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Interview<br />
„Jahresgespräche sind keine Zeitdiebe“<br />
Kanzleiberater und Buchautor WP/StB Carsten Bach aus Köln spricht über die Be<strong>de</strong>utung von Mitarbeitergesprächen<br />
in Steuerkanzleien und die richtige Strategie, um sie für bei<strong>de</strong> Seiten angenehm zu gestalten.<br />
SteuerConsultant: Herr Bach, warum fürchten<br />
so viele Kanzleimitarbeiter und Steuerberater<br />
das sogenannte Jahresendgespräch?<br />
Carsten Bach: Das Jahresendgespräch hat<br />
bei vielen noch <strong>de</strong>n Nimbus einer einseitigen<br />
Abrechnung. Mitarbeiter fürchten sich vor<br />
Kritik und <strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>n Anerkennung ihrer<br />
Leistung, <strong>de</strong>nn allzu häufig bekommen sie nur<br />
Schlechtes zu hören. Manche empfin<strong>de</strong>n die<br />
Beurteilungen als willkürlich, <strong>de</strong>nn sie haben<br />
das Gefühl, dass <strong>de</strong>r Vorgesetzte ihre Leistung<br />
gar nicht wahrnimmt. Die Mitarbeiter sind<br />
unsicher, wie sie ihre Bedürfnisse, Wünsche<br />
o<strong>de</strong>r Entwicklungsziele adäquat kommunizieren<br />
können. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite gehört auch<br />
für <strong>de</strong>n Steuerberater ein solches Gespräch<br />
nicht zu seinem Tagesgeschäft. Einerseits<br />
möchte er <strong>de</strong>m Mitarbeiter echtes Feedback<br />
geben und sich mit ihm austauschen, ihn auf<br />
<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite aber auch nicht vor <strong>de</strong>n Kopf<br />
stoßen. Auch erwartete Kritik vom Mitarbeiter<br />
sowie antizipierte For<strong>de</strong>rungen können zur<br />
Verunsicherung führen. Schließlich befürchten<br />
bei<strong>de</strong> Seiten, ihr Gesicht zu verlieren o<strong>de</strong>r sich<br />
unbeliebt zu machen. Hier ist Beziehungs- und<br />
Kommunikationskompetenz gefragt.<br />
SteuerConsultant: Könnte man aus Ihrer<br />
Erfahrung auf Jahresgespräche in Kanzleien<br />
ganz verzichten?<br />
Bach: Ein gut geführtes, vom Mitarbeiter und<br />
vom Steuerberater adäquat vorbereitetes und<br />
vor allem auch ernst genommenes Gespräch<br />
bietet erhebliche Chancen für bei<strong>de</strong> Seiten.<br />
Es ist Feedback- und Motivationsinstrument<br />
zugleich. Unter diesem Aspekt ist <strong>de</strong>r gänzliche<br />
Verzicht kontraproduktiv. Auch Verlautbarungen<br />
zur Qualitätssicherung sehen<br />
Zielvereinbarungen und regelmäßige Beurteilungen<br />
als Qualitätssicherungsaspekte<br />
im Rahmen <strong>de</strong>s Unterstützungsprozesses<br />
Personalmanagement vor. Umfang, Grad <strong>de</strong>r<br />
Formalisierung und Turnus sollten jedoch an<br />
die individuellen Gegebenheiten <strong>de</strong>r Kanzlei<br />
angepasst sein.<br />
SteuerConsultant: Was sollten Steuerberater<br />
unbedingt beachten, wenn sie ins Mitarbeitergespräch<br />
gehen?<br />
Bach: Mitarbeitergespräche sind Auszeiten.<br />
Diese Wertschätzung <strong>de</strong>m Mitarbeiter gegenüber<br />
sollte neben <strong>de</strong>r umfassen<strong>de</strong>n personenbezogenen<br />
Vorbereitung und einer angenehmen<br />
Gesprächsatmosphäre auch bereits<br />
durch die äußeren Rahmenbedingungen zum<br />
Ausdruck gebracht wer<strong>de</strong>n. Dem Mitarbeiter<br />
sollte das Gefühl gegeben wer<strong>de</strong>n, willkommen<br />
zu sein. Dazu gehören beispielsweise eine<br />
Terminver einbarung mit ausreichen<strong>de</strong>m Vorlauf,<br />
ein neutraler Ort, also nicht unbedingt<br />
das Büro <strong>de</strong>s Chefs, eine gleichberechtigte<br />
Sitzordnung, Ungestörtheit sowie weitere<br />
Annehmlichkeiten wie Kekse und Getränke.<br />
<strong>Als</strong> Dauer sind etwa 60 bis 90 Minuten üblich.<br />
Höflichkeit und Pünktlichkeit sollten ebenfalls<br />
selbstverständlich sein.<br />
SteuerConsultant: Welche Kardinalfehler<br />
sollten Steuerberater im Jahresgespräch<br />
