Entkriminalisierung und Regulierung - Bibliothek der Friedrich-Ebert ...
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HEINO STÖVER UND MAXIMILIAN PLENERT | <strong>Entkriminalisierung</strong> <strong>und</strong> <strong>Regulierung</strong><br />
galitäts- <strong>und</strong> Opportunitätsprinzip) zwischen Deutschland<br />
<strong>und</strong> den Nie<strong>der</strong>landen ist auch <strong>der</strong> politische <strong>und</strong><br />
kulturelle Umgang bei Themen wie Drogen recht unterschiedlich,<br />
das bewusste Schaffen von Grauzonen ist in<br />
Deutschland weniger üblich.<br />
Das nie<strong>der</strong>ländische Konzept <strong>der</strong> kommunalen Feinjustierung<br />
des Cannabishandels würde ein lokales Experimentieren<br />
mit unterschiedlichen Ansätzen erlauben.<br />
Neben einem guten Umgang mit dem Phänomen des<br />
Drogentourismus müsste auch die Herkunft <strong>der</strong> Drogen<br />
geregelt werden, um nicht die »Hintertürproblematik«<br />
<strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lande zu übernehmen. Verbraucherschutzkonzepte<br />
zur Wirkstoff- <strong>und</strong> Qualitätskontrolle sowie<br />
eine für Konsumenten passende Prävention, wie es beispielsweise<br />
das Konzept <strong>der</strong> Drogenmündigkeit darstellt,<br />
könnten die Risiken des Cannabiskonsums <strong>und</strong> damit<br />
verb<strong>und</strong>ene Probleme senken.<br />
Der Schwarzmarkt würde empfindlich geschwächt werden<br />
<strong>und</strong> je nach Modell wären Einnahmen über Coffeeshops<br />
möglich.<br />
Die staatlichen Ausgaben im Bereich <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Ordnung <strong>und</strong> Sicherheit würden im Vergleich zu dem<br />
vorherigen Szenario weiter sinken. Wie schon im Szenario<br />
zuvor würden Konsumenten <strong>und</strong> Hilfsangebote<br />
deutlich näher zueinan<strong>der</strong> gebracht werden. Würde <strong>der</strong><br />
private Anbau weiter illegal bleiben, würde dies zu einer<br />
Kommerzialisierung des Marktes führen.<br />
Szenario 4: <strong>Entkriminalisierung</strong><br />
vonEigenanbau<br />
Die Straffreiheit für den individuellen o<strong>der</strong> kollektiven<br />
Anbau von Cannabis würde den Schwarzmarkt deutlich<br />
schwächen. Die Qualität müsste nicht kontrolliert werden,<br />
da sie nicht mehr durch die Marktlogik gemin<strong>der</strong>t<br />
wäre. Die Ernte einer o<strong>der</strong> einiger weniger Pflanzen kann<br />
leicht jede vernünftige »geringe Menge« übertreffen, sodass<br />
hierfür eine praxistaugliche, juristische Lösung zu<br />
finden wäre.<br />
Durch ein Mitglie<strong>der</strong>prinzip, wie bei den Cannabis Social<br />
Clubs, könnte ein möglicher Drogentourismus deutlich<br />
gemin<strong>der</strong>t werden. Je nach Modell wären hier ebenfalls<br />
Einnahmen möglich. Eine Verknüpfung von Cannabis<br />
Social Clubs mit Hilfsangeboten wäre ebenfalls denkbar,<br />
wenngleich hier eine etwas losere Anbindung als bei den<br />
Coffeeshops realistischer wäre. In Deutschland sollte für<br />
dieses Szenario das Verbot von Hanfsamen aufgehoben<br />
werden.<br />
Auch wenn hierzu noch keine Erfahrungen aus an<strong>der</strong>en<br />
Län<strong>der</strong>n vorliegen, ist gut vorstellbar, dass Szenario 3 <strong>und</strong><br />
4 auch auf weitere Drogen übertragen werden könnten.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e leicht herstellbare Drogen wie Zauberpilze<br />
würden sich hier anbieten, ebenso wie Substanzen, die in<br />
Nachbarlän<strong>der</strong>n legal sind <strong>und</strong> leicht importiert werden<br />
könnten, wie z. B. Kath.<br />
Ob die Szenarien 3 <strong>und</strong> 4 eher alleine o<strong>der</strong> in Kombination<br />
die besten Resultate brächten, ist unklar.<br />
Szenario 5: Strenge <strong>Regulierung</strong> <strong>und</strong><br />
Lizenzierung<br />
Ausgehend von den durch empirische Erfahrungen untermauerten<br />
Szenarien 1 bis 4 sowie 7 – im Hinblick auf<br />
Alkohol <strong>und</strong> Tabak – sowie den Arbeiten von Schmidt-<br />
Semisch (2002), DHV (2003), VfD (2004) o<strong>der</strong> RAND<br />
(2004) wird hier nun ein Vorschlag für den nächsten<br />
großen Schritt vorgestellt: Eine echte Legalisierung von<br />
Cannabis, also die Schaffung eines regulierten Marktes<br />
für Erwachsene. Der Verkauf sollte ausschließlich in Fachgeschäften<br />
mit Fachpersonal stattfinden. Hierdurch wäre<br />
ein strenger Jugendschutz möglich sowie Wirkstoff- <strong>und</strong><br />
Qualitätskontrollen. Neben dem Wegfallen großer Teile<br />
<strong>der</strong> Repressionskosten könnten Steuereinnahmen generiert<br />
werden. Zudem sollte es ein Werbeverbot geben<br />
<strong>und</strong> ggf. eine Preisbindung.<br />
Die Cannabisfachgeschäfte sollten Informationsangebote<br />
beinhalten <strong>und</strong> eine Vernetzung mit <strong>der</strong> Drogenhilfe<br />
sollte vorgeschrieben sein. Durch die Lizenzierung kann<br />
eine Beschränkung auf eine Verkaufsstelle pro natürliche<br />
Person mit einer persönlichen Haftung für Verstöße gegen<br />
den Jugendschutz ermöglicht werden. Mittelfristig<br />
kann eine bestimmte Ausbildung Voraussetzung werden.<br />
Die alternative Drogengesetzgebung <strong>und</strong> -hilfe sollte einer<br />
ständigen Evaluation unterliegen. Diese wird zeigen,<br />
welcher Nachjustierungsbedarf besteht.<br />
Die Lizenz erlaubt ausschließlich den persönlichen Verkauf<br />
in einer festen Betriebsstätte. Ein Internet- o<strong>der</strong><br />
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