Entkriminalisierung und Regulierung - Bibliothek der Friedrich-Ebert ...
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HEINO STÖVER UND MAXIMILIAN PLENERT | <strong>Entkriminalisierung</strong> <strong>und</strong> <strong>Regulierung</strong><br />
3. Status quo – weltweit <strong>und</strong> regional<br />
3.1 Anspruch <strong>und</strong> Wirklichkeit internationaler<br />
Drogenkontrollbemühungen<br />
Drogenpolitik war eines <strong>der</strong> ersten internationalen <strong>und</strong><br />
globalen Politikfel<strong>der</strong>. Ausgehend von den Opiumkonferenzen<br />
hat <strong>der</strong> stark von den USA geprägte <strong>und</strong> forcierte<br />
Politikansatz <strong>der</strong> Prohibition durch die Verankerung in<br />
den weltweit gültigen internationalen Abkommen inzwischen<br />
quasi universellen Charakter erreicht (vgl. Holzer<br />
2012). Obwohl eine internationale Kontrolle <strong>der</strong> einzige<br />
Weg ist, um Handelsverflechtungen deutlich zu machen<br />
<strong>und</strong> grenzübergreifende Kontrollabsprachen <strong>und</strong> Kooperationen<br />
zu treffen, konnte die weltweite Drogenkontrolle<br />
ihr Ziel, den Konsum zu reduzieren, nicht erreichen.<br />
Dies betrifft insbeson<strong>der</strong>e Europa, wo die Europäische<br />
Beobachtungsstelle für Drogen <strong>und</strong> Drogensucht (EBDD)<br />
den steigenden Anteil von Drogenerfahrenen <strong>und</strong> den<br />
wachsenden Anteil von Drogendelikten (EMCDDA 2012,<br />
S. 40) in Europa ausweist. 84<br />
Die Schätzungen <strong>der</strong> Vereinten Nationen (VN) zum jährlichen<br />
Drogenkonsum im Zeitraum 1998–2008 zeigen,<br />
dass trotz zunehmen<strong>der</strong> Drogenkontrollbemühungen erhebliche<br />
Steigerungen des Drogenkonsums weltweit zu<br />
verzeichnen sind (vgl. Tabelle 4).<br />
miert wie heute. Für eine generalpräventive Wirkung des<br />
Verbotes gibt es keine Belege:<br />
»Ein Zusammenhang zwischen Drogenpolitik, gemessen<br />
an den rechtlichen Rahmenbedingungen sowie <strong>der</strong> Praxis<br />
<strong>der</strong> Strafverfolgung <strong>und</strong> Verbreitung des Cannabisgebrauchs,<br />
lässt sich nicht feststellen« (Reuband 2004).<br />
Die »Kommission für soziale Sicherheit <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit«<br />
des Schweizer Nationalrates kam in einem Bericht vom<br />
30.4.1999 zu dem Ergebnis:<br />
»Die verbreitete Vermutung einer ins Gewicht fallenden<br />
generalpräventiven Wirkung <strong>der</strong> Konsumstrafbarkeit<br />
kann nicht nachgewiesen werden <strong>und</strong> scheint auch wenig<br />
plausibel. (…) Sämtliche empirischen Untersuchungen<br />
<strong>und</strong> statistischen Daten, sowohl im internationalen<br />
wie im interkantonalen Quervergleich deuten dementsprechend<br />
mit steter Regelmäßigkeit darauf hin, dass<br />
zwischen <strong>der</strong> Verbreitung/Häufigkeit des Drogenkonsums<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> strafrechtlichen Verfolgungs- <strong>und</strong> Sanktionierungspraxis<br />
kein signifikanter Zusammenhang besteht.«<br />
3.2 Die Liste unbeabsichtigter Nebenwirkungen<br />
Tabelle 5: Schätzungen <strong>der</strong> Vereinten Nationen<br />
zum jährlichen Drogenkonsum 1998–2008 85<br />
Die Initiative »Count the Costs« 86 unterteilt die Kosten für<br />
den Kampf gegen Drogen in sieben Bereiche:<br />
Opiate Kokain Cannabis<br />
1998 12,9 Millionen 13,4 Millionen 147,4 Millionen<br />
2008 17,35 Millionen 17 Millionen 160 Millionen<br />
Zunahme<br />
in %<br />
+ 34,5 % + 27 % + 8,5 %<br />
• Untergrabung von Entwicklung <strong>und</strong> Sicherheit, Verstärkung<br />
von Konflikten;<br />
• Schaden <strong>der</strong> öffentlichen Ges<strong>und</strong>heit, Verbreitung<br />
von Krankheiten <strong>und</strong> Tod;<br />
• Verletzung von Menschenrechten;<br />
Trotz des weltweiten Drogenverbots <strong>und</strong> milliardenschwerer<br />
Ausgaben im Bereich <strong>der</strong> Sicherheit <strong>und</strong> Drogenkontrollbemühungen<br />
ist die Bilanz dieser Politik ernüchternd.<br />
Nicht nur, dass die Preise für Drogen in Europa<br />
(Quelle: EBDD) <strong>und</strong> dem Rest <strong>der</strong> Welt fallen, noch<br />
nie haben weltweit so viele Menschen Drogen konsu-<br />
84. EBDD-Jahresbericht 2012, S. 15; http://www.dhs.de/fileadmin/user_<br />
upload/pdf/EBDD_Jahresberichte/Jahresbericht_EBDD_2012_deutsch.<br />
pdf.<br />
85. http://www.globalcommissionondrugs.org/wp-content/themes/<br />
gcdp_v1/pdf/Global_Commission_Report_German.pdf.<br />
• För<strong>der</strong>ung von Stigmatisierung <strong>und</strong> Diskriminierung;<br />
• Schaffung von Kriminalität <strong>und</strong> Bereicherung von Kriminellen;<br />
• Abholzung <strong>und</strong> Umweltverschmutzung;<br />
86. http://www.countthecosts.org/.<br />
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