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Entkriminalisierung und Regulierung - Bibliothek der Friedrich-Ebert ...

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HEINO STÖVER UND MAXIMILIAN PLENERT | <strong>Entkriminalisierung</strong> <strong>und</strong> <strong>Regulierung</strong><br />

akzeptanz- <strong>und</strong> problemorientierter Ansatz zum Tragen<br />

kommen. Ziel dieser Arbeit wäre nicht länger die ausschließliche<br />

Abstinenz, son<strong>der</strong>n ein kontrollierter Konsum<br />

durch Drogenmündigkeit. 180 Im Bereich <strong>der</strong> Prävention<br />

liefert die Stellungnahme <strong>der</strong> Drogen- <strong>und</strong> Suchtkommission<br />

zur Verbesserung <strong>der</strong> Suchtprävention 181<br />

hierfür eine Gr<strong>und</strong>lage.<br />

Durch eine Umverteilung <strong>der</strong> Mittel aus <strong>der</strong> Repression<br />

in die Prävention wäre endlich eine Finanzierung in einer<br />

ganz neuen Größenordnung möglich. Die Deutsche<br />

Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) for<strong>der</strong>t eine massive<br />

Erhöhung <strong>der</strong> Ausgaben von 30 Millionen Euro auf eine<br />

Milliarde Euro pro Jahr. 182 Dies entspricht einem Viertel<br />

<strong>der</strong> Ausgaben für die Repression im Bereich illegaler Drogen<br />

<strong>und</strong> liegt deutlich unter den Schätzungen des DHV<br />

zu den finanziellen Auswirkungen einer Cannabislegalisierung.<br />

Durch das Drogenverbot <strong>und</strong> das Abstinenzdogma<br />

entsteht eine Tabuisierung sowie eine staatlich-arbeitsrechtliche<br />

(Ärzte, Lehrer, Polizisten, Drogenberater) bzw.<br />

sozial-normative (Eltern, Angehörige) Moralisierung des<br />

Themas Drogen. Konsumenten, insbeson<strong>der</strong>e die beson<strong>der</strong>s<br />

vulnerable Gruppe <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendlichen,<br />

sind gezwungen, ihren Drogengebrauch zu leugnen <strong>und</strong><br />

zu verheimlichen. Bei drogenspezifischen o<strong>der</strong> drogenbezogenen<br />

Problemen (Überdosierungen, Abhängigkeit,<br />

Psychosen, HIV-Infektionen, Selbst- o<strong>der</strong> Fremdverletzungen<br />

im Rausch wird Hilfe nicht in Anspruch genommen.<br />

Im Gegensatz zu Themen wie Sexualität o<strong>der</strong> Gewalt<br />

findet beim Thema Drogen kein Erfahrungsaustausch,<br />

keine Informationsvermittlung o<strong>der</strong> eine sonst allgemein<br />

übliche Begleitung durch Eltern, Lehrer o<strong>der</strong> auch Peers<br />

statt. So entsteht auch eine Lücke zwischen Prävention<br />

<strong>und</strong> Therapie. Dieser Problemkomplex könnte durch einen<br />

an<strong>der</strong>en rechtlichen Umgang mit Drogen wie Cannabis<br />

aufgelöst werden.<br />

9. Handlungsempfehlungen<br />

Neben <strong>der</strong> Frage, was man tun könnte <strong>und</strong> sollte, stellt<br />

sich angesichts <strong>der</strong> zähen <strong>und</strong> wenig reformfreudigen<br />

Drogenpolitik in Deutschland auch die ganz praktische<br />

Frage: »Wie kann man Verän<strong>der</strong>ungen erreichen?«<br />

Angesichts <strong>der</strong> Polarisierung bei diesem Thema ist es<br />

trotz bzw. gerade aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> massiven Differenzen<br />

nötig, Brücken zu bauen. Jede Fraktion muss die Möglichkeit<br />

haben, Fehler einzugestehen, ohne das Gesicht<br />

zu verlieren. Dies erfor<strong>der</strong>t flexible Lösungen, um dem<br />

Pluralismus gerecht zu werden.<br />

Auf theoretischer Ebene wäre eine gut vorbereitete <strong>Regulierung</strong>,<br />

beispielsweise des Cannabismarktes, ein kohärentes<br />

Modell. Praktisch existiert eine Politik aus einem<br />

Guss nicht. Empfohlen wird daher ein schrittweises Vorgehen<br />

mit einer permanenten Evaluation <strong>der</strong> neuen Politik,<br />

um möglichen Fehlentwicklungen <strong>und</strong> unbeabsichtigten<br />

(negativen) Neben- <strong>und</strong> Wechselwirkungen direkt<br />

begegnen zu können.<br />

Die <strong>Entkriminalisierung</strong> <strong>der</strong> Konsumenten aller Drogen<br />

ist hier ein möglicher, sauberer <strong>und</strong> längst überfälliger<br />

erster Schritt. Parallel hierzu können Cannabis als Medizin,<br />

leicht zugängliche Heroinbehandlung für Abhängige<br />

sowie Modellversuche, z. B. zur legalen Abgabe von Cannabis,<br />

erprobt werden. Diese Ansätze haben alle den Vorteil,<br />

dass sie mit den internationalen Verträgen konform<br />

gehen. Eine solide wissenschaftliche Begleitevaluation<br />

könnte dann die Gr<strong>und</strong>lage sein, um auf internationaler<br />

Ebene für eine Reform <strong>der</strong> Verträge zu werben bzw. sie<br />

im Alleingang anzugehen. Eine wissenschaftliche F<strong>und</strong>ierung<br />

<strong>der</strong> Drogenpolitik ist unbedingt gefor<strong>der</strong>t, begleitet<br />

von einem Beirat, einer Enquetekommission 183 o<strong>der</strong> einer<br />

neu besetzten Drogen- <strong>und</strong> Suchtkommission <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung.<br />

180. http://www.psychologie-aktuell.com/news/aktuelle-news-psychologie/news-lesen/article/2011/11/14/1321256586-suchtpraevention-mitdrogen-toleranz-soziologin-for<strong>der</strong>t-von-<strong>der</strong>-paedagogik-erziehung-zur-d.<br />

html.<br />

181. http://hanfverband.de/download/themen/stellungnahme_<strong>der</strong>_drogen-_<strong>und</strong>_suchtkommission_zur_verbesserung_<strong>der</strong>_suchtpraevention.<br />

pdf.<br />

182. http://www.<strong>der</strong>westen.de/politik/eine-milliarde-euro-gegen-diesucht-id7310334.html.<br />

183. http://www.jura.uni-augsburg.de/fakultaet/lehrstuehle/rosenau/<br />

download/entwuerfe_resolutionen/00-00-ResolutionBTEnqKomm.pdf;<br />

http://www.schildower-kreis.de/themen/pressemitteilung-2009-11-24.<br />

html.<br />

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