Betriebliches Gesundheitsmanagement
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OLIVER BARTELS<br />
DR. KERSTIN WUNDSAM
GESUNDE FÜHRUNG BEGINNT IM KOPF<br />
DER FÜHRUNGSKRAFT<br />
ORGANISATIONS- UND FÜHRUNGSBERATUNG<br />
BETRIEBLICHES GESUNDHEITSMANAGEMENT<br />
2<br />
Organisations- und Führungsberatung
OLIVER BARTELS<br />
DR. KERSTIN WUNDSAM<br />
INHALT<br />
1. Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz: Einführende Gedanken .................................. 5 <br />
2. Gefährdungsbeurteilungen bei psychischen Erkrankungen ............................................ 6 <br />
3. Gefährdungsbeurteilung Psychische Belastungen Verfahren zur Analyse und<br />
Beurteilung (Beispiele) ......................................................................................................... 9 <br />
3.1 Kurz-Fragebogen zur Arbeitsanalyse (KFZA) .................................................................................... 9 <br />
3.2 Copenhagen Psychosocial Questionnaire „Copsoq“ ..................................................................... 12 <br />
3.3 Verfahren B.A.D. .................................................................................................................................. 13 <br />
4. Unsere Empfehlung ............................................................................................................. 16 <br />
5. <strong>Betriebliches</strong> <strong>Gesundheitsmanagement</strong> BGM BGM braucht Strategie. Gesund UND<br />
erfolgreich! ............................................................................................................................ 17 <br />
6. Ihre Berater ........................................................................................................................... 22 <br />
<strong>Betriebliches</strong> <strong>Gesundheitsmanagement</strong> 3
4<br />
Organisations- und Führungsberatung
OLIVER BARTELS<br />
DR. KERSTIN WUNDSAM<br />
1. PSYCHISCHE GESUNDHEIT AM ARBEITSPLATZ:<br />
EINFÜHRENDE GEDANKEN<br />
Ob Depression , Alkoholkrankheit, Burn-out, Essverhaltensstörungen, suizidale Krise oder wie<br />
man früher gern sagte: „Nervenzusammenbruch“. Egal, um welche seelische Belastung oder<br />
Erkrankung es geht, sie ist in höchstem Maße individuell und kann an jedem Arbeitsplatz und<br />
zu jeder Zeit auftreten.<br />
Psychische Probleme oder einer seelische Belastungssituation ist stets ein Zusammenspiel,<br />
eine Wechselwirkung aus folgenden vier Feldern (sog. multifaktorielle Ursache):<br />
! Individuelle Disposition (Genetik)<br />
! Aktuelles privates Umfeld/Stress (Familie)<br />
! Traumatisierende Ereignisse (individuelle Erfahrungen)<br />
! Arbeitsumfeld/Aufgabe/Arbeitsstress/etc. (Organisation)<br />
Da wir im Arbeitskontext nie genau sagen können, in welcher Situation sich ein Mitarbeiter befindet,<br />
gibt es nur zwei zentrale Maßnahmen, die ein Unternehmen vorsorglich treffen kann, um<br />
gerüstet zu sein:<br />
! (Verhältnis-)Prävention inklusive Beurteilung von Gefährdungen<br />
! Entscheidung für den Umgang mit „Verdachtsfällen“ und „Vorfällen“<br />
Unserer Überzeugung nach, passiert Vorsorge nicht in Workshops oder Seminaren. Einzig und<br />
allein eine entsprechende Unternehmenskultur und ein passendes Führungsverhalten können<br />
einen Beitrag zum Schutz vor psychischen Erkrankungen liefern.<br />
Und doch: Es liegt zwar in der Hand der jeweiligen Organisation einen wesentlichen Beitrag zu<br />
liefern, aber in letzter Konsequenz kann eine psychische Krankheit nicht immer verhindert werden.<br />
Somit braucht eine Organisation auch vorgedachte Wege und Maßnahmen für den Umgang<br />
