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Entkriminalisierung und Regulierung - Bibliothek der Friedrich-Ebert ...

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HEINO STÖVER UND MAXIMILIAN PLENERT | <strong>Entkriminalisierung</strong> <strong>und</strong> <strong>Regulierung</strong><br />

Zuletzt werden Handlungsempfehlungen für konkrete,<br />

realistische erste Schritte sowie Hinweise zur Auflösung<br />

<strong>der</strong> Blockade in <strong>der</strong> Drogenpolitik gegeben. 5<br />

Aus Gründen <strong>der</strong> besseren Lesbarkeit wurde in <strong>der</strong> vorliegenden<br />

Untersuchung auf die durchgängige Verwendung<br />

gen<strong>der</strong>gerechter Formulierungen verzichtet. Sofern<br />

nicht ausdrücklich ein Geschlecht sprachlich hervorgehoben<br />

ist, schließt die Verwendung des generischen Maskulinums<br />

o<strong>der</strong> einer geschlechtsneutralen Form alle Geschlechter<br />

ausdrücklich ein.<br />

1. Gr<strong>und</strong>lagen<br />

1.1 Definitionen<br />

Die Drogendebatte in Deutschland ist geprägt von einer<br />

Unschärfe <strong>der</strong> Begrifflichkeiten. Der Begriff <strong>der</strong> »Legalisierung«<br />

wird von Gegnern dieser Option oft mit einer<br />

»totalen Freigabe« o<strong>der</strong> »freien, ungeregelten Zugänglichkeit«<br />

assoziiert <strong>und</strong> insgesamt als eine Politik <strong>der</strong> Regellosigkeit<br />

bewertet – im Gegensatz zu den gegenwärtigen<br />

Kontrollbemühungen. Im Folgenden wird <strong>der</strong> Begriff<br />

<strong>der</strong> Legalisierung vermieden <strong>und</strong> stattdessen von einer<br />

<strong>Regulierung</strong> gesprochen, um klarzustellen, dass das Ziel<br />

ein legaler, aber sehr wohl kontrollierter <strong>und</strong> mit Regeln<br />

versehener Markt ist.<br />

Ebenso unklar ist <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> »<strong>Entkriminalisierung</strong>«.<br />

Hierunter fällt für die einen jede Form <strong>der</strong> Strafabschwächung,<br />

beispielsweise über den § 31a BtMG, obwohl<br />

die Strafen auch ohne diesen Paragrafen über die allgemeinen<br />

Regelungen des Strafrechtes gemin<strong>der</strong>t werden<br />

könnten. 6 An<strong>der</strong>e wenden den Begriff <strong>der</strong> <strong>Entkriminalisierung</strong><br />

erst an, wenn Delikte, wie <strong>der</strong> Besitz einer gewissen<br />

Menge, de facto legal sind, sei es über eine rechtliche<br />

Aufhebung <strong>der</strong> Strafbarkeit, ein Ende <strong>der</strong> Zuständigkeit<br />

von Strafgerichten wie in Portugal o<strong>der</strong> einer praktischen<br />

Nichtverfolgung wie in den Nie<strong>der</strong>landen. Je nach Betrachtungsweise<br />

ist <strong>der</strong> Besitz einer geringen Menge<br />

in Deutschland bereits entkriminalisiert o<strong>der</strong> nicht. Im<br />

Folgenden wird <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> <strong>Entkriminalisierung</strong> nur<br />

im zweiten, engeren Sinne gebraucht. Der existierende<br />

§ 31a BtMG o<strong>der</strong> eine Herabstufung zur Ordnungswid-<br />

5. Siehe insgesamt zur Diskussion um die Drogenreformgesetzgebung:<br />

http://www.alternative-drogenpolitik.de/2013/03/08/abrustung-im-drogenkrieg/.<br />

6. http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__153.html.<br />

rigkeit werden hingegen als »Entpönalisierung« bezeichnet<br />

(vgl. Vogt/Scheerer 1989, S. 38 ff.).<br />

Die Polizei unterscheidet im Bereich <strong>der</strong> sogenannten<br />

»Rauschgiftkriminalität« insbeson<strong>der</strong>e die Begriffe »konsumnahes<br />

Delikt« bzw. »allgemeines Delikt« <strong>und</strong> »qualifiziertes<br />

BtM-Delikt« (Handelsdelikte). Hierzu BKA 2011,<br />

S. 6:<br />

»Der Begriff ›konsumnahes Delikt‹ umschreibt die allgemeinen<br />

Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz.<br />

Diese betreffen Delikte nach § 29 BtMG, die den Besitz,<br />

den Erwerb <strong>und</strong> die Abgabe von BtM sowie ähnliche<br />

Straftaten umfassen.<br />

Unter dem Begriff ›Handelsdelikte‹ werden Delikte des<br />

illegalen Handels mit <strong>und</strong> Schmuggels von Rauschgiften<br />

nach § 29 BtMG sowie die Delikte <strong>der</strong> illegalen Einfuhr<br />

von BtM nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG zusammengefasst.«<br />

Der Begriff <strong>der</strong> »Droge« bezeichnet hier allgemein psychotrope<br />

Substanzen im nicht-medizinischen Einsatz, insbeson<strong>der</strong>e<br />

die durch das BtMG illegalisierten Stoffe. Der<br />

Bereich <strong>der</strong> nicht-substanzgeb<strong>und</strong>enen Störungen <strong>und</strong><br />

Abhängigkeiten, wie z. B. das Thema Glücksspiel, Internet<br />

o<strong>der</strong> Essstörungen, wird hier nicht betrachtet.<br />

Der stark substanzbezogene <strong>und</strong> damit selektive Blickwinkel<br />

auf die Drogenpolitik ist eine nützliche Vereinfachung,<br />

blendet aber den weitverbreiteten Mischkonsum<br />

aus. Gerade bei den Drogen Kokain <strong>und</strong> Heroin, zusammen<br />

mit Cannabis, Alkohol <strong>und</strong> Benzodiazepinen sind<br />

die Konsumenten keineswegs nur auf diese Substanzen<br />

beschränkt. Auch neigen Betrachtungen zu einzelnen<br />

Substanzen o<strong>der</strong> Konsumenten(unter)gruppen (wie psychiatrisch<br />

relevante Fälle bei Cannabis) dazu, den Blick<br />

für das Ganze zu verstellen, obwohl Drogenpolitik für<br />

die gesamte Gesellschaft gedacht werden muss. Dazu<br />

Meyer-Thompson (B<strong>und</strong>estag 2012b):<br />

»Denn die Beobachtungen aus den Kin<strong>der</strong>- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrien<br />

<strong>und</strong> die Ergebnisse, die sich aus den Zentren<br />

mit Risikogruppen ergeben, lassen sich nicht auf<br />

erwachsene Konsumenten <strong>und</strong> auf einen Konsum, den<br />

man bei allen an<strong>der</strong>en Substanzen als mo<strong>der</strong>at, geregelt<br />

<strong>und</strong> maßvoll bezeichnen würde, übertragen.«<br />

6

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