Entkriminalisierung und Regulierung - Bibliothek der Friedrich-Ebert ...
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HEINO STÖVER UND MAXIMILIAN PLENERT | <strong>Entkriminalisierung</strong> <strong>und</strong> <strong>Regulierung</strong><br />
Straßenhandel o<strong>der</strong> gar Automatenverkauf ist nicht vorgesehen,<br />
da hier kein Kontakt mit Beratungsmöglichkeiten<br />
zwischen Händlern <strong>und</strong> K<strong>und</strong>en sowie eine f<strong>und</strong>ierte<br />
Beratung sichergestellt werden kann.<br />
nahezu völliger Wegfall <strong>der</strong> Repressionskosten im Bereich<br />
Cannabis sowie Einsparungen durch weniger Schäden<br />
aufgr<strong>und</strong> von qualitativ schlechten Drogen, Verunreinigungen<br />
<strong>und</strong> einem falschen Umgang.<br />
Als Altersgrenze wird analog zu Tabak <strong>und</strong> Alkohol 18<br />
Jahre vorgeschlagen. Einerseits ist ein spätes Einstiegsalter<br />
wünschenswert, an<strong>der</strong>erseits ist es problematisch, gerade<br />
Jugendliche weiter einem Schwarzmarkt auszusetzen,<br />
auf dem sie we<strong>der</strong> Qualität noch Beratung erwarten<br />
können. Daher sollten keine weiteren Voraussetzungen<br />
für den Einkauf außer <strong>der</strong> Altersgrenze geschaffen werden.<br />
Eine Registrierung ist nicht notwendig.<br />
Cannabisfachgeschäfte könnten Teil von Drogerien <strong>und</strong><br />
Apotheken sein. Werbung für Produkte <strong>und</strong> Läden außerhalb<br />
<strong>der</strong>selben sollte verboten sein. Eine Abschätzung<br />
durch Übertragung <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>ländischen Verhältnisse abzüglich<br />
des dortigen Drogentourismus ergibt 2.000 Verkaufsstellen<br />
für Deutschland, im Durchschnitt eine pro<br />
40.000 Einwohner bzw. sechs pro Landkreis.<br />
Jede Verkaufseinheit beinhaltet Informationen über Produktionsjahr,<br />
Sorte, Preis, Gewicht, ungefährer THC- <strong>und</strong><br />
CBD-Gehalt, Anbauweise <strong>und</strong> Herkunft des Produktes<br />
sowie ein Beipackzettel mit Informationen über Pharmakologie,<br />
Wirkungen, Dosierung, Nebenwirkungen <strong>und</strong><br />
Risiken etc. des Cannabiskonsums. Diese sollten nicht nur<br />
informativ, son<strong>der</strong>n auch ansprechend gestaltet sein. Ein<br />
beson<strong>der</strong>er Schwerpunkt sollten die Themen safer use<br />
<strong>und</strong> weniger schädliche Konsumformen sein (Tabak- <strong>und</strong><br />
nikotinfrei, z. B. durch Vaporizer).<br />
Die Qualitätskontrolle stellt fest, dass Cannabisprodukte<br />
frei von ges<strong>und</strong>heitsschädlichen Rückständen wie Herbiziden<br />
<strong>und</strong> Pestiziden sind.<br />
Es könnte einen freiwilligen Drogenführerschein zur För<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Drogenmündigkeit geben (Drogenk<strong>und</strong>e,<br />
Genussfähigkeit, Risikofähigkeit <strong>und</strong> Kritikfähigkeit).<br />
Cannabisfachgeschäfte sollten eng mit niedrigschwelligen<br />
Angeboten <strong>der</strong> Suchtprävention, Frühintervention<br />
<strong>und</strong> Drogenmündigkeit verzahnt sein.<br />
Die erwarteten Effekte bei einer Umsetzung dieses Szenarios<br />
wären ein Zusammenbruch des Schwarzmarktes<br />
für Cannabis, <strong>und</strong> damit statt Milliardengewinnen für die<br />
organisierte Kriminalität erhöhte Steuereinnahmen, ein<br />
Szenario 6: keine Gewinne = staatlicher<br />
Handel o<strong>der</strong> ein dritter Weg?<br />
Unter den Befürwortern einer liberaleren Drogenpolitik<br />
besteht die nicht unberechtigte Befürchtung, dass ein<br />
legaler Drogenmarkt große Ähnlichkeit mit den heutigen<br />
Märkten für Alkohol, Tabak <strong>und</strong> Medikamenten aufweisen<br />
könnte. In diesen freien <strong>und</strong> von Profit gesteuerten<br />
Märkten gibt es konsumanregende Werbung, massive<br />
Verstöße gegen Jugendschutzgesetze, Dumpingpreise<br />
<strong>und</strong> Lockangebote, massive politische Einflussnahme<br />
durch Lobbyarbeit, Verharmlosung <strong>der</strong> Folgen des Konsums<br />
für das Individuum <strong>und</strong> die Gesellschaft bis hin<br />
zu einer Markt- <strong>und</strong> Preiskontrolle durch Oligopole. All<br />
dies steht dem Ideal einer emanzipatorischen <strong>und</strong> wissenschaftlich<br />
f<strong>und</strong>ierten Drogenpolitik mit dem Ziel eines<br />
selbstbestimmten Drogengebrauchs entgegen. Neben<br />
dem Hoffen auf einen stark regulierten Markt, <strong>der</strong><br />
zweifelsfrei besser als ein illegaler wäre <strong>und</strong> bei Medikamenten<br />
<strong>und</strong> Lebensmittel auch so schlecht gar nicht ist,<br />
besteht die Möglichkeit <strong>der</strong> Verstaatlichung bzw. eines<br />
dritten Weges im Drogenmarkt.<br />
Als Gegenpol zu einer noch liberalen Lösung, wie sie unter<br />
Punkt 6 beschrieben wird, soll hier ein Konzept <strong>der</strong><br />
Markt- (<strong>und</strong> ggf. auch Staats-)ferne durch Cannabisfachgeschäfte<br />
als nicht-gewinnorientierte Körperschaften des<br />
öffentlichen Rechts <strong>und</strong> Konsumentengenossenschaften<br />
beschrieben werden.<br />
Als Vorbild für einen staatlichen Drogenmarkt kann die<br />
skandinavische Alkoholpolitik dienen. In Schweden liegt<br />
trotz <strong>der</strong> zwangsweisen Liberalisierung von Produktion,<br />
Import <strong>und</strong> Export sowie Vertrieb durch den EU-Beitritt<br />
<strong>der</strong> Einzelhandel für Alkohol weitestgehend in den Händen<br />
des Staates. Das staatliche Systembolaget-Monopol<br />
161 ist durchaus geeignet, viele Nachteile des Marktes<br />
zu beseitigen, ist aber gleichzeitig – aufgr<strong>und</strong> seiner<br />
Marktferne <strong>und</strong> damit Ferne zu den Bedürfnissen <strong>der</strong><br />
Käufer – wenig attraktiv für die Konsumenten <strong>und</strong> hat<br />
trotz seines Monopols aufgr<strong>und</strong> von Auslandsimporten,<br />
161. http://www.systembolaget.se/English/.<br />
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