20.01.2014 Aufrufe

Gewalt in der Heimerziehung der Nachkriegszeit

Gewalt in der Heimerziehung der Nachkriegszeit

Gewalt in der Heimerziehung der Nachkriegszeit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Gewalt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Heimerziehung</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Nachkriegszeit</strong><br />

Ergebnisse <strong>der</strong> Studie zur Heimgeschichte<br />

<strong>der</strong> Gustav Werner Stiftung zum Bru<strong>der</strong>haus<br />

und <strong>der</strong> Haus am Berg gGmbH<br />

zwischen 1945 und 1970<br />

Dr. Sylvelyn Hähner-Rombach, Institut für Geschichte <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>, Robert-Bosch-Stiftung<br />

Ra<strong>in</strong>er Kluza, Projektleitung, Bru<strong>der</strong>hausDiakonie


Ausgangssituation<br />

• Berichte und öffentliche Diskussion über eklatante Missstände<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Heimerziehung</strong> <strong>der</strong> 1950er/60er Jahre<br />

• Beschwerde e<strong>in</strong>es ehemaligen Heimk<strong>in</strong>des <strong>der</strong> GWS über damals<br />

erlittene Schläge, repressive Erziehungsmaßnahmen und<br />

Zwang zu unangemessen harter (Feld-)Arbeit (2008)<br />

• Run<strong>der</strong> Tisch <strong>Heimerziehung</strong> auf Bundesebene (2009)<br />

• Run<strong>der</strong> Tisch Sexueller K<strong>in</strong>desmissbrauch (2010)<br />

• GWS und HaB <strong>in</strong> den 50er/60er Jahren Träger von<br />

ca. 20 - 25 E<strong>in</strong>richtungen <strong>in</strong> BaWü<br />

• Damalige Situation <strong>in</strong>tern bislang nicht systematisch<br />

untersucht und dokumentiert<br />

2


Projektauftrag und -ziele<br />

• Beschreibung und Würdigung <strong>der</strong> damaligen Lebenssituation von<br />

Bewohnern/Bewohner<strong>in</strong>nen unserer Heime <strong>der</strong> Jugendhilfe und<br />

Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>tenhilfe/Psychiatrie unter Beauftragung e<strong>in</strong>er externen<br />

historischen Expertise und Berufung e<strong>in</strong>er Projektgruppe<br />

• Aktive Aneignung dieses bislang eher unreflektierten Teils unserer<br />

Geschichte<br />

• Anerkennung des <strong>in</strong>dividuellen Schicksals <strong>der</strong> damals betreuten<br />

Menschen<br />

• Herausarbeitung damaliger problemträchtiger Strukturen und<br />

Mechanismen<br />

• Erkenntnisse für heutige und künftige Präventionsstrategien<br />

3


Anlage <strong>der</strong> Studie<br />

• Projektdauer: 06/2010 – 10/2012<br />

• Exemplarische Fokussierung auf 3 E<strong>in</strong>richtungen:<br />

Loßburg/Rodt – Altes K<strong>in</strong><strong>der</strong>haus u. Oberl<strong>in</strong>heim RT – Buttenhausen<br />

• Multiperspektivischer Ansatz<br />

– Archivrecherche <strong>in</strong> BD- und externen Archiven<br />

– Leitfadengestützte Zeitzeugen<strong>in</strong>terviews mit damaligen<br />

Bewohner/<strong>in</strong>nen, Mitarbeitenden und Leitungsverantwortlichen<br />

(45 Personen befragt: 20 Bewohner/<strong>in</strong>nen, 20 Mitarbeitende,<br />

5 Leitungsverantwortliche)<br />

– Historisierung / Kontextualisierung<br />

(zeitgenössische päd. Diskussion und Praxis, Gesetzeslagen,<br />

f<strong>in</strong>anz. Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, Qualifizierung und Personalschlüssel …)<br />

• Ansprechpartner/Beschwerdestelle für ehemalige Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

Individuelle Bearbeitung von Anfragen und Beschwerden<br />

4


Rahmenbed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> <strong>Heimerziehung</strong><br />

<strong>in</strong> den 1950er/60er Jahren<br />

• Äußere Bed<strong>in</strong>gungen<br />

‣ Ausgangslage <strong>der</strong> <strong>Nachkriegszeit</strong>: Sanierungsstau, Kriegszerstörungen, Mangelwirtschaft.<br />

