Ethik.pdf
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<strong>Ethik</strong><br />
1. Grundlegende Begriffe:<br />
<strong>Ethik</strong> und Moral hatten ursprünglich gleiche Bedeutung: Gewohnheit, Sitte, Brauch<br />
Moral := Alle in einer Gemeinschaft als gültig angesehenen Normen und Werte, die von der<br />
Gesellschaft erwünschtes Handeln nach sich ziehen. Es kann sich dabei auch um<br />
unausgesprochene Werte und Normen handeln.<br />
Moral ist zu unterscheiden von der Konvention und dem Gesetz:<br />
Konvention := Vereinbarung, die nicht an sich gut sein muss, aber nützlich ist. z.B.:<br />
Technische Normen, Verkehrsregeln, Tischsitten;<br />
Gesetz := Schriftlich fixierte Bestimmung; Bei Zuwiderhandeln erfolgen Sanktionen.<br />
Wichtig: Moral und Gesetz sind nicht das Gleiche; Es gibt gesetzlich erlaubte Handlungen,<br />
welche nicht moralisch sind und umgekehrt. Überlege selbst einige Beispiele !<br />
<strong>Ethik</strong> := überprüft die Begründbarkeit moralischer Normen und Wertungen. Es wird<br />
versucht, die Moral auf oberste grundlegende Werte und Regeln zurückzuführen.<br />
Wichtig: Sätze der <strong>Ethik</strong> sind präskriptiv ( wertend, auffordernd, gebietend, befehlend)<br />
im Gegensatz zu den Sätzen der Naturwissenschaften. Diese sind deskriptiv<br />
(beschreibend). Deskriptive Sätze sind wahr oder falsch. Präskriptive Sätze sind<br />
gültig oder ungültig. Es sind jedoch nicht alle präskriptiven Sätze Sätze der <strong>Ethik</strong>.<br />
z.B. gibt es auch ästhetische Werte oder technische Normen, welche für die <strong>Ethik</strong><br />
bzw. Moral nicht relevant sind.<br />
Norm := Anordnung, die Menschen zu einer Handlung auffordert (Gebot), verbietet (Verbot)<br />
oder ihnen eine Handlung freistellt (Erlaubnis);<br />
Wert := Verinnerlichte und akzeptierte Vorstellung von etwas, das gewünscht, erstrebt,<br />
anerkannt oder verehrt wird; Oder auch das angestrebte Ziel einer Handlung;<br />
Übersicht:<br />
Aussagen<br />
deskriptiv<br />
präskriptiv<br />
außermoralisch<br />
moralisch<br />
Normen<br />
Werte Normen Werte
2. Grundannahmen der <strong>Ethik</strong>:<br />
a. Willensfreiheit:<br />
Das Handeln des Menschen ist weder durch eine metaphysische Instanz noch durch<br />
geschichtsimmanente Notwendigkeit, biologische Programme (Instinkte) oder durch<br />
gesellschaftliche Verhältnisse vollständig gesteuert.<br />
Erst diese Annahme ermöglicht erst die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit moralischer Sätze.<br />
⇒ Maschinen handeln nicht unmoralisch !<br />
• Argument dafür: (Indeterminismus)<br />
Kant: Der Mensch ist von Vergangenheit bestimmt, doch im „Wollen“ ist er der<br />
naturbedingten Abhängigkeit enthoben. z.B.: Ein Lebensretter handelt nach dem Gesetz:<br />
„Du sollst Leben retten!“. Dieses Gesetz ist kein Naturgesetz und widerspricht auch<br />
keinem Naturgesetz. Diese Fähigkeit des Menschen, über den wahrnehmbaren<br />
Naturablauf hinaus zu gehen nennt Kant den intelligiblen Charakter des Menschen.<br />
Zitate: „Was du sollst kannst du !“ „Gründe sind Kräfte.“<br />
• Argument dagegen: (Determinismus)<br />
Hobbes: Der Mensch ist ein Automat, dem das Ziel einprogrammiert ist.<br />
Er vertritt einen Materialismus, der die Willensfreiheit ablehnt. In einer materiellen Welt<br />
funktioniert alles mechanistisch. Es gibt keinen Platz für die Willensfreiheit.<br />
b. Menschen bedürfen gleichartiger Normen:<br />
Genauer: Die Menschen bedürfen gleichartiger Normen und sind auch fähig, sie zu erkennen<br />
und zu begründen.<br />
Kritik:<br />
Ethischer Relativismus:<br />
Menschen sind von gesellschaftlichen, rassischen, geographischen, ökonomischen, sozialen<br />
und kulturellen Faktoren so sehr bestimmt, dass sie nicht gleichartig sind. Daher bedürfen sie<br />
auch unterschiedlicher „Moralen“. Es gibt nicht die allgemeingültige Moral bzw. <strong>Ethik</strong>.<br />
Skeptizismus:<br />
Menschliche Vernunft ist unfähig, zu allgemeinen Erkenntnissen über die Moral zu gelangen,<br />
oder sie kann diese Erkenntnis nicht begründen.<br />
Moralische Urteile können nicht wahr oder falsch sein, da man ihre Richtigkeit nicht<br />
empirisch überprüfen kann.<br />
Moralische Urteile bringen lediglich die individuellen Gefühle und Einstellungen zum<br />
Ausdruck. Die Äußerung moralischer Urteile hat lediglich den Zweck, den Hörer zur<br />
Übernahme der eigenen Meinung zu bewegen. Die allgemeine Form moralischer Urteile soll<br />
der Aussage mehr Gewicht verleihen.<br />
Diese Sichtweise der Moral ist vor allem im angelsächsischen Raum sehr verbreitet. Ein<br />
Vertreter ist z.B. Bertrand Russell.<br />
Zitat Oskar Wilde: „Moral ist einfach die Haltung, die wir gegen Leute einnehmen, von denen<br />
wir persönlich nicht erbaut sind.“<br />
Resümee: Obwohl die genannten Gegenargumente überzeugend wirken, kann man als<br />
Gemeinschaftswesen nicht darauf verzichten, moralische Aussagen auszutauschen.<br />
Wenngleich moralische Urteile nicht empirisch überprüfbar sind, so kann man doch<br />
Qualitätskriterien für sie erstellen. Zum Beispiel können sie auf Widerspruchsfreiheit<br />
untersucht werden.
