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Großschutzgebiete und Nachhaltigkeit: Kontroversen in der Mensch-Naturbeziehung Von Torsten Reinsch torsten.reinsch@fu-berlin.de Im Rahmen der TLUG-Veranstaltung: „Nachhaltigkeit der Landnutzung und wirtschaftlichen Entwicklung im Biosphärenreservat Rhön“ 8.Oktober 2013 – Agrargenossenschaft „Rhönland“ – Dermbach Gliederung 1 Einleitung, Zielstellung und Aufbau des Vortrags ................................................... 1 2 Das Naturverständnis im Biosphärenreservat Rhön ................................................ 2 3 Fünf Sichtweisen zum Mensch- Natur-Verhältnis ................................................... 5 3.1 Der Szientismus und die Trennung von Natur und Mensch wird beibehalten . 7 3.2 Die Trennung wird aufgegeben, jedoch durch ein Drittes zusammengeführt .. 7 3.3 Die Einheit von Natur und Kultur geht in der Natur auf ................................... 8 3.4 Die Einheit geht in der Kultur auf ................................................................... 10 3.5 Zwischen Natur und Kultur besteht ein komplementäres Verhältnis ............. 11 4 Schlussfolgerung .................................................................................................... 13 1 Einleitung, Zielstellung und Aufbau des Vortrags Biosphärenreservate sind angetreten, um Antworten auf die Umweltkrise zu finden und Vorschläge für die Korrektur der gängigen Modernisierungsmuster zu machen. Biosphärenreservate wollen daher das Mensch-Naturverhältnis im Sinne einer Nachhaltigen Entwicklung verändern. Das ist aber weder allein eine praktische Sache, noch sind die Vorstellungen zum Mensch-Naturverhältnis einheitlich und widerspruchsfrei. Zum einen bestehen Kontroversen bei der praktischen Umsetzung, wenn es etwa darum geht, Kernzonen auszuweiten, eine spezifische Artenvielfalt zu schützen, eine Straße zu bauen oder sich im Rahmen des Klimaschutzes für Windräder oder Maisfelder stark zu machen. Bei der Reflexion auf das Mensch-Naturverhältnis geht es aber nicht lediglich um Interessengegensätze in einer Planungspraxis. 1

Großschutzgebiete und Nachhaltigkeit:<br />

<strong>Kontroversen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong>-<strong>Naturbeziehung</strong><br />

Von<br />

Torsten Re<strong>in</strong>sch<br />

torsten.re<strong>in</strong>sch@fu-berl<strong>in</strong>.de<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> TLUG-Veranstaltung:<br />

„Nachhaltigkeit <strong>der</strong> Landnutzung und wirtschaftlichen Entwicklung im Biosphärenreservat<br />

Rhön“<br />

8.Oktober 2013 – Agrargenossenschaft „Rhönland“ – Dermbach<br />

Glie<strong>der</strong>ung<br />

1 E<strong>in</strong>leitung, Zielstellung und Aufbau des Vortrags ................................................... 1<br />

2 Das Naturverständnis im Biosphärenreservat Rhön ................................................ 2<br />

3 Fünf Sichtweisen zum <strong>Mensch</strong>- Natur-Verhältnis ................................................... 5<br />

3.1 Der Szientismus und die Trennung von Natur und <strong>Mensch</strong> wird beibehalten . 7<br />

3.2 Die Trennung wird aufgegeben, jedoch durch e<strong>in</strong> Drittes zusammengeführt .. 7<br />

3.3 Die E<strong>in</strong>heit von Natur und Kultur geht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Natur auf ................................... 8<br />

3.4 Die E<strong>in</strong>heit geht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kultur auf ................................................................... 10<br />

3.5 Zwischen Natur und Kultur besteht e<strong>in</strong> komplementäres Verhältnis ............. 11<br />

4 Schlussfolgerung .................................................................................................... 13<br />

1 E<strong>in</strong>leitung, Zielstellung und Aufbau des Vortrags<br />

Biosphärenreservate s<strong>in</strong>d angetreten, um Antworten auf die Umweltkrise zu f<strong>in</strong>den<br />

und Vorschläge für die Korrektur <strong>der</strong> gängigen Mo<strong>der</strong>nisierungsmuster zu machen.<br />

Biosphärenreservate wollen daher das <strong>Mensch</strong>-Naturverhältnis im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Nachhaltigen<br />

Entwicklung verän<strong>der</strong>n. Das ist aber we<strong>der</strong> alle<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e praktische Sache, noch<br />

s<strong>in</strong>d die Vorstellungen zum <strong>Mensch</strong>-Naturverhältnis e<strong>in</strong>heitlich und wi<strong>der</strong>spruchsfrei.<br />

Zum e<strong>in</strong>en bestehen <strong>Kontroversen</strong> bei <strong>der</strong> praktischen Umsetzung, wenn es etwa darum<br />

geht, Kernzonen auszuweiten, e<strong>in</strong>e spezifische Artenvielfalt zu schützen, e<strong>in</strong>e<br />

Straße zu bauen o<strong>der</strong> sich im Rahmen des Klimaschutzes für W<strong>in</strong>drä<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Maisfel<strong>der</strong><br />

stark zu machen. Bei <strong>der</strong> Reflexion auf das <strong>Mensch</strong>-Naturverhältnis geht es aber<br />

nicht lediglich um Interessengegensätze <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Planungspraxis.<br />

1


Vielmehr liegen zum an<strong>der</strong>en auch Weltbil<strong>der</strong> im Konflikt: Diese verdichten sich <strong>in</strong><br />

unterschiedlichen Vorstellungen über das <strong>Mensch</strong>-Naturverhältnis. Das <strong>Mensch</strong>-<br />

Naturverhältnis ist daher mit unterschiedlichen Natur-Verständnissen verbunden. In<br />

diesen s<strong>in</strong>d unterschiedliche wissenschaftstheoretische wie normativ/ethische<br />

Grundüberzeugungen abgelegt.<br />

Je nach Weltbild unterscheidet sich aber auch das Verständnis e<strong>in</strong>er Nachhaltigen<br />

Entwicklung. Die NE ist jedoch zentrale Zielstellung <strong>der</strong> Biosphärenreservate. Was<br />

NE aber letztlich bedeutet, hängt auch am Verständnis des <strong>Mensch</strong>-Naturverhältnisses.<br />

Nachfolgend werde ich<br />

im ersten Teil e<strong>in</strong>en Blick <strong>in</strong> das Biosphärenreservat Rhön werfen. Dabei werde ich<br />

Stellungnahmen anführen, die Auskunft über das im Biosphärenreservat vertretene<br />

<strong>Mensch</strong>-Naturverhältnis geben können. Dabei gerät die Trennung von <strong>Mensch</strong> und<br />

Natur <strong>in</strong> den Blick me<strong>in</strong>er Untersuchung. Dies ist für den Naturschutz bedeutsam, weil<br />

e<strong>in</strong> solches Naturverständnis mögliche Konflikte und Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten verdeutlicht;<br />

ebenfalls sollen normative E<strong>in</strong>stellungen und Tatsachenvorstellungen kenntlich<br />

werden, die womöglich ebenfalls strittig s<strong>in</strong>d.<br />

Ich schließe diesen Teil mit e<strong>in</strong>igen Fragen, die mehr o<strong>der</strong> weniger lose mit dem dargestellten<br />

