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RECHT<br />

Rechtsprechung<br />

Unverhältnismäßigkeit einer Fahrtenbuchanordnung<br />

Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage <strong>als</strong> Mittel <strong>de</strong>r<br />

Gefahrenabwehr kann nach Vergehen eines erheblichen<br />

Zeitraums seit <strong>de</strong>r Begehung <strong>de</strong>r Verkehrsordnungswidrigkeit<br />

bzw. <strong>de</strong>r Einstellung <strong>de</strong>s Ordnungswidrigkeitenverfahrens<br />

unverhältnismäßig sein.<br />

Dies ist nicht <strong>de</strong>r Fall, wenn zwischen <strong>de</strong>r Begehung <strong>de</strong>s<br />

mit einem Punkt zu werten<strong>de</strong>n Verkehrsverstoßes und <strong>de</strong>m<br />

angefochtenen Bescheid gut 19 Monate und zwischen <strong>de</strong>r<br />

Einstellung <strong>de</strong>s Bußgeldverfahrens und <strong>de</strong>r Fahrtenbuchanordnung<br />

gut 16 Monate liegen.<br />

Es ist <strong>de</strong>nkbar, dass für die Rechtmäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage<br />

<strong>de</strong>r zwischen <strong>de</strong>r Begehung <strong>de</strong>r Verkehrsordnungswidrigkeit/Einstellung<br />

<strong>de</strong>s Ordnungswidrigkeitenverfahrens<br />

und <strong>de</strong>r Anordnung <strong>de</strong>r Fahrtenbuchauflage<br />

verstrichene Zeitraum relevant sein kann und eine Fahrtenbuchauflage<br />

<strong>als</strong> Mittel <strong>de</strong>r Gefahrenabwehr nach Vergehen<br />

eines erheblichen Zeitraums <strong>als</strong> unverhältnismäßig<br />

anzusehen ist. Dieses ist aber vorliegend, da zwischen <strong>de</strong>r<br />

Begehung <strong>de</strong>s mit einem Punkt zu werten<strong>de</strong>n Verkehrsverstoßes<br />

und <strong>de</strong>m angefochtenen Bescheid gut 19 Monate<br />

und zwischen <strong>de</strong>r Einstellung <strong>de</strong>s Bußgeldverfahrens und<br />

<strong>de</strong>r Fahrtenbuchanordnung gut 16 Monate liegen, (noch)<br />

nicht <strong>de</strong>r Fall. Der zeitliche Abstand hält sich vielmehr im<br />

Rahmen <strong>de</strong>ssen, was <strong>de</strong>r Senat in vergleichbaren Konstellationen<br />

<strong>als</strong> (noch) verhältnismäßig angesehen hat. Der<br />

Umstand, dass es innerhalb dieses Zeitraums offenbar<br />

nicht zu einem weiteren vergleichbaren Vorfall gekommen<br />

ist, erlaubt nicht die Annahme, das Führen <strong>de</strong>s Fahrtenbuchs<br />

sei funktionslos (gewor<strong>de</strong>n). Hier sind keine Umstän<strong>de</strong><br />

dargetan o<strong>de</strong>r sonst ersichtlich, die eine an<strong>de</strong>re<br />

Entscheidung rechtfertigen könnten. OVG Lüneburg, Beschluss<br />

vom 23.08.2013, Az. 12 LA 156/12<br />

Regel- o<strong>de</strong>r Differenzbesteuerung bei fiktiver Scha<strong>de</strong>nsberechnung<br />

für Luxusfahrzeug<br />

Will <strong>de</strong>r Geschädigte auf Basis einer fiktiven Ersatzbeschaffung<br />

abrechnen, erhält er nur <strong>de</strong>n Netto-Wie<strong>de</strong>rbeschaffungsaufwand.<br />