mit psychisch Erkrankten oder etwaigen „Verdachtsfällen“.<br />
Weiterhin ist die multifaktorielle Ursächlichkeit psychischer Krankheiten ein Umstand, der beim<br />
Umgang mit psychischen Krankheiten in Unternehmen unbedingt von Anfang im Blick behalten<br />
werden sollte. Andernfalls besteht die Gefahr, dass mit dem ersten Auftreten eines Erkrankungsfalles<br />
die gesamte Implementierung vorausgegangener Maßnahmen als unwirksam, obsolet<br />
o.ä. erachtet wird.<br />
! Gesundheit als Investition in die Zukunft.<br />
! Gesundheit als Wert im gesamten Unternehmen.<br />
! Gesundheit als Wettbewerbsvorteil.<br />
<strong>Betriebliches</strong> <strong>Gesundheitsmanagement</strong> 5
2. GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNGEN BEI PSYCHISCHEN<br />
ERKRANKUNGEN<br />
Psychische Belastungen entziehen sich einer einfachen Messbarkeit. Es liegen keine normierten<br />
Grenzwerte vor und es existieren keine linearen Ursache-Wirkungs-Ketten. Bei diesen Erkrankungsbildern<br />
liegen komplexe Verknüpfungen vor, deren Interpretationen fachübergreifendes<br />
Know-How erfordern.<br />
Da eine Gefährdungsbeurteilung nach §§ 5 und 6 des ArbSchG die rechtlich verbindliche, diagnostische<br />
Grundlage für alle „Maßnahmen des Arbeitsschutzes“ (§ 2 ArbSchG) ist, liegt die<br />
Notwendigkeit einer Gefährdungsanalyse auch bei psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz<br />
vor. Der Gesetzgeber bestimmt jedoch nicht, wie der Beanspruchungsgrad gemessen werden<br />
soll.<br />
Hierfür gibt es viele verschiedene Analyseverfahren mit unterschiedlicher Methodik.<br />
Alle Ansätze sehen sich denselben Herausforderungen gegenübergestellt:<br />
! Jede Analyse im Bereich „psychische Belastungen“ und/oder „psychische<br />
Beanspruchungen“ haben einen beträchtlichen Einfluss auf die Organisation.<br />
! Weiter sollten sich die Kosten für die Analyse im Rahmen halten, da eine<br />
Analyse alleine noch keine gesundheitsfördernde Bedeutung hat oder damit<br />
hilfreiche Interventionen für das Unternehmen umgesetzt worden wären.<br />
! Ergebnisse einer Analyse sollten auch die Akzeptanz bei den Führungskräften<br />
und Mitarbeitern finden.<br />
Bei der Ermittlung psychischer Belastungen auf Grundlage des Arbeitsschutzgesetzes stehen<br />
belastende Arbeitsbedingungen im Vordergrund. Diese äußern sich in (gesundheitsrelevanten)<br />
psychischen Beanspruchungen und deren Folgen.<br />
HINTERGRUNDINFORMATION: BELASTUNGS-BEANSPRUCHUNGS-MODELL<br />
Quelle: Dr. Birgit Fritsche<br />
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Es ist wichtig, die Begriffe „Belastung“ und „Beanspruchung“ zu trennen. Die Umweltbedingungen<br />
und äußeren Rahmenbedingungen werden unter dem Begriff „Belastungen“ zusammengefasst.<br />
Diese können zu einem gewissen Maß von außen (sozusagen „objektiv“) gemessen werden.<br />
Anders sieht es mit den „Beanspruchungen“ aus. Diese sind personenspezifisch und<br />
hochindividuell (subjektiv) und können nicht gemessen werden. Ob sich ein Mensch wohl fühlt<br />
oder nicht, kann nur er alleine feststellen. Kausalzusammenhänge greifen nicht. (Die Aussage,<br />
„Wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind, dann fühlt sich ein Mensch am besagten<br />
Arbeitsplatz wohl.“ stimmt somit leider nicht.)<br />
Diese Gegebenheiten bei psychischen Belastungen sind die Basis, auf der über Analyseinstrumente<br />
entschieden werden muss. Es empfiehlt sich, nach einer quantitativen Messung (welche<br />
möglich ist), die Ergebnisse qualitativ zu interpretieren (beispielsweise in Auswertungsworkshops),<br />
um die erhobenen Daten unternehmensspezifisch auch sinnvoll für Maßnahmen<br />
nutzen zu können.<br />