Zugleich Steigerung des Bedarfs an Heimplätzen; Personalmangel<br />

‣ Staatliche Akteure (Gesetzgeber, e<strong>in</strong>weisende Behörden, Kostenträger):<br />

Vernachlässigung ihrer Verantwortlichkeiten<br />

‣ Pädagogische Praxis: Anpassung, Diszipl<strong>in</strong>ierung, Strafen, Arbeit<br />

‣ F<strong>in</strong>anzierung: Wie<strong>der</strong>aufbau des Landes Priorität, nicht kostendeckende Tagessätze<br />

→ Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung von Reformen<br />

• Innere Strukturen<br />

‣ Tradition: Gustav Werner: Bildung, Zugehörigkeit, Mitarbeit<br />

‣ Strukturen: dezentraler Aufbau <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtungen, e<strong>in</strong>e Zentrale<br />

‣ Innovationen: Anstellung leitendes Personals <strong>in</strong> führenden Positionen; Beobachtungsstation<br />

‣ F<strong>in</strong>anzen: Pflegegel<strong>der</strong>, Landwirtschaft, Spenden, Bru<strong>der</strong>haus-Fabriken<br />

• Weitere E<strong>in</strong>flüsse<br />

‣ Landesverband <strong>der</strong> Inneren Mission: f<strong>in</strong>anzielle, fachliche, juristische Beratung und<br />

Hilfestellung; Kontrolle<br />

‣ Heimerzieherschule: Reformansätze; qualifiziertes, selbstbewusstes Personal<br />

5


Tagessätze <strong>in</strong> E<strong>in</strong>richtungen <strong>der</strong> Gustav Werner<br />

Stiftung zwischen 1946 und 1967<br />

Jahr<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>, Schulk<strong>in</strong><strong>der</strong> und Bemerkungen<br />

Jugendliche<br />

1946 K<strong>in</strong><strong>der</strong>: 1,20 RM<br />

Hilfsschüler: 1,80 RM<br />

Klei<strong>der</strong>, Schuhe und Wäsche<br />

<strong>in</strong>begriffen<br />

1948 zw. 1,30 DM und 1,50 DM Bekleidung e<strong>in</strong>geschlossen<br />

1950 zw. 1,50 DM und 1,95 DM plus Monatspauschale für<br />

Krankheitskosten von 2,50 DM<br />

1951 zw. 1,55 DM und 2,80 DM mittlerer Tagessatz 2,30 DM<br />

Ab 1.1.1952 zw. 2,20 DM und 3,00 DM Satz gestaffelt nach Alter <strong>der</strong><br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen<br />

Ab 1.7.1952 zw. 3,00 DM und 3,50 DM Satz gestaffelt nach Alter <strong>der</strong><br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen<br />

Bis 30.4.1955 zw. 3,20 DM und 3,65 DM Satz gestaffelt nach Alter <strong>der</strong><br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen<br />

Ab 1.5.1955 zw. 3,55 DM und 4,00 DM Satz gestaffelt nach Alter <strong>der</strong><br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen<br />

Ab 1.1.1957 zw. 3,95 DM und 4,75 DM Satz gestaffelt nach Alter <strong>der</strong><br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen<br />

1958 5,60 DM Satz des Oberl<strong>in</strong>-Heims<br />

1959 5,85 DM Satz des Oberl<strong>in</strong>-Heims<br />

1961 6,55 DM Satz des Oberl<strong>in</strong>-Heims<br />

1962 6,40 DM Satz von Loßburg<br />

1962 9,35 DM Satz des Oberl<strong>in</strong>-Heims<br />

1967 Pflegl<strong>in</strong>ge: zw. 8,70 und<br />

10,50 DM<br />

Loßburg: 13,60 DM<br />

Oberl<strong>in</strong>-Heim: 14,20 DM<br />

Sätze galten bis September<br />

6


Er<strong>in</strong>nerungen ehemaliger Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

• Bandbreite <strong>der</strong> Erfahrungen<br />

‣ negative (körperliche und demütigende Strafen) und positive Er<strong>in</strong>nerungen<br />

‣ aber: ke<strong>in</strong>e systematische <strong>Gewalt</strong>, dennoch Klima <strong>der</strong> Angst<br />

• Häufigkeit und Heftigkeit von Strafen: abhängig von E<strong>in</strong>richtung,<br />