Naturverständnis verbunden s<strong>in</strong>d und für die NE wichtig s<strong>in</strong>d.<br />

Dabei geht es mir weniger um Antworten. Vielmehr möchte ich darauf aufmerksam<br />

machen, dass das sche<strong>in</strong>bar Selbstverständliche nicht selbstverständlich ist. Die kritische<br />

Reflexion ist m.E. <strong>der</strong> zentrale Bestandteil e<strong>in</strong>er Nachhaltigen Entwicklung.<br />

In diesem S<strong>in</strong>ne entwickle ich den zweiten Teil des Vortrages:<br />

Ich setze an e<strong>in</strong>em Wi<strong>der</strong>spruch im Naturbegriff an, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Trennung von <strong>Mensch</strong><br />

und Natur verbunden ist. Von diesem Wi<strong>der</strong>spruch aus entwickle ich fünf Sichtweisen,<br />

die mit <strong>der</strong> Trennung von <strong>Mensch</strong> und Natur umgehen. Dabei ist klar, dass die unterschiedlichen<br />

Verständnisse auch unterschiedliche Vorgehensweisen im Naturschutz<br />

nahe legen. Die fünf Sichtweisen lassen unterschiedliche Antworten durchblicken, wie<br />

denn mögliche Konflikte <strong>in</strong> den Großschutzgebieten behandelt werden sollten.<br />

2 Das Naturverständnis im Biosphärenreservat Rhön<br />

Schauen wir uns nun das Naturverständnis im Biosphärenreservat Rhön näher an. In<br />

den verschiedenen Publikationen ist mir folgendes Naturverständnis aufgefallen.<br />

Es wird präsentiert als <strong>der</strong><br />

Gegensatz von <strong>Mensch</strong> und Umwelt o<strong>der</strong><br />

als Unterschied von ‚Erhalt <strong>der</strong> menschlichen Lebensgrundlage‘ e<strong>in</strong>erseits<br />

und ‚Naturschutz‘ an<strong>der</strong>erseits.<br />

2


In ihm kommt m.E. <strong>der</strong> wohlbekannte Gegensatz zwischen Natur und Kultur zum<br />

Ausdruck:<br />

Beispielsweise bestimmt <strong>der</strong> ‚<strong>in</strong>tegrierte Umweltbericht für das län<strong>der</strong>übergreifende<br />

Biosphärenreservat Rhön‘ gleich auf den ersten Seiten e<strong>in</strong>e entsprechende Naturauffassung.<br />

Diese Naturauffassung entwickelt <strong>der</strong> Bericht von se<strong>in</strong>em ‚Umweltverständnis‘<br />

her. Zitat:<br />

Zitatende.<br />

„Der Umweltbericht ist (…) <strong>der</strong> erste <strong>in</strong>tegrierte Bericht, <strong>der</strong> die verschiedenen<br />

Umweltmedien wie Luft, Klima, Boden, Wasser, Tiere- und Pflanzenwelt<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Rhön betrachtet. (…) Das bedeutet, die Umweltsituation steht im Mittelpunkt<br />

aller Betrachtungen. Auswertungen sozioökonomischer Daten wurden<br />

auf Sachverhalte beschränkt, die zum Verständnis und zur Bewertung<br />

umweltrelevanter Entwicklungen erfor<strong>der</strong>lich s<strong>in</strong>d (Biosphärenreservat Rhön<br />

2008: 5)“<br />

Damit ergibt sich: Die soziale und ökonomische Entwicklung soll zwar im Biosphären-Naturschutz<br />

ausdrücklich mit behandelt werden, jedoch: Die sozialen und ökonomischen<br />

Aspekte s<strong>in</strong>d eben NICHT Teil dieser Umwelt: Wir können also hier sagen:<br />

Das Soziale, das Ökonomische und damit das Kulturelle, s<strong>in</strong>d für die<br />

Biosphärenreservatsverwaltung KEINE Bestandteile <strong>der</strong> Natur.<br />

Dies wird auch weiter h<strong>in</strong>ten im selben Dokument unter <strong>der</strong> Überschrift ‚Naturschutz‘<br />

unterstrichen. Dort heißt es, Zitat:<br />

Zitatende.<br />

„Im Biosphärenreservat sollen die Ziele des Naturschutzes mit den Ansprüchen<br />

des <strong>Mensch</strong>en an die Nutzung <strong>der</strong> Ökosysteme bestmöglich abgestimmt<br />

werden. Schutzgebiete s<strong>in</strong>d (dabei) wichtige Instrumente für die Umsetzung<br />

naturschutzfachlicher Ziele.“<br />

In diesem Zitat wird sozusagen auf Konflikte bezuggenommen, die nicht zwischen<br />

<strong>Mensch</strong> und <strong>Mensch</strong> verlaufen, son<strong>der</strong>n zwischen <strong>Mensch</strong>en und Natur. Dabei wird<br />

offenbar angenommen, dass es von Experten benennbare Naturschutzziele gibt, die<br />

zum e<strong>in</strong>en unabhängig von menschlichen Ansprüchen bestehen: Denn würde diese<br />

Unabhängigkeit nicht unterstellt werden, ergäbe sich folgendes: Dann wäre nicht mehr<br />

verständlich, warum zwischen den Zielen des Naturschutzes und den Ansprüchen des<br />

<strong>Mensch</strong>en etwas abgestimmt werden muss. Zum an<strong>der</strong>en aber ist das Schutzgebiet –<br />

hier also das Biosphärenreservat – e<strong>in</strong> strategisch wirkungsvolles Mittel, die naturschutzfachlichen<br />

Ziele gegenüber den Ansprüchen <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong>en durchzusetzen.<br />

Der naturschutzfachliche Experte steht hier sozusagen über den Nutzungsansprüchen<br />

<strong>der</strong> <strong>Mensch</strong>en. Entsprechend schließt das Zitat:<br />

Hier hat die Erhaltung <strong>der</strong> Vielfalt an wildlebenden Tier- und Pflanzenarten<br />

sowie <strong>der</strong> landschaftlichen Eigenart, Vielfalt und Schönheit <strong>der</strong> Kulturland-<br />

3


Zitatende.<br />

schaft für künftige Generationen Vorrang vor Nutzungs<strong>in</strong>teressen (Biosphärenreservat<br />

Rhön 2008: 20)“<br />

E<strong>in</strong>e sehr ähnliche Naturvorstellung br<strong>in</strong>gt <strong>der</strong> Leiter <strong>der</strong> Hessischen Verwaltungsstelle<br />

zum Ausdruck: Für ihn soll sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft <strong>der</strong> Naturschutz auf etwas beziehen,<br />

dass ke<strong>in</strong>eswegs notwendig die Lebensgrundlage <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong>en betrifft. Naturschutz<br />

e<strong>in</strong>erseits und <strong>der</strong> Erhalt menschlicher Lebensgrundlage an<strong>der</strong>erseits operieren sozusagen<br />

