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Entkriminalisierung und Regulierung - Bibliothek der Friedrich-Ebert ...

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HEINO STÖVER UND MAXIMILIAN PLENERT | <strong>Entkriminalisierung</strong> <strong>und</strong> <strong>Regulierung</strong><br />

»Krieg gegen die Drogen« wird die Frage nach <strong>der</strong> Sinnhaftigkeit<br />

<strong>der</strong> gewaltsamen Auseinan<strong>der</strong>setzungen immer<br />

häufiger gestellt. Weltweit for<strong>der</strong>n viele Initiativen,<br />

Verbände, Parteien <strong>und</strong> namhafte Personen (Nobelpreisträger<br />

<strong>und</strong> aktuelle o<strong>der</strong> ehemalige Staatspräsidenten)<br />

an<strong>der</strong>e als strafrechtliche Drogenkontrollmodelle <strong>und</strong><br />

verweisen auf die vielen Schäden <strong>der</strong> gegenwärtig repressiv<br />

dominierten Drogenpolitik (Declaraćion Conjunta<br />

Sobre Crimen Organizado y Narcotráfico 2011; Global<br />

Commission on Drug Policy 2011); einerseits für die einzelnen<br />

Konsumenten sowie hinsichtlich <strong>der</strong> Erosion <strong>der</strong><br />

Glaubwürdigkeit aller präventiven Bemühungen angesichts<br />

<strong>der</strong> doppelbödigen Teilprohibition, an<strong>der</strong>erseits in<br />

Bezug auf die Bedrohung gesellschaftlicher Werte, vor<br />

allem <strong>der</strong> Einschränkung von Freiheiten, die in keinem<br />

nachvollziehbaren Verhältnis zu den intendierten Zielen<br />

des Drogenverbots stehen. Wir sollten beginnen, Drogenprobleme<br />

ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> nicht strafrechtspolitisch<br />

zu behandeln. Die Frage ist also, ob wir uns diese Drogenpolitik<br />

weiter leisten können – <strong>und</strong> zwar in je<strong>der</strong> Hinsicht?<br />

Und falls nicht: Wie stehen die Chancen für einen<br />

drogenpolitischen Wandel auf nationaler <strong>und</strong> internationaler<br />

Ebene, in welche Richtung sollte er vollzogen <strong>und</strong><br />

wie könnte er eingeleitet <strong>und</strong> umgesetzt werden?<br />

Die Diskussion um eine Reform <strong>der</strong> internationalen <strong>und</strong><br />

nationalen Drogenkontrolle ist also in vollem Gange. Als<br />

Meilenstein <strong>der</strong> Reformdiskussion dient das Statement<br />

des guatemaltekischen Präsidenten Otto Pérez Molina,<br />

<strong>der</strong> Anfang Februar 2012 den Kampf gegen die transnationalen<br />

Drogenkartelle für gescheitert erklärte <strong>und</strong><br />

damit als erster amtieren<strong>der</strong> Staatschef eine neue Diskussion<br />

über eine mögliche Legalisierung <strong>der</strong> in Süd- <strong>und</strong><br />

Zentralamerika produzierten, verarbeiteten <strong>und</strong> transportierten<br />

psychoaktiven Substanzen eröffnete. Molina<br />

beschränkte seinen Vorstoß ausdrücklich nicht auf den<br />

(privaten) Konsum illegaler Drogen, son<strong>der</strong>n öffnete die<br />

Debatte auch im Hinblick auf ihre Produktion, ihren Handel<br />

<strong>und</strong> Transport.<br />

Bereits die von drei lateinamerikanischen Präsidenten gegründete<br />

Kommission Drogen <strong>und</strong> Demokratie sowie die<br />

erweiterte Commission on Drugs and Democracy hatten<br />

Modifikationen in <strong>der</strong> internationalen Drogenpolitik gefor<strong>der</strong>t,<br />

wobei die Vorschläge vor allem die Straffreiheit<br />

bzw. <strong>Entkriminalisierung</strong> des persönlichen Konsums illegaler<br />