Ist in <strong>de</strong>m vom Sachverständigen<br />

ermittelten Wie<strong>de</strong>rbeschaffungswert Umsatzsteuer (Regelumsatzsteuer<br />

gem. § 10 UStG o<strong>de</strong>r Differenzsteuer im<br />

Sinne <strong>de</strong>s § 25a UStG) enthalten, ist diese abzuziehen,<br />

weil <strong>de</strong>r Geschädigte diese nur beanspruchen kann, wenn<br />

und soweit sie tatsächlich angefallen ist, § 249 Abs. 2 Satz<br />

2 BGB.<br />

Für die Frage, ob bei <strong>de</strong>r fiktiven Scha<strong>de</strong>nsermittlung von<br />

einer Regel- o<strong>de</strong>r Differenzbesteuerung auszugehen ist,<br />

ist auf das beschädigte Fahrzeug abzustellen. Fahrzeuge<br />

<strong>de</strong>s Luxussegments wer<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>m Markt überwiegend<br />

regelbesteuert erworben.<br />

Der Geschädigte rechnet zulässigerweise auf Grundlage<br />

<strong>de</strong>s vom Privatgutachter ermittelten Wie<strong>de</strong>rbeschaffungswerts<br />

fiktiv ab. Will <strong>de</strong>r Geschädigte auf Basis einer<br />

fiktiven Ersatzbeschaffung abrechnen, erhält er nur <strong>de</strong>n<br />

Netto-Wie<strong>de</strong>rbeschaffungsaufwand. Ist in <strong>de</strong>m vom Sachverständigen<br />

ermittelten Wie<strong>de</strong>rbeschaffungswert Umsatzsteuer<br />

(Regelumsatzsteuer gem. § 10 UStG o<strong>de</strong>r Differenzsteuer<br />

im Sinne <strong>de</strong>s § 25a UStG) enthalten, ist diese<br />

abzuziehen, weil <strong>de</strong>r Geschädigte diese nur beanspruchen<br />

kann, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist, §<br />

249 Abs. 2 Satz 2 BGB.<br />

Entgegen <strong>de</strong>r Ansicht <strong>de</strong>s Geschädigten ist im vorliegen<strong>de</strong>n<br />

Fall nicht von <strong>de</strong>m vom Sachverständigen ermittelten<br />

Brutto-Wie<strong>de</strong>rbeschaffungswert auszugehen<br />

und hiervon ein Differenzsteuerbetrag von zwei bis drei<br />

Prozent abzuziehen. Der Sachverständige hat <strong>de</strong>n Netto-<br />

Wie<strong>de</strong>rbeschaffungswert ermittelt und angegeben. Dass<br />

<strong>de</strong>r Sachverständige <strong>de</strong>n Wert f<strong>als</strong>ch ermittelt hat, hat <strong>de</strong>r<br />

Geschädigte nicht vorgetragen. Für die Frage, ob bei <strong>de</strong>r<br />

fiktiven Scha<strong>de</strong>nsermittlung von einer Regel- o<strong>de</strong>r Differenzbesteuerung<br />

auszugehen ist, ist auf das beschädigte<br />

Fahrzeug abzustellen. Hierbei han<strong>de</strong>lte es sich um ein<br />

Fahrzeug <strong>de</strong>s Luxussegments. Fahrzeuge <strong>de</strong>s Luxussegments<br />

wer<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>m Markt überwiegend regelbesteuert<br />

erworben. Der Senat hat daher auch keine Zweifel an <strong>de</strong>r<br />

Richtigkeit <strong>de</strong>r Wertermittlung <strong>de</strong>s Privatgutachters <strong>de</strong>s<br />

Geschädigten. OLG Köln, Urteil vom 05.06.2013, Az. I-16<br />

jektiver Sicht dürfen nämlich bei <strong>de</strong>r Verhängung<br />

<strong>de</strong>s Fahrverbots nicht unberücksichtigt bleiben.<br />

Bußgeldstelle und Richter müssen in <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n<br />

ihrer Entscheidung erkennen lassen, dass<br />

sie sich mit <strong>de</strong>r Frage auseinan<strong>de</strong>rgesetzt haben,<br />

ob <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Verhängung <strong>de</strong>s Regelfahrverbots<br />

beabsichtigte Besinnungs- und Erziehungseffekt<br />

auch durch eine Erhöhung <strong>de</strong>r zu verhängen<strong>de</strong>n<br />