<strong>in</strong> verschiedenen Bereichen. Diese Unabhängigkeit sche<strong>in</strong>t auch noch recht<br />

wichtig zu se<strong>in</strong>:<br />

Zitat:<br />

Zitatende.<br />

„Wichtig sei, die Lebensgrundlage <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong>en zu erhalten, DANEBEN<br />

aber auch den Naturschutz nicht zu vernachlässigen, sagte <strong>der</strong> Leiter <strong>der</strong><br />

hessischen Reservatsverwaltung (Torsten Raab) über die Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

nächsten Jahre (Der Westen 2011)“<br />

Offenbar hat <strong>in</strong> dieser Auffassung <strong>der</strong> ‚Naturschutz‘ auch unabhängig se<strong>in</strong>er Funktion<br />

als Sicherung <strong>der</strong> menschlichen Lebensgrundlage e<strong>in</strong>e große Wichtigkeit!<br />

Wie aber soll man Naturschutzziele denken, die nicht auf menschliche Ansprüche bezogen<br />

s<strong>in</strong>d. Und lässt sich e<strong>in</strong>e solche Entkopplung wirklich naturschutzfachlich begründen?<br />

Denn auch naturschutzfachliche Ziele und die ihnen unterlegten Werte, s<strong>in</strong>d<br />

ke<strong>in</strong>e alle<strong>in</strong> wissenschaftlich zu ,,ermittelnde" Größen. Vielmehr enthalten sie selbst<br />

schon gesellschaftliche Wertvorstellungen. Damit s<strong>in</strong>d sie aber wie<strong>der</strong> Interessengebunden<br />

und letztlich nutzenbezogen. Denn Zielsetzungen, die man erreichen o<strong>der</strong> verfehlen<br />

kann, implizieren Maßstäbe für die Wahl <strong>der</strong> Alternative. Und die Begründung<br />

solcher Maßstäbe ist nicht ohne Werte und Normen zu haben.<br />

An<strong>der</strong>erseits wird es gerade im naturwissenschaftlichen Denken für unmöglich gehalten,<br />

Werte, Normen o<strong>der</strong> Zielsetzungen zu begründen, ohne sich nicht zuvor auf eben<br />

solche Werte, Normen o<strong>der</strong> Ziele zu verständigen.<br />

Objektive Naturschutzziele zu denken, ist daher ke<strong>in</strong>e selbstverständliche Sache.<br />

E<strong>in</strong>e Alternative sche<strong>in</strong>t dar<strong>in</strong> zu bestehen, solche vom <strong>Mensch</strong>en unabhängige Zielsetzungen<br />

<strong>in</strong> metaphysisch-theologischem Bereich aufzusuchen. Im Naturschutz ist es<br />

daher sehr verbreitet, im Rahmen e<strong>in</strong>es sakralen Überbaus auf den Schöpfungsgedanken<br />

Bezug zu nehmen. Auch das geschieht im Biosphärenreservat etwa durch den<br />

Sachgebietsleiter beim Landkreis Fulda. Zitat:<br />

„Die Verwaltungsstellen des Biosphärenreservates Rhön seien letztlich genau<br />

wie die Kirche darum bemüht, die Schöpfung für die Zukunft zu bewahren,<br />

me<strong>in</strong>te Kremer. (Unesco-Biosphärenreservat Rhön 2008: 31).<br />

4


Zitatende.<br />

Aber auch im Rahmen <strong>der</strong> Umweltbildung wird die Schöpfung bemüht, um bestehende<br />

Naturvorstellungen und die damit verbundenen Schutzanliegen zu begründen – wie<br />

etwa <strong>in</strong> den Beschreibungen zum „Grünen Klassenzimmers“ <strong>in</strong> Oberelsbach nachzulesen<br />

ist. Der Schöpfungsgedanke sche<strong>in</strong>t nicht nur das Werte- und Zielproblem <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Natur lösen zu können, son<strong>der</strong>n auch die Frage zu beantworten, wie die lebendigen<br />

Entitäten <strong>in</strong> unserer Umwelt zustande gekommen s<strong>in</strong>d: Nämlich durch e<strong>in</strong>en nichtmenschlichen<br />

Schöpfer. Aber lässt sich sowas undogmatisch und wi<strong>der</strong>spruchsfrei<br />

denken? Wäre hier nicht gerade e<strong>in</strong>e anspruchsvolle Umweltbildung gehalten, die mit<br />

diesen Fragen verbundenen <strong>Kontroversen</strong> aufzudecken, statt sie im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er vorgefassten<br />

Me<strong>in</strong>ung zu überspr<strong>in</strong>gen?<br />

E<strong>in</strong> Naturschutzhandeln, dass am Schöpfungsargument ausgerichtet ist, kann jedenfalls<br />

nicht als selbstgenügsame Information e<strong>in</strong>es Naturschutzexperten gelten.<br />

Unbeantwortet bleibt daher die Frage: WAS IST das Wesen <strong>der</strong> NATUR?<br />

Ohne das Bemühen um e<strong>in</strong>e solche Antwort, können auch die für das Biosphärenreservat<br />

bedeutsamen <strong>Kontroversen</strong> nicht behandelt werden, die etwa mit den folgenden<br />

Fragen verbunden s<strong>in</strong>d:<br />

• Was ist das Natürliche und warum soll das geschützt werden?<br />

• Was macht ‚Intaktheit‘ <strong>der</strong> Naturlandschaft aus?<br />

• Wie kommen Ziele <strong>in</strong> die Natur?<br />

• Warum ist Wildnis gut und nicht schlecht?<br />

• Welche Artenvielfalt ist die Richtige und nicht die Falsche?<br />

• Ist die konditio humana, die Kultur, tatsächlich NICHT Teil <strong>der</strong> Natur?<br />

• Mehr noch, ist womöglich die Natur selbst Ausdruck <strong>der</strong> Kultur?<br />

• Ja, ist womöglich e<strong>in</strong>e Perspektive denkbar, die selbst die STADT als Teil <strong>der</strong><br />

Natur des <strong>Mensch</strong>en denkt?<br />

• Lässt sich dann überhaupt s<strong>in</strong>nvoll von DEM Naturschutz sprechen?<br />

• Und was bedeutet das alles für e<strong>in</strong> Verständnis <strong>der</strong> Nachhaltigen Entwicklung?<br />

Die vielfältigen <strong>Kontroversen</strong> um diese Fragen haben m.E. wesentlich damit zu tun,<br />

wie denn das Verhältnis zwischen <strong>Mensch</strong> und Natur gefasst werden kann. Hierzu bedarf<br />

es m.E. e<strong>in</strong>iger grundlegen<strong>der</strong> Reflexionen, die ich im Folgen darstellen möchte.<br />

3 Fünf Sichtweisen zum <strong>Mensch</strong>- Natur-Verhältnis<br />

Das für unsere Zeit wesentliche Naturverständnis ist das <strong>der</strong> Naturwissenschaften. Es<br />

geht nicht zuletzt auf Decartes zurück. Decartes schuf e<strong>in</strong>e eigentümliche Unabhän-<br />

5


gigkeit im Seienden: die Unabhängigkeit <strong>der</strong> Körperwelt und die des Denkenden.<br />

Damit br<strong>in</strong>gt er den problematischen Dualismus <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne auf den Weg: Subjekt<br />

und Objekt, Geist und Natur stehen sich jeweils als verschiedenen Sachen gegenüber.<br />

Auf dieser Gegenüberstellung baut bis zum heutigen Tag e<strong>in</strong> Rationalismus objektiver<br />

Welterkenntnis auf, <strong>der</strong> auch als Szientismus bezeichnet wird: Er kennt nur<br />