Quantitative Messungen können sowohl einen verhaltenspräventiven als auch verhältnispräventiven<br />
Schwerpunkt verfolgen. Die Verhaltensprävention will die Vermeidung von gesundheitsgefährdendem<br />
Verhalten erzielen (sie fokussiert in der Analyse auf das Verhalten des Mitarbeiters).<br />
Die Verhältnisprävention dagegen befasst sich mit technischen, organisatorischen und<br />
sozialen Bedingungen des Umfeldes und der Umwelt sowie deren Auswirkung auf die Entstehung<br />
von Krankheiten (z.B. Auswirkungen von Stress).<br />
Prävention ist dann die Maßnahmenumsetzung: Mit zielgerichteten Aktivitäten wird versucht,<br />
eine gesundheitliche Schädigung zu verhindern, weniger wahrscheinlich zu machen oder zu<br />
verzögern.<br />
<strong>Betriebliches</strong> <strong>Gesundheitsmanagement</strong> 7
HINTERGRUNDINFORMATIONEN ZU ANALYSEPROZESSEN INNERHALB EINES<br />
UNTERNEHMENS<br />
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass jedes Analyseverfahren einen Einfluss auf den untersuchten<br />
Betrieb hat. Die dort tätigen Menschen sind Teil der Analyse und erwarten im Anschluss<br />
das Abstellen der herausgefundenen Gefährdungen und entsprechende Lösungsangebote.<br />
Beispiel: Die Frage „Hat der Schichtdienst einen negativen Einfluss auf Ihr Privatleben?“ kann<br />
nur mit einer Antwort beantwortet werden. Das beeinflusst den Fokus des Mitarbeiters, der diese<br />
Frage beantwortet und es kann Erwartungen in ihm wecken, was die Unternehmensführung<br />
nun mit seiner Antwort machen wird.<br />
Weiter kann es passieren, dass – umso länger und aufwendiger eine Analyse angelegt ist –<br />
Betriebsteile oder der gesamte Betrieb „pathologisiert“ werden. Die dort tätigen Menschen fühlen<br />
sich im ungünstigsten Fall nach einer Analyse in einer „krankmachenden“ Umgebung und<br />
interpretieren möglicherweise in der Folge eigene Befindlichkeiten anders. Unserer Erfahrung<br />
nach sollte deshalb bei psychischen Belastungen eine Gefährdungsanalyse kurz sein und überschaubar<br />
bleiben.<br />
Trotz dieser Risiken liegt in einer Gefährdungsbeurteilung die große Chance, arbeitsbedingte<br />
Störfaktoren und „Effizienzbremsen“ zu identifizieren und abzustellen. Sodass neben den Vorteilen<br />
der Gesunderhaltung für die Mitarbeiter auch betriebswirtschaftlicher Nutzen entsteht!<br />
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3. GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG PSYCHISCHE BELASTUNGEN<br />
VERFAHREN ZUR ANALYSE UND BEURTEILUNG<br />
(BEISPIELE)<br />
3.1 KURZ-FRAGEBOGEN ZUR ARBEITSANALYSE (KFZA)<br />
Der KFZA ist ein standardisiertes, quantitatives Verfahren der Verhältnisprävention, welches<br />
bereits langjährig in der betrieblichen Praxis im Einsatz ist.<br />
Der KFZA liefert Informationen über das Erleben der Arbeitssituation aus der Sichtweise der<br />
Beschäftigten.<br />
Der Fragebogen besteht aus 26 einzelnen Fragen (Items), die von den Befragten bewertet werden.<br />
Die 26 Fragen werden 11 Skalen zugeordnet.<br />
Die 11 Skalen beschreiben die wesentlichen 4 Themenfelder der Arbeitswelt: Arbeitsinhalte,<br />
Ressourcen, Stressoren und Organisationsklima.<br />
AUSWERTUNGSGRUNDLAGE:<br />
Unter folgenden Gesichtspunkten werden die Fragen des KFZA ausgewertet:<br />
Grundsätzlich wird die Ausprägung der beantworteten Frage (Item) zum aktuellen Zeitpunkt<br />
(IST-Zustand) durch 5 Antwortmöglichkeiten erfasst. Das Besondere daran ist, dass zusätzlich<br />
zum IST-Zustand die Befragten auch gebeten werden, auf einer zweiten Antwortskala die aus<br />
ihrer Sicht gewünschte Ausprägung der jeweiligen Frage (SOLL-Zustand) anzugeben.<br />
Die IST- und SOLL- Ergebnisse werden den jeweiligen Skalen zugeordnet, so dass eine Bewertung<br />