Geldbuße erreicht wer<strong>de</strong>n kann (OLG<br />

Köln, Beschluss vom 05.07.2013, Az. III-1 RBs<br />

152/13, 1 RBs 152/13). Allerdings sind Behör<strong>de</strong><br />

und Gericht im Rahmen ihrer Aufklärungspflicht<br />

keineswegs gehalten, die privaten und beruflichen<br />

Konsequenzen dieser Maßregel zu ergrün<strong>de</strong>n,<br />

wenn lediglich pauschale Einwän<strong>de</strong> gegen<br />

die Maßregel vorgetragen wer<strong>de</strong>n (KG Berlin,<br />

Beschluss vom 12.03.2012, Az. 3 Ws (B) 71/12, 3<br />

Ws (B) 71/12 - 162 Ss 310/11).<br />

Beispiele aus <strong>de</strong>r jüngeren Rechtsprechung<br />

Grundsätzlich hat je<strong>de</strong>r Betroffene berufliche<br />

und wirtschaftliche Schwierigkeiten <strong>als</strong> Folge<br />

<strong>de</strong>s Fahrverbots durch Maßnahmen wie die<br />

teilweise Inanspruchnahme von Urlaub, die Benutzung<br />

von öffentlichen Verkehrsmitteln o<strong>de</strong>r<br />

Taxis, die Heranziehung eines Angestellten <strong>als</strong><br />

Fahrer, die Beschäftigung eines Aushilfsfahrers<br />

o<strong>de</strong>r durch eine Kombination dieser Maßnahmen<br />

auszugleichen. Insbeson<strong>de</strong>re eine Kombination<br />

von Maßnahmen <strong>de</strong>r vorgenannten Art ist, wenn<br />

<strong>de</strong>r Betroffene über ein geregeltes Einkommen<br />

verfügt, <strong>als</strong> zumutbar anzusehen. Dabei steht<br />

einer Verweisung <strong>de</strong>s Betroffenen auf die Inanspruchnahme<br />

von Urlaub einer für diese Zeit bereits<br />

gebuchten Urlaubsflugreise nicht entgegen<br />

(OLG Hamm, Beschluss vom 28.12.2011, Az. III-3<br />

RBs 337/11, 3 RBs 337/11).<br />

Soweit wirtschaftlich möglich und zumutbar,<br />

müssen Selbstständige und Freiberufler nach<br />

<strong>de</strong>r Rechtsprechung eine Hilfskraft <strong>als</strong> Fahrer zur<br />

Überbrückung eines einmonatigen Fahrverbots<br />

einstellen. Als Angestellter besteht diese Möglichkeit<br />

aber nicht, sodass eine Bescheinigung<br />

<strong>de</strong>s Arbeitgebers vorgelegt wer<strong>de</strong>n muss, aus <strong>de</strong>r<br />

sich ergibt, dass während <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r Abgeltung<br />

<strong>de</strong>s Fahrverbots kein Urlaub genommen wer<strong>de</strong>n<br />

kann und dass bei Aufrechterhaltung <strong>de</strong>s Fahrverbots<br />

<strong>de</strong>swegen ein Arbeitsplatzverlust droht.<br />

Wer seinen Arbeitgeber nicht um eine entsprechen<strong>de</strong><br />

Bescheinigung bitten mag, kann ansonsten<br />

auch seinen Arbeitsvertrag vorlegen, wenn<br />

sich hieraus ergibt, dass <strong>de</strong>r Arbeitnehmer für<br />

die Ausübung seiner Tätigkeit zwingend auf die<br />

Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist.<br />

Im Falle von überdurchschnittlichen Einkünften<br />

bewegen sich eventuelle finanzielle Belastungen<br />

für die Anstellung eines Fahrers im Hinblick<br />

auf die verhältnismäßig kurze Dauer <strong>de</strong>s Fahrverbots<br />

von einem Monat in einem überschaubaren<br />

und grundsätzlich zumutbaren Rahmen (OLG<br />

Hamm, Beschluss vom 29.06.2010, Az. III-3 RBs<br />

120/10, 3 RBs 120/10), weshalb nicht vom Fahrverbot<br />

abzusehen ist. Auch <strong>de</strong>r Umstand, dass<br />

je<strong>de</strong>n Tag Kun<strong>de</strong>ntermine in einer Entfernung<br />

von bis zu 50 Kilometern wahrgenommen wer<strong>de</strong>n<br />

müssen, reicht für sich nicht aus (OLG Köln, Beschluss<br />

vom 07.09.2012, Az. 1 RBs 242/12, III-1<br />

RBs 242/12).<br />

Eine Entscheidung, aus <strong>de</strong>r nicht hervorgeht,<br />

Autor<br />

Rechtsanwalt Lutz<br />

D. Fischer aus Lohmar<br />

berät und vertritt<br />

mittelständische Unternehmen,<br />

Unternehmerpersönlichkeiten<br />

sowie Privatpersonen<br />

im Wirtschafts-, Zivil-,<br />

Arbeits- und Verkehrsrecht<br />

und ist bun<strong>de</strong>sweit<br />

<strong>als</strong> juristischer<br />

Dienstleister tätig. Ein beson<strong>de</strong>rer Kompetenzbereich<br />

liegt im Bereich <strong>de</strong>s Dienstwagen- und<br />

Fuhrparkrechts. Rechtsanwalt Fischer ist Mitglied<br />

<strong>de</strong>r ARGE (Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im<br />

