />

1970: Der Schiessbetrieb war wenig kritisiert und <strong>de</strong>r Tourismus<br />

spärlich<br />

2003: Die Jagdhüttenbenutzer im Val Mora können die<br />

Strasse mit einer Bewilligung benutzen, während dies die<br />

an<strong>de</strong>ren Jäger nicht können. Der Schiessbetrieb fin<strong>de</strong>t<br />

teilweise zeitgleich mit <strong>de</strong>r Jagd im September statt.<br />

1970: Keine spezifische Einschränkung für die Patentjagd<br />

Der landwirtschaftliche Klosterbetrieb ist formell kaum<br />

durch die Stiftung Pro Kloster St. Johann beeinflussbar.<br />

1970: gleiche Situation<br />

21


Die wichtigsten Verän<strong>de</strong>rungen im Regime im Bereich Alpwirtschaft umfassen insgesamt 5<br />

zentrale Phasen:<br />

Phasen Regimeän<strong>de</strong>rung Art <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung<br />

Phase 1 Zusammenlegung <strong>de</strong>r Alpen Mora und Sprella, Aufgabe <strong>de</strong>r Alpsennereien<br />

1970 (für Prave<strong>de</strong>r 1975) sowie Ausbau <strong>de</strong>r Stallungen<br />

Verän<strong>de</strong>rung im regulativen<br />

System (Eigentumsrechte neu<br />

geordnet)<br />

> Milchtransporte nötig, Ausbau <strong>de</strong>r Strasse<br />

Phase 2 Unterschutzstellung <strong>de</strong>s Val Mora 1979<br />

> Vermeidung touristischer Bauten<br />

Verän<strong>de</strong>rung in <strong>de</strong>r öffentlichen<br />

Politik<br />

Phase 3 Einführung von Bewirtschaftungsbeiträge ans Berggebiet 1980<br />

> Stützung <strong>de</strong>r Berglandwirtschaft<br />

Verän<strong>de</strong>rung in <strong>de</strong>r öffentlichen<br />

Politik<br />

Phase 4 Einführungen <strong>de</strong>r Direktzahlungen 1993<br />

Verän<strong>de</strong>rung in <strong>de</strong>r öffentli-<br />

Phase 5<br />

> För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Alpsömmerung<br />

Neue Vermarktungsstrategie via Sortenorganisation Bündner<br />

Käse SOBK seit 1997<br />

> Umstellung aller Milchbauern im Val Müstair auf Biologische<br />

Produktion und leichte Intensivierung <strong>de</strong>r Milchwirtschaft aufgrund<br />

<strong>de</strong>s Preisdruckes<br />

chen Politik<br />

Verän<strong>de</strong>rung im regulativen<br />

System (Vertrag zwischen<br />

SOBK und Talkäserei Val<br />

Müstair)<br />

Diese Regimeän<strong>de</strong>rungen haben im Wesentlichen dazu beigetragen, dass die Alpwirtschaft<br />

mit Milchkühen im abgelegenen und weitläufigen Val Mora überhaupt noch betrieben wird.<br />

Sie sind also als nutzungsstabilisierend zu bezeichnen. Der wesentlichste Einschnitt in <strong>de</strong>r<br />

Nutzung stellt die Phase 1 dar. Wären die Alpsennereien noch weiterbetrieben wor<strong>de</strong>n, so<br />

hätte dies einerseits erheblicher Investitionen bedurft (wofür damals Subventionen abgelehnt<br />

wur<strong>de</strong>n), an<strong>de</strong>rerseits wäre die Alpwirtschaft in <strong>de</strong>r Zukunft von <strong>de</strong>m immer dünner wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Fa<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Käseproduktion abhängig gewesen.<br />

Im folgen<strong>de</strong>n wird daher <strong>de</strong>r Zeitpunkt 1970 als Ausgangszeitpunkt t -1 gewählt und die Landschafts-<br />

und Regimeverän<strong>de</strong>rungen mit <strong>de</strong>njenigen von heute (Zeitpunkt t 0 2003) verglichen<br />

(siehe Kap. 1.2.).<br />

2.6. Fokusthema 2: Tourismus im Val Mora<br />

2.6.1. Allgemeine Entwicklung<br />

Die Ent<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>r karolingischen Wandmalereien in <strong>de</strong>r Klosterkirche um die Jahrhun<strong>de</strong>rtwen<strong>de</strong><br />

und die Gründung <strong>de</strong>s Nationalparkes erhöhte vor hun<strong>de</strong>rt Jahren die Popularität <strong>de</strong>s<br />

Val Müstair. Schon vor 50 Jahren wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Zeitschrift Heimatwerk das Val Müstair in romantischer<br />

Sprachweise wie folgt beschrieben: “Das Val Müstair ist kein dramatisches Alpental.<br />

Die höchsten Gipfel ragen wenig über die Dreitausen<strong>de</strong>r-Grenze. Und <strong>de</strong>nnoch schliesst<br />

es soviel Schönheit in sich, dass man nicht weiss, in welcher Jahreszeit man kommen soll.”<br />

Die Tourismusaktivitäten im Tal umfassen heute Wan<strong>de</strong>r- und Skitouren, Reit- und Biketouren,<br />

die von schweizerischen Tourismuskreisen (“Tourismus Val Müstair”, SAC) und auch von<br />

italienischen Homepage-Inhabern (“Banca populare di Sondrio” mit Homepageseite über Biketouren,<br />

“mtb-Land Südtirol”) angeboten und beschrieben wer<strong>de</strong>n.<br />

Neben <strong>de</strong>r offiziellen Homepage <strong>de</strong>s Tourismus Val Müstair (www.<strong>val</strong>müstair.ch) gibt es zahlreiche<br />

nationale und internationale Homepages von Privatpersonen o<strong>de</strong>r Gruppierungen, die<br />

namentlich ihre Bikeerlebnisse und Tourenvorschläge präsentieren. Die dortigen Informationen<br />

sind subjektiv geprägt und weisen selten auf die offizielle Homepage <strong>de</strong>r Region<br />

hin. Auch ist die Tatsache, dass es sich um ein geschütztes Tal han<strong>de</strong>lt, kaum je erwähnt.<br />

Ähnliches ist auch von Touroperators o<strong>de</strong>r Kleinanbietern von Aktivferienangeboten zu sagen.<br />

Neben <strong>de</strong>m Kloster und <strong>de</strong>m Nationalpark ist das Skigebiet Minschuns Teil <strong>de</strong>s klassischen<br />

Tourismusangebotes. Im Jahr 2003 führte die zweite Auflage <strong>de</strong>s Nationalpark Bike-<br />

Marathon sowie <strong>de</strong>r 10. Dreilän<strong>de</strong>r Radgiro ins Val Müstair (ersterer auch ins Val Mora). Auch<br />

22


ein attraktives Wan<strong>de</strong>rwegnetz wur<strong>de</strong> geschaffen, wobei einzelne Wege <strong>de</strong>n alten Bewässerungskanälen<br />

entlang verlaufen, die noch im wesentlich im Wald und an <strong>de</strong>n Rän<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r<br />

meliorierten Flur in ursprünglicher Weise (zumeist aber ohne Wasserführung) vorhan<strong>de</strong>n<br />

sind. Ziele <strong>de</strong>s Tourismus Val Müstair sind gemäss Präsi<strong>de</strong>nt Vito Stupan eine höhere Auslastung<br />

<strong>de</strong>r Hotels und eine Verlängerung <strong>de</strong>r Aufenthaltsdauer. Erstaunlicherweise ist die<br />

durchschnittliche Aufenthaltsdauer im Val Müstair mit 2,45 Tagen (1997, Atlas <strong>de</strong>r Schweiz<br />

2000; Müstair: 2,26 Tage) neben <strong>de</strong>m Bezirk Poschiavo die geringste von ganz Graubün<strong>de</strong>n.<br />

Der Eingang zum Val Mora erfolgt entwe<strong>de</strong>r via Ofenpass-Jufplaun (zu Fuss o<strong>de</strong>r mit Mountain<br />

Bikes), via Sta. Maria/Valchava-Val Vau-Döss Radond (zu Fuss, mit Pfer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r mit<br />

Bikes) o<strong>de</strong>r via Bormio-Lago di San Giacomo. Bei <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Stauseen befin<strong>de</strong>n sich Parkplatzmöglichkeiten<br />

und Picknick-Plätze. An Sommerwochenen<strong>de</strong>n ist ein reger Ausflugsverkehr<br />

am Lago di San Giacomo zu verzeichnen. Eine <strong>de</strong>r Hauptwan<strong>de</strong>rtouren verläuft vom<br />

Ofenpass durch das Val Mora nach Sta. Maria und dauert rund 6,5 h. Via Umbrailpass (Postautoverbindung)<br />

kann man zum Lai da Rims und weiter in das Val Mora o<strong>de</strong>r Val Vau absteigen.<br />

Auf <strong>de</strong>r Umbrailpasshöhe bietet ein Armeelehrpfad zusätzliche Wan<strong>de</strong>rwegmöglichkeiten.<br />

Die Mountain Bike-Routen sind im Wal<strong>de</strong>ntwicklungsplan 1995 und im regionalen Richtplan<br />

1999 (als Ausgangslage) eingetragen. Im Val Mora verläuft eine Route entlang <strong>de</strong>s Hauptweges<br />

nach Jufplaun (quert –knapp ausserhalb <strong>de</strong>s Fallgebietsperimeters– dort die Moorlandschaft<br />

Buffalora) zum Ofenpass. Es fehlt allerdings die Bezeichnung <strong>de</strong>r Verbindung<br />

nach Fraele, obwohl sie Gegenstand <strong>de</strong>s Nationalpark Bike-Marathon ist (Grund: italienische<br />

Zollbestimmungen). Das Interregprojekt zum Thema Radwege (s. Tabelle 7) soll diese Routen<br />

vertieft prüfen. Die „klassische“ Bikertour verläuft via Sta. Maria o<strong>de</strong>r via Ofenpass in das<br />

Val Mora und zum Lago di San Giacomo, wo es auch eine Hütte (Refugio) hat. Eine Alternative<br />

besteht in <strong>de</strong>r Route Zernez-Livignostausee-Cruschetta-Val Mora-Sta. Maria. Eine weitere<br />

Bikertour folgt <strong>de</strong>n alten Armeestrassen vom Umbrailpass aus in Richtung Fraele/Bormio.<br />

Die Berggipfel <strong>de</strong>r rechten Seite <strong>de</strong>s Val Mora sind heute ein beliebtes Skitourengebiet, das<br />

auch im SAC-Tourenführer erwähnt wird. Der Aufstieg erfolgt in <strong>de</strong>r Regel vom Val Müstair<br />

her. Selten wird die Abfahrt ins Val Vau benutzt.<br />

Abb. 2: Übernachtungen in Hotels- und Ferienwohnungen im Val Müstair und in Müstair (die<br />

Daten stammen aus <strong>de</strong>r Übernachtungsstatistik <strong>de</strong>s Tourismus Val Müstair sowie die Zahlen<br />

1971 und 1980 aus Pinösch 1982)<br />

100000<br />

Gruppenunterkünfte<br />

und Camping Müstair<br />

50000<br />

0<br />

1971 1980 1990 1998 1999 2000 2001 2002<br />

Jahr<br />

Hotels und<br />

Ferienwohnungen<br />

Müstair<br />

Gruppenunterkünfte<br />

und Camping Val<br />

Müstair<br />

Hotels und<br />

Ferienwohnungen Val<br />

Müstair<br />

23


Bis En<strong>de</strong> März 2003 gab es im Val Müstair fünf lokale Kurvereine, neben <strong>de</strong>m Tourismus Val<br />

Müstair. Als zuständiges Gremium waltete ein Delegiertenrat von 23 Delegierten aus <strong>de</strong>n<br />

Gemein<strong>de</strong>n und einem Präsi<strong>de</strong>nten (Vito Stupan, gleichzeitig Gemein<strong>de</strong>präsi<strong>de</strong>nt von Sta.<br />

Maria). Die Organisation „movingAlps“ (früher Tra la Meira e la Mera) schlug aufgrund einer<br />

eigenen Studie vor, aus 6 Tourismusinstitutionen (Valchava und Sta. Maria fusionierten En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r 90er Jahre) eine einzige zu machen. Dieses Konzept wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Delegiertenversammlung<br />

hingegen abgelehnt. Die reduzierte Version sieht nun neben <strong>de</strong>m Tourismus<br />

Val Müstair zwei weitere Tourismusstellen in Müstair und Sta. Maria vor.<br />

Im Rahmen <strong>de</strong>r Interreg-Programme I und III konnten zahlreiche touristische Projekte initiiert<br />

wer<strong>de</strong>n. Im Jahr 2002 wur<strong>de</strong> ein Regio-Plus-Projekt mit <strong>de</strong>m Titel „Die Nationalparkregion“<br />

gemeinsam mit <strong>de</strong>r Region Unterengadin lanciert. Damit wur<strong>de</strong> die neue Philosophie präsentiert,<br />

welche die bei<strong>de</strong>n Nationalparks (Stelvio und <strong>de</strong>r Schweizerische Nationalpark) in<br />

das Zentrum <strong>de</strong>s touristischen Marktauftrittes (neben <strong>de</strong>m Kloster St. Johann) stellt. Die Feriengäste<br />

kommen heute primär aus <strong>de</strong>r Schweiz, gefolgt von Deutschen und Hollän<strong>de</strong>rn. Es<br />

hat zu<strong>de</strong>m vereinzelt Italiener und wenig Österreicher. Beliebt sind die Campingplätze.<br />

Tab. 7: Interreg-Projekte 2000-2003 im Val Müstair (gemäss M.-E. Ellemunter)<br />

Interreg-Projekt Stand (Sommer 03)<br />

a. Studie Rothirsch abgeschlossen<br />

b. Studie Getrei<strong>de</strong>anbau Gran Alpin abgeschlossen<br />

c. Gewerbeausstellung „Interregio“ in Südtirol (Graun) 2000 und (Glurns) 2003<br />

d. „Erlebnissommer“, touristische Angebote in Bearbeitung<br />

e. grenzüberschreiten<strong>de</strong>s Radinformationssystem, Software in Bearbeitung<br />

f. Ausstellung „Bartgeier“ abgeschlossen<br />

g. „Kulturpass“, touristische Angebote in Bearbeitung<br />

h. Weiterbildungsangebote für Erwachsene (grenzüberschreitend) in Bearbeitung<br />

Ein grösserer Werbeauftritt erfolgte im November 2002 an <strong>de</strong>r OLMA St. Gallen, auf Einladung<br />

<strong>de</strong>r Schweizerischen Patenschaft für Berggemein<strong>de</strong>n. Die CRVM unterhält ebenfalls<br />

eine Kommission Frem<strong>de</strong>nverkehr, Verkehr. Im Entwicklungskonzept I von 1999 sind folgen<strong>de</strong><br />

Massnahmen im Aktionsplan aufgeführt:<br />

• Erarbeitung eines Konzeptes für die regionale Tourismuswerbung (entspricht Regio-Plus-<br />

Projekt „Die Nationalparkregion“)<br />

• Standards für touristische Leistungen<br />

• Erarbeitung eines Konzeptes zur För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Tourismusverständnisses bei <strong>de</strong>r einheimischen<br />

Bevölkerung<br />

• Programme zur Verbesserung <strong>de</strong>r touristischen Infrastrukturen<br />

• Impulsprogramm für Beherbergungsbetriebe<br />

• Programm mit Ereignissen (entspricht Interreg-Projekt d)<br />

• Integration <strong>de</strong>r einheimischen Kultur (entspricht Interreg-Projekt g)<br />

Be<strong>de</strong>utsam ist auch das Ziel <strong>de</strong>s Entwicklungskonzeptes I, ein „regionales Label für qualitativ<br />

hochwertige Produkte zu schaffen“. Dies wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>r Aufnahme <strong>de</strong>r Nationalparkerweiterung<br />

im Entwicklungskonzept und im regionalen Richtplan und aktuell mit <strong>de</strong>m Label Biosphärenreservat<br />

aufgenommen. Die touristische Nutzung im Val Mora wird nicht speziell geför<strong>de</strong>rt;<br />

eine zusätzliche Beherbergungsstruktur o<strong>de</strong>r Verpflegungsstätte wird von V. Stupan<br />

im Val Mora als nicht nötig und nicht sinnvoll erachtet.<br />

2.6.2. Nutzungskonflikte und Zeitpunkt <strong>de</strong>s Regimewechsel<br />

Wichtigste Interessenkonflikte bestehen heute zwischen <strong>de</strong>n Mountain Bikern, Wan<strong>de</strong>rn,<br />

Trekkinganbietern und <strong>de</strong>n Behör<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>r Pro Natura sowie möglicherweise auch <strong>de</strong>m<br />

Tourismusverein Val Müstair betreffend Schaffung einer Übernachtungsmöglichkeit resp. ei-<br />

24


ner Jause im Val Mora. Im weiteren kann die Gemein<strong>de</strong> in Konflikt mit <strong>de</strong>n Feriengästen und<br />

<strong>de</strong>n Jägern geraten, da sie im Jahr 2002 das Benutzungsreglement für die Zufahrtsstrasse<br />

via Valchava resp. Sta. Maria restriktiver geregelt hat. Über das Internet wer<strong>de</strong>n vermehrt<br />

Bikertouren im Val Mora von privater Seite angepriesen, allerdings nur selten mit Hinweisen<br />

auf <strong>de</strong>n Schutzstatus <strong>de</strong>s Tales. Weitere Konflikte treten zwischen <strong>de</strong>n Touristen und <strong>de</strong>m<br />

italienischen Zoll, sowie <strong>de</strong>r Waffen- und Schiessplatzverwaltung in Chur und <strong>de</strong>n Jägern auf.<br />

Tab. 8: Partiell konflikthafte Beziehungen unter <strong>de</strong>n Akteuren 2003 und ihre Entwicklung seit<br />

1970 (eruiert aufgrund einzelner Ereignisse o<strong>de</strong>r aufgrund von gegenläufigen Aussagen <strong>de</strong>r<br />

befragten Akteure)<br />

Akteure<br />

partiell konflikthafte Be Kommentar<br />

Alpkorporation Mora-<br />

Sprella<br />

ziehung zu<br />

Alphirten<br />

Gemein<strong>de</strong> Müstair<br />

Tourismus Val Müstair<br />

Pro Natura Val Müstair<br />

Tourismus Val Müstair Waffen- und Schiessplatzverwaltung<br />

Italienischer Zoll<br />

Private Webseiten-<br />

Besitzer<br />

Amt für Natur und Umwelt<br />

Pro Natura V. Müstair<br />

Amt für Natur und<br />

Umwelt<br />

Pro Natura V. Müstair<br />

regionaler Forstdienst<br />

Tourismus Val Müstair<br />

Natur- und Landschaftsschutzstellen<br />

Pro Natura V. Müstair<br />

Ferienhausbenutzer<br />

motorisierte Ausflüger Jäger<br />

Gemein<strong>de</strong><br />

Klosterbetriebsverwaltung<br />

Promotoren <strong>de</strong>s Nationalpark<br />

Bike-Marathon<br />

Stiftung Pro Kloster St.<br />

Johann<br />

2003: Es bestehen Vorstellungen für die Einrichtung einer<br />

Jause auf <strong>de</strong>r Alp Mora, was aber vom Hirtenehepaar zur<br />

Zeit nicht übernommen wer<strong>de</strong>n kann; auch hin<strong>de</strong>rt das<br />

Fahrverbot <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> die entsprechen<strong>de</strong>n Renditeaussichten;<br />

die Gemein<strong>de</strong> <strong>de</strong>nkt an eventuelle neue Übernachtungsmöglichkeiten<br />

für Touristen.<br />

1970: Die noch existieren<strong>de</strong>n Alpkäsereien vermie<strong>de</strong>n einen<br />

täglichen Transportverkehr<br />

2003: Die dreiwöchigen Schiessübungen führen zu Einschränkungen<br />

<strong>de</strong>r Begehbarkeit <strong>de</strong>s Val Mora. Die Bikerroute<br />

nach Fraele ist im Wal<strong>de</strong>ntwicklungsplan nicht eingetragen<br />

aufgrund italienischer Grenzschutzbestimmungen.<br />

1970: Tourismus und Vermarktung waren spärlich<br />

2003: Zahlreiche Webseiten thematisieren Mountain Bike<br />

Routen im Val Mora, ohne dass eine Verlinkung mit <strong>de</strong>m<br />

Tourismus Val Müstair o<strong>de</strong>r ein Hinweis auf <strong>de</strong>n Schutzstatus<br />

<strong>de</strong>s Val Mora besteht.<br />

1970: nicht existentes Problem<br />

2003: Die ehemalige Militärhütte La Stretta und die aufgegebene<br />

Alphütte im La Sprella wer<strong>de</strong>n zu Ferienzwecken<br />

genutzt. Die renovierte Alphütte auf Döss Radond hat e-<br />

benfalls eine zusätzliche kleine (Ferien-?)Wohnung bekommen.<br />

Bei<strong>de</strong>s ist mit Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Umgebung und<br />

mit Autofahrten verbun<strong>de</strong>n.<br />

1970: Die Umnutzung <strong>de</strong>r Hütte la Stretta bestand bereits,<br />

<strong>de</strong>r Umnutzungsdruck hielt sich in Grenzen<br />

2003 wur<strong>de</strong> bereits <strong>de</strong>r 2. Bike-Marathon auf <strong>de</strong>r Route im<br />

Val Mora durchgeführt. Es ist mit gewissem Publikumsverkehr,<br />

Versorgungsposten etc. zu rechnen. Künftig könnte<br />

das Val Mora vermehrt zur Trainingsstrecke wer<strong>de</strong>n, was<br />

zu Mehrbelastungen führen wür<strong>de</strong>.<br />

1970: noch kein Thema<br />

2003: Die Jagdhüttenbenutzer im Val Mora können die<br />

Strasse mit einer kostenpflichtigen Bewilligung benutzen,<br />

während dies die an<strong>de</strong>ren Jäger nicht können. Motorisierte<br />

Ausflügler dürfen die Strasse nicht benützen, obwohl da<br />

und dort <strong>de</strong>r Wunsch besteht.<br />

1970: Keine Verbotsregelung<br />

Der landwirtschaftliche Klosterbetrieb ist formell kaum<br />

durch die Stiftung Pro Kloster St. Johann beeinflussbar.<br />

1970: gleiche Situation<br />

25


Die wichtigsten Verän<strong>de</strong>rungen im Regime im Bereich Tourismus umfassen insgesamt 7<br />

zentrale Phasen:<br />

Phasen Regimeän<strong>de</strong>rung Art <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung<br />

Phase 1 Unterschutzstellung <strong>de</strong>s Gebietes Lai da Rims 1969 und Val<br />

Mora 1979<br />

> Vermeidung touristischer Bauten<br />

Verän<strong>de</strong>rung in <strong>de</strong>r öffentlichen<br />

Politik<br />

Phase 2<br />

Erhöhte Be<strong>de</strong>utung von touristischen Umnutzungen von Alphütten<br />

seit 1980 (Alphütte Sprella)<br />

Verän<strong>de</strong>rung im regulativen<br />

System (Mietverträge), später<br />

auch in <strong>de</strong>r öffentlichen Politik<br />

(RPV 1989, RPG 1998, RPV<br />

2001)<br />

Phase 3 Aufkommen und Verbreitung <strong>de</strong>r Trendsportart Mountain Biking<br />

1990<br />

Verän<strong>de</strong>rung im regulativen<br />

System (Inanspruchnahme von<br />

Nutzungsrechten durch Biker)<br />

Phase 4 Zunehmen<strong>de</strong> Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Internets seit 1995 Verän<strong>de</strong>rung im regulativen<br />

System (Urheberrecht)<br />

Phase 5 Lancierung <strong>de</strong>s Regio-Plus-Projektes „Die Nationalparkregion“<br />

2002<br />

Verän<strong>de</strong>rung im regulativen<br />

System (Projektauftrag) aufgrund<br />

einer früheren Än<strong>de</strong>rung<br />

in <strong>de</strong>r öffentlichen Politik<br />

Phase 6 Betriebsreglement für die bei<strong>de</strong>n Zufahrtsstrassen 2002 Verän<strong>de</strong>rung in <strong>de</strong>r öffentlichen<br />

Phase 7<br />

Politik<br />

Lancierung <strong>de</strong>s Projektes „Biosphärenreservat Val Müstair“ 2002 Verän<strong>de</strong>rung im regulativen<br />

System (Projektauftrag) aufgrund<br />

einer Verän<strong>de</strong>rung in <strong>de</strong>r<br />

öffentlichen Politik<br />

Die wesentlichste Wirkung erzeugte die Phase 1, was praktisch einen Stopp touristischer<br />

Bauten zur Folge hatte. Die theoretische Umnutzung aufgegebener Bauten zu Ferienzwecken<br />

(im Stile <strong>de</strong>r Alphütte Sprella) hängt allerdings eng von <strong>de</strong>r Zukunft <strong>de</strong>r Alpwirtschaft, <strong>de</strong>r<br />

öffentlichen Politik im Bereich Raumplanung sowie von <strong>de</strong>n För<strong>de</strong>rmassnahmen im Tourismus<br />

ab. Mit <strong>de</strong>m Regio-Plus-Projekt „Die Nationalparkregion“ reagiert <strong>de</strong>r Tourismus Val<br />

Müstair auf die früheren ungenügen<strong>de</strong>n Vermarktungsaktivitäten. Das Betriebsreglement von<br />

2002 für die Strasse entspricht zwar <strong>de</strong>r früheren strikten Regelung (die zwischenzeitlich abgeschwächt<br />

wur<strong>de</strong>), muss sich aber aufgrund <strong>de</strong>r Ausnahmeregelungen sowie <strong>de</strong>s gewissen<br />

Druckes <strong>de</strong>r Bevölkerung und <strong>de</strong>r Bewilligungshoheit bei <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>, die ihrerseits durchaus<br />

Interesse hat an einem stärkeren Tourismus im Val Mora, in <strong>de</strong>r Praxis noch bewähren.<br />

Der Ausbau <strong>de</strong>r alten Erschliessungsstrasse im Val Vau (von Sta. Maria aus) erhöht <strong>de</strong>n<br />

Druck zugunsten einer „flexibleren“ Handhabung <strong>de</strong>r Ausnahmeregelungen. Immerhin wür<strong>de</strong><br />

hier eine Rückerstattung <strong>de</strong>r forstlichen Subventionen drohen, da die Strasse als Forststrasse<br />

auch im behör<strong>de</strong>nverbindlichen WEP Val Müstair gekennzeichnet ist. Die Phase 7 könnte<br />

diesen gewissen Unsicherheiten mit einem klaren touristischen Konzept und entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Kompetenzen und Vollzugsauflagen begegnen.<br />

2.7. Fokusthema 3: Biosphärenreservat Val Müstair – ein Szenario<br />

2.7.1. Das Projekt Nationalparkerweiterung<br />

Der Schweizerische Nationalpark ist eine staatliche Einrichtung. Oberstes Entscheidungsgremium<br />

<strong>de</strong>r öffentlich-rechtlichen Stiftung ist die Eidgenössische Nationalparkkommission<br />

ENPK. Die ENPK besteht aus 9 Mitglie<strong>de</strong>rn und nimmt im Auftrag <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s sämtliche<br />

Rechte und Pflichten aus <strong>de</strong>m Vertragswerk mit <strong>de</strong>n verpachten<strong>de</strong>n Parkgemein<strong>de</strong>n wahr.<br />

Die ENPK wählt die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Direktion und beantragt die Mittel, die <strong>de</strong>n Betrieb <strong>de</strong>s Na-<br />

26


tionalparks ermöglichen.Der Schweizerische Nationalpark galt vor 2000 mit seinen 169 km 2<br />

als zweitkleinster Nationalpark <strong>de</strong>r Alpen.<br />

Von seiner Grösse her stösst <strong>de</strong>r Park an Grenzen. Naturschutzbiologische Grundlagen zeigten<br />

auf, dass ein Reservat wesentlich grösser sein muss, wenn die Artenvielfalt vollumfänglich<br />

erhalten wer<strong>de</strong>n soll (Schweizerischer Nationalpark 1998). Ferner besteht eine Störung<br />

<strong>de</strong>r Schutzziele durch die heute vor allem im Sommer stark befahrene Ofenpassstrasse<br />

und durch die Kraftwerkanlagen am Spöl. Dem langjährigen Wunsch nach Parkvergrösserung<br />

(um Artenschutzziele zu erreichen) entsprechend, hiess die ENPK 1998 ein<br />

Konzept für die Erweiterung <strong>de</strong>s Nationalparkes gut (Haller 1998), nach<strong>de</strong>m ein Jahr zuvor<br />

bereits eine breite Vernehmlassung <strong>de</strong>s ersten Konzeptes zur Erweiterung <strong>de</strong>s Nationalparkes<br />

stattfand (mit mehrheitlich positiver Reaktion). Ziel war einerseits eine Zonierung in<br />

Kern- und Umgebungszone sowie eine bessere regionale Einbettung. Die Lais da Macun in<br />

Lavin (3,6 km 2 ) wur<strong>de</strong>n schliesslich im August 2000 als neue Kernzone aufgenommen. In<br />

<strong>de</strong>m möglichen Erweiterungsgebiet (insgesamt rund 300 km 2 Umgebungszone, rund 30 km 2<br />

zusätzliche Kernzone) befand sich neben <strong>de</strong>r rechten Inntalseite auch das Gebiet Jufplaun-<br />

Val Mora bis Döss Radond (die Grenze verlief entlang <strong>de</strong>r Eigentumsgrenze zum Kloster Müstair).<br />

Dieses war als Umgebungszone geplant. In <strong>de</strong>r Umgebungszone ist die bisherige Nutzung<br />

(Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Jagd und Fischerei sowie ein naturverträglicher Tourismus)<br />

im bisherigen Ausmass zugelassen. Im regionalen Richtplan 1999 wur<strong>de</strong> das Erweiterungsprojekt<br />

als Vororientierung aufgenommen. Der kantonale Richtplan RIP GR 2000<br />

spricht von einem „Lebensraum Engadin-Münstertal“ o<strong>de</strong>r „Parc Engiadina“ mit Blick auf die<br />

neuen Landschaftsparks gemäss <strong>de</strong>r im Jahr 2002 vorgelegten NHG-Revision (im Oktober<br />

2003 noch nicht in Kraft).<br />

Im Aktionsplan zum Entwicklungskonzept I (1999) wur<strong>de</strong> das Erweiterungsprojekt ausdrücklich<br />

begrüsst. Die ersten öffentlichen kritischen Reaktionen 1998 stammen von Zernezer Bauern,<br />

die auf <strong>de</strong>r Alp Buffalora ihr Vieh in <strong>de</strong>r Moorlandschaft und auch in Flachmooren von<br />

nationaler Be<strong>de</strong>utung wei<strong>de</strong>n und weitere Schutzauflagen befürchteten. In <strong>de</strong>r Zwischenzeit<br />

konnte aber mit Amt für Natur und Umwelt <strong>de</strong>s Kantons Graubün<strong>de</strong>n eine verbindliche Wei<strong>de</strong>regelung<br />

getroffen wer<strong>de</strong>n. Die bei<strong>de</strong>n Flachmoore sind im kantonalen Richtplan 2000 nur<br />

als Ausgangslage aufgeführt. Der Nationalparkdirektor äusserte sich in einem Zeitungsartikel<br />

im März 1999 (Tagesanzeiger) angesichts <strong>de</strong>r wachsen<strong>de</strong>n Skepsis dahingehen, dass noch<br />

viel Überzeugungsarbeit nötig sei. Vor allem die grosse Gemein<strong>de</strong>autonomie bereite Schwierigkeiten.<br />

Im gleichen Artikel wird aber die I<strong>de</strong>e eines Biosphärenreservates aufgegriffen, welches<br />

neben <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Kern- und Umgebungszonen noch eine Entwicklungszone beinhalten<br />

wür<strong>de</strong>. Im Jahr 1999 bil<strong>de</strong>te sich ein Gegnerkomitee mit <strong>de</strong>m Titel „Pro territori liber“ (für ein<br />

freies Territorium), das im Zusammenhang mit <strong>de</strong>m Erweiterungsprojekt gar von Enteignung<br />

und Fremdbestimmung sprach. Der St. Moritzer Kurdirektor Hanspeter Danuser for<strong>de</strong>rte an<br />

<strong>de</strong>m Davoser Symposium zur Nationalparkerweiterung vom 27. Oktober 1999 dringend die<br />

Einsetzung eines Mediators: „Die wichtigste Aufgabe ist die Kommunikation, <strong>de</strong>nn das Vertrauen<br />

ist nicht mehr da.“ Am 1. August 2000 wur<strong>de</strong> als Pilotprojekt für das Erweiterungsvorhaben<br />

dann die Seenplatte von Macun offiziell in <strong>de</strong>n Nationalpark integriert. Im<br />

1. Dezember 2000 lehnte die Gemein<strong>de</strong>versammlung von Zernez die Erweiterung <strong>de</strong>s Nationalparkes<br />

mit 227:145 Stimmen ab. Der Gemein<strong>de</strong>präsi<strong>de</strong>nt, <strong>de</strong>r Regierungsrat Stefan<br />

Engler und <strong>de</strong>r Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r ENPK zeigten sich enttäuscht über <strong>de</strong>n Entscheid. Das Projekt<br />

wur<strong>de</strong> danach aufs Eis gelegt.<br />

Die hier erfolgte Umfrage bei verschie<strong>de</strong>nen Akteuren im Val Müstair (Liste im Anhang) zeigte<br />

folgen<strong>de</strong>s einheitliches Bild:<br />

Das Projekt sei an sich begrüssenswert gewesen, es wur<strong>de</strong> aber schlecht kommuniziert. Zu<strong>de</strong>m<br />

sei nicht einsichtig gewesen, wie die Feriengäste darauf reagiert hätten, dass im Val Mora<br />

nach wie vor Schneehühner, Schneehasen, Gämsen und Hirsche gejagt wür<strong>de</strong>n, wenn<br />

dieses Gebiet –zwar nur als Umgebungszone– aber doch unter <strong>de</strong>m Label Nationalpark ge-<br />

27


schützt wäre. Zu<strong>de</strong>m hätte sich die kritische Debatte primär im Unterengadin und nicht im Val<br />

Müstair abgespielt.<br />

2.7.2. Das Konzept <strong>de</strong>r Biosphärenreservate (BSR) <strong>de</strong>r UNESCO<br />

Das Konzept <strong>de</strong>r Biosphärenreservate (BSR) <strong>de</strong>r UNESCO, welches ausgehend vom Programm<br />

„Man and the Biosphere“ (MAB) 1974 startete, bezweckt eine Antwort auf die wi<strong>de</strong>rsprüchlichen<br />

Ziele <strong>de</strong>r Erhaltung <strong>de</strong>r biologischen Vielfalt, <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r wirtschaftlichen<br />

Entwicklung und <strong>de</strong>r Wahrung kultureller Werte zu fin<strong>de</strong>n (UNESCO 1996). BSR sind Orte,<br />

an <strong>de</strong>nen dieses Ziel geprüft, verfeinert, <strong>de</strong>monstriert und umgesetzt wird. Ursprünglich han<strong>de</strong>lte<br />

es sich fast ausschliesslich um be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Naturlandschaften. So hat die Schweiz<br />

1979 <strong>de</strong>n Schweizerischen Nationalpark für das Weltnetz <strong>de</strong>r BSR gemel<strong>de</strong>t (Küttel und Robin<br />

2002). Ausgehend von <strong>de</strong>r Konferenz <strong>de</strong>r Vereinigten Nationen für Umwelt und Entwicklung<br />

(UNCED) und <strong>de</strong>s Übereinkommens über Biologische Vielfalt, welches auf <strong>de</strong>m „Erdgipfel“<br />

in Rio 1992 unterzeichnet wur<strong>de</strong>, wur<strong>de</strong> das Konzept <strong>de</strong>r BSR insofern ausgeweitet, als<br />

die Verbindung zwischen <strong>de</strong>r Erhaltung <strong>de</strong>r biologischen Vielfalt und <strong>de</strong>r Entwicklungserfor<strong>de</strong>rnisse<br />

lokaler Gemeinschaften als ein Hauptfaktor für die erfolgreiche Pflege <strong>de</strong>r<br />

grossen Schutzgebiete anerkannt wur<strong>de</strong> (UNESCO 1996). Aus <strong>de</strong>r sogenannten Sevilla-<br />

Strategie von 1995 resultierten Min<strong>de</strong>stkriterien für BSR, die neben <strong>de</strong>r Schutzfunktion auch<br />

eine Entwicklungsfunktion im Sinne <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit und eine Umweltbildungsfunktion in<br />

mo<strong>de</strong>llhafter Weise erfüllen sollen.<br />

Die Kriterien und Bedingungen für die Anerkennung von BSR fin<strong>de</strong>n sich in <strong>de</strong>n internationalen<br />

Leitlinien, die am 14. November 1995 von <strong>de</strong>r UNESCO angenommen wur<strong>de</strong>n (UNESCO<br />

1996). Darin wer<strong>de</strong>n die Einzelstaaten bestärkt, nationale Kriterien für BSR zu erarbeiten,<br />

was die Schweiz (Fe<strong>de</strong>rführung: Buwal) allerdings in bislang unpublizierter Form getan hat<br />

(Küttel und Robin 2002). In <strong>de</strong>r Schweiz besteht seit <strong>de</strong>m 25. Mai 2002 das BSR Entlebuch.<br />

Zwischen <strong>de</strong>n Kriterien für die BSR (dito) und <strong>de</strong>n (noch nicht näher bekannten) Kriterien für<br />

die Naturparks gemäss NHG-Revision besteht eine offensichtliche Inkohärenz.<br />

Im August 1998 richtete die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SL) einen Brief an die Gemein<strong>de</strong><br />

Müstair, worin sie vorschlug, die Erweiterung <strong>de</strong>s Nationalparkes mit <strong>de</strong>m Unesco-<br />

Weltkulturgut Kloster St. Johann zu verbin<strong>de</strong>n, um eine „Win-Win“-Situation für bei<strong>de</strong> zu erzielen.<br />

Im August 2001 fand gemäss <strong>de</strong>m Sekretär <strong>de</strong>s Kreisamtes und <strong>de</strong>r Region Val Müstair A.<br />

Lamprecht ein erstes Gespräch zum Thema Biosphärenreservat zwischen <strong>de</strong>m neuen Präsi<strong>de</strong>nten<br />

<strong>de</strong>r ENPK Andrea Hämmerle und <strong>de</strong>r Corporaziun Regiunala Val Müstair (CRVM)<br />

statt. Im Januar 2002 folgte zu diesem Thema eine öffentliche Orientierungsversammlung <strong>de</strong>r<br />

Region in Sta. Maria. Die Stimmung war offenbar sehr positiv gegenüber diesem Projekt, zumal<br />

betont wur<strong>de</strong>, dass die vorhan<strong>de</strong>nen Qualitäten im Val Müstair bereits sehr hoch seien.<br />

Im März wur<strong>de</strong> beschlossen, dass die CRVM das Projekt weiterverfolgen soll, und im April<br />

2002 wur<strong>de</strong> die Projektleiterstelle ausgeschrieben. Seit September 2002 wirkt Urs Darnuzer,<br />

Inhaber eines Ingenieurbüros in Davos und Müstair, als Projektleiter. Der Vorstand <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n<br />

Regionalsekretariate vom Val Müstair und vom Unterengadin (Pro Engiadina Bassa) besuchten<br />

im Herbst 2002 das Entlebuch. Zur Begleitung <strong>de</strong>s Konzeptes wur<strong>de</strong> eine Kommission<br />

gebil<strong>de</strong>t unter <strong>de</strong>m Vorsitz <strong>de</strong>s CRVM-Präsi<strong>de</strong>nten und Grossrat Mario Gross-Bass,<br />

<strong>de</strong>m Tourismusdirektor Vito Stupan, einem Landwirt und <strong>de</strong>m Präsi<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>r ENPK. Das<br />

Konzept sollte anfangs <strong>2004</strong> auf <strong>de</strong>m Tisch sein. Die Vorfinanzierung soll durch <strong>de</strong>n Bund<br />

(separates Regio Plus-Projekt „Biosfera Val Müstair/Parc Naziunal“)erfolgen.<br />

Gemäss Vito Stupan besteht seit 2000 ein Fonds für Wirtschaftsför<strong>de</strong>rung im Val Müstair, <strong>de</strong>r<br />

von <strong>de</strong>r Provedimaint Electric Val Müstair (PEM) gespiesen wird und sich auf 40% <strong>de</strong>s Reingewinns<br />

<strong>de</strong>r PEM (jährlich 90'000 Franken) beläuft. Dieser Betrag wird <strong>de</strong>r CRVM zur Verfügung<br />

gestellt.<br />

Vor <strong>de</strong>r Orientierungsversammlung am 22. Mai 2003 erschien in <strong>de</strong>r Südostschweiz ein kritischer<br />

Artikel zum Vorgehen in Sachen BSR. Die Autorin <strong>de</strong>s Artikels warf <strong>de</strong>m Regional-<br />

28


verband indirekt vor, einen Alleingang zu unternehmen und <strong>de</strong>n Kanton zu wenig zu informieren.<br />

Es fehle die Koordination mit <strong>de</strong>m Unterengadin und <strong>de</strong>m Nationalpark. So besteht ein<br />

zweites Regio-Plus-Projekt „Die Nationalparkregion“ zwischen <strong>de</strong>m Tourismus Val Müstair,<br />

<strong>de</strong>m Nationalpark, Top Engadin (Tourismusverband für das Engadin), Scuol Information und<br />

Samnaun Tourismus. In <strong>de</strong>r Folge wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Kontakt mit <strong>de</strong>m Nationalpark, <strong>de</strong>m Buwal und<br />

<strong>de</strong>m erwähnten Regio Plus-Projekt verstärkt.<br />

Das Konzept BSR strebt insgesamt eine hohe Zusammenarbeit unter <strong>de</strong>n Partner und eine<br />

hohe Kohärenz <strong>de</strong>r Nutzungen und Interessen an, mit <strong>de</strong>m Ziel <strong>de</strong>r Erhaltung <strong>de</strong>r natürlichen<br />

und kulturellen Qualitäten. Entschei<strong>de</strong>nd für die Anerkennung ist die Einhaltung <strong>de</strong>r nationalen<br />

und internationalen Kriterien, die für BSR eine Zonierung in Kern-, Pflege- und Entwicklungszone<br />

vorsehen. Hier stellt sich die Frage, wo die entsprechen<strong>de</strong>n Zonen einzurichten<br />

sind und welche Rolle <strong>de</strong>r Nationalpark (BSR nach alter Definition) und das Unterengadin<br />

künftig darin spielen wer<strong>de</strong>n. Unklar ist auch, ob die Region zuerst das nationale Label „regionaler<br />

Naturpark“ erhalten muss.<br />

2.7.3. Nutzungskonflikte und Regimewechsel<br />

Nutzungskonflikte und Akzeptanzprobleme von Seiten <strong>de</strong>r Alpwirtschaft, <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>, <strong>de</strong>s<br />

Klosters und <strong>de</strong>n Jägern könnten dann auftreten, wenn das Val Mora als Kernzone <strong>de</strong>m Nationalparkregime<br />

unterstellt wür<strong>de</strong>. Weitere Konflikte können zu<strong>de</strong>m beim Militär geortet wer<strong>de</strong>n,<br />

welches auf <strong>de</strong>n Vertragsschiessplatz bestehen möchte, was mit einer Kern- o<strong>de</strong>r Pflegezone<br />

<strong>de</strong>s BSR wohl nicht verträglich wäre. Auf einen Zeitpunkt t -1 wird hier verzichtet und<br />

das Fokusthema BSR als Szenario (Kap. 7) betrachtet.<br />

3. Rechtliche Grundlagen und Zustand <strong>de</strong>r Landschaft<br />

3.1. Rechtliche Grundlagen<br />

Die ganze Enklave von Müstair im Val Mora ist im regionalen Richtplan 1999 und im kantonalen<br />

Richtplan 2000 (erlassen von <strong>de</strong>r Regierung am 19. November 2002 und genehmigt<br />

durch <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>srat am 19. September 2003) in 2 zusammenhängen<strong>de</strong> Landschaftsschutzgebiete<br />

(Val Mora-Val Vau (LS-03) und Lai da Rims und Umgebung (LS-04) bezeichnet. Das<br />

zusammenhängen<strong>de</strong> Landschaftsschutzgebiet erstreckt sich vom Nationalpark via Jufplaun<br />

und Alp Buffalora (Alp Buffalora-Murtaröl und Munt <strong>de</strong> la Bescha (LS-02) <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong><br />

Tschierv bis Ausgang Val Vau in <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Sta. Maria. Das Gebiet Jufplaun-Alp Buffalora<br />

und <strong>de</strong>r Nationalpark sind seit 1996 auch als BLN-Objekt Nr. 1915 (Schweizerischer Nationalpark<br />

und Randgebiete“) geschützt. Auf Buffalora (ausserhalb <strong>de</strong>s Fallgebietsperimeters)<br />

beginnt zu<strong>de</strong>m die Moorlandschaft „Buffalora“ (Nr. 368; Inventaraufnahme 1996). Das Landschaftsschutzgebiet<br />

Lai da Rims geht auf 1969 (Initiative <strong>de</strong>s damaligen Naturschutzbeauftragten<br />

<strong>de</strong>s Kantons GR Hans Weiss und <strong>de</strong>s Gemein<strong>de</strong>präsi<strong>de</strong>nten von Müstair), dasjenige<br />

<strong>de</strong>s Val Mora 1979 auf die Gemein<strong>de</strong> Stäfa zurück, die ihren Unterstützungsbeitrag 1980 an<br />

die Melioration Val Müstair mit <strong>de</strong>r Auflage <strong>de</strong>r Unterschutzstellung <strong>de</strong>s Val Mora/Val Vau<br />

verband (Aussage von H. Weiss, <strong>de</strong>r dies damals im Namen <strong>de</strong>r Stiftung Landschaftsschutz<br />

Schweiz initiierte).<br />

29


Tab. 9: Schutzgebiete und -objekte im Fallgebiet Val Mora und Buffalora 2003<br />

1. Starke rechtliche Schutzwirkung<br />

Schutzgebiet Typus Be<strong>de</strong>utung Stand <strong>de</strong>r Planung<br />

Nationalpark Nationalpark und Biosphärenreservat<br />

(BSR)<br />

national und international<br />

(IUCN-Kategorie<br />

I und MAB-Programm<br />

<strong>de</strong>r Unesco)<br />

Pachtverträge zwischen <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>r<br />

öffentlich-rechtlichen Stiftung, als Ausgangslage<br />

im regionalen Richtplan und festgesetzt als Landschaftsschutzgebiete<br />

im kantonalen Richtplan<br />

Buffalora Moorlandschaft ML-368 national seit 1996 im Bun<strong>de</strong>sinventar, festgesetzt in bei<strong>de</strong>n<br />