vorgenommen werden kann. Auf diese Weise wird deutlich, in welchen Skalen die Beschäftigten<br />
besonders großen Handlungsbedarf zur Veränderung ihrer Arbeitssituation sehen.<br />
<strong>Betriebliches</strong> <strong>Gesundheitsmanagement</strong> 9
MUSTERFRAGE ZUR VERDEUTLICHUNG DES ANTWORTSCHEMAS:<br />
Frage aus dem Themenfeld „Ressourcen“ (Skala „Zusammenarbeit“):<br />
„Ich kann mich während der Arbeit mit verschiedenen Kolleginnen und Kollegen über dienstliche<br />
und private Dinge unterhalten.“<br />
trifft<br />
gar nicht<br />
zu<br />
trifft<br />
wenig<br />
zu<br />
trifft<br />
mittelmäßig<br />
zu<br />
trifft<br />
überwiegend<br />
zu<br />
trifft<br />
völlig<br />
zu<br />
IST<br />
SOLL<br />
Je nachdem, welche Sicht man auf das Unternehmen haben möchte, kann man z.B. nach Abteilungen<br />
oder weiteren Merkmalen auswerten.<br />
Wichtig ist, vorab zu entscheiden welche Sicht sinnvoll erscheint. Die Auswertung kann zusätzlich<br />
auch Hinweise zu den übergeordneten Themenfeldern und Skalen liefern. Nachfolgend sind<br />
zwei Auswertungsbeispiele dargestellt<br />
BEISPIEL 1:<br />
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BEISPIEL 2:<br />
<strong>Betriebliches</strong> <strong>Gesundheitsmanagement</strong> 11
3.2 COPENHAGEN PSYCHOSOCIAL QUESTIONNAIRE „COPSOQ“<br />
Die deutsche Version des COPSOQ-Fragebogens ist ein inhaltlich sehr breites Screening-<br />
Instrument zur Erfassung psychischer Faktoren bei der Arbeit.<br />
Erhoben werden sowohl Belastungen als auch Beanspruchungen und Beschwerden.<br />
Der deutsche COPSOQ liegt als Langversion (30 Skalen, 141 Items) und als Standardversion<br />
(25 Skalen, 87 Items) vor.<br />
Bei Einsatz des COPSOQ können die Ergebnisse des teilnehmenden Betriebs mit berufsgruppenspezifischen<br />
Referenzdaten der zentralen Datenbank verglichen werden, was die Interpretation<br />
und die Ableitung von Maßnahmen erleichtern kann.<br />
Zudem können auch betriebsintern Untereinheiten verglichen werden wie z.B. Berufsgruppen,<br />
Abteilungen, etc.<br />
AUSWERTUNGSGRUNDLAGE<br />
Handlungsspielraum, Vielseitigkeit, Ganzheitlichkeit, Rückendeckung, Zusammenarbeit, Umgebungsbelastung,<br />
Information und Mitsprache, betriebliche Leistungen<br />
BEISPIEL:<br />
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3.3 VERFAHREN B.A.D.<br />
Das Tool ist ein quantitatives Verfahren zur Verhältnisprävention und zählt zu den orientierenden<br />
Analyseverfahren. Es wurde in Zusammenarbeit mit der Universität Wuppertal entwickelt.<br />
Beurteilt werden die Bereiche Arbeitsorganisation, Arbeitsinhalte, Führung und soziales Umfeld.<br />
Nach Auswahl von repräsentativen Arbeitsplatz-Typen werden die Belastungen an Hand von 15<br />
ausgewählten Fragen in einer moderierten Kleingruppe ermittelt. Zu jeder mit Belastungshinweis<br />
und Handlungsbedarf belegten Frage werden im Anschluss Lösungsansätze erarbeitet.<br />
AUSWERTUNGSGRUNDLAGE:<br />
Die 15 Fragen werden systematisch in einer moderierten Kleingruppe analysiert.<br />
Kleingruppen bestehen aus: Vertreter des AGS, Betriebsrat,<br />
ausgewählten Führungskräften und Mitarbeitern.<br />
Bewertet werden Fragen zu: Arbeitsinhalten, Arbeitsorganisation,<br />
Führung und soziales Umfeld.<br />
2 Sitzungen<br />
Die Auswertung der Analyse der Arbeitsplatz-Typen liefert unterschiedliche Informationen:<br />
1. QUANTITATIVE ERGEBNISSE<br />
Man kann quantitativ ermitteln, bei welchen Arbeitsplatz-Typen Belastungshinweise identifiziert<br />
wurden, und ob darüber hinaus Handlungsbedarf besteht<br />
2. QUALITATIVE AUSSAGEN<br />
Durch die systematische Protokollierung werden pro Arbeitsplatz-Typ im Rahmen der moderierten<br />
