Entkriminalisierung und Regulierung - Bibliothek der Friedrich-Ebert ...
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HEINO STÖVER UND MAXIMILIAN PLENERT | <strong>Entkriminalisierung</strong> <strong>und</strong> <strong>Regulierung</strong><br />
1.2 Rahmenbedingungen<br />
Das BtMG 7 umfasst mehr als 300 verschiedene psychoaktive<br />
Substanzen. Darunter sind Substanzen wie Cannabis,<br />
<strong>der</strong>en Gebrauch so alt ist wie die Menschheit selbst,<br />
mo<strong>der</strong>ne Substanzen wie Amphetamine o<strong>der</strong> die sogenannten<br />
»neuen psychoaktiven Substanzen«, Medikamente<br />
sowie exotische Stoffe, die in Europa o<strong>der</strong> zumindest<br />
in Deutschland praktisch nie eine größere Rolle spielten.<br />
Durch das Aufkommen <strong>der</strong> neuen psychoaktiven<br />
Substanzen (»Spice«, »Räuchermischen«, »Legal Highs«<br />
<strong>und</strong> »Research Chemicals«) <strong>und</strong> die staatliche Reaktion<br />
in Form von Verboten wird die Liste in den kommenden<br />
Jahren enorm anwachsen (vgl. Werse/Morgenstern<br />
2012).<br />
• sonstige Stoffe in nur geringer Verbreitung <strong>und</strong> mit<br />
nur wenigen Konsumenten in Deutschland (Dimethyltryptamin,<br />
Desomorphin);<br />
• Substanzen, die fast ausschließlich von bestimmten<br />
Gruppen konsumiert werden, wie Khat o<strong>der</strong> Lachgas;<br />
• legale Drogen – neben Alkohol <strong>und</strong> Tabak auch<br />
Schnüffelstoffe (Butan etc.).<br />
Die Einschätzung <strong>der</strong> Relevanz ergibt sich aus den Konsumprävalenzen<br />
von Erwachsenen <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
(ESA 2009, S. 4; BZgA; Werse/Bernard/Schell 2012), aus<br />
den Beschlagnahmungszahlen (REITOX 2012, S. 192) sowie<br />
den Angaben <strong>der</strong> Suchtkrankenhilfe. 9<br />
»Zwischen 2005 <strong>und</strong> 2011 wurden über das europäische<br />
Frühwarnsystem offiziell mehr als 164 neue psychoaktive<br />
Substanzen gemeldet. 2011 wurde im dritten Jahr in<br />
Folge eine Rekordzahl erstmalig entdeckter Substanzen<br />
gemeldet (49), nachdem 2010 41 <strong>und</strong> 2009 24 neue<br />
Substanzen aufgespürt wurden« (EMCDDA 2012).<br />
Diese Liste unterscheidet sich weltweit nur in geringem<br />
Umfang, da die Gr<strong>und</strong>lage für das Verbot vieler Substanzen<br />
die drei zentralen internationalen Abkommen sind:<br />
• Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel von<br />
1961 10 ,<br />
Für die Diskussion alternativer Kontrollmodelle kann man<br />
die psychoaktiven Substanzen des BtMGs in folgende<br />
Gruppen nach ihrer Verbreitung unterteilen:<br />
• Heroin, Kokain, Amphetamin, Ecstasy <strong>und</strong> Cannabis<br />
als die fünf mit Abstand am stärksten verbreiteten Drogen;<br />
• LSD, Zauberpilze, Crack, Methamphetamin (»Crystal<br />
Meth«), GHB (»Liquid Ecstasy«) – also Substanzen<br />
mit einer gewissen Relevanz, wenngleich sie in <strong>der</strong> politischen<br />
Debatte in Relation zu ihrer Gesamtbedeutung<br />
eher überrepräsentiert sind 8 ;<br />
• sog. »neue psychoaktive Substanzen« wie »Spice«<br />
<strong>und</strong> Mephedron;<br />
• Verschreibungspflichtige bzw. apothekenpflichtige<br />
Medikamente wie Benzodiazepine, Methadon, Methylphenidat<br />
(»Ritalin«) o<strong>der</strong> Morphin;<br />
7. http://www.gesetze-im-internet.de/btmg_1981/.<br />
8. http://www.regensburg-digital.de/crystal-meth-forscher-wi<strong>der</strong>sprechen-mdb-schie<strong>der</strong>/12092012/.<br />
• Konvention über psychotrope Substanzen von 1971 11 ,<br />
• Übereinkommen <strong>der</strong> Vereinten Nationen gegen den<br />
unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen <strong>und</strong> psychotropen<br />
Stoffen von 1988 12 .<br />
Zur Betrachtung von Politikoptionen zur Entpönalisierung,<br />
<strong>Entkriminalisierung</strong> o<strong>der</strong> <strong>Regulierung</strong> (wie Verschreibungspflichtigkeit,<br />
Apothekenmodell, Lizenzsystem,<br />
lizenzierte Orte für Kauf <strong>und</strong> Konsum, Verkauf<br />
ohne beson<strong>der</strong>e Zulassungsbeschränkungen) 13 bietet es<br />
sich an, einige wenige Substanzen auszuwählen, die aber<br />
von vielen Menschen benutzt werden. Die Verfügbarkeit<br />
von empirischen Daten aus an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n beschränkt<br />
sich ebenfalls auf wenige Substanzen. Diese Kontrollmodelle<br />
können jedoch auch als Vorbild <strong>und</strong> Muster für die<br />
Kontrolle an<strong>der</strong>er Substanzen genutzt werden.<br />
9. http://www.suchthilfestatistik.de/cms/images/dshs%20jahresbericht%202011.pdf.<br />
10. http://www.admin.ch/ch/d/sr/c0_812_121_0.html.<br />
11. http://www.admin.ch/ch/d/sr/c0_812_121_02.html.<br />
12. http://www.admin.ch/ch/d/sr/c0_812_121_03.html.<br />
13. http://www.akzept.org/pdf/drogenpolitik/regulierungs_modelle0612.<br />
pdf.<br />
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