3. Kants kategorischer Imperativ:<br />
Kant vertritt eine sogenannte Gesinnungsethik oder auch deontologische <strong>Ethik</strong>.<br />
(gr.: Deon := Pflicht).<br />
Er geht davon aus, dass es einen gültigen Maßstab für gutes und schlechtes Handeln gibt. Es<br />
ist unsere Pflicht diesem Maßstab zu folgen. (Daher deontologische <strong>Ethik</strong>)<br />
Der Mensch ist fähig diesen Maßstab zu erkennen, und nach ihm zu handeln. (Siehe<br />
„Grundannahmen der <strong>Ethik</strong>“ ⇒ intelligibler Charakter des Menschen)<br />
Kant sucht also ein allgemeingültiges Gesetz. Er unterscheidet hypothetische Imperative von<br />
kategorischen Imperativen.<br />
Ein hypothetischer Imperativ ist z.B.: „Wenn du ein guter Klavierspieler werden willst<br />
musst du täglich üben !“ Er sagt also aus, was man tun muss um etwas bestimmtes zu<br />
erreichen. Charakteristisch ist die „Wenn ...dann“-Form.<br />
Ein kategorischer Imperativ ist ein Gebot das ohne Voraussetzungen gilt, also ungeachtet<br />
dessen, was man erreichen möchte.<br />
Die Sätze der Moral können sich nur auf einen kategorischen Imperativ stützen, da sonst ihre<br />
Gültigkeit eingeschränkt wäre. Moralische Sätze sollen uneingeschränkt und immer gelten.<br />
Eine moralische Bewertung von Handlungen darf laut Kant nicht:<br />
• von der Erreichung eines Zwecks abhängig sein, da die Tat an sich gut sein soll;<br />
• von den Folgen der Handlung abhängen, da diese oft durch Zufall unterschiedlich<br />
ausfallen. Daher soll man die Gesinnung beurteilen (Gesinnungsethik).<br />
• von der Neigung des Handelnden abhängen, da sich Neigungen oft ändern können;<br />
• von der Erfahrung abhängen, da diese auch dem Zufall unterliegt; So gibt es, wie Kant<br />
sagt, Diebe mit guten Erfahrungen.<br />
Alle diese Argumente richten sich eindeutig gegen die teleologische Moralbegründung.<br />
Aus diesen Überlegungen heraus formuliert Kant seinen<br />
kategorischen Imperativ (Formel 1):<br />
Handle nur nach derjenigen Maxime, von der du zugleich wollen kannst, dass sie ein<br />
allgemeines Gesetz werde.<br />
Zur Erklärung: Eine Maxime ist ein oberster Grundsatz, der einer Handlung zugrunde liegt.<br />
Bevor man also eine Handlung setzt muss man:<br />
• Die Maxime ermitteln, welche der Handlung zugrunde liegt<br />
• Ihre Verallgemeinerung formulieren<br />
• Überprüfen, ob dies zu Widersprüchen führt<br />
Beispiele siehe Lehrbuch !<br />
Wichtig: kategorischer Imperativ ≠ goldene Regel<br />
Zu einer anderen Formulierung des kategorischen Imperativs gelangt Kant durch folgende<br />
Überlegung: Der hypothetische Imperativ lautet: Wenn ich den Zweck A erreichen will muss<br />
ich das Mittel B anwenden. Alle materialen Zwecke sind relativ. Sie sind keine Zwecke an<br />
sich. Kant behauptet, dass der einzige Zweck an sich der Mensch ist.<br />
Kategorischer Imperativ (Formel 3):<br />
Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als auch in der Person<br />
eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest.<br />
Damit stellt Kant den Menschen in den Mittelpunkt seiner <strong>Ethik</strong>.<br />
Das höchste Ziel ist die fremde Glückseligkeit und die eigene Vollkommenheit.