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DIE MITSCHULDIGEN Entstehungsgeschichte als ... - IDF

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Rösch©: Die Komödie vom 18.–20. Jh. Theorie und Geschichte – VL 4: Die Mitschuldigen / Komödie der<br />

Romantik<br />

<strong>DIE</strong> <strong>MITSCHULDIGEN</strong><br />

1<br />

So ist die Komödie wesentlich ein sich zeigendes Spiel. Von<br />

Aristophanes bis Samuel Beckett wird mittels verschiedenster<br />

Formen der Fiktionsdurchbrechung die Rampe überspielt,<br />

das Publikum in die Spielwelt einbezogen: Kommentierungen<br />

des Spiels durch Prolog, Chor oder Randfiguren auf der<br />

Grenze zwischen Fiktion und Wirklichkeit (Narr, Hanswurst,<br />

Harlekin, Gracioso), Beiseitesprechen, Aus-der-Rolle-Fallen,<br />

Rollenreflexion, Tragödienparodie, Bloßlegung stereotyper<br />

Handlungsschemata, insbesondere des gattungsspezifischen<br />

guten Endes, Theatermetaphorik, Spiel im Spiel [...].<br />

Rainer Warning, Komik/Komödie. In:Fischer Lexikon Literatur.<br />

Bd. 2: G-M. Hrsg. v. Ulfert Ricklefs. Frankfurt 1996, 897-<br />

936, hier 920.<br />

<strong>Entstehungsgeschichte</strong> <strong>als</strong> Auseinandersetzung mit der Typenkomödie<br />

Johann Wolfgang Goethe, Die Mitschuldigen. Ein Lustspiel in einem Akte. 1769; Die Mitschuldigen.<br />

Ein Lustspiel in drei Aufzügen. 1769. In: Sämtliche Werke. Briefe, Tagebücher<br />

und Gespräche I, 4: Dramen 1765-1775. Hrsg. v. Dieter Borchmeyer. Frankfurt 1985, 43-<br />

74; 75-121.<br />

Johann Wolfgang Goethe, Die Mitschuldigen. [Ein Lustspiel] In: Sämtliche Werke. Briefe,<br />

Tagebücher und Gespräche I, 5: Dramen 1776-1790. Hrsg. v. Dieter Borchmeyer. Frankfurt<br />

1988, 319-369.<br />

Das Stück entstand 1769 <strong>als</strong> Einakter, der <strong>als</strong> Nachspiel zu einer Tragödie gedacht war;<br />

dort fehlt die Exposition; das Stück beginnt sofort mit dem Diebstahl Söllers im Zimmer<br />

von Alceste und dem Zusammentreffen von Alceste und Sophie. Die Personen wie die<br />

Handlung werden nicht motiviert; vielmehr ersetzt die Situationskomik die stringente Handlungsführung.<br />

Im gleichen Jahr schrieb Goethe eine dreiaktige Fassung; das Vorbild lieferte dabei Lessings<br />

Minna von Barnhelm, besonders für die Figur und die Verhaltensweisen des Wirts.<br />

Diese Fassung wurde in Weimar 1776/77 dreimal aufgeführt; dabei spielte Goethe selbst<br />

den Alceste. - 1785 erarbeitete Goethe eine weitere Fassung; 1787 wurde diese dritte<br />

Fassung gedruckt, die zwischen 1805 und 1816 auch am Weimarer Hoftheater mit einigem<br />

Erfolg gespielt wurde.<br />

Form: Gereimte Alexandriner, witzig pointenreich.<br />

(1) Stereotype Figuren und Situationen<br />

Der Wirt bzw. der neugierige Alte ist eine vielgebrauchte Komödienfigur; seine Fragen<br />

sowie der Streit zwischen ihm und Söller bzw. Sophie ermöglichen es in der zweiten Fassung,<br />

die Exposition nachzuholen.