Zeitumständen und Personal<br />

• Stigmatisierung und „Ghettoisierung“<br />

• Positive Erfahrungen: Fürsorge, Zuwendung, Hilfestellung<br />

• Form <strong>der</strong> Kritik: konkret und doch differenzierend<br />

• Nach dem Heim:<br />

‣ erneute „Fremde“<br />

‣ Weiterbestehen <strong>der</strong> Stigmatisierung, zum Teil auch <strong>der</strong> Traumatisierung<br />

‣ aber auch erfolgreiches, zufriedenes Leben<br />

7


Er<strong>in</strong>nerungen ehemaliger Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

<strong>Gewalt</strong><br />

„Die Prügelei war wirklich negativ, das war die Hölle. Es verg<strong>in</strong>g<br />

ja ke<strong>in</strong> Tag, an dem nicht geschlagen o<strong>der</strong> geprügelt wurde.“<br />

Angst<br />

(Herr Brenner, 1948-1954, Loßburg)<br />

„Die Angst war immer im Nacken, war immer da […]. Du bist im<br />

Grunde genommen mit tief geneigtem Kopf an jedem<br />

vorbeigeschlittert, ‚hoffentlich kommt nichts‘, so ungefähr.“<br />

(Herr Völler, 1950-1955, Loßburg)<br />

8


Er<strong>in</strong>nerungen ehemaliger Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

Es gab<br />

„schon des Öfteren mal ‚den Ranzen voll‘. Die Erzieher<strong>in</strong> hatte<br />

große Freude an ihren Haselnussstecken – die mussten wir<br />

sogar noch holen. Ich b<strong>in</strong> relativ glimpflich davongekommen.<br />

Eigentlich gab es immer Gründe, Jugendliche s<strong>in</strong>d ja ke<strong>in</strong>e<br />

Pastoren, aber man hätte es auch an<strong>der</strong>s regeln können, so,<br />

wie man es heute macht. So hat sich halt e<strong>in</strong> Hass entwickelt.“<br />

(Herr Brenner, 1948-1954, Loßburg)<br />

9


Er<strong>in</strong>nerungen ehemaliger Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

„Ja, ich habe das e<strong>in</strong>mal erlebt, das war dann typisch Jäger, e<strong>in</strong><br />

Arm war ja kaputt geschossen, <strong>der</strong> war ja bloß noch so dünn,<br />

da hat er immer so e<strong>in</strong>e Le<strong>der</strong>manschette dran gehabt, das war<br />

am rechten Arm, aber die Kraft, die ihm da gefehlt hat, die hat<br />

er dann im l<strong>in</strong>ken Arm gehabt. Ich weiß noch, da hat er mal<br />

e<strong>in</strong>en an <strong>der</strong> Wand hochgeschoben mit se<strong>in</strong>er l<strong>in</strong>ken Hand, <strong>der</strong><br />

hat sich dann e<strong>in</strong>genässt vor lauter Angst, da g<strong>in</strong>g es dann ganz<br />

massiv zur Sache, also da hat sich auch ke<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er mehr<br />

getraut, irgendwie was zu machen, also da g<strong>in</strong>g es dann schon<br />

mit E<strong>in</strong>schüchterungen ganz massiv zur Sache.“<br />

(Herr Schuhmacher, 1964-1973, Loßburg)<br />

10


Er<strong>in</strong>nerungen ehemaliger Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

„Also mit Schlägen haben die Erzieher und Erzieher<strong>in</strong>nen nicht<br />

gespart. Auch die Lehrer nicht. Herr Letzas zum Beispiel, wenn<br />

da e<strong>in</strong>er nicht gut tat? E<strong>in</strong>mal hat er e<strong>in</strong>en Paul mit dem<br />

Stecken durch das ganze Klassenzimmer geschlagen. Der<br />

Stecken war bestimmt 2 cm dick, den er immer benutzte. Das<br />

hat so richtig wehgetan. Wenn e<strong>in</strong>er mal <strong>in</strong> <strong>der</strong> Klasse vorreiten<br />

musste, dann hat dieser drei Stockhiebe bekommen, aber was<br />

für gewaltige. Danach war <strong>der</strong> H<strong>in</strong>tern durch die drei Schläge<br />

richtig blau. Ich hab dies auch oft genug erlebt. Auch die<br />

Lehrer<strong>in</strong>, Frau D., hat immer sehr draufgeschlagen. […] Ich<br />

denke, es war eher Überfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Erzieher, wenn die e<strong>in</strong><br />

K<strong>in</strong>d geschnappt hatten, öffentlich vor uns auszogen und sehr<br />

mit dem Stecken o<strong>der</strong> Handfeger schlugen. Nicht nur zwei o<strong>der</strong><br />

sechs Schläge, son<strong>der</strong>n das g<strong>in</strong>g dann richtig ab.“<br />