Projektgruppe konkrete Lösungsansätze erarbeitet, die im Weiteren durch das dafür zuständige<br />
Gremium genutzt werden können<br />
<strong>Betriebliches</strong> <strong>Gesundheitsmanagement</strong> 13
BEISPIEL 1:<br />
Übersicht zu 11 AP-Typen nach Belastung und Handlungsbedarf<br />
BEISPIEL 2<br />
Auswertung nach den 4 Themenbereichen: Belastungshinweis / Handlungsbedarf<br />
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UMGANG MIT DEN ERGEBNISSEN<br />
Die Protokolle der Gefährdungsbeurteilung liefern in der Nachbereitung die entscheidenden<br />
Hinweise. Nach der Analyse sollten die Ergebnisse dem zuständigen Ansprechpartner zur Verfügung<br />
gestellt werden, der die Umsetzung der aufgenommenen Hinweise verantwortet.<br />
Maßnahmen werden entwickelt und umgesetzt.<br />
<strong>Betriebliches</strong> <strong>Gesundheitsmanagement</strong> 15
4. UNSERE EMPFEHLUNG<br />
Gesunderhaltende und gesundheitsfördernde Unternehmensführung ist eine Werte-<br />
Entscheidung.<br />
Die reine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz verändert noch<br />
kein Unternehmen hin zu einem „gesunden Unternehmen“ mit gesundheitsförderlicher Führungskultur.<br />
Die Erfüllung der gesetzlichen (Mindest-) Anforderungen reicht dazu nicht aus und<br />
hinzu kommt, dass die Beurteilungsverfahren nicht nur Chancen sondern auch Risiken in sich<br />
tragen. Mit oder ohne Analyse – die Entscheidung der Unternehmensleitung für gesundheitsfördernde<br />
Führung ist das, worauf es ankommt.<br />
WIR EMPFEHLEN FOLGENDES VORGEHEN:<br />
1. Die Unternehmensführung entscheidet sich für Gesundheit als (Unternehmens-)<br />
Wert.<br />
2. Die Unternehmensführung definiert klar, was das für sie bedeutet und beschreibt<br />
einen entsprechenden Rahmen der dann für alle weiteren Schritte<br />
als „festgesetzt“ gilt.<br />
3. Der Prozess der Gefährdungsbeurteilungen bleibt kurz, überschaubar und<br />
erfüllt die gesetzlichen Anforderungen (z.B. mit orientierenden Analyseverfahren).<br />
Kosten und „Störungen“ für das Unternehmen bleiben gering.<br />
4. Die Maßnahmen werden auf Basis zweier Prozesswege entwickelt und<br />
können parallel zur Analyse bereits starten:<br />
! auf dem Unternehmensrahmen<br />
! auf den Kernaussagen der Gefährdungsanalyse<br />
VORTEILE<br />
Die Maßnahmen können von Beginn an geplant und entwickelt werden, und nicht erst nach<br />
einer Auswertung. Die Gefährdungsanalyse irritiert minimal unternehmerische Abläufe und soziale<br />
Systeme innerhalb der Organisation.<br />
Es werden sowohl verhältnis- als auch verhaltenspräventive Maßnahmen geplant und umgesetzt<br />
(s. Beispiele in „Analyseverfahren“).<br />
Unser moderner Ansatz orientiert sich stets am „Blick nach Vorne“. Das Herzstück ist die Entwicklung<br />
von Maßnahmen zur Verbesserung und Erhaltung der psychischen Gesundheit und<br />
die Begleitung der Organisation bei den notwendigen Schritten.<br />
Der Analyse folgt eine sogenannte lösungs- und zukunftsorientierte Nachbereitung und Beurteilung<br />
der Kernaussagen hinsichtlich psychischer Belastungen.<br />
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Organisations- und Führungsberatung
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5. BETRIEBLICHES GESUNDHEITSMANAGEMENT BGM<br />
BGM BRAUCHT STRATEGIE. GESUND UND ERFOLGREICH!<br />
<strong>Gesundheitsmanagement</strong> in Betrieben bedeutet nicht nur ein „Mehr“ an „gesunden Aktivitäten<br />
und Maßnahmen“! Es ist etwas vollkommen anderes. Voraussetzung für ein gelingendes BGM<br />
ist, dass vor einer Konzeption grundlegende Fragen beantwortet sind, damit Maßnahmen zum<br />
strategischen Erfolg werden können.<br />
BGM IST MANAGEMENTAUFGABE.<br />