Rösch©: Die Komödie vom 18.–20. Jh. Theorie und Geschichte – VL 4: Die Mitschuldigen / Komödie der 2<br />

Romantik<br />

Söller <strong>als</strong> der gehörnte Gatte, der aber doch nicht betrogen wird, ist gleichzeitig in der Rolle<br />

des Harlekins durch sein Beiseite-Sprechen; er ist eine kommentierende Figur. Söllers<br />

Diebstahl wird durch seine Spielschulden begründet. Seine direkten Ansprachen an das<br />

Publikum, in denen er die Rampe sprechend überwindet, werden mehr und mehr in ein<br />

Beiseite-Sprechen bzw. ein Selbstgespräch verwandelt. Bei der Umarbeitung von der Typen-<br />

zur Charakterkomödie wird das Beiseite-Sprechen Söllers wird nicht mehr <strong>als</strong> Wendung<br />

zum Publikum, sondern <strong>als</strong> Selbstansprache motiviert.<br />

Sophie und Alceste sind das verhinderte Liebespaar. Die Entfremdung zwischen Sophie<br />

und Söller wird dargelegt; damit wird ihre Hinwendung zu Alceste <strong>als</strong> empfindsame Liebe<br />

und <strong>als</strong> Gegenteil der Zweckheirat mit Söller motiviert.<br />

Höhepunkt ist die Diebstahlsszene mit ihrer Situationskomik. Diese bleibt auch in der 2.<br />

und 3. Fassung erhalten. Potenziertes Spiel: Söller wird er Zeuge des Gesprächs zwischen<br />

Sophie und Alceste; er erlebt sich <strong>als</strong> Betrogener und muß sich den Katalog der<br />

Vergehen anhören. Er kommentiert das im A-parte- / Beiseite-Sprechen, das noch in der<br />

gespielten Welt der Bühnenfiguren verbleibt. Zuletzt aber wechselt er aus dieser Figurenwelt<br />

in die Wirklichkeit der Theateraufführung, indem er mit dem Publikum kommuniziert,<br />

d.h. hier wird die Fiktion durchbrochen.<br />

(2) Zweipolige Anlage<br />

Commedia dell’arte / Farce: Verwicklungen und überraschende Wendungen, aber auch<br />

Lösungen. Hier ist die Komik angesiedelt, die nicht befriedigend mit der rührenden Handlung<br />

verbunden wird.<br />

Unter diesem Vorzeichen beginnt das Spiel: Söller tritt im Domino auf, das wird aber mit<br />

dem ‚Spiel im Spiel‘ begründet, denn es ist Karneval. Figuren sind Typen: Söller, der betrogene<br />

Dieb; der Vater <strong>als</strong> der krankhaft neugierige Wirt.<br />

Rührendes Lustspiel: Figuren sind in Ansätzen psychologisiert. Sophie ist die unglücklich<br />

Liebende, deren früherer Liebhaber Alceste zurückkommt. Übertretungen der Vorgeschichte<br />

werden nicht allein durch den Karneval motiviert, sondern in Vorgeschichten aufgerollt.<br />

Figuren können sich aber nicht wandeln; die Figuren werden mit ihren Problemen<br />

entlassen.<br />

Durch die Doppelpoligkeit der Komik entsteht der Eindruck von Halbheit, den Goethe für<br />

den Mißerfolg des Stückes verantwortlich gemacht hat.<br />

(3) Vergleich der zweiten und dritten Fassung am Beispiel von II, 4<br />

2. Fassung 3. Fassung<br />

Sophie<br />

Sophie<br />

So liebenswert du bist, / Alcest, ich würde So liebenswert Du bist, du hättest nie von<br />

nie aus meinen Schranken weichen, / mir ein einzig Wort vernommen,<br />

Wär Söller nicht ein Mann um mich herauszuscheuchen.<br />

beklommen.<br />

wär dieses arme Herz nicht hoffnungslos<br />

Ich sehe Tag vor Tag die Wirtschaft untergehn,<br />

das Leben meines Mannes! Wie können wir<br />

bestehn?<br />

Ich weiß, er liebt mich nicht, er fühlt nicht<br />

meine Tränen;


Rösch©: Die Komödie vom 18.–20. Jh. Theorie und Geschichte – VL 4: Die Mitschuldigen / Komödie der 3<br />

Romantik<br />

Und wenn mein Vater stürmt, muß ich auch<br />

den versöhnen!<br />

Mit jedem Morgen geht ein neues Leiden<br />

an.<br />

Söller<br />

Söller<br />

Sie lügt! Ein Mann von Stroh wär ich! Nein doch, die arme Frau ist wahrlich übel<br />