(Herr Ziegler, 1957-1962, Loßburg)<br />

11


Er<strong>in</strong>nerungen ehemaliger Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

Positive Erfahrungen<br />

„Da muss ich sagen, es gab viele positive Er<strong>in</strong>nerungen. Wir haben<br />

zum Beispiel im Wald zusammen Heidelbeeren geholt; das war e<strong>in</strong>e<br />

wun<strong>der</strong>schöne Zeit, das war so e<strong>in</strong>e Harmonie. Wir haben<br />

mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> viel Musik gemacht. Ich konnte gut Harmonika spielen,<br />

wir haben es gelernt, und heute b<strong>in</strong> ich im Mundharmonika-Club –<br />

aufgrund dessen.“<br />

(Herr Brenner, 1948-1954, Loßburg)<br />

„[A]lso ich f<strong>in</strong>de nichts Negatives für mich. Und positiv war eigentlich<br />

alles. Ich war zufrieden mit allem, es war alles o. k. Ich habe gerne<br />

gearbeitet, selbst wenn die an<strong>der</strong>en mal gebruddelt haben, wenn wir<br />

haben um halb vier aufstehen müssen und Erdbeeren zupfen. Das<br />

vergesse ich ja nicht, das Erdbeerenzupfen, und <strong>der</strong> Vater hat es<br />

körbchenweise mit dem Motorrad nach Freudenstadt auf den Markt<br />

gefahren. Ich habe gedacht, manch an<strong>der</strong>er würde da jetzt e<strong>in</strong> Hallo<br />

daraus machen, ja, so bald.“<br />

(Frau Schuster, 1950-1952, Loßburg)<br />

12


Er<strong>in</strong>nerungen ehemaliger Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

Bewertung im Blick zurück<br />

“Also eher negativ, ganz ehrlich, es war die schlimmste Zeit<br />

me<strong>in</strong>es Lebens, egal wie es mir auch nachher gegangen ist, und<br />

was jetzt noch alles passiert und passiert ist bis jetzt, ich sehe<br />

mich um viele Chancen betrogen, ich b<strong>in</strong> aber niemandem böse<br />

deshalb, also die Situation ist, wie sie ist, und zwar von <strong>der</strong> Zeit<br />

her, da war es auch, glaube ich, damals, dass sich viele Leute<br />

angestrengt haben und bemüht haben, aus <strong>der</strong> Situation, die<br />

da war, das Beste zu machen.“<br />

(Herr Schumacher, 1964-1973, Loßburg)<br />

13


Er<strong>in</strong>nerungen ehemaliger Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen<br />

• Arbeits- (und Lebens)bed<strong>in</strong>gungen<br />

‣ ke<strong>in</strong>e Trennung zwischen Arbeit und Privatleben<br />

‣ Dauerbelastung<br />

‣ Ständige Präsenz, Vor- und Nachteile<br />

‣ Stellung <strong>der</strong> Hausväter<br />

• Stellenwert Ausbildung<br />

‣ Fehlende Ausbildung: Problem<br />

‣ Berufliches Selbstbewusstse<strong>in</strong> mit Ausbildung<br />

‣ Spannungen zwischen Ausgebildeten und Nicht-Ausgebildeten<br />

• Motivation<br />

‣ Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

‣ Geme<strong>in</strong>sames Werk<br />

‣ Hohe Verantwortung<br />

‣ Großer Gestaltungsspielraum<br />

• Kritik und Blick zurück<br />

‣ E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

‣ Wenig Kritik „denkbar“<br />

‣ Än<strong>der</strong>ungen vor allem seit Anfang <strong>der</strong> 1970er Jahre<br />

14


Er<strong>in</strong>nerungen ehemaliger Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen<br />

Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

„Die waren für 12 K<strong>in</strong><strong>der</strong> zuständig für 24 Stunden am Tag, für<br />

sieben Tage die Woche. Da gab es <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>ne ke<strong>in</strong>e<br />

Vertretung, und die mussten sich das teilen, das heißt, wer da<br />

war, musste ran.“<br />

(Frau Sänger, 1963-1968, Oberl<strong>in</strong>heim RT)<br />

15


Er<strong>in</strong>nerungen ehemaliger Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen<br />