Körperliche und psychische Gesundheit am Arbeitsplatz ist eine grundlegende Entscheidung<br />
der Unternehmensspitze. Wünscht das Unternehmen eine langfristige und nachhaltige Umsetzung<br />
im Gegensatz zu Einzelmaßnahmen, so braucht es eine grundlegende Entscheidung und<br />
die Verankerung des Wertes „Gesundheit“ in der Unternehmensphilosophie.<br />
Entsprechend der jeweiligen Unternehmenspositionierung und ihrer Zielsetzung oder Produktpalette<br />
setzt die Führung ganz unternehmensindividuelle Rahmenbedingungen beim Thema<br />
„Gesundheit“. Diese sind oft von Organisation zu Organisation sehr unterschiedlich und geprägt<br />
von jeweils anderen, flankierenden, Unternehmenswerten und Führungsgrundsätzen.<br />
Wird ein Mitarbeitender krank oder grenzt sich ein Mitarbeiter anders als bisher ab, hat das<br />
Auswirkungen auf alle anderen Mitarbeitenden seines Teams. Gesundes Führen, gesundes<br />
Arbeiten und eigenverantwortlicher Umgang mit den eigenen Ressourcen sind daher immer<br />
(auch) Führungs- und immer (auch) Team-Thema. Ein Einzelner kann kein neues Verhalten<br />
zeigen oder umsetzen ohne dass dies nicht auch Auswirkungen auf alle anderen hat.<br />
Gesundes Arbeiten kann leider nicht wie eine neue Software eingeführt werden. Man kann jedoch<br />
Rahmenbedingungen und einen Veränderungsprozess gestalten, sodass sich eine gesunde<br />
Kultur in einer Organisation (den jeweiligen Zielen entsprechend) entwickeln kann.<br />
1. Verankern Sie „Gesundheit“ als Wert in der Unternehmenspositionierung.<br />
In einem ersten Schritt des BGM könnte die Organisationsleitung beispielsweise solche oder so<br />
ähnliche Fragen zum Thema „Seelische Gesundheit“ beantworten:<br />
! Wie positioniert sich das Unternehmen beim Thema „psychische Gesundheit“?<br />
Wo ordnen wir das Thema unternehmensseitig ein?<br />
! Wie weit geht die unternehmerische Fürsorge und wo beginnt die persönliche<br />
Selbstverantwortung jedes einzelnen Mitarbeiters? Innerhalb welcher Grenzen<br />
müssen und wollen wir uns als Organisation bewegen?<br />
! Wo liegen unsere Möglichkeiten und Verantwortungsbereiche – und wo<br />
nicht?<br />
<strong>Betriebliches</strong> <strong>Gesundheitsmanagement</strong> 17
! Wer soll überhaupt neue Rahmen und Strukturen auf welcher Ebene<br />
(er)schaffen dürfen?<br />
! Wer ist für die Initiierung von BGM verantwortlich – wer trifft welche Entscheidung?<br />
! Was setzen wir zukünftig zum Thema „Gesundheit“ als Rahmen und was<br />
wird von einer Führungskraft (auf welcher Ebene) erwartet?<br />
„gesunde Mitarbeiter“<br />
Rahmenbedingungen des<br />
Unternehmens<br />
„auf ihre Gesundheit achtende Mitarbeiter“<br />
Ist die Entscheidung des Unternehmens für ein „gesundes Unternehmen“ oder „die Förderung<br />
der Gesundheit der Mitarbeiter“ gefällt und wurden die Rahmenvorgaben gesetzt, so können<br />
Wege des Managements zur Umsetzung erarbeitet werden.<br />
2. Kommunikation des Vorstandes<br />
Weitergabe der erarbeiteten Ergebnisse (in passender Form) an alle Mitglieder der Organisation:<br />
„Wir ordnen das Thema folgendermaßen unternehmensseitig ein: (..,) Hier (...) sehen wir uns in<br />
der Verantwortung – und da nicht. Wir nehmen das Thema ernst. Psychische Krankheiten sind<br />
keine Schwäche. Wir gestatten keine Witzeleien oder Ausgrenzungen. Derzeit haben wir keine<br />
einfachen Antworten – und auch keine einfachen Maßnahmen. Alles was uns heute wichtig<br />
erscheint werden wir tun, um die psychische Gesundheit von uns allen im Unternehmen zu<br />
schützen und zu fördern.<br />
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Organisations- und Führungsberatung
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3. Entwicklung der Führungsebenen<br />
