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Ein-Wandererland - Haus der Geschichte Baden-Württemberg

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2. ARBEITSPHASE<br />

Die Brü<strong>der</strong> und <strong>der</strong> Vater<br />

von Nadja Seiz<br />

dem "Fremdarbeiter" zu ihren fünf Kin<strong>der</strong>n noch eines hinzubekommen würde.<br />

Insgesamt hatte Nadja Glück mit ihrem Bauernhof, da sie zwar hart arbeiten musste,<br />

aber von <strong>der</strong> Familie gut behandelt wurde. Trotzdem fühlte sich die Sechzehnjährige<br />

anfangs fremd: Nächtelang weinte sie aus Heimweh nach den Eltern und<br />

Geschwistern. Bei den sonntäglichen Treffen <strong>der</strong> polnischen und ukrainischen<br />

Arbeiterinnen und Arbeiter lernte Nadja an<strong>der</strong>e "Schicksalgenossen" kennen. So<br />

wurde die Polin Weronka, die Nadja tröstete und ihr half, die schlimmste Zeit zu<br />

überstehen, ihre engste Freundin. Allmählich lebte sich Nadja in <strong>der</strong> neuen<br />

Umgebung ein. Als <strong>der</strong> Krieg beendet war, war sie hin- und hergerissen, ob sie auf<br />

ihrem Bauernhof bleiben o<strong>der</strong> aber, wie Weronka und ihre Freunde, in eines <strong>der</strong> neu<br />

eingerichteten "Fremdarbeiterlager" gehen sollte, um auf Umwegen in ihre alte<br />

Heimat in <strong>der</strong> Ukraine zu gelangen. Allerdings hatte ihr Vater in einem seiner<br />

Briefe geraten, mit <strong>der</strong> Heimkehr noch zu warten; auch verbreiteten sich Gerüchte,<br />

dass viele <strong>der</strong> ehemaligen deutschen Zwangsarbeiter von den Russen nach Sibirien<br />

deportiert wurden, weil sie als politisch unzuverlässig eingestuft würden. Nadja<br />

entschloss sich trotzdem, in eines <strong>der</strong> Sammellager zu gehen. Sie kehrte bereits<br />

nach wenigen Wochen auf ihren Bauernhof und zu "ihrer" Familie zurück, nachdem<br />

sie die schlechten Bedingungen im Lager am eigenen Leib erfahren hatte.<br />

Die vorliegende autobiographische Erzählung bietet die Möglichkeit, die Umstände<br />

<strong>der</strong> Deportation und die Situation <strong>der</strong> Zwangsarbeiter während des Zweiten Weltkriegs<br />

aus <strong>der</strong> Perspektive eines jungen Mädchens kennenzulernen, das ungefähr so<br />

alt wie die Schülerinnen und Schüler war, als es zu einer fremden Familie in einem<br />

fremden Land kam. Zu Beginn werden die ärmlichen Lebensbedingungen <strong>der</strong><br />

ukrainischen Familie erarbeitet, damit verständlich wird, warum Nadja anstelle des<br />

Vaters nach Deutschland geschickt wurde. Die Schülerinnen und Schüler beschreiben<br />

Nadjas Deportation und erkennen, dass <strong>der</strong> Transport <strong>der</strong> Zwangsarbeiter unter<br />

unmenschlichen Bedingungen stattgefunden hat und dass die Arbeiter auch nach<br />

ihrer Ankunft in Deutschland meist sehr schlecht behandelt wurden. Aus <strong>der</strong><br />

Erzählung werden einzelne Momente benannt, die dazu führten, dass Nadja sich<br />

auf dem Bauernhof einsam und fremd fühlte: sie konnte nicht verstehen, weshalb<br />

die Bäuerin bei ihrer Ankunft schimpfte; sie fühlte sich unwohl in den fremden<br />

Klei<strong>der</strong>n; das Essen war ihr fremd und sie hatte noch nie mit Besteck gegessen; sie<br />

verstand die deutsche Sprache nicht und konnte daher auch mit niemandem reden;<br />

sie sehnte sich nach ihren Eltern und Geschwistern. Die Schülerinnen und Schüler<br />

arbeiten heraus, dass die Zuwendung und Anerkennung, die Nadja in <strong>der</strong> Familie<br />

auf dem Bauernhof erfahren hat, die Kontakte mit den an<strong>der</strong>en Arbeitern aus Polen<br />

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