Tatsachen und formale Logik. Leiblichkeit des Subjekts, dessen Sorge um die natürlichen<br />

und gesellschaftlichen Existenzbed<strong>in</strong>gungen, Sprachlichkeit aber auch Normativität,<br />

spielen <strong>in</strong> ihm ALS Erkenntnisbed<strong>in</strong>gungen ke<strong>in</strong>e Rolle. Dieses Verständnis ist<br />

nicht zuletzt für den Naturschutz sehr misslich: Denn Naturschutz ist ohne Normativität,<br />

ohne Zielsetzungen und Werte eigentlich nicht denkbar (Böhler 2013: 194).<br />

Die Trennung von <strong>Mensch</strong> und Natur wird daher vielfach <strong>in</strong> Frage gestellt. Der Ausgangspunkt<br />

für diese Infragestellung ist e<strong>in</strong> Wi<strong>der</strong>spruch im Naturbegriff selbst:<br />

Zunächst bedeutet Natur<br />

„alles, was ohne fremdes Zutun wird und sich nach den ihm <strong>in</strong>newohnenden<br />

Kräften und Gesetzen entwickelt.“ 1<br />

Mit Blick auf das <strong>Mensch</strong>-Naturverhältnis wird nun <strong>in</strong> diesem Naturbegriff e<strong>in</strong> Wi<strong>der</strong>spruch<br />

deutlich:<br />

Die äußere Natur wird als e<strong>in</strong> Gegensatz zum „<strong>Mensch</strong>enwerk“ dargestellt. Natur gerät<br />

<strong>in</strong> den Gegensatz zu allem dem, was den <strong>Mensch</strong>en ausmacht: Geist, Kultur, Zivilisation,<br />

Geschichte. An<strong>der</strong>erseits wird aber <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong> selbst als Spezies gefasst, also<br />

doch als Teil <strong>der</strong> Natur.<br />

Der Wi<strong>der</strong>spruch ist also, dass das vom <strong>Mensch</strong>en Gemachte, se<strong>in</strong>e Kultur, nicht natürlich<br />

sei, <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong> aber zugleich als Teil <strong>der</strong> Natur verstanden wird. Demzufolge<br />

bleibt unklar, was die Trennung von Kultur und Natur bedeuten soll.<br />

Dieser Wi<strong>der</strong>spruch ist nun Anlass für Versuche, die Bedeutung des Verhältnisses von<br />

<strong>Mensch</strong> und Natur zu differenzieren.<br />

Zusammenfassend bilde ich fünf Konzepte, die mit diesen Wi<strong>der</strong>sprüchen im Naturverständnis<br />

umgehen (weitere Konzepte s<strong>in</strong>d denkbar):<br />

1. Der Szientismus und die Trennung von Natur und <strong>Mensch</strong> werden beibehalten.<br />

2. Die Trennung wird aufgegeben, jedoch durch e<strong>in</strong> Drittes zusammengeführt.<br />

3. Die E<strong>in</strong>heit von Natur und Kultur geht <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong> Natur auf.<br />

4. Die E<strong>in</strong>heit von Natur und Kultur wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kultur zusammengezogen.<br />

5. Zwischen Natur und Kultur wird e<strong>in</strong> komplementäres Verhältnis gedacht<br />

1 Hofmeister, J. 1955: Wörterbuch <strong>der</strong> philosophischen Begriffe, Me<strong>in</strong>er, Hamburg p. 421 f.<br />

6


3.1 Der Szientismus und die Trennung von Natur und <strong>Mensch</strong> wird beibehalten<br />

Der Szientismus und die Trennung von Natur und <strong>Mensch</strong> wird beibehalten: Das<br />

Werteprobelem wird so angegangen, dass Werte - etwa mit Max Weber - nur als historisch<br />

zufällig betrachtet werden. Werte s<strong>in</strong>d nicht-rational und beruhen letztlich auf<br />

privaten Überzeugungen. Ist jedoch e<strong>in</strong>e bestehende Grundordnung h<strong>in</strong>reichend akzeptiert,<br />

die etwa <strong>in</strong> wissenschaftlichen Paradigmen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er herrschenden Gesetzgebung<br />

abgelegt ist, dann gibt es mit dem Szientismus ke<strong>in</strong> Problem: Dann können<br />

wissenschaftliche Experten sagen, was <strong>der</strong> Fall ist und geben vor, was wir tun sollen.<br />

3.2 Die Trennung wird aufgegeben, jedoch durch e<strong>in</strong> Drittes zusammengeführt<br />

Die Trennung von Natur und <strong>Mensch</strong> wird aufgegeben, jedoch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Dritten zusammengeführt,<br />

von dem aus dann Natur und Kultur betrachtet werden. Dieses Dritte<br />

ist etwa e<strong>in</strong> sakraler Überbau o<strong>der</strong> auch e<strong>in</strong>e metaphysische Idee unterschiedlicher<br />

Holismen bzw. Ökozentrismen: In diesem Überbau werden Antworten gefunden, die<br />

die Wertefragen beantworten und das bestimmen, was die richtige Natur bzw. das Leben<br />

als solches ausmacht. Ebenso ergeben sich Orientierungen, die e<strong>in</strong>en richtigen und<br />

e<strong>in</strong>en falschen gesellschaftlichen Umgang mit <strong>der</strong> Natur bestimmen.<br />

E<strong>in</strong> wichtige Grundorientierung des Naturschutzes ergibt sich aus theologischen Argumenten<br />

bzw. dem H<strong>in</strong>weis auf die ‚Schöpfung‘ e<strong>in</strong>es Schöpfers. Dadurch werden<br />

nicht nur viele Dogmen <strong>in</strong> Anspruch genommen, son<strong>der</strong>n ist dies <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er säkularisierten<br />

Welt - auch für den Naturschutz - ke<strong>in</strong>e selbstverständliche Position.<br />

E<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Zugang wählt z.B. Hans Jonas, e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Zentralfiguren <strong>der</strong> Naturschutzbewegung.<br />

Das verb<strong>in</strong>dende Dritte ist bei ihm die Idee <strong>der</strong> Freiheit: In dichter<br />

Anlehnung an biowissenschaftliche Argumente entwickelt er se<strong>in</strong>e Vorstellung von<br />

<strong>der</strong> sich aufstufenden Freiheit des Lebendigen: Diese Freiheit schreitet fort vom E<strong>in</strong>-<br />

ZELLER bis zum <strong>Mensch</strong>en; denn <strong>der</strong> Stoffwechsel, <strong>der</strong> bei komplexeren Lebewesen<br />

zunimmt, würde den Lebewesen auch mehr Möglichkeiten bieten, den äußeren Naturzwängen<br />

die eigene Identität entgegenzusetzen. Mit dieser sich im Lebendigen aufstufenden<br />

Freiheit, sei aber auch das Zielstrebende und damit das Zweckhafte <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Welt erwiesen.<br />

Die, dem ‚Pr<strong>in</strong>zip Leben‘ <strong>in</strong>newohnende Werthaftigkeit, hat nach Jonas jedoch qualitative<br />

Stufen, auf denen <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong> zu Oberst steht; auch führt die sich aufstufende<br />

Freiheit nur beim <strong>Mensch</strong>en zu reflektiertem Bewusstse<strong>in</strong> und daher zu Macht. Bei<br />

kollidierenden Lebens<strong>in</strong>teressen steht klar <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong> im Vor<strong>der</strong>grund. Denn es geht<br />

