Entkriminalisierung und Regulierung - Bibliothek der Friedrich-Ebert ...
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HEINO STÖVER UND MAXIMILIAN PLENERT | <strong>Entkriminalisierung</strong> <strong>und</strong> <strong>Regulierung</strong><br />
In den beiden später vorgestellten Län<strong>der</strong>n Portugal <strong>und</strong><br />
Tschechische Republik ist von <strong>der</strong> <strong>Entkriminalisierung</strong><br />
eine Vielzahl von Substanzen betroffen. 14<br />
In <strong>der</strong> drogenpolitischen Debatte in Deutschland spielen<br />
vor allem Cannabis <strong>und</strong> die Konsumenten von Heroin<br />
eine Rolle. In den USA wäre »Staatsfeind Nummer 1«<br />
eher Crack 15 o<strong>der</strong> inzwischen Crystal. 16 Für diese beiden<br />
Substanzen ist die Datenlage beson<strong>der</strong>s gut. Die meisten<br />
relevanten, über eine bloße <strong>Entkriminalisierung</strong> hinausgehenden<br />
drogenpolitischen Versuche <strong>der</strong> letzten Jahre<br />
beziehen sich auf Cannabis (Nie<strong>der</strong>lande, Canna≠bis Social<br />
Clubs, Cannabis als Medizin, Legalisierung in den<br />
USA). Die Legalisierung von Heroin für den medizinischen<br />
Bereich in <strong>der</strong> Schweiz, den Nie<strong>der</strong>landen, aber auch in<br />
Deutschland hat ebenfalls vielfältige Erfahrungen gebracht.<br />
17<br />
Mit diesen beiden Substanzen wäre sowohl eine Substanz<br />
<strong>der</strong> Spitzengruppe als auch des Mittelfeldes auf <strong>der</strong><br />
Gefährlichkeitsskala von Drogen nach Nutt vertreten, sowohl<br />
was die Gesamtbetrachtung als auch was die individuelle<br />
<strong>und</strong> gesellschaftliche Perspektive anbelangt (Nutt<br />
2007, 2010, 2012).<br />
Eine Debatte über das in Bolivien verfassungsmäßig geschützte<br />
Kokablatt 18 o<strong>der</strong> das für Deutschland relevante<br />
Kath (REITOX 2012, S. 192) als Vertreter des unteren Endes<br />
<strong>der</strong> Gefährlichkeitsskala unterbleibt an dieser Stelle<br />
ebenso wie eine Debatte über alternative Möglichkeiten<br />
des Umgangs mit den sogenannten »neuen psychoaktiven<br />
Substanzen« (o<strong>der</strong> auch <strong>der</strong> E-Zigarette <strong>und</strong> dem<br />
»Hirndoping«, Lieb 2010; auf dem Hövel 2008), wie sie<br />
in <strong>der</strong> EU geführt wird:<br />
»Die Erhebung hat gezeigt, dass ein großer Teil <strong>der</strong> Mitgliedstaaten<br />
die <strong>der</strong>zeit fehlende Alternative zu strafrechtlichen<br />
Kontrollen als unzureichend ansieht. Sie weisen<br />
darauf hin, dass eine größere Bandbreite an Möglichkeiten<br />
in Betracht gezogen werden sollte, insbeson<strong>der</strong>e<br />
die zeitweilige Kontrolle <strong>und</strong> Risikomanagement-Maßnahmen«<br />
(EU-Kommission 2005).<br />
14. http://www.alternative-drogenpolitik.de/2013/04/05/faq-drogenpolitik-welche-drogen-sind-in-portugal-<strong>und</strong>-<strong>der</strong>-tschechischen-republikentkriminalisiert/.<br />
15. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13521017.html.<br />
16. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-66133682.html.<br />
17. http://www.heroinstudie.de.<br />
18. http://www.presidencia.gob.bo/download/constitucion.pdf.<br />
In Neuseeland ist dies inzwischen Realität. 19 Gleichwohl<br />
sind viele Betrachtungen auch auf an<strong>der</strong>e Substanzen<br />
übertragbar, insbeson<strong>der</strong>e auf jene mit einer ähnlichen<br />
Gefährlichkeit bzw. gemeinsamen Ursachen dieses Risikos.<br />
1.3 Ursachenforschung statt Gefährlichkeitsdebatte<br />
o<strong>der</strong> Substanzvorstellung<br />
»Ein großer Teil <strong>der</strong> negativen Effekte des Konsums verbotener<br />
Drogen, die fälschlicherweise als primäre Effekte<br />
<strong>der</strong> Drogen untersucht werden, erweisen sich in Wirklichkeit<br />
als Sek<strong>und</strong>äreffekte« (Baratta 1990).<br />
Die Drogen Cannabis <strong>und</strong> Heroin sind gut erforscht, ihre<br />
Wirkungen <strong>und</strong> ihre Gefährlichkeit ausreichend bekannt.<br />
Auch wenn in <strong>der</strong> Drogenpolitik stellenweise ein erbitterter,<br />
den wissenschaftlichen Konsens missachten<strong>der</strong><br />
»Kleinkrieg« (Beispiel: »Cannabis als Einstiegsdroge«,<br />
Kreuzer 1991; BverfG 1994; Kleiber/Soellner 1998; Körner<br />
2001; DHS 2009; Drugcom 2011) hinsichtlich einzelner<br />
Risiken geführt wird:<br />
»Die Einstiegsthese wird gern im politischen Raum vorgetragen,<br />
um die Gefährlichkeit von Cannabisprodukten<br />
nachvollziehbar zu machen <strong>und</strong> dies gilt, obwohl<br />
sie mehr als dreißig Jahre in <strong>der</strong> Fachwelt kritisiert <strong>und</strong><br />
heute von Fachleuten einhellig als empirisch unbestätigt<br />
zurückgewiesen wird« (Gaßmann 2004).<br />
Wie bereits Dr. Raphael Gaßmann, Geschäftsführer <strong>der</strong><br />
Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V., bei <strong>der</strong> Anhörung<br />
»Legalisierung von Cannabis durch Einführung<br />
von Cannabis-Clubs« (B<strong>und</strong>estag 2012a) sagte:<br />
»Aus Sicht <strong>der</strong> Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen<br />
ist die entscheidende Frage nicht, ob Cannabiskonsum<br />
abhängig machen kann <strong>und</strong> ob es schädlich ist. Die entscheidende<br />
Frage ist die des Cannabisverbots. Nutzt das<br />
Cannabisverbot im positiven Sinne? Bewirkt das Verbot,<br />
dass weniger Menschen Cannabis konsumieren <strong>und</strong> dass<br />
jene, die Cannabis konsumieren, auf Gr<strong>und</strong> des Verbots<br />
weniger konsumieren. Das ist die entscheidende Frage<br />
19. http://www.bbc.co.uk/news/uk-21615971; http://idpc.net/alerts/<br />
2013/03/innovative-regulation-of-legal-highs-in-new-zealand; http://<br />
www.scoop.co.nz/stories/PA1304/S00130/dunne-beginning-of-end-foran-unregulated-legal-highs.htm.<br />
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