Ausbildung<br />

„Ich b<strong>in</strong> erst aus mir herausgekommen nach <strong>der</strong> Ausbildung. Da<br />

habe ich gemerkt, ich b<strong>in</strong> jetzt jemand, ich habe jetzt e<strong>in</strong>en<br />

Beruf, nachdem ich lang, lang unterwegs war, und jetzt sage ich<br />

auch me<strong>in</strong>e Sache.“<br />

(Frau Bäcker, 1959-1963, Oberl<strong>in</strong>heim RT)<br />

16


Er<strong>in</strong>nerungen ehemaliger Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen<br />

Motivation<br />

„Dieses für das Ganze zuständig se<strong>in</strong>, also die Verantwortung<br />

haben, aber eben auch ausüben können von morgens bis<br />

abends, das ist nicht nur Stress, son<strong>der</strong>n br<strong>in</strong>gt ja auch was.“<br />

(Frau Sänger, 1963-1968, Oberl<strong>in</strong>heim RT)<br />

17


Fazit<br />

• Grenzen <strong>der</strong> Untersuchung<br />

‣ Ke<strong>in</strong>e Repräsentativität<br />

‣ Ausmaß <strong>der</strong> <strong>Gewalt</strong> nicht abzuschätzen<br />

wie auch das an positiven Erfahrungen<br />

• Spektrum <strong>der</strong> Vorkommnisse<br />

‣ Ähnlich dem, das beim Runden Tisch zur Sprache kam<br />

‣ aber weniger stark ausgeprägt (<strong>Gewalt</strong>-Folgeschäden)<br />

• Leitungsverantwortung<br />

‣ Vorstand und Aufsichtsrat: Pflichtversäumnisse<br />

• Staatliche Verantwortung<br />

‣ Fehlende Kontrolle <strong>der</strong> Heime<br />

‣ Ke<strong>in</strong> Ansprechpartner für die K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

‣ Fehlendes Interesse an den Heimk<strong>in</strong><strong>der</strong>n und am Personal<br />

‣ Priorität Kostenersparnis<br />

18


Historie o<strong>der</strong> Aktualität ?<br />

• Heutige fachliche, gesetzliche, organisatorische und<br />

wirtschaftliche Rahmenbed<strong>in</strong>gungen mit denen <strong>der</strong><br />

50er/60er Jahre nicht vergleichbar.<br />

Aber:<br />

• Machtmissbrauch und Grenzverletzungen <strong>in</strong><br />

Abhängigkeitsbeziehungen nicht nur historische Themen!!<br />

19


Lehren für heute und morgen<br />

• Empowerment – Stärkung <strong>der</strong> Subjekt-Rolle und Selbstbestimmung<br />

<strong>der</strong> Leistungsberechtigten im Hilfe-/Assistenzprozess<br />

‣ Personenzentrierte Ausgestaltung <strong>der</strong> Hilfe-/Assistenzprozesse an <strong>in</strong>dividuellen<br />

Bedarfen und Bedürfnissen – maßgeschnei<strong>der</strong>te Hilfe<br />

‣ Stärkung geeigneter Partizipationsformen – <strong>in</strong>dividuell und strukturell<br />

• BD-Rahmenkonzept <strong>Gewalt</strong>prävention für alle Hilfefel<strong>der</strong><br />

‣ Achtsamkeit und Reflexionskultur für Fragen <strong>der</strong> Beziehungsgestaltung unter<br />

Verhältnissen von Abhängigkeit<br />

‣ Konsequente Nutzung gewaltpräventiver Maßnahmen<br />

‣ Klare Regelungen zum Umgang mit <strong>Gewalt</strong>ereignissen<br />

‣ Vertrauenspersonen und nie<strong>der</strong>schwellige Beschwerdemöglichkeiten –<br />

<strong>in</strong>tern und extern<br />

• Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

‣ MA-Qualifikation und MA-Begleitung – Zeit – Ressourcen – Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

‣ Offene Systeme – Transparenz und öffentliche Kontrolle<br />

‣ Gesellschaftliche Wertigkeit von Erziehung und sozialer Arbeit<br />

20


Sylvelyn Hähner-Rombach<br />

„Das ist jetzt das erste Mal,<br />

dass ich darüber rede …“<br />

Zur Heimgeschichte <strong>der</strong> Gustav Werner Stiftung zum<br />

Bru<strong>der</strong>haus und <strong>der</strong> Haus am Berg gGmbH 1945-1970<br />

Mabuse-Verlag 2013<br />

ISBN: 978-3-86321-154-7<br />

24,90 €

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!