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KOLUMNE<br />
durch Deutschland. Mit <strong>de</strong>m Mo<strong>de</strong>l S hat Tesla<br />
echte Begehrlichkeit geweckt, <strong>de</strong>nn eine Reichweite<br />
von fast 500 Kilometern reicht dann doch<br />
für mehr <strong>als</strong> einen kleinen Ausflug. Das wird<br />
trotz <strong>de</strong>r sehr hohen Anschaffungskosten (so<br />
bei 70.000 Euro geht es los) reichlich honoriert<br />
und schreckt aberm<strong>als</strong> die <strong>de</strong>utschen Nobelfahrzeugbauer<br />
auf, die zuvor mil<strong>de</strong> gelächelt<br />
hatten: In Kalifornien wur<strong>de</strong>n im ersten Halbjahr<br />
2013 mehr Tesla S zugelassen <strong>als</strong> Porsche<br />
o<strong>de</strong>r Audi A6. Die Aktie von Tesla beschleunigt<br />
an <strong>de</strong>r Börse wie E-Autos auf <strong>de</strong>r Straße. Die<br />
Produktion ist auf Monate ausverkauft.<br />
Zu guter Letzt wird aus Norwegen noch berichtet,<br />
dass das Mo<strong>de</strong>l S <strong>de</strong>n alltagstauglichen<br />
VW Golf von Platz eins <strong>de</strong>r Zulassungsliste verdrängt<br />
hat. Fairerweise muss man aber anmerken,<br />
dass erhebliche Steuervergünstigungen,<br />
<strong>de</strong>r Wegfall von Mautgebühren sowie die Erlaubnis,<br />
Busspuren mitbenutzen und kostenlos<br />
parken zu dürfen, bestimmt <strong>de</strong>n wesentlichen<br />
Teil dazu beigetragen haben. Und <strong>de</strong>r Strom ist<br />
auch noch kostenlos. Ja, und die Norweger zahlen<br />
sogar angeblich mehr für gebrauchte Tesla,<br />
weil sie nicht fünf Monate auf einen neuen warten<br />
wollen. Ins Grübeln kommt man allerdings,<br />
wenn man sich anschaut, wie Norwegen die finanziellen<br />
Anreize stemmt: Die reichlich spru<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n<br />
Ölvorkommen <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s wer<strong>de</strong>n da<br />
vorrangig genannt …<br />
Wie bei je<strong>de</strong>r kaum glaublichen Erfolgsgeschichte<br />
treten vermehrt Auguren auf <strong>de</strong>n Plan,<br />
die das Bild gehörig gera<strong>de</strong>rücken wollen. Als<br />
dann Anfang Oktober auch noch ein Mo<strong>de</strong>l S<br />
aufgrund einer aufgeschlitzten Lithium-Ionen-<br />
Batterie Feuer fing, war die Aufregung groß.<br />
Da zu <strong>de</strong>m Zeitpunkt <strong>de</strong>s Unfalls aber gera<strong>de</strong><br />
US-weiter Haushaltsnotstand herrschte, wur<strong>de</strong><br />
zwecks Aufklärung erst mal keiner tätig. En<strong>de</strong><br />
Oktober dann Entwarnung von <strong>de</strong>r US-Behör<strong>de</strong><br />
NHTSA, es wer<strong>de</strong> keine weitere Untersuchung zu<br />
<strong>de</strong>m Vorfall geben, <strong>de</strong>nn es gäbe keine Sicherheitsbe<strong>de</strong>nken<br />
in Bezug auf das E-Mobil. Was<br />
die Umweltbilanz in Form von Ausstößen jeglicher<br />
Art angeht, ist sowieso Vorsicht geboten.<br />
Wo kommt <strong>de</strong>r Strom <strong>de</strong>nn eigentlich her? Da<br />
gibt es dann durchaus wi<strong>de</strong>rsprüchliche Statistiken,<br />
die Energiewen<strong>de</strong> ist überall ein Streitthema.<br />
Und wie lange die Batterien wirklich<br />
halten, bleibt zukünftigen Erfahrungsberichten<br />
vorbehalten. Für 2014 halten sie bestimmt.<br />
Man wird gespannt zuschauen können, wie sich<br />
das weiterentwickelt. Auf unseren Straßen<br />
stromern die Elektrischen allerdings bisher<br />
sehr verhalten herum, <strong>de</strong>r Preis ist nach wie vor<br />
heiß. Die Zulassungszahlen krebsen im Zehntel-<br />