Drogen <strong>und</strong> die Einstufung von Suchtkrankheiten<br />

als Problem <strong>der</strong> öffentlichen Ges<strong>und</strong>heit beinhalten. Darüber<br />

hinaus for<strong>der</strong>ten die Kommissionen die Revision<br />

des internationalen Drogenregimes <strong>und</strong> <strong>der</strong> repressiven<br />

Politiken gegenüber Produktion <strong>und</strong> Handel illegaler Drogen<br />

unter Anwendung des Kriteriums <strong>der</strong> Schadensreduzierung<br />

nicht nur im Hinblick auf Produktion, Handel <strong>und</strong><br />

Konsum, son<strong>der</strong>n auch auf die (negativen) Auswirkungen<br />

<strong>der</strong> gegenwärtigen Politiken zur Reduzierung von<br />

Produktion <strong>und</strong> Konsum.<br />

In keinem <strong>der</strong> erwähnten Vorstöße wurden jedoch konkrete<br />

Politikvorschläge gemacht. Die USA sprachen sich<br />

umgehend gegen jede Form von Legalisierung aus, ohne<br />

eine Debatte gr<strong>und</strong>sätzlich auszuschließen. Verschiedene<br />

zentral- <strong>und</strong> südamerikanische Regierungen äußerten<br />

sich zunächst positiv zu Molinas Vorstoß, einem <strong>der</strong><br />

einberufenen Gipfeltreffen <strong>der</strong> zentralamerikanischen<br />

Präsidenten blieben Nicaragua, El Salvador <strong>und</strong> Honduras<br />

dann jedoch fern. Darin spiegeln sich vor allem die<br />

wirtschaftlichen <strong>und</strong> finanziellen Konsequenzen für diese<br />

Län<strong>der</strong> im Fall nationaler o<strong>der</strong> regionaler Alleingänge in<br />

<strong>der</strong> Drogenpolitik wi<strong>der</strong>. Der Effektivität unilateraler Gesetzgebungen<br />

im Hinblick auf Legalisierungen o<strong>der</strong> staatliche<br />

<strong>Regulierung</strong>en sollte bei <strong>der</strong> Bearbeitung dieses<br />

Punktes beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit geschenkt werden.<br />

Dabei kommt den bilateralen Beziehungen zu den USA<br />

essenzielle Bedeutung zu, ebenso wie <strong>der</strong> Problematik<br />

des internationalen Drogenregimes.<br />

Glie<strong>der</strong>ung<br />

Zu Beginn werden einige Begrifflichkeiten geklärt <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Analyserahmen vorgestellt. Bei Handlungsoptionen <strong>der</strong><br />

<strong>Entkriminalisierung</strong> bestehen nur wenige Unterschiede<br />

zwischen den Substanzen. Bei den komplexeren Fragen<br />

<strong>der</strong> <strong>Regulierung</strong> schränken Relevanz <strong>und</strong> Datenlage die<br />

Auswahl ein. Die Debatte wird sich deswegen primär <strong>der</strong><br />

Droge Cannabis <strong>und</strong> seinen Konsumenten widmen.<br />

Auf eine Vorstellung einzelner Substanzen, <strong>der</strong>en Wirkungen<br />

<strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen Risiken wird verzichtet,<br />

da diese im Wesentlichen bekannt sind (Schmidbauer<br />

1997; Julien 1997; Nutt 2012). 1 Entscheiden<strong>der</strong><br />

ist die Frage nach den Ursprüngen <strong>der</strong> Risiken bzw. allgemein<br />

nach drogenspezifischen Problemspektren sowie<br />

nach dem jeweiligen gesellschaftlichen Umgang damit<br />

(vgl. bspw. zu Cannabis: Kleiber/Soellner 1998, 2004;<br />

1. http://www.drugscouts.de/; http://de.drogen.wikia.com; http://www.<br />

dhs.de/informationsmaterial/broschueren-<strong>und</strong>-faltblaetter.html.<br />

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