Deutschen Anwaltverein) und Autor zahlreicher<br />

Publikationen zum Dienstwagen- und Verkehrsrecht,<br />

unter an<strong>de</strong>rem in <strong>de</strong>r Fachzeitschrift „<strong>Flotte</strong>nmanagement“,<br />

„Der Kfz-Sachverständige“ und<br />

„autorechtaktuell.<strong>de</strong>“. Als freiberuflicher Dozent<br />

ist er für das Goethe-Institut in Bonn tätig und<br />

hält bun<strong>de</strong>sweit Seminare zu „Dienstwagenüberlassung<br />

und Arbeitsrecht“ sowie zu „Professionelles<br />

Scha<strong>de</strong>nsmanagement im Fuhrpark“ für<br />

das Weiterbildungsinstitut CompendiumPlus aus<br />

Osnabrück.<br />

dass <strong>de</strong>m <strong>als</strong> freiberuflicher Architekt tätigen<br />

Betroffenen bei einer Kombination möglicher<br />

Ausgleichsmaßnahmen (Abstimmung <strong>de</strong>r beruflichen<br />

Termine mit Beginn <strong>de</strong>s Fahrverbots,<br />

Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel o<strong>de</strong>r Taxis,<br />

Beschäftigung eines Fahrers) ein Ausgleich<br />

etwaiger beruflicher Härten nicht möglich o<strong>de</strong>r<br />

zumutbar ist, genügt nach <strong>de</strong>r obergerichtlichen<br />

Rechtsprechung nicht <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen an die<br />

Darlegungen in <strong>de</strong>n Urteilsgrün<strong>de</strong>n beim Absehen<br />

von <strong>de</strong>r Verhängung <strong>de</strong>s Regelfahrverbots<br />

(OLG Hamm, Beschluss vom 28.03.2012, Az. III-3<br />

RBs 19/12, 3 RBs 19/12).<br />

Von <strong>de</strong>r Verhängung <strong>de</strong>s an sich gemäß § 25 Abs.<br />

1 Satz 2 StVG vorgesehenen Regelfahrverbots<br />

kann abgesehen wer<strong>de</strong>n, wenn nicht ausgeschlossen<br />

wer<strong>de</strong>n kann, dass ein einmonatiges<br />

Fahrverbot die Existenz <strong>de</strong>s Betroffenen nachhaltig<br />

beeinträchtigt. Dies ist <strong>de</strong>r Fall, wenn<br />

<strong>de</strong>r Betroffene <strong>als</strong> selbstständiger Fliesenleger<br />

aufgrund seiner schlechten wirtschaftlichen<br />

Situation bereits staatliche Hilfe (Hartz IV) in<br />

Anspruch nehmen muss und auf je<strong>de</strong>n Auftrag<br />

angewiesen ist und er sein Fahrzeug auch zwingend<br />

für <strong>de</strong>n Transport <strong>de</strong>r Baumaterialien benötigt<br />

(AG Strausberg, Urteil vom 03.01.2012,<br />

Az. 14 OWi 282 Js-OWi 3933/11 (113/11), 14 OWi<br />

113/11).<br />

Wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung<br />

ist ein Fahrverbot angesichts <strong>de</strong>r<br />

wirtschaftlichen Situation <strong>de</strong>s Betroffenen mit<br />

seiner Firma, für die er von Baustelle zu Baustelle<br />

zu fahren hat, sowie <strong>de</strong>r Notwendigkeit, sein<br />

sechsjähriges an Arthritis chronisch erkranktes<br />

Kind zur Physiotherapie zu fahren, nicht unbedingt<br />

erfor<strong>de</strong>rlich. Auch wenn die Lage <strong>de</strong>s Betroffenen<br />

mit einem Netto-Monatsertrag zwischen<br />

600 und 700 Euro schwierig ist, hat angesichts<br />

<strong>de</strong>r vorhan<strong>de</strong>nen vier Voreintragungen die<br />

72 <strong>Flotte</strong>nmanagement 6/2013

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