Jonas um die Bewahrung <strong>der</strong> bedrohten Ökosphäre als Lebensgrundlage des <strong>Mensch</strong>en.<br />

Und hiermit spricht Jonas nun für das <strong>Mensch</strong>-Naturverhältnis etwas sehr wichtiges<br />

an: Nur die Macht über die Natur ist es, die uns moralisch <strong>in</strong> die Pflicht nimmt. Und<br />

um angesichts <strong>der</strong> ökologischen Herausfor<strong>der</strong>ungen dieser Verantwortung gerecht zu<br />

werden – so Jonas - , benötigen wir nicht weniger, son<strong>der</strong>n mehr von dieser Macht.<br />

7


Und Macht ist die Voraussetzung von Verantwortung. Es ist also nach Jonas nicht die<br />

Trennung von Natur und <strong>Mensch</strong> das Problem, son<strong>der</strong>n nur <strong>der</strong>en unreflektierte Übertreibung<br />

und <strong>der</strong> damit verbundene Werteverlust.<br />

Das größte Problem von Jonas‘ Idee ist jedoch, dass se<strong>in</strong> Naturkonzept <strong>in</strong> Bezug auf<br />

die Gerechtigkeitsfrage e<strong>in</strong>e massive Lücke aufweist: Denn die Bewahrung <strong>der</strong> Ökosphäre<br />

als Lebensgrundlage des <strong>Mensch</strong>en wäre bei Jonas auch mit e<strong>in</strong>er ÖKODIK-<br />

TATUR vere<strong>in</strong>bar.<br />

An<strong>der</strong>e Holismuskonzepte – wie etwa die von Albert Schweizer o<strong>der</strong> Mart<strong>in</strong> Gorke –<br />

unterscheiden sich von Jonas nicht zuletzt dar<strong>in</strong>, dass sie den qualitativen Unterschied<br />

zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Lebensansprüchen sehr viel stärker<br />

e<strong>in</strong>ebnen; auch weiten sie die Idee des ‚Anspruchs‘ auf alles Seiende aus. Nicht nur<br />

Arten, son<strong>der</strong>n auch Ökosysteme, ja ganze Gebirgszüge und ihre m<strong>in</strong>eralische Struktur<br />

hätten nach Gorke so etwas wie e<strong>in</strong>e Identität. Und diese könne vom <strong>Mensch</strong>en gestört<br />

werden.<br />

Dass Ökosysteme, o<strong>der</strong> gar Gebirgszüge e<strong>in</strong> SOLLEN zum Ausdruck br<strong>in</strong>gen können,<br />

ist nun sehr umstritten. Der Streit geht auch um die Schwierigkeit, wie denn das wahre<br />

Se<strong>in</strong> zu erkennen wäre: Denn erstens könnten sich die vorf<strong>in</strong>dlichen Entitäten ja<br />

schon <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em falschen Zustand bef<strong>in</strong>den; durch e<strong>in</strong>fache Beobachtung käme man<br />

dann nicht weiter. Zweitens wäre aber auch e<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Entität nicht schon<br />

e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis darauf, dass e<strong>in</strong>e Störung vorliegt; denn diese Verän<strong>der</strong>ung könnte ja<br />

selbst Ausdruck dessen se<strong>in</strong>, was die Eigenart <strong>der</strong> Entität ausmacht. Und drittens könnte<br />

man e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong> weiteres metaphysisches Argument h<strong>in</strong>zufügen: Es könnte ja die<br />

Eigenart <strong>der</strong> Entität se<strong>in</strong>, dass diese erst durch menschliches E<strong>in</strong>wirkungen zu ihrem<br />

eigentlichen Wesen aufbrechen kann: Dies wird etwa für die Gartenbaukunst und die<br />

Idee des ‚Idealen Gartens‘ vertreten (Groß 2009).<br />

Zweifellos ist M. Gorkes Position im deutschen Naturschutz recht e<strong>in</strong>flussreich: E<strong>in</strong>e<br />

zentrale Bedeutung erhält se<strong>in</strong> Holismus h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung von<br />

Wildnisgebieten bzw. Kernzonen <strong>der</strong> Schutzgebiete.<br />

3.3 Die E<strong>in</strong>heit von Natur und Kultur geht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Natur auf<br />

Die Trennung wird aufgegeben. Die E<strong>in</strong>heit von Natur und Kultur geht <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Natur auf: Diese Vorstellung stellt e<strong>in</strong>e Radikalisierung des Szientismus dar und resultiert<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em allumfassenden Naturalismus. Im Vor<strong>der</strong>grund stehen <strong>der</strong> Evolutionsund<br />

Systembegriff bzw. objektive Bewegungsgesetze <strong>der</strong> Geschichte. Mit diesen Begriffen<br />

sche<strong>in</strong>en auch die Kultur und selbst die Moral kausal erklärbar. Für den Naturschutz<br />

ist e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s konsequenter Vertreter dieser Position zugleich <strong>der</strong> Begrün<strong>der</strong><br />

des Biodiversitätsbegriffes: Edward O. Wilson. So schreibt er, Zitat:<br />

»daß alle greifbaren Phänomene, von <strong>der</strong> Sternengeburt bis zu den Funktionsweisen<br />

gesellschaftlicher Institutionen, auf materiellen Prozessen basieren,<br />

die letzten Endes auf physikalische Gesetze reduzierbar s<strong>in</strong>d, ganz egal,<br />

8


wie umständlich o<strong>der</strong> lang ihre Sequenzen s<strong>in</strong>d«. (Edward O. Wilson 2000,<br />

Die E<strong>in</strong>heit des Wissens)<br />

Nach e<strong>in</strong>em so unterlegten Biologieverständnis entwickelt sich Natur gemäß bestimmter<br />

kausal erklärbarer Kräfte und Gesetze, die den natürlichen Entitäten <strong>in</strong>newohnen.<br />

Solche Kräfte und Gesetze spielen etwa für den Begriff <strong>der</strong> Lebewesen und ihrer Entwicklung<br />

e<strong>in</strong>e Rolle.<br />

Dies wird auch <strong>in</strong> den systemischen Ansätzen <strong>der</strong> Biologie thematisiert. Lebende Systeme<br />

funktionieren nach physikalischen Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> Rückkopplung zwischen ihren<br />

<strong>in</strong>neren Teilen und dem damit entstehendem Ganzen. Damit entsteht zugleich e<strong>in</strong>e<br />

Umwelt, die die Lebensbed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> Systeme mit herstellen. Mit diesem Ansatz<br />

sche<strong>in</strong>en die verschiedenen Stadien <strong>der</strong> Systeme biophysikalisch erklärbar zu werden:<br />

Die Natur als Ökosystem wird dann verstanden als e<strong>in</strong> System, dass zur SELBSTregulierung<br />

fähig ist, weil es durch Gleichgewichtszustände, Entwicklungsrichtungen und<br />

Energie- und Stoffflüsse bestimmt wird.<br />

Diese Theorien entlehnen – etwa nach Eugen Odum – ihre Begrifflichkeiten klar dem<br />