Da seht ihr mich / Ihr Herren! Hat er denn so dran!<br />

Waden stehn wie ich.<br />

Sophie<br />

Ich dachte da die Not mich zwang dich zu<br />

verlassen, / Ihn zu ertragen;<br />

Söller<br />

Schön!<br />

Sophie<br />

Allein ich muß ihn hassen.<br />

Sophie<br />

Mein Mann hat keinen Sinn für halt ein<br />

menschlich Leben;<br />

Was hab‘ ich nicht geredt, was hab‘ ich<br />

nachgegeben!<br />

Er säuft den vollen Tag, macht Schulden<br />

hier und dort,<br />

spielt, stänkert, pocht und kriecht, das geht<br />

an Einem fort!<br />

Sein ganzer Witz erzeugt nur Alternheit und<br />

Schwänke,<br />

was er für Klugheit hält sind ungeschliffne<br />

Ränke,<br />

er lügt, verleumdet, trügt.<br />

Literatur<br />

Greiner, Bernhard: Die Komödie. Eine theatralische Sendung: Grundlagen und Interpretationen.<br />

Tübingen 1992, bes. 224 - 228 (UTB 1665).<br />

KOMÖ<strong>DIE</strong> DER ROMANTIK<br />

I. Signaturen der Epoche<br />

Als ich in die ehrwürdige Kirche hineintrat, fand ich sie schon ziemlich angefüllt; ich drängte<br />

mich bis vor den Hochaltar und erwartete nun die feierliche Szene. Oh! und wahrlich,<br />

ich hatte nicht zuviel erwartet. Alles war mir neu, und die Zeremonien, die in jeder Minute<br />

immer bestimmt wechselten, machten, je geheimnisvoller und unverständlicher sie mir<br />

waren, einen desto stärkeren und wunderbareren Eindruck auf mich. Ich stand unter lauter<br />

Katholiken, Männern, Weibern und Kindern; einige lasen beständig in Gebetbüchern; andere<br />

beteten stehend an ihrem Rosenkranz; noch andre lagen andächtig auf den Knien<br />

dicht neben mir. Hier habe ich recht deutlich bestätigt gefunden, wovon Nicolai erzählt:<br />

jenes starre Aufschlagen des Blickes beim Gebet, der plötzlich, ohne bei irdischen Gegenständen<br />

zu verweilen, zum Himmel emporflammt; jene unansehnlichen, schnellen und<br />

stummen Lippenbewegungen beim Beten; jenes Bekreuzen in heiligem Eifer; jene inbrünstigen,<br />

festen Schläge auf die Brust, die, mit den ausdrucksvollsten Blicken gen Himmel,<br />

und mit einem tief heraufgeholten Seufzer begleitet, etwas ganz besonders Patheti-


Rösch©: Die Komödie vom 18.–20. Jh. Theorie und Geschichte – VL 4: Die Mitschuldigen / Komödie der 4<br />

Romantik<br />

sches haben. [...] bald nahmen die Geistlichen dies oder jenes auf dem Altar vor; bald<br />

wechselten sie ihre Plätze, knieten hier und dort, auf dieser und jener Stufe; bald unterbrachen<br />

sie die Orgel bei jeden zwei drei Wörtern, und unterstützten ihren Gesang, von<br />

dem ich immer nur einzelne Worte, ein: Dominus vobiscum und: In saeculo saeculorum,<br />

die oft wiederholt wurden, verstand; bald wurden mit der Begleitung von Violinen usw. in<br />

einem andern Teil der Kirche, Arien und Chöre gesungen; bald ward die Hostie auf dem<br />

Altar mit einem silbernen an Ketten hängenden Rauchfaß beräuchert; bald ging ein Geistlicher<br />

mit demselben ans andere Ende der Kirche, und kam dann wieder, wobei immer ein<br />

Soldat mit dem Gewehr vor ihm herging, denn auch vor dem Hochaltar, dicht vor mir,<br />

standen vier Soldaten; usw. Auf den Seiten saßen die Domherren in weißen Chorhemden<br />

mit einem roten Kragen; auch zu diesen ging der Geistliche mit dem Rauchfaß, schwang<br />

es gegen sie in die Höhe und beräucherte sie; welches mir sehr auffiel. Auch reichte er<br />

nachher eine Reliquie des heil. Heinrichs, in ein vergoldetes Gestelle prächtig gefaßt, unter<br />

ihnen herum; jeder küßte es und wischte es dann mit einem Tuche ab. Am feierlichsten<br />

aber wars, <strong>als</strong> ein anderer Geistlicher das auf dem Altar stehende Ostensorium, (ein blinkendes<br />

wie kristallenes Gehäuse, worin die Hostie ist,) dem Volke vorzeigte: dabei ward<br />

geklingelt, die Soldaten präsentierten das Gewehr, nahmen ihre Mützen ab, und fielen<br />

aufs Knie. Die ganze Gemeine fiel nieder und bekreuzte sich, und schmetternde Trompeten<br />