Prozent-Bereich herum. Keine stattliche staatliche<br />
För<strong>de</strong>rung, keine E-Mobile, allenfalls ins<br />
Museum wür<strong>de</strong>n sie fahren, sagt mein Autoexperten-Kollege<br />
Ferdinand Du<strong>de</strong>nhöffer in <strong>de</strong>r<br />
Schweizer „Die Weltwoche“.<br />
Derweil ungebrochen scheint <strong>de</strong>r Run auf SUVs.<br />
Nach Schwächeln im August nahmen sie im<br />
September wie<strong>de</strong>r richtig Fahrt im unwegsamen<br />
Fahrzeugmarkt-Gelän<strong>de</strong> auf. Da ist richtig<br />
Musik drin und die wird im Jahre 2014 weiter<br />
gespielt. Der Rest bis auf die Kompaktklasse,<br />
die ihre Führungsposition behauptet, fährt<br />
rückwärts. Ist das eine Vorbereitung auf <strong>de</strong>n<br />
angeblich unvermeidlichen Klimawan<strong>de</strong>l o<strong>de</strong>r<br />
etwa eine Reaktion auf das immer maro<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Straßennetz? Bei sanierungsbedürftigen<br />
Brücken sind nicht flugfähige bo<strong>de</strong>nbehaftete<br />
Fahrzeuge aber ebenfalls machtlos.<br />
Diese Sanierung <strong>de</strong>r automobilen Lebensräume<br />
wird jedoch das Hauptthema <strong>de</strong>r nahen Zukunft.<br />
Sollte <strong>de</strong>r Vorschlag von ADAC-Präsi<strong>de</strong>nt<br />
Peter Meyer Realität wer<strong>de</strong>n, wür<strong>de</strong>n drei Cent<br />
mehr Mineralölsteuer fällig. Bei <strong>de</strong>n Schwankungen,<br />
wie beschrieben, fällt das wahrscheinlich<br />
am wenigsten auf. Man könnte die Steuer ja<br />
tageszeitabhängig gestalten, wie oben schon<br />
diskutiert. O<strong>de</strong>r aber die Pkw-Maut kommt nach<br />
Seehofers Vorstellung (was ausschließlich für<br />
ausländische Fahrzeuge eigentlich nicht geht,<br />
die bei einer 100-Euro-Vignette mit Flatrate für<br />
die Autobahnen immerhin 900 Millionen einbringen<br />
wür<strong>de</strong>).<br />
Autor<br />
Professor Michael Schreckenberg, geboren<br />
1956 in Düsseldorf, studierte Theoretische Physik<br />
an <strong>de</strong>r Universität zu Köln, an <strong>de</strong>r er 1985 in<br />
Statistischer Physik promovierte. 1994 wechselte<br />
er zur Universität Duisburg-Essen, wo er 1997 die<br />
erste <strong>de</strong>utsche Professur für Physik von Transport<br />
und Verkehr erhielt. Seit mehr <strong>als</strong> 15 Jahren arbeitet<br />
er an <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llierung, Simulation und<br />
Optimierung von Transportsystemen in großen<br />
Netzwerken, beson<strong>de</strong>rs im Straßenverkehr, und<br />
<strong>de</strong>m Einfluss von menschlichem Verhalten darauf.<br />
Seine aktuellen Aktivitäten umfassen Online-Verkehrsprognosen<br />
für das Autobahnnetzwerk von<br />
Nordrhein-Westfalen, die Reaktion von Autofahrern<br />
auf Verkehrsinformationen und die Analyse<br />
von Menschenmengen bei Evakuierungen.<br />
Und die Ritter <strong>de</strong>r Straße wer<strong>de</strong>n immer älter.<br />
Fast 52 Lenze zählt mittlerweile <strong>de</strong>r private<br />
Neukäufer, ein Viertel <strong>de</strong>rer ist unter 45. Die<br />
brauchen dann mehr Hilfe und dazu gibt es je<strong>de</strong><br />
Menge „Assistenten“. Die wer<strong>de</strong>n auch nötig<br />
sein, um in <strong>de</strong>r Zukunft mit <strong>de</strong>n geplanten Vollsperrungen<br />
klarzukommen. Denn bei <strong>de</strong>r Infrastruktur<br />
tickt die Uhr unaufhörlich. Und dieses<br />
Ticken wird im Jahr 2014 nirgendwo in Deutschland<br />
zu überhören sein!<br />
<strong>Flotte</strong>nmanagement 6/2013 105