Bereich technischer Systeme. Damit rückt das biologische Systemverständnis eigentlich<br />

dicht an die menschlichen Kulturtätigkeiten heran. In e<strong>in</strong>em umfassenden Systemverständnis<br />

gab Odum dann auch <strong>der</strong> kulturellen Entwicklung e<strong>in</strong>en Platz. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

bleibt bei Odum die Natur <strong>der</strong> unabhängige Faktor. Denn die Kultur muss sich<br />

den objektiven Bed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> biologischen Evolution anpassen (Wächter 2003: 58):<br />

Die so beschriebene Ordnung ist also von menschlichen Interessen unabhängig.<br />

Das Wissen über menschliche Lebensformen entspr<strong>in</strong>gt dem Wissen aus den<br />

nicht-menschlichen Lebensformen.<br />

Gleichzeitig sche<strong>in</strong>t sich e<strong>in</strong>e für den Naturschutz wichtige Schlussfolgerung zu<br />

ergeben: Es ist <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong>, <strong>der</strong> die wissenschaftlich fassbare natürliche Entwicklung<br />

bedroht.<br />

Die Idee e<strong>in</strong>er ‚Entwicklung‘ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Natur, die Vorstellung von ‚Organen‘ und ihrer<br />

Zwecke, machen <strong>der</strong> Naturwissenschaft dennoch große Schwierigkeiten. So ist es umstritten,<br />

ob man überhaupt wissenschaftlich von Organen und Systemen sprechen<br />

kann, ohne die Idee von FEHLFUNKTION vorauszusetzen. Natürliche Fehlfunktionen<br />

und also Ziele, haben ja <strong>in</strong> den Naturwissenschaften – so die Überzeugung – eigentlich<br />

nichts zu suchen.<br />

Damit ist das sog. Teleologie-Problem <strong>der</strong> Biologie – also das Zielproblem – angesprochen.<br />

Dies tritt vor allem dann auf, wenn die Kultur lediglich als re<strong>in</strong> kausales Nebenphänomen<br />

<strong>der</strong> Natur aufgefasst wird - wie dies etwa <strong>in</strong> <strong>der</strong> Soziobiologie geschieht.<br />

Es stellt sich daher die Frage: Könnte etwas gefunden werden, was Natur und Kultur<br />

wie<strong>der</strong> so verb<strong>in</strong>det, dass die genannten Wi<strong>der</strong>sprüche verschw<strong>in</strong>den? Wie ließe sich<br />

diese Verb<strong>in</strong>dung denken, worauf zurückführen? Könnte damit auch das Teleologie-<br />

9


Problem gelöst werden? Könnte e<strong>in</strong>e solche Lösung auch zeigen, was denn dann die<br />

Ziele im Naturschutz s<strong>in</strong>d, die für die Nachhaltigkeit <strong>in</strong> Anspruch genommen werden?<br />

E<strong>in</strong>en Ansatz für diese Antworten ergibt sich m.E., wenn die soziokulturellen Aspekte<br />

<strong>der</strong> Natur betont werden. Diese stelle ich nachfolgend dar.<br />

3.4 Die E<strong>in</strong>heit geht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kultur auf<br />

Die Trennung von Natur und Kultur wird ebenfalls aufgegeben. Ihre E<strong>in</strong>heit geht jedoch<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Kultur auf. Es geht nicht mehr um unberührte Natur, son<strong>der</strong>n um die vom<br />

<strong>Mensch</strong>en gestaltete, verän<strong>der</strong>te und durch Wahrnehmung und S<strong>in</strong>ngebung strukturierte<br />

Natur. Die Natur ist <strong>in</strong> dieser Sicht das Ergebnis kultureller Leistungen. Kulturelle<br />

Leistungen s<strong>in</strong>d etwa Institutionen, Normen und soziale Praktiken. Dazu zählen z.B.<br />

Religion, das Recht, <strong>der</strong> Staat, die Wissenschaft, die Sprache, die Kunst, Architektur,<br />

die Wirtschaft und alle für den gesellschaftlichen Betrieb nötigen Mittel (Glaeser<br />

1992: 201). Natur ersche<strong>in</strong>t daher im Lichte von menschlichen Aktivitäten, Absichten,<br />

Motiven, Gefühlen und Werten.<br />

Wichtige Bereiche <strong>der</strong> praktischen wie ideellen Vergesellschaftung von Umweltausschnitten,<br />

die zu unserem Naturverständnis führen, s<strong>in</strong>d nicht zuletzt die Landwirtschaft,<br />

aber auch die schon genannte Gartenbaukunst und die Idee <strong>der</strong> Landschaft.<br />

Alle diese Aspekte bestimmen nicht lediglich das Verhältnis zur Natur, son<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d<br />

sie am Zustandekommen von Natur beteiligt.<br />

Die Grundannahme ist daher, dass auch alle biologischen Entitäten m<strong>in</strong>destens <strong>in</strong><br />

ihrer Beschreibung, aber auch real, erst <strong>in</strong> Bezug auf die lebensweltliche Praxis<br />

des <strong>Mensch</strong>en entstehen. Ohne e<strong>in</strong>e Vorstellung davon, was e<strong>in</strong>e gelungene Praxis<br />

ist, können wir uns ke<strong>in</strong>en Begriff von diesen Entitäten machen! (vgl. auch Gutmann<br />

2005: 412).<br />

Die zentrale These ist diese: Die Natur und ihre Bestandteile haben ohne die Berücksichtigung<br />

menschlicher Zweckesetzungen ke<strong>in</strong>en verständlichen Inhalt.<br />

Beson<strong>der</strong>s deutlich wird die Begriffsbildung von ‚Lebewesen‘ durch die Praxis <strong>der</strong><br />

Tier-Züchtung. Erst e<strong>in</strong>e solche Praxis macht es möglich, den Begriff ‚Lebewesen’<br />

verständlich zu verwenden. Die Züchtung – und d. h. die erfolgreiche Selektion – führt<br />

zu e<strong>in</strong>er Liste von Merkmalen, welche bestimmte Eigenschaften <strong>der</strong> Entitäten bezeichnen;<br />

die Wahrheit dieser Eigenschaften bemisst sich wie<strong>der</strong>um am Erfolg unseres<br />

E<strong>in</strong>greifens <strong>in</strong> diesen Umweltausschnitt. Die Züchtung be<strong>in</strong>haltet das Handlungswissen,<br />

mit dem die äußeren Bed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> Lebewesen gemäß <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong>lichen Interessen<br />

hergestellt werden. Zugleich s<strong>in</strong>d aber die Begriffe, die die Lebewesen bezeichnen,<br />

erst <strong>in</strong> dieser <strong>Mensch</strong>-Natur-Interkation entstanden. Außerhalb dieser, auf unsere<br />

Interessen bezogenen Handlungen, können wir ke<strong>in</strong>e Erfahrungen bilden.<br />

10


Wenn wir also e<strong>in</strong>er Entität natürliche Eigenschaften o<strong>der</strong> Bedürfnisse zuschreiben,<br />

dann s<strong>in</strong>d diese Eigenschaften deshalb da, weil wir zuvor unsere Interessen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />

Handlungszusammenhang e<strong>in</strong>gebracht haben (z.B. Züchtung). Die Entität spiegelt<br />

also bereits unsere Interessen. Für e<strong>in</strong>e vom <strong>Mensch</strong>en unberührte Natur lässt sich<br />

daher ke<strong>in</strong> verständlicher Begriff bilden; ebenso ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong>teresseloser Zugang zur Welt<br />

unmöglich.<br />

Mathias Gutman schlussfolgert dann auch das Gegenteil von E. Odum:<br />

„Das Wissen vom nicht-menschlichen Lebewesen hat se<strong>in</strong>en Grund <strong>in</strong> unserem<br />