Richtplänen<br />

Jufplaun Flachmoor FM-684 national im Inventar seit 1994, im regionalen Richtplan<br />

festgesetzt und als Ausgangslage im kantonalen<br />

Richtplan bezeichnet<br />

Buffalora Flachmoor FM-685 national im Inventar seit 1994, im regionalen Richtplan<br />

festgesetzt und als Ausgangslage im kantonalen<br />

Richtplan bezeichnet<br />

Kloster St. Johann<br />

Denkmalschutz, Weltkulturgut<br />

<strong>de</strong>r Unesco<br />

2. Mittlere rechtliche Schutzwirkung<br />

Alp Buffalora-Murtaröl<br />

und Munt <strong>de</strong> la<br />

Bescha, Val Mora-<br />

Val Vau und Lai da<br />

Rims und Umgebung<br />

Landschaftsschutzgebiete<br />

LS-02,03,04<br />

international und<br />

national<br />

regional<br />

seit 1969 unter Denkmalschutz und seit 1983 auf<br />

<strong>de</strong>r UNESCO Welterbeliste<br />

kommunal (grun<strong>de</strong>igentümerverbindlich) geschützt<br />

seit 1969/79, im regionalen und kantonalen<br />

Richtplan festgesetzt<br />

Döss da Termel Flachmoor FM-18004 regional im regionalen Richtplan festgesetzt und als Ausgangslage<br />

im kantonalen Richtplan bezeichnet<br />

Mots West Flachmoor FM-18005 regional im regionalen Richtplan festgesetzt und als Ausgangslage<br />

im kantonalen Richtplan bezeichnet<br />

Mots Ost Flachmoor FM-18006 regional im regionalen Richtplan festgesetzt und als Ausgangslage<br />

im kantonalen Richtplan bezeichnet<br />

Lai da Rims Nord Flachmoor FM-18027 regional im regionalen Richtplan festgesetzt und als Ausgangslage<br />

im kantonalen Richtplan bezeichnet<br />

Lai da Rims Süd Flachmoor FM-18028 regional im regionalen Richtplan festgesetzt und als Ausgangslage<br />

im kantonalen Richtplan bezeichnet<br />

Valbella Flachmoor FM-687 regional im regionalen Richtplan festgesetzt und als Ausgangslage<br />

im kantonalen Richtplan bezeichnet<br />

Döss Radond Flachmoor FM-688 regional im regionalen Richtplan festgesetzt und als Ausgangslage<br />

im kantonalen Richtplan bezeichnet<br />

Palüetta Aue A-2301 regional in bei<strong>de</strong>n Richtplänen festgesetzt<br />

Alp Mora Aue A-2302 regional in bei<strong>de</strong>n Richtplänen festgesetzt<br />

Plazzetta Aue 2303 regional im regionalen Richtplan festgesetzt, im kantonalen<br />

Richtplan als Ausgangslage<br />

Eras Dora Aue-2304 regional im regionalen Richtplan festgesetzt, im kantonalen<br />

Richtplan als Ausgangslage<br />

Vau Aue A-2334 regional im regionalen Richtplan festgesetzt, im kantonalen<br />

Richtplan prov. festgesetzt<br />

Prasuravels Aue A-2314 regional im regionalen Richtplan festgesetzt, im kantonalen<br />

Richtplan prov. festgesetzt<br />

Wildschutzgebiet<br />

Plaun dala Multa<br />

Wildschutzgebiet<br />

Munt Grond<br />

Schutzperimeter<br />

Val Müstair (inkl.<br />

Val vau bis Döss<br />

Radond, Wasserschei<strong>de</strong>)<br />

Schweizerischer<br />

Nationalpark und<br />

Randgebiete<br />

Jagdbann regional bestehend seit 1993<br />

Jagdbann regional 2003 in Vernehmlassung<br />

Verzicht auf Wasserkraftnutzung<br />

und bauliche<br />

Verän<strong>de</strong>rung an Gewässern<br />

(Lai da Rims, Aua<br />

da Vau)<br />

regional<br />

Schutz- und Nutzungsplan Val Müstair, genehmigt<br />

2001 vom Bun<strong>de</strong>srat<br />

BLN-Objekt Nr. 1915 national seit 1996 verbindlich bei Bun<strong>de</strong>saufgaben<br />

Schumbraida West Blockgletscher W-806<br />

(Natur<strong>de</strong>nkmal)<br />

Schumbraida Ost Blockgletscher W-807<br />

(Natur<strong>de</strong>nkmal)<br />

regional<br />

regional<br />

als Ausgangslage im kantonalen Richtplan<br />

als Ausgangslage im kantonalen Richtplan<br />

30


3.2. Zustand <strong>de</strong>r Landschaft 1966-2000 aufgrund von kartografischen und terrestrischen<br />

Aufnahmen (Signaturvergleich)<br />

Die Landschaftsverän<strong>de</strong>rungen zwischen 1970 und 2003 wur<strong>de</strong>n in einem kartografischen<br />

Signaturvergleichsverfahren (basierend auf <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>skarten (1:25'000), Ausgaben 1966<br />

und 2000) ermittelt. Es konnte auf die Arbeiten <strong>de</strong>r Forschungsgruppe Erwin Rüegg (Hans-<br />

Dietmar Köppel) im Rahmen <strong>de</strong>s NFP48 gestützt auf die Metho<strong>de</strong> von Stirnemann (2000)<br />

zurückgegriffen wer<strong>de</strong>n. Der Signaturvergleich ergab in <strong>de</strong>n Quadratkilometerrastern geringfügige<br />

Verän<strong>de</strong>rungen im Val Mora und einige grössere Verän<strong>de</strong>rungen im Val Vau.<br />

1. Landschaftsverän<strong>de</strong>rungen 1966-2000 im Gebiet Val Vau-Prave<strong>de</strong>r-Lai da Rims<br />

–Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Gewässerläufe im Gebiet Bos-chetta<br />

–neue Wasserfassung seit 1990 mit Geschiebesammler (Ableitung zum Kraftwerk Chasseras)<br />

und Zufahrtsstrasse im oberen Teil von Bos-chetta<br />

–Hochwasserschutzsperren im Val Mot<br />

–neue Forststrasse an <strong>de</strong>r linken Talseite zwischen Punkt 1779 (Tschuccai) und Kantonsstrasse<br />

oberhalb Valchava (Waldweg Spì da Vau)<br />

–Ausbau <strong>de</strong>s bestehen<strong>de</strong>n orographisch rechtsseitigen Zufahrtsweges (Waldweg Val Vau)<br />

–neuer Forstweg in Richtung Tagliada<br />

–Reduktion <strong>de</strong>s Wegnetzes auf <strong>de</strong>r linken Talseite (Palüetta und flussaufwärts bis Tagliada)<br />

–Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Wegführung zwischen Tschuccai und Las Clastras<br />

–gewisse Dynamik <strong>de</strong>s Waldbestan<strong>de</strong>s aufgrund von Naturereignissen<br />

–Wegausbesserung und neue Wan<strong>de</strong>rwegroute Umbrail-Lai da Rims, Lai da Rims-Piz Prave<strong>de</strong>r-Döss<br />

Radond<br />

2. . Landschaftsverän<strong>de</strong>rungen 1966-2000 im Gebiet Prave<strong>de</strong>r-Alp Mora-Jufplaun-Fraele<br />

–Verbreiterung und Ausbesserung <strong>de</strong>s Gemein<strong>de</strong>weges<br />

–Teilauflassung <strong>de</strong>s südlichen Wei<strong>de</strong>weges ausgangs Val Döss Radond in Richtung P. 2234<br />

–Auflassung <strong>de</strong>s Wei<strong>de</strong>weges nördlich <strong>de</strong>s Punktes 2234 auf Döss Radond in Richtung<br />

Plaun-Sot, Auflassung weitere isolierter Wei<strong>de</strong>wegabschnitte in diesem Gebiet<br />

–Auflassung eines zweiten Zufahrtsweges nach La Stretta, Punkt 2184<br />

–Auflassung <strong>de</strong>s Zugangsweges im untersten Abschnitt <strong>de</strong>s Val da Tea Fondada, Teilauflassung<br />

<strong>de</strong>s Wei<strong>de</strong>wegastes in nordwestlicher Richtung<br />

–Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Linienführung <strong>de</strong>s Wei<strong>de</strong>weges zur Alp Sprella und durchs Val da la Rena<br />

–Zerfall einer Hütte nordwestlich <strong>de</strong>r Alp Sprella<br />

–vergrösserte Gebäu<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>r Alp Mora<br />

–Wegfall einer Wasserfassung oberhalb <strong>de</strong>r Alp Mora sowie <strong>de</strong>s Zuflusses aus <strong>de</strong>m Val da<br />

las Funtaunas<br />

–Auflassung <strong>de</strong>s Alpweges nach Munt Pitschen<br />

–Teilauflassung <strong>de</strong>s parallel verlaufen<strong>de</strong>n Weges im Val da las Funtaunas<br />

–Teilauflassung <strong>de</strong>s Wei<strong>de</strong>weges im Gebiet Ils Stabels<br />

–Reduktion dreier Hirtenwegäste auf Jufplaun<br />

–Reduktion eines Wegabschnittes auf Buffalora und Hinzukommen zweier Wegabschnitte bei<br />

<strong>de</strong>r Minieras da Fier<br />

–geringfügige Waldflächenzunahme auf Buffalora<br />

–Waldflächendynamik aufgrund von Naturereignissen an <strong>de</strong>r rechten Talseite <strong>de</strong>s Val Mora<br />

Nicht auf <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>skarte ersichtlich sind die kleine Kiesabbaustelle (für Wegunterhalt) in La<br />

Stretta, die mit <strong>de</strong>r Wasserkraftnutzung verbun<strong>de</strong>ne Reduktion <strong>de</strong>r Wassermenge <strong>de</strong>s Vau-<br />

31


wassers 35 und die Betonsperren im oberen Teil <strong>de</strong>r Val da la Rena (die mittels Spen<strong>de</strong>ngel<strong>de</strong>rn<br />

vor rund 20 Jahren erstellt wur<strong>de</strong>n). Zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong> kürzlich die bestehen<strong>de</strong> Zufahrtsstrasse<br />

von Sta. Maria aus ins Val Vau ausgebaut, sodass ihr Ausbaustandard <strong>de</strong>mjenigen<br />

<strong>de</strong>r Forststrasse Valchava-Tschuccai gleicht.<br />

Als neue Nutzung (seit 1990) ist <strong>de</strong>r Erlebnistourismus (namentlich Mountain Bike) zu erwähnen.<br />

Die Ferienhausnutzung im Gebiet (Jagdhütten, Ferienwohnung auf Alp Sprella und La<br />

Stretta) besteht schon seit längerer Zeit. Der Verkehr hat seit <strong>de</strong>n 60er Jahren durch die neuen<br />

Nutzungen und namentlich durch die Milchtransporte und die allgemeine Attraktivitätssteigerung<br />

<strong>de</strong>s Gebietes zugenommen. Im untersten Val Vau-Abschnitt (Bos-chetta) ist ein Vita<br />

Parcours angelegt wor<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r allerdings heute offensichtlich eher wenig genutzt wird. Vor 2<br />

Jahren bestand noch ein kleiner Jause-Betrieb (Milchbezug) auf <strong>de</strong>r Alp Mora.<br />

Insgesamt hat zwischen 1966 und 2000 (2003) <strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>r Naturnähe im Gebiet Val Mora<br />

zugenommen (und dazu reziprok <strong>de</strong>r zivilisatorische Einfluss abgenommen). Im Gebiet Val<br />

Vau (infolge Strassenbau, Hochwasserschutz, Wasserfassung) und am Umbrail (aufgrund<br />

<strong>de</strong>s neuen Wan<strong>de</strong>rweges) hat die Naturnähe gegenüber 1966 hingegen relativ stark bzw.<br />

leicht abgenommen.<br />

3.3. Landschaftsbewertung aufgrund von Kriterien und Indikatoren <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit<br />

3.3.1. Die Kriterien/Indikatoren <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit für die Landschaft<br />

Das in dieser Studie verwen<strong>de</strong>te Kriterien/Indikatorenset (Anhang 1) basiert auf zahlreichen<br />

Arbeiten über Nachhaltigkeitsindikatoren (OECD 1994, Haberl et al. 1999, Wrbka et al. 1999,<br />

van Mansfelt und van <strong>de</strong>r Lubbe 1999, Bun<strong>de</strong>samt für Statistik und Buwal 1999, Iselin 2001,<br />

Buwal, 1999/2002, Ro<strong>de</strong>wald und Neff, 2001, Bun<strong>de</strong>samt für Statistik et al. 2002, UBA<br />

2000/2002). Die Indikatoren wur<strong>de</strong>n ausser<strong>de</strong>m aufgrund <strong>de</strong>r konkreten Landschaftsverhältnisse<br />

in <strong>de</strong>n sechs Fallgebieten dieser Studie <strong>val</strong>idiert. Sie beschreiben die Systeme suffizient.<br />

Der Autor hat sich dabei für die Klassifizierung gemäss Indikatorenmo<strong>de</strong>ll Driving force-<br />

State-Response 36 entschie<strong>de</strong>n. Denn das –alternative– Pressure-State-Response-Mo<strong>de</strong>ll 37<br />

wür<strong>de</strong> die grossräumigen, sich verän<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n negativen und positiven Einflüsse auf <strong>de</strong>n<br />

Landschaftsraum zu engräumig abbil<strong>de</strong>n (Iselin 2001). Zu<strong>de</strong>m erwies es sich in Anbetracht<br />

ihrer zentralen Be<strong>de</strong>utung als sinnvoll, die soziale Nachhaltigkeitsdimension in eine soziale<br />

und eine kulturelle Dimension aufzutrennen. Die Erhebung <strong>de</strong>r Daten zu <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen<br />

Indikatoren erfolgte mittels Befragung von Fallgebietsvertretern und Fachleuten nach einer<br />

qualitativen Skalierung "hoch", "mittel", "gering".<br />

35 Gemäss zweier Gutachten von 1986 wur<strong>de</strong> eine ernsthafte Gefährdung <strong>de</strong>r später unter Schutz gestellten Erlenauen<br />

ausgeschlossen; die Restwassermengen während <strong>de</strong>r Vegetationsperio<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>r Schutz- und<br />

Nutzungsplanung von 2001 von 50 l/s auf 131 l/s erhöht, im Winter auf 0 reduziert. Die Aua da Vau wur<strong>de</strong> als<br />

Nichtfischgewässer qualifiziert. Der Mehrnutzen in <strong>de</strong>n Wintermonaten wird mit <strong>de</strong>r Verlängerung <strong>de</strong>r Restwasserperio<strong>de</strong><br />

um zwei Monate (September, Oktober) und <strong>de</strong>n endgültigen Verzicht auf die Rom-Nutzung mehr als<br />

ausgeglichen. Auf eine Abgeltung im Zuge <strong>de</strong>s Verzichts auf die Nutzung <strong>de</strong>r Rom-Bach-Konzession wird seitens<br />

<strong>de</strong>r Kraftwerkbetreiberin PEM verzichtet gemäss Reglement zur Schutz- und Nutzungsplanung Val<br />

Müstair von 2001, welches von allen Talgemein<strong>de</strong>n und vom Bun<strong>de</strong>srat genehmigt wur<strong>de</strong>.<br />

36 Driving Force-Indikatoren beschreiben positive o<strong>de</strong>r negative Einflüsse auf die Umweltentwicklung (z.B. Industrie,<br />

Mobilität, sozio-ökonomische und institutionelle Faktoren); die State-Indikatoren umschreiben <strong>de</strong>n Zustand<br />

<strong>de</strong>r Umwelt, <strong>de</strong>r sich aufgrund <strong>de</strong>r Driving Forces verän<strong>de</strong>rt (z.B. Grad <strong>de</strong>r Luft- o<strong>de</strong>r Wasserverschmutzung)<br />

und die Gesundheit o<strong>de</strong>r Umwelt beeinträchtigt ; die Responses-Indikatoren verweisen auf die Reaktionen <strong>de</strong>r<br />

Gesellschaft auf negative Einflüsse (Regulierungen, Umweltabgaben, Information).<br />

37 Hier wer<strong>de</strong>n anstelle <strong>de</strong>r Driving Force-Indikatoren Pressure-Indikatoren verwen<strong>de</strong>t, die primär negative Auslöser<br />

einer Umweltverän<strong>de</strong>rung (Politikän<strong>de</strong>rung, Bevöllkerungswachstum, Armut) beinhalten.<br />

32


3.3.2. Zustand <strong>de</strong>r Landschaft ausgehend von Einzelelementbewertung gemäss Indikatormetho<strong>de</strong><br />

Für die Beschreibung <strong>de</strong>s Zustan<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r Ressourcenelemente <strong>de</strong>r Landschaft wer<strong>de</strong>n sämtliche<br />

Indikatoren <strong>de</strong>r Kriterien/Indikatorenliste verwen<strong>de</strong>t. Die Beschreibung und Bewertung<br />

<strong>de</strong>r Indikatoren richten sich nach sowohl vorhan<strong>de</strong>nen Unterlagen als auch Aussagen <strong>de</strong>r<br />

befragten Akteure.<br />

Tab. 10: Kurzbeschreibung und Bewertung <strong>de</strong>r Indikatoren für das Fallgebiet aufgrund von<br />

Akteursgesprächen und eigenen Erhebungen. Die Klassierung "hoch", "mittel", "gering" ist<br />

das Ergebnis eines zeitlich-räumlichen Vergleiches zwischen 1970 und 2003, <strong>de</strong>r im Wesentlichen<br />

auf Einschätzungen <strong>de</strong>r befragten Akteure sowie auf eigene Abschätzungen und<br />

Erhebungen beruht (mit Pfeilen wird die Dynamik <strong>de</strong>s Indikators angegeben [Richtung nach<br />

oben be<strong>de</strong>utet Ten<strong>de</strong>nz positiv, d.h. die konkrete Verän<strong>de</strong>rung nähert sich <strong>de</strong>n festgelegten<br />

allgemeinen Qualitätszielen für die Landschaft gemäss Anhang 2], Richtung nach<br />

unten be<strong>de</strong>utet Ten<strong>de</strong>nz negativ, d.h. die konkrete Verän<strong>de</strong>rung entfernt sich von <strong>de</strong>n<br />

festgelegten alllgemeinen Qualitätszielen)<br />

Kriterium Indikator und Beschreibung (mit Begründung) Bewertung (mit<br />

A. Nachhaltigkeit<br />

<strong>de</strong>r Land- und<br />

Waldwirtschaft<br />

A1. Bo<strong>de</strong>n- und Gewässerbelastung<br />

Die Belastung dürfte aufgrund <strong>de</strong>s geringeren Tierbestan<strong>de</strong>s (namentlich bei<br />

<strong>de</strong>n Schafen) und <strong>de</strong>s Verzichtes auf Kunstdünger abgenommen haben.<br />

Hingegen kann die Konzentration <strong>de</strong>r Milchkühe auf die Alp Mora insbeson<strong>de</strong>re<br />

bei trockenen Sommern ökologisch problematisch wer<strong>de</strong>n. Die Normalstosszahl<br />

liegt an <strong>de</strong>r oberen Grenze und ein aktuelles Alpnutzungskonzept<br />

fehlt. Die Kühe sind auch im Durchschnitt 100 kg gegenüber früher schwerer.<br />

Der Anteil <strong>de</strong>r Milchkühe hat leicht zugenommen. Gewisse Wegebautätigkeit.<br />

A2. Ökologischer Optimierungsgrad <strong>de</strong>r Land- und Waldwirtschaft sowie<br />

Anteil Biobetriebe<br />

Bei<strong>de</strong> Alpbetriebe sind Biobetriebe, die Forstwirtschaft ist praktisch aufgegeben.<br />

A3. Naturnähe/Vitalität <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s (Anteil standortfrem<strong>de</strong>r Bäume, Pflanzungen,<br />

schonen<strong>de</strong> Holzernteverfahren, Naturverjüngung, Leistungsfähigkeit<br />

<strong>de</strong>s Naturhaushaltes)<br />

Der Wald kann sich selbst entfalten. Störung durch neue Waldstrasse.<br />

A4. Aufrechterhaltung <strong>de</strong>r Schutzwaldfunktion/ökologischer Stabilitätsgrad<br />

Die Ausscheidung von Gefahrengebieten betrifft ausschliesslich die Gebäu<strong>de</strong>bereiche,<br />

zum Beispiel die bestehen<strong>de</strong>n Gebäu<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>r Alp Sprella, die<br />

teilweise umgenutzt wur<strong>de</strong>n.<br />

A5. Anteil Ökoausgleichsflächen in <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Nutzfläche<br />

Indikator auf Alpstufe nicht relevant.<br />

A6. Anteil Extensivwiesen, -wei<strong>de</strong>n<br />

Der Anteil <strong>de</strong>r Extensivwei<strong>de</strong>n ist mittel, da in <strong>de</strong>n höheren Lagen mit Schafen<br />

bewei<strong>de</strong>t wird. Mähwiesen sind seit langem aufgegeben.<br />

A7. Volkswirtschaftliche Kosten<br />

Relevant sind hier vor allem die Sömmerungs- und Strukturverbesserungsbeiträge<br />

sowie <strong>de</strong>r Unterhalt <strong>de</strong>s Hauptweges, <strong>de</strong>r dank <strong>de</strong>m neuen Fahrverbot<br />

nun vermehrt durch <strong>de</strong>n Forstdienst subventioniert wird. Die Alpgebäu<strong>de</strong><br />

wur<strong>de</strong>n bereits erneuert.<br />

A8. Einkommenssituation<br />

Der Druck auf <strong>de</strong>n Milchpreis bei gleichbleiben<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r steigen<strong>de</strong>n Löhnen<br />

lässt die Ertragssituation trotz Bioproduktion und Direktzahlungen als mässig<br />

erscheinen. Aus <strong>de</strong>r Waldnutzung gibt es kaum Ertrag.<br />

Dynamikangabe)<br />

gering-mittel<br />

(im Teilraum Alp<br />

Mora: mittel<br />

(hoch be<strong>de</strong>utet:<br />

geringe Belastung)<br />

hoch<br />

(hoch be<strong>de</strong>utet:<br />

hoher Grad <strong>de</strong>r<br />

Ökologie)<br />

hoch<br />

mittel<br />

-<br />

mittel<br />

niedrig<br />

A9. Arbeitsplätze<br />

gering<br />

Ist <strong>de</strong>rzeit gering und bezieht sich nur auf die Alpwirtschaft.<br />

A10. Überlebensfähigkeit <strong>de</strong>r Betriebe<br />

hoch<br />

Ist hier nur insofern relevant, als die bestehen<strong>de</strong>n Alpbetriebe zur landschaftlichen<br />

Eigenheit und Vielfalt beitragen.<br />

A<strong>11</strong>. Regionalvermarktung und Qualitätslabel<br />

mittel<br />

Die Regionalvermarktung besteht via Chascharia Val Müstair.<br />

(hoch be<strong>de</strong>utet:<br />

geringe Kosten)<br />

mittel<br />

33


A12. Grad <strong>de</strong>r lokalen Produktion und Verarbeitung (Herkunft <strong>de</strong>r Betriebe) hoch<br />

Die Kühe stammen ausschliesslich aus <strong>de</strong>m Val Müstair. Es hat einige Vertragsrin<strong>de</strong>r<br />

aus an<strong>de</strong>ren Regionen.<br />

A13. Integrationsgrad <strong>de</strong>r Nicht-Landwirte in <strong>de</strong>r landwirt. Tätigkeit<br />

-<br />

Das Gemeinwerk wur<strong>de</strong> aufgegeben.<br />

A14. Zufrie<strong>de</strong>nheitsgrad und Wohlbefin<strong>de</strong>n (Traditionsbezug, I<strong>de</strong>alismus, kulturelle<br />

I<strong>de</strong>ntität) unter Lan<strong>de</strong>igentümern und Bewirtschaftern<br />

mittel<br />

Aufgrund <strong>de</strong>r unsicheren wirtschaftlichen Zukunft und <strong>de</strong>r Schwierigkeit Alppersonal<br />

zu fin<strong>de</strong>n, ist dieser Indikator nur als mittel einzustufen.<br />

A15. Nutzungsvielfalt/Produktepalette<br />

gering-mittel<br />

Die Produktepalette sinkt, da die Ziegenhaltung und die Zahl <strong>de</strong>r Alpschweine<br />

zurückgegangen sind. Die Fleischproduktion hat zwischen 1970-1990<br />

abgenommen und danach wie<strong>de</strong>r zugelegt. Spezialitäten erwachen erst seit<br />

kurzem wie<strong>de</strong>r.<br />

A16. Erhaltungsgrad von Gebäu<strong>de</strong>n, traditionellen Erschliessungseinrichtungen<br />

und schutzwürdigen Anlagen (Terrassen)<br />

mittel<br />

Ist für das Natur- und Kulturerlebnis wichtig. Der Erhaltungsgrad ist mittel, da<br />

alte Wasserleitungen auf <strong>de</strong>r Alp Mora verschwan<strong>de</strong>n und auch das Wegnetz<br />

baulich verän<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong>.<br />

A17. Verän<strong>de</strong>rungsgrad (Infrastrukturen, Meliorationen, Wege, Gebäu<strong>de</strong>zuwachs)<br />

gering-mittel<br />

Die Gebäu<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n restauriert und <strong>de</strong>r Haupttalweg ausgebaut.<br />

B. Naturräumlicher B1. Flächenanteil und Qualität <strong>de</strong>r Naturräume (in und ausserhalb <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s,<br />

Wildnisgebiete)<br />

hoch<br />

und ästhetischer<br />

Zustand <strong>de</strong>r Landschaft<br />

Der Flächenanteil ist sehr hoch.<br />

B2. Vielfalt (Biotoptypen; Strukturvielfalt <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s, Totholzanteil im Wald, hoch<br />

Waldsaumqualität) und Vernetzungsgrad<br />

Die Vielfalt ist hoch.<br />

B3. Anteil naturnaher/natürlicher Fliessgewässerstrecken<br />

mittel-hoch<br />

Das Mora- und Vauwasser sind mit Ausnahme <strong>de</strong>s untersten Vauabschnittes<br />

unberührt. Punktuelle Verbauungen im Val Vau, Val Mot und Val da la Rena.<br />

B4. Anteil naturnaher/natürlicher Waldungen<br />

Ist durch die Nutzungsauflassung hoch.<br />

hoch<br />

B5. Ausprägung und Seltenheit geomorphologischer Strukturen<br />

Das Tal zeigt die typischen Gletscherschliffe und Karrgebiete. Eine Beson<strong>de</strong>rheit<br />

stellt <strong>de</strong>r Lai da Rims dar.<br />

B6. Pflegeaufwand<br />

Der Pflegeaufwand ist klein und fin<strong>de</strong>t nur nach grösseren Scha<strong>de</strong>nsereignissen<br />

statt.<br />

mittel-hoch<br />

mittel<br />

(hoch be<strong>de</strong>utet: kein<br />

Pflegeaufwand<br />

nötig)<br />

B7. Deckungsgrad <strong>de</strong>r Pflegekosten<br />

Ist hier aufgrund <strong>de</strong>r geringen Pflegearbeiten nicht relevant.<br />

B8. Grad <strong>de</strong>s behördlichen Engagements<br />

Das Engagement ist durch die Unterschutzstellung 1969 und 1979 bekun<strong>de</strong>t.<br />

Jüngst befürwortet die Gemein<strong>de</strong> Müstair auch ein Wildschutzgebiet. Gegen<br />

<strong>de</strong>n Einbezug in <strong>de</strong>n Nationalpark wehrte sich die Gemein<strong>de</strong> und die Region<br />

zumin<strong>de</strong>st in <strong>de</strong>r Phase <strong>de</strong>r regionalen Richtplanung nicht.<br />

B9. Gesamtwertschöpfung aus Landschafts- und Ortsbild (Produkte-, Imageträger)<br />

Die Wertschöpfung ist dank <strong>de</strong>m Regio-Plus Projekt 2002 etwas gestiegen.<br />

Die Übernachtungszahlen sind allerdings noch gering. Zugenommen hat <strong>de</strong>r<br />

individuelle Ausflugstourismus ins Val Mora.<br />

B10. Erholungs- und Erlebnisqualität<br />

Ist sehr hoch aufgrund <strong>de</strong>r Naturnähe und Abgeschie<strong>de</strong>nheit <strong>de</strong>s Tales.<br />

Diese Qualität wird mehr nachgefragt.<br />

-<br />

(hoch be<strong>de</strong>utet: hohe<br />

Deckung <strong>de</strong>r regionalen<br />

Pflegekosten)<br />

hoch<br />

gering-mittel<br />

hoch<br />

B<strong>11</strong>. Zugänglichkeit<br />

Ist gegeben durch zwei ausgebaute Wege via Val Vau, aber auch durch<br />

einen Wan<strong>de</strong>rweg von Fraele und Jufplaun her.<br />

hoch<br />

34


B<strong>11</strong>a. Raumdurchlässigkeit für <strong>de</strong>n Menschen<br />

Ist hier nicht relevant.<br />

-<br />

C. Grad <strong>de</strong>r Siedlungstätigkeit<br />

und<br />

von Tourismus/-<br />

Freizeit<br />

B12. Akzeptanz <strong>de</strong>r gesetzlichen Schutzauflagen (und <strong>de</strong>r Schutzverbän<strong>de</strong>) hoch<br />

bei <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>igentümern und Bewirtschaftern<br />

Die Bewirtschafter fühlen sich nicht durch die Schutzmassnahmen eingeschränkt.<br />

Es blieb ihnen aber auch aufgrund <strong>de</strong>r einzigen Absatzmöglichkeit<br />

über die Talkäserei kaum eine an<strong>de</strong>re Wahl.<br />

B13. Beteiligung Externer an Unterhalts- und Pflegearbeiten in <strong>de</strong>r Landschaft<br />

-<br />

Eine Beteiligung Externer ist nicht vorhan<strong>de</strong>n.<br />

B14. Begegnungsorte im öffentlichen Raum<br />

-<br />

nicht relevant.<br />

B15. Ausprägung ästhetischer Merkmalsträger für Vielfalt, Eigenheit, Naturnähe<br />

und Harmonie (objektiv)<br />

hoch<br />

Die Ausprägung ist seit jeher hoch und in <strong>de</strong>r Literatur beschrieben. Gewisse<br />

Einbussen ergeben sich durch die Feriennutzung <strong>de</strong>r Gebäu<strong>de</strong> La Stretta/La<br />

Sprella, durch die militärische Nutzung und die Übererschliessung im Val<br />

Vau.<br />

B16. Vorhan<strong>de</strong>nsein von Orten <strong>de</strong>r Kraft, Symbolik und beson<strong>de</strong>rer ästhetischer<br />

Empfindungen (subjektiv)<br />

mittel-hoch<br />

Ist im Verzeichnis von Claire Blanche (Boviseinheiten) nicht enthalten. Die<br />

zahlreichen privaten Internetseiten, die von <strong>de</strong>r grossen Ausstrahlung <strong>de</strong>s<br />

Tales sprechen, lassen auf eine grössere Be<strong>de</strong>utung dieses Indikators<br />

schliessen.<br />

B16a. Ästhetische Qualität <strong>de</strong>s Bauwerkes<br />

-<br />

nicht relevant<br />

B17. Vielfalt <strong>de</strong>r landschaftserhalten<strong>de</strong>n Kulturmetho<strong>de</strong>n (Heuhisten, Wildheumahd,<br />

Moorbeweidung, Trockenmauerbau, Pflege <strong>de</strong>r historischen Infra-<br />

mittel<br />

strukturen, Waldwei<strong>de</strong>n etc.)<br />

Ist geringer gewor<strong>de</strong>n, aufgrund <strong>de</strong>r Aufgabe <strong>de</strong>r alten Wasserleitungen<br />

(Wegfallen <strong>de</strong>r Sennereien) und <strong>de</strong>r Mäh<strong>de</strong>r. Waldwei<strong>de</strong>n sind noch vorhan<strong>de</strong>n.<br />

B18. Vorhan<strong>de</strong>nsein von lokalem Wissen in <strong>de</strong>r Bevölkerung über die naturräumlichen<br />

Eigenarten<br />

mittel-hoch<br />

Die Sensibilisierung für die Natur im Val Mora scheint relativ hoch zu sein.<br />

Gemäss G. Ruinatscha fehlt es aber auch an Aufklärung.<br />

B19. Bewusstsein einer mémoire collective (Verlusterfahrung, Geschichten, mittel<br />

Legen<strong>de</strong>n, Bil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Landschaft.)<br />

Zu erwähnen sind die Geschichten von Arnold Büchli (mythologische Lan<strong>de</strong>skun<strong>de</strong><br />

von Graubün<strong>de</strong>n, 1990).<br />

C1. Grad <strong>de</strong>r baulichen Belastung<br />

gering<br />

Ist gering. Im Val Vau gewisse Bautätigkeit (Wasserkraftanlage, zweite<br />

Forststrasse, Bachverbauungen u.a.)<br />

C2. Bo<strong>de</strong>nverbrauchsrate (überbaute Fläche pro E)<br />

-<br />

Ist hier nicht relevant.<br />

C3. Zeitlicher und räumlicher Grad nicht-baulicher Belastung<br />

gering-mittel<br />

Durch <strong>de</strong>n Nationalpark Bike-Marathon und die zunehmen<strong>de</strong> Attraktivität <strong>de</strong>s<br />

Gebietes nimmt die nicht-bauliche Belastung leicht zu. Ebenfalls ist <strong>de</strong>r militärische<br />

Schiessbetrieb hier zu nennen.<br />

C4. Zerschneidungsgrad (durch Strassen)<br />

gering-mittel<br />

Seit <strong>de</strong>m Forststrassenbau 1980 wur<strong>de</strong> kein zusätzlicher Weg erstellt.<br />

C5. Grad <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nversiegelung<br />

-<br />

Ist hier unwesentlich.<br />

C6. Positive Effekte <strong>de</strong>r nicht-land/forstwirtschaftlichen Nutzung (z.B. ökologische<br />

Kompensationen)<br />

-<br />

Ist hier (noch) nicht relevant.<br />

C7. Lokal verbleiben<strong>de</strong> Wertschöpfung aus naturverbun<strong>de</strong>nen Tourismus- gering-mittel<br />

und Freizeitangeboten<br />

Nimmt leicht zu, obwohl die Übernachtungszahlen und die durchschnittliche<br />

Aufenthaltsdauer im Val Müstair eher stagnieren.<br />

C8. Grad regionaler Kreislaufwirtschaft (Ent-, Versorgungsstätten)<br />

mittel<br />

Der weite Milchtransport fällt hier negativ ins Gewicht.<br />

C9. Arbeitsplätze ausserhalb <strong>de</strong>r Land- und Forstwirtschaft<br />

mittel<br />

Immer mehr Personen leben vom Tourismus, doch ist <strong>de</strong>r Anteil noch eher<br />

beschei<strong>de</strong>n.<br />

35


C10. Volkswirtschaftliche Kosten (Sanierung, Lärmschutz, etc.)<br />

Ist hier nicht relevant.<br />

C<strong>11</strong>. Positive Verankerung <strong>de</strong>r touristischen und freizeitorientierten Nutzung<br />

in <strong>de</strong>r Dorfgemeinschaft<br />

Es kann von einer positiven Verankerung ausgegangen wer<strong>de</strong>n, da <strong>de</strong>r Tourismus<br />

dank <strong>de</strong>m Kloster St. Johann schon etabliert ist.<br />

C12. Zufrie<strong>de</strong>nheitsgrad und Wohlbefin<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>n nicht-land/forstwirtschaftlichen<br />

Landnutzern<br />

Der Indikator ist schwer abzuschätzen, dürfte aber recht hoch sein. Gewisse<br />

Konflikte (Jagd, Naturschutz, Tourismus) bestehen mit <strong>de</strong>m Schiessbetrieb.<br />

C13. Grad <strong>de</strong>r Verbun<strong>de</strong>nheit mit <strong>de</strong>r Landschaft<br />

Der Indikator ist schwer abzuschätzen, dürfte aber recht hoch sein.<br />

C14. Verträglichkeit mit Naherholungsbedürfnis <strong>de</strong>r lokalen Bevölkerung<br />

Ist hoch, da keine Konflikte bekannt sind. Gewisse Konflikte könnten sich mit<br />

<strong>de</strong>m Schiessplatz abzeichnen.<br />

C15. Vorhan<strong>de</strong>nsein partizipativer Initiativen (Schutzverband, Quartierverein,<br />

LEK, LA21, Zonenplan), Beteiligungsgrad<br />

Die Restrukturierung <strong>de</strong>s Tourismus Val Müstair ist hier jüngst zu nennen.<br />

Ansonsten sind keine neuen Institutionen bekannt.<br />

C16. Be<strong>de</strong>utung für kulturelle I<strong>de</strong>ntifikation<br />

Kann nicht abgeschätzt wer<strong>de</strong>n. Dürfte bez. Val Mora gering sein.<br />

C17. Erhaltungsgrad traditioneller Erschliessungseinrichtungen, schutzwürdiger<br />

Bauten und Anlagen<br />

Ist hier nicht relevant, da keine traditionellen touristischen Einrichtungen<br />

vorhan<strong>de</strong>n sind.<br />

C18. Verän<strong>de</strong>rungsgrad <strong>de</strong>r nicht-land/forstwirtschaftlichen Nutzung (Infrastruktur,<br />

Nutzung, Gebäu<strong>de</strong>zuwachs, neu versiegelte Flächen)<br />

Ist mit Ausnahme <strong>de</strong>r nicht alpwirtschaftlich genutzten Hütte Sprella unbe<strong>de</strong>utend.<br />

-<br />

mittel-hoch<br />

(hoch)?<br />

(hoch)?<br />

hoch<br />

gering-mittel<br />

gering<br />

-<br />

gering<br />

3.4. Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Landschaftsqualitäten zwischen 1970 (t -1 ) und 2003 (t 0 ) aufgrund<br />

<strong>de</strong>r indikatorgestützten Bewertung <strong>de</strong>r vorhan<strong>de</strong>nen Güter und Dienstleistungen <strong>de</strong>r<br />

Landschaft im Val Mora<br />

Die Ressource Landschaft stellt mehr als die Summe ihrer einzelnen Elemente dar. Deshalb<br />

ist bei <strong>de</strong>r Bewertung <strong>de</strong>r Landschaft, zumin<strong>de</strong>st unserer mitteleuropäischen Kulturlandschaft,<br />

letztlich von einer Beurteilung <strong>de</strong>r Nutzungen (und Nichtnutzungen) durch <strong>de</strong>n Menschen<br />

auszugehen. Die unterschiedlichen Nutzungen setzen sich bei einer Kulturlandschaft zu diesem<br />

erwähnten „Mehr“ zusammen, welches wir hier als ökologische, sozio-kulturelle und ästhetische<br />

Landschaftsqualität bezeichnen. Um diese Qualitäten beurteilen zu können, dient<br />

uns <strong>de</strong>r methodische Weg <strong>de</strong>r Ressourcenökonomie über die vom Menschen nutzbaren Güter<br />

und Dienstleistungen, welche ein bestimmter Landschaftsraum zur Verfügung stellt. Damit<br />

erhalten die drei Grundqualitäten <strong>de</strong>n Charakter von Interaktionsleistungen, welche sich in<br />

<strong>de</strong>r Wechselwirkung <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen genutzten Güter und Dienstleistungen entfalten.<br />

3.4.1. Die Güter und Dienstleistungen <strong>de</strong>r Landschaft und ihre Be<strong>de</strong>utung für Val Mora<br />

Die in <strong>de</strong>n Tabellen 6 und 8 erwähnten Nutzungskonflikte gehen auf Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Nutzung<br />

<strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n Güter und Dienstleistungen <strong>de</strong>r Landschaft zurück. Die Landschaftsverän<strong>de</strong>rungen<br />

wur<strong>de</strong>n mit Hilfe von insgesamt 54 Indikatoren erhoben. Die Einschätzungen<br />

erfolgten aus <strong>de</strong>r Sicht <strong>de</strong>r Experten (Autor <strong>de</strong>r Fallstudie) und <strong>de</strong>r Fallakteure (befragte<br />

Akteure und Kenner <strong>de</strong>r Thematik vor Ort). Insgesamt wur<strong>de</strong>n mit 20 Akteuren Gespräche<br />

geführt. Die einzelnen Indikatoren geben zu<strong>de</strong>m Auskunft über die Nutzungsintensität,<br />

das heisst <strong>de</strong>n Grad <strong>de</strong>r Bereitstellung <strong>de</strong>r betroffenen Güter und Dienstleistungen. Eine verbesserte<br />

Bereitstellung eines Gutes be<strong>de</strong>utet nicht automatisch auch eine Verbesserung <strong>de</strong>r<br />

Landschaftsqualität. Ein ökologisches Gut kann auch dadurch vermehrt bereitgestellt wer<strong>de</strong>n,<br />

wenn eine Nicht-Nutzung einer Basisressource vorliegt. Aus <strong>de</strong>r konkreten Indikatorbewertung<br />

lassen sich gut begründbare Verän<strong>de</strong>rungen in insgesamt 20 Indikatoren nachweisen.<br />

Diese ergeben wie<strong>de</strong>rum Verän<strong>de</strong>rungen in 16 genutzten Gütern und Dienstleistungen. Die<br />

36


konkreten Ergebnisse wer<strong>de</strong>n nachfolgend ver<strong>de</strong>utlicht. Die Einschätzung <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung<br />

und <strong>de</strong>r Nutzungsintensität <strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen für das Val Mora erfolgte aufgrund<br />

von eigenen Abschätzungen und Akteurgesprächen. Die Verän<strong>de</strong>rungen lassen sich<br />

wie folgt festhalten:<br />

1. ökologische Landschaftsqualität<br />

Die Nutzung folgen<strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen hat zwischen 1970 und 2003 ten<strong>de</strong>nziell<br />

und wenigstens teilweise zugenommen:<br />

• Bereitstellung <strong>de</strong>r (a-)biotischen Raumfaktoren (1a, Rückgang <strong>de</strong>r Bestossung, Biolandbau und<br />

Verbot von Kunstdünger, erhöhter Grad <strong>de</strong>s behördlichen Schutzengagements)<br />

• Speicher genetischer Vielfalt (1c, erhöhter Anteil naturnaher Waldungen, erhöhter Grad <strong>de</strong>s behördlichen<br />

Schutzengagements)<br />

• Regulation dynamischer Prozesse (1e, erhöhter Anteil naturnaher Waldungen, erhöhter Grad <strong>de</strong>s<br />

behördlichen Schutzengagements)<br />

• Regulation <strong>de</strong>r Populationsdynamik (1f, erhöhter Anteil naturnaher Waldungen, erhöhter Grad <strong>de</strong>s<br />

behördlichen Schutzengagements)<br />

Die Nutzung folgen<strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen hat zwischen 1970 und 2003 ten<strong>de</strong>nziell<br />

und wenigstens teilweise abgenommen:<br />

• Bereitstellung <strong>de</strong>r (a-)biotischen Raumfaktoren (1a, zumin<strong>de</strong>st lokale Bo<strong>de</strong>nbelastung, Schadstoffeintrag)<br />

• Regulation <strong>de</strong>s Wasserkreislaufes (1d, Anteil naturnaher Fliessgewässerstrecken ging zurück)<br />

• Regulation dynamischer Prozesse (1e, Anteil naturnaher Fliessgewässerstrecken ging zurück)<br />

• Regulation <strong>de</strong>r Populationsdynamik (1f, Beeinträchtigung durch Wegebau und motorisierten Fahrzeugverkehr<br />

im Val Vau)<br />

• Raum <strong>de</strong>r Naturgeschichte und <strong>de</strong>r Naturwissenschaft (1g, gewisse Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Landschaft<br />

durch Wegebau im Val Vau und durch Hochwassersperren im Val da la Rena)<br />

2. Sozio-kulturelle Landschaftsqualität<br />

Die Nutzung folgen<strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen hat zwischen 1970 und 2003 ten<strong>de</strong>nziell<br />

und wenigstens teilweise zugenommen:<br />

• Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Nutzung (2a; Rückgang <strong>de</strong>r Nutzungsvielfalt, teilweise Überbestossung<br />

durch schwere Tiere und Konzentration auf die Alp Mora)<br />

• Räumliche Strukturierung <strong>de</strong>r Mobilität und <strong>de</strong>s Transportes (2d, Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Wege)<br />

• Raum <strong>de</strong>r Kulturgeschichte und <strong>de</strong>s baulichen Erbes (2e, Vorhan<strong>de</strong>nsein von Orten <strong>de</strong>r Kraft,<br />

Symbolik und beson<strong>de</strong>rer ästhetischer Empfindungen)<br />

• Raum <strong>de</strong>r kulturellen Diversität (2f, erhöhte Ausstrahlung <strong>de</strong>s Gebietes)<br />

Die Nutzung folgen<strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen hat zwischen 1970 und 2003 ten<strong>de</strong>nziell<br />

und wenigstens teilweise abgenommen:<br />

• Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Nutzung (2a; Rückgang <strong>de</strong>r Bestossung, Biolandbau und Verbot<br />

von Kunstdünger, Regionalmarketing, erhöhter Grad <strong>de</strong>s behördlichen Schutzengagements,<br />

Rückgang <strong>de</strong>r Einkommenslage)<br />

• Raum <strong>de</strong>r forstwirtschaftlichen Nutzung (2b, erhöhte Naturnähe <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s, ökologische Optimierung<br />

<strong>de</strong>r Waldwirtschaft, erhöhter Anteil naturnaher Waldungen)<br />

• Raum <strong>de</strong>r Siedlungstätigkeit (2c, Vorhan<strong>de</strong>nsein von Orten <strong>de</strong>r Kraft, Symbolik und beson<strong>de</strong>rer<br />

ästhetischer Empfindungen)<br />

• Raum <strong>de</strong>r Kulturgeschichte und <strong>de</strong>s baulichen Erbes (2e, gewisse Verän<strong>de</strong>rung an Wegen und<br />

Gebäu<strong>de</strong>n)<br />

• Raum <strong>de</strong>r kulturellen Diversität (2f, Rückgang <strong>de</strong>r Nutzungsvielfalt und <strong>de</strong>r Vielfalt <strong>de</strong>r Pflegemetho<strong>de</strong>n)<br />

3. Ästhetische Landschaftsqualität<br />

37


Die Nutzung folgen<strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen hat zwischen 1970 und 2003 ten<strong>de</strong>nziell<br />

und wenigstens teilweise zugenommen:<br />

• Raum mit Erholungsfunktion (3a; erhöhte Attraktivität, mehr Arbeitsplätze im Tourismus, positive<br />

Verankerung in <strong>de</strong>r Dorfgemeinschaft)<br />

• Raum grösstmöglicher freier Zugänglichkeit (3b, verbesserte Wan<strong>de</strong>rwege)<br />

• Ort ästhetischer Landschaftswahrnehmung (3d, erhöhte Ausstrahlung <strong>de</strong>s Gebietes)<br />