erschallten, und verloren sich in langgezogenen Hörnertöne. Ich fiel mit aufs Knie,<br />

denn ich hätte mich gewiß dem Unwillen der Leute ohnedies ausgesetzt; auch würde es<br />

mir in der Tat Mühe gekostet haben, so isoliert stehenzubleiben, da eine ganze Welt um<br />

mich herum niedersank, und mich alles zur höchsten Andacht stimmte; mir würde hier gewesen<br />

sein, <strong>als</strong> gehörte ich nicht zu den Menschen.<br />

Reise nach Bamberg. Erlangen, Dienstag d. 23. Juli<br />

1793. In: Wilhelm Heinrich Wackenroder, Dichtung,<br />

Schriften, Briefe. Hrsg. mit Kommentar und Nachwort v.<br />

Gerda Heinrich. Berlin 1984, 70-72.<br />

1793 hatte Wilhelm Heinrich Wackenroder (13.7.1773 – 13.2.1798) mit seinem Freund<br />

Ludwig Tieck eine Wanderung nach Franken unternommen; dabei entdeckten beide in<br />

Bamberg und Nürnberg das katholische Barock und dessen Kirchenmusik und die ‚altdeutsche‘<br />

Kunst Dürers wieder, der ab da neben Raffael und die italienische Malerei trat.<br />

In seinem Buch Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders (1797 von<br />

Tieck vollendet) sind die meisten jener Aspekte thematisiert, die für die Generation Brentanos,<br />

Arnims und Tiecks richtungsweisend wurde: Die Kunst wird wieder stärker auf religiöse<br />

Inhalte verpflichtet und erhält selbst religiösen Rang. Neben die bewunderte italienische<br />

Malerei tritt die deutsche Kunst des Mittelalters und der Renaissance. Die höchste<br />

aller Künste ist die Musik. In der Literatur werden die Gattungsgrenzen durchlässig. Zumal<br />

in der Hochschätzung des Fragments zeigt sich der Widerspruch zur traditionellen<br />

klassischen Poetik, weil das Fragment das Unabgeschlossene und Widersprüchliche<br />

auch zuläßt und damit der zentralen Forderung nach der „progressiven Universalpoesie“<br />

(Athenäum, 116. Fragment) entspricht (Schulz 32f). Das Werk soll nicht <strong>als</strong> abgeschlossen<br />

präsentiert werden, sondern im Prozeß des Entstehens, unter dem Vorzeichen einer nicht<br />

erreichbaren Universalität und Unendlichkeit, durchdrungen von „romantischer Ironie“ und<br />

stark selbstreflexiv (Schulz 36f). Der Poesie wird daher die Aufgabe zugewiesen, angesichts<br />

der zunehmenden Komplexität der Lebenswelt das Erlebnis von Universalität und<br />

ganzheitlicher Welterfahrung offen zu halten. Ein Weg dazu ist die Schaffung neuer Mythen<br />

aus sehr unterschiedlichen Quellen (z.B. Mystik orientalische, nordische Mythologien).<br />

„Mythologie ist ein Medium für den Umgang mit allem, was jenseits der Begriffe<br />

liegt“ (Schulz 31).


Rösch©: Die Komödie vom 18.–20. Jh. Theorie und Geschichte – VL 4: Die Mitschuldigen / Komödie der<br />

Romantik<br />

5<br />

II.<br />

Allgemeine Bestimmung der Komödie<br />

Komödien lassen sich bestimmen <strong>als</strong> „witzige Werke unter szenischen Bedingung“ (Japp<br />

XII), die Funktionen des Verlachens und Mitlachens und damit die Zuschreibungen durch<br />

Gottsched und Lessing sind ihnen fremd. Das Ziel ist die Darstellung reiner Komik und<br />

Heiterkeit, aber dies ist schwer zu vermitteln mit der Darstellung realistischer Gegebenheiten<br />

innerhalb einer Komödienhandlung. Die szenisch-dramatische Form wird auf lyrische<br />

und epische Effekte hin erweitert, die Kohärenz subversiv unterlaufen.<br />

III.<br />

Korpus der zentralen und randständigen Dramen<br />

Randpositionen zum romantischen<br />

Drama<br />

Heinrich von Kleist<br />

Dazu: Uwe Japp, Kleist und die Komödie seiner Zeit. In:<br />

Kleist-Jahrbuch 1996, 108-120.<br />

Ludwig Tieck<br />

Clemens Brentano<br />

Joseph von Eichendorff:<br />

Krieg den Philistern, Die<br />

Freier<br />

Achim von Arnim: Halle<br />

und Jerusalem, Die<br />

Päpstin Johanna<br />

Schicks<strong>als</strong>drama (Franz Grillparzer, Adolph Müllner, Zacharias<br />