vermei<strong>de</strong>n?<br />
Bach: Ein Kardinalfehler wäre, das Gespräch<br />
als einseitige Abrechnung zum vergangenen<br />
Jahr, als Zeitdieb o<strong>de</strong>r als lästige Pflicht mit<br />
Alibifunktion zu betrachten, vielleicht noch<br />
in <strong>de</strong>r Annahme, dass <strong>de</strong>r Mitarbeiter schon<br />
weiß, wo er steht. Es geht nicht darum, alle<br />
Fehler, Versäumnisse, Schwächen o<strong>de</strong>r<br />
persönlichen Differenzen in komprimierter<br />
Form schnell und möglichst zwischen Tür<br />
und Angel loszuwer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn Selbstbild<br />
und Fremdbild ausführlich abzugleichen.<br />
Auch Kritik konstruktiv zu äußern, ist lernbar.<br />
Durch eine unzureichen<strong>de</strong> Vorbereitung<br />
dokumentiert <strong>de</strong>r Steuerberater zu<strong>de</strong>m, dass<br />
er das Gespräch nicht wichtig nimmt. Das hat<br />
Folgen für die Motivation <strong>de</strong>s Mitarbeiters.<br />
Die eigene positive Einstellung trägt viel zur<br />
positiven Gesprächsatmosphäre bei, das<br />
bloße Abhaken von Checklisten eher weniger.<br />
Dementsprechend sind auch Gesprächsstörer<br />
wie Killerphrasen, Unterstellungen o<strong>de</strong>r Du-<br />
Botschaften wie „Sie wollen doch bloß …“<br />
kontraproduktiv. Der Re<strong>de</strong>anteil <strong>de</strong>s Mitarbeiters<br />
sollte erheblich höher sein als jener <strong>de</strong>s<br />
Steuerberaters. Monologisieren hilft nicht. Der<br />
Mitarbeiter sollte seine eigene Einschätzung<br />
in Ruhe schil<strong>de</strong>rn können. Statt zu unterbrechen<br />
o<strong>de</strong>r sofort seine eigene, abweichen<strong>de</strong><br />
Einschätzung kundzutun, sollte man besser<br />
aktiv zuhören und nachfragen, <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren<br />
ausre<strong>de</strong>n lassen sowie Respekt gegenüber seinen<br />
Emotionen und Meinungen zeigen. Zuhören<br />
heißt nicht automatisch auch zustimmen.<br />
Im Gespräch getroffene Vereinbarungen und<br />
Zusagen sollten eingehalten wer<strong>de</strong>n, sonst<br />
lei<strong>de</strong>t die Glaubwürdigkeit. Unklare Ziele und<br />
Erwartungen behin<strong>de</strong>rn die Leistungserbringung<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter und ihre Beurteilung. Die<br />
Beurteilung sollte frei von Schubla<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nken<br />
sein und ein adäquates Bild <strong>de</strong>s gesamten Jahres<br />
beinhalten.<br />
SteuerConsultant: Wie sollten Steuerberater<br />
mit Kritik seitens <strong>de</strong>s Mitarbeiters umgehen?<br />
Bach: Konstruktive Kritik ist etwas Positives.<br />
Wer kritisiert, ist noch dabei. Das Offensein für<br />
Kritik sowie <strong>de</strong>r Umgang mit Kritik durch <strong>de</strong>n<br />
Steuerberater ist ein Ausdruck von Wertschätzung.<br />
Daher ist <strong>de</strong>r Gegenangriff bei Kritik<br />
sicher <strong>de</strong>r falsche Weg. Auch sofortige Rechtfertigungen<br />
o<strong>de</strong>r Abwiegelungen führen kaum<br />
weiter. Der Steuerberater sollte versuchen zu<br />
verstehen, was <strong>de</strong>r Mitarbeiter wirklich will<br />
und wie er zu seiner Einschätzung gekommen<br />
ist. Im Anschluss kann er seine Wahrnehmung<br />
neben die <strong>de</strong>s Mitarbeiters stellen<br />
und gemeinsam können Lösungsansätze diskutiert<br />
wer<strong>de</strong>n. Überspitzt könnte man sagen,<br />
dass es ein Ziel <strong>de</strong>s Steuerberaters sein sollte,<br />
die Anzahl <strong>de</strong>r konstruktiven Beschwer<strong>de</strong>n zu<br />
maximieren. Das ist auf je<strong>de</strong>n Fall besser als<br />
Mitarbeiter, die zunächst <strong>de</strong>n Frust in sich<br />
hineinfressen und am En<strong>de</strong> kündigen – innerlich<br />
o<strong>de</strong>r mit Kündigungsschreiben.<br />
www.steuer-consultant.<strong>de</strong><br />
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