Wissen von menschlichen Lebensformen und nicht etwa umgekehrt.“<br />

(Gutmann 2005: 413)<br />

Für die Nachhaltige Entwicklung bedeutet dies zweierlei. Zum e<strong>in</strong>en müssen wir uns<br />

auch im Naturschutz von den Lebensformen <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong>en leiten lassen. Erst diese<br />

bestimmen das, was etwa als Biodiversität verstanden und geschützt werden darf. Es<br />

geht nicht um Biodiversität als solche, son<strong>der</strong>n immer nur um e<strong>in</strong>e kultur-spezifische<br />

Biodiversität. Daher müssen wir uns auch klarer machen, dass <strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong> Natur<br />

auf kulturelle Unterschiede Rücksicht nehmen muss: Denn <strong>der</strong> Umgang mit Natur als<br />

Lebensgrundlage <strong>der</strong> <strong>Mensch</strong>en, wird von den verschiedenen Ansprüchen an die natürliche<br />

Umwelt geprägt (vgl. Ökosystemansatz <strong>der</strong> CBD).<br />

Im Übrigen wird dies auch vom Ökosystemansatz <strong>der</strong> Biodiversitätskonvention - <strong>der</strong><br />

CBD - vertreten. Die CBD betont, dass erst die soziokulturellen Bed<strong>in</strong>gungen die Voraussetzung<br />

dafür s<strong>in</strong>d, wie denn die Biodiversität zu bestimmen sei. Man könnte auch<br />

sagen: Erst die soziokulturellen Bed<strong>in</strong>gungen geben <strong>der</strong> Biodiversität ihren Inhalt.<br />

Übertragen auf die FFH-Zielarten hieße dass: Auch dieses Schutzregime muss zukünftig<br />

viel stärker kulturrelativ korrigiert werden: Nicht e<strong>in</strong>e starre Liste darf Auskunft<br />

über verme<strong>in</strong>tlich richtige Schutzziele geben; vielmehr geht es auch hier um den Bezug<br />

auf e<strong>in</strong>e differenzierte Landnutzung, wie z.B. Wolfgang Haber for<strong>der</strong>t (Haber<br />

2010: 382). Erst die Nutzung macht überhaupt verständlich, welche Schutzziele <strong>in</strong><br />

Frage kommen. Dies hat zukünftig auch deshalb e<strong>in</strong>e große Bedeutung, weil sich klimabed<strong>in</strong>gt<br />

die soziokulturellen Grundlagen eben dieser Landnutzung dramatisch verän<strong>der</strong>n<br />

werden. E<strong>in</strong> Biodiversitätsschutz, <strong>der</strong> das nicht berücksichtigt, bleibt unverständlich.<br />

DIE Natur gibt es also nicht! Die Natur ist letztlich e<strong>in</strong>e doppelte Konstruktion.<br />

Nämlich <strong>in</strong> praktischer, wie <strong>in</strong> ideeller H<strong>in</strong>sicht.<br />

3.5 Zwischen Natur und Kultur besteht e<strong>in</strong> komplementäres Verhältnis<br />

Zwischen Natur und Kultur besteht e<strong>in</strong> komplementäres Verhältnis.<br />

11


Diese Sicht betont gegenüber <strong>der</strong> vorherigen stärker, dass die Natur nicht alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Kultur aufgeht. Vielmehr ist das e<strong>in</strong>e ohne das jeweils an<strong>der</strong>e nicht denkbar. Natur und<br />

Kultur s<strong>in</strong>d KOMPLEMENTÄR.<br />

Das komplementäre Verständnis von Natur und Kultur und <strong>der</strong> dar<strong>in</strong> aufgedeckte Interessenbezug,<br />

erhellen bspw. auch das schon erwähnte Ziel- bzw. Teleologieproblem<br />

<strong>der</strong> Biologie. Zielsetzende Unterstellungen bestehen etwa bei <strong>der</strong> Verwendung von<br />

Begriffen wie Naturhaushalt, ökologische Gesundheit, System o<strong>der</strong> Organismus.<br />

Im komplementären Ansatz können die Ziele für den biologischen Systembegriff verständlich<br />

gemacht werden. Dies ergibt sich, weil biologische Systeme als Bestandteil<br />

des biotisch-sozialen Gesamtsystems gedacht werden MÜSSEN. Natur bekommt<br />

dann e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n und Ziele: Diese leiten sich daraus ab, weil wir auch die bioökologischen<br />

Teilsysteme immer schon als Voraussetzung für das Über-Leben des <strong>Mensch</strong>en<br />

denken. Und dieses Überleben-können hat nicht nur e<strong>in</strong>fach physische Voraussetzungen;<br />

vielmehr s<strong>in</strong>d die physischen Voraussetzungen erst physische Voraussetzungen,<br />

weil sie mit dem bunten Strauß <strong>der</strong> kulturellen Zielsetzungen verbunden s<strong>in</strong>d (Apel<br />

1979: 316). Ohne jedglichen Bezug zu diesem bunten Strauß, können physische Voraussetzungen<br />

nicht gedacht werden.<br />

Da wir es also niemals mit e<strong>in</strong>er von uns unabhängigen Natur zu tun haben, son<strong>der</strong>n<br />

immer mit dem biotisch-sozialen Gesamtsystem, s<strong>in</strong>d auch die Ziele nicht weit. Diese<br />

Zielsetzungen ergeben sich aus den kausalen Phänomenen <strong>der</strong> Natur; jedoch entwirft<br />

<strong>der</strong> <strong>Mensch</strong> diese Kausalität <strong>in</strong> Bezug darauf, wie er <strong>in</strong> diese kausalen Prozesse e<strong>in</strong>greifen<br />

kann, damit er se<strong>in</strong>e Ziele erreicht bzw. überlebt. Sprachökonomischen ist es<br />

jedoch nicht nötig, immer an diese kulturellen und sozialen Voraussetzungen zu er<strong>in</strong>nern.<br />

Daher sieht es dann nur so aus, als käme den ökologischen Systemen e<strong>in</strong>e natürliche<br />

Teleologie zu.<br />

Es gibt daher auch niemals e<strong>in</strong>en Konflikt zwischen <strong>Mensch</strong> und Natur, son<strong>der</strong>n immer<br />

nur zwischen <strong>Mensch</strong> und <strong>Mensch</strong>.<br />

Beides, das Verständnis von Interessen und <strong>der</strong>en Vermittlung, ist aber nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

möglichst unbegrenzten Diskurs möglich.<br />

Für den praktischen Naturschutz heißt das z.B.: In Ökosystemen gibt es we<strong>der</strong> natürliche<br />

Systemgrenzen, noch Sollzustände. Vielmehr müssen diese Grenzen FESTGE-<br />

SETZT werden! Daher kann die Konstruktion von Ökosystemmodellen und <strong>der</strong>en<br />

Anwendung bei <strong>der</strong> Planung diskussionsbedürftig seien. Diese Diskussion darf aber<br />

nicht alle<strong>in</strong> unter Ökologen geführt werden: Denn die Vorstellung von Systemgrenzen<br />

s<strong>in</strong>d bereits Ergebnis <strong>der</strong> ökonomischen, ideologischen und gesellschafts-politischen<br />

Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen. Und die dar<strong>in</strong> enthaltenen Normen s<strong>in</strong>d – im Gegensatz zu<br />

Naturgesetzen – s<strong>in</strong>nvoll kritisierbar (Böhler 1994: 254, Trepl 1994: 166ff.).<br />

Für Großschutzgebiete heißt das z.B., dass die konkreten Grenzen <strong>der</strong> Schutzzonen<br />

nicht lediglich naturschutzfachlich zu bestimmen s<strong>in</strong>d.<br />

12


4 Schlussfolgerung<br />

Aus me<strong>in</strong>en Ausführungen ziehe ich folgende Schlussfolgerungen:<br />

Großschutzgebiete wie auch die Biosphärenreservate, stellen gesellschaftliche Kommunikationsprojekte<br />

zum <strong>Mensch</strong>-Natur-Verhältnis dar. Naturschutz ist nicht nur<br />

e<strong>in</strong>e Kulturaufgabe; Vielmehr s<strong>in</strong>d Natur und Kultur komplementäre Begriffe: Das<br />

e<strong>in</strong>e wird ohne das an<strong>der</strong>e NICHT verständlich. Die Übernahme von Verantwortung <strong>in</strong><br />

Bezug auf die Umweltkrise bedeutet nicht weniger, son<strong>der</strong>n mehr Naturbeherrschung.<br />

Denn nur was man beherrscht, kann man auch verantworten!<br />

In diesem Prozess haben Großschutzgebieten folgende Aufgabe: Sie sollten e<strong>in</strong>en Beitrag<br />

für die Lösung <strong>der</strong> Interessen-Konflikte leisten, die im <strong>Mensch</strong>-Naturverhältnis<br />

angelegt s<strong>in</strong>d. Dabei bestehen diese Konflikte NICHT zwischen ‚<strong>Mensch</strong> und Natur‘,<br />

son<strong>der</strong>n nur zwischen ‚<strong>Mensch</strong> und <strong>Mensch</strong>‘.<br />

In Großschutzgebieten geht es auch darum, ‚Tatsachen’ und ‚Werte’ kritisch zu h<strong>in</strong>terfragen.<br />

Denn Naturschutz ist nicht automatisch legitim. Dies bedeutet auch, ALLE<br />

naturschutz<strong>in</strong>ternen Konflikte <strong>der</strong> Projekte öffentlich zu machen: Denn DEN Naturschutz<br />

gibt es nicht; dieser Streit ist auch Teil <strong>der</strong> GESAMT-gesellschaftlichen Identitätsf<strong>in</strong>dung.<br />

Die kritische Thematisierung als solche ist e<strong>in</strong> wichtiger Teil <strong>der</strong> Umweltbildung und<br />

auch <strong>der</strong> Nachhaltigen Entwicklung.<br />

Die Umsetzung von Großschutzgebieten darf nicht e<strong>in</strong>fach nur bedeuten, dass vorgegebene<br />

Ziele erreicht werden; vielmehr müssen im Prozess <strong>der</strong> Umsetzung die Ziele<br />

mit allen Betroffenen erst noch kommunikativ bestimmt und geprüft werden!<br />

Beteiligungsprozesse dürfen nicht lediglich für die Akzeptanzbeschaffung genutzt<br />

werden: ‚Partizipation‘ würde dann propagandistisch von angeblichen (naturwissenschaftlichen)<br />

Experten und Sozial<strong>in</strong>genieuren missbraucht.<br />

In Bezug auf das komplementäre Naturverständnis können Biosphärenreservate e<strong>in</strong>e<br />

ihrer Ursprungsideen wie<strong>der</strong> aufnehmen: Ökosysteme sollten tatsächlich als biotischsoziale<br />

Systeme verstanden werden.<br />

Literatur:<br />

Apel, Karl-Otto (1979): Die Erklären: Verstehen-Kontroverse <strong>in</strong> transzendentalpragmatischer Sicht. Suhrkamp<br />

Verlag, Frankfurt am Ma<strong>in</strong>.<br />

Böhler, Dietrich (1994): In dubio contra projectum. <strong>Mensch</strong> und Natur im Spannungsfeld von Verstehen, Konstruieren<br />

und Verantworten. In: <strong>der</strong>selbe, Ethik für die Zukunft. Im Diskurs mit Hans Jonas. C.H. Beck,<br />

München; S. 244-276)<br />

Böhler, Dietrich (2013): Verb<strong>in</strong>dlichkeit aus dem Diskurs. Denken und Handeln nach <strong>der</strong> sprachpragmatischen<br />

Wende. Verlag Karl Alber, Freiburg/ München<br />

Glaeser, Bernhard (1992) Natur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krise? E<strong>in</strong> kulturelles Mißverständnis. In: Gaia I, 1992, No. 4, S. 195-203<br />

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Gorke, Mart<strong>in</strong> (1996): Die ethische Dimension des Artensterbens. Von <strong>der</strong> ökologischen Theorie zum Eigenwert<br />

<strong>der</strong> Natur. Inauguraldissertation. Universität Bayreuth. Kulturwissenschaftliche Fakultät.<br />

Groß, Stefan (2009): Philosophische Aspekte <strong>der</strong> Gartenkunst am Beispiel des Wörlitzer Parks.<br />

(http://www.tabvlarasa.de/37/Gross2.php)<br />

Gutmann, Mathias (2005) Biologie und Lebenswelt. In: Ulrich Krohs. Philosophie <strong>der</strong> Biologie. E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung.<br />

Suhrkamp, Frankfurt a. M.: 400-417.<br />

Haber, Wolfgang (2010) Anpassung des Landmanagements <strong>in</strong> Europa an den Klimawandel. NuR (2010) 32:<br />

377–383.<br />

Janich, Peter – Michael We<strong>in</strong>garten (1999) Wissenschaftstheorie <strong>der</strong> Biologie. Wilhelm F<strong>in</strong>k Verlag,<br />

Jonas, Hans (1984): Das Pr<strong>in</strong>zip Verantwortung. Versuch e<strong>in</strong>er Ethik für die technologische Zivilisation. Insel-<br />

Verlag, Frankfurt a. M.<br />

Trepl, Lutwig (1994) Geschichte <strong>der</strong> Ökologie. Beltz Athenäum Verlag, We<strong>in</strong>heim.<br />

UNESCO - MAB (1984) International Experts Meet<strong>in</strong>g on Ecological Approaches to Urban Plann<strong>in</strong>g.pdf<br />

UNESCO (1995) Die <strong>in</strong>ternationalen Leitl<strong>in</strong>ien für das Weltnetz <strong>der</strong> Biosphärenreservate.pdf<br />

UNESCO (1997) Die Sevilla-Strategie für Biosphärenreservate.pdf<br />

UNESCO (2008) Aktionsplan von Madrid für Biosphärenreservate.pdf<br />

UNESCO heute (2007) Kriterien für Biosphärenreservate <strong>in</strong> Deutschland.pdf<br />

Wilson, Edward O. (2000): Die E<strong>in</strong>heit des Wissens. Goldmann Verlag, München<br />

http://www.unesco.de/fileadm<strong>in</strong>/medien/Dokumente/unesco-heute/uh2-07-mab.pdf<br />

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