• Träger von Wertschöpfungen (3e, erhöhte Gesamtwertschöpfung aus <strong>de</strong>m Landschaftsbild dank<br />

Tourismus)<br />

Die Nutzung folgen<strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen hat zwischen 1970 und 2003 ten<strong>de</strong>nziell<br />

und wenigstens teilweise abgenommen:<br />

• Raum mit Erholungsfunktion (3a, gewisse Beeinträchtigung durch <strong>de</strong>n Tourismus selbst und durch<br />

das Militär)<br />

Tab. <strong>11</strong>: Güter und Dienstleistungen <strong>de</strong>r Landschaft und <strong>de</strong>ren heutige Be<strong>de</strong>utung im Val<br />

Mora (eigene Abschätzung aufgrund <strong>de</strong>r Gebietserkundung und Akteurgespräche) sowie die<br />

Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Nutzung ( : Nutzungszunahme, : Nutzung gleichbleibend, : Nutzungsabnahme)<br />

Interaktionsleistung<br />

1) Ökologische Landschaftsqualität<br />

2) Sozio-kulturelle<br />

Landschaftsqualität<br />

genutzte Güter und Dienstleistungen<br />

allgemeine Be<strong>de</strong>utung<br />

für das<br />

Val Mora 2003<br />

1a) Bereitstellung <strong>de</strong>r (a-)biotischen 1a) hoch <br />

Raumfaktoren<br />

1b) Bereitstellung von vernetzten Naturvorrangflächen<br />

1b) gering <br />

1c) Speicher genetischer Vielfalt (Biodiversität)<br />

1c) hoch <br />

1d) Regulation <strong>de</strong>s Wasserkreislaufes 1d) gering (Ausnahme:<br />

unteres Val Vau<br />

und oberes Val da la<br />

Rena)<br />

1e) Regulation dynamischer Prozesse<br />

(Naturereignisse)<br />

Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r<br />

Nutzung 1970-<br />

2003<br />

(im Val Vau)<br />

1e) hoch (im Val Mora/Lai<br />

da Rims), (im Val<br />

Vau)<br />

1f) Regulation <strong>de</strong>r Populationsdynamik 1f) hoch (im Val Mora/Lai<br />

da Rims)<br />

(im Val Vau)<br />

1g) Raum <strong>de</strong>r Naturgeschichte und 1g) gering-mittel (im Val Vau)<br />

<strong>de</strong>r Naturwissenschaft<br />

2a) Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen 2a) mittel-hoch (Alp Mora)<br />

Nutzung<br />

2b) Raum <strong>de</strong>r forstwirtschaftlichen 2b) gering-mittel <br />

Nutzung<br />

2c) Raum <strong>de</strong>r Siedlungstätigkeit 2c) gering <br />

2d) Räumliche Strukturierung <strong>de</strong>r Mobilität<br />

2d) gering-mittel (im Val Vau)<br />

und <strong>de</strong>s Transportes<br />

2e) Raum <strong>de</strong>r Kulturgeschichte und 2e) gering-mittel <br />

<strong>de</strong>s baulichen Erbes<br />

2f) Raum <strong>de</strong>r kulturellen Diversität 2f) gering-mittel <br />

2g) Ort <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheit und <strong>de</strong>s<br />

Wohlbefin<strong>de</strong>ns<br />

2g) hoch <br />

38


3) Ästhetische Landschaftsqualität<br />

3a) Raum mit Erholungsfunktion (inkl.<br />

Tourismus, Freizeit, Naturerlebnis)<br />

3b) Raum grösstmöglicher freier Zugänglichkeit<br />

3c) Lieferant von Geschichten und<br />

Heimatbil<strong>de</strong>rn<br />

3d) Ort ästhetischer Landschaftswahrnehmung<br />

3e) Träger von Wertschöpfungen<br />

(Werbung, Regionalmarketing, Tourismus)<br />

3f) Raum <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität und Lieferant<br />

von I<strong>de</strong>ntifikationsstrukturen<br />

3a) hoch <br />

3b) hoch <br />

3c) mittel-hoch <br />

3d) hoch <br />

3e) hoch <br />

3f) mittel <br />

Die Analyse <strong>de</strong>r Nutzungsintensitäten zeigt, dass zwischen 1970 und 2003 die dominieren<strong>de</strong>n<br />

Nutzungen wie Land- und Forstwirtschaft schleichend an Be<strong>de</strong>utung verloren haben,<br />

während die Güter und Dienstleistungen <strong>de</strong>r ökologischen Landschaftsqualität vor allem im<br />

Kerngebiet Val Mora stärker genutzt, das heisst bereitgestellt wur<strong>de</strong>n. Eine intensivere Nutzung<br />

<strong>de</strong>r Güter und Dienstleistung <strong>de</strong>r ästhetischen Landschaftsqualität lässt sich mit <strong>de</strong>m<br />

Mountain Bike Boom und auch <strong>de</strong>r Attraktivitätssteigerung von naturnahen Erholungsgebieten<br />

erklären. Die Güter und Dienstleistungen sind nicht in je<strong>de</strong>m Landschaftsraum i<strong>de</strong>ntisch.<br />

Sie unterstehen vielmehr <strong>de</strong>m gleichen zeit-räumlichen Wan<strong>de</strong>l, wie die Landschaft selbst.<br />

3.4.2. Beurteilung <strong>de</strong>r ökologischen, sozio-kulturellen und ästhetischen Qualitäten <strong>de</strong>r Landschaft<br />

Die in Tabelle <strong>11</strong> dargestellten Güter und Dienstleistung sind für das Val Mora gesamthaft<br />

relevant. Diese lassen sich zu drei Interaktionsleistungen gruppieren, welche die Ressource<br />

Landschaft von <strong>de</strong>n Teilressourcen Bo<strong>de</strong>n, Wasser, Luft, Wald etc. abhebt, und können in<br />

ihren Nutzungsverän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>n heute allgemein anerkannten Qualitätszielen zugeordnet<br />

und bewertet wer<strong>de</strong>n (Anhang 2).<br />

Zusammenfassend ergibt sich für die drei Interaktionsleistungen <strong>de</strong>r Ressource Landschaft<br />

folgen<strong>de</strong>s Bild: Zwischen 1970 und 2003 sind Verbesserungen im Bereich <strong>de</strong>r ästhetischen<br />

Landschaftsqualität festzustellen, im Bereich <strong>de</strong>r ökologischen und sozio-kulturellen Landschaftsqualität<br />

zeigen sich sowohl Einbussen als auch Verbesserungen.<br />

Die <strong>de</strong>taillierte Analyse (Tabelle 12) zeigt das Muster <strong>de</strong>r Indikatoren, welche <strong>de</strong>n positiv sich<br />

verän<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Gütern und Dienstleistungen <strong>de</strong>r Landschaft zugrun<strong>de</strong> liegen: Bei <strong>de</strong>n Gütern<br />

und Dienstleistungen <strong>de</strong>r 1. und 2. Gruppe sind die Verbesserungen weitgehend bei <strong>de</strong>n ökologischen<br />

Indikatoren und bei <strong>de</strong>r 3. Gruppe mehrheitlich bei <strong>de</strong>n sozialen Indikatoren zu fin<strong>de</strong>n.<br />

Bei <strong>de</strong>n sich negativ verän<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Gütern und Dienstleistungen stammen die Indikatoren<br />

<strong>de</strong>r 1. Gruppe ebenfalls weitgehend aus <strong>de</strong>m ökologischen Bereich, diejenigen <strong>de</strong>r 2.<br />

Gruppe aus <strong>de</strong>m mehrheitlich kulturellen und <strong>de</strong>r einzige Indikator <strong>de</strong>r 3. Gruppe aus <strong>de</strong>m<br />

ökologischen Bereich. Die meisten <strong>de</strong>r betroffenen Indikatoren lassen sich <strong>de</strong>m Driving Force<br />

o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Response-Bereich zuordnen. Über die Stärke <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung kann hingegen mit<br />

dieser Metho<strong>de</strong> nichts ausgesagt wer<strong>de</strong>n.<br />

39


Tab. 12: Gruppierung <strong>de</strong>rjenigen Indikatoren nach Dimension und Klassifizierung, welche für<br />

die Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r ihnen zuzuordnen<strong>de</strong>n Güter und Dienstleistungen verantwortlich sind<br />

Zugrun<strong>de</strong>liegen<strong>de</strong> Indikatoren <strong>de</strong>r sich<br />

positiv verän<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Güter und<br />

Dienstleistung<br />

a) Güter <strong>de</strong>r ökologischen Landschaftsqualität<br />

(Gruppe 1)<br />

• Bo<strong>de</strong>n- und Gewässerbelastung<br />

• Ökologischer Optimierungsgrad<br />

• Grad <strong>de</strong>s behördlichen Engagements<br />

• Anteil naturnaher Waldungen<br />

b) Güter <strong>de</strong>r sozio-kulturellen Landschaftsqualität<br />

(Gruppe 2)<br />

• Bo<strong>de</strong>n- und Gewässerbelastung<br />

• Regionalvermarktung und Qualitätslabel<br />

• Grad <strong>de</strong>s behördlichen Engagements<br />

• Naturnähe <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s<br />

• Ökologischer Optimierungsgrad<br />

• Anteil naturnaher Waldungen<br />

• Vorhan<strong>de</strong>nsein von Orten <strong>de</strong>r Kraft<br />

c) Güter <strong>de</strong>r ästhetischen Landschaftsqualität<br />

(Gruppe 3)<br />

• Erholungs- und Erlebnisqualität<br />

• Arbeitsplätze ausserhalb <strong>de</strong>r Land- und<br />

Forstwirtschaft<br />

• Positive Verankerung in <strong>de</strong>r Dorfgemeinschaft<br />

• Zugänglichkeit<br />

• Vorhan<strong>de</strong>nsein von Orten <strong>de</strong>r Kraft<br />

• Lokal verbleiben<strong>de</strong> Wertschöpfung<br />

Zugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong> Indikatoren <strong>de</strong>r sich<br />

negativ verän<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Güter und<br />

Dienstleistung<br />

a) Güter <strong>de</strong>r ökologischen Landschaftsqualität<br />

(Gruppe 1)<br />

• Bo<strong>de</strong>n- und Gewässerbelastung<br />

• Anteil naturnaher Fliessgewässerstrecken<br />

• Verän<strong>de</strong>rungsgrad<br />

b) Güter <strong>de</strong>r sozio-kulturellen Landschaftsqualität<br />

(Gruppe 2)<br />

• Einkommensituation<br />

• Nutzungsvielfalt<br />

• Bo<strong>de</strong>n- und Gewässerbelastung<br />

• Verän<strong>de</strong>rungsgrad<br />

• Vielfalt <strong>de</strong>r landschaftserhalten<strong>de</strong>n Kulturmetho<strong>de</strong>n<br />

Indikatordimension (ökologisch<br />

(ökol), ökonomisch (ökon), sozial<br />

(s) und kulturell (k)<br />

• ökol<br />

• ökol<br />

• ökon<br />

• ökol<br />

• ökol<br />

• ökon<br />

• ökon<br />

• ökol<br />

• ökol<br />

• ökol<br />

• k<br />

• s<br />

• ökon<br />

• s<br />

• s<br />

• k<br />

• ökon<br />

• ökol<br />

• ökol<br />

• k<br />

• ökon<br />

• k<br />

• ökol<br />

• k<br />

• k<br />

Klassifizierung <strong>de</strong>r Indikatoren<br />

zu Driving Force (D),<br />

State (S) und Response (R)<br />

• D<br />

• R<br />

• R<br />

• R<br />

• D<br />

• R<br />

• R<br />

• S<br />

• R<br />

• R<br />

• S<br />

• S<br />

• D<br />

• R<br />

• D<br />

• S<br />

• D<br />

• D<br />

• R<br />

• R<br />

• D<br />

• R<br />

• D<br />

• R<br />

• S<br />

c) Güter <strong>de</strong>r ästhetischen Landschaftsqualität<br />

(Gruppe 3)<br />

• Grad <strong>de</strong>r nicht-baulichen Belastung • ökol • D<br />

In <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Kapiteln wird aufgezeigt, worauf diese Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r genutzten Güter<br />

und Dienstleistungen und damit <strong>de</strong>r Landschaftsqualitäten zurückzuführen sind.<br />

40


4. Situation vor <strong>de</strong>m Regimewan<strong>de</strong>l (Zeitpunkt t -1 1970)<br />

4.1. Fokusthema 1: Alpwirtschaft<br />

4.1.1. Akteurnetz<br />

Zu <strong>de</strong>n stärksten Akteuren gehörte mit Sicherheit <strong>de</strong>r Bund, welche durch die Agrarpolitik die<br />

Weichen für die lokale Produktion und die Vermarktung stellte. Der Institutionalisierungsgrad<br />

in <strong>de</strong>r Alpwirtschaft war noch sehr gering und gezeichnet von kleinräumigen Produktionen<br />

(zum Beispiel durch die drei vorhan<strong>de</strong>nen Alpkäsereien Döss Radond/Prave<strong>de</strong>r, Alp Sprella<br />

und Alp Mora). Mit <strong>de</strong>r Meliorationsgenossenschaft kam 1968 ein Akteur ins Spiel, <strong>de</strong>r versuchte,<br />

übergeordnete bäuerliche Interessen auch gegenüber <strong>de</strong>r Subventionsstelle <strong>de</strong>s<br />

Bun<strong>de</strong>s wahrzunehmen. Je<strong>de</strong>s Dorf kannte zu<strong>de</strong>m eine eigene Dorfsennerei, welche die<br />

Milchprodukte vermarktete. Müstair verfügte zu<strong>de</strong>m über <strong>de</strong>n einzigen Viehmarkt im Tal. Die<br />

Naturschutzfachstelle im Kanton Graubün<strong>de</strong>n (bestehend aus einer Person, Hans Weiss)<br />

konnte sich zwar bereits auf eine kantonale Verordnung von 1946 und ein kantonales Naturund<br />

Heimatschutzgesetz von 1965 stützen, hatte aber gegenüber <strong>de</strong>r Land- und Forstwirtschaft<br />

nur wenige Befugnisse.<br />

Abb. 3: Akteuranalyse Alpwirtschaft 1970 (Legen<strong>de</strong>: Der Pfeil mit offener Spitze gibt eine<br />

schwache Einflusswirkung an; Pfeil mit beidseitigen Spitzen: ausgeglichene Einflussrichtung;<br />

Pfeil mit gefüllter Spitze: stärkere Einflusswirkung, fett: potenziell konflikthafte Beziehung)<br />

Schafhalter<br />

Milchpreisfestlegung, -stützung<br />

EMD<br />

Vertragsschiessplatz<br />

Bund<br />

Regionalforstamt,<br />

Consorzi forestal<br />

Strassenunterhalt, Holznutzung<br />

Alp Prave<strong>de</strong>r Alp Mora Alp Sprella<br />

Kloster St. Johann Korporation Mora Korporation Sprella<br />

(Klosterverwaltung)<br />

Alpkäserei<br />

Alpkäserei<br />

Alpkäserei<br />

Klosterangestellter Alpsennen Alpsennen<br />

Gemein<strong>de</strong>präsi<strong>de</strong>ntenkonferenz<br />

Vertreibung <strong>de</strong>r<br />

Hirsche von <strong>de</strong>n<br />

Wei<strong>de</strong>n<br />

Gemein<strong>de</strong> Müstair<br />

Dorfsennerei,<br />

Viehmarkt<br />

Strassenausbau<br />

Alpsanierungen<br />

Meliorationsgenossenschaft<br />

4.1.2. Eigentumsrechte<br />

Eigentumsrechte an <strong>de</strong>r Gesamtlandschaft bestehen keine, hingegen nur solche bezogen auf<br />

<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n und die sich darauf befindlichen Immobilien. Die Eigentumsrechte im Gebiet Döss<br />

Radond und das Gebiet um <strong>de</strong>n Lai da Rims gehören seit Jahrhun<strong>de</strong>rten <strong>de</strong>m Kloster St. Johann<br />

in Müstair. Als klösterlicher Besitz (Priorat) untersteht es <strong>de</strong>m Abt von Disentis und <strong>de</strong>m<br />

Bischof von Chur. Das klösterliche Gut ist als Privateigentum anzusehen. Das Val Mora befin<strong>de</strong>t<br />

sich seit 1970 im Besitz <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Müstair, welche im Jahr 1970 die Eigenkant.<br />

Jagd-, Naturschutzbeauftragte,<br />

Landwirtschaftsamt<br />

Touristen<br />

41


tumsrechte <strong>de</strong>r Alpstufen Alp Mora und Alp Sprella von <strong>de</strong>n jeweiligen Korporationen (Gemeinschaftseigentum)<br />

erwarb. Vor 1970 gehörte die Alp Sprella <strong>de</strong>n Bauern in <strong>de</strong>n Dorfteilen<br />

Plaz d’Immez und Pasquèr, die Alp Mora <strong>de</strong>njenigen von Purtatscha, Plaz Grond bis Münsterhof<br />

sowie Somvih. Das unproduktive Land sowie die Gewässer befan<strong>de</strong>n sich im Besitz<br />

<strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>. Die Frage, inwieweit auch das unproduktive Land sowie die Gewässer auf<br />

<strong>de</strong>m Klostergebiet eigentlich als herrenlose Sachen Eigentum <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> wären (nach<br />

Art. 664 ZGB), führte im Zusammenhang mit <strong>de</strong>n Vermarktungs- und Vermessungsarbeiten<br />

auf <strong>de</strong>m Gemein<strong>de</strong>gebiet Müstair 1990 zu einem Rechtsstreit, <strong>de</strong>r zu einer Einigung führte,<br />

wonach auch das unproduktive Land <strong>de</strong>r Alp Prave<strong>de</strong>r sowie <strong>de</strong>r Lai da Rims im Eigentum<br />

<strong>de</strong>s Klosters verbleibt und die Bäche Aua da Val Mora, Aua da Rims und Aua da Vau öffentliche<br />

Gewässer sind und im Eigentum <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Müstair verbleiben (gemäss Protokoll<br />

<strong>de</strong>r Einigungsverhandlung vom 16. Juni 1990). Im Einführungsgesetz zum ZGB <strong>de</strong>s Kantons<br />

Graubün<strong>de</strong>n vom 12. Juni 1994 wird herrenloser Bo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r politischen Gemein<strong>de</strong> zugeordnet<br />

(Art. <strong>11</strong>8). Sachen zum Gemeingebrauch kann je<strong>de</strong>rmann frei benutzen (Art. 120 Abs. 1)<br />

und Aneignung und Ersitzung ist ausgeschlossen, Son<strong>de</strong>rnutzungsrechte gegenüber <strong>de</strong>m<br />

Gemeinwesen können zu<strong>de</strong>m nur durch Konzessionen erworben wer<strong>de</strong>n (Art. 120 Abs. 2).<br />

Grundsätzlich wer<strong>de</strong>n diese <strong>de</strong>m öffentlichen Gebrauch dienen<strong>de</strong>n Grundstücke nicht im<br />

Grundbuch aufgenommen (Art. 944 ZGB). Aufgrund dieser Regelungen ist es überraschend,<br />

dass die kulturunfähigen Flächen <strong>de</strong>s Hochgebirges (im Gebiet Lai da Rims, nicht aber im<br />

westlichen Gebiet) <strong>de</strong>m Kloster via Grundbucheintrag überschrieben wur<strong>de</strong>n (offenbar lagen<br />

ein<strong>de</strong>utige Verträge vor). Im Gebiet Lai da Rims bestan<strong>de</strong>n aber früher auch Nutzungsabsichten<br />

(Wasserkraft und Tourismus). Im Falle <strong>de</strong>r Alp Mora fällt das Eigentum (dominium)<br />

und das Hoheitsrecht (Imperium) zusammen.<br />

4.1.3. Nutzungsrechte und genutzte Güter und Dienstleistungen<br />

Um 1970 waren die Nutzungsrechte im Besitz <strong>de</strong>r Eigentümer (Alpkorporationen Mora und<br />

Sprella). Der Klosteralpbetrieb wur<strong>de</strong> durch das Kloster (Angestellte im Betrieb) selber geführt.<br />

Nach <strong>de</strong>m Krieg wur<strong>de</strong>n die Schafe von Chasper Selm (Müstair) gehütet. Nach seinen<br />

Angaben hatte er alle Schafe <strong>de</strong>s Tales (ausser jene von Tschierv und <strong>de</strong>s Klosters) gehütet<br />

(rund 850 Stück). Die Her<strong>de</strong> wan<strong>de</strong>rte zwischen <strong>de</strong>m Umbrail bis Murtaröl. Das Kloster hatte<br />

früher rund 80 Schafe. Weitere Nutzungsrechte bestan<strong>de</strong>n beim Militär (eidgenössisches Militär<strong>de</strong>partement<br />

EMD) sowie bei <strong>de</strong>n Jägern, die im Kanton Graubün<strong>de</strong>n seit 1877 für die<br />

Jagdpatente Gebühren entrichten müssen. Die Jägerzahlen nahmen nach 1956 in Graubün<strong>de</strong>n<br />

stark zu. Die Abschusszahlen gehen später wie<strong>de</strong>r zurück. Die militärische Nutzung <strong>de</strong>s<br />

Val Mora basierte früher direkt auf <strong>de</strong>m eidgenössischen Militärrecht. Die Schiessnutzung<br />

durch die Gebirgsinfanterie erfolgte mittels Vororientierung und Absprache mit <strong>de</strong>m Kloster<br />

und <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> (Schiessplatzaufseher). Der Schiessbetrieb fiel teilweise in die Jagdzeit.<br />

42


Tab. 13: Mit formellen und informellen Nutzungsrechten erfasste Güter und Dienstleistungen<br />

im Bereich Alpwirtschaft 1970 (informelle Nutzungsrechte: kursiv gedruckt)<br />

Betroffene Güter und Dienstleistungen<br />

1a) Bereitstellung <strong>de</strong>r (a-)biotischen Raumfaktoren<br />

Nutzergruppe mit entsprechen<strong>de</strong>n Rechten (formell o<strong>de</strong>r<br />

informell)<br />

Alpkorporation Mora und Sprella, Klosteralpbetrieb, Schafhalter:<br />

Eigentums- resp. Nutzungsrechte<br />

Jäger: Patent<br />

kant. Naturschutzfachstelle: Naturschutzgesetz (Bund, Kanton)<br />

Gemein<strong>de</strong>: Baubewilligungsinstanz<br />

Touristen: ZGB 699<br />

Schiessbetrieb: EMD Koordinationsstelle 12<br />

1c) Speicher genetischer Vielfalt Alpkorporation Mora und Sprella, Klosteralpbetrieb, Schafhalter:<br />

Eigentums- resp. Nutzungsrechte<br />

Jäger: Patent<br />

Touristen: ZGB 699<br />

kant. Naturschutzfachstelle; Naturschutzgesetz (Bund, Kanton)<br />

1e) Regulation dynamischer Prozesse (Naturereignisse)<br />

Consorzi forestal, Forstdienst, Bauern: Forstgesetz<br />

Gemein<strong>de</strong>, Kantonale Fachstelle: Wasserbaugesetz<br />

kant. Naturschutzfachstelle: Landschaftsschutzgebiet<br />

1f) Regulation <strong>de</strong>r Populationsdynamik Jäger und Wildhut: Patent<br />

Touristen: ZGB 699<br />

2a) Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Nutzung Alpkorporation Mora und Sprella, Klosteralpbetrieb, Schafhalter:<br />

Landwirtschaftsgesetz<br />

2e) Raum <strong>de</strong>r Kulturgeschichte und <strong>de</strong>s Ferienhausbesitzer Stretta: kommun. Baugesetz<br />

baulichen Erbes<br />

Bevölkerung: kein eigentliches Recht<br />

Heimatschutz/Denkmalpflegestellen: Natur- und Heimatschutzgesetze<br />

(Bund, Kanton)<br />

Älpler: kommun. Baugesetz, Landwirtschaftsgesetz<br />

2f) Raum <strong>de</strong>r kulturellen Diversität Alpkorporation Mora und Sprella, Klosteralpbetrieb, Schafhalter,<br />

kant. Naturschutzfachstelle, Bevölkerung<br />

2g) Ort <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheit und <strong>de</strong>s Wohlbefin<strong>de</strong>ns<br />

Bevölkerung: kein eigentliches Recht<br />

3c) Lieferant von Geschichten und Heimatbil<strong>de</strong>rn<br />

Bevölkerung: kein eigentliches Recht<br />

3d) Ort ästhetischer Landschaftswahrnehmung<br />

alle Akteure: kein eigentliches Recht<br />

Militär (Lärm): Militärgesetz<br />

3e) Träger von Wertschöpfungen Verkehrsverein Val Müstair, Gemein<strong>de</strong>, Gemein<strong>de</strong>präsi<strong>de</strong>ntenkonferenz,<br />

Consorzi forestal<br />

3f) Raum <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität und Lieferant von Einheimische: kein eigentliches Recht<br />

I<strong>de</strong>ntifikationsstrukturen<br />

4.1.4. Öffentliche Politiken<br />

Anfangs <strong>de</strong>r 70er Jahre wur<strong>de</strong> annähernd die ganze Produktion an Milch und Milchprodukten<br />

im Val Müstair verwertet (Entwicklungskonzept 1977). Die Hauptproduktion <strong>de</strong>r gemischt bestossenen<br />

Alpen bestand in <strong>de</strong>r Aufzucht von Jungvieh und Zuchtstieren. Dieses wur<strong>de</strong> früher<br />

auf <strong>de</strong>m Markt in Müstair verkauft, später aufgrund <strong>de</strong>s Preisdruckes mittels Bun<strong>de</strong>sbeiträgen<br />

an Ausmerzaktionen, für Entlastungskäufe und an <strong>de</strong>n Viehexport verwertet. Mitte <strong>de</strong>r<br />

70er Jahre haben die lokalen Märkte an Be<strong>de</strong>utung verloren. Die durch das Landwirtschaftsgesetz<br />

von 1951 ermöglichte Milchpreisfestlegung durch <strong>de</strong>n Bund führte zu einer Konkurrenzierung<br />

<strong>de</strong>r Berglandwirtschaft durch die Betriebe im Talgebiet und damit zu Marktüberschüssen,<br />

die sich später bei <strong>de</strong>n Aufzuchtrin<strong>de</strong>rn ebenfalls wie<strong>de</strong>rholten. Dies ergab stetige<br />

Einkommensdisparitäten zwischen <strong>de</strong>n Tal- und Berggebietsbetrieben (Rie<strong>de</strong>r 1996). Es bestand<br />

daher ein Erneuerungsbedarf auf <strong>de</strong>n Alpen. Die Gesamtmelioration Val Müstair stand<br />

im Zeichen dieser agrarpolitisch erzeugten Marktverzerrung und sollte <strong>de</strong>n Bauern das Überleben<br />

durch rationelleres Wirtschaften ermöglichen. Der Bund hatte in <strong>de</strong>n 1970er Jahren<br />

somit im Bereich <strong>de</strong>r Produktelenkung eine höhere Einflussstärke als 2003, da er durch die<br />

Milchpreisfestsetzung letztlich für die Fehlallokationen sorgte, eine Rationalisierung för<strong>de</strong>rte<br />

43


und nur in geringem Masse produktunabhängige Beiträge kannte. Die Naturschutzfachstelle<br />

hatte mit <strong>de</strong>r Schutzverfügung am Lai da Rims namentlich die Touristen und das Wasserkraftvorhaben<br />

im Visier, die Land- und Forstwirtschaft wur<strong>de</strong> ausgenommen.<br />

Die Jagdpolitik war geprägt von einer im Zuge <strong>de</strong>r Nationalparkgründung 1914 und <strong>de</strong>r Aussetzungen<br />

von Steinwild seit 1920 aufgekommenen Schutzphilosophie für die Mutter- und<br />

Jungtiere. Dies nicht zuletzt im Eigeninteresse <strong>de</strong>r Jäger, die damit die Strecken erhöhen<br />

konnten. Die langsame Erholung <strong>de</strong>r Wildbestän<strong>de</strong> führte aber zu erhöhten Bestän<strong>de</strong>n, die<br />

im Berggebiet wie<strong>de</strong>rum durch <strong>de</strong>n Tourismus und <strong>de</strong>n Strassenbau bedrängt wur<strong>de</strong>n. Fallwild<br />

war sehr häufig. Aufgrund <strong>de</strong>s grossen Wintersterbens 1969/70 för<strong>de</strong>rte <strong>de</strong>r Kanton die<br />

Winterfütterung und später die Hegejagd und die Verbesserung <strong>de</strong>r Lebensräume. Das kantonale<br />

Jagdinspektorat unterstützte (im Einklang mit <strong>de</strong>r Landwirtschaftsbehör<strong>de</strong>) noch 1970<br />

zu<strong>de</strong>m die Bauern, dass sie die Hirsche und Gämsen, <strong>de</strong>ren Bestand damals im Val Mora<br />

überhöht war, von <strong>de</strong>n Alpwei<strong>de</strong>n vertreiben sollten.<br />

Der Schiessbetrieb richtet sich nach <strong>de</strong>n bun<strong>de</strong>srechtlichen Militärbestimmungen.<br />

4.2. Fokusthema 2: Tourismus<br />

4.2.1. Akteurnetz<br />

Das Akteurnetz 1970 war gekennzeichnet durch relativ wenige Akteursbeziehungen. Die Kurvereine<br />

waren gegenseitig öfters in Konflikt und Konkurrenz (Foffa 2003). Die einigermassen<br />

freie Benutzung <strong>de</strong>r (allerdings steilen) Zufahrtsstrasse und das anfängliche Campieren im<br />

Tal be<strong>de</strong>utete Störungen für das Wild, die Jagd und die Landwirte. Der militärische Schiessbetrieb<br />

stand zwar in einem Konflikt mit <strong>de</strong>m erholungssuchen<strong>de</strong>n Gast im Herbst, bot an<strong>de</strong>rerseits<br />

aber auch willkommene Einnahmen für das Tal.<br />

Abb. 4: Akteuranalyse Tourismus 1970 (Legen<strong>de</strong>: Der Pfeil mit offener Spitze gibt eine<br />

schwache Einflusswirkung an; Pfeil mit beidseitigen Spitzen: ausgeglichene Einflussrichtung;<br />

Pfeil mit gefüllter Spitze: stärkere Einflusswirkung, fett: potenziell konflikthafte Beziehung)<br />

Naturschutz (öffentlich)<br />

Verkehrsverein Val Müstair<br />

Kurvereine<br />

von Sta. Maria, Tschierv etc.<br />

Tourist/in<br />

Gemein<strong>de</strong> Müstair<br />

(seit 1970 Gemein<strong>de</strong>präsi<strong>de</strong>ntenkonferenz,<br />

seit 1971 CRVM)<br />

Wegbenützung<br />

Wildstörung durch Campieren, Sammler<br />

Jagd/Wildhut und Landwirtschaft<br />

Kurverein Müstair<br />

"Truppentourismus"<br />

Militär<br />

4.2.2. Eigentumsrechte<br />

Die Eigentumsrechte an Grund- und Bo<strong>de</strong>n sind i<strong>de</strong>ntisch mit <strong>de</strong>njenigen, die unter 4.1.2<br />

(Alpwirtschaft) beschrieben wur<strong>de</strong>n. Die Touristen und Ausflügler verfügen über keine Eigentumsrechte.<br />

4.2.3. Nutzungsrechte und genutzte Güter und Dienstleistungen<br />

Das Tourismusangebot bestand im Wan<strong>de</strong>rn, Reiten, Kutschenfahren und Skitouren. Die<br />

Tourismuswerbung beruhte im Wesentlichen auf Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln (z.B. Nolfi<br />

44


1958) sowie Inseraten. Die alte Zufahrtstrasse ins Val Mora wur<strong>de</strong> gelegentlich auch für Autofahrten<br />

genutzt, doch erfolgte <strong>de</strong>r Ausflugsverkehr weitgehend zu Fuss (o<strong>de</strong>r per Ski) und<br />

das damalige beliebte wil<strong>de</strong> Campieren führte zu ersten Konflikten zwischen Naturschutz und<br />

Tourismus. Diskutiert wur<strong>de</strong> die I<strong>de</strong>e einer Wasserkraftnutzung am Lai da Rims. Dies war <strong>de</strong>r<br />

Auslöser für die Schutzverfügung für <strong>de</strong>n Lai da Rims und später für das Val Mora. Es bestan<strong>de</strong>n<br />

zu <strong>de</strong>r damaligen Zeit auch I<strong>de</strong>en für Hüttenbauten am Lai da Rims. Die Hütte "La<br />

Stretta" wur<strong>de</strong> ursprünglich vom Festungswachtkorps in <strong>de</strong>r Kriegszeit erstellt und später (in<br />

<strong>de</strong>n 40er Jahren) an eine Privatperson (Jakob Selm) verkauft. Die Frage, ob eine Baubewilligung<br />

für <strong>de</strong>n Umbau zum Ferienhaus erteilt wur<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r nicht, kann nicht abschliessend<br />

beantwortet wer<strong>de</strong>n. Auch liess sich auf <strong>de</strong>m Grundbuchamt kein Kaufvertrag fin<strong>de</strong>n, 1988<br />

wur<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>n Erben Selm (Eigentümer) und <strong>de</strong>m Kloster ein Baurechtsvertrag abgeschlossen.<br />

Die Umnutzung und <strong>de</strong>r erste Umbau <strong>de</strong>r Alphütte Sprella erfolgten bereits vor<br />

1980.<br />

Tab. 14: Mit formellen und informellen Nutzungsrechten erfasste Güter und Dienstleistungen<br />

im Bereich Tourismus 1970 (informelle Nutzungsrechte: kursiv gedruckt)<br />

Betroffene Güter und Dienstleistungen<br />

1a) Bereitstellung <strong>de</strong>r (a-)biotischen Raumfaktoren<br />

Nutzergruppe mit entsprechen<strong>de</strong>n Rechten (formell o<strong>de</strong>r<br />

informell)<br />

Jagd, Wildhut, Landwirtschaft: Nutzungsrechte<br />

kant. Naturschutzfachstelle: Naturschutzgesetz (Bund, Kanton)<br />

Gemein<strong>de</strong>; Kanton: Schutzverfügung<br />

Touristen: ZGB 699<br />

Schiessbetrieb: EMD Koordinationsstelle 12<br />

1c) Speicher genetischer Vielfalt Jagd, Wildhut, Landwirtschaft: Nutzungsrechte<br />

kant. Naturschutzfachstelle: Naturschutzgesetz (Bund, Kanton)<br />

Gemein<strong>de</strong>; Kanton: Schutzverfügung<br />

Touristen: ZGB 699<br />

1e) Regulation dynamischer Prozesse (Naturereignisse)<br />

Consorzi forestal, Forstdienst, Bauern: Forstgesetz<br />

Gemein<strong>de</strong>, Kantonale Fachstelle: Wasserbaugesetz<br />

kant. Naturschutzfachstelle: Landschaftsschutzgebiet<br />

Touristen: ZGB 699<br />

1f) Regulation <strong>de</strong>r Populationsdynamik Jäger und Wildhut: Patent<br />

Touristen: ZGB 699<br />

2a) Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Nutzung Landwirtschaft: Landwirtschaftsgesetz<br />

Touristen: ZGB 699<br />

2b) Raum <strong>de</strong>r forstwirtschaftlichen Nutzung Touristen: ZGB 699<br />

2d) Räumliche Strukturierung <strong>de</strong>r Mobilität<br />

und <strong>de</strong>s Transportes<br />

2e) Raum <strong>de</strong>r Kulturgeschichte und <strong>de</strong>s baulichen<br />

Erbes<br />

Touristen: ZGB 699<br />

Ferienhausbesitzer Stretta: kommun. Baugesetz<br />

Bevölkerung: kein eigentliches Recht<br />

Heimatschutz/Denkmalpflegestellen: Natur- und Heimatschutzgesetz<br />

Älpler: kommun. Baugesetz, Landwirtschaftsgesetz<br />

Touristen: ZGB 699<br />

2f) Raum <strong>de</strong>r kulturellen Diversität Landwirte, Naturschutzfachstelle, Bevölkerung, Touristen<br />

2g) Ort <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheit und <strong>de</strong>s Wohlbefin<strong>de</strong>ns<br />

Bevölkerung: kein eigentliches Recht<br />

3a) Raum mit Erholungsfunktion Touristen, Einheimische: ZGB 699<br />

3b) Raum grösstmöglicher freier Zugänglichkeit<br />

Militär: Militärgesetz<br />

Touristen, Einheimische: ZGB 699<br />

3c) Lieferant von Geschichten und Heimatbil<strong>de</strong>rn<br />

Bevölkerung: kein eigentliches Recht<br />

3d) Ort ästhetischer Landschaftswahrnehmung<br />

alle Akteure (Einheimische und Gäste): kein eigentliches Recht<br />

Militär (Lärm): Militärgesetz<br />

3e) Träger von Wertschöpfungen Verkehrsverein Val Müstair, Gemein<strong>de</strong>, Gemein<strong>de</strong>präsi<strong>de</strong>ntenkonferenz,<br />

Consorzi forestal<br />

3f) Raum <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität und Lieferant von I<strong>de</strong>ntifikationsstrukturen<br />

Einheimische: kein eigentliches Recht<br />

45


4.2.4. Öffentliche Politiken<br />

Die öffentlichen Politiken im Bereich Tourismus waren 1970 noch sehr mager. Eine staatliche<br />

Tourismusför<strong>de</strong>rung gab es nicht und die Infrastrukturen beschränkten sich auf das Gastgewerbe<br />

in <strong>de</strong>n Dörfern. Seit Mitte <strong>de</strong>r 70er Jahre wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Wintertourismus auch mit Hilfe<br />

<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sgesetzes über die Investitionshilfe für Berggebiete von 1974 (IHG, 1. Entwicklungskonzept<br />

1977/78) geför<strong>de</strong>rt, am Anfang stand die Eröffnung <strong>de</strong>s Skigebietes Minschuns<br />

in Tschierv 1973. Im Val Mora waren solche Anlagen aus verschie<strong>de</strong>nen Grün<strong>de</strong>n (Lawinengefahr,<br />

Erschliessung) nicht möglich. Die bei<strong>de</strong>n Landschaftsschutzzonen verunmöglichten<br />

schon früh touristische Bauten.<br />

4.3. Analyse <strong>de</strong>s institutionellen Regimes aufgrund von Ausmass und Kohärenz<br />

Das institutionelle Regime lässt sich aufgrund <strong>de</strong>r Kohärenz (substanziell [Übereinstimmung<br />

<strong>de</strong>r Nutzungsrechte] und institutionell [Übereinstimmung aufgrund einer vorhan<strong>de</strong>nen institutionellen<br />

Kooperationsstruktur] Akteurnetzes und <strong>de</strong>s Ausmasses <strong>de</strong>r regulierten Güter und<br />

Dienstleistungen wie folgt beschreiben.<br />

–Ausmass<br />

Das Ausmass <strong>de</strong>r regulierten Güter und Dienstleistungen in <strong>de</strong>r Alpwirtschaft kann als gering<br />

angesehen wer<strong>de</strong>n, da die damalige Landwirtschaftsgesetzgebung die Alpstufe nicht direkt,<br />

aber sehr indirekt regulierte. Flächenbeiträge traten erst seit 1980 auf. Im Bereich <strong>de</strong>s Tourismus<br />

sind ausser <strong>de</strong>m ZGB 699 (Je<strong>de</strong>rmannszutrittsrecht) keine übergeordneten formellen<br />

Nutzungsrechte vorhan<strong>de</strong>n. Die kommunale und kantonale Politik erbrachte allerdings mit <strong>de</strong>r<br />

Schutzverfügung 1969 eine klare Einschränkung stören<strong>de</strong>r touristischer Aktivitäten (Camping,<br />

Hüttenbau, Gebirgslan<strong>de</strong>plätze und an<strong>de</strong>res) im Raum Lai da Rims.<br />

Das Ausmass ist daher als gering-mittel anzusehen.<br />

–substanzielle Kohärenz<br />

Die substanzielle Kohärenz als Mass <strong>de</strong>r Übereinstimmung unter <strong>de</strong>n nutzungsberechtigten<br />

Akteuren <strong>de</strong>r Alpwirtschaft im Val Mora ist mittel, da <strong>de</strong>r gemeinsame ökonomische Lei<strong>de</strong>nsdruck<br />

einerseits die Akteure untereinan<strong>de</strong>r verbun<strong>de</strong>n hat, an<strong>de</strong>rerseits praktisch keine Auswege<br />

aus <strong>de</strong>r stark reglementierten Agrarpolitik möglich waren. Zu<strong>de</strong>m kam die Gründung<br />

<strong>de</strong>r Meliorationsgenossenschaft 1968 nur aufgrund <strong>de</strong>r Regel, wonach die abwesen<strong>de</strong>n Eigentümer<br />

als zustimmend zu bewerten sind, zustan<strong>de</strong> (Foffa 2003). Die Aufgabe <strong>de</strong>r Alpkäsereien<br />

1970 wur<strong>de</strong> vom Bund und Kanton geför<strong>de</strong>rt, in<strong>de</strong>m die nötigen baulichen Sanierungen<br />

an allen Sennereien <strong>de</strong>s Val Müstair (ausser Alp Prasüra) nicht mehr subventioniert<br />

wor<strong>de</strong>n wären. Die Meliorationsgenossenschaft erhöhte die Kohärenz <strong>de</strong>r Älpler für die Erneuerung<br />

ihrer Alpstruktur.<br />

Immerhin konnten 1970 noch praktisch alle Milchprodukte im Val Müstair verwertet wer<strong>de</strong>n,<br />

gleiches gilt auch für <strong>de</strong>n bestehen<strong>de</strong>n Viehmarkt in Müstair (gemäss Entwicklungskonzept<br />

1977). Die Landwirtschaftsbetriebe waren isoliert. Die Vermarktung geschah via Dorfsennerei<br />

auf regionaler Stufe. Zwischen <strong>de</strong>n Landwirten vor Ort und <strong>de</strong>m Bund hingegen herrschten<br />

gemäss Hinweisen (z.B. Foffa 2003) durchaus starke Spannungen. Inkohärenzen waren aufgrund<br />

<strong>de</strong>r viel zu geringen Berücksichtigung <strong>de</strong>r Nutzungsinteressen <strong>de</strong>r Bergbauern augenfällig.<br />

Die relativ wenigen Jäger stan<strong>de</strong>n einem rigorosen Wildschutz durch <strong>de</strong>n Nationalpark und<br />

einer unzureichen<strong>de</strong>n Jagdpolitik gegenüber, was neben an<strong>de</strong>ren Ursachen zu Überbestän<strong>de</strong>n<br />

führte (Wintersterben und Wei<strong>de</strong>konkurrenz). Die staatlich unterstützte Vertreibung <strong>de</strong>r<br />

Hirsche von <strong>de</strong>n Wei<strong>de</strong>n im Frühjahr war wenig effizient.<br />

Das Militär nutzte <strong>de</strong>n Schiessplatz für Truppenverlegungen aus Chur und WK’s. Folgen dürften<br />

in einer belasteten Infrastruktur und in Gelän<strong>de</strong>spuren (Blindgänger) aufgetreten sein<br />

(trotz Schiessplatzaufseher). Die Jagd wur<strong>de</strong> durch das Militär beeinträchtigt.<br />

46


Problematische Ferienaktivitäten wie Hüttenbau o<strong>de</strong>r Campinglager im Raum Lai da Rims<br />

wur<strong>de</strong>n schon früh mit <strong>de</strong>r Schutzpolitik untersagt. Der Sommertourismus blieb einigermassen<br />

gering, auch wenn Aktivitäten wie Campieren, Pilzsuchen und Ent<strong>de</strong>ckungsfahrten <strong>de</strong>nnoch<br />

auftraten. Die Hütte La Stretta <strong>de</strong>s Festwachtcorps wur<strong>de</strong> bereits früh für Ferienzwecke<br />

an Private verkauft. Die Umnutzung <strong>de</strong>r aufgegebenen Alpgebäu<strong>de</strong> zu Ferien- und Jagdzwecken<br />

führte zu negativ zu bewerten<strong>de</strong>n Verän<strong>de</strong>rungen im Bereich <strong>de</strong>r ökologischen Güter<br />

und Dienstleistungen (Bo<strong>de</strong>n- und Gewässerbelastung) sowie <strong>de</strong>r kulturellen Geschichte und<br />

<strong>de</strong>r ästhetischen Landschaftswahrnehmung <strong>de</strong>s Val Mora (Gut 2e, 2f und 3d).<br />

Die substanzielle Kohärenz zwischen bei<strong>de</strong>n Fokusthemen kann daher als mittel bewertet<br />

wer<strong>de</strong>n. Die Nutzungsrechte griffen aber nur in geringem Masse ineinan<strong>de</strong>r.<br />

–institutionelle Kohärenz<br />

Eine institutionelle Kohärenz war in Form <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>präsi<strong>de</strong>ntenkonferenz seit 1970 und<br />

<strong>de</strong>r Meliorationsgenossenschaft seit 1968 schwach sichtbar, welche mit Hilfe <strong>de</strong>s Alpkatasters<br />

1973 <strong>de</strong>n Versuch einer gesamten Alpplanung für das Val Müstair startete (die bis heute<br />

allerdings noch nicht besteht). Durch die Aufteilung <strong>de</strong>r Alpwirtschaft im Val Müstair auf zahlreiche<br />

Alpen im Besitz von Alpkorporationen erschwerte sich die Koordination. Im Bereich<br />

<strong>de</strong>s Tourismus war die institutionelle Kohärenz <strong>de</strong>r Akteure gering, da die Verkehrsvereine<br />

vereinzelt waren und eine eigentliche Tourismusför<strong>de</strong>rung an fehlen<strong>de</strong>n Ressourcen scheiterte.<br />

Durch die geringe Nutzung bestand kein Zwang weitere Akteure, z.B. das Militär in die<br />

touristischen Überlegungen einzubeziehen. Zwischen Alpwirtschaft und Tourismus bestan<strong>de</strong>n<br />

keine weiteren institutionellen Strukturen. Somit kann von einer insgesamt geringen institutionellen<br />

Kohärenz ausgegangen wer<strong>de</strong>n.<br />

–Institutionelles Regime (IR)<br />

Im Bereich <strong>de</strong>r Alpwirtschaft wie auch im Bereich <strong>de</strong>s Tourismus und zwischen bei<strong>de</strong>n Fokusthemen<br />

steht eine mittlere substanzielle Kohärenz einer geringen institutionellen Kohärenz<br />

gegenüber, während<strong>de</strong>m das Ausmass <strong>de</strong>r Regulierung <strong>de</strong>r genutzten Güter und Dienstleistungen<br />

im Tourismus höher einzustufen ist als im Fokusthema Alpwirtschaft. Das IR für die<br />

