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Ein-Wandererland - Haus der Geschichte Baden-Württemberg

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GRUPPE 4B:<br />

NADJA SEIZ: LEBENSWEGE ZWISCHEN<br />

OST UND WEST (AUSZUG)<br />

Erläuterung<br />

Als Arbeitsmaterial erhält die Gruppe einen Auszug aus dem autobiographischen<br />

Bericht von Nadja Seiz über ihre Deportation und Zwangsarbeit während des<br />

Zweiten Weltkriegs. Der Bericht beginnt mit <strong>der</strong> Beschreibung <strong>der</strong> Lebensbedingungen<br />

von Nadjas Familie in <strong>der</strong> Ukraine. Die Familie war sehr arm und<br />

Nadja wuchs als ältestes von sechs Kin<strong>der</strong>n auf, ein siebtes Kind war bereits unterwegs.<br />

Als im Herbst 1942 vom Ortsvorsteher <strong>der</strong> Befehl erging, dass <strong>der</strong> Vater als<br />

Zwangsarbeiter nach Deutschland deportiert werden sollte, befürchtete die Familie,<br />

sich ohne die Arbeitskraft des erwachsenen Mannes nicht mehr ernähren zu können.<br />

In dieser Situation erklärte Nadja sich bereit, anstelle des Vaters zu gehen.<br />

Insgeheim hoffte die Familie, dass Nadja wie<strong>der</strong> zurückgeschickt werden würde, da<br />

sie als Zwangsarbeiterin noch zu jung war. Am 6. Dezember 1942 verabschiedete<br />

Nadja sich von ihren Eltern und Geschwistern und wurde mit an<strong>der</strong>en Zwangsarbeiterinnen<br />

aus ihrem Dorf Wozyliw zunächst an eine zentrale Sammelstelle<br />

gebracht. Schon bald erkannte sie, dass an eine Rückkehr nicht zu denken war. Die<br />

Zwangsarbeiter wurden in Viehwaggons gepfercht, so eng gedrängt, dass sie sich<br />

we<strong>der</strong> setzen noch legen, son<strong>der</strong>n nur stehen konnten. So verbrachten die Menschen<br />

mehrere Tage lang. Etwa einmal täglich hielt <strong>der</strong> Zug und die Türen wurden<br />

geöffnet: Die Menschen in den Viehwaggons erhielten bei dieser Gelegenheit ein<br />

wenig Brot und etwas zu trinken. Schlimm war <strong>der</strong> unerträgliche Durst, <strong>der</strong> sie alle<br />

quälte, da sie nur äußerst geringe Mengen Wasser erhielten. In Lemberg wurde die<br />

Fahrt unterbrochen, die Menschen wurden in ein Lager gebracht, ihre Klei<strong>der</strong> wurden<br />

desinfiziert und sie selbst einer äußerst demütigenden medizinischen Untersuchung<br />

unterzogen. Nach mehreren Tagen wurde dann <strong>der</strong> Transport zunächst<br />

nach Graz, später nach Stuttgart fortgesetzt. Als Nadja endlich bei "ihrer" Familie<br />

auf einem Bauernhof in <strong>der</strong> Nähe von Schwäbisch Gmünd in Hintersteinenbach<br />

ankam, waren seit dem Abschied in ihrem Heimatdorf Wozyliw in <strong>der</strong> Ukraine<br />

neun Tage vergangen. Bei ihrer Ankunft in Hintersteinenbach reagierte die Bäuerin<br />

zunächst entsetzt, als sie Nadja erblickte, denn sie hatte die leistungskräftige<br />

Arbeitskraft eines Erwachsenen erwartet und nicht damit gerechnet, dass sie mit<br />

Das letzte Foto <strong>der</strong> Familie Seiz<br />

mit Nadja<br />

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