Werner). Dazu: G.M. Rösch, Geschichte und Gesellschaft<br />

im Drama. In: Zwischen Restauration und Revolution<br />

(1815-1848). Hrsg. v. Gert Sautermeister und<br />

Ulrich Schmid. München, Wien 1998, 378-420 (Hansers<br />

Sozialgeschichte der deutschen Literatur 5).<br />

Trivialdramatik (u.a. Ernst von Raupach, August Wilhelm<br />

Iffland, August von Kotzebue)<br />

Anknüpfung an romantische<br />

Komödie / Wirkungsgeschichte<br />

Christian Dietrich Grabbe<br />

Georg Büchner<br />

Friedrich Hebbel: Der Diamant


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Romantik<br />

IV. Typologie<br />

6<br />

Parabatisch<br />

Illudierend<br />

An der aristophanischen Komödie bespricht Schlegel die<br />

„Parabase“ bzw. „Parekbase“, Durchbrechung der Illusion,<br />

indem Chor bzw. Autor und Publikum miteinander<br />

reden.<br />

Diese Komödienform bestimmt u.a. die Literatursatiren<br />

Tiecks, in denen die Zeitgenossen wie Kotzebue und die<br />

Theaterverhältnisse thematisiert werden. Häufig treten die<br />

Schauspieler aus ihrer Rolle, auch der Autor und Personal,<br />

z.B. Maschinist, Souffleur, und das Publikum kommen<br />

zu Wort. Zwei Wirklichkeitsebenen kippen ineinander,<br />

so daß sich die komische Wirkung erhöht. „Indem<br />

nun der Schauspieler aus der Rolle fällt, wechselt er aus<br />

dem Spiel ins Schauspiel, bleibt aber in der Komödie“<br />

(Japp 21).<br />

Desillusionierung, ohne daß die Illusion dauernd gebrochen<br />

würde. Geschehen ist turbulent, weil die Handlungsebenen<br />

wechseln; dadurch können die Handlungsteile<br />

sich gegenseitig deuten, Drama wird selbstbezüglich.<br />

Friedrich Schlegel: Vom ästhetischen Werte der griechischen<br />

Komödie [1794]. In: Studien des klassischen Altertums.<br />

Hrsg. v. Ernst Behler. Paderborn u.a. 1979, 19-33<br />

(KA I, 1).<br />

Handlung verbleibt in einer<br />

einzigen, fiktiven Wirklichkeit,<br />

gewinnt aber Turbulenz durch<br />

Spiel im Spiel und Elemente<br />

von Täuschung, die häufig <strong>als</strong><br />

Intrige strukturbildend werden<br />

(Unterschied zur Aufklärung:<br />

kein Fehler wird ausgestellt,<br />

keine Besserung intendiert).<br />

Maskierung und Täuschung<br />

verweist auf die Commedia<br />

dell’arte, wirft aber auch die<br />

Frage der Identität der Person<br />

auf. Charakterkomödie.<br />

Ziel ist Fröhlichkeit, kommt<br />

dem Ideal der reinen Komik<br />

am nächsten.<br />

Perturbierend<br />

Ludwig Tieck: Rotkäppchen,<br />

Blaubart, Däumchen.<br />

Universalisierend<br />

Ludwig Tieck: Kaiser Octavianus;<br />

Prinz Zerbino.<br />

Historisierend<br />

Achim von Arnim: Der Stralauer<br />

Fischzug.<br />

Literatur<br />

Japp, Uwe. Die Komödie der Romantik. Typologie und Überblick. Tübingen 1999 (Untersuchungen<br />

zur deutschen Literaturgeschichte 100).<br />

Schulz, Gerhard: Romantik. Geschichte und Begriff. München 1996.<br />

Struss, Dieter: Deutsche Romantik. Geschichte einer Epoche. München 1986 (Das Buch<br />

gliedert sich in einen Essay [von Eckart Kleßmann] sowie in eine Chronik und ein Lexikon.<br />

Zumal in den Einträgen zu Personen und zentralen Aspekten der Epoche wird<br />

die Verflechtung der Literatur mit der Philosophie, Kunst und Naturwissenschaft der<br />

Zeit deutlich.)

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