Landschaft 1970 kann als einfach bezeichnet wer<strong>de</strong>n.<br />

5. Situation nach <strong>de</strong>m Regimewan<strong>de</strong>l (Zeitpunkt 2003 t 0 )<br />

5.1. Fokusthema Alpwirtschaft<br />

5.1.1. Akteurnetz<br />

Der Vergleich <strong>de</strong>r Akteure im Bereich Alpwirtschaft zwischen 1970 und 2003 (Abbildungen 3<br />

und 5) zeigt einerseits eine Vereinfachung <strong>de</strong>r Eigentumsverhältnisse (die bei<strong>de</strong>n Alpkorporationen<br />

als Eigentümerinnen übertragen das Eigentum an die Gemein<strong>de</strong>), an<strong>de</strong>rerseits eine<br />

stärkere Vernetzung <strong>de</strong>r Akteure, die sich institutionalisieren. Interessanterweise geht das <strong>de</strong>r<br />

gemäss kantonalem Recht <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> zustehen<strong>de</strong> kulturunfähige Land auf Klosterbo<strong>de</strong>n<br />

durch einen Rechtsstreit 1990 in das Eigentum <strong>de</strong>s Klosters (s. Kap. 4.1.2) über. Es kommen<br />

mit <strong>de</strong>r Chascharia und <strong>de</strong>m Reifungskeller Landquart, <strong>de</strong>r Emmi AG und <strong>de</strong>r SOBK neue<br />

Akteure im Vermarktungsbereich dazu, welche <strong>de</strong>n Absatz innerhalb und ausserhalb <strong>de</strong>s Val<br />

Müstair zum Teil an Stelle <strong>de</strong>s Staates regeln. Der Bund hat sich von <strong>de</strong>r Produktionsstützung<br />

in Richtung Bewirtschaftungsför<strong>de</strong>rung gewan<strong>de</strong>lt. Die Naturschutzinstanzen haben an<br />

Gewicht personell wie auch formal zugelegt. Die Jagdbehör<strong>de</strong> kann sich seit <strong>de</strong>n 80er Jahren<br />

auf ein aktualisiertes Jagdgesetz stützen.<br />

47


Abb. 5: Akteuranalyse Alpwirtschaft 2003 (Legen<strong>de</strong>: Der Pfeil mit offener Spitze gibt eine<br />

schwache Einflusswirkung an; Pfeil mit beidseitigen Spitzen: ausgeglichene Einflussrichtung;<br />

Pfeil mit gefüllter Spitze: stärkere Einflusswirkung, fett: potenziell konflikthafte Beziehung)<br />

Jagd, Wildhut, Natur- und Umwelt<br />

sowie Raumplanungsstellen<br />

"Schafher<strong>de</strong> Val Müstair"<br />

VBS<br />

Vertragsschiessplatz<br />

regionaler Forstdienst<br />

Strassenunterhalt<br />

Alp Prave<strong>de</strong>r<br />

Kloster St. Johann<br />

Alp Mora<br />

Gemein<strong>de</strong> Müstair<br />

(Klosterverwaltung) Milchtransport (Bereich Landwirtschaft)<br />

Pächter<br />

Korporation Alp Mora<br />

Kommission Land- und Forstwirtschaft<br />

Corporaziun regiunala Val Müstair<br />

Milchkontingente, Milchpreisstützung<br />

Bun<strong>de</strong>srat<br />

Chascharia Val Müstair<br />

Tourismus Val Müstair<br />

Reifungskeller Landquart<br />

Marketing<br />

Sortenorganisation Bündner<br />

Käse (SOBK)<br />

Emmi AG<br />

Detailhan<strong>de</strong>l und Grossisten (Inland/Ausland)<br />

5.1.2 Eigentumsrechte<br />

Die Alp Mora gehört seit 1970 <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>, die Alp Prave<strong>de</strong>r und das Gebiet um <strong>de</strong>n Lai<br />

da Rims <strong>de</strong>m Kloster St. Johann. Die Bäche Aua da Val Mora, Aua da Rims und Aua da Vau<br />

gehören seit <strong>de</strong>n Vermessungsarbeiten 1990 <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Müstair. Die <strong>de</strong>finitive Grenzziehung<br />

zwischen <strong>de</strong>r Alp Mora und <strong>de</strong>r Klosteralp erfolgte aufgrund <strong>de</strong>r Einigungsverhandlung<br />

vom Juni 1990. Die auf <strong>de</strong>m Eigentumsgebiet <strong>de</strong>s Klosters liegen<strong>de</strong> ehemalige Militärhütte<br />

La Stretta besitzt seit <strong>de</strong>n 40er Jahren eine Privatperson, welche das Gebäu<strong>de</strong> im<br />

Baurecht direkt vom VBS (früher EMD) erwerben konnte. Auch für die alte Jagdhütte auf<br />

Jufplaun, die nach einem Brand 2003 wie<strong>de</strong>r aufgebaut wur<strong>de</strong>, besteht ein Baurecht. Die<br />

Hauptzufahrtswege ins Val Vau/Val Mora sind Gemein<strong>de</strong>strassen (Valchava, Sta. Maria und<br />

Müstair). Der Gemein<strong>de</strong> Müstair gehört die Strasse ab Gemein<strong>de</strong>grenze bei Tschuccai bis<br />

zur Alp Mora sowie sämtliche Alpwirtschaftsgebäu<strong>de</strong>.<br />

48


Abb. 6: Auszug aus <strong>de</strong>r Gemarkung gemäss Grundbuch (Enklave Müstair). Die Alpen Mora<br />

(Parzellen 1000 und 1001) und Prave<strong>de</strong>r inkl. Lai da Rims (1013 resp. 1002) befin<strong>de</strong>n sich im<br />

Eigentum <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Müstair bzw. <strong>de</strong>s Klosters St. Johann. Die Nr. 1010 bezieht sich auf<br />

eine Baurechtsparzelle für die Jägerhütte Jufplaun sowie die Nr. 1009 auf die Baurechtsparzelle<br />

<strong>de</strong>s ehemaligen Militärgebäu<strong>de</strong>s La Stretta, welches als privates Ferienhaus genutzt<br />

wird. Das südlich <strong>de</strong>r Parzelle 1013 gelegene kulturunfähige Land gehörte ursprünglich auch<br />

<strong>de</strong>m Kloster, wur<strong>de</strong> aber <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> 1990 zugewiesen (im Gegensatz zum Gebiet Lai da<br />

Rims, s. Kap. 4.1.2)<br />

Im Rahmen <strong>de</strong>r Melioration Val Müstair wur<strong>de</strong> 1981 die genossenschaftliche Talkäserei<br />

(Chascharia) eingeweiht. Alle Milchbauern <strong>de</strong>s Tales sind Genossenschafter und aufgrund<br />

<strong>de</strong>s Marketingkonzeptes <strong>de</strong>r Sortenorganisation Bündner Käse seit 1997 zur Lieferung von<br />

Biomilch verpflichtet. Die Genossenschafter legen <strong>de</strong>n Milchpreis fest, <strong>de</strong>r allerdings durch<br />

die Emmi AG (früher Toni resp. Swiss Diary Food) in Abhängigkeit <strong>de</strong>s Käseverkaufs bestimmt<br />

wird.<br />

5.1.3. Nutzungsrechte und genutzte Güter und Dienstleistungen<br />

Der Klosterbetrieb wird von einem Verwalter geführt (Pater Columban), <strong>de</strong>r vom Bistum Chur,<br />

via Kloster Disentis im Priorat St. Johann eingesetzt wur<strong>de</strong>. Für die Mittelbeschaffung und die<br />

baulichen Belange steht <strong>de</strong>m Kloster seit 1969 eine Stiftung Pro Kloster St. Johann zur Seite.<br />

In ihr ist auch ein Regierungsrat vertreten. Eine Baukommission wur<strong>de</strong> basierend auf einer<br />

schriftlichen Vereinbarung zwischen <strong>de</strong>m Kloster und <strong>de</strong>r Stiftung vom August 1980 eingesetzt.<br />

Diese befasst sich mit allen Fragen, welche die baulichen Erneuerungs- und Restaurierungsarbeiten<br />

an <strong>de</strong>r Klosteranlage betreffen. Nicht explizit vorgesehen ist die Mitwirkung<br />

<strong>de</strong>r Baukommission bei Fragen <strong>de</strong>r Alpwirtschaft. Hierfür ist primär <strong>de</strong>r Klosterverwalter<br />

vorgesehen. Seit Mai 2000 besteht zwischen <strong>de</strong>m Kloster (vertreten durch <strong>de</strong>n Verwalter)<br />

und <strong>de</strong>m vormaligen Angestellten Johannes Fallet ein Pachtvertrag. Dies war nötig, nach<strong>de</strong>m<br />

<strong>de</strong>r Bund in seiner Direktzahlungsverordnung die juristischen Personen von Direktzahlungen<br />

ausschloss. Der Pächter hat die Kühe und die Einrichtung <strong>de</strong>s Betriebes übernehmen müssen.<br />

Auch an <strong>de</strong>n Strassenunterhaltskosten hat sich <strong>de</strong>r Pächter zu beteiligen. Auf <strong>de</strong>r Alp<br />

wur<strong>de</strong> im Jahr 2002 <strong>de</strong>r Stall auf Döss Radond mit einer kleinen Unterkunftsmöglichkeit (für<br />

<strong>de</strong>n Hirten) ergänzt. Wie weit dort auch eine Feriennutzung vorgesehen wird, ist noch unklar.<br />

Der Klosterbetrieb setzt per Vertrag einen Hirten ein.<br />

49


Die Gemein<strong>de</strong> trat die Nutzungsrechte <strong>de</strong>r bis 1970 getrennten Alpen Sprella und Mora an<br />

die öffentlich-rechtliche Korporation Sprella ab, die ihrerseits Wei<strong>de</strong>taxen und einen vergleichsweise<br />

hohen Anteil <strong>de</strong>r Sömmerungsbeiträge von 25% (12'200 von 49'000 Franken im<br />

Jahr 2002) an die Gemein<strong>de</strong> abliefern mussten. Seit 1993 besteht ein Pachtvertrag zwischen<br />

<strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> und Korporation, in <strong>de</strong>r ein pauschaler Pachtzins, <strong>de</strong>r 2001 angepasst wur<strong>de</strong>,<br />

<strong>de</strong>finiert wur<strong>de</strong>. Die Wei<strong>de</strong>taxe wird im Sinne einer Steuer separat verrechnet und betrug<br />

2002 8500 Franken. Die Gemein<strong>de</strong> verwen<strong>de</strong>t einen Grossteil <strong>de</strong>r Einkünfte für <strong>de</strong>n Unterhalt<br />

<strong>de</strong>s Zufahrtsweges, <strong>de</strong>r Alphütten sowie für Wei<strong>de</strong>räumungen. Die Alpkorporation regelte<br />

ursprünglich die Nutzung über Kuhrechte, was allerdings in jüngerer Zeit aufgrund <strong>de</strong>s Rückganges<br />

<strong>de</strong>r Bauernbetriebe aufgegeben wur<strong>de</strong>. Heute hat grundsätzlich je<strong>de</strong>r Bauer von<br />

Müstair einen rechtlich allerdings nicht festgeschriebenen Anspruch auf eine Alpungsmöglichkeit<br />

im Rahmen <strong>de</strong>r kantonal festgesetzten Bestossung. Die ungenutzte Hütte <strong>de</strong>r Alp<br />

Sprella wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> umgebaut und zur einen Hälfte einer privaten Jägergruppe<br />

von Müstair verpachtet, zur an<strong>de</strong>ren Hälfte als Ferienwohnung vermietet. Das Hirtenehepaar<br />

auf <strong>de</strong>r Alp Mora arbeitet gestützt auf einen Vertrag mit <strong>de</strong>r Alpkorporation.<br />

Die Milchtransporte ins Val Mora sind aufwändig (Hin- und Rückweg je 20 km). Die Transportkosten<br />

übernimmt die Molkerei.<br />

Es fehlen für bei<strong>de</strong> Alpen aktuelle Alpnutzungskonzepte. Auch besteht kein aktuelles Alpbewirtschaftungskonzept<br />

für sämtliche Alpen im Val Müstair (in <strong>de</strong>n 70er Jahren bestand eines<br />

als Voraussetzung für <strong>de</strong>n Alpausbau in Ful<strong>de</strong>ra und Lü, gemäss U. Darnuzer). Ein solches<br />

Vorhaben wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Corporaziun regiunala gestartet, aber bislang von <strong>de</strong>n Betroffenen<br />

abgelehnt.<br />

Die Milchverwertung in <strong>de</strong>r Chascharia ist genossenschaftlich organisiert. An dieser Genossenschaft<br />

partizipieren sämtliche Milchbauern <strong>de</strong>s Tales. Zwischen <strong>de</strong>r Genossenschaft Chascharia<br />

und <strong>de</strong>m Reifungskeller Landquart besteht ebenfalls eine vertragliche Bindung. Die<br />

Sortenorganisation Bündner Käse (SOBK) ist ein Verein, in welchem auch die Genossenschaft<br />

Chascharia Val Müstair Mitglied ist. Der Reifungskeller, <strong>de</strong>r vormals via Toni AG<br />

zur Swiss Dairy Food und dann zur Emmi AG überging, übernimmt <strong>de</strong>n Verkauf <strong>de</strong>s Käses,<br />

während die SOBK die Vermarktung übernimmt. Das Mandat <strong>de</strong>s Käsemarketings hat die<br />

gleiche Person inne, die auch die Vermarktung <strong>de</strong>r Produkte für die Emmi AG tätigt, was zu<br />

Interessenkonflikten führen kann.<br />

Die Schafalpung basiert auf informellen Rechten. So besteht eine einfache Gesellschaft<br />

„Schafher<strong>de</strong> Val Müstair“, die von Johannes Fallet, <strong>de</strong>m Pächter <strong>de</strong>s Klosterbetriebes und<br />

Halter einer Her<strong>de</strong> von 52 Schafen verwaltet wird. Sämtliche im Tal an <strong>de</strong>r Alpung im Val Mora<br />

interessierten Schafhalter sind hier vereinigt. Die jährlichen Versammlungen wer<strong>de</strong>n zusammen<br />

mit <strong>de</strong>r Wid<strong>de</strong>rhaltervereinigung durchgeführt. Ebenfalls nur mit mündlichen Vereinbarungen<br />

wird seit 2001 ein nebenamtlicher Schafhirt (<strong>de</strong>r Tierarzt Toni Theus) mit <strong>de</strong>r<br />

Behirtung <strong>de</strong>r Her<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>m Umbrail (Gemein<strong>de</strong> Sta. Maria) und im Val Mora (Klosteralp<br />

und Gemein<strong>de</strong>alp) beauftragt (2003 insgesamt 363 Tiere). Eine ständige Behirtung ist unwirtschaftlich<br />

und mit einer Teilbehirtung lassen sich die Schafe nur teilweise in die festgelegten<br />

Räume lenken. Grenzüberschreitungen und Kontakte zu an<strong>de</strong>ren Schafher<strong>de</strong>n sind aus Sicht<br />

<strong>de</strong>r Seuchenvermeidung unzulässig, aber mit einer Teilbehirtung nicht zu vermei<strong>de</strong>n (zumal<br />

im Umbrailgebiet auch immer wie<strong>de</strong>r Schafe aus Italien gesichtet wer<strong>de</strong>n). Mit einem Älpler<br />

im Stelvio Nationalpark wur<strong>de</strong> eine Vereinbarung getroffen, wonach die Bewohner/innen <strong>de</strong>s<br />

Val Müstair eine hohe Entschädigung von 500-550¤ zu zahlen haben (aufgrund <strong>de</strong>r Futterkonkurrenz<br />

durch die auf die italienische Seite wechseln<strong>de</strong>n Schweizer Schafe). Eine entgegengesetzte<br />

For<strong>de</strong>rung besteht nicht.<br />

Die Jäger erwerben ihre Nutzungsrechte am Wild mittels kantonalen Patenten.<br />

Die Nutzung <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s wird nicht direkt von <strong>de</strong>n Wal<strong>de</strong>igentümern, son<strong>de</strong>rn von <strong>de</strong>m Consorzi<br />

forestal gesteuert, einem Zusammenschluss <strong>de</strong>r Wal<strong>de</strong>igentümer unter Mitwirkung <strong>de</strong>s<br />

regionalen Forstdienstes und <strong>de</strong>r holzverarbeiten<strong>de</strong>n Branche. Auf die Holznutzung im Val<br />

Vau und Val Mora wird seit längerer Zeit aus wirtschaftlichen Grün<strong>de</strong>n verzichtet. Der Forst-<br />

50


dienst ist in <strong>de</strong>n letzten Jahren vermehrt mit <strong>de</strong>m Unterhalt <strong>de</strong>r Zufahrtsstrasse und mit <strong>de</strong>r<br />

Beseitigung <strong>de</strong>r Hochwasserschä<strong>de</strong>n, Hangrutschen und Lawinenschä<strong>de</strong>n (namentlich im<br />

unteren Val Vau) beschäftigt.<br />

Die militärische Nutzung <strong>de</strong>s Val Mora stützt sich auf Bun<strong>de</strong>srecht (Militärgesetz). Auf Drängen<br />

<strong>de</strong>s Klosters St. Johann wur<strong>de</strong> erst am 14. Mai 2001 eine schriftliche Vereinbarung zwischen<br />

<strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Müstair, <strong>de</strong>m Kloster St. Johann und <strong>de</strong>m VBS, vertreten durch das<br />

Bun<strong>de</strong>samt für Betriebe <strong>de</strong>s Heeres getroffen, gemäss <strong>de</strong>rer <strong>de</strong>r Schiessraum festgelegt und<br />

bestimmt wur<strong>de</strong>, dass "sich <strong>de</strong>r Schiessbetrieb nach Möglichkeit nach <strong>de</strong>ren [Alpwirtschaft]<br />

Bedürfnissen" zu richten hat. Der Vertrag umfasst die Einsetzung eines Schiessplatzaufsehers,<br />

<strong>de</strong>r vom VBS finanziert wird, und die Entrichtung eines Schiessgel<strong>de</strong>s gemäss<br />

eidgenössischem Schiessgeldtarif. Zu<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n Strassenschä<strong>de</strong>n, die durch die<br />

Truppen- und Materialverschiebungen entstehen, entschädigt. Hierfür wer<strong>de</strong>n vom Feldkommissär<br />

Scha<strong>de</strong>nsprotokolle aufgenommen. Der Vertrag ist unbefristet, kann aber jährlich<br />

gekündigt wer<strong>de</strong>n. Der dreiwöchige Schiessbetrieb (Truppenverlegung und WK) erfolgt z.T.<br />

während <strong>de</strong>r Jagdzeit Mitte/En<strong>de</strong> September (im Jahr 2003 ab 22. September, die Hochjagd<br />

ist vom 9. – 30. September) und wur<strong>de</strong> seit wenigen Jahren wie<strong>de</strong>r auf Wunsch <strong>de</strong>r Bewohner/innen<br />

<strong>de</strong>s Val Müstair intensiviert (Aussage Bruno Ba<strong>de</strong>r, Waffen- und Schiessplatzverwaltung<br />

Graubün<strong>de</strong>n), nach<strong>de</strong>m zwischen 1985 und 1995 kaum eine Nutzung stattfand.<br />

Geschossen wird auch mit Minenwerfern. Offenbar soll <strong>2004</strong>-05 keine Schiessübung im Val<br />

Mora stattfin<strong>de</strong>n (Aussage von G. Ruinatscha). Nicht alle Geschosshülsen und vor allem<br />

Blindgänger wer<strong>de</strong>n eingesammelt. Der Schiessbetrieb führt zu einem Schwermetalleintrag<br />

im Bo<strong>de</strong>n.<br />

Tab. 15: Mit formellen und informellen Nutzungsrechten erfasste Güter und Dienstleistungen<br />

im Bereich Alpwirtschaft 2003 (informelle Nutzungsrechte: kursiv gedruckt) sowie die Verän<strong>de</strong>rungen<br />

1970-2003<br />

Betroffene Güter und Nutzergruppe mit entsprechen<strong>de</strong>n Rechten Verän<strong>de</strong>rung 1970-2003<br />

Dienstleistungen<br />

1a) Bereitstellung <strong>de</strong>r<br />

(a-)biotischen Raumfaktoren<br />

1c) Speicher genetischer<br />

Vielfalt<br />

1e) Regulation dynamischer<br />

Prozesse (Naturereignisse)<br />

1f) Regulation <strong>de</strong>r Populationsdynamik<br />

(formell o<strong>de</strong>r informell)<br />

Alpkorporation Mora-Sprella, Klosteralpbetrieb,<br />

Schafher<strong>de</strong>: Eigentums- resp. Nutzungsrechte<br />

Jäger: Patent<br />

Amt für Natur und Umwelt, Pro Natura, Corporaziun<br />

regiunala: Naturschutzgesetz (Bund, Kanton),<br />

Raumplanungsgesetz (dito)<br />

Kanton: Baubewilligungsinstanz<br />

Touristen: ZGB 699<br />

Tourismus Val Müstair<br />

Waffen- und Schiessplatzverwaltung: Militärgesetz<br />

Alpkorporation Mora-Sprella, Klosteralpbetrieb,<br />

Schafher<strong>de</strong>: Eigentums- resp. Nutzungsrechte<br />

Jäger: Patent<br />

Touristen: ZGB 699<br />

Amt für Natur und Umwelt, Pro Natura: Naturschutzgesetz<br />

(Bund, Kanton), Raumplanungsgesetz<br />

(dito)<br />

Consorzi forestal, Forstdienst, Bauern: Waldgesetz<br />

Gemein<strong>de</strong>, Kantonale Fachstelle: Wasserbaugesetz<br />

Amt für Natur und Umwelt: Landschaftsschutzgebiet<br />

Jäger und Wildhut: Patent<br />

Touristen: ZGB 699<br />

Die Verän<strong>de</strong>rung betreffen die<br />

Fusion <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Korporationen<br />

und die Aufgabe <strong>de</strong>r Alpkäsereien.<br />

Die Nutzung ist insgesamt<br />

stärker von <strong>de</strong>r Agrargesetzgebung,<br />

<strong>de</strong>n Umwelt- und Naturschutzbestimmungen<br />

und <strong>de</strong>r<br />

Milchvermarktung (Bioprogramm)<br />

geprägt. Der Kanton ist stärker<br />

über die Gesetze involviert (Bauund<br />

Planungsgesetze). Als neuer<br />

Akteur taucht die Pro Natura auf.<br />

dito<br />

Die Akteure sind unverän<strong>de</strong>rt,<br />

aber die Nutzungsrechte klarer<br />

über die Gesetze <strong>de</strong>finiert.<br />

Die Jagdnutzung ist klarer <strong>de</strong>finiert.<br />

51


1g) Raum <strong>de</strong>r Naturgeschichte<br />

und <strong>de</strong>r -<br />

wissenschaft<br />

2a) Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen<br />

Nutzung<br />

2e) Raum <strong>de</strong>r Kulturgeschichte<br />

und <strong>de</strong>s baulichen<br />

Erbes<br />

2f) Raum <strong>de</strong>r kulturellen<br />

Diversität<br />

Forstdienst, Alpwirtschafter, an<strong>de</strong>re Wegbenutzer:<br />

Reglement für die Strassenbenutzung<br />

Alpkorporation Mora-Sprella, Klosteralpbetrieb,<br />

Schafher<strong>de</strong>: Landwirtschaftsgesetz<br />

Chascharia, Emmi, Reifungskeller, SOBK: Verträge<br />

Ferienhausbesitzer Stretta: Raumplanungsgesetz<br />

(Bund, Kanton)<br />

Bevölkerung: kein eigentliches Recht<br />

Heimatschutz/Denkmalpflegestellen: Natur- und<br />

Heimatschutzgesetz<br />

Älpler: Raumplanungsgesetz (Bund, Kanton),<br />

Landwirtschaftsgesetz<br />

Alpkorporation Mora-Sprella, Klosteralpbetrieb,<br />

Schafher<strong>de</strong>, Amt für Natur und Umwelt Bevölkerung<br />

Chascharia, Emmi AG, Reifungskeller, SOBK<br />

2g) Ort <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheit Bevölkerung: kein eigentliches Recht<br />

und <strong>de</strong>s Wohlbefin<strong>de</strong>ns<br />

3c) Lieferant von Geschichten<br />

und Heimat-<br />

Bevölkerung: kein eigentliches Recht<br />

bil<strong>de</strong>rn<br />

3d) Ort ästhetischer<br />

Landschaftswahrnehmung<br />

3e) Träger von Wertschöpfungen<br />

3f) Raum <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität<br />

und Lieferant von I<strong>de</strong>ntifikationsstrukturen<br />

Militär (Lärm): Militärgesetz<br />

alle Akteure: kein eigentliches Recht<br />

Tourismus Val Müstair, Unesco, Gemein<strong>de</strong>, Corporaziun<br />

regiunala, Consorzi forestal<br />

Einheimische: kein eigentliches Recht<br />

Der Wegebau im Val Vau führte<br />

zu gewissen Verän<strong>de</strong>rungen und<br />

Störungen <strong>de</strong>s Naturraumes<br />

Die Verän<strong>de</strong>rung betreffen die<br />

Fusion <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Korporationen<br />

und die Aufgabe <strong>de</strong>r Alpkäsereien.<br />

Die Nutzung ist insgesamt<br />

stärker von <strong>de</strong>r Agrargesetzgebung<br />

und <strong>de</strong>r Milchvermarktung<br />

(Bioprogramm) geprägt. Letztere<br />

wird stärker vertraglich geregelt.<br />

Die Nutzung ist stärker kantonalisiert<br />

wor<strong>de</strong>n (Raumplanungs- und<br />

Baugesetzgebung).<br />

Kantonale Akteure sind hinzu gekommen<br />

(Bewilligungsinstanzen),<br />

Rechte sind informeller Natur<br />

(Traditionen, Respekt)<br />

keine Verän<strong>de</strong>rung<br />

dito<br />

dito<br />

dito<br />

dito<br />

5.1.4. Öffentliche Politiken<br />

Der Bund hatte in <strong>de</strong>n 1970er Jahren somit im Bereich <strong>de</strong>r Produktelenkung eine <strong>de</strong>utlich<br />

höhere Einflussstärke als 2003, da er durch die Milchpreisfestsetzung letztlich für die Fehlallokationen<br />

sorgte, eine Rationalisierung för<strong>de</strong>rte und nur in geringem Masse produktunabhängige<br />

Beiträge kannte. Die produktionsabhängige Beeinflussung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s seit 1993<br />

besteht zur Hauptsache in Form <strong>de</strong>r Milchkontingente und <strong>de</strong>r Strukturverbesserung, während<br />

die bewirtschaftungsrelevanten Einflüsse in <strong>de</strong>r Begrenzung <strong>de</strong>r maximalen Bestossung<br />

(Gewässerschutzgesetz, Sömmerungsbeitragsverordnung) und <strong>de</strong>n flächen- und ökologieorientierten<br />

Direktzahlungen bestehen. Gegenüber 1970 hat <strong>de</strong>r Markteinfluss <strong>de</strong>utlich zugenommen,<br />

<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>rum von Abbau von Preisstützungsmassnahmen und Zollhemmnissen<br />

geprägt ist. Die Exportmöglichkeiten für Käse sind insbeson<strong>de</strong>re auch durch die bilateralen<br />

Verträge CH-EU (seit 2002 in Kraft) etwas erleichtert wor<strong>de</strong>n (im Gegenzug zum Import). Im<br />

Val Müstair herrschen aber noch Hemmnisse aufgrund <strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>n Veterinärprüfstelle auf<br />

italienischer Seite (Voraussetzung für <strong>de</strong>n Käseexport). Im Bereich <strong>de</strong>r öffentlichen Politiken<br />

sind einerseits die früh entstan<strong>de</strong>nen Schutzverfügungen für das Val Mora und Lai da Rims<br />

zu erwähnen, die kommunal und kantonal verabschie<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n. Dadurch wur<strong>de</strong>n eine nichtlandwirtschaftliche<br />

Bautätigkeit und namentlich touristische Infrastrukturen wie Campingplätze<br />

sowie auch Kraftwerkanlagen (am Lai da Rims), welche eine Bedrängung <strong>de</strong>r alpwirtschaftlichen<br />

Nutzung zur Folge gehabt hätten, verhin<strong>de</strong>rt. Das kantonale Jagdgesetz von<br />

1989 regulierte die Jagd in einer Weise, dass <strong>de</strong>r Wilddruck zurückging. Daneben übten auch<br />

52


das Bun<strong>de</strong>sgesetz über <strong>de</strong>n Gewässerschutz von 1991 (mit <strong>de</strong>n Regelungen <strong>de</strong>r Düngergrossvieheinheiten)<br />

und vor allem <strong>de</strong>r Wan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r Agrargesetzgebung von 1993 (Einführung<br />

von Direktzahlungen für beson<strong>de</strong>rs ökologische Leistungen, <strong>de</strong>r damalige Art. 31b <strong>de</strong>s Landwirtschaftsgesetzes)<br />

grosse Einflüsse aus. Mit letzterer kam <strong>de</strong>r Milchpreis durch die Liberalisierungen<br />

einerseits unter Druck (Aufgabe <strong>de</strong>r staatlichen Abnahmegarantie), an<strong>de</strong>rerseits<br />

be<strong>de</strong>uten seither die Direktzahlungen und namentlich die Sömmerungsbeiträge eine wichtige<br />

Stütze <strong>de</strong>r Landwirtschaftsbetriebe. Die Sömmerungsbeitragsregelung seit 1994 verbietet<br />

zu<strong>de</strong>m das Ausbringen von stickstoffhaltigem Mineraldünger. Es wird seit 1997 ausnahmslos<br />

Biomilch hergestellt und in <strong>de</strong>r Genossenschaft Chascharia vermarktet. Den Milchbauern im<br />

Tal blieb aufgrund <strong>de</strong>r einzigen Milchverwertungsmöglichkeit nichts an<strong>de</strong>res übrig, als geschlossen<br />

in die Bioproduktion einzusteigen. Die zunehmen<strong>de</strong> Umstellung auf Fleischproduktion<br />

wird geför<strong>de</strong>rt durch die Möglichkeit, die nötigen tierschutzgesetzlichen Auflagen mit<br />

einer Labelproduktion (BTS, RAUS, Natura Beef, KAG Freiland, etc) zu verbin<strong>de</strong>n, sowie<br />

durch die Stützung <strong>de</strong>s inländischen Fleischabsatzes.<br />

Für die militärische Nutzung ist letztlich Art. 134 MG massgebend: "Die Grundbesitzer sind<br />

verpflichtet, die Benützung ihres Lan<strong>de</strong>s zu militärischen Übungen zu gestatten. (Abs. 1). Für<br />

<strong>de</strong>n dadurch entstehen<strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>n leistet <strong>de</strong>r Bund Ersatz nach Massgabe <strong>de</strong>r Art. 135-143<br />

(...) (Abs. 2)". Der Zusammenhang mit <strong>de</strong>m Umweltschutz wird in Art. 4 <strong>de</strong>r Waffen- und<br />

Schiessplatzverordnung geregelt: "Bei <strong>de</strong>r Benützung und Verwaltung <strong>de</strong>r Waffen-, Schiessund<br />

Übungsplätze sind die Vorschriften <strong>de</strong>r Umweltschutzgesetzgebung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s einzuhalten.<br />

(Abs. 1). Sperrgebiete dürfen von <strong>de</strong>r Truppe nicht benutzt wer<strong>de</strong>n. Als Sperrgebiete<br />

im Sinne dieser Verordnung gelten: a. <strong>de</strong>r Schweizerische Nationalpark, b. die Hoch- und<br />

Flachmoore sowie Auen von nationaler Be<strong>de</strong>utung und die eidgenössischen Jagdbanngebiete,<br />

soweit keine eingeschränkte Nutzung nach Abs. 4 vereinbart wor<strong>de</strong>n ist. (Abs. 2). Gebiete<br />

mit eingeschränkter Nutzung dürfen von <strong>de</strong>r Truppe nur unter Einhaltung von Auflagen benützt<br />

wer<strong>de</strong>n. (Abs. 3). Die vom VBS bezeichneten Bun<strong>de</strong>sstellen können im Einvernehmen<br />

mit <strong>de</strong>m Buwal Gebiete nach Absatz 2 Buchstabe b als Gebiete mit eingeschränkter Nutzung<br />

bezeichnen. Sie können weitere Gebiete als Sperrgebiete o<strong>de</strong>r als Gebiete mit eingeschränkter<br />

Nutzung bezeichnen. (Abs. 4).<br />

5.1.5. Einflussfaktoren <strong>de</strong>r Landschaftsnutzung im Bereich Alpwirtschaft<br />

Wesentliche Einflüsse auf die Landschaftsnutzung im Bereich Alpwirtschaft erfolgten aufgrund<br />

<strong>de</strong>r Schutzverfügungen 1969/79, <strong>de</strong>r Aufgabe <strong>de</strong>r Alpsennerei und <strong>de</strong>r Konzentrierung<br />

<strong>de</strong>r Milchkuhalpung auf die Alp Mora 1970, <strong>de</strong>r verbesserten Zufahrt aufgrund <strong>de</strong>r neu erstellten<br />

Forststrasse 1981 und aufgrund <strong>de</strong>r revidierten Agrargesetzgebung 1993/1997 (Bioprogramm<br />

und Sömmerungsbeiträge).<br />

Die Milchkühe sind gegenüber <strong>de</strong>n 70er Jahre um rund 100 kg schwerer gewor<strong>de</strong>n und hinterlassen<br />

stärkere Trittspuren und mehr Dünger. Ein Teil <strong>de</strong>s Rindviehs wird heute mit <strong>de</strong>m<br />

Traktor und Anhänger auf die Alp gefahren. Gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r 90er Jahre und angesichts <strong>de</strong>s<br />

zunehmen<strong>de</strong>n Preisdruckes auf Milch und Käse ist eine gewisse Bestossungsintensivierung<br />

durch Milchkühe namentlich auf <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>alp sowie eine leichte Zunahme <strong>de</strong>r Schafalpung<br />

festzustellen. Die in <strong>de</strong>n 90er Jahren mangelhafte Behirtung führte immer wie<strong>de</strong>r zu<br />

Grenzüberschreitungen <strong>de</strong>r Tiere nach Italien (Stelvio-Nationalpark, wo ebenfalls Schafe<br />

gealpt wer<strong>de</strong>n) sowie teilweise auch zu Konflikten mit <strong>de</strong>r Rindviehalpung.<br />

Der Schiessbetrieb auf <strong>de</strong>m Vertragsschiessplatz führte immer wie<strong>de</strong>r zu Problemen mit liegen<br />

gebliebenen Blindgängern. Im Jahr 2003 kam es aufgrund <strong>de</strong>s frühen Übungsbeginns<br />

(22. September) zu Konflikten mit <strong>de</strong>r Hochjagd. Es wur<strong>de</strong> aus Jägerkreisen beklagt, dass<br />

sich das Wild nach Italien und in <strong>de</strong>n Nationalpark zurückgezogen hätte. Auch für die Murmeltiere<br />

sei die Störung vor Einbruch <strong>de</strong>s Winters nicht unerheblich. 2003 wur<strong>de</strong>n weniger<br />

53


Gämsen erlegt; ein negativer Einfluss <strong>de</strong>s Schiessbetriebes ergab sich für <strong>de</strong>n Abschussplan<br />

<strong>de</strong>s Hirschwil<strong>de</strong>s. Der Wilddruck ist gegenüber 1970 zurückgegangen.<br />

In <strong>de</strong>r Tabelle 16 wer<strong>de</strong>n die wichtigsten Einflussfaktoren <strong>de</strong>r Landschaftsnutzung dargestellt.<br />

Daraus wird ersichtlich, dass in <strong>de</strong>n vergangenen 40 Jahren im Bereich <strong>de</strong>r öffentlichen Politik,<br />

namentlich <strong>de</strong>r Agrarpolitik häufige Än<strong>de</strong>rungen auftraten. Doch auch im regulativen System<br />

waren Än<strong>de</strong>rungen zu verzeichnen, die auf die verän<strong>de</strong>rte Marktsituation angepasst<br />

wur<strong>de</strong>n. Letztere war nur teilweise die Folge <strong>de</strong>r nationalen Agrarpolitik.<br />

Tab. 16: Chronologie <strong>de</strong>r Einflussfaktoren <strong>de</strong>r Landschaftsnutzung in <strong>de</strong>r Alpwirtschaft in Bezug<br />

auf die Regimefaktoren (P: öffentliche Politiken, Eig: Eigentums- und Nutzungsrechte, N:<br />

nicht-regimebezogener Faktor)<br />

Jahr Einflussfaktoren <strong>de</strong>r Landschaftsnutzung Folgen Ursache<br />

1969 Unterschutzstellung <strong>de</strong>s Lai da Rims und Umgebung<br />

als Landschaftsschutzzone<br />

1970 Zusammenlegung <strong>de</strong>r Alpen Sprella und Mora<br />

aus ökonomischen Grün<strong>de</strong>n<br />

erste Hälfte<br />

<strong>de</strong>r 70er Prave<strong>de</strong>r aus wirtschaftlichen Grün<strong>de</strong>n<br />

Aufgabe <strong>de</strong>r Alpkäserei auf <strong>de</strong>r Mora und im<br />

Jahre<br />

En<strong>de</strong> 70er<br />

Jahre<br />

1979 Unterschutzstellung <strong>de</strong>s Val Mora als Landschaftsschutzzone<br />

Verzicht auf bauliche Nutzungen und<br />

technische Anlagen (wie für Wasserkraft),<br />

Camping- und Gebirgslan<strong>de</strong>plätze<br />

38<br />

Aufgabe und nicht-landwirtschaftliche<br />

Weiternutzung <strong>de</strong>r Alpgebäu<strong>de</strong> auf<br />

Sprella<br />

Milchtransport und Ausbau <strong>de</strong>r Zufahrtsstrasse<br />

(seit Mitte <strong>de</strong>r 80er Jahre)<br />

(P/Eig/N)<br />

P<br />

Eig/N<br />

Eig/N<br />

Erneuerung <strong>de</strong>r Gebäu<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>r Alp Mora bessere Bewirtschaftungsbedingungen N (P)<br />

1980 erstmalige Ausrichtung von Sömmerungsbeiträgen<br />

gestützt auf das BG von 1979 über<br />

Bewirtschaftungsbeiträge an die Landwirtschaft<br />

mit erschwerten Produktionsbedingungen;<br />

Neubau <strong>de</strong>r Zufahrtsstrasse<br />

1981 Eröffnung <strong>de</strong>r neuen Talkäserei "Chascharia<br />

Val Müstair" dank IHG-Beiträgen<br />

1986/89 neue Hirschpolitik <strong>de</strong>s Nationalparkes/neues<br />

kantonales Jagdgesetz von 1989<br />

1993 Inkrafttreten <strong>de</strong>s Art. 31b Landwirtschaftsgesetz<br />

(Direktzahlungen für biologischen Landbau)<br />

1993/94 Erneuerung <strong>de</strong>r Gebäu<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>r Alp Prave<strong>de</strong>r<br />

(gestützt auf die Strukturverbesserungsverordnung<br />

<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s)<br />

1994 Inkrafttreten <strong>de</strong>r Verordnung über Bewirtschaftungsbeiträge<br />

an die Landwirtschaft mit erschwerten<br />

Produktionsbedingungen<br />

seit 1994<br />

Schutzbestimmungen: 9 Flachmoor-, 6 Auenbiotope<br />

sowie 2 Blockgletscher, Moorlandschaft<br />

ML-368 Buffalora, BLN-Objekt Nr. 1915<br />

(Schweiz. Nationalpark und Randgebiete)<br />

Verhin<strong>de</strong>rung von baulichen Nutzungen<br />

und technischen Anlagen (ausgenommen<br />

die Land- und Forstwirtschaft)<br />

Stützung <strong>de</strong>r Alpsömmerung, bessere<br />

Erschliessung<br />

Verbesserte Milchverwertung<br />

Bessere Bestan<strong>de</strong>sregulation<br />

För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Umstellung <strong>de</strong>s Alpbetriebes<br />

<strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> und <strong>de</strong>s Klosters<br />

auf Biolandbau<br />

bessere Bewirtschaftungsbedingungen<br />

Verbot <strong>de</strong>s Ausbringens von stickstoffhaltigen<br />

Mineraldüngern auf <strong>de</strong>n Alpen<br />

Teilweise Betretverbote (Moore) und<br />

Rücksichtsnahme auf Flora und Fauna,<br />

keine zonenwidrige Bauten möglich<br />

38 Landschaftsschutzzone gemäss Art. 61 Baugesetz <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Müstair (Stand Oktober 1999): Die Landschaftsschutzzone<br />

umfasst Natur- und Kulturlandschaften von beson<strong>de</strong>rer Schönheit und Eigenart. (Abs. 1);<br />

Die Erstellung von Bauten und Anlagen, Terrainverän<strong>de</strong>rungen, Abbauvorhaben, Materialablagerungen und<br />

an<strong>de</strong>re bauliche Vorkehren, die <strong>de</strong>m Schutzzweck entgegenstehen, sind nicht gestattet. Vorbehalten sind<br />

Bauten und Anlagen, soweit sie für die land- o<strong>de</strong>r forstwirtschaftliche Nutzung <strong>de</strong>s betreffen<strong>de</strong>n Gebietes<br />

notwendig sind und ein Standort ausserhalb <strong>de</strong>r Landschaftsschutzzone nicht zumutbar ist. Bestehen<strong>de</strong><br />

Bauten und Anlagen dürfen erneuert wer<strong>de</strong>n. (Abs. 2)<br />

P<br />

P<br />

Eig/N<br />

P<br />

P/Eig<br />

N (P)<br />

P<br />

P/Eig<br />

54


1997 Gründung <strong>de</strong>r Sortenorganisation Bündnerkäse<br />

(SOBK) mit <strong>de</strong>m Ziel <strong>de</strong>r Erhaltung<br />

und För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Spezialität „Bündner Bergkäse“,<br />

Koordination <strong>de</strong>r Absatzför<strong>de</strong>rungs-<br />

Massnahmen, Erhaltung und För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r<br />

Qualität. Seit 2000 vermehrter Verkauf auch<br />

ins Ausland. Der Biobergkäse aus <strong>de</strong>m Val<br />

Müstair wird im Rahmen <strong>de</strong>s Bündnerkäses<br />

via SOBK vermarktet. Unterstützt wer<strong>de</strong>n diese<br />

Massnahmen durch die Landwirtschaftliche<br />

Absatzför<strong>de</strong>rungsverordnung; RGVE-Beiträge<br />

für Rin<strong>de</strong>r (Nicht-Milchkühe); neue Sömmerungsbeitragsverordnung.<br />

2002 Integration <strong>de</strong>s Reifungskellers Landquart in<br />

die Emmi AG, nach <strong>de</strong>m Konkurs <strong>de</strong>r Swiss<br />

Dairy Food (früher Toni)<br />

2002 Inkrafttreten <strong>de</strong>s Agrarabkommens mit <strong>de</strong>r EU<br />

(Käseabkommen), Verordnung vom 8. März<br />

2002 über die Ein- und Ausfuhr von Käse zwischen<br />

<strong>de</strong>r Schweiz und <strong>de</strong>r Europäischen Gemeinschaft<br />

(Verordnung über <strong>de</strong>n Käsehan<strong>de</strong>l<br />

mit <strong>de</strong>r EG)<br />

2003 Sömmerungsbeiträge für behirtete Schafher<strong>de</strong>n<br />

(Sömmerungsbeitragsverordnung vom<br />

24. April 2002)<br />

Zentralisierte und einigermassen gesicherte<br />

Vermarktung ausserhalb <strong>de</strong>s Val<br />

Eig/N<br />

Müstair. Stützung <strong>de</strong>r Rin<strong>de</strong>ralpung.<br />

Verbot <strong>de</strong>r Verwendung von alpfrem<strong>de</strong>m<br />

Dünger. In <strong>de</strong>r Folge Umstellung auf<br />

Biolandbau<br />

Preisdruck auf die Milch und Mengenbeschränkungen,<br />

Beginn eigener Vermarktungsstrategien<br />

(via Molkerei Bever) und<br />

Umstellung auf Mutterkuhhaltung und<br />

Fleischproduktion<br />

Erleichterung <strong>de</strong>s Exportes von Käse in<br />

die EU (auch <strong>de</strong>s Importes), die Ausfuhrbeihilfe<br />

für Bergkäse liegt höher als<br />

für Bündner Käse (1,47 Fr. gegenüber<br />

1.04 Fr/kg netto, seit 2002, dann regressiv<br />

auf 0 bis 2007); <strong>de</strong>r Export ins Südtirol<br />

ist allerdings erschwert durch die<br />

fehlen<strong>de</strong> Veterinärprüfstelle am italienischen<br />

Zoll.<br />

För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Behirtung <strong>de</strong>r Schafher<strong>de</strong><br />

zur Vermeidung von Vegetationsschä<strong>de</strong>n<br />

und Konflikten mit <strong>de</strong>r Jagd/-<br />

Wildhut<br />

N<br />

P/N<br />

P/Eig<br />

5.2. Fokusthema Tourismus<br />

5.2.1. Akteurnetz<br />

Das Akteurnetz hat sich seit 1970 stark institutionalisiert. In jüngster Zeit reformierte sich die<br />

Vermarktungsstruktur <strong>de</strong>s Tourismus Val Müstair und eine Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m Nationalpark<br />

und <strong>de</strong>m Unterengadin wur<strong>de</strong> aufgenommen. Gleichzeitig sind seit 1990 neue Angebote<br />

und Nachfragen im Bereich out-door-Sport (namentlich Mountain Bike und Trekking)<br />

hinzugekommen. Zu<strong>de</strong>m ermöglicht das Internet eine weltweite Verbreitung von privaten und<br />

öffentlichen Informationen über das Val Mora.<br />

55


Abb. 7: Akteuranalyse Tourismus 2003 (Legen<strong>de</strong>: Der Pfeil mit offener Spitze gibt eine<br />

schwache Einflusswirkung an; Pfeil mit beidseitigen Spitzen: ausgeglichene Einflussrichtung;<br />

Pfeil mit gefüllter Spitze: stärkere Einflusswirkung, fett: potenziell konflikthafte Beziehung)<br />