1. Im nächsten Schritt des BGM bearbeiten die Führungskräfte verschiedener Hierarchieebenen<br />
(innerhalb des gesetzten Rahmens der Unternehmensleitung) diese oder ähnliche<br />
Fragen:<br />
! Welche Führungshaltung und -grundsätze resultieren hieraus?<br />
! Wie gestaltet das Unternehmen (die Abteilung, das Team, die Führungskraft)<br />
...<br />
! das Miteinander, um Gesundheit zu fördern oder<br />
zu erhalten? (Team-Erarbeitung von Teamspezifischen<br />
Maßnahmen und Vereinbarungen,<br />
die von allen mitgetragen werden können)<br />
! den Umgang mit Stress und psychophysiologischen<br />
Belastungsfaktoren<br />
! den Umgang mit Verdachtsfällen<br />
! den Umgang mit „Vorfällen“ (wenn Mitarbeiter<br />
erkranken)<br />
! den Umgang mit Rückkehrern (nach einer<br />
Krankheit an den Arbeitsplatz)<br />
BGM ist Managementaufgabe.<br />
Es geht darum, Strukturen<br />
zu schaffen, zu hinter-fragen<br />
und zu fördern.<br />
Hierfür braucht es die<br />
Kompetenzen.<br />
erforderlichen Kompetenzen.<br />
Management-<br />
Dilemma-Management-<br />
Kompetenzen<br />
2. Unterstützend können verschiedene Schulungen zum Thema „Selbstmanagement“ bzw.<br />
„gesundes Führen“ angeboten werden (als verpflichtende oder freiwillige Angebote):<br />
Mögliche Inhalte:<br />
Umgang mit Stress und eigenen Belastungssituationen<br />
Seminare und Informationsveranstaltungen für selbstverantwortliches „Sorge-tragen“ gegenüber<br />
der Gesundheit am Arbeitsplatz und der Umgang mit Verdachtsfällen. Themenbeispiele:<br />
„Was sind Anzeichen psychischer Belastungen (z.B. Burnout) am Arbeitsplatz? Wie spreche ich<br />
als Führungskraft mit belasteten Mitarbeitern? Was können möglicherweise „gefährdete“ Mitarbeiter<br />
prophylaktisch tun, um nicht zu erkranken?“<br />
Umgang der Teammitglieder, „Das Miteinander“<br />
Umgang mit Vorfällen<br />
Umgang mit Rückkehrern (Was kann nachsorglich (nach Krankheitsfall) für eine gute und stabile<br />
Rückkehr an den Arbeitsplatz getan werden?)<br />
<strong>Betriebliches</strong> <strong>Gesundheitsmanagement</strong> 19
4. Individuelle Ansatzpunkte für Mitarbeiter (Selbstmanagement)<br />
! Workshops zum eigenen Umgang mit Stress und Belastungssituationen<br />
(verschiedenartige Ansätze möglich, bsp. Burnout-Prophylaxe, „Neinsagen-Lernen“,<br />
Work-Life-Balance, etc.)<br />
Chancen: Einzelne Mitarbeitende können ggf. noch die Reißleine ziehen.<br />
Risiken: In hohem Maße werden diejenigen teilnehmen, die ohnehin sensibilisiert<br />
sind. Diejenigen die am ehesten Hilfe benötigen, werden schwer<br />
erreicht. Mögliche Betroffene verzögern ggf. notwendige Behandlungen,<br />
weil Sie glauben, es durch den Besuch des Workshops selbst steuern zu<br />
können<br />
! Einzelinterventionen bei Krankheitsfällen durch interne/externe professionelle<br />
Helfer<br />
Trainings, Schulungen und Veranstaltungen nach dem Motto, „Wir tun den Mitarbeitern mal was<br />
Gutes“ haben im BGM keinen Platz. BGM und die entsprechenden Maßnahmen verfolgen klare<br />
Unternehmensziele und werden bei veränderten Zielen auch entsprechend verändert. Themen<br />
für die angebotenen Workshops oder verschiedenen Angebote entwickeln sich aus der Rahmenklärung,<br />
aus den Gefährdungsanalyseergebnissen und der Arbeit mit den Führungskräften.<br />
WAS IST WICHTIG!<br />
Die Klarheit über Rahmenbedingungen und Führungsgrundsätze vor der Implementierung von<br />
Maßnahmen ist besonders beim Thema Gesundheit essentiell. Denn gesundheitsfördernde<br />
Maßnahmen für Einzelpersonen (wie Seminare, Workshops, Informationsveranstaltungen) wirken<br />
möglicherweise rückwirkend auf Prozesse und Strukturen in Teams und Abteilungen. Die<br />
sich weiterbildenden Mitarbeiter erkennen und erarbeiten für sich gesunderhaltende Verhaltensweisen<br />
und diese können u.U. auf andere Unternehmens- oder Teamziele einwirken. Die<br />
unternehmerischen Rahmenbedingungen sind dann stabile Grundlage, um den Mitarbeitern auf<br />
der individuellen Ebene ein effektives und selbstverantwortliches Handeln zu ermöglichen.<br />
Führungskräfte benötigen hierfür die Kompetenz des „Dilemma-Managements“ („Wir wollen<br />
gesund UND erfolgreich sein!“) und den Rückhalt stabiler Führungsgrundsätze, um elegant<br />
zukünftige Situationen, wie z.B. „Umsatzziele“ versus „Burnout-Prophylaxe“ managen zu können.<br />
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Organisations- und Führungsberatung
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DR. KERSTIN WUNDSAM<br />
ZUSAMMENGEFASST!<br />
! Klarheit über Rahmenbedingungen ist essentiell.<br />
! Legen Sie Rollen und Verantwortlichkeiten fest. Für die ...<br />
! Unternehmensleitung<br />
! Kernteams<br />
! Bereiche und Teams<br />
! Führungskräfte<br />
! einzelnen Mitarbeitenden<br />
! internen/externen Coaches.<br />
! Mit Maßnahmen für einzelne Mitarbeitende zu starten, wäre fahrlässig und<br />
schädlich für alle.<br />
! Führungskräfte brauchen eine Kompetenz als Dilemma-Manager.<br />
! Kompetenz im <strong>Gesundheitsmanagement</strong> bedeutet nicht „Diagnosekompetenz“,<br />
sondern Kompetenz, Prozesse und Strukturen zu managen, die Gesundheit<br />
erhalten und fördern.<br />
Anders: Als Führungskraft müssen Sie nicht wissen, welches Problem ein<br />
Mitarbeiter hat, aber Sie müssen damit umgehen können ohne „therapeutisch“<br />
zu werden.<br />
<strong>Betriebliches</strong> <strong>Gesundheitsmanagement</strong> 21
6. IHRE BERATER<br />
Oliver Bartels und Dr. Kerstin Wundsam arbeiten gemeinsam seit 2009 als systemische Berater<br />
und Coaches in Unternehmen, Behörden und NGOs. Der Fokus ihrer gemeinsamen Arbeit galt<br />
von<br />
jeher einer „gesunden“ Führung und Struktur. Das Thema „gesunde Führung und Unternehmenskultur“<br />
mit Blick auf die psychische Gesunderhaltung wurde zum Schwerpunkt.<br />
Psychische Gesundheit ist Investition in die Zukunft, ist Mehrwert für jedes Unternehmen und<br />
Wettbewerbsvorteil. Heute mehr denn je.<br />
Ihre Arbeit steht für moderne und zukunftsorientierte Verbesserung von Arbeitsplätzen hinsichtlich<br />
psychischer Belastungen. Beide kommen aus der Praxis – wenn auch aus unterschiedlichen<br />
Bereichen. Beide vertreten ein zeitgemäßes, fundiertes und pragmatisches Beratungsverständnis.<br />
Oliver Bartels, ehemaliger Personalleiter und Jurist, ist Co-Autor von zwei Sachbüchern und hat<br />
zahlreiche Fachartikel zu den Themen Coaching und systemisches Leadership veröffentlicht.<br />
Dr. Kerstin Wundsam war viele Jahre als Ärztin in einer psychiatrischen Universitätsklinik tätig,<br />
ist Verhaltenstherapeutin und lehrt an Hochschulen zu den Themen Führung, Kommunikation<br />
und soziale Kompetenzen.<br />
Beide arbeiteten als Fachexperten in gänzlich unterschiedlichen Feldern. Sie beschäftigten sich<br />
unabhängig voneinander intensiv mit dem Thema psychischer Gesundheit am Arbeitsplatz:<br />
jeder mit seiner Hälfte der Medaille.<br />
Heute ist ihre gemeinsame Mission, Unternehmen dabei zu begleiten Gesundheit als Wert zu<br />
verstehen und in der gesamten Organisation maßgeschneidert zu etablieren sowie „gesundes<br />
Führen“ im Alltag individuell lebbar zu machen.<br />
Oliver Bartels<br />
o.bartels@teamthink.de<br />
+49 173 7382902<br />
Dr. Kerstin Wundsam<br />
k.wundsam@teamthink.de<br />
+49 163 4960757<br />
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