Bund<br />

Kanton<br />

Interreg, RegioPlus-Sekretariat<br />

Naturschutz (privat, öffentlich)<br />

Homepages<br />

Tourismus Val Müstair<br />

Ferienanbieter,<br />

Touroperators<br />

Tourist/in<br />

Forstdienst<br />

Militär<br />

Corporaziun regiunala<br />

Val Müstair CRVM<br />

(Fachkommission Tourismus)<br />

Jagd/Wildhut<br />

Fonds<br />

Wirtschaftsför<strong>de</strong>rung/MovingAlps<br />

Wirtschaftsforum Unterengadin/Münstertal<br />

Gemein<strong>de</strong> Müstair<br />

Kantonales Raumplanungsamt<br />

Art. 24 RPG<br />

Tourismus Müstair<br />

Corporaziun Provedimaint Electric<br />

Val Müstair (PEM)<br />

Bun<strong>de</strong>samt für Raumentwicklung<br />

5.2.2. Eigentumsrechte<br />

Sie sind i<strong>de</strong>ntisch mit <strong>de</strong>njenigen <strong>de</strong>s Fokusthemas Alpwirtschaft. Zusätzliche Eigentumsrechte<br />

für die Nutzung <strong>de</strong>r Landschaft bestehen nicht.<br />

5.2.3. Nutzungsrechte und genutzte Güter und Dienstleistungen<br />

Das herkömmliche touristische Angebot erlebte in <strong>de</strong>n 90er Jahren eine Ergänzung durch<br />

das Mountain Biking. Die Mountain Biker informieren sich über Fachzeitschriften und Tourenbeschreibungen,<br />

namentlich seit 1995 auch über das Internet. Neben <strong>de</strong>r offiziellen Homepage<br />

<strong>de</strong>s Tourismus Val Müstair (www.<strong>val</strong>müstair.ch) fin<strong>de</strong>t man über das Suchwort „Val Mora“<br />

zahlreiche nationale und internationale private Homepages, die namentlich ihre Bike-Erlebnisse<br />

und Tourenvorschläge präsentieren. Auch Anbieter von geführten Touren offerieren via<br />

Internet ihre Angebote. Die auf <strong>de</strong>n Webseiten zu fin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Informationen über das Tal sind<br />

sehr erlebnis- und Biker-orientiert, sie weisen selten auf die offizielle Homepage <strong>de</strong>r Region<br />

hin. Auch ist die Tatsache, dass es sich um eine geschützte und sensible Landschaft han<strong>de</strong>lt,<br />

kaum je erwähnt. Ähnliches ist auch von Tour-Operators o<strong>de</strong>r Kleinanbietern von Aktivferienangeboten<br />

zu sagen. Die Mountain Bike-Routen sind im Wal<strong>de</strong>ntwicklungsplan 1995 und im<br />

regionalen Richtplan 1999 (als Ausgangslage) eingetragen. Im Val Mora verläuft eine Route<br />

entlang <strong>de</strong>s Hauptweges nach Jufplaun (quert dort die Moorlandschaft Buffalora) zum Ofenpass.<br />

Es fehlt dort allerdings die Bezeichnung <strong>de</strong>r Verbindung nach Fraele, obwohl sie Gegenstand<br />

<strong>de</strong>s Nationalpark Bike-Marathon ist (Zollbestimmung). Im Interreg-Projekt zum<br />

Thema Radwege sollen diese Routen vertieft geprüft wer<strong>de</strong>n.<br />

56


Schliesslich erlaubt das allgemeine Zutrittsrecht 39 die freie Begehung <strong>de</strong>s Tales, soweit dies<br />

nicht beispielsweise durch Biotopschutzbestimmungen 40 o<strong>de</strong>r das Jagdgesetz 41 eingeschränkt<br />

ist. Die Biker/innen und Wan<strong>de</strong>r/innen stützen sich ebenfalls auf das Je<strong>de</strong>rmannszutrittsrecht<br />

für Wald und Wei<strong>de</strong> (Art. 699 ZGB) und auf Art. 17, 63-65 <strong>de</strong>r Signalisationsverordnung<br />

SSV, welche Ausnahmen vom allgemeinen Fahrverbot auf Forststrassen durch entsprechen<strong>de</strong><br />

Signalisierung möglich machen. Der Nationalpark Bike-Marathon, <strong>de</strong>r 2002 zum<br />

ersten Mal durchgeführt wur<strong>de</strong>, führt über <strong>de</strong>n Cruschetta ins Val Mora und Vau. Probleme<br />

wur<strong>de</strong>n im vergangenen Jahr nicht geortet. Allerdings könnte die zunehmen<strong>de</strong> Attraktivität<br />

<strong>de</strong>s Val Mora als Bikerroute zu Konflikten mit <strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>r/innen sowie mit <strong>de</strong>m alpwirtschaftlichen<br />

Verkehr führen.<br />

Die Benutzung und Herstellung von Internetseiten stützt sich auf das verfassungsmässige<br />

Grundrecht <strong>de</strong>r Meinungs- und Informationsfreiheit (Art. 16 BV) und das Urheberrechtsgesetz<br />

(URG). Interessanterweise sind zwar die fotografischen Aufnahmen von Landschaftserlebnissen<br />

im Val Mora (und generell) urheberrechtlich geschützt (Art. 2 URG), die fotografierten<br />

Landschaften und die Lan<strong>de</strong>igentümer und Inhaber von Nutzungsrechten hingegen<br />

vermutlich nicht. Daher kann die Gemein<strong>de</strong> Müstair beispielsweise auch keine Gebühr für<br />

das Fotografieren o<strong>de</strong>r das Errichten einer privaten Homepage über das Val Mora erheben.<br />

Die Benutzung <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Zufahrten ins Val Mora (links- und rechtsseitig) steht <strong>de</strong>m landund<br />

forstwirtschaftlichen Verkehr sowie <strong>de</strong>n Fussgängern und Bikern (gemäss Signalisation)<br />

offen. Ein Benutzungsreglement, welches für alle Forst- und Alpwege von Valchava, Sta. Maria<br />

und Müstair gilt, <strong>de</strong>finiert seit 2002 die Befahrung <strong>de</strong>s Weges mit Motorfahrzeugen. Zuvor<br />

war das Fahrverbot während gewissen Tageszeiten aufgehoben wor<strong>de</strong>n, was zu Konflikten<br />

unter <strong>de</strong>n Nutzern (schlechte Kontrolle) und vor allem mit <strong>de</strong>m Forstdienst (Subventionen für<br />

<strong>de</strong>n Strassenunterhalt) führte.<br />

Die militärischen "Touristen" basieren auf <strong>de</strong>r internen Organisation <strong>de</strong>r militärischen Koordinationsstelle<br />

12 in Chur. Erst seit ca. 1996 wur<strong>de</strong> die Schiessplatznutzung auf Wunsch <strong>de</strong>r<br />

Bewohner/innen <strong>de</strong>s Val Müstair wie<strong>de</strong>r aufgenommen (Aussage von Bruno Ba<strong>de</strong>r, Waffenund<br />

Schiessplatzverwaltung Graubün<strong>de</strong>n).<br />

Tab. 17: Mit formellen und informellen Nutzungsrechten erfasste Güter und Dienstleistungen<br />

im Bereich Tourismus 2003 (informelle Nutzungsrechte: kursiv gedruckt) sowie die Verän<strong>de</strong>rungen<br />

1970-2003<br />

Betroffene Güter und Nutzergruppe mit entsprechen<strong>de</strong>n Rechten Verän<strong>de</strong>rung 1970-2003<br />

Dienstleistungen<br />

1a) Bereitstellung <strong>de</strong>r (a-<br />

)biotischen Raumfaktoren<br />

(formell o<strong>de</strong>r informell)<br />

Jagd, Wildhut, Landwirtschaft: Nutzungsrechte<br />

Amt für Natur und Umwelt: Naturschutzgesetz<br />

(Bund, Kanton)<br />

Gemein<strong>de</strong>; Kanton: Schutzverfügung<br />

Touristen: ZGB 699<br />

Tourismus Val Müstair<br />

Touroperator, Homepagebetreiber: Urheberrecht<br />

Corporziun regiunala, PEM: Regionalpolitik, pri-<br />

Die Verän<strong>de</strong>rung betrifft die Fusion<br />

<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Korporationen. Die Nutzung<br />

ist insgesamt stärker von <strong>de</strong>r<br />

Schutzgesetzgebung (Landschaftsschutzzone<br />

Mora, Naturschutzbestimmungen)<br />

geprägt. Der Kanton<br />

ist stärker über die Gesetze involviert<br />

(Bau- und Planungsgesetze).<br />

39 Art. 699 ZGB: Das Betreten von Wald und Wei<strong>de</strong> und die Aneignung wildwachsen<strong>de</strong>r Beeren, Pilze u. dgl. sind<br />

in ortsüblichem Umfange je<strong>de</strong>rmann gestattet, soweit nicht im Interesse <strong>de</strong>r Kulturen seitens <strong>de</strong>r zuständigen<br />

Behör<strong>de</strong> einzelne bestimmt umgrenzte Verbote erlassen wer<strong>de</strong>n. (Abs. 1), Über das Betreten frem<strong>de</strong>n Eigentums<br />

zur Ausübung von Jagd und Fischerei kann das kantonale Recht nähere Vorschriften aufstellen. (Abs. 2)<br />

40 kantonale Verordnung über <strong>de</strong>n Natur- und Heimatschutz, Art. 13, Abs. 1: Grundstücke von Gemein<strong>de</strong>n und<br />

an<strong>de</strong>ren Korporationen <strong>de</strong>s öffentlichen Rechtes, welche historisch <strong>de</strong>nkwürdige Stätten sind o<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>nen<br />

sich historische Bauten, Überreste von solchen o<strong>de</strong>r Natur<strong>de</strong>nkmäler befin<strong>de</strong>n, dürfen nur mit Genehmigung <strong>de</strong>r<br />

Regierung veräussert wer<strong>de</strong>n. Wird die Genehmigung erteilt, ist sie von Bedingungen abhängig zu machen, welche<br />

zum Beispiel das allgemeine Zutrittsrecht, die unverän<strong>de</strong>rte Erhaltung <strong>de</strong>r zu schützen<strong>de</strong>n Obekte, <strong>de</strong>n öffentlich-rechtlichen<br />

Rückerwerb durch die Gemein<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r durch <strong>de</strong>n Kanton gewährleisten.<br />

41 Art. 27 Abs. 2: Wenn Störungen in Wil<strong>de</strong>instandsgebieten das ortsübliche Mass übersteigen und das Leben und<br />

Ge<strong>de</strong>ihen <strong>de</strong>s Wil<strong>de</strong>s beeinträchtigen, können die Gemein<strong>de</strong>n das Zutrittsrecht zu diesen örtlich und zeitlich<br />

einschränken. Gegenteilige Interessen sind beim Entscheid zu berücksichtigen.<br />

57


1c) Speicher genetischer<br />

Vielfalt<br />

1e) Regulation dynamischer<br />

Prozesse (Naturereignisse)<br />

vate Wirtschaftsför<strong>de</strong>rung<br />

VBS Waffen- und Schiessplatzverwaltung: Militärgesetz<br />

Jagd, Wildhut, Landwirtschaft: Nutzungsrechte<br />

Amt für Natur und Umwelt, Pro Natura: Naturschutzgesetz<br />

(Bund, Kanton), Raumplanungsgesetz<br />

(Bund, Kanton)<br />

Gemein<strong>de</strong>; Kanton: Schutzverfügung<br />

Touristen: ZGB 699<br />

Touroperator, private Homepagebetreiber: Urheberrecht<br />

Consorzi forestal, Forstdienst, Bauern: Waldgesetz<br />

Gemein<strong>de</strong>, Kantonale Fachstelle: Wasserbaugesetz<br />

Naturschutzfachstelle: Landschaftsschutzgebiet,<br />

Biotope<br />

Touristen: ZGB 699<br />

Touroperator, private Homepagebetreiber: Urheberrecht<br />

Als neuer Akteur taucht die Pro<br />

Natura auf. Die freie Aneignung erfolgt<br />

neu über das Internet.<br />

dito<br />

Die Akteure sind unverän<strong>de</strong>rt, aber<br />

die Nutzungsrechte klarer über die<br />

Gesetze <strong>de</strong>finiert (Ausnahme Touristen)<br />

1f) Regulation <strong>de</strong>r Populationsdynamik<br />

1g) Raum <strong>de</strong>r Naturgeschichte<br />

und <strong>de</strong>r -wissenschaft<br />

2a) Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen<br />

Nutzung<br />

2b) Raum <strong>de</strong>r forstwirtschaftlichen<br />

Nutzung<br />

2d) Räumliche Strukturierung<br />

<strong>de</strong>r Mobilität und<br />

<strong>de</strong>s Transportes<br />

2e) Raum <strong>de</strong>r Kulturgeschichte<br />

und <strong>de</strong>s baulichen<br />

Erbes<br />

2f) Raum <strong>de</strong>r kulturellen<br />

Diversität<br />

2g) Ort <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheit<br />

und <strong>de</strong>s Wohlbefin<strong>de</strong>ns<br />

Jäger und Wildhut: Patent<br />

Touristen: ZGB 699<br />

Touroperator, private Homepagebetreiber: Urheberrecht<br />

Forstdienst, Alpwirtschafter, an<strong>de</strong>re Wegbenutzer:<br />

Reglement für die Strassenbenutzung<br />

Landwirtschaft: Landwirtschaftsgesetz<br />

Touristen: ZGB 699<br />

Touroperator, private Homepagebetreiber: Urheberrecht<br />

Touristen: ZGB 699<br />

Touroperator, private Homepagebetreiber: Urheberrecht<br />

Touristen: ZGB 699<br />

Touroperator, private Homepagebetreiber: Urheberrecht<br />

Corporziun regiunala, PEM: Regionalpolitik, private<br />

Wirtschaftsför<strong>de</strong>rung<br />

Gemein<strong>de</strong>: Strassenbenutzungsreglement<br />

Forstdienst: WEP<br />

Ferienhausbesitzer Stretta: Raumplanungsgesetz<br />

(Bund, Kanton)<br />

Bevölkerung: kein eigentliches Recht<br />

Heimatschutz/Denkmalpflegestellen: Natur- und<br />

Heimatschutzgesetz<br />

Älpler: Raumplanungsgesetz (Bund, Kanton),<br />

Landwirtschaftsgesetz<br />

Touristen: ZGB 699<br />

Landwirte, Naturschutzfachstelle, Bevölkerung,<br />

Touristen<br />

Touroperator, Homepagebetreiber: Urheberrecht<br />

Bevölkerung: kein eigentliches Recht<br />

Die Jagdnutzung ist klarer <strong>de</strong>finiert.<br />

Das Konfliktpotenzial zum Tourismus<br />

ist gewachsen (Diskussion<br />

Jagd-Nationalpark-Tourismus)<br />

Der Wegebau im Val Vau führte zu<br />

gewissen Verän<strong>de</strong>rungen und Störungen<br />

<strong>de</strong>s Naturraumes<br />

Die Verän<strong>de</strong>rung betreffen die Fusion<br />

<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Korporationen und<br />

die Aufgabe <strong>de</strong>r Alpkäsereien. Die<br />

Nutzung ist insgesamt stärker von<br />

<strong>de</strong>r Agrargesetzgebung, <strong>de</strong>n Naturschutzbestimmungen<br />

und <strong>de</strong>r<br />

Milchvermarktung (Bioprogramm,<br />

Jause) geprägt. Das Internet erlaubt<br />

neue Aneignungen.<br />

Die Nutzung ist stärker von <strong>de</strong>n<br />

Schutzbestimmungen und von <strong>de</strong>r<br />

Ökonomie geprägt. Das Internet<br />

erlaubt neue Aneignungen.<br />

Die Mobilität wird unterstützt durch<br />

die freie Aneignung via Internet.<br />

Neue Akteure sind <strong>de</strong>r Forstdienst<br />

und die Gemein<strong>de</strong>n, welche die<br />

Wegbenutzung regeln. Der Milchtransport<br />

erhöht das Konfliktpotenzial<br />

mit <strong>de</strong>n Touristen.<br />

Die Rechte sind stärker von übergeordneten<br />

Gesetzen geprägt.<br />

Hier spielt die verstärkte Aneignung<br />

via Internet ein Rolle.<br />

keine Verän<strong>de</strong>rung<br />

58


3a) Raum mit Erholungsfunktion<br />

3b) Raum grösstmöglicher<br />

freier Zugänglichkeit<br />

3c) Lieferant von Geschichten<br />

und Heimatbil<strong>de</strong>rn<br />

3d) Ort ästhetischer<br />

Landschaftswahrnehmung<br />

Touristen, Einheimische: ZGB 699<br />

Touroperator, Homepagebetreiber: Urheberrecht<br />

Corporaziun regiunala, PEM, Wirtschaftsforum:<br />

Regionalpolitik, private Wirtschaftsför<strong>de</strong>rung<br />

Touristen, Einheimische: ZGB 699<br />

Touroperator, Homepagebetreiber: Urheberrecht<br />

Militär: Schiessplatz gemäss Militärgesetz<br />

Bevölkerung: kein eigentliches Recht<br />

Militär: Schiessplatz gemäss Militärgesetz<br />

(Lärm)<br />

alle Akteure (Einheimische und Gäste): kein<br />

eigentliches Recht<br />

Touroperator, Homepagebetreiber: Urheberrecht<br />

Corporziun regiunala, PEM, Wirtschaftsforum:<br />

Regionalpolitik, private Wirtschaftsför<strong>de</strong>rung<br />

Die Aneignungsrechte wer<strong>de</strong>n verstärkt<br />

von Auswärtigen geltend gemacht.<br />

Institutionalisierte Akteure<br />

beginnen sich mit <strong>de</strong>m Val Mora zu<br />

beschäftigen (Nationalparkerweiterung,<br />

Biosphärenreservat)<br />

Das freie Zutrittsrecht tritt stärker in<br />

Konflikt mit <strong>de</strong>m militärgesetzlich<br />

und neu auch vertraglich verankerten<br />

Schiessbetrieb.<br />

keine Verän<strong>de</strong>rung<br />

Die Zunahme <strong>de</strong>r Akteure führt zu<br />

einem Konfliktpotenzial mit allen<br />

angestammten Nutzern, da konkrete,<br />

klären<strong>de</strong> Nutzungsrechte mit<br />

Ausnahme <strong>de</strong>r Schutzbestimmungen<br />

(Landschaftsschutzzone, Biotopschutz)<br />

fehlen.<br />

3e) Träger von Wertschöpfungen<br />

3f) Raum <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität<br />

und Lieferant von I<strong>de</strong>ntifikationsstrukturen<br />

Verkehrsverein Val Müstair, Gemein<strong>de</strong>, Consorzi<br />

forestal<br />

Touroperator, Homepagebetreiber: Urheberrecht<br />

Corporziun regiunala, PEM, Wirtschaftsforum:<br />

Regionalpolitik, private Wirtschaftsför<strong>de</strong>rung<br />

Einheimische: kein eigentliches Recht<br />

Die Akteure nehmen zu. Es bestehen<br />

kaum formale Nutzungsrechte.<br />

keine Verän<strong>de</strong>rung<br />

5.2.4. Öffentliche Politiken<br />

Im Jahr 2003 wur<strong>de</strong> ein Fahrverbot für nicht-land- und forstwirtschaftlichen Verkehr für bei<strong>de</strong><br />

Zufahrtsstrassen (Forststrasse ab Valchava und alte Strasse ab Sta. Maria) verhängt, um die<br />

Höhe <strong>de</strong>r forstlichen Subventionen für die Instandsetzung <strong>de</strong>r Strassen (Unwetterschä<strong>de</strong>n)<br />

gemäss eidg. Waldgesetz zu rechtfertigen. Seit 2002 besteht ein neues Benutzungsreglement<br />

<strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n Valchava, Sta. Maria und Müstair, welche die Befahrung verschie<strong>de</strong>ner<br />

Forst- und Alpwege regelt und Ausnahmen <strong>de</strong>s Fahrverbotes gegen Gebühr (10.- Fr. für eine<br />

Fahrt pro Tag, 50.- Fr. pro Monat und 150.- Fr. pro Jahr für Fahrzeuge bis 3,5 t) aufgrund von<br />

festgelegten Kriterien erteilt.<br />

Im weiteren gelangen nach Auskunft <strong>de</strong>s Gemein<strong>de</strong>präsi<strong>de</strong>nten von Müstair immer mehr Anfragen<br />

an die Gemein<strong>de</strong>, ob nicht eine dauerhafte Verpflegungs- und gar Beherbergungsmöglichkeit<br />

im Val Mora bereitgestellt wer<strong>de</strong>n könnte. Gleichzeitig dürfte eine solche bauliche<br />

Tätigkeit (z.B. als Umbau einer aufgegebenen Alphütte) in einem Landschaftsschutzgebiet im<br />

Lichte <strong>de</strong>s eidgenössischen Raumplanungsgesetzes (RPG) kaum möglich sein. Opposition<br />

dürfte hier mit Sicherheit von Naturschutzkreisen (und ev. auch vom Tourismus Val Müstair,<br />

siehe Aussage von Vito Stupan Kap. 2.6.1) kommen. Die kürzlich abgebrannte Jagdhütte im<br />

Jufplaun (im Besitz <strong>de</strong>r Jäger) beispielsweise hätte gemäss Aussage <strong>de</strong>s Gemein<strong>de</strong>präsi<strong>de</strong>nten<br />

um 30% vergrössert wie<strong>de</strong>r aufgebaut wer<strong>de</strong>n sollen, was aber vom kantonalen<br />

Raumplanungsamt mit <strong>de</strong>m Hinweis auf die Landwirtschaftszone abgelehnt wur<strong>de</strong>.<br />

Gemäss Baugesetz <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Müstair von 1999 sind Bauten und Anlagen nur zulässig,<br />

wenn sie für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung notwendig sind. Die Erneuerung bestehen<strong>de</strong>r<br />

Bauten ist aber explizit zulässig (Art. 61 Abs. 2 BauG). Die Frage <strong>de</strong>r Zulassung<br />

von Umnutzungen bestehen<strong>de</strong>r Gebäu<strong>de</strong> ist allerdings Sache <strong>de</strong>s Kantons, <strong>de</strong>r dies im Lichte<br />

von Art. 9a <strong>de</strong>s Raumplanungsgesetzes für <strong>de</strong>n Kanton Graubün<strong>de</strong>n (standortgebun<strong>de</strong>ne<br />

Bauten und Anlagen) prüft. Gemäss <strong>de</strong>r kantonalen Raumplanungsverordnung von 1986<br />

59


(KRVO) gelten u.a. auch Bergrestaurants als standortgebun<strong>de</strong>n ausserhalb <strong>de</strong>r Bauzonen<br />

(Art. 6 KRVO). Ein Umbau reiner Stallbauten zu Wohnzwecken ist unter <strong>de</strong>m Begriff "Teilweise<br />

Än<strong>de</strong>rung" unzulässig (Art. 8 KRVO). Die Nachbearbeitung <strong>de</strong>r Ortsplanung Müstair<br />

sieht in <strong>de</strong>r Gefahrenkarte gera<strong>de</strong> für die nicht mehr alpwirtschaftlich genutzte Alp Sprella<br />

keine grundsätzliche Einschränkung einer Umbautätigkeit <strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n Gebäu<strong>de</strong> vor<br />

(Gefahrenzone mit geringer Gefahr). Dennoch könnte dies bei zunehmen<strong>de</strong>n Naturereignissen<br />

(Klimawan<strong>de</strong>l) zu einem Politikum wer<strong>de</strong>n. Gemäss <strong>de</strong>r kantonalen Schutzverordnung für<br />

das Val Mora dürfen Bauten und neue Wege mit Ausnahme von Wan<strong>de</strong>rwegen nur für landund<br />

forstwirtschaftliche Zwecke erstellt wer<strong>de</strong>n. Alle an<strong>de</strong>ren Bauten sind verboten. Offen<br />

bleibt hier die Frage <strong>de</strong>r Umnutzung bestehen<strong>de</strong>r Gebäu<strong>de</strong>.<br />

5.2.5. Einflussfaktoren <strong>de</strong>r Landschaftsnutzung im Bereich Tourismus<br />

Wesentliche Einflüsse auf die touristische Landschaftsnutzung erfolgte aufgrund <strong>de</strong>r Unterschutzstellung<br />

<strong>de</strong>s Lai da Rims (mit Val Vau) 1969/2001 und <strong>de</strong>s Val Mora. Touristisch von<br />

Be<strong>de</strong>utung sind auch die 1989, 1998 und 2000 geän<strong>de</strong>rten Regelungen für das Bauen ausserhalb<br />

<strong>de</strong>r Bauzone (Tabelle 18).<br />

Die Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Landschaftsnutzung sind vor allem im Bereich <strong>de</strong>r zur Feriennutzung<br />

umgebauten Alpgebäu<strong>de</strong>s Sprella und <strong>de</strong>s auffälligen ehemaligen Militärgebäu<strong>de</strong>s Stretta<br />

sichtbar. Es ist auch <strong>de</strong>r Ausbau <strong>de</strong>r Wan<strong>de</strong>rwege namentlich vom Umbrail in Richtung Lai<br />

da Rims zu erwähnen. Der jüngste Ausbau (2002) <strong>de</strong>r alten Zufahrtsstrasse von Sta. Maria<br />

auf <strong>de</strong>r rechten Val Vau-Seite ist mit einer rein land- und forstwirtschaftlichen Nutzung nicht<br />

zu erklären.<br />

Der zunehmen<strong>de</strong> Wan<strong>de</strong>r- und Bikertourismus kann mit <strong>de</strong>n Interessen <strong>de</strong>r Jagd und <strong>de</strong>r<br />

Landwirtschaft in Konflikt geraten, obwohl dies heute noch kaum <strong>de</strong>r Fall ist. Die militärische<br />

Nutzung <strong>de</strong>s Tales hinterlässt nicht selten für die Jagd und die Landwirtschaft gefährliche<br />

Spuren (Blindgänger), <strong>de</strong>r Schiessbetrieb führt zu Konflikten mit <strong>de</strong>m Ausflugstourismus und<br />

<strong>de</strong>r Jagd. Die meisten Einflussfaktoren gehen von öffentlichen Politiken aus und schränken<br />

das freie Zutrittsrecht gemäss ZGB ein.<br />

60


Tab. 18: Chronologie <strong>de</strong>r Einflussfaktoren <strong>de</strong>r Landschaftsnutzung im Bereich Tourismus in<br />

Bezug auf die Regimefaktoren (P: öffentliche Politiken, Eig: Eigentums- und Nutzungsrechte,<br />

N: nicht-regimebezogener Faktor)<br />

Jahr<br />

seit <strong>de</strong>n<br />

40er<br />

Jahren<br />

Einflussfaktoren <strong>de</strong>r Landschaftsnutzung<br />

Militärische Nutzung als Schiessplatz<br />

1969 Unterschutzstellung <strong>de</strong>s Lai da Rims und<br />

Umgebung als Landschaftsschutzzone<br />

1979 Unterschutzstellung <strong>de</strong>s Val Mora als Landschaftsschutzzone<br />

seit<br />

1994<br />

seit<br />

1995<br />

Schutzbestimmungen: 9 Flachmoor- und 6<br />

Auenbiotope sowie 2 Blockgletscher, Moorlandschaft<br />

ML-368 Buffalora, BLN-Objekt<br />

Nr. 1915 (Schweizerischer Nationalpark<br />

und Randgebiete)<br />

Einführung <strong>de</strong>r Interreg-Projekte gestützt<br />

auf <strong>de</strong>n "Bun<strong>de</strong>sbeschluss über die För<strong>de</strong>rung<br />

von Aktivitäten <strong>de</strong>r grenzüberschreiten<strong>de</strong>n<br />

Zusammenarbeit durch Kantone<br />

und Regionen im Rahmen <strong>de</strong>r Gemeinschaftsinitiative<br />

INTERREG II in <strong>de</strong>n<br />

Jahren 1995-1999" (BBl 1995 I 309) sowie<br />

<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sgesetzes INTERREG III von<br />

1999<br />

1998 Revision <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sgesetzes über die<br />

Raumplanung (RPG im Bereich <strong>de</strong>s Bauens<br />

ausserhalb <strong>de</strong>r Bauzone<br />

Folgen<br />

Einschränkung <strong>de</strong>r Begehbarkeit und <strong>de</strong>s<br />

Erholungswertes<br />

Verzicht auf bauliche Nutzungen und technische<br />

Anlagen (wie für die Wasserkraft),<br />

Camping- und Gebirgslan<strong>de</strong>plätze<br />

Verhin<strong>de</strong>rung von baulichen Nutzungen<br />

und technischen Anlagen (ausgenommen<br />

die Land- und Forstwirtschaft)<br />

Teilweise Betretverbote (Moore) und Rücksichtsnahme<br />

auf Flora und Fauna, keine<br />

zonenwidrige Bauten möglich<br />

Auftritte an Ausstellungen sowie weitere<br />

touristische Projekte, z.B. im Bereich <strong>de</strong>r<br />

Fahrradwege<br />

Zunahme <strong>de</strong>r Umnutzungsmöglichkeiten<br />

bestehen<strong>de</strong>r Gebäu<strong>de</strong> für nicht-landwirtschaftliche<br />

Zwecke<br />

2001 Schutz- und Nutzungsplan Val Müstair Verzicht auf Wasserkraftnutzungen und<br />

bauliche Verän<strong>de</strong>rungen an <strong>de</strong>n Gewässern<br />

im Val Vau/Lai da Rims, Erhöhung<br />

<strong>de</strong>r Restwassermengen während <strong>de</strong>r Vegetationsperio<strong>de</strong><br />

am Abfluss Aua da Vau<br />

2002 Regio-Plus-Finanzierung für <strong>de</strong>n gemeinsamen<br />

Auftritt unter <strong>de</strong>m Logo "Die Nationalparkregion"<br />

gestützt auf <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>sbeschluss<br />

über die Unterstützung <strong>de</strong>s Strukturwan<strong>de</strong>ls<br />

im ländlichen Raum von 1997<br />

(Regio Plus)<br />

2002 Erstmalige Durchführung <strong>de</strong>s Nationalpark<br />

Bike-Marathon durch das Val Mora/Val Vau<br />

2002 Benutzungsreglement für bei<strong>de</strong> Zufahrtsstrassen<br />

ins Val Mora<br />

2003 Wildschutzgebiet gemäss kantonalem<br />

Jagdgesetz von 1989. Das Wildschutzgebiet<br />

Munt Grond befand sich 2003 in Vernehmassung<br />

bei <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Müstair. Es<br />

resultierte ein positiver Entscheid.<br />

Aktivere Vermarktung auch <strong>de</strong>s Val Mora<br />

Stärkere Belastung <strong>de</strong>s Tales am Wettkampftag<br />

sowie erhöhte Attraktivität für die<br />

Biker und Wünsche für Beherbergungsstruktur<br />

Ursache<br />

(P/Eig/N)<br />

P/Eig<br />

P/Eig<br />

P/Eig<br />

P/Eig<br />

P/N<br />

P/Eig<br />

Eig<br />

P/N<br />

Eig<br />

Die Ausnahmen vom Fahrverbot wer<strong>de</strong>n Eig<br />

geregelt und es wer<strong>de</strong>n Gebühren erhoben.<br />

Das Wildschutzgebiet befin<strong>de</strong>n sich unterhalb<br />

<strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n Tourenskirouten und<br />

P/Eig<br />

soll zum Bestan<strong>de</strong>sschutz beitragen.<br />

5.3. Akteurverän<strong>de</strong>rung 1970-2003<br />

–Fokusthema Alpwirtschaft<br />

Ausgehend von <strong>de</strong>n Akteuranalysen 1970 und 2003 lässt sich feststellen, dass sich die starke<br />

interventionistische Stellung <strong>de</strong>r Landwirtschaftspolitik <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s aufgrund <strong>de</strong>s Paradigmawechsel<br />

1992 abgeschwächt hat und die Alpbauern nun zu einer vermehrten Eigenver-<br />

61


antwortung und einem Unternehmertum –wenn auch noch in unvollständiger Weise (Bsp.<br />

Milchkontingente) – geführt wer<strong>de</strong>n. Neben <strong>de</strong>m Bund tauchen daher neue starke Akteure<br />

ausserhalb <strong>de</strong>s früheren Wirtschaftsraumes Val Müstair in Form <strong>de</strong>s Milchwirtschaftskonzerns<br />

Emmi AG (zuvor Toni Molkerei und Swiss Diary Food) auf, <strong>de</strong>r die Vermarktung und<br />

Preisgestaltung via Reifungskeller Landquart massgeblich bestimmt. Gleichzeitig haben meliorationsbedingte<br />

Konzentrationsprozesse eingesetzt, die heute noch nicht abgeschlossen<br />

sind. Die Zahl <strong>de</strong>r Akteure nimmt daher ab. Die Schnittstelle zur Regionalwirtschaft und zum<br />

Tourismus wird hingegen stärker, da sich aus entsprechen<strong>de</strong>n Nutzungskombinationen auch<br />

Einkommensvorteile ergeben können. Die erfolgte vollständige Umstellung <strong>de</strong>r Milchwirtschaftsbetriebe<br />

auf das Bioprogramm dürfte diese Aussichten noch verbessern.<br />

–Fokusthema Tourismus<br />

Der Vergleich <strong>de</strong>r Akteurbeziehungen zeigt auch im Bereich <strong>de</strong>s Tourismus eine Zunahme<br />

<strong>de</strong>s Institutionalisierungsgra<strong>de</strong>s (Vereinfachung <strong>de</strong>r Struktur <strong>de</strong>r Verkehrsvereine). Die Zunahme<br />

neuer Akteure betrifft die kaum institutionell eingebun<strong>de</strong>nen Akteure neuer Sportarten<br />

wie Mountain Biking. Hieraus entstan<strong>de</strong>n auch organisierte Anlässe, die temporäre Belastungen<br />

für das Tal mit sich bringen (Zuschauer, Verkehr, latente Ansprüche an bessere Infrastruktur)<br />

geführt haben. Diese Akteure sind bislang noch kaum in das Ressourcenregime<br />

einbezogen wor<strong>de</strong>n. Gleiches gilt auch für die seit 1995 aufkommen<strong>de</strong>n Homepage-Betreiber,<br />

die ihre Informationen betreffend Mountain Bike und sonstige Sport- und Naturerlebnisse<br />

weltweit verbreiten können. Diese „Outs“ können sich auch entsprechend organisieren, beispielsweise<br />

via Touroperators, ohne dass die Region o<strong>de</strong>r die offizielle Tourismusstelle im<br />

Val Müstair etwas davon erfahren können. Konsequenzen in Bezug auf das Tourismusverhalten<br />

im Val Mora sind daher im voraus kaum kalkulierbar.<br />

–Rolle <strong>de</strong>r kollektiven Entscheidungsträger<br />

Zwischen 1970 und 2003 hat die Be<strong>de</strong>utung kollektiver Entscheidungsträger zugenommen,<br />

womit sich auch die institutionelle Kohärenz erhöhen konnte (Tabelle 19). Insbeson<strong>de</strong>re die<br />

Corporaziun regiunala Val Müstair, die mit Blick auf die Investitionshilfekredite 1971 gegrün<strong>de</strong>t<br />

wur<strong>de</strong>, vermochte eine Bin<strong>de</strong>funktion zwischen <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n einzunehmen. Das Wirtschaftsforum<br />

Unterengadin/Val Müstair wur<strong>de</strong> erst 2002 gegrün<strong>de</strong>t und koordiniert die regionalen<br />

Projekte, beispielsweise im Bereich Interreg. Neu ist auch die Zweigstelle <strong>de</strong>r movingAlps<br />

in Müstair, welche ebenfalls wirtschaftlich-pädagogische Projekte teilweise im Auftrag<br />

<strong>de</strong>r Corporaziun regiunala verfolgt. Analog zur Consorzi forestal, einem Zusammenschluss<br />

<strong>de</strong>r Wal<strong>de</strong>igentümer und Forstreviere 1941, welches die Holzernte, die Vermarktung<br />

und die Exportformalitäten regelt, besteht für <strong>de</strong>n landwirtschaftlichen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n gesamtlandschaftlichen<br />

Raum keine ähnliche Trägerschaft.<br />

62


Tab. 19: Charakterisierung beson<strong>de</strong>rer kollektiver Entscheidungsträger<br />

Fokusthema<br />

kollektiver Entscheidungsträger<br />

Rechte und Aufgaben Konstitution<br />

Alpwirtschaft<br />

Meliorationsgenossenschaft<br />

Val Müstair<br />

Corporaziun regiunala Val<br />

Müstair<br />

Käsereigenossenschaft<br />

Chascharia Val Müstair<br />

Alpkorporation Mora-<br />

Sprella<br />

„Schafher<strong>de</strong> Val Müstair“<br />

Finanzierungsquelle für Alpsanierung<br />

Entscheidungsgremium bez. Regionalentwicklung<br />

(IHG, Regio-<br />

Plus, Interreg u.a.)<br />

Milchabnahme und -verwertung,<br />

Preisverhandlung mit Emmi AG,<br />

Vermarktung<br />

Alpnutzung im Val Mora, Anstellung<br />

<strong>de</strong>s Alppersonals, Verhandlung<br />

mit <strong>de</strong>r Eigentümerin (Gemein<strong>de</strong>)<br />

Schafalpung, Verhandlung mit Alpkorporation<br />

und Eigentümern<br />

Genossenschafter sind Grundbesitzer<br />

und Bewirtschafter<br />

öffentlich-rechtliches Statut (Einsitz<br />

haben die Gemein<strong>de</strong>präsi<strong>de</strong>nten)<br />

Genossenschafter sind alle<br />

Milchbauern <strong>de</strong>s Tales<br />

Korporationsmitglie<strong>de</strong>r sind die<br />

Milchbauern von Müstair<br />

einfache Gesellschaft, die Nutzungsrechte<br />

und Anstellung <strong>de</strong>s<br />

Hirten sind bislang rein informeller<br />

Art<br />

Tourismus Tourismus Val Müstair Vermarktung Verein mit Mitglie<strong>de</strong>rn, eng koordiniert<br />

mit <strong>de</strong>r Corporaziun regiunala<br />

Corporaziun regiunala Val<br />

Müstair<br />

Wirtschaftsforum Unterengadin/Val<br />

Müstair<br />

movingAlps (Netzwerk von<br />

regionalen Initiativen im<br />

Bergell, Val Müstair und<br />

Puschlav)<br />

Alpkorporation Mora-Sprella<br />

Entscheidungsgremium bez. Regionalentwicklung<br />

(IHG, Regio-<br />

Plus, Interreg u.a.)<br />

Prüfstelle für Interreg-Projekte<br />

Projektträger<br />

Alpnutzung im Val Mora, Anstellung<br />

<strong>de</strong>s Alppersonals und Gebäu<strong>de</strong>nutzung<br />

(Jause), Verhandlung<br />

mit <strong>de</strong>r Eigentümerin (Gemein<strong>de</strong>)<br />

öffentlich-rechtliches Statut (Einsitz<br />

haben die Gemein<strong>de</strong>präsi<strong>de</strong>nten)<br />

einfache Gesellschaft, eng koordiniert<br />

mit <strong>de</strong>r Corporaziun regiunala<br />

und mit <strong>de</strong>r Corporaziun<br />

Provedimaint Electric Val Müstair<br />

PEM (Finanzierungsquelle)<br />

Initiative <strong>de</strong>s Istituto Svizzero di<br />

Pedagogia per la Formazione<br />

Professionale (Lugano), unterstützt<br />

von <strong>de</strong>r Jacobs Stiftung,<br />

<strong>de</strong>r ETH, <strong>de</strong>r Fondazione Progetto<br />

Poschiavo (FPP), <strong>de</strong>r Kantone<br />

VS, GR und TI u.a.<br />

Korporationsmitglie<strong>de</strong>r sind die<br />

Milchbauern von Müstair<br />

5.4. Analyse <strong>de</strong>s institutionellen Regimes aufgrund von Ausmass und Kohärenz<br />

Das institutionelle Regime lässt sich aufgrund <strong>de</strong>r Kohärenz <strong>de</strong>s Akteurnetzes und <strong>de</strong>s Ausmasses<br />

<strong>de</strong>r regulierten Güter und Dienstleistungen wie folgt beschreiben.<br />

–Ausmass<br />

Im Vergleich zu 1970 ist festzustellen, dass die relevanten Regulierungen im Bereich <strong>de</strong>r Güter<br />

<strong>de</strong>r ökologischen Landschaftsqualität mit Ausnahme <strong>de</strong>r kommunalen und kantonalen<br />

Schutzverfügung für das Gebiet Lai da Rims erst nach 1985 entstan<strong>de</strong>n sind. Die Schutzund<br />

Nutzungsplanung Val Müstair von 2001 verstärkt bis 2070 <strong>de</strong>n auch touristisch relevanten<br />

Verzicht auf jegliche zusätzliche Wasserkraftnutzung o<strong>de</strong>r Gewässerverän<strong>de</strong>rungen innerhalb<br />

<strong>de</strong>s Landschaftsschutzgebietes Lai da Rims und Umgebung. Die Sömmerungsbeitragsverordnung<br />

von 1997 hat die Umstellung auf Bioalpbetriebe geför<strong>de</strong>rt und namentlich<br />

die (a-)biotischen Raumfaktoren auf <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Alpen verbessert (Dienstleistung 1a). Die<br />

regulierungsdichte in <strong>de</strong>r Landwirtschaft ist als hoch anzusehen. Der Umbau <strong>de</strong>s landschaftlich<br />

exponierten Militärgebäu<strong>de</strong>s La Stretta sowie <strong>de</strong>ssen Nutzung als Ferienhaus konnte we-<br />

63


<strong>de</strong>r vom Schutzbeschluss 1979 noch durch das Raumplanungsgesetz und <strong>de</strong>ssen Vorgänger<br />

(dringlicher Bun<strong>de</strong>sbeschluss von 1972) korrigiert wer<strong>de</strong>n. Das Militärgesetz von 1995 verlangt<br />

eine stärkere Rücksichtnahme auf Natur und Landschaft. Die kantonale Jagdgesetzgebung<br />

erhöhte ebenfalls das Ausmass <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n Nutzungsregulierung. Im Bereich<br />

<strong>de</strong>s Bike-Tourismus ist die Entwicklung nicht reguliert und kaum regulierbar. Es ist daher<br />

wenig erstaunlich, dass die Güter <strong>de</strong>r ästhetischen (und auch kulturellen) Landschaftsqualität<br />

kaum reguliert (o<strong>de</strong>r regulierbar?) sind, aber vermehrt genutzt wer<strong>de</strong>n. Es könnten<br />

sich daher hier Konflikte mit <strong>de</strong>n angestammten Nutzern (Alpwirtschaft, Jagd, Militär, Forst)<br />

abzeichnen. Immerhin wur<strong>de</strong> jüngst (2002) ein Fahrverbot für die Forststrasse Val Vau verhängt.<br />

Das Ausmass für bei<strong>de</strong> Fokusthemen ist 2003 als mittel/hoch zu bezeichnen.<br />

–substanzielle Kohärenz<br />

Im Jahr 2003 kann die substanzielle Kohärenz <strong>de</strong>r Akteure im Bereich Alpwirtschaft als mittelhoch<br />

eingestuft wer<strong>de</strong>n. Die Akteurskoordination ist insofern stärker als 1970, als bei<strong>de</strong> Alpbetriebe<br />

Biobetriebe sind und daher nach festgelegten Richtlinien wirtschaften. Die 1970 getrennt<br />

wirtschaften<strong>de</strong>n Alpkäsereien orientierten sich noch nicht an gemeinsamen Produktionsrichtlinien.<br />

Die Biorichtlinien ermöglichen damit auch eine einheitlichere Nutzung <strong>de</strong>r<br />

ökologischen Güter und Dienstleistungen, wie Bo<strong>de</strong>n und Biodiversität (Verzicht auf alpfrem<strong>de</strong>n<br />

Dünger, Pestizi<strong>de</strong> etc.). Die neue talweite Käsereigenossenschaft und die gemeinsame<br />

Vermarktung unter <strong>de</strong>m Label Bündner Käse (Bio) ergab zwar für eine gewisse Zeit eine<br />

Preis- und Abnahmegarantie für die Milchprodukte und erfor<strong>de</strong>rte eine radikale Umstellung<br />

auf Biolandbau. Dennoch wur<strong>de</strong> eine neue Abhängigkeit erzeugt, die nun zwar nicht vom<br />

Bund, doch von einem neuen Akteur, <strong>de</strong>m Milchverwertungskonzern Emmi AG herrührt. Die<br />

Aufrechterhaltung <strong>de</strong>r Alpwirtschaft <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Alpen ist damit eng von <strong>de</strong>r Vermarktung abhängig,<br />

die zu<strong>de</strong>m nicht von <strong>de</strong>n Bewohner/innen <strong>de</strong>s Val Müstair selber beeinflusst wer<strong>de</strong>n<br />

kann. Allerdings kann die vertragliche Bindung an <strong>de</strong>n Reifungskeller Landquart und damit an<br />

die Emmi AG jeweils auf ein Jahr hinaus gekündigt wer<strong>de</strong>n. Der Preisdruck führte zu einer in<br />

<strong>de</strong>n letzten Jahren ansteigen<strong>de</strong>n Milchproduktion, für die nun aber wie<strong>de</strong>rum Preiseinbussen<br />

in Kauf genommen wer<strong>de</strong>n müssen. Die zunehmen<strong>de</strong> Umstellung auf Biofleischproduktion<br />

und Mutterkuhhaltung gefähr<strong>de</strong>t längerfristig die Existenz <strong>de</strong>r Käsereigenossenschaft. Dieser<br />

Prozess scheint gemäss G. Ruinatscha vor<strong>de</strong>rhand aber abgeschlossen zu sein.<br />

Die leichte Zunahme <strong>de</strong>r Schafalpung verteuert sich aufgrund <strong>de</strong>r Grenzlage zu Italien und<br />

<strong>de</strong>s Tierseuchenproblems. Zu<strong>de</strong>m wür<strong>de</strong> eine Einwan<strong>de</strong>rung von Grossraubtieren zu grossen<br />

Konflikten unter <strong>de</strong>n Schafhaltern, <strong>de</strong>n Jägern und <strong>de</strong>n Naturschützern führen.<br />

Inkohärenzen bestehen in <strong>de</strong>r Frage <strong>de</strong>r Erschliessung <strong>de</strong>s Val Mora: Auf <strong>de</strong>r einen Seite<br />

müssen <strong>de</strong>r Forstdienst sowie die Gemein<strong>de</strong>n Valchava, Sta. Maria und Müstair die Kosten<br />

für grössere Instandstellungen an <strong>de</strong>r Strasse namentlich von Valchava nach Tschuccai ü-<br />

bernehmen, an<strong>de</strong>rerseits baute kürzlich die Gemein<strong>de</strong> Sta. Maria <strong>de</strong>n alten Zufahrtsweg (auf<br />

<strong>de</strong>r rechtsseitigen Val Vau-Seite) auf <strong>de</strong>n nahezu gleichen Ausbaustandard aus. Dieser Weg<br />

dient auch als Basiserschliessung für die grossen Waldgebiete <strong>de</strong>r Nordseite <strong>de</strong>s Piz Lad<br />

(Seilkrannutzung). Dennoch wäre aus heutiger forstlicher Sicht keine zweite Basiserschliessung<br />

im Val Vau notwendig. Somit han<strong>de</strong>lt es sich hier um eine Übererschliessung als<br />

Folge mangeln<strong>de</strong>r Koordination zwischen <strong>de</strong>n Behör<strong>de</strong>n Meliorationsamt-Forstamt-kommunale<br />

Behör<strong>de</strong>n (was auch einige befragte Akteure bestätigten). Gestützt auf das Benutzungsreglement<br />

<strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Müstair ist die Befahrung <strong>de</strong>r Zugangsstrasse ausser für die Landund<br />

Forstwirtschaft sowie die Wildhut (nicht bewilligungspflichtig) auch für die Jagdhüttenbesitzer<br />

und für die Inhaber und Nutzer <strong>de</strong>r umgenutzten Gebäu<strong>de</strong> gegen Entgelt zulässig.<br />

Es fragt sich, wie restriktiv diese Bestimmungen umgesetzt wer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r ob es zu Ungleichbehandlungen<br />

kommt.<br />

Im weiteren besteht eine Inkohärenz zwischen <strong>de</strong>m militärischen Schiessbetrieb und <strong>de</strong>r Alpwirtschaft,<br />

da die Räumung <strong>de</strong>r Blindgänger nicht immer vollständig ist (wie im Jahr 2003).<br />

Die Erneuerung <strong>de</strong>r Alphütte Döss Radond beinhaltet neu eine kleine Wohnung, inwieweit sie<br />

64


zu Ferienzwecken verwen<strong>de</strong>t wird, ist noch nicht klar. Dieser Bau geht auf die Klosterverwaltung,<br />

die in Bezug auf die Alpwirtschaft nicht zwingend die Stiftung Pro Kloster St. Johann<br />

anhören muss, zurück. Es bestehen somit Verbesserungsmöglichkeiten im Bereich <strong>de</strong>r<br />

zwischenbetrieblichen Kooperation, <strong>de</strong>r alpwirtschaftlichen Abstimmung im ganzen Val<br />

Müstair, in <strong>de</strong>r Frage <strong>de</strong>r Milchverwertung, <strong>de</strong>r Direktvermarktung und <strong>de</strong>r Produktevielfalt.<br />

Die Kohärenz unter <strong>de</strong>n Akteuren im Bereich Tourismus ist als mittel einzustufen. Ihre Betretungsrechte<br />

sind mittels Signalisierungen geregelt. Die Individualsportler und Ausflügler können<br />

sich vermehrt über private Homepages und externe Ferienanbieter informieren. Die Tatsache,<br />

dass das Val Mora geschützt ist, taucht in<strong>de</strong>s in <strong>de</strong>n Internetseiten kaum auf. Die Einbindung<br />

<strong>de</strong>r Internet-Benutzer/innen in das „offizielle“ Informationsportal <strong>de</strong>s Tourismus Val<br />

Müstair gelingt nicht. Das individuelle, möglichst unreglementierte Sporterlebnis steht oft im<br />

Vor<strong>de</strong>rgrund. Die Lenkung und Sensibilisierung <strong>de</strong>r Einzeltouristen beschränkt sich im Wesentlichen<br />

auf die Ausschil<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Wan<strong>de</strong>r- und Bike-Wege.<br />

Die Gemein<strong>de</strong> hat neben <strong>de</strong>n Eigentumsrechten auch Nutzungsrechte (Benutzungsreglement<br />

<strong>de</strong>r Strasse und Vermieterin <strong>de</strong>r Hütte La Sprella) inne. Gleichzeitig ist sie an die Landschaftsschutzzone<br />

gebun<strong>de</strong>n. Der vereinzelte motorisierte Ausflugsverkehr sollte durch das<br />

Fahrverbot gebremst wer<strong>de</strong>n können. Dennoch wur<strong>de</strong> die alte Zufahrtsstrasse von Sta. Maria<br />

kürzlich ausgebaut.<br />

Der Schiessbetrieb steht im Konflikt mit <strong>de</strong>r Jagd (gleiche Nutzungsperio<strong>de</strong>) und <strong>de</strong>m Tourismus<br />

(teilweise Sperrung <strong>de</strong>s Val Mora). Der Tourismus Val Müstair ist in <strong>de</strong>n Regionalverband<br />

gut eingebettet. Durch die Neustrukturierung <strong>de</strong>s Tourismus Val Müstair und <strong>de</strong>r verbesserten<br />

Abstimmung unter <strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n sowie die Regio-Plus- und Interreg-Programme<br />

wur<strong>de</strong> die institutionelle Kohärenz erhöht. Die substanzielle Kohärenz zwischen Alpwirtschaft<br />

und Tourismus ist als gering/mittel zu bewerten, da die Nutzungsrechte bei ansteigen<strong>de</strong>r<br />

Nutzungsintensität kaum ineinan<strong>de</strong>rgreifen.<br />

–institutionelle Kohärenz<br />

Im Bereich <strong>de</strong>r institutionellen Kohärenz ist bezüglich Alpwirtschaft eine Verbesserung (gering-gering/mittel)<br />

eingetreten, namentlich durch die regionale Institution <strong>de</strong>r Corporaziun regiunala,<br />

in <strong>de</strong>r die Gemein<strong>de</strong>n partizipieren, und die Chascharia Val Müstair, welche für <strong>de</strong>n<br />

Milchabsatz talweit sorgt und die hohen Milchtransportkosten ausgleicht. Im Bereich <strong>de</strong>s Tourismus<br />

ist zwar ebenfalls eine gewisse Stärkung <strong>de</strong>r Organisationsstruktur (Tourismus Val<br />

Müstair) entstan<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nnoch ist die Zunahme <strong>de</strong>r Nutzung im Freizeitbereich mit Konfliktpotenzialen<br />

verbun<strong>de</strong>n, die nicht über eine kooperative Struktur ausgeglichen wer<strong>de</strong>n konnte.<br />

Der Kohärenzgrad bleibt dort gering. Insbeson<strong>de</strong>re gilt dies auch für das Militär. Die institutionelle<br />

Kohärenz zwischen Alpwirtschaft und Tourismus ist gering, da ausser <strong>de</strong>r Corporaziun<br />

regiunala keine eigentliche Gesamtträgerschaft mit entsprechen<strong>de</strong>n Entscheidungsbefugnissen<br />

für das Val Mora besteht.<br />

–Institutionelles Regime (IR)<br />

Der substanzielle Kohärenzgrad unterschei<strong>de</strong>t sich zwischen bei<strong>de</strong>n Fokusthemen <strong>de</strong>utlich.<br />

Die institutionelle Kohärenz hat in <strong>de</strong>r Alpwirtschaft zugenommen, ist im Tourismus aber unverän<strong>de</strong>rt<br />

gering geblieben. Das Ausmass <strong>de</strong>r regulierten Güter ist bei <strong>de</strong>r Alpwirtschaft leicht<br />

höher als im Bereich <strong>de</strong>s Tourismus.<br />

Das institutionelle Regime für das Val Mora ausgehend von <strong>de</strong>n Fokusthemen Alpwirtschaft<br />

und Tourismus, die bei<strong>de</strong> die wesentlichsten Nutzungen <strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen dieser<br />

Landschaft umfassen, wird in Abbildung 8 wie<strong>de</strong>rgegeben. Das Regime berücksichtigt<br />

nicht die Hochwasserschutzmassnahmen und die Naturereignisse, die namentlich im Val Vau<br />

Spuren hinterlassen haben. Die Taxierung als einfaches Regime (knapp an <strong>de</strong>r Grenze zum<br />

regimelosen Zustand) 1970 be<strong>de</strong>utet im Wesentlichen, dass wichtige Güter und Dienstleistungen<br />

nicht reguliert waren und das Regime namentlich auf die zu<strong>de</strong>m nur mittelmässig ko-<br />

65


härenten Nutzungsrechte <strong>de</strong>r Beteiligten abgestellt war. Eine Pufferung und damit ein längerfristiger<br />

Schutz <strong>de</strong>r Ressource Landschaft war daher sehr unsicher gewor<strong>de</strong>n und gemäss<br />

Aussagen <strong>de</strong>r befragten Akteure hätte vermutlich ein unterbliebenes Han<strong>de</strong>ln damals mittelfristig<br />

zu einer Nutzungsaufgabe geführt. Deren Folgen hätten sich beson<strong>de</strong>rs bei <strong>de</strong>n sich<br />

dadurch negativ verän<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Gütern und Dienstleistungen <strong>de</strong>r sozio-kulturellen und ästhetischen<br />

Landschaftsqualität gezeigt. Das Regime von 2003 kann als komplex bezeichnet<br />

wer<strong>de</strong>n. Einerseits nahm die Regulierung <strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen zu, an<strong>de</strong>rseits führte<br />

die Zunahme <strong>de</strong>r Akteure (<strong>de</strong>r „Outs“) zu Nutzungskonflikten und Kohärenzabnahme.<br />

Abb. 8: Darstellung <strong>de</strong>s institutionellen Regimes für die Landschaft Val Mora ausgehend von<br />

<strong>de</strong>n Fokusthemen Alpwirtschaft und Tourismus von 1970 und 2003 in Abhängigkeit von Kohärenz<br />

und Ausmass<br />

Kohärenz unter <strong>de</strong>n Akteuren<br />

Einfaches Regime<br />

hoch<br />

integriertes Regime<br />

Regime 1970<br />

Regime 2003<br />

gering<br />

hoch<br />

Ausmass (regulierte/genutzte<br />

Güter)<br />

Kein Regime<br />

gering<br />

komplexes Regime<br />

6. Effekt <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s institutionellen Regimes auf <strong>de</strong>n Zustand<br />

<strong>de</strong>r Ressource Landschaft<br />

6.1. Regime-begrün<strong>de</strong>te Einflussfaktoren<br />

Die in 5 resp. 7 Hauptphasen ablaufen<strong>de</strong>n Regimeän<strong>de</strong>rungen im Bereich Alpwirtschaft und<br />

Tourismus haben sich auch in <strong>de</strong>r Landschaft manifestiert. Ausgehend vom Kapitel 3.4.2<br />

können zwischen 1970 und 2003 namentlich die Güter und Dienstleistungen <strong>de</strong>r ökologischen<br />

und sozio-kulturellen Landschaftsqualitäten mit <strong>de</strong>n erwähnten Regimewechsel in Verbindung<br />

gebracht wer<strong>de</strong>n, während die „weichen“ Güter und Dienstleistungen <strong>de</strong>r Landschaft<br />

(2e-2g, 3a-3f) aufgrund <strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>n Regulierung o<strong>de</strong>r Regulierbarkeit zumeist von an<strong>de</strong>ren<br />

Faktoren wie Werthaltung, Traditionsbezug, <strong>de</strong>mographische Situation und individuelle Motivation<br />

und I<strong>de</strong>ntifikation abhängig sind. Diese Landschaftsqualitäten sind heute im Wesentlichen<br />

<strong>de</strong>r freien Aneignung unterworfen o<strong>de</strong>r fallen quasi als positive o<strong>de</strong>r negative Externalitäten<br />

<strong>de</strong>r übrigen formalrechtlich geregelten Nutzung von Gütern und Dienstleistungen an.<br />

Die durchschnittlich hohen ökologischen Landschaftsqualitäten haben mit <strong>de</strong>m insgesamt<br />

mässigen Nutzungsdruck auf die Landschaft zu tun, was unter an<strong>de</strong>rem eine Folge <strong>de</strong>r peripheren<br />

Lage eines sich <strong>de</strong>mografisch nicht stark entwickelten Tales ist.<br />

Beachtenswert ist, dass die Erholungsfunktion <strong>de</strong>s Val Mora aufgrund <strong>de</strong>r ersten sichtbaren<br />

Konflikte am Lai da Rims in das bestehen<strong>de</strong> Policy Design durch Erlass <strong>de</strong>r Schutzverfügung<br />

1969 integriert wer<strong>de</strong>n konnte. Damit waren weitere neu auftreten<strong>de</strong> Dienstleistungen, wie<br />

die Energieproduktion (Wasserkraftnutzung <strong>de</strong>s Lai da Rims; gemäss arealstatischer Definition<br />

als beson<strong>de</strong>re Siedlungsfläche zum Gut 2c „Raum <strong>de</strong>r Siedlungstätigkeit“ zu rechnen)<br />

ebenfalls ausgeschlossen. An<strong>de</strong>re Erholungsformen wie Ferienhausnutzung (in bestehen<strong>de</strong>n<br />

66


Gebäu<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Alp Sprella) und das Mountain Biking sind bis heute nicht beson<strong>de</strong>res einschränkend<br />

reguliert. Die allgemeine Befahrung <strong>de</strong>r alten Zufahrtsstrasse war 1970 grundsätzlich<br />

nicht ausgeschlossen.<br />

Ein Vergleich <strong>de</strong>r Einflussfaktoren <strong>de</strong>r Landschaftsnutzung (Tabellen 16 und 18) zwischen<br />

<strong>de</strong>n Fokusthemen Alpwirtschaft und Tourismus zeigt, dass in bei<strong>de</strong>n Bereichen die öffentlichen<br />

Politiken eine grosse Rolle spielen, während Verän<strong>de</strong>rungen auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r Nutzungsrechte,<br />

die mehr von <strong>de</strong>n Akteuren und <strong>de</strong>r Ökonomie als von Gesetzen abhängen,<br />

vermehrt in <strong>de</strong>r Alpwirtschaft auftraten.<br />

Tab. 20: Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Fokusthemen Alpwirtschaft und Tourismus betroffenen<br />

Güter und Dienstleistungen zwischen 1970 und 2003 (mit <strong>de</strong>n Pfeilen wer<strong>de</strong>n die Verän<strong>de</strong>rungen<br />

in Bezug auf die allgemein gültigen Qualitätsziele für die Landschaft gemäss Anhang<br />

2 wie<strong>de</strong>rgegeben: : be<strong>de</strong>utet eine sich <strong>de</strong>n Zielen annähernd; be<strong>de</strong>utet eine<br />

sich von <strong>de</strong>n Zielen entfernen<strong>de</strong> Entwicklung)<br />

Betroffene Güter und Dienstleistungen Alpwirtschaft Tourismus<br />

Bereitstellung <strong>de</strong>r biotischen Raumfaktoren (1a)<br />

Speicher genetischer Vielfalt (1c)<br />

Regulation dynamischer Prozesse (1e)<br />

Regulation <strong>de</strong>r Populationsdynamik (1f)<br />

Raum <strong>de</strong>r Naturgeschichte und <strong>de</strong>r Naturwissenschaft<br />

(1g)<br />

Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Nutzung (2a)<br />

Raum <strong>de</strong>r forstwirtschaftlichen Nutzung (2b)<br />

Räumliche Strukturierung <strong>de</strong>r Mobilität und <strong>de</strong>s<br />

Transportes (2d)<br />

Raum <strong>de</strong>r Kulturgeschichte und <strong>de</strong>s baulichen<br />

Erbes (2e)<br />

Raum <strong>de</strong>r kulturellen Diversität (2f)<br />

Raum mit Erholungsfunktion (3a)<br />

Raum grösstmöglicher freier Zugänglichkeit<br />

(3b)<br />

Träger von Wertschöpfungen (3e)<br />

Aus <strong>de</strong>r Tabelle 20 lässt sich ersehen, dass das komplexe Ressourcenregime 2003 positive<br />

Verän<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>r ökologischen und ästhetischen Landschaftsqualität bewirkt hat, während<br />

die Wirkungen auf die sozio-kulturelle Landschaftsqualität ambi<strong>val</strong>ent verbleiben. Die<br />

Nutzungen <strong>de</strong>s Val Mora tendieren daher zu einer Segregation (d.h. intensivere Nutzung im<br />

Talbo<strong>de</strong>n und Rückzug aus <strong>de</strong>n Seitentälern und Berghängen). Mit weitergehen<strong>de</strong>n Analysen,<br />

die im Rahmen dieser Arbeit nicht erbracht wer<strong>de</strong>n können, müssten nun die Stärke und<br />

Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Landschaftsverän<strong>de</strong>rung ermittelt wer<strong>de</strong>n.<br />

6.2. Nicht-regime-begrün<strong>de</strong>te Einflussfaktoren auf die Landschaftsnutzer<br />

Verschie<strong>de</strong>ne Einflussfaktoren <strong>de</strong>r Landschaftsnutzung sind direkt Regime-bedingt (z.B. Unterschutzstellungen,<br />

formale Eigentums- und Nutzungsverän<strong>de</strong>rungen). Hingegen bestehen<br />

67


auch davon unabhängige Einflussfaktoren, wie beispielsweise die Frage <strong>de</strong>r Motivation <strong>de</strong>r<br />

Landwirte, weiterhin Alpwirtschaft zu betreiben, die soziale Einbindung <strong>de</strong>r Landwirte in die<br />

Gesellschaft, Ausbildungs- und Berufswünsche <strong>de</strong>r für die Betriebsnachfolge vorgesehenen<br />

jüngeren Generation o<strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>mographische Grün<strong>de</strong> (Abwan<strong>de</strong>rung). Der Faktor „Human<br />

resource“ ist letztlich dafür entschei<strong>de</strong>nd, ob die beabsichtigten positiven Anreize eines umweltpolitischen<br />

Programmes auch aufgenommen wer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r nicht. So bietet eine Institution<br />

zwar „strukturierte Möglichkeitsspielräume für individuelles Han<strong>de</strong>ln“ (Hubig in Gimmler<br />

1998), die Beweggrün<strong>de</strong> für eine aktive Beteiligung <strong>de</strong>s Einzelnen können sich aber durchaus<br />

von <strong>de</strong>n Zwecken <strong>de</strong>r Institution unterschei<strong>de</strong>n (Gimmler 1998).<br />

Im Val Mora liegen die Beweggrün<strong>de</strong>, die Alpwirtschaft trotz schwieriger ökonomisch-politischer<br />

Rahmenbedingungen zu betreiben, oft auch in <strong>de</strong>r kulturellen Verbun<strong>de</strong>nheit und <strong>de</strong>m<br />

I<strong>de</strong>alismus, wies dies die Betroffenen zum Ausdruck brachten. So nehmen die Bauern <strong>de</strong>r<br />

Käsereigenossenschaft die Vermarktung ihrer Milchprodukte wie<strong>de</strong>r vermehrt in ihre Hand<br />

und orientieren sich an neuen Absatzquellen, wie beispielsweise die Molkerei Bever (gehört<br />

ebenfalls <strong>de</strong>r Emmi AG), die im Sommer durchaus höhere Milchpreise zu zahlen gewillt ist.<br />

Auch zeigt sich die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Faktors persönliche Einstellung darin, dass die unvermeidliche<br />

Umstellung <strong>de</strong>r Milchwirtschaftsbetriebe auf das Biosuisse-Label (Folge <strong>de</strong>r Milchvermarktung<br />

durch die Chascharia) nicht von allen Bauern auch als Überzeugung, etwas Gutes<br />

für die Umwelt zu tun, mitgetragen wird. Dies hemmt einen besseren gemeinsamen<br />

Marktauftritt <strong>de</strong>r Bauern im Bioland Val Müstair. Hemmend ist auch die Zolleinschränkung<br />

<strong>de</strong>s Käseexportes (fehlen<strong>de</strong> Veterinärprüfstelle). Es stellt sich die Frage, ob nicht <strong>de</strong>r Tierarzt<br />

von Müstair diese Funktion übernehmen könnte. Immerhin lassen die engen Kontakte zum<br />

Südtirol und zum Nationalpark auf einen hohen Kooperationswillen <strong>de</strong>r Bevölkerung schliessen.<br />

Das Konzept „Biosphärenreservat“ kam zwar als I<strong>de</strong>e von aussen (Nationalpark), doch<br />

die Akzeptanz und <strong>de</strong>r Wille zur Umsetzung scheint aufgrund <strong>de</strong>r Akteursgespräche sehr<br />

hoch zu sein. Diese hohe Kooperationsbereitschaft ist auch durch die Vielzahl von institutionellen<br />

Körperschaften <strong>de</strong>r Regionalentwicklung belegbar (Consorzi forestal, movingAlps Val<br />

Müstair, ArvenArche (gemeinsamer Marktauftritt einiger Schreinereien <strong>de</strong>s Val Müstair seit<br />

2002; mit <strong>de</strong>r Marke ArvenArche wer<strong>de</strong>n seit Januar 2003 innovative Designmöbel u.a. aus<br />

Arvenholz (Zirbelkiefer) und hergestellt in <strong>de</strong>n Schreinereien <strong>de</strong>s Val Müstair, mittels einer<br />

Kommunikationsstrategie in <strong>de</strong>r Schweiz und in Europa vermarktet), Pro Natura Regionalgruppe<br />

Val Müstair u.a.).<br />

7. Szenarien für die Entwicklung bis 2020 sowie <strong>de</strong>r Regimevoraussetzungen<br />

und <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit<br />

Mit Blick auf die zukünftige Entwicklung <strong>de</strong>r Landschaft im Val Mora sind verschie<strong>de</strong>ne Szenarien<br />

für das Jahr 2020 aufgrund <strong>de</strong>r Akteurgespräche entstan<strong>de</strong>n. Sie sollen im Folgen<strong>de</strong>n<br />

näher im Hinblick auf ihre Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen <strong>de</strong>r Landschaft sowie<br />

auf die Regimeän<strong>de</strong>rungen untersucht wer<strong>de</strong>n. Hier steht insbeson<strong>de</strong>re das Szenario<br />

Biosphärenreservat im Vor<strong>de</strong>rgrund.<br />

7.1. Fokusthema 1 Alpwirtschaft<br />

7.1.1. Szenarienbildung und -bewertung aufgrund <strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen<br />

Aufgrund <strong>de</strong>r Akteursgespräche lassen sich für das Jahr 2020 folgen<strong>de</strong> mögliche Szenarien<br />

und <strong>de</strong>ren Hauptfolgen ableiten:<br />

Szenario 1. „Weiter wie bisher“.<br />

68


Seit 2009 wer<strong>de</strong>n die Milchkontingente aufgehoben. Der Milchpreis sinkt und die Produktionsmenge<br />

an Milch insgesamt in <strong>de</strong>r Schweiz steigt vorübergehend an.<br />

Die Folge wäre ein stärkerer wirtschaftlicher Druck auf die Alpbetriebe, namentlich aufgrund<br />

<strong>de</strong>r Aufhebung <strong>de</strong>r Milchkontingente. Möglicherweise müsste <strong>de</strong>r Rückgang <strong>de</strong>r Milchwirtschaftsbetriebe<br />

im Tal mit <strong>de</strong>m ökologisch wenig erwünschten Transport von Rindvieh aus<br />

<strong>de</strong>m Unterland o<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Zunahme <strong>de</strong>r Schafalpung kompensiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Mit diesem Szenario wür<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Anteil Extensivwiesen (Indikator A6) die Ertragssituation<br />

(A8), die Überlebensfähigkeit <strong>de</strong>r Betriebe (A10), <strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>r lokalen Produktion und Verarbeitung<br />

(A12), <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheitsgrad unter <strong>de</strong>n Bewirtschaftern (A14) und <strong>de</strong>r Grad regionaler<br />

Kreislaufwirtschaft (C7) sinken.<br />

Szenario 2. „Mutter- und Ammenkuhbetriebe“<br />

Gleich wie Szenario 1 aber Aufgabe <strong>de</strong>r Milchproduktion und Umstellung auf Mutter- und Ammenkuhhaltung<br />

sowie auf Schafalpung.<br />

Die Folge wäre eine Extensivierung (betreffend Kuhalpung) einerseits, eine Intensivierung<br />

(betreffend Schafalpung) an<strong>de</strong>rseits. Die bestehen<strong>de</strong>n Alpgebäu<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n teilweise aufgegeben<br />

(und später umgenutzt).<br />

Mit diesem Szenario wür<strong>de</strong>n die Ertragssituation (Indikator A8), die Arbeitsplätze (A9), die<br />

Nutzungsvielfalt (A15) sinken, während <strong>de</strong>r Flächenanteil <strong>de</strong>r Naturräume (B1) und <strong>de</strong>r Grad<br />

<strong>de</strong>r regionalen Kreislaufwirtschaft eher zunehmen wür<strong>de</strong>n.<br />

Szenario 3. „Alpkäserei“<br />

Gleich wie Szenario 1 aber Zusammenlegung <strong>de</strong>r Kloster- und Gemein<strong>de</strong>alp und Errichtung<br />

einer neuen Gemeinschaftsalpkäserei und Produktion von Rohmilchkäse, <strong>de</strong>r durch die Region<br />

vermarktet wird.<br />

Die Folge wäre eine Verringerung <strong>de</strong>s Milchtransportes und die Errichtung einer landwirtschaftlichen<br />

Infrastruktur. Die bestehen<strong>de</strong>n Alpgebäu<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n teilweise aufgegeben (und<br />

später umgenutzt).<br />

Mit diesem Szenario wür<strong>de</strong>n die Bo<strong>de</strong>nbelastung (Indikator A1) teilweise ansteigen (Bautätigkeit),<br />

teilweise sinken (geringerer Verkehr und damit Emissionen) die volkswirtschaftlichen<br />

Kosten ansteigen (Indikator A7), die Arbeitsplätze (A9), die Regionalvermarktung und Qualitätslabel<br />

(A<strong>11</strong>), <strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>r lokalen Produktion (A12) und <strong>de</strong>r Grad regionaler Kreislaufwirtschaft<br />

(C8) wür<strong>de</strong>n zunehmen. Der Zufrie<strong>de</strong>nheitsgrad und <strong>de</strong>r Traditionsbezug unter <strong>de</strong>n<br />

Lan<strong>de</strong>igentümern und Bewirtschaftern sowie das Bewusstsein einer mémoire collective (B19)<br />

dürften hingegen eher darunter lei<strong>de</strong>n. Die Ausprägung ästhetischer Merkmalsträger (B15)<br />

wür<strong>de</strong> sinken. Als zusätzliches Gut käme noch die Siedlungstätigkeit durch <strong>de</strong>n Neubau <strong>de</strong>r<br />

Käserei ins Spiel: Die bauliche Belastung (C1) steigt an und <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rungsgrad <strong>de</strong>r<br />

Landschaft (A17) nimmt zu.<br />

Szenario 4. „Bessere Vermarktung“<br />

Gleich wie Szenario 1, aber bessere Zusammenarbeit <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Alpen und bessere Vermarktung<br />

<strong>de</strong>s Biokäse Val Müstair unabhängig von <strong>de</strong>r Emmi AG sowie zunehmen<strong>de</strong> Vermarktung<br />

von Biofleisch. Hierfür hilft auch das Label "Biosphärenreservat".<br />

Die Folge wäre die Erhöhung <strong>de</strong>r Nutzungsvielfalt (Kühe, Kälber, Schafe, Ziegen, ev. Schweine<br />

und Pfer<strong>de</strong>) auf <strong>de</strong>n Alpen im Val Mora.<br />

Verbessert wür<strong>de</strong>n die Ertragssituation (Indikator A8), die Überlebensfähigkeit <strong>de</strong>r Betriebe<br />

(A10), die Regionalvermarktung (A<strong>11</strong>), <strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>r lokalen Produktion (A12), <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheitsgrad<br />

(A14), die Nutzungspalette (A15), die Gesamtwertschöpfung aus Landschaftsbild<br />

(B9), ev. die Vielfalt <strong>de</strong>r Pflegemetho<strong>de</strong>n (B17), Vorhan<strong>de</strong>nsein von lokalem Wissen (B18),<br />

<strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>r regionalen Kreislaufwirtschaft (C8), <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheitsgrad und das Wohlbefin<strong>de</strong>n<br />

unter <strong>de</strong>n nicht-landwirtschaftlichen Landnutzern (C12) und <strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>r Verbun<strong>de</strong>nheit<br />

mit <strong>de</strong>r Landschaft (C13).<br />

69


Zu erwarten wäre infolge neuer Bewirtschaftungen (Wildheu, Ziegenhaltung, Alpschweine<br />

o.ä.) und Vermarktungsmöglichkeiten (z.B. kleine Verkaufsstelle auf <strong>de</strong>r Alp Mora/Prave<strong>de</strong>r)<br />

aber auch ein erhöhter landwirtschaftlicher Verkehr auf <strong>de</strong>r Talstrasse (Bo<strong>de</strong>nbelastung A1),<br />

dadurch mehr Lärm (Erholungs- und Erlebnisqualität B10, Ausprägung ästhetischer Merkmalsträger<br />

B15 und Vorhan<strong>de</strong>nsein von Orten beson<strong>de</strong>rer ästhetischer Empfindungen B16)<br />

und damit erhöhte volkswirtschaftliche Kosten (A7).<br />

Szenario 5. „Aufgabe“<br />

Gänzliche Aufgabe <strong>de</strong>r alpwirtschaftlichen Nutzung und vollständige Einglie<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Gebietes<br />

Val Mora/Döss Radond/Lai da Rims in die Kernzone <strong>de</strong>s Nationalparkes o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s<br />

künftigen Biosphärenreservates.<br />

Die Folge wäre einerseits eine durchaus ökologisch positiv zu werten<strong>de</strong> Entwicklung in Richtung<br />

natürliche Dynamik, an<strong>de</strong>rerseits eine Reduktion <strong>de</strong>r landschaftlichen Vielfalt. Die bestehen<strong>de</strong>n<br />

Alpgebäu<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n aufgegeben und zerfallen (o<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n umgenutzt).<br />

Damit wür<strong>de</strong> die Bo<strong>de</strong>nbelastung (Indikator A1) zurückgehen und <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r Extensivwiesen<br />

(A6) sich erhöhen. Die volkswirtschaftlichen Kosten (A7) und die Ertragssituation (A8)<br />

sowie die Arbeitsplätze (A9) wür<strong>de</strong>n sinken; die Überlebensfähigkeit <strong>de</strong>r Betriebe wäre dann<br />

nicht mehr gegeben (A10), die Regionalvermarktung (A<strong>11</strong>), <strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>r lokalen Produktion<br />

wür<strong>de</strong>n an Be<strong>de</strong>utung verlieren und <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheitsgrad unter <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>igentümern und<br />

Bewirtschaftern (A14) dürfte wohl ebenfalls sinken. Die Produktepalette (A15) verringerte<br />

sich. Hingegen wür<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Flächenanteil und die Qualität <strong>de</strong>r Naturräume (B1) ansteigen, <strong>de</strong>r<br />

Grad <strong>de</strong>s behördlichen Engagements (als Voraussetzung für die Einglie<strong>de</strong>rung in die Kernzone;<br />

B8) wür<strong>de</strong> ansteigen, die Vielfalt <strong>de</strong>r Pflegemetho<strong>de</strong>n (B17) aber weiter sinken, das<br />

Bewusstsein einer mémoire collective (B19) und <strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>r Verbun<strong>de</strong>nheit mit <strong>de</strong>r Landschaft<br />

(C13) wür<strong>de</strong>n wohl eher zurückgehen. Der Zerschneidungsgrad (C4) durch die Strasse,<br />

die nicht mehr gebraucht wür<strong>de</strong>, nähme ab.<br />

7.1.2. Beurteilung <strong>de</strong>r Szenarien hinsichtlich Interaktionsleistungen<br />

Die Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>r güterbezogenen Charakterisierung <strong>de</strong>r Raumnutzung erlaubt eine Beurteilung<br />

<strong>de</strong>s Gra<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit in concreto als Ausgleich <strong>de</strong>r drei zentralen Interaktionsleistungen<br />

<strong>de</strong>r Landschaft. Das Konzept <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit lässt keine absolute Messmetho<strong>de</strong><br />

zu, son<strong>de</strong>rn sie kann nur in relativer Weise erfasst wer<strong>de</strong>n. Es wer<strong>de</strong>n daher die Szenarien<br />

1-5 mit <strong>de</strong>m Ausgangszustand (t 0 ) verglichen und die Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Nutzung <strong>de</strong>r Güter<br />

und Dienstleistungen beurteilt. Verän<strong>de</strong>rn sich gegenüber <strong>de</strong>m Ausgangszustand verschie<strong>de</strong>ne<br />

Güter und Dienstleistungen ein und <strong>de</strong>rselben Interaktionsleistung (z.B. ökologische<br />

Landschaftsqualität) in negativer Weise, so erfährt auch jene eine negative Verän<strong>de</strong>rung.<br />

Die Nachhaltigkeit im Sinne eines Ausgleichs <strong>de</strong>r 3 Interaktionsleistungen wird dadurch<br />

geschwächt und das Szenario entwickelt sich eher in Richtung <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Interaktionsleistungen.<br />

Die Beurteilung <strong>de</strong>r Szenarien richtet sich nach <strong>de</strong>n qualitativen Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Güter<br />

und Dienstleistungen, was mit <strong>de</strong>n jeweiligen Indikatoren erfasst wird. Die Richtung "positiv"<br />

o<strong>de</strong>r "negativ" wird aufgrund <strong>de</strong>r allgemeinen Qualitätsziele für die Landschaft abgeschätzt.<br />

Szenario 1 (Weiter wie bisher):<br />

Folgen<strong>de</strong> Güter und Dienstleistungen wür<strong>de</strong>n sich negativ verän<strong>de</strong>rn: Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen<br />

Nutzung (2a), Ort <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheit und <strong>de</strong>s Wohlbefin<strong>de</strong>ns (2g) und Träger von<br />

Wertschöpfungen (3e).<br />

Folgen<strong>de</strong> Güter und Dienstleistungen wür<strong>de</strong>n sich positiv verän<strong>de</strong>rn: keine<br />

Damit wür<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r drei Interaktionsleistungen <strong>de</strong>r Landschaft insbeson<strong>de</strong>re die<br />

sozio-kulturelle und ästhetische Landschaftsqualität Einbussen erfahren. Die Landschaft erführe<br />

eine stärkere Belastung im Bereich <strong>de</strong>r Alpwirtschaft, während Grenzstandorte <strong>de</strong>r Natur<br />

übergeben wür<strong>de</strong>n (Segregation).<br />

70


Szenario 2 (Mutter- und Ammenkuhbetriebe):<br />

Folgen<strong>de</strong> Güter und Dienstleistungen wür<strong>de</strong>n sich negativ verän<strong>de</strong>rn: Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen<br />

Nutzung (2a), Raum <strong>de</strong>r kulturellen Diversität (2f).<br />

Folgen<strong>de</strong> Güter und Dienstleistungen wür<strong>de</strong>n sich positiv verän<strong>de</strong>rn: Bereitstellung <strong>de</strong>r (a-)-<br />

biotischen Raumfaktoren (1a), Regulation dynamischer Prozesse (1e).<br />

Damit wür<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r drei Interaktionsleistungen <strong>de</strong>r Landschaft insbeson<strong>de</strong>re die<br />

sozio-kulturelle Landschaftsqualität sinken, hingegen die ökologische Landschaftsqualität<br />

zunehmen. Die Landschaft wür<strong>de</strong> sich zögerlich in Richtung Nachhaltigkeit entwickeln.<br />

Szenario 3 (Alpkäserei):<br />

Folgen<strong>de</strong> Güter und Dienstleistungen wür<strong>de</strong>n sich negativ verän<strong>de</strong>rn: Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen<br />

Nutzung (2a, zum Teil), Raum <strong>de</strong>r Siedlungstätigkeit (2c), Raum <strong>de</strong>r Kulturgeschichte<br />

und <strong>de</strong>s baulichen Erbes (2e), Ort <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheit und <strong>de</strong>s Wohlbefin<strong>de</strong>ns (2g),<br />

Lieferant von Geschichten und Heimatbil<strong>de</strong>rn (3c) und Ort ästhetischer Landschaftswahrnehmung<br />

(3d).<br />

Folgen<strong>de</strong> Güter und Dienstleistungen wür<strong>de</strong>n sich positiv verän<strong>de</strong>rn: Bereitstellung <strong>de</strong>r (a-)-<br />

biotischen Raumfaktoren (A1), Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Nutzung (2a, zum Teil).<br />

Damit wür<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r drei Interaktionsleistungen <strong>de</strong>r Landschaft insbeson<strong>de</strong>re die<br />

ästhetische Landschaftsqualität Scha<strong>de</strong>n nehmen, während die ökologische Landschaftsqualität<br />

sich verbessern wür<strong>de</strong>. Die sozio-kulturelle Landschaftsqualität erführe Einbussen<br />

wie Verbesserungen. Die Landschaft wür<strong>de</strong> sich in Richtung Nutzungskonzentration und -<br />

entflechtung (Segregation) entwickeln.<br />

Szenario 4 (Bessere Vermarktung):<br />

Folgen<strong>de</strong> Güter und Dienstleistungen wür<strong>de</strong>n sich negativ verän<strong>de</strong>rn: Bereitstellung <strong>de</strong>r (a-)-<br />

biotischen Raumfaktoren (1a, zum Teil), Raum <strong>de</strong>r land- und forstwirtschaftlichen Nutzung<br />

(2a, 2b, zum Teil), Raum mit Erholungsfunktion (3a), Ort ästhetischer Landschaftswahrnehmung<br />

(3d).<br />

Folgen<strong>de</strong> Güter und Dienstleistungen wür<strong>de</strong>n sich positiv verän<strong>de</strong>rn: Bereitstellung <strong>de</strong>r (a-)-<br />

biotischen Raumfaktoren (1a, zum Teil), Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Nutzung (2a, zum<br />

Teil), Raum <strong>de</strong>r kulturellen Diversität (2f), Ort <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheit und <strong>de</strong>s Wohlbefin<strong>de</strong>ns (2g),<br />

Lieferant von Geschichten und Heimatbil<strong>de</strong>rn (3c), Träger von Wertschöpfungen (3e), Raum<br />

<strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität und Lieferant von I<strong>de</strong>ntifikationsstrukturen (3f).<br />

Damit wür<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r drei Interaktionsleistungen <strong>de</strong>r Landschaft insbeson<strong>de</strong>re die<br />

sozio-kulturelle und die ästhetische Landschaftsqualität ten<strong>de</strong>nziell zunehmen. Je nach Verkehrsentwicklung<br />

wür<strong>de</strong>n sich aber auch Einbussen in allen 3 Interaktionsleistungen <strong>de</strong>r<br />

Landschaft ergeben. Die Landschaft wür<strong>de</strong> sich insgesamt in Richtung Nachhaltigkeit entwickeln.<br />

Szenario 5 (Aufgabe):<br />

Folgen<strong>de</strong> Güter und Dienstleistungen wür<strong>de</strong>n sich negativ verän<strong>de</strong>rn: Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen<br />

Nutzung (2a, zum Teil), Raum <strong>de</strong>r kulturellen Diversität (2f), Ort <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheit<br />

und <strong>de</strong>s Wohlbefin<strong>de</strong>ns (2g), Lieferant von Geschichten und Heimatbil<strong>de</strong>rn (3c), Raum <strong>de</strong>r<br />

I<strong>de</strong>ntität und Lieferant von I<strong>de</strong>ntifikationsstrukturen (3f).<br />

Folgen<strong>de</strong> Güter und Dienstleistungen wür<strong>de</strong>n sich positiv verän<strong>de</strong>rn: Bereitstellung <strong>de</strong>r (a-)-<br />

biotischen Raumfaktoren (1a), Regulation dynamischer Prozesse (1e), Regulation <strong>de</strong>r Populationsdynamik<br />

(1f), Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Nutzung (2a, zum Teil), Raum <strong>de</strong>r Siedlungstätigkeit<br />

(2c).<br />

Damit wür<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r drei Interaktionsleistungen <strong>de</strong>r Landschaft die ökologische<br />

Landschaftsqualität zunehmen, die sozio-kulturelle Landschaftsqualität sich ambi<strong>val</strong>ent ver-<br />

71


halten und die ästhetische Landschaftsqualität abnehmen. Die Landschaft wür<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>r<br />

Nutzung entlassen.<br />

7.1.3. Effekte <strong>de</strong>r Szenarien auf das institutionelle Regime in Bezug auf Ausmass <strong>de</strong>r Regulierungen<br />

und auf Kohärenz<br />

Szenario 1<br />

Die zu erwarten<strong>de</strong>n marktbezogenen und betrieblichen Verän<strong>de</strong>rungen wür<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r Agrarpolitik<br />

nur wenig korrigiert wer<strong>de</strong>n können, weswegen das Ausmass <strong>de</strong>r Regulierung im<br />

Hinblick auf die zunehmen<strong>de</strong>n Marktkräfte gegenüber heute abnehmen wür<strong>de</strong>. Die substanzielle<br />

Kohärenz unter <strong>de</strong>n Akteuren sinkt, da <strong>de</strong>r weite Transport von Rindvieh auf die Alpen<br />

zu Konflikten unter <strong>de</strong>n Landwirten und mit <strong>de</strong>n Naturschutzkreisen sowie <strong>de</strong>m Tourismus<br />

führen dürften. Das institutionelle Regime ist als komplexes Regime zu bezeichnen.<br />

Szenario 2<br />

Auch hier treten stärkere Marktkräfte auf, die zu einer Betriebsän<strong>de</strong>rung auf <strong>de</strong>n Alpen führen<br />

wer<strong>de</strong>n. Der Wechsel zur Mutterkuhhaltung und zur Schafalpung ist agrarpolitikbedingt, doch<br />

nimmt auch hier insgesamt das Ausmass <strong>de</strong>r Regulierung ab (Aufhebung <strong>de</strong>r Milchkontingente<br />

seit 2009 und damit zu erwarten<strong>de</strong>r Milchpreisdruck). Die substanzielle Kohärenz<br />

steigt an, da das Eigentumssystem sich vereinfacht. Es entstehen aber Konflikte mit <strong>de</strong>m Naturschutz<br />

(Schafbeweidung). Es han<strong>de</strong>lt sich somit um ein vermin<strong>de</strong>rt integriertes Regime.<br />

Szenario 3<br />

Die Wie<strong>de</strong>raufnahme <strong>de</strong>r Käserei mit gleichzeitiger Zusammenlegung <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Alpen basiert<br />

auf einer Stärkung <strong>de</strong>r substanziellen Kohärenz unter <strong>de</strong>n Akteuren vor Ort, während<br />

zwischen <strong>de</strong>r Landwirtschaftspolitik und <strong>de</strong>n Akteuren vor Ort Spannungen (namentlich aufgrund<br />

wohl verweigerter Subventionen für die Alpkäserei) entstehen wür<strong>de</strong>n. Zu<strong>de</strong>m wür<strong>de</strong><br />

das Ausmass <strong>de</strong>r Regulierung sinken, da dadurch die Alpnutzung weiter von <strong>de</strong>n Interventionen<br />

<strong>de</strong>r staatlichen Agrarpolitik (För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s möglichst freien bäuerlichen Unternehmertums)<br />

sich entkoppeln und <strong>de</strong>r Aufbau einer rentablen Alpkäserei letztlich zu einer teilweisen<br />

Aufhebung gewisser Schutzbestimmungen (betr. Alpnutzung und Raumplanung) führen wür<strong>de</strong>.<br />

Das Regime ist einfach.<br />

Szenario 4<br />

Mit <strong>de</strong>r besseren Vermarktung steigt die substanzielle Kohärenz unter <strong>de</strong>n Akteuren, da man<br />

mit <strong>de</strong>m Regionalgütelabel auch die Landschaft "vermarktet". Gewisse Einbussen könnten<br />

allerdings aufgrund <strong>de</strong>s zu erwarten<strong>de</strong>n höheren Verkehrs und damit <strong>de</strong>n Konflikten mit <strong>de</strong>n<br />

Vertretern <strong>de</strong>r Schutzseite entstehen. Das Ausmass <strong>de</strong>r Regulierung nimmt zu, da die Produktionsbedingungen<br />

über vertragliche Regelungen und via Biosphärenreservat festgelegt<br />

wer<strong>de</strong>n. Hierfür kommen auch die Bun<strong>de</strong>sprogramme <strong>de</strong>r Absatzför<strong>de</strong>rung und ev. <strong>de</strong>s AOC<br />

(geschützte Herkunftsbezeichnung) zum Tragen. Damit erhält das Regime auch eine erhöhte<br />

institutionelle Kohärenz. Das Regime ist zunehmend integriert.<br />

Szenario 5<br />

Die Aufgabe <strong>de</strong>r Nutzung basiert auf einer hohen substanziellen Kohärenz <strong>de</strong>r Akteure. Die<br />

Regulierung ist trotz <strong>de</strong>r Einglie<strong>de</strong>rung in die Kernzone <strong>de</strong>s Nationalparkes o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s künftigen<br />

Biosphärenreservates niedrig, da die zahlreichen weiteren öffentlichen Politiken (z.B.<br />

Agrarpolitik) nicht mehr greifen. Das Regime ist daher als einfach zu bezeichnen<br />

7.1.4. Beurteilung <strong>de</strong>r Regimeän<strong>de</strong>rungen und <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit für das Fokusthema Alpwirtschaft<br />

Zusammenfassend kann das institutionelle Regime für die Alpwirtschaft Val Mora wie folgt<br />

dargestellt wer<strong>de</strong>n (Abbildung 9):<br />

72


Abb. 9: Darstellung <strong>de</strong>r Regime für die Szenarien Alpwirtschaft im Vergleich zum Ausgangszustand<br />

(t 0 ) in Abhängigkeit von Kohärenz und Ausmass<br />

Kohärenz unter <strong>de</strong>n Akteuren<br />

Einfaches Regime<br />

hoch<br />

integriertes Regime<br />

gering<br />

hoch<br />

Ausmass (regulierte/nutzbare<br />

Güter)<br />

Kein Regime<br />

gering<br />

komplexes Regime<br />

Legen<strong>de</strong>: Zustand 2003 (t 0 ) Szenario 2 Szenario 4<br />

Szenario 1 Szenario 3 Szenario 5<br />

Es ist festzustellen, dass die Szenarien 2 (Mutter- und Ammenkuhbetriebe) und 4 („Bessere<br />

Vermarktung“) am ehesten die Voraussetzungen für eine erhöhte Kohärenz (substanziell und<br />

auch institutionell) bei erhöhtem Ausmass erfüllen können. Von <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Befragten Gilbert<br />

Ruinatscha und Johannes Fallet wur<strong>de</strong> das Szenario 4 auch als wünschenswert und wahrscheinlich<br />

erachtet. Die stärkste rückläufige Entwicklung gegenüber <strong>de</strong>m Ausgangszustand<br />

erfährt das Szenario 1, da hiermit auch die stärksten wirtschaftlichen und ökologischen Verän<strong>de</strong>rungen<br />

verbun<strong>de</strong>n sind. Die Bewertung könnte sich allerdings mit Blick auf das gesamte<br />

Val Müstair noch verschieben, da ein Alpnutzungskonzept für das ganze Tal die Prioritäten<br />

verschieben könnte.<br />

7.2. Fokusthema Tourismus<br />

7.2.1. Szenarienbildung und -bewertung aufgrund <strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen<br />

Aufgrund <strong>de</strong>r Akteursgespräche lassen sich für das Jahr 2020 folgen<strong>de</strong> mögliche Szenarien<br />

und <strong>de</strong>ren Hauptfolgen ableiten:<br />

Szenario 1. „Weiter wie bisher“.<br />

Die Attraktivität <strong>de</strong>s Gebietes für die Trendsportarten nimmt zu. Organisierte Formen, vermittelt<br />

via Internet, treten vermehrt auf (Rennen, geführte Touren). Die Zufahrtsstrasse wird<br />

vermehrt für touristische Zwecke (Gruppen) geöffnet.<br />

Die Folge wäre ein Anstieg <strong>de</strong>r Individualsportler, die auf ihr Je<strong>de</strong>rmannszutrittsrecht (Art.<br />

699 ZGB) pochen, und es wür<strong>de</strong>n dadurch zunehmen<strong>de</strong> Konflikte mit <strong>de</strong>r Landnutzung, <strong>de</strong>m<br />

Militär und <strong>de</strong>m Naturschutz entstehen.<br />

Mit diesem Szenario wür<strong>de</strong>n die volkswirtschaftlichen Kosten (A7) durch <strong>de</strong>n höheren Wegunterhalt<br />

steigen, <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheitsgrad unter <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>igentümern und Bewirtschaftern<br />

(A14), <strong>de</strong>r Flächenanteil und die Qualität <strong>de</strong>r Naturräume (B1), die Erholungs- und Erlebnisqualität<br />

(B10) wür<strong>de</strong>n eher sinken; <strong>de</strong>r zeitliche und räumliche Grad nicht-baulicher Belastung<br />

(C3), die Gesamtwertschöpfung aus <strong>de</strong>m Landschaftsbild (B9) sowie die lokal verbleiben<strong>de</strong><br />

73


Wertschöpfung aus <strong>de</strong>m naturverbun<strong>de</strong>nen Tourismus- und Freizeitangeboten (C7) wür<strong>de</strong>n<br />

zunehmen. Eventuell gäbe es Unverträglichkeiten mit <strong>de</strong>m Naherholungsbedürfnis <strong>de</strong>r lokalen<br />

Bevölkerung (C14).<br />

Szenario 2. „Naturtourismus“<br />

Es wird die gezielte För<strong>de</strong>rung eines naturverträglichen Tourismus betrieben.<br />

Folge: Gewisse Direktvermarktungsmöglichkeiten auf bei<strong>de</strong>n Alpen ohne bauliche Infrastruktur<br />

wür<strong>de</strong>n eingerichtet. Die Bewusstseinsför<strong>de</strong>rung für die Landschaftsqualitäten wird<br />

mit entsprechen<strong>de</strong>n Informationen verbessert und kommerzielle Adventure- und Trendsportangebote-<br />

sowie grösseren Sportanlässe im Val Mora wer<strong>de</strong>n ausgeschlossen. Der<br />

Konflikt mit <strong>de</strong>m militärischen Schiessbetrieb wür<strong>de</strong> ansteigen.<br />

Damit wür<strong>de</strong>n die volkswirtschaftlichen Kosten (A7) für <strong>de</strong>n Unterhalt eher zunehmen, die<br />

Überlebensfähigkeit <strong>de</strong>r Alpbetriebe (A10), die Regionalvermarktung (A<strong>11</strong>) und <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheitsgrad<br />

unter <strong>de</strong>n Bewirtschaftern (A14) wür<strong>de</strong> sich verbessern, <strong>de</strong>r Pflegeaufwand für<br />

die Naturflächen (B6) wür<strong>de</strong> wohl grösser, da auch nach mittleren Naturereignissen (Rutschungen,<br />

kleinere Lawinen) Pflegearbeiten gemacht wer<strong>de</strong>n müssten; die Ertragssituation<br />

für die Landwirte (A8), <strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>s behördlichen Engagements (B8), die Gesamtwertschöpfung<br />

aus <strong>de</strong>m Landschaftsbild (B9), die Erholungs- und Erlebnisqualität (B10) die positiven<br />

Effekte <strong>de</strong>r nicht-land/forstwirtschaftlichen Nutzung (C6), die lokal verbleiben<strong>de</strong> Wertschöpfung<br />

aus naturverbun<strong>de</strong>nem Tourismus (C7), <strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>r Kreislaufwirtschaft (C8), die Arbeitsplätze<br />

ausserhalb <strong>de</strong>r Land- und Forstwirtschaft (durch <strong>de</strong>n Aufbau einer logistischen<br />

Vermarktungsstruktur, C9) die positive Verankerung <strong>de</strong>r touristischen Nutzung in <strong>de</strong>r Dorfgemeinschaft<br />

(dank rücksichtsvollem Landschaftsumgang <strong>de</strong>r Touristen, C<strong>11</strong>) und auch <strong>de</strong>r<br />

Grad <strong>de</strong>r Verbun<strong>de</strong>nheit mit <strong>de</strong>r Landschaft (C13) wür<strong>de</strong>n sich erhöhen. Der zeitliche und<br />

räumliche Grad nicht baulicher Belastung (C3) wür<strong>de</strong> stärker wer<strong>de</strong>n.<br />

Szenario 3. „Herberge“<br />

Es wird eine zusätzliche Beherbergungsstruktur auf <strong>de</strong>r Alp Sprella und eine Jause auf <strong>de</strong>r<br />

Alp Mora geschaffen. Auch <strong>de</strong>r Stall auf <strong>de</strong>r Alp Sprella wird in eine Ferienunterkunft umgebaut.<br />

Hierfür wird die Bestimmung <strong>de</strong>r Landschaftsschutzzone gelockert. Auf Bun<strong>de</strong>sebene<br />

erfolgt eine weitere Lockerung <strong>de</strong>s Raumplanungsgesetzes (RPG).<br />

Folge: Die bauliche Belastung <strong>de</strong>s Tales und <strong>de</strong>r Rummel wür<strong>de</strong>n im Tal zunehmen, ein<br />

Druck auf <strong>de</strong>n Strassenausbau und auf eine Öffnung <strong>de</strong>s Fahrverbotes wür<strong>de</strong> entstehen.<br />

Mit diesem Szenario wür<strong>de</strong>n sich diverse Indikatoren negativ verän<strong>de</strong>rn: die volkswirtschaftlichen<br />

Kosten (A7) steigen aufgrund <strong>de</strong>s höheren Unterhaltes an; es erhöhen sich die Ertragssituation<br />

<strong>de</strong>r Landwirte (A8), die Arbeitsplätze (A9), die Regionalvermarktung (A<strong>11</strong>); es<br />

sinken hingegen <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheitsgrad unter <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>igentümern und Bewirtschaftern<br />

(v.a. zwischen <strong>de</strong>r Alp Mora und <strong>de</strong>r Klosteralp, A14), <strong>de</strong>r Flächenanteil und die Qualität <strong>de</strong>r<br />

Naturräume (B1), die Erholungs- und Erlebnisqualität (B10); <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rungsgrad (A17)<br />

steigt und die Gesamtwertschöpfung aus <strong>de</strong>m Landschaftsbild (B9) sowie die lokal verbleiben<strong>de</strong><br />

Wertschöpfung aus <strong>de</strong>m Tourismus (C7) und die Arbeitsplätze ausserhalb <strong>de</strong>r Landund<br />

Forstwirtschaft (C9) nehmen zu. Im weiteren dürften die Akzeptanz <strong>de</strong>r gesetzlichen<br />

Schutzmassnahmen bei <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>igentümern und Bewirtschaftern (B12), die Ausprägung<br />

ästhetischer Merkmalsträger (B15), das Vorhan<strong>de</strong>nsein von Orten <strong>de</strong>r Kraft, Symbolik und<br />

beson<strong>de</strong>rer ästhetischer Empfindungen (B16), <strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>r regionalen Kreislaufwirtschaft<br />

(Transport von Abfall, Lebensmitteln, u.a., Energieerzeugung etc., C8), die positive Verankerung<br />

<strong>de</strong>r touristischen Nutzung in <strong>de</strong>r Dorfgemeinschaft (C<strong>11</strong>), <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheitsgrad unter<br />

<strong>de</strong>n nicht-land/forstwirtschaftlichen Landnutzern (C12) sinken. Dagegen nehmen <strong>de</strong>r Grad<br />

<strong>de</strong>r baulichen Belastung (C1), <strong>de</strong>r zeitliche und räumliche Grad nicht-baulicher Belastung<br />

(C3), die volkswirtschaftlichen Kosten (für die neue Herberge, die Jause u.a., C10) und <strong>de</strong>r<br />

Verän<strong>de</strong>rungsgrad <strong>de</strong>r touristischen Nutzung (C18) zu.<br />

74


7.2.2. Beurteilung <strong>de</strong>r Szenarien hinsichtlich Interaktionsleistungen<br />

Szenario 1 (Weiter wie bisher):<br />

Folgen<strong>de</strong> Güter und Dienstleistungen wür<strong>de</strong>n sich negativ verän<strong>de</strong>rn: Bereitstellung <strong>de</strong>r (a-)-<br />

biotischen Raumfaktoren (1a), Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Nutzung (2a) und <strong>de</strong>r forstwirtschaftlichen<br />

Nutzung (2b), Raum <strong>de</strong>r Kulturgeschichte und <strong>de</strong>s baulichen Erbes (2e), Ort<br />

<strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheit und <strong>de</strong>s Wohlbefin<strong>de</strong>ns (2f), Raum mit Erholungsfunktion (3a) und eventuell<br />

auch <strong>de</strong>r Raum <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität und Lieferant von I<strong>de</strong>ntifikationsstrukturen (3f).<br />

Folgen<strong>de</strong> Güter und Dienstleistungen wür<strong>de</strong>n sich positiv verän<strong>de</strong>rn: Träger von Wertschöpfungen<br />

(3e).<br />

Damit wür<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r drei Interaktionsleistungen <strong>de</strong>r Landschaft insbeson<strong>de</strong>re die<br />

ökologische und ästhetische Landschaftsqualität Einbussen erfahren, während sich die soziokulturelle<br />

Landschaftsqualität ambi<strong>val</strong>ent verhalten wür<strong>de</strong>. Die Landwirtschaft im Val Mora<br />

wür<strong>de</strong> daher <strong>de</strong>n Rang an <strong>de</strong>n Tourismus abtreten, was die be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Nutzung anbelangt.<br />

Eine Marginalisierung <strong>de</strong>r Alpwirtschaft wäre bei extremem Verlauf <strong>de</strong>s Szenarios <strong>de</strong>nkbar.<br />

Szenario 2 (Naturtourismus):<br />

Folgen<strong>de</strong> Güter und Dienstleistungen wür<strong>de</strong>n sich negativ verän<strong>de</strong>rn: Speicher genetischer<br />

Vielfalt (zum Teil, 1c), Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Nutzung (zum Teil, 2a), Raum <strong>de</strong>r forstwirtschaftlichen<br />

Nutzung (2b).<br />

Folgen<strong>de</strong> Güter und Dienstleistungen wür<strong>de</strong>n sich positiv verän<strong>de</strong>rn: Bereitstellung <strong>de</strong>r (a-)-<br />

biotischen Raumfaktoren (1a), Speicher genetischer Vielfalt (zum Teil, 1c), Regulation dynamischer<br />

Prozesse (1e), Regulation <strong>de</strong>r Populationsdynamik (1f), Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen<br />

Nutzung (zum Teil, 2a), Raum <strong>de</strong>r Kulturgeschichte und <strong>de</strong>s baulichen Erbes (2e), Ort<br />

<strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheit und <strong>de</strong>s Wohlbefin<strong>de</strong>ns (2g), Raum mit Erholungsfunktion (weitgehend, 3a),<br />

Träger von Wertschöpfungen (3e), <strong>de</strong>r Raum <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität und Lieferant von I<strong>de</strong>ntifikationsstrukturen<br />

(3f).<br />

Damit wür<strong>de</strong> sich auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r drei Interaktionsleistungen <strong>de</strong>r Landschaft nur die ästhetische<br />

Landschaftsqualität <strong>de</strong>utlich verbessern, während die ökologische und sozio-kulturelle<br />

Landschaftsqualität sich ambi<strong>val</strong>ent entwickeln wür<strong>de</strong>n. Die Landschaft wür<strong>de</strong> durchaus<br />

an Nachhaltigkeit gewinnen, wobei sich negative Ten<strong>de</strong>nzen dann bemerkbar machen<br />

wür<strong>de</strong>n, wenn die Zahl <strong>de</strong>r Touristen sich stark erhöhen wür<strong>de</strong>.<br />

Szenario 3 (Herberge):<br />

Folgen<strong>de</strong> Güter und Dienstleistungen wür<strong>de</strong>n sich negativ verän<strong>de</strong>rn: Bereitstellung <strong>de</strong>r (a-)-<br />

biotischen Raumfaktoren (1a), Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Nutzung (zum Teil, 2a), Raum<br />

<strong>de</strong>r forstwirtschaftlichen Nutzung (2b), räumliche Strukturierung <strong>de</strong>r Mobilität und <strong>de</strong>s Transportes<br />

(2d), Raum <strong>de</strong>r Kulturgeschichte und <strong>de</strong>s baulichen Erbes (2e), Raum <strong>de</strong>r kulturellen<br />

Diversität (2f), Ort <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheit und <strong>de</strong>s Wohlbefin<strong>de</strong>ns (2f), Raum mit Erholungsfunktion<br />

(weitgehend, 3a), Ort <strong>de</strong>r ästhetischen Landschaftswahrnehmung (3d).<br />

Folgen<strong>de</strong> Güter und Dienstleistungen wür<strong>de</strong>n sich positiv verän<strong>de</strong>rn: Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen<br />

Nutzung (zum Teil, 2a), Raum mit Erholungsfunktion (zu einem geringen Teil,<br />

3a), Träger von Wertschöpfungen (3e).<br />

Damit wür<strong>de</strong>n sich auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r drei Interaktionsleistungen <strong>de</strong>r Landschaft alle Landschaftsqualitäten<br />

mehrheitlich vermin<strong>de</strong>rn, während sich die sozio-kulturellen und ästhetischen<br />

Landschaftsqualitäten nur in vereinzelten Gütern und Dienstleistungen etwas verbessern.<br />

Das Val Mora wür<strong>de</strong> sich auftrennen in eine intensiv genutzte Zone entlang <strong>de</strong>r Talstrasse<br />

(Alp Sprella, Alp Mora) und wenig genutzte Ruhegebiete ausserhalb davon (Segregation).<br />

75


7.2.3. Effekte <strong>de</strong>r Szenarien auf das institutionelle Regime in Bezug auf Ausmass <strong>de</strong>r Regulierungen<br />

und <strong>de</strong>r Kohärenz<br />

Szenario 1:<br />

Die Zunahme <strong>de</strong>r Individualsportler wür<strong>de</strong> solange ohne Regulierung erfolgen, bis die Konflikte<br />

mit <strong>de</strong>m Natur- und Landschaftsschutz, <strong>de</strong>r Jagd, <strong>de</strong>r Wildhut, <strong>de</strong>m Forstdienst und <strong>de</strong>r<br />

Landwirtschaft so gross sind, dass Schutzmassnahmen nötig wür<strong>de</strong>n. Diese wären dann allerdings<br />

nur schwer durchzusetzen, da <strong>de</strong>r Individualtourismus grundsätzlich nur beschränkt<br />

steuerbar und kaum kontrollierbar ist. Das Je<strong>de</strong>rmannszutrittsrecht kann nur für Schutzgebiete<br />

o<strong>de</strong>r bei Vorliegen höherer privater o<strong>de</strong>r öffentlicher Interessen eingeschränkt wer<strong>de</strong>n.<br />

Das Ausmass <strong>de</strong>r Regulierung in diesem Szenario nimmt daher ab, da auch das Betriebsreglement<br />

für die Zufahrtsstrasse gelockert wer<strong>de</strong>n müsste. Die substanzielle Kohärenz unter<br />

<strong>de</strong>n Akteuren (z.B. mit <strong>de</strong>m Militär) wäre dann sinkend (niedrig-mittel), wenn sich erste Belastungserscheinungen<br />

zeigen (Verkehr, Störungen <strong>de</strong>r Fauna).<br />

Das institutionelle Regime ist daher als komplex zu bezeichnen.<br />

Szenario 2:<br />

Die gezielte För<strong>de</strong>rung bedarf einer Regulierung <strong>de</strong>r Nutzungen <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Akteure.<br />

Die Gemein<strong>de</strong> und die Region engagieren sich beispielsweise im Rahmen eines Gebietslabels<br />

(Biosphärenreservat, Natur- o<strong>de</strong>r Nationalpark), erstellen Konzepte und betreiben eine<br />

aktive Informationspolitik (auch gegenüber <strong>de</strong>n privaten Homepagebesitzern, <strong>de</strong>n „Outs“).<br />

Schutzpolitiken spielen eine wichtige Rolle. Das Ausmass <strong>de</strong>r Regulierung ist daher hoch.<br />

Die Kohärenz unter <strong>de</strong>n Akteuren vor Ort ist hoch, da die För<strong>de</strong>rung eines naturverträglichen<br />

Tourismus auf einer Einigkeit beruht, wo die Grenzen <strong>de</strong>s Tourismus liegen. Die substanzielle<br />

Kohärenz ist daher als mittel-hoch zu bezeichnen. Mit <strong>de</strong>m Reservats-Label wird auch eine<br />

institutionelle Kohärenz geschaffen. Das Regime ist daher integriert.<br />

Szenario 3:<br />

Die Errichtung einer Beherbergungsstruktur sowie einer Jause bedarf einer vertieften rechtlichen<br />

Überprüfung. Das eidgenössische Raumplanungsrecht lässt gewisse bauliche Umnutzungen<br />

und bei Vorliegen einer Standortgebun<strong>de</strong>nheit auch gar einen Neubau zu. Die Frage<br />

stellt sich, ob diese Bauten und Nutzungen in einem Landschaftsschutzgebiet zulässig sind<br />

o<strong>de</strong>r nicht. Darüber gibt das kantonale und kommunale Recht einen zu wenig klaren Rahmen.<br />

Eine Realisierung <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Bauten bedarf einer zusätzlichen Regulierung (Lockerung<br />

<strong>de</strong>s RPG und <strong>de</strong>r Landschaftssschutzzone), während das Tourismusverhalten weiterhin<br />

kaum reguliert (und kontrolliert) wer<strong>de</strong>n kann. Sollte ein Druck auf die Zufahrtsverbesserung<br />

(Belagseinbau) entstehen (zur Rentabilisierung <strong>de</strong>r Herberge und <strong>de</strong>r Jause), so müsste die<br />

Gemein<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Weg ins Val Mora als Gemein<strong>de</strong>strasse aufnehmen und damit die ganzen<br />

Unterhaltskosten tragen. Auch hierfür sind gesetzliche Lockerungen (Teilaufhebung <strong>de</strong>s Betriebsreglementes)<br />

nötig. Das Ausmass <strong>de</strong>r Regulierung ist daher als gering-mittel anzusehen.<br />

Die Kohärenz unter <strong>de</strong>n Akteuren ist kaum gegeben, die Beherbergungsstruktur wür<strong>de</strong><br />

in Konkurrenz mit <strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n Hotellerie in <strong>de</strong>n Taldörfern treten und auch die an<strong>de</strong>ren<br />

Alpschaften wären wenig erbaut über diese Privilegierung <strong>de</strong>r Alp Mora. Die Konflikte mit<br />

<strong>de</strong>m Natur- und Landschaftsschutz (private und öffentliche Stellen) und möglicherweise mit<br />

kantonalen und nationalen Planungsstellen wären ebenfalls vorprogrammiert. Die substanzielle<br />

Kohärenz ist also niedrig. Das bestehen<strong>de</strong> institutionelle Regime droht sich aufzulösen.<br />

7.2.4. Beurteilung <strong>de</strong>r Regimeän<strong>de</strong>rungen und <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit für das Fokusthema Tourismus<br />

Zusammenfassend kann das institutionelle Regime für <strong>de</strong>n Tourismus im Val Mora wie folgt<br />

dargestellt wer<strong>de</strong>n (Abbildung 10).<br />

76


Abb. 10: Darstellung <strong>de</strong>r Regime für die Szenarien im Fokusthema Tourismus im Vergleich<br />

zum Ausgangszustand (t 0 ) in Abhängigkeit von Kohärenz und Ausmass<br />

Kohärenz unter <strong>de</strong>n Akteuren<br />

Einfaches Regime<br />

hoch<br />

integriertes Regime<br />

gering<br />

Ausmass (regulierte/nutzbare<br />

Güter)<br />

hoch<br />

Kein Regime<br />

gering<br />

komplexes Regime<br />

Legen<strong>de</strong>: Zustand 2003 (t 0 ) Szenario 2<br />

Szenario 1 Szenario 3<br />

Hier bietet das Szenario 2 („Naturtourismus“) die besten Voraussetzungen für eine hohe Kohärenz<br />

und ein hohes Ausmass, insbeson<strong>de</strong>re auch dadurch als eine institutionelle Kohärenz<br />

durch das Biosphärenreservatslabel geschaffen wird. Das Szenario 1 („Weiter wie bisher“)<br />

könnte je nach <strong>de</strong>r touristischen Nachfrage zu Regimeschwächungen führen.<br />

7.3. Fokusthema 3: Biosphärenreservat Val Müstair<br />

7.3.1. Akteurnetz<br />

Das Akteurnetz für das Konzept Biosphärenreservat (BSR) entspricht <strong>de</strong>m offiziellen Organigramm<br />

2003 <strong>de</strong>r Projektleitung (Unterlage <strong>de</strong>r Orientierungsversammlung vom 22. Mai 2003).<br />

77


Abb. <strong>11</strong>: Akteurnetz Biosphärenreservat<br />

Trägerschaft Biosphärenreservat Val Müstair<br />

Corporaziun regiunala Val Müstair<br />

Schweizer Nationalpark (SNP)<br />

Regionalmanagement<br />

Strategische Projektleitung<br />

Genehmigungsinstanz<br />

Finanzkompetenz<br />

Beratung<br />

Operative Projektleitung<br />

Projektmanagement<br />

Konzepterarbeitung<br />

Leitung Fach- und Arbeitsgruppen<br />

Vorarbeitung Biosphärenreservat<br />

Teilprojekte<br />

Bereich 1<br />

Gastronomie,<br />

Tourismus, Verkehrswesen<br />

Bereich 2<br />

Gesundheitswesen<br />

Schule<br />

Bildung<br />

Bereich 3<br />

Forst<br />

Jagd, Fischerei<br />

Landwirtschaft<br />

Natur- und Landschaftsschutz<br />

Bereich 4<br />

Kirche, Religion<br />

Kloster<br />

Kultur<br />

Sport, Anlagen<br />

Bereich 5<br />

movingAlps<br />

Politik<br />

Bereich 6<br />

Gewerbe<br />

Han<strong>de</strong>l<br />

7.3.2. Eigentumsrechte<br />

Die Eigentumsrechte sind i<strong>de</strong>ntisch mit <strong>de</strong>njenigen, die unter Alpwirtschaft (Kap. 5.1.2.) beschrieben<br />

wur<strong>de</strong>n. Die Touristen und Ausflügler verfügen über keine Eigentumsrechte. Weitere<br />

eigentumsrechtliche Hoheiten sind zwar <strong>de</strong>nkbar, aber nicht explizit in <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>srichtlinien<br />

vorgesehen. Die Trägerschaft <strong>de</strong>s künftigen Biosphärenreservates (BSR) müsste allerdings<br />

in gewissem Masse auch in die bestehen<strong>de</strong>n Nutzungsrechte eingreifen können, falls<br />

gewisse Nutzungen sich als mit <strong>de</strong>n Schutzzielen nicht verträglich herausstellen. Dies kann<br />

dadurch geschehen, dass die künftige Trägerschaft die konzeptionellen Managementpläne<br />

auf vertraglicher o<strong>de</strong>r öffentlich-rechtlicher Ebene mit <strong>de</strong>n bestehen<strong>de</strong>n Eigentümern und<br />

Nutzungsberechtigten absegnet o<strong>de</strong>r dass eine neue Gebietskörperschaft für das Val Mora<br />

(bspw. <strong>de</strong>r Nationalpark, ein Verein o<strong>de</strong>r eine an<strong>de</strong>re Stiftung) geschaffen wür<strong>de</strong>, welche<br />

entsprechen<strong>de</strong> Verfügungsrechte über die Nutzungen o<strong>de</strong>r gar Eigentums- und Nutzungsrechte<br />

inne hätte.<br />

7.3.3. Nutzungsrechte und genutzte Güter und Dienstleistungen<br />

Nach <strong>de</strong>r Ablehnung <strong>de</strong>r Erweiterungspläne für <strong>de</strong>n Nationalpark auf <strong>de</strong>r Unterengadiner Seite<br />

in Zernez im Dezember 2000 entstan<strong>de</strong>n im August 2001 erste Absichten für die Errichtung<br />

eines Biosphärenreservates (BSR) im Val Müstair. Die Fe<strong>de</strong>rführung liegt seither bei<br />

<strong>de</strong>r Corporaziun regiunala Val Müstair in Partnerschaft mit <strong>de</strong>m Schweizerischen National-<br />

78


park (SNP), die im September 2002 einen Projektleiter ernannte, <strong>de</strong>r seither die Unterlagen<br />

gemäss <strong>de</strong>n Aufnahmekriterien <strong>de</strong>r UNESCO resp. <strong>de</strong>s Buwal (nicht publiziert) vorbereitet.<br />

Das BSR muss gemäss <strong>de</strong>n provisorischen schweizerischen Kriterien insgesamt 10 Ausschlusskriterien<br />

(darunter die Zonierung in eine Kern-, Pflege- und Entwicklungszone) und 31<br />

zusätzlichen Bewertungskriterien entsprechen.<br />

Bezogen auf das Val Mora stellen sich mit Blick auf das künftige Konzept BSR Val Müstair<br />

folgen<strong>de</strong> Fragen:<br />

1) Soll das Val Mora in eine zusätzliche Kernzone, in eine Pflege- o<strong>de</strong>r Entwicklungszone<br />

einbezogen wer<strong>de</strong>n?<br />

2) Genügen die bisherigen Schutzbestimmungen, beson<strong>de</strong>rs auch mit Blick auf die zu erwarten<strong>de</strong><br />

Zunahme <strong>de</strong>r touristischen Sogkraft eines BSR?<br />

3) Wie kongruent verhalten sich die Trägerschaft <strong>de</strong>s künftigen BSR, die Bevölkerung und die<br />

Akteure im Val Mora sowie die öffentliche Politik (z.B. Regio-Plus, Agrarpolitik, Naturparkstrategie<br />

<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s)?<br />

Gemäss <strong>de</strong>m integrativen Ansatz <strong>de</strong>s BSR-Konzeptes sind grundsätzlich alle nutzbaren Güter<br />

und Dienstleistungen <strong>de</strong>r Landschaft im Val Mora betroffen.<br />

7.3.4. Öffentliche Politiken<br />

In bezug auf BSR gibt es zur Zeit keine schweizerische Gesetzesgrundlage. Es besteht allerdings<br />

ein Kriterienkatalog (Küttel und Robin 2002), welcher für das Entlebuch als Massstab<br />

für die Anerkennung durch die Schweiz galt. Auf internationaler Ebene richtet sich die Anerkennung<br />

von BSR nach <strong>de</strong>n UNESCO-Kriterien von 1996. In <strong>de</strong>r Vernehmlassungsvorlage<br />

<strong>de</strong>s Buwal für die NHG-Revison 2002 in Bezug auf die Naturparks wur<strong>de</strong> festgehalten, dass<br />

BSR als „Landschaftsparks“ aufzufassen sind. Unklar blieb aber, ob hierfür künftig Beiträge<br />

analog zu <strong>de</strong>n schweizerischen Parks gesprochen wer<strong>de</strong>n können (die NHG-Revision wur<strong>de</strong><br />

im Februar <strong>2004</strong> vom Bun<strong>de</strong>srat allerdings aus <strong>de</strong>r Legislaturplanung <strong>2004</strong>-2007 gekippt,<br />

was sofort zu Kritiken führte). Es stellt sich auch die Frage, ob die BSRe vorgängig als regionale<br />

Naturparks anerkannt wer<strong>de</strong>n sollten. Dies wür<strong>de</strong> allerdings be<strong>de</strong>uten, dass <strong>de</strong>r erwähnte<br />

Kriterienkatalog <strong>de</strong>s Buwal in <strong>de</strong>m Sinne abgeän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n müsste, so dass eine<br />

Kohärenz zu <strong>de</strong>n Naturparkkriterien, die noch zu erarbeiten sind, entstehen wür<strong>de</strong>.<br />

7.3.5. Einflussfaktoren <strong>de</strong>r Landschaftsnutzung im Kontext Biosphärenreservat (BSR)<br />

Das Konzept BSR ist zu <strong>de</strong>n Schutzpolitiken zu zählen. Es kann zu einer Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s institutionellen<br />

Regimes beitragen, wenn mit diesem Konzept sowohl das Ausmass <strong>de</strong>r Regulierungen<br />

wie auch die substanzielle Kohärenz unter <strong>de</strong>n Akteuren erhöht wer<strong>de</strong>n (die institutionelle<br />

Kohärenz wäre mit einer geeigneten Trägerschaft gegeben). In <strong>de</strong>r Tabelle 21 wer<strong>de</strong>n<br />

die wesentlichen Schutzpolitiken für das Val Mora dargestellt. Daraus ist ersichtlich, dass die<br />

bei<strong>de</strong>n Unterschutzstellungen 1969 und 1979 als Landschaftsschutzzonen in entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r<br />

Weise zu <strong>de</strong>r noch heute hohen Landschaftsqualität beigetragen haben, zumal beson<strong>de</strong>rs im<br />

Lai da Rims-Gebiet touristische und hydroelektrische Nutzungen gemäss Aussage von Georg<br />

Ragaz und Hans Weiss geplant waren. Bei<strong>de</strong> Schutzerlasse kamen eher zufällig zustan<strong>de</strong><br />

und waren stark personenbezogen. Mit <strong>de</strong>n Schutzprogrammen insgesamt sind aber die Än<strong>de</strong>rungen<br />

<strong>de</strong>r politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen nicht <strong>de</strong>rart, dass grundlegen<strong>de</strong><br />

Nutzungs- und Landschaftsän<strong>de</strong>rungen im angestammten Nutzungsbereich (Land- und<br />

Forstwirtschaft, Jagd) auftraten. Das Konzept BSR könnte für das Val Mora zusätzliche<br />

Schutzbestimmungen und Massnahmen vorsehen. Aufgrund <strong>de</strong>r oben beschriebenen Konfliktsituationen<br />

im Bereich Alpwirtschaft, Militär und Ferienhausnutzung dürften entsprechen<strong>de</strong><br />

Massnahmen im Managementplan erfor<strong>de</strong>rlich wer<strong>de</strong>n. Das Grundprinzip <strong>de</strong>s BSR liegt<br />

aber in <strong>de</strong>r Partizipation <strong>de</strong>r Akteure.<br />

79


Tab. 21: Wichtigste Schutzverfügungen und -programme, die für das Konzept Biosphärenreservat<br />

(BSR) be<strong>de</strong>utsam sind<br />

Jahr Schutzverfügungen o<strong>de</strong>r -programme Folgen<br />

1969 Unterschutzstellung <strong>de</strong>s Lai da Rims und Umgebung<br />

als Landschaftsschutzzone<br />

1979 Unterschutzstellung <strong>de</strong>s Val Mora als Landschaftsschutzzone<br />

Verzicht auf bauliche Nutzungen und technische<br />

Anlagen, Camping- und Gebirgslan<strong>de</strong>plätze<br />

(Beibehaltung <strong>de</strong>r alp- und forstwirtschaftlichen<br />

Nutzung)<br />

Verhin<strong>de</strong>rung von baulichen Nutzungen und<br />

technischen Anlagen (ausgenommen die<br />

Land- und Forstwirtschaft)<br />

1993 Wildschutzgebiet Plaun dala Multa Jagdverbot<br />

seit 9 Flachmoor- und 6 Auenbiotope sowie 2 Blockgletscher<br />

gemäss Art. 18a-d NHG<br />

1994<br />

1996 BLN-Objekt Nr. 1915 (Schweizerischer Nationalpark<br />

und Randgebiete)<br />

Nur Jufplaun einbezogen, gemäss Art. 5 und<br />

6 NHG<br />

1996 Moorlandschaft ML-368 Buffalora Nur Jufplaun einbezogen, gemäss Art. 23b-d<br />

NHG<br />

1998 Sömmerungsbeitragsverordnung (SöBV) Alpfrem<strong>de</strong>r mineralischer Dünger ist untersagt,<br />

Bedingung <strong>de</strong>r umweltschonen<strong>de</strong>n Bewirtschaftung<br />

(Art. 10 Abs. 1 SöBV)<br />

seit<br />

2003<br />

seit<br />

2003<br />

seit<br />

200?<br />

Wildschutzgebiet Munt Grond (noch nicht in Kraft)<br />

Finanzielle Anreize für Behirtung o<strong>de</strong>r Umtriebswei<strong>de</strong><br />

für die Schafhaltung im Sömmerungsgebiet gemäss<br />

Art. 4 Abs. 1 SöBV<br />

Biosphärenreservat Val Müstair<br />

Wildschutzgebiete gemäss Art. 28 <strong>de</strong>s Gesetzes<br />

über die Jagd und <strong>de</strong>n Wildschutz im<br />

Kanton Graubün<strong>de</strong>n (Jagdgesetz) vom 4.<br />

Juni 1989 haben in erster Linie <strong>de</strong>r Hebung<br />

lokal schwacher Wildbestän<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r Verbesserung<br />

<strong>de</strong>r natürlichen Bestan<strong>de</strong>sstruktur<br />

und <strong>de</strong>m Schutz bedrohter Wildarten vor Störungen<br />

durch <strong>de</strong>n Jagdbetrieb zu dienen<br />

Vermeidung von Vegetationsschä<strong>de</strong>n durch<br />

Überweidung bzw. von Zugriff durch Grossraubtiere<br />

Schutz und nachhaltige Entwicklung geför<strong>de</strong>rt<br />

7.3.6. Szenarienbildung und -bewertung aufgrund <strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen<br />

Aufgrund <strong>de</strong>r UNESCO-Konzeption <strong>de</strong>s Biosphärenreservates lässt sich für das Jahr 2020<br />

folgen<strong>de</strong>s mögliches Szenario und <strong>de</strong>ren Hauptfolgen ableiten:<br />

Szenario 1. Biosphärenreservat Val Müstair<br />

Das Projekt wird von <strong>de</strong>r UNESCO bewilligt, eine Zonierung in Kern-, Puffer- und Entwicklungszone<br />

ist erfolgt und das Val Mora als Pflegezone eingeglie<strong>de</strong>rt. Es wer<strong>de</strong>n besucherlenken<strong>de</strong><br />

Massnahmen ergriffen und Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Ein spezifisches Regionalmarketing<br />

wird aufgebaut und landschaftliche Entwicklungspläne umgesetzt.<br />

Mit diesem Szenario sollen möglichst hohe Qualitäten <strong>de</strong>r drei Interaktionsleistungen <strong>de</strong>r<br />

Landschaft erzielt wer<strong>de</strong>n. Damit dies möglich wird, müssen die als negativ zu bewerten<strong>de</strong>n<br />

Tren<strong>de</strong>ntwicklungen (gemäss Indikatorenbewertung (Tabelle 10) gebremst wer<strong>de</strong>n. In diesen<br />

Bereichen wür<strong>de</strong>n Kohärenz und Ausmass <strong>de</strong>r Regulierung zunehmen (Tabelle 22).<br />

80


Tab. 22: Indikatoren mit negativ zu bewerten<strong>de</strong>n Entwicklungen für das Val Mora zum Zeitpunkt<br />

2003 und Korrekturmassnahmen im Rahmen <strong>de</strong>s Konzeptes Biosphärenreservat<br />

(BSR)<br />

Indikator<br />

A1) Bo<strong>de</strong>n- und Gewässerbelastung<br />

A7) Volkswirtschaftliche<br />

Kosten<br />

Korrekturmassnahmen<br />

Mit Hilfe eines alpwirtschaftlichen Nutzungskonzeptes für sämtliche Alpen <strong>de</strong>s Val<br />

Müstair könnte die optimale Bewirtschaftung <strong>de</strong>r Alpen Mora und Prave<strong>de</strong>r festgelegt<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Unterhaltskosten für die Erschliessung könnten durch eine Redimensionierung<br />

<strong>de</strong>r alten Erschliessungsachse im Val Vau (Rückbau zu Wan<strong>de</strong>rweg) vermin<strong>de</strong>rt<br />

wer<strong>de</strong>n. Mit <strong>de</strong>m BSR könnte eine Inwertsetzung <strong>de</strong>r Alpwirtschaft (Landschaftspflege)<br />

erzielt wer<strong>de</strong>n.<br />

A8) Ertragssituation Bleibt es auch künftig bei <strong>de</strong>r Milchverwertung, so ist eine eigenständige Vermarktung<br />

<strong>de</strong>r Milchprodukte zu prüfen (Marktöffnung in Richtung Südtirol) und<br />

eine grundsätzliche Erhöhung <strong>de</strong>r Produktepalette aus <strong>de</strong>r Landwirtschaft. Auch<br />

die forstwirtschaftliche Nutzung in <strong>de</strong>n dafür geeigneten, erschlossenen Wäl<strong>de</strong>rn<br />

(E<strong>de</strong>lhölzer wie Arve) unter Ausschluss <strong>de</strong>s Val Mora sollte ausgebaut wer<strong>de</strong>n.<br />

A15) Produktepalette Die Erhöhung <strong>de</strong>r Produktepalette (im Fleischsektor und in <strong>de</strong>n Milchprodukten)<br />

führt auch zu einer Erhöhung <strong>de</strong>r Dienstleistung "„Raum <strong>de</strong>r kulturellen Diversität"<br />

(2f)<br />

A17) Verän<strong>de</strong>rungsgrad<br />

(landwirtschaftliche Infrastrukturen,<br />

Bauten und<br />

Anlagen)<br />

B3) Anteil naturnaher/natürlicher<br />

Fliiessgewässerstrecken<br />

B17) Vielfalt <strong>de</strong>r Pflegemetho<strong>de</strong>n<br />

C3) Zeitlicher und räumlicher<br />

Grad nicht-baulicher<br />

Belastung<br />

Im Rahmen <strong>de</strong>r nötigen Unterhaltsarbeiten und <strong>de</strong>r baulichen Massnahmen<br />

(Weg-, Gebäu<strong>de</strong>unterhalt, Kiesabbaustelle La Stretta), sowie auch bezüglich<br />

Restwassersituation am Ausgang <strong>de</strong>s Val Vau (gehört zu Indikator C18) sind wo<br />

nötig und möglich Verbesserungen anzustreben. Umnutzungen ehemaliger landwirtschaftlicher<br />

Gebäu<strong>de</strong> sind zu vermei<strong>de</strong>n.<br />

Gewisse Eingriffe wie die Betonsperren im Val da la Rena sollten renaturiert wer<strong>de</strong>n<br />

können. Die gewässernahen Bereiche im Val Vau könnten wo möglich verbessert<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Vor allem die Aufgabe <strong>de</strong>r Mähwiesen und die Konzentration auf Milchkuhsömmerung<br />

führte zu einer ten<strong>de</strong>nziellen Verarmung <strong>de</strong>r Vegetation. Die Schafe sind<br />

zwar teilweise behirtet, allerdings sind die Folgen für die Vegetation noch nicht<br />

beurteilbar. Im Falle <strong>de</strong>s Auftretens von Bär o<strong>de</strong>r Wolf wäre wohl auf eine Schafalpung<br />

zu verzichten.<br />

Der militärische Schiessbetrieb könnte zunehmend mit <strong>de</strong>r Jagd und Wildhut<br />

(auch im Nationalpark!) und damit <strong>de</strong>n Zielen <strong>de</strong>r Pufferzone <strong>de</strong>s BSR in Konflikt<br />

geraten. Hier sind neue Verträge nötig (mit <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Müstair und <strong>de</strong>m Kloster).<br />

Es stellt sich die Frage <strong>de</strong>r Verträglichkeit eines militärischen Schiessplatzes<br />

mit <strong>de</strong>n Schutzzielen. Im weiteren sind auch touristische Anlässe wie <strong>de</strong>r Nationalpark<br />

Bike-Marathon problematisch, wenn sie eine gewisse Grösse erreichen.<br />

Diese Frage müsste im Rahmen eines touristischen Konzeptes für das Val Mora<br />

geklärt wer<strong>de</strong>n. Eine intensivere Informationspolitik <strong>de</strong>s Tourismus Val Müstair<br />

gegenüber <strong>de</strong>n Homepage-Betreibern wäre nötig.<br />

7.3.7. Beurteilung <strong>de</strong>s Szenarios hinsichtlich Interaktionsleistungen<br />

Genauere Analysen <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Nutzung <strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen sind nicht<br />

möglich, da dies in entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Weise davon abhängt, wie stark das Szenario Biosphärenreservat<br />

(BSR) von <strong>de</strong>r Bevölkerung getragen wird und welche konkreten Ziele und Massnahmen<br />

damit verbun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Bei optimalen Verlauf <strong>de</strong>s Projektes BSR und mit <strong>de</strong>r Einrichtung<br />

einer Trägerschaft, die über geeignete Rechte zur Gebietssicherung und Kontrolle<br />

verfügt, sollten sich die Güter und Dienstleistungen <strong>de</strong>r Landschaft positiv verän<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r<br />

sich zumin<strong>de</strong>st nicht verschlechtern. Damit wür<strong>de</strong>n auch auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r Interaktionsleistungen<br />

<strong>de</strong>r Landschaft (Kap. 3.4.2.) alle drei Landschaftsqualitäten zunehmen. Die Landschaft<br />

wür<strong>de</strong> sich nachhaltig entwickeln können. Dieser i<strong>de</strong>altypische Verlauf berücksichtigt<br />

allerdings die externen und internen Einflussfaktoren nicht, die letztlich die Motivation und die<br />

wirtschaftlichen Möglichkeiten <strong>de</strong>s Val Müstair insgesamt beeinflussen. Hierzu sind die <strong>de</strong>mographischen<br />

und kulturellen Verän<strong>de</strong>rungen zu erwähnen. Auch spielt <strong>de</strong>r Faktor "human<br />

resource" ein entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Rolle. Im weiteren ist <strong>de</strong>r Verlauf <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>spolitiken im Bereich<br />

81


<strong>de</strong>r Regional- und Finanzpolitik noch unsicher. Sollte das Val Müstair zu <strong>de</strong>n "Verliererregionen"<br />

gezählt wer<strong>de</strong>n müssen, so wer<strong>de</strong>n die subventionsabhängigen Nutzungen und<br />

<strong>de</strong>r Service public weiter unter Druck geraten. Dennoch ist aus heutiger Sicht nicht davon<br />

auszugehen, dass die öffentlichen Politiken auf kantonaler und eidgenössischer Ebene eine<br />

Region, die als BSR ins Weltnetz <strong>de</strong>r UNESCO aufgenommen wur<strong>de</strong>, fallen lässt. Dies umso<br />

mehr, als nicht davon auszugehen ist, dass die Schweiz neben <strong>de</strong>m Entlebuch und <strong>de</strong>m Val<br />

Müstair noch zahlreiche an<strong>de</strong>re Gebiete als BSR anmel<strong>de</strong>n kann.<br />

7.3.8. Effekt <strong>de</strong>s Szenarios auf das institutionelle Regime in Bezug auf Ausmass <strong>de</strong>r Regulierung<br />

und auf Kohärenz<br />

Das Biosphärenreservat (BSR) stellt ein internationales Gebietslabel dar, das mit konkreten<br />

Leistungen verknüpft wer<strong>de</strong>n muss. Diese Leistungen sind bereits in hohem Masse vorhan<strong>de</strong>n,<br />

in<strong>de</strong>m nämlich seit 1969 das Gebiet Lai da Rims unter Schutz steht und seither zahlreiche<br />

weitere Schutzerlasse ergangen sind. In jüngerer Zeit ist beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r praktisch ausschliessliche<br />

Biolandbau im Val Müstair als Qualität und Mass für die vorhan<strong>de</strong>ne Eigeninitiative<br />

hervorzuheben. Der Grad <strong>de</strong>r institutionellen Zusammenarbeit kann allerdings noch gesteigert<br />

wer<strong>de</strong>n. Die Bildung einer geeigneten "Governance"-Struktur ist entschei<strong>de</strong>nd dafür,<br />

ob die Kohärenz und das Ausmass mit <strong>de</strong>m Label BSR und/o<strong>de</strong>r Naturpark verbessert wer<strong>de</strong>n<br />

können. Hierfür könnten die Nationalparkverwaltung o<strong>de</strong>r eine neu partizipativ ausgestaltete<br />

Gebietskörperschaft mit entsprechen<strong>de</strong>n Rechten und Pflichten gera<strong>de</strong> für das Gebiet<br />

Val Mora/Lai da Rims eine geeignete Struktur darstellen. In dieser i<strong>de</strong>altypischen Weise<br />

wür<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m Label BSR das Ausmass und die Kohärenz <strong>de</strong>utlich erhöht wer<strong>de</strong>n. Das institutionelle<br />

Regime könnte damit als integriert betrachtet wer<strong>de</strong>n.<br />

7.3.9. Beurteilung <strong>de</strong>r Regimeän<strong>de</strong>rungen und <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit für das Fokusthema Biosphärenreservat<br />

(BSR)<br />

Zusammenfassend kann das institutionelle Regime für das Szenario BSR wie folgt dargestellt<br />

wer<strong>de</strong>n (Abbildung 12). Unter <strong>de</strong>r Voraussetzung, dass mit <strong>de</strong>m BSR auch eine Zunahme <strong>de</strong>r<br />

institutionellen Kohärenz (durch Bildung einer geeigneten Gebietskörperschaft mit entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Rechten) verbun<strong>de</strong>n ist, könnte dieses Szenario die Ten<strong>de</strong>nz <strong>de</strong>r nachhaltigen<br />

Landschaftsentwicklung verstärken.<br />

Abb. 12: Darstellung <strong>de</strong>s institutionellen Regimes für das Fokusthema BSR im Vergleich zum<br />

Ausgangszustand <strong>de</strong>s Regimes (t 0 ) in Abhängigkeit von Kohärenz und Ausmass<br />

Kohärenz unter <strong>de</strong>n Akteuren<br />

Einfaches Regime<br />

integriertes Regime<br />

hoch<br />

gering<br />

hoch<br />

Ausmass <strong>de</strong>r regulierten<br />

Leistungen<br />

Kein Regime<br />

gering<br />

komplexes Regime<br />

Legen<strong>de</strong>: Zustand 2003 (t 0 ) Szenario Biosphärenreservat (BSR)<br />

82


8. Zusammenhang zwischen Regime und Landschaftsentwicklung<br />

Gemäss <strong>de</strong>r Theorie (Knoepfel et al 2001) ist die Nutzung von natürlichen Ressourcen in erheblicher<br />

Weise von <strong>de</strong>n Eigentums- und Nutzungsrechten <strong>de</strong>r beteiligten Akteure sowie vom<br />

Ausmass <strong>de</strong>r Regulierung <strong>de</strong>r vorhan<strong>de</strong>nen Güter und Dienstleistungen abhängig. Ein Zusammenhang<br />

zwischen <strong>de</strong>m Zustand <strong>de</strong>r Ressource und <strong>de</strong>m Grad <strong>de</strong>s institutionellen Regimes<br />

ist auch für <strong>de</strong>n Wald, das Wasser und <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n bereits aufgezeigt wor<strong>de</strong>n. Es ist<br />

nun daher zu prüfen, ob auch für die Ressource Landschaft, an <strong>de</strong>r im holistischen Sinne <strong>de</strong>s<br />

Begriffes keine Eigentumsrechte bestehen, ein Zusammenhang zwischen <strong>de</strong>m Zustand <strong>de</strong>r<br />

Landschaft resp. <strong>de</strong>r Ten<strong>de</strong>nz <strong>de</strong>r Landschaftsentwicklung und <strong>de</strong>m Regime bestehen.<br />

In Bezug auf die Landschaftsentwicklung lassen sich heute vier Grundten<strong>de</strong>nzen (Ro<strong>de</strong>wald<br />

et. al. 2003) abzeichnen:<br />

• Nutzungsaufgabe (Nutzungsextensivierung)<br />

• Ressourcenübernutzung (Nutzungsintensivierung)<br />

• Segregation (räumlich starke Trennung <strong>de</strong>r unterschiedlichen Nutzungsintensitäten)<br />

• nachhaltige Entwicklung (ressourcenschonen<strong>de</strong> Nutzung auf <strong>de</strong>r gesamten Fläche)<br />

In <strong>de</strong>r Tabelle 23 sind die in dieser Fallstudie erfassten Regime und ihr Bezug zu <strong>de</strong>n vier<br />

Grundten<strong>de</strong>nzen <strong>de</strong>r Landschaft dargestellt. Aufgrund dieser Darstellung lässt sich in <strong>de</strong>r Tat<br />

eine Korrelation o<strong>de</strong>r gar Kausalität zwischen <strong>de</strong>m Regime und <strong>de</strong>r Entwicklungsten<strong>de</strong>nz <strong>de</strong>r<br />

Landschaft ableiten. Es ist aber dabei zu berücksichtigen, dass es für die Landschaft keine<br />

absolute Nachhaltigkeit gibt, weshalb auch Aussagen über <strong>de</strong>n Landschaftszustand nur in<br />

relationaler Weise möglich sind.<br />

Tab. 23: Zuordnung <strong>de</strong>r Regimezustän<strong>de</strong> zur Art <strong>de</strong>s Regimes und zu <strong>de</strong>n Grundten<strong>de</strong>nzen<br />

<strong>de</strong>r Landschaftsentwicklung gemäss Resultaten <strong>de</strong>r Kapitel 3-6<br />

Regimezustän<strong>de</strong> Art <strong>de</strong>s Regimes Zuordnung zu <strong>de</strong>n Grundten<strong>de</strong>nzen <strong>de</strong>r Landschaftsentwicklung<br />

Zustand 1970 einfach Ten<strong>de</strong>nz zur Nutzungsaufgabe<br />

Zustand 2003 komplex Ten<strong>de</strong>nz zur Segregation<br />

Szenario Biosphärenreservat integriert Ten<strong>de</strong>nz zur nachhaltigen Entwicklung<br />

Szenario 1 (Alpwirtschaft) komplex Ten<strong>de</strong>nz zur Segregation<br />

Szenario 2 (Alpwirtschaft) vermin<strong>de</strong>rt integriert Ten<strong>de</strong>nz zur nachhaltigen Entwicklung<br />

Szenario 3 (Alpwirtschaft) einfach Ten<strong>de</strong>nz zur Segregation mit <strong>de</strong>r Gefahr <strong>de</strong>r Nutzungsaufgabe<br />

o<strong>de</strong>r Übernutzung<br />

Szenario 4 (Alpwirtschaft) integriert Ten<strong>de</strong>nz zur nachhaltigen Entwicklung<br />

Szenario 5 (Alpwirtschaft) einfach Nutzungsaufgabe<br />

Szenario 1 (Tourismus) komplex Segregation<br />

Szenario 2 (Tourismus) integriert Ten<strong>de</strong>nz zur nachhaltigen Entwicklung<br />

Szenario 3 (Tourismus) kein Regime Ressourcenübernutzung<br />

Diese Zuordnung zeigt, dass integrierte Regime die Wahrscheinlichkeit für eine nachhaltige<br />

Entwicklung <strong>de</strong>r Landschaft verbessern, während keine o<strong>de</strong>r einfache Regime eher zu Nutzungsaufgabe<br />

und Ressourcenübernutzung führen. Es lässt sich im weiteren konstatieren,<br />

dass für eine nachhaltige Entwicklung <strong>de</strong>r Landschaft diejenigen Güter und Dienstleistungen<br />

<strong>de</strong>r ästhetischen Landschaftsqualität, die kaum von <strong>de</strong>n öffentlichen Politiken reguliert wer<strong>de</strong>n<br />

können, am wirkungsvollsten dann integriert wer<strong>de</strong>n, wenn eine genügend abgestützte<br />

Gebietskörperschaft gebil<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>, welche mit entsprechen<strong>de</strong>n Verfügungs- o<strong>de</strong>r Nutzungsrechten<br />

ausgestattet ist. Hierin liegt die Chance <strong>de</strong>s Konzeptes Biosphärenreservat (resp. <strong>de</strong>r<br />

Natur- o<strong>de</strong>r Nationalparks). Diese wie<strong>de</strong>rum erfor<strong>de</strong>rt eine starke kulturelle I<strong>de</strong>ntifikation <strong>de</strong>r<br />

Bevölkerung mit ihrer Landschaft, was sich dann auch auf die Akteure von Aussen (die<br />

„Outs“) übertragen müsste.<br />

83


9. Zusammenfassen<strong>de</strong> Ergebnisse<br />

Die wichtigsten Ergebnisse dieser Studie lassen sich wie folgt zusammenfassen:<br />

1. Eigentum an Landschaft<br />

• an <strong>de</strong>r Landschaft Val Mora im umfassen<strong>de</strong>n Sinne <strong>de</strong>r ökologischen, sozio-kulturellen<br />

und ästhetischen Landschaftsqualitäten besteht kein formales Eigentumsrecht;<br />

• die Eigentumsrechte an Bo<strong>de</strong>n gehören heute <strong>de</strong>m Kloster St. Johann und <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong><br />

Müstair;<br />

• an <strong>de</strong>n unkultivierbaren Gebieten (Hochgebirgslagen) besteht einerseits ein Privateigentumsrecht<br />

(Kloster St. Johann), an<strong>de</strong>rerseits ein öffentliches Eigentumsrecht (Gemein<strong>de</strong><br />

Müstair). Im Rahmen einer Einigungsverhandlung 1990 zwischen <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> und <strong>de</strong>m<br />

Kloster behielt letzteres das kulturunfähige Land im Raum Lai da Rims im Eigentum;<br />

• bei<strong>de</strong> Eigentumsgebiete sind grundbuchlich vermessen; bei <strong>de</strong>r Vermessung wur<strong>de</strong> 1990<br />

das „herrenlose Land“ (Art. 664 ZGB, nicht kulturfähige Flächen) auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>s<br />

Klosters im Gebiet Lai da Rims nach einem Rechtsstreit als Eigentum letzterem übertragen<br />

(und nicht etwa <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>, wie dies eigentlich das kantonale Einführungsgesetz<br />

zum ZGB, Art. <strong>11</strong>8, vorsehen wür<strong>de</strong>). Die vormals klostereigenen nicht kulturfähigen Flächen<br />

im westlichen Bereich wur<strong>de</strong>n hingegen <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> übertragen. Interessanterweise<br />

bestan<strong>de</strong>n vor 1970 Pläne für eine Wasserkraft- und Tourismusnutzung <strong>de</strong>s Lai da<br />

Rims. Diese sind mit Inkrafttreten <strong>de</strong>r Landschaftsschutzzone 1970 und <strong>de</strong>r Schutz- und<br />

Nutzungsplanung Val Müstair von 2001 allerdings obsolet, zumal die Gewässer im Besitz<br />

<strong>de</strong>r öffentlichen Hand sind. Im Einführungsgesetz zum ZGB <strong>de</strong>s Kantons Graubün<strong>de</strong>n<br />

vom 12. Juni 1994 wird herrenloser Bo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r politischen Gemein<strong>de</strong> zugeordnet. Grundsätzlich<br />

wer<strong>de</strong>n diese <strong>de</strong>m öffentlichen Gebrauch dienen<strong>de</strong>n Grundstücke nicht im Grundbuch<br />

aufgenommen (Art. 944 ZGB). Aufgrund dieser Regelungen ist es überraschend,<br />

dass die kulturunfähigen Flächen <strong>de</strong>s Hochgebirges (im Gebiet Lai da Rims, nicht aber im<br />

westlichen Gebiet) <strong>de</strong>m Kloster via Grundbucheintrag überschrieben wur<strong>de</strong>n (offenbar lagen<br />

ein<strong>de</strong>utige Verträge vor). Im Falle <strong>de</strong>r Alp Mora fällt das Eigentum (dominium) und<br />

das Hoheitsrecht (Imperium) zusammen;<br />

• an <strong>de</strong>n Immobilien besteht sowohl öffentliches Eigentum (Gemein<strong>de</strong>alpen Mora und<br />

Sprella) sowie privates Eigentum (Klosteralp und Privateigentümer <strong>de</strong>r Hütte La Stretta);<br />

• die Zufahrtsstrasse ins Val Mora gehört ab Tschuccai <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Müstair, bis dorthin<br />

<strong>de</strong>n Gemein<strong>de</strong>n Valchava und Sta. Maria; die zweite parallele Zufahrtsstrasse im Val Vau<br />

gehört <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Sta. Maria.<br />

2. Nutzungsrechte an Landschaft (2003)<br />

• Die Nutzungsrechte an <strong>de</strong>n Alpen haben die Alpkorporation Mora-Sprella (auf <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>alp)<br />

und <strong>de</strong>r Pächter <strong>de</strong>s Klosterbetriebes (Klosteralp) inne;<br />

• Die Nutzungsrechte für die Schafalpung gehören einer einfachen Gesellschaft (Schafher<strong>de</strong><br />

Val Müstair), <strong>de</strong>ren Vorsteher <strong>de</strong>r Pächter <strong>de</strong>s Klosterbetriebes ist; die Nutzungsrechte<br />

an <strong>de</strong>n Wei<strong>de</strong>n sind rein informeller Natur;<br />

• Die Nutzungsrechte an <strong>de</strong>n Zufahrtsstrassen wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n 3 Gemein<strong>de</strong>n Valchava, St.<br />

Maria und Müstair vergeben (gegen Gebühr);<br />

• Die Nutzungsrechte an <strong>de</strong>r Alphütte Sprella wird gegen Gebühr von <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> an Private<br />

resp. an Jäger verliehen;<br />

• die Nutzungsrechte für die Touristen verleiht <strong>de</strong>r Bund (Je<strong>de</strong>rmannszutrittsrecht gemäss<br />

699 ZGB); sie sind durch die kommunale und kantonale Landschaftsschutzzone beeinflusst<br />

(bspw. betreffend Bauvorhaben);<br />

• die Nutzungsrechte für <strong>de</strong>n Schiessplatz bestehen aufgrund <strong>de</strong>s Militärgesetzes und einer<br />

vertraglichen Regelung zwischen Gemein<strong>de</strong>, Kloster und VBS (inkl. Gebührenreglung).<br />

84


Die vormals diffuse Regelung <strong>de</strong>r militärischen Nutzung wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m Vertrag von 2001<br />

geschärft;<br />

• die Nutzungsrechte für die Mountain Biker basieren auf <strong>de</strong>r eidg. Signalisationsverordnung<br />

und <strong>de</strong>m regionalen Wal<strong>de</strong>ntwicklungsplan;<br />

• die Nutzungsrechte <strong>de</strong>r Jäger basieren auf <strong>de</strong>m kantonalen Jagdgesetz;<br />

• Der Nutzungsdruck auf das Val Mora ist als mässig zu betrachten;<br />

• Die wichtigsten Nutzungskonflikte im Fokusthema Alpwirtschaft bestehen heute zwischen<br />

<strong>de</strong>n Alpwirtschaftern <strong>de</strong>r Alp Mora/Klosteralp und <strong>de</strong>r Emmi AG (Reifungskeller Landquart;<br />

nicht optimale Milchvermarktung), zwischen <strong>de</strong>n Alpwirtschaftern, <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong><br />

und <strong>de</strong>n Natur- und Landschaftsschutzstellen betreffend <strong>de</strong>n täglichen Milchtransporten<br />

sowie zwischen <strong>de</strong>r Waffen- und Schiessplatzverwaltung in Chur und <strong>de</strong>n Jägern, <strong>de</strong>n<br />

Schäfern sowie <strong>de</strong>m Naturschutz und <strong>de</strong>r Wildhut betreffend <strong>de</strong>m Schiessbetrieb im Val<br />

Mora. Wichtigste Interessenkonflikte im Bereich Tourismus bestehen heute zwischen <strong>de</strong>n<br />

Mountain Bikern, Wan<strong>de</strong>rern, Trekkinganbietern und <strong>de</strong>n Behör<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>r Pro Natura<br />

betreffend Wunsch für eine Übernachtungsmöglichkeit resp. für eine Jause im Val Mora.<br />

Über das Internet wer<strong>de</strong>n vermehrt Bikertouren im Val Mora von privater Seite angepriesen,<br />

allerdings nur selten mit Hinweisen auf <strong>de</strong>n Schutzstatus <strong>de</strong>s Tales.<br />

3. Ausmass und Kohärenz <strong>de</strong>s Ressourcenregimes für die Landschaft Val Mora<br />

• Das Ausmass <strong>de</strong>r Regulierung <strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen <strong>de</strong>r Landschaft ist zwischen<br />

1970 und 2003 angestiegen; kaum reguliert, aber auch wenig genutzt sind die Güter<br />

<strong>de</strong>r ästhetischen Landschaftsqualität;<br />

• Die bei<strong>de</strong>n frühen Schutzerlasse (Landschaftsschutzzonen) kamen eher zufällig zustan<strong>de</strong><br />

und waren von Einzelpersonen geprägt (im ersten Fall war die Ursache die befürchtete<br />

Wasserkraftnutzung <strong>de</strong>s Lai da Rims, im zweiten Fall das Gegengeschäft zum Gemein<strong>de</strong>betrag<br />

von Stäfa an die Melioration Val Müstair);<br />

• Die substanzielle Kohärenz unter <strong>de</strong>n mit Nutzungsrechten ausgestatteten Akteuren geht<br />

zwischen 1970 und 2003 zurück, da einige Akteure ausserhalb <strong>de</strong>s Val Müstair (Emmi AG<br />

in Bezug auf die Milchverwertung, das Militär und die Homepage-Betreiber sowie Touristen)<br />

Nutzungskonflikte erzeugen;<br />

• Die institutionelle Kohärenz ist für das Val Mora 2003 insgesamt ebenfalls beschei<strong>de</strong>n, da<br />

eine eigentliche Gebietsträgerschaft fehlt, obwohl die Region und Gemein<strong>de</strong>n über griffige<br />

Schutzgebietsbestimmungen und Zusammenarbeitsformen verfügen. Hierzu sind auch die<br />

Interreg- und Regio Plus-Aktivitäten zu erwähnen, die eine steuern<strong>de</strong> und vernetzen<strong>de</strong><br />

Wirkung in Bezug auf die Nutzung institutionell wenig eingebun<strong>de</strong>ner Güter und Dienstleistung<br />

(z.B. Radwegprogramm mit gleichzeitiger Kanalisierung <strong>de</strong>r Touristen und Sensibilisierung<br />

für die ökologische und ästhetische Landschaftsqualität) ausüben könnten.<br />

4. Das institutionelle Ressourcenregime für die Landschaft<br />

• 1970 ist von einem einfachen Regime zu sprechen; die Erhöhung <strong>de</strong>r Regulierung <strong>de</strong>r genutzten<br />

Güter und Dienstleistungen führten allerdings zu einem Rückgang <strong>de</strong>r Kohärenz,<br />

was in einem 2003 komplexen Regime resultiert. Die Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Regimes verliefen<br />

graduell und in Phasen, die in jüngerer Zeit häufiger aufeinan<strong>de</strong>r folgen;<br />

• das komplexe Regime genügt nicht, um eine nachhaltige Entwicklung zu sichern, da einerseits<br />

Eigentumsrechte an Landschaft grundsätzlich fehlen, an<strong>de</strong>rerseits die Nutzungsrechte<br />

sich teilweise inkohärent verhalten;<br />

• Ein Vergleich <strong>de</strong>r Einflussfaktoren <strong>de</strong>r Landschaftsnutzung zwischen <strong>de</strong>n Fokusthemen<br />

Alpwirtschaft und Tourismus 1970-2003 zeigt, dass in bei<strong>de</strong>n Bereichen die öffentlichen<br />

Politiken eine grosse Rolle spielen, während Verän<strong>de</strong>rungen auf <strong>de</strong>r Ebene <strong>de</strong>r Nutzungsrechte,<br />

die mehr von <strong>de</strong>n Akteuren und <strong>de</strong>r Ökonomie als von übergeordneten Gesetzen<br />

beeinflusst sind, vermehrt in <strong>de</strong>r Alpwirtschaft auftraten;<br />

85


• unter <strong>de</strong>n Zukunftsszenarien schnei<strong>de</strong>n im Fokusthema Alpwirtschaft die Szenarien „Mutter-<br />

und Ammenkuhbetriebe“ sowie „bessere Vermarktung“, im Fokusthema Tourismus<br />

das Szenario „Naturtourismus“ und gesamthaft das Szenario „Biosphärenreservat“ am<br />

besten ab; Voraussetzung hierfür ist aber eine Verbesserung im Bereich <strong>de</strong>r institutionellen<br />

und substanziellen Kohärenz; die Einbindung <strong>de</strong>r Akteure sollte durch eine genügen<strong>de</strong><br />

abgestützte und partizipative Gebietsträgerschaft erfolgen.<br />

86


ANHANG<br />

Anhang 1: Kriterien-/Indikatorenliste<br />

Kriterien-/Indikatorenliste für die Beschreibung <strong>de</strong>s regionalen Nachhaltigkeitsgra<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r<br />

Landschaft, ausgehend von 6 Fallgebieten ruraler Landschaften. Die Beurteilung erfolgt aufgrund<br />

von regional genehmigten Konzepten, Plänen, Leitbil<strong>de</strong>rn und aufgrund von Akteursbefragungen.<br />

(ZO: Zuordnung zu Driving Force [D], State [S], Response [R], NB: Nachhaltigkeitsbereich,<br />

ökologisch [ökol], ökonomisch [ökon], sozial [s], kulturell (k]).<br />

Kriterium Indikator ZO NB<br />

A. Nachhaltigkeit<br />

<strong>de</strong>r Land- und<br />

Waldwirtschaft<br />

A1. Bo<strong>de</strong>n- und Gewässerbelastung D ökol<br />

B. Naturräumlicher<br />

und ästhetischer<br />

Zustand <strong>de</strong>r Landschaft<br />

A2. Ökologischer Optimierungsgrad <strong>de</strong>r Land- und Waldwirtschaft sowie Anteil Biobetriebe<br />

R ökol<br />

A3. Naturnähe/Vitalität <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s (Anteil standortfrem<strong>de</strong>r Bäume, Pflanzungen, schonen<strong>de</strong><br />

S ökol<br />

Holzernteverfahren, Naturverjüngung, Leistungsfähigkeit <strong>de</strong>s Naturhaushaltes)<br />

A4. Aufrechterhaltung <strong>de</strong>r Schutzwaldfunktion/ökologischer Stabilitätsgrad S ökol<br />

A5. Anteil Ökoausgleichsflächen in <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Nutzfläche R ökol<br />

A6. Anteil Extensivwiesen, -wei<strong>de</strong>n S ökol<br />

A7. Volkswirtschaftliche Kosten D ökon<br />

A8. Einkommenssituation D ökon<br />

A9. Arbeitsplätze D ökon<br />

A10. Überlebensfähigkeit <strong>de</strong>r Betriebe D ökon<br />

A<strong>11</strong>. Regionalvermarktung und Qualitätslabel R ökon<br />

A12. Grad <strong>de</strong>r lokalen Produktion und Verarbeitung (Herkunft <strong>de</strong>r Betriebe) S s<br />

A13. Integrationsgrad <strong>de</strong>r Nicht-Landwirte in <strong>de</strong>r landwirt. Tätigkeit R s<br />

A14. Zufrie<strong>de</strong>nheitsgrad und Wohlbefin<strong>de</strong>n (Traditionsbezug, I<strong>de</strong>alismus, kulturelle S s<br />

I<strong>de</strong>ntität) unter <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>igentümern und Bewirtschaftern<br />

A15. Nutzungsvielfalt/Produktepalette R k<br />

A16. Erhaltungsgrad von Gebäu<strong>de</strong>n, traditionellen Erschliessungseinrichtungen und R k<br />

schutzwürdigen Anlagen (Terrassen)<br />

A17. Verän<strong>de</strong>rungsgrad (Infrastrukturen, Meliorationen, Wege, Gebäu<strong>de</strong>zuwachs) R k<br />

B1. Flächenanteil und Qualität <strong>de</strong>r Naturräume (in- und ausserhalb <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s, Wildnisgebiete)<br />

S ökol<br />

B2. Vielfalt (Biotoptypen; Strukturvielfalt <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s, Totholzanteil im Wald, Waldsaumqualität)<br />

S ökol<br />

und Vernetzungsgrad<br />

B3. Anteil naturnaher/natürlicher Fliessgewässerstrecken R ökol<br />

B4. Anteil naturnaher/natürlicher Waldungen R ökol<br />

B5. Ausprägung und Seltenheit geomorphologischer Strukturen S ökol<br />

B6. Pflegeaufwand D ökon<br />

B7. Deckungsgrad <strong>de</strong>r Pflegekosten D ökon<br />

B8. Grad <strong>de</strong>s behördlichen Engagements R ökon<br />

B9. Gesamtwertschöpfung aus Landschafts- und Ortsbild (Produkte-, Imageträger) R ökon<br />

B10. Erholungs- und Erlebnisqualität S s<br />

B<strong>11</strong>. Zugänglichkeit D s<br />

B<strong>11</strong>a. Raumdurchlässigkeit für <strong>de</strong>n Menschen D s<br />

B12. Akzeptanz <strong>de</strong>r gesetzlichen Schutzauflagen (und <strong>de</strong>r Schutzverbän<strong>de</strong>) bei <strong>de</strong>n R s<br />

Lan<strong>de</strong>igentümern und Bewirtschaftern<br />

B13. Beteiligung Externer an Unterhalts- und Pflegearbeiten in <strong>de</strong>r Landschaft R s<br />

B14. Begegnungsorte im öffentlichen Raum S s<br />

B15. Ausprägung ästhetischer Merkmalsträger für Vielfalt, Eigenheit, Naturnähe und S k<br />

Harmonie (objektiv)<br />

B16. Vorhan<strong>de</strong>nsein von Orten <strong>de</strong>r Kraft, Symbolik und beson<strong>de</strong>rer ästhetischer Empfindungen<br />

S k<br />

(subjektiv)<br />

B16a. Ästhetische Qualität <strong>de</strong>s Bauwerkes S k<br />

B17. Vielfalt <strong>de</strong>r landschaftserhalten<strong>de</strong>n Kulturmetho<strong>de</strong>n (Heuhisten, Wildheumahd, S k<br />

Moorbeweidung, Trockenmauerbau, Pflege <strong>de</strong>r historischen Infrastrukturen, Waldwei<strong>de</strong>n<br />

etc.)<br />

B18. Vorhan<strong>de</strong>nsein von lokalem Wissen in <strong>de</strong>r Bevölkerung über die naturräumlichen D k<br />

87


C. Grad <strong>de</strong>r Siedlungstätigkeit<br />

und<br />

von Tourismus/-<br />

Freizeit<br />

Eigenarten<br />

B19. Bewusstsein einer mémoire collective (Verlusterfahrung, Geschichten, Legen<strong>de</strong>n,<br />

Bil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Landschaft)<br />

D k<br />

C1. Grad baulicher Belastung D ökol<br />

C2. Bo<strong>de</strong>nverbrauchsrate (überbaute Fläche pro E) D ökol<br />

C3. Zeitlicher und räumlicher Grad nicht-baulicher Belastung D ökol<br />

C4. Zerschneidungsgrad (durch Strassen 1.-4. Kategorie) D ökol<br />

C5. Grad <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nversiegelung D ökol<br />

C6. Positive Effekte <strong>de</strong>r nicht-land/forstwirtschaftlichen Nutzung (z.B. ökologische Kompensationen)<br />

R ökol<br />

C7. Lokal verbleiben<strong>de</strong> Wertschöpfung aus naturverbun<strong>de</strong>nen Tourismus- und Freizeitangeboten<br />

D ökon<br />

C8. Grad regionaler Kreislaufwirtschaft (Ent-, Versorgungsstätten) R ökon<br />

C9. Arbeitsplätze ausserhalb <strong>de</strong>r Land- und Forstwirtschaft D ökon<br />

C9a. Arbeitsplätze/ha Wirtschaftsfläche D ökon<br />

C10. Volkswirtschaftliche Kosten (Sanierung, Lärmschutz, etc.) D ökon<br />

C<strong>11</strong>. Positive Verankerung <strong>de</strong>r touristischen und freizeitorientierten Nutzung in <strong>de</strong>r Dorfgemeinschaft<br />

R s<br />

C12. Zufrie<strong>de</strong>nheitsgrad und Wohlbefin<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>n nicht-land/forstwirtschaftlichen R s<br />

Landnutzern<br />

C12a. Wohnqualität S s<br />

C13. Grad <strong>de</strong>r Verbun<strong>de</strong>nheit mit <strong>de</strong>r Landschaft R s<br />

C14. Verträglichkeit mit Naherholungsbedürfnis <strong>de</strong>r lokalen Bevölkerung R s<br />

C15. Vorhan<strong>de</strong>nsein partizipativer Initiativen (Schutzverband, Quartierverein, LEK, R s<br />

LA21, Zonenplan), Beteiligungsgrad<br />

C16. Be<strong>de</strong>utung für kulturelle I<strong>de</strong>ntifikation R k<br />

C17. Erhaltungsgrad traditioneller Erschliessungseinrichtungen, schutzwürdiger Bauten D k<br />

und Anlagen<br />

C18. Verän<strong>de</strong>rungsgrad <strong>de</strong>r nicht-land/forstwirtschaftlichen Nutzung (Infrastruktur, Nutzung,<br />

Gebäu<strong>de</strong>zuwachs, neu versiegelte Flächen)<br />

D k<br />

88


Anhang 2: Qualitätsziele für die Landschaft in Bezug auf nutzbare Güter und Dienstleistungen<br />

1a) Bereitstellung <strong>de</strong>r (a-)biotischen<br />

Raumfaktoren<br />

1b) Bereitstellung von vernetzten<br />

Naturvorrangflächen<br />

1c) Speicher genetischer Vielfalt<br />

(Biodiversität)<br />

• Störungen und schädliche anthropogene Einflüsse vermei<strong>de</strong>n<br />

und verringern<br />

• Landschaftszerschneidung vermei<strong>de</strong>n und reduzieren<br />

• Respektierung natürlicher Grenzen für die Raumnutzung<br />

• Pflanzen- und Tierwelt und ihre Lebensräume sichern, aufwerten<br />

und vernetzen<br />

• Einrichtung und Management von Schutzgebieten<br />

• Erhaltung häufiger und seltener Ökosysteme<br />

• Naturnähegrad <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s erhöhen<br />

• Grenzlinien und -räume (Ökotone) aufwerten<br />

• Strukturvielfalt und ökolog. Funktionsfähigkeit <strong>de</strong>r Landschaft erhöhen<br />

• Wie<strong>de</strong>rinstandsetzung geschädigter Lebensräume<br />

• Artenrückgang stoppen, Biodiversität sichern und erhöhen<br />

• Risiken durch Freisetzung gentechnisch verän<strong>de</strong>rter Organismen<br />

vermei<strong>de</strong>n<br />

Darstellung <strong>de</strong>r Beziehung zwischen Gütern und Dienstleistungen, <strong>de</strong>n allgemein gültigen<br />

Qualitätszielen für die Landschaft (gemäss Ro<strong>de</strong>wald et al. 2002) und <strong>de</strong>n Indikatoren, die<br />

Aussagen über die Nutzung <strong>de</strong>r Güter und Dienstleistungen erlauben (Anhang 1).<br />

Güter und Dienstleistung allgemein gültige Qualitätsziele für die Landschaft Indikatoren gemäss<br />

Liste (Nr.)<br />

A1-3, B1, B8, B13,<br />

C4, C8<br />

A3, A5, A6, B1-2,<br />

B4, B6, B7, B8<br />

B2, B4, B6, B7, B8,<br />

B13<br />

1d) Regulation <strong>de</strong>s Wasserkreislaufes<br />

• Gewässer in <strong>de</strong>r Landschaft aufwerten<br />

B3, B6, B7, B8<br />

• Eingriffe in Abflussregime und Grundwasser minimieren<br />

1e) Regulation dynamischer • Freiräume für die Eigenentwicklung und Dynamik <strong>de</strong>r Natur zulassen<br />

B1, B3, B4, B8<br />

Prozesse (Naturereignisse)<br />

1f) Regulation <strong>de</strong>r Populationsdynamik<br />

• Selbstregulation <strong>de</strong>r Natur för<strong>de</strong>rn B8<br />

1g) Raum <strong>de</strong>r Naturgeschichte • die naturgeschichtliche Entwicklung als Ausdruck <strong>de</strong>s Erfahrungsschatzes<br />

A17, B1, B2, B5,<br />

und <strong>de</strong>r Naturwissenschaft<br />

berücksichtigen und ablesbar halten<br />

B18<br />

2a) Raum <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen<br />

Nutzung<br />

A1-17, B8, B12,<br />

B13<br />

2b) Raum <strong>de</strong>r forstwirtschaftlichen<br />

Nutzung<br />

2c) Raum <strong>de</strong>r Siedlungstätigkeit<br />

2d) Räumliche Strukturierung<br />

<strong>de</strong>r Mobilität und <strong>de</strong>s Transportes<br />

• Umweltqualität und Nachhaltigkeit <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen Produktion<br />

sichern und erhöhen<br />

• Nutzung auf die natürlichen Standortverhältnisse und die pflanzenökologischen<br />

und wildbiologischen Gegebenheiten ausrichten<br />

• Erhalt <strong>de</strong>r genetischen Vielfalt <strong>de</strong>r Nutztierrassen und Kulturpflanzen<br />

• Ökonomische Sicherung <strong>de</strong>r nachhaltig wirtschaften<strong>de</strong>n Betriebe<br />

• För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s naturnahen Waldbaues (FSC/Q-Label)<br />

• Berücksichtigung <strong>de</strong>r Multifunktionalität <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s<br />

• Stärkung <strong>de</strong>r Lebensraumfunktionen durch naturnahen Waldbau<br />

• Einrichtung von Waldreservaten<br />

• intensive genutzte Gebiete, insbeson<strong>de</strong>re Siedlungsgebiete qualitativ<br />

aufwerten<br />

• bei Eingriffen die Eigenart, Topographie und das Bild <strong>de</strong>r Landschaft<br />

wahren und aufwerten<br />

• Bauliche und nicht-bauliche Eingriffe in <strong>de</strong>r Landschaft minimieren<br />

• Bauten- und anlagenfreie Flächen erhalten<br />

• Senkung <strong>de</strong>r Belastungen und Risiken im Verkehr<br />

• För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r ressourcenschonen<strong>de</strong>n Mobilität<br />

• Siedlungsrandbereiche aufwerten<br />

• Nichterneuerbare Ressourcen (Kies) schonen<br />

• Landschaftsschonen<strong>de</strong> Energieerzeugungs-, -transport- und -<br />

versorgungssysteme för<strong>de</strong>rn<br />

• Bei Eingriffen die Eigenart, Topographie und das Bild <strong>de</strong>r Landschaft<br />

wahren und aufwerten<br />

• Bauliche Eingriffe in die Landschaft minimieren<br />

• wertvolle Kulturobjekte in <strong>de</strong>r Landschaft erhalten<br />

A1-4, A7-9. A<strong>11</strong>,<br />

A15-17, B4, B8,<br />

B12-13<br />

B15-16(a), C1, C2,<br />

C4, C5, C8, C9,<br />

C9a, C10, C12a,<br />

C18<br />

A1, B2, B<strong>11</strong>a, B15,<br />

B16a, B19, C1-4,<br />

C10, C12, C17<br />

89


2e) Raum <strong>de</strong>r Kulturgeschichte<br />

und <strong>de</strong>s baulichen Erbes<br />

2f) Raum <strong>de</strong>r kulturellen Diversität<br />

2g) Ort <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheit und<br />

<strong>de</strong>s Wohlbefin<strong>de</strong>ns<br />

3a) Raum mit Erholungsfunktion<br />

3b) Raum grösstmöglicher<br />

freier Zugänglichkeit<br />

3c) Lieferant von Geschichten<br />

und Heimatbil<strong>de</strong>rn<br />

3d) Ort ästhetischer Landschaftswahrnehmung<br />

3e) Träger von Wertschöpfungen<br />

3f) Raum <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität und<br />

Lieferant von I<strong>de</strong>ntifikationsstrukturen<br />

• Kulturlandschaften in ihrer Eigenart, Vielfalt und Schönheit schonend<br />

entwickeln und ihre Geschichte und Be<strong>de</strong>utung ablesbar<br />

halten<br />

• Erhaltung <strong>de</strong>r traditionellen agrarischen Bauelemente<br />

• Anwendung charakteristischer Bauweisen und -materialien in <strong>de</strong>r<br />

Landwirtschaft<br />

• wertvolle Kulturobjekte (ISOS-Objekte, Terrassenlandschaften<br />

u.a.) als Vermächtnisstätten erhalten<br />

• Nutzungsvielfalt erhalten und neu schaffen<br />

• Vorhan<strong>de</strong>nsein von künstlerischen und mythischen Qualitäten<br />

(Architektur, Kunst, Kraftorte, u.a.) ermöglichen<br />

• Würdigung und Verbesserung <strong>de</strong>r Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />

<strong>de</strong>r Bevölkerung<br />

• Sicherung <strong>de</strong>r Lebensgrundlagen und <strong>de</strong>r Grundversorgung<br />

• För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Chancengleichheit<br />

• Schutz vor Umweltkatastrophen<br />

• Grad <strong>de</strong>r Zufrie<strong>de</strong>nheit und <strong>de</strong>s Wohlbefin<strong>de</strong>ns erhöhen dank<br />

menschgerechter Siedlungs- und Landschaftsgestaltung<br />

• För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Mitsprache (z.B. partizipative Landschaftsentwicklungsverfahren,<br />

wie LEK, LA21)<br />

• För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Aus- und Weiterbildung<br />

• Finanzieller Ausgleich lan<strong>de</strong>skultureller Leistungen<br />

• Einführung <strong>de</strong>s Verursacherprinzips<br />

• bestehen<strong>de</strong> Erholungsgebiete erhalten und das siedlungsnahe<br />

Erholungsangebot verbessern<br />

• Erhaltung und För<strong>de</strong>rung eines stimulieren<strong>de</strong>n Landschaftsbil<strong>de</strong>s<br />

• Möglichkeit zur Beobachtung von Wildtieren und Pflanzen<br />

• Übernutzungen vermei<strong>de</strong>n und Konflikte mit <strong>de</strong>m Naturschutz<br />

lösen<br />

• touristische Infrastrukturen begrenzen und kommerzielle Freizeitangebote<br />

umwelt-, natur-, sozial- und kulturverträglich gestalten<br />

• För<strong>de</strong>rmassnahmen nur für landschaftsschonen<strong>de</strong>n Tourismus<br />

• Lenkung <strong>de</strong>r Besucherströme in Grossschutzgebieten<br />

• Orte <strong>de</strong>s ruhigen Naturerlebnisses und touristisch unerschlossene<br />

Räume bewahren<br />

• das Langsamverkehrsnetz (Velowege) ausbauen<br />

• das freie Zutrittsrecht von Wald, Flur und bebauten Gewässern<br />

sichern<br />

• die Zugänglichkeit eines Kultur- und Naturobjektes ermöglichen<br />

(sofern <strong>de</strong>m Schutzziel nicht wi<strong>de</strong>rsprechend)<br />

• Erschliessung mit Fuss- und Wan<strong>de</strong>rwegen erhöhen<br />

• Bewusstsein för<strong>de</strong>rn für Traditionen, Geschichten, Legen<strong>de</strong>n und<br />

Bil<strong>de</strong>rn aus <strong>de</strong>r Landschaft<br />

• hohe Ausprägung ästhetischer Merkmale von Vielfalt, Eigenart,<br />

Naturnähe und Harmonie<br />

• hohe Be<strong>de</strong>utung in <strong>de</strong>r ästhetischen Empfindung<br />

• Vorhan<strong>de</strong>nsein von ästhetischen Gestaltungszielen<br />

• die Wertschöpfung <strong>de</strong>r Produkte aus <strong>de</strong>r landschaftsbezogenen<br />

Tätigkeit (LW, FW, Gewerbe, Tourismus) nimmt dank Regionalvermarktung,<br />

vielfältiger Produktepalette, erhöhter Qualität und<br />

im Bereich ländlicher Tourismus zu<br />

• Verwendung <strong>de</strong>r Landschaft als Werbeträger erhöhen<br />

• Verbun<strong>de</strong>nheit mit <strong>de</strong>r Landschaft stärken<br />

• Gemeinschaftliche Aktivitäten und Initiativen im Zusammenhang<br />

mit Landschaft<br />

• Zunahme von allmend- und gemeinwerkartig bewirtschafteten<br />

Systemen<br />

A16, A17, B15-17,<br />

B19, C17-18<br />

A15, B16-18, C16<br />

A14, C12, C14, C15<br />

B10, C1, C3, C6,<br />

C9, C10, C<strong>11</strong>, C14,<br />

C18<br />

B<strong>11</strong>, B<strong>11</strong>a<br />

B18, B19<br />

B15, B16, B16a<br />

B9, C7<br />

B14, B18, C13,<br />

C14, C16<br />

90


Anhang 3: Befragte Akteure<br />

Bruno Ba<strong>de</strong>r<br />

Waffen- und Schiessplatzverwaltung, VBS, Chur<br />

Pater Columban Züger Spiritual, Administrator <strong>de</strong>s Klosterbetriebes Müstair<br />

Urs Darnuzer Projektleiter Biosphärenreservat, Müstair/Davos<br />

Carmen Delser Hirtin auf <strong>de</strong>r Alp Mora<br />

Men-Duri Ellemunter Koordinator Interreg, Scuol<br />

Johannes Fallet Pächter <strong>de</strong>s landwirtschaftlichen Klosterbetriebes, Müstair<br />

Jürg Gartmann Waffen- und Schiessplatzverwaltung, VBS, Chur<br />

Aldo Grond<br />

Grundbuchverwalter, Sta. Maria<br />

Jon Gross<br />

Wildhüter, Tschierv<br />

Fritz Hoppler<br />

Richtplanverantwortlicher, Ar<strong>de</strong>z<br />

Hannes Jenny Amt für Jagd und Fischerei Graubün<strong>de</strong>n, Chur<br />

Arno Lamprecht Sekretär <strong>de</strong>r Corporaziun regiunala Val Müstair (CRVM), Sta. Maria<br />

Pio Pitsch<br />

Hauptfischereiaufseher, Pro Natura Val Müstair, Müstair<br />

Georg Ragaz<br />

Abteilungsleiter <strong>de</strong>s Amtes für Natur und Umwelt <strong>de</strong>s Kantons<br />

Graubün<strong>de</strong>n, Chur<br />

Faustin Ruinatscha Landwirt, Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Alpkorporation Mora-Sprella, Müstair<br />

Gilbert Ruinatscha Gemein<strong>de</strong>präsi<strong>de</strong>nt Müstair, Vollerwerbslandwirt, Müstair<br />

Vito Stupan<br />

Präsi<strong>de</strong>nt Tourismus Val Müstair, Gemein<strong>de</strong>präsi<strong>de</strong>nt Sta. Maria<br />

Toni Theus<br />

Tierarzt, Schafhirt, Jäger, Müstair<br />

Hansjörg Weber Regionalforstingenieur, Valchava<br />

Hans Weiss<br />

ehem. Naturschutzbeauftragter <strong>de</strong>s Kantons GR, ehem. Geschäftsleiter<br />

SL, ehem. Mitarbeiter <strong>de</strong>s FLS, Bern<br />

sowie zahlreiche weitere Gesprächspartner aus <strong>de</strong>m Val Müstair.<br />

Es sei hier allen Personen ganz herzlich für die überaus freundliche Bereitschaft zur Information<br />

und Mitarbeit gedankt. Grazcha fich!<br />

91


Anhang 4: Literaturliste<br />

Büchli, Arnold 1990. Mythologische Lan<strong>de</strong>skun<strong>de</strong> von Graubün<strong>de</strong>n - ein Bergvolk erzählt (Hrsg. Staatsarchiv<br />

Graubün<strong>de</strong>n), Bd. 3, Disentis.<br />

Bun<strong>de</strong>samt für Lan<strong>de</strong>stopographie 2000. Atlas <strong>de</strong>r Schweiz, Wabern.<br />

Bun<strong>de</strong>samt für Statistik und Bun<strong>de</strong>samt für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal), 1999. Nachhaltige<br />

Entwicklung in <strong>de</strong>r Schweiz, Materialien für ein Indikatorensystem, Neuchâtel<br />

Bun<strong>de</strong>samt für Statistik, Bun<strong>de</strong>samt für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal) und Bun<strong>de</strong>samt für<br />

Raumentwicklung, 2002. Einblick in MONET – das Schweizer Monitoringsystem, Neuenburg<br />

Bun<strong>de</strong>samt für Umwelt, Wald und Landschaft/SKEW/ZDSF/Pronatura, 1999. Merkblätter Artenschutz, Bern<br />

Bun<strong>de</strong>samt für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal), 1999. Wie nachhaltig ist die Schweizer Forstpolitik,<br />

Schriftenreihe Umwelt Nr. 313, Bern<br />

Bun<strong>de</strong>samt für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal) und Bun<strong>de</strong>samt für Raumentwicklung, 1998.<br />

Landschaftskonzept Schweiz, Bern<br />

Bundi, Martin, 2000. Zur Geschichte <strong>de</strong>r Flurbewässerung im rätischen Alpengebiet, Chur.<br />

Corporaziun Regiunala Val Müstair, 1999. Plan directiv regiunal 1999 (Regionaler Richtplan), Ar<strong>de</strong>z.<br />

Foffa, Crispin, 2003. Val Müstair, Samendan.<br />

Gimmler, Antje, 1998. Institution und Individuum, zur Institutionentheorie von Max Weber und Jürgen Habermaas,<br />

Frankfurt<br />

Gutersohn, Heinrich, 1961. Geographie <strong>de</strong>r Schweiz, Band II, Alpen, 1. Teil Wallis Tessin Graubün<strong>de</strong>n, Bern.<br />

Haberl, H., Bittermann, W., Hüttler, W., Weisz, H., Fischer-Kowalski, M., Schandl, H., Winiwarter, V. 1999.<br />

Colonizing Landscapes: Indicators for sustainable <strong>de</strong>velopment, Synthesebericht zum Kulturlandschaftsforschungs-Modul<br />

IN4 "Top-down Planungsindikatoren", Wien.<br />

Haberl, Helmut und Schandl, Heinz, 1999. Indicators of sustainable land use: concepts for the analysis of<br />

society-nature interrelations and implications for sustainable <strong>de</strong>velopment, Environ., Managem. and Health<br />

10/3 177-190<br />

Iselin, Georg, 2001. Kriterien und Indikatoren zur Beurteilung <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit <strong>de</strong>r Landschaftsentwicklung.<br />

Grundlagen zum Projekt Landschaft 2020 <strong>de</strong>s Buwal, Grundlagen und Materialien 01/2, ETH Zürich<br />

Kanton Graubün<strong>de</strong>n 2002. Kantonaler Richtplan 2000. Amt für Raumplanung Graubün<strong>de</strong>n, Chur.<br />

Knoepfel, Peter, Kissling-Näf Ingrid und Varone Fre<strong>de</strong>ric. (Hrsg.) 2001. Institutionelle Regime für natürliche<br />

Ressourcen : Bo<strong>de</strong>n, Wasser und Wald im Vergleich / Régimes institutionnels <strong>de</strong> ressources naturelles :<br />

analyse comparée du sol, <strong>de</strong> l'eau et <strong>de</strong> la forêt, Basel (Helbing & Lichtenhahn, Reihe Oekologie & Gesellschaft,<br />

Band 17)<br />

Küttel Meinrad und Robin Klaus. 2002. Kriterien für die Anerkennung und Überprüfung von Biosphärenreservaten<br />

<strong>de</strong>r UNESCO in <strong>de</strong>r Schweiz, Buwal, Bern (nicht publiziert)<br />

Lentz, Sebastian 1990. Agrargeographie <strong>de</strong>r bündnerischen Südtäler, Val Müstair und Val Poschiavo, Diss.<br />

Universität Mannheim<br />

Liver Peter 1983. Lan<strong>de</strong>skundliche und verfassungsgeschichtliche Einleitung, in Andrea Schorta (Hrsg.)<br />

Schweizerische Rechtsquellen Münstertal, 1-36, Aarau<br />

van Mansvelt, J.D. und van <strong>de</strong>r Lubbe, M.J. (1999). Checklist for sustainable landscape management : final<br />

report of the EU concerted action AIR3-CT93-1210: The landscape and nature production capacity of organic/sustainable<br />

types of agriculture, granted by The European Commission, DG VI, Department of Rural<br />

Development, Amsterdam<br />

Nolfi, Padrot 1958. Das Münstertal, Schweizer Heimatbücher, Bd. 5.<br />

Nolfi, Padrot 1980. Das bündnerische Münstertal, Schweizer Heimatbücher Nr. 88, Bündner Reihe, Bd. 5.,<br />

Bern.<br />

OECD 1994. Environmental indicators, core set – indicateurs d'environnement, corps central <strong>de</strong> l'OCDE, OECD,<br />

Paris<br />

Pinösch, Duri 1982. Val Müstair Münstertal, Geschichtschronik, Luzern<br />

Pro Engiadina Bassa/Corporaziun Regiunala Val Müstair 1977/78. Entwicklungskonzept und Ergänzungsbericht,<br />

Scuol/Tschierv.<br />

Pro Engiadina Bassa/Corporaziun Regiunala Val Müstair 1999. Concept da Svilup II (Entwicklungskonzept<br />

II), Scuol/Tschierv.<br />

Rie<strong>de</strong>r, Peter, (1996) Berglandwirtschaft in <strong>de</strong>r Schweiz, in Werner Bätzing (Hrsg.) Landwirtschaft im Alpenraum<br />

– unverzichtbar, aber zukunftslos? Europ. Akad. Bozen, Fachbereich Alpine Umwelt